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Bericht Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungs-gesuche (Sommersession 1920).

(Vom 26. April 1920.)

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten, Ihnen über folgende Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen : 1. Karl Kloter, geb. 1902, Lehrling, Affoltern a/Albis, (Zürich).

2. Sophie Bader, geb. 1898, Uhrmacherin, Feldbrunnen (Soloth.).

3. Robert Schwab, geb. 1880, Landwirt, Siselen (Bern).

(Fälschung von Bundesakten und wissentliches Geltendmachen.

Betrugsversuch. Bestimmungen über den Verkehr mit Vieh.)

Es wurden verurteilt: 1. Karl Kloter am 10. Januar 1920 vom Bezirksgericht Affoltern zu 2 Tagen Gefängnis und Fr. 10 Busse; 2. Sophie Bader am 23. Juli 1919 vorn Obergericht des Kantons Solothurn zu l Tag Gefängnis und Fr. 10 Busse; beide in Anwendung von Art. 61 des Bundesstrafrechtes und kantonaler Bestimmungen betreffend den Betrug; 3. Robert Schwab am 2. September 1919 vom Gerichtspräsidenten von Erlach zu 8 Tagen Gefängnis und Fr. 20 Busse ; in Anwendung von Art. 61 des Bundesstrafrechtes und Art. 2, Abs. l, Art. 3, 4, Abs. 4, Art. 5, Abs. l, Art. 6, Abs. 2, des Bundesratsbeschlusses vom 13. April 1917 betreffend den Verkehr mit Vieh.

Zu 1.: Karl Kloter änderte Ende September 1919 sein für die Zeit vom 25. August bis 24. September 1919 gültiges Streckenabonnement der S.B.B. Affoltern a./A.--Zürich derart ab, dass er die Angaben über die Gültigkeitsdauer teilweise auslöschte und durch 29. August bis 28. Oktober" ersetzte. Ebenso änderte er

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die Taxe von Fr. 14.30 ab' in Fr. 28.30. Kloter verschaffte sich auf diese Weise in der Zeit vom 25. September bis 1. Oktober vier freie Fahrten und schädigte die S.B.B, um Fr. 6.80.

Für Kloter wird um gnadenweisen Erlass der ausgesprochenen Strafen oder mindestens der Gefängnisstrafe ersucht. Aus den Akten ergibt sich, dass er in Zürich als Lehrling angestellt, ihm jedoch auf den 1. Oktober 1919 gekündigt war. Sein Abonnement lief bis zum 24. September, und er hätte demnach bis Ende des Monats noch Einzelbillette lösen müssen. Dies wollte er auf die geschilderte Weise vermeiden. Das urteilende Gericht nahm bei Kloter eine gewisse Notlage an, und nach dem Begnadigungsgesuch sollen die bedrängten Verhältnisse zu dem unglücklichen Plan veranlagst haben. Da insbesondere die Gefängnisstrafe für das weitere Fortkommen des Gesuchstellers von unberechenbaren Folgen sein könne und er sein Tun aufrichtig bereue, möge man entgegenkommen.

Die Jugendanwaltschaft und das Bezirksgericht Aflblterri befürworten das Begnadigungsgesuch.

Im Hinblick auf die Jugendlichkeit Kloters und seinen unbescholtenen Leumund, da ferner der Schaden gutgemacht ist, beantragen wir, die Gefängnisstrafe bedingt zu erlassen, eine Probezeit von zwei Jahren aufzuerlegen und Kloter ausserdem unter Schutzaufsicht zu stellen. Wir beziehen uns hierin auf die Art. 80 ff. des Strafgesetzentwurfes betreffend die Behandlung der Jugendlichen. Sollte Kloter während der Probezeit beharrlich den ihm erteilten Weisungen zuwiderhandeln oder in anderer Weise das in ihn gesetzte Vertrauen täuschen, würden wir der Bundesversammlung beantragen, auf ihrem Entscheid zurückzukommen und das Begnadigungsgesuch endgültig abzuweisen. Bezüglich der Schutzaufsicht wird die Polizeiabteilung mit den zuständigen Behörden des Kantons Zürich in Verbindung treten.

Die Auferlegung einer Probezeit ist überdies zwecks Kenntnisgabe allfälliger während der Probezeit ergehender Strafentscheide dem Zentralstrafenregister mitzuteilen.

Zu 2.: Sophie Bader wies am 21. Dezember 1918 im S.B.B.

Zug 2345 b als Ausweis für die Fahrt Bettlach--Solothurn ein Billet vor, dessen Ausgabedatum ,,2. Dezember" in ,,12. Dezember" 1918 abgeändert worden war.

Für Sophie Bader wird um Erlass der Gefängnisstrafe von i Tag, der Busse von Fr. 10 und der ergangenen Kosten von Fr. 40 ersucht.

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Wie sich aus den Akten ergibt, nimmt das Justizdepartement dos Kantons Solothurn für die Erledigung der Begnadignngssache Bezug auf die frühere Praxis, wonach sich, bei konkurrierenden Delikten des eidgenössischen und kantonalen Strafrechts, wie hier, mit dem Gesuch in erster Linie die aus dem schwersten Delikt strafberechtigte Behörde zu befassen hatte. Da vorliegend das Delikt nach Bundesstrafrecht sich als das schwerere darstellt, wurde die Angelegenheit an die Bundesbehörden gewiesen.

Ausgehend von dem bundesgerichtlichen Entscheid (Kassationshof) in Sachen Matti (A. S. 34,1, Nr. 17), dem Kreisschreiben des Bundesrates vom 21. Mai 1909 (Bundesbl. 1909, III, 707) und der nunmehrigen Übung der Bundesversammlung ist diesbezüglich jedoch festzuhalten, dass die Zugehörigkeit des schwersten Deliktes die Zuständigkeit zur Begnadigung im ganzen Umfang bestimmt, so dass die Bundesversammlung die Angelegenheit endgültig zu erledigen hat.

In dem Begnadigungsgesuch wird der Entscheid des Obergerichts des Kantons Solothurn angerufen, laut dem der Gerichtshof die Verurteilte der Bundesversammlung zur Begnadigung empfiehlt.

Die Urteilserwägungen zeigen, dass der Gerichtshof, wenn ihm dies möglich gewesen wäre, die bedingte Verurteilung gewährt hätte.

Wie im Falle Kloter hiervor beantragen wir Belassung der Busse, dagegen bedingten Erlass der Gefängnisstrafe unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren und Stellung unter Schutzaufsicht. Sophie Bader ist gut beleumdet, ihre Jugendlichkeit, die Geldverlegenheit zur Zeit der Tat und die seitherigen günstigen Berichte können ihr zugute gehalten werden. Auch hier ist die Schädigung der S. B. B. behoben. Auf die Frage des Kostenerlasses ist mangels Zuständigkeit nicht einzutreten.

Zu 3.: Robert Schwab kaufte am 11. Dezember 1918 auf dem Aarbergermarkt fünf Schweine, wovon er entgegen dem Bundesratsbeschluss vom 13. April 1917 betreffend den Verkehr mit Vieh sogleich drei weiterverkaufte. Richtigerweise hätte diese Handänderung unterbleiben sollen und Schwab den Gesundheitsschein für die fünf Tiere seinerseits dem Viehinspektor abgeben sollen. Dies unterliess er, änderte infolge des Verkaufs den Gesundheitsschein von fünf auf drei ab und stellte ihn nachträglich dem Käufer der drei Schweine zu.

Schwab hat sich demnach der Verfälschung einer öffentlichen
Urkunde schuldig gemacht, wobei der Gesundheitsschein gemäss damaliger Praxis als Bundesakte gewertet wurde, und hat überdies mehrfach den Bundesratsbeschluss vom 13. April 1917 übertreten.

309 In dem Gesuch um gänzlichen Erlass oder doch Abkürzung der Gefängnisstrafe gibt Schwab den Tatbestand zu, bestreitet aber, bewusst widerrechtlich gehandelt zu haben. Namentlich sei der Gesundheitsschein schon vorher von sieben auf fünf abgeändert gewesen, was ihn zu seiner Handlungsweise angeregt habe. Ferner sei er der, allerdings nicht ganz sichern Meinung gewesen, der Handänderung stehe nichts entgegen, und die zweimonatliche Haltefrist bestehe nur im Verkehr mit Grossvieh. Den unüberlegten Vorfall bedaure er aufrichtig, und man möge ihm mit Rücksicht auf seine Familienverhältnisse entgegenkommen. Er bewirtschafte ein kleineres Heim wesen, müsse für neun unerzogene Kinder aufkommen und sei in misslichen Geldverhältnissen. Der Vollzug der 8 Tage Gefängnis würde ihn in seinem Gewerbe sehr hindern, es mangle an Hülfskräften und allfälliges Unglück im Stall müsste seine Stellung untergraben. Schliesslich nimmt Schwab Bezug auf zwei Vorstrafen aus den Jahren 1904 und 1905 von insgesamt 9 Tagen Gefängnis und betont, seitdem sich immer beflissen zu haben, mit dem Gesetz nicht in Widerspruch zu geraten.

In den Leumundsberichten, sowohl den früheren zuhanden des urteilenden Richters wie den heute beigegebenen, wird Schwab als armer, aber fleissiger Familienvater bezeichnet, der sein möglichstes tue, seine Familie in Ehren zu erhalten.

Der Gemeinderat von Siselen schreibt, Schwab möge wohl in jüngeren Jahren als Brausekopf sich öfters verfehlt haben, heute könne er zur Begnadigung empfohlen werden. Der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes befürwortet mit Rücksicht auf die Familienverhältnisse den ganzen oder teilweisen Erlass der Gefängnisstrafe. Die Polizeidirektion des Kantons Bern findet, der urteilende Richter habe die vorhandenen Milderungsgründe genügend berücksichtigt und beantragt, das Gesuch abzuweisen.

Nach Überprüfung der Akten, Urteilserwägungen und verschiedenen