585 # S T #

1341

Botschaft des

Bundesrates an die .Bundesversammlung betreffend die . Änderung der Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Altstätten über Heerbrugg nach Berneck und von Heerbrugg über Widnau nach Diepoldsau.

(Vom 13. Dezember 1920.)

Die Verwaltung der Rheinthalischen Strassenbahnen A.G.

mit Sitz in Altstätten, stellt mit Eingabe vom 5. Januar 1920 das Gesuch um Abänderung von Art. 16 der ihr am 23. Dezember 1914 unter der damaligen Firma ,,Elektrische Strassenbahn AltstättenBerneck erteilten Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von Altstätten über Heerbrugg nach Berneck und von Heerbrugg über Widnau nach Diepoldsau. Die Abänderung bezweckt die Erhöhung der Transporthöchsttaxen von Kp. 15 für die erste und Rp. 5 für jede weitere Taxstrecke auf Rp. 20 bzw. Rp. 10. Dieses Begehren wird mit dem Hinweis auf die in den letzten Jahren eingetretene Verschlechterung der Betriebsrechnung begründet, die auf die fortwährend steigenden Personalausgaben zurückzuführen sei. Auf 1. Januar 1920 sei ein neues Lohnregulativ in Kraft getreten, dessen Ansätze diejenigen der Vorkriegszeit um zirka 100 % übertreffen. Dazu kommen die Wirkungen der durch das neue Arbeitszeitgesetz bedingten Personal vermehrung, so dass ohne Erhöhung der Einnahmen Betriebsdefizite in Aussicht stehen. Die Bahn sei von jeher kein lukratives Unternehmen gewesen. Durch die nachgesuchte Taxerhöhung würden die Taxen gegenüber den Ansätzen von 1915 im Mittel um zirka 60 °/o und gegenüber den gleichen Ansätzen plus Zuschlägen gemäss Bundesratsbeschluss vom 16. April 1918 durchschnittlich um zirka 25% erhöht. Trotzdem werde eine Verzinsung des Baukapitals nach wie vor nicht möglich sein.

Die Regierung des Kantons St. Gallen erklärte in ihren Vernehmlassungen vom 16. April und 27. August 1920, dass sie sich

58T

deru gestelltea Begehren nicht widersetze unter der Bedingung jedoch, dass die Unternehmung in oder ausser der Konzession verpflichtet werde, Anschlüsse an gewisse Zugshalte der S. B. B.

auf den Stationen Altstätten und Heerbrugg herzustellen, sobald die gesamten Betriebseinnahmen die daherigen Kosten decken würden.

Die Regierung will damit den von einzelnen Gemeindebehörden geäusserten Wünschen Rechnung tragen, die zum Teil damit begründet worden seien, dass die Bahngesellschal't in ausgedehntem Masse Dividenden ausrichte.

In dieser Beziehung ist festzustellen, dass allerdings seit Jahren dem Aktienkapital eine Dividende bis zu 6 °/o ausgeschüttet worden ist, jedoch nicht aus den Betriebsüberschüssen, sondern hauptsächlich aus dem Zinsenertrag der Verkaufssumme, herrührend vom Verkauf des der Unternehmunggehörenden Rhcintalischen Elektrizitätswerkes an den Kanton St. Gallen, also eines nicht zum Baimbetrieb gehörenden Vermögensobjektes der Gesellschaft. Ohne diesen Zinsenertrag hätte die Gewinn- und -Verlustrechnung in der Regel mit einem Passivsaldo abgeschlossen, da der Betriebseinnahmenüberschuss in den meisten Jahren zur Verzinsung der Anleihen und zu den vorschriftsmässigeu Einlagen in den Erneuerungsfonds nicht genügt hätte. Nach der geltenden Konzession hat die Unternehmung ein Anrecht auf angemessene Taxerhöhung, wenn der Ertrag des Unternehmens zur Deckung der Betriebskosten, einschlicsslich der Verzinsung des Obligationenkapitals, nicht hinreicht.

In allen neueren Konzessionen wird dieses Anrecht schon für den Fall zugestanden, dass der Jahresgewinu in drei aufeinanderfolgenden Jahren 2 % des Aktienkapitals nicht erreicht. Die nachgesuchte Erhöhung der Taxen erscheint daher begründet; wie Sie wissen, ist bereits in einer ganzen Reihe von Fällen ähnlichen Gesuchen entsprochen werden.

Weil das gestellte Begehren an sich gerechtfertigt ist, erscheint es nicht am Platze, die Bewilligung an eine erschwerende Bedingung zu knüpfen, gegen die überdies auch Gründe betriebsdienstlicher Natur sprächen.

Da die vorgesehenen neuen Taxen aus Zweckmässigkeitsgründen nicht auf eine Längeneinheit der Bahnstrecke, sondern auf Taxstrecken abstellen, die den praktischen Verkehrsbedürfnissen entsprechen, empfiehlt sich die Aufnahme der Klausel, dass die Taxstrecken von uns festgesetzt werden bzw. unserer Genehmigung bedürfen.

Um sodann die Konzession der Rh.-St. mit den neueren Konzessionen in Einklang zu bringen, haben wir der Gesellschaft

587 gleichzeitig eine entsprechende Abänderung der Art. 21 und 22 vorgeschlagen, womit sie wie die Kantonsregierung ein verstanden sind.

Wir beehren uns daher, Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Genehmigung zu empfehlen und versichern Sie auch bei diesem Anlasse unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 13. Dezember 1920.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Schul thess.

Der Bundeskanzler : Steiger.

588 (Entwurf.)

Bundésbeschluss betreffend

Aenderung der Konzession einer elektrischen Strassenbahn von. Altstätten über Heerbrugg nach Berneck und: von Heerbrugg über Widnau nach Diepoldsau.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben des Verwaltungsrates der Rheintalischen Strassenbahnen A.-G. vom 5. Januar und 26. November 1920, 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 13.'Dezember 1920, beschliesst: 1. Die der Aktiengesellschaft elektrische Str.assenbahn Altstätten-Berneck (nunmehr ,,Rheintalische Strassenbahnen A.-G.tt) am 23. Dezember 1914 erteilte Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von Altstätten über Heerbrugg nach Berneck und von Heerbrugg über Widnau nach Diepoldsau (E. A. S. XXX, 264) wird abgeändert in bezug auf die Artikel 16, 21 und 22, welche folgende neue Fassung erhalten: Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für die Beförderung von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen: für die Befahrung der ersten Taxstrecke 20 Rappen,' ^ ,, ,, jeder weitern Taxstrecke 10 Rappen.

Die Taxstrecken setzt der Bundesrat fest.

Kinder unter vier Jahren sind taxfrei zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementebillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

589

Jeder Reisende ist berechtigt, dasjenige Reisegepäck, das ohne Belästigung der Mitreisenden und ohne Beanspruchung von Personenplätzen im Wagen untergebracht werden kann, taxfrei au befördern. Für das übrige Gepäck ist sovielmal die Personentaxe zu bezahlen, als der durch das Gepäck beanspruchte Raum Reisendenplätzen entspricht.

Art. 21. Der nach gegenwärtiger Konzession zulässige Höchstbetrag der Beförderungspreise ist verhältnismässig herabzusetzen, wenn der auf das Aktienkapital entfallende Jahresgewinn in sechs aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt und für jedes einzelne der drei letzten Jahre 6 °/o übersteigt, sofern nicht die Gesellschaft den Bedürfnissen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichterungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend Rechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 2 °/o des Aktienkapitals nicht erreicht, erlangt die Gesellschaft ein Anrecht auf angemessene Erhöhung des nach gegenwärtiger Konzession zulässigen Höchstbetrages der Beförderungspreise. Über das Mass der Erhöhung entscheidet die Bundesversammlung, Art. 22. Die Gesellschaft ist verpflichtet: a. für Äufnung eines Reservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausserordentlicher Ausgaben infolge von Naturereignissen, Unfällen und Krisen, sowie zur Deckung allfälliger Fehlbeträge dienen sollen, zu sorgen durch jährliche Rücklage von mindestens 5 °/o des Jahresgewinnes, bis 10 °/o des Aktienkapitals erreicht sind ; b. für das Personal eine Krankenkasse einzurichten oder es bei einer Krankenkasse zu versichern ; c. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4 °/o des Aktienkapitals übersteigt ; d. die Reisenden bei einer Anstalt oder einem Eisenbahnverband gegen diejenigen Unfälle zu versichern, für die sie gemäss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig ist.

2. Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses, der am 1. Januar 1921 in Kraft tritt, beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Änderung der Konzession einer elektrischen Strassenbahn von Altstätten über Heerbrugg nach Berneck und von Heerbrugg über Widnau nach Diepoldsau. (Vom 13. Dezember 1920.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1920

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

51

Cahier Numero Geschäftsnummer

1341

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.12.1920

Date Data Seite

585-589

Page Pagina Ref. No

10 027 775

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.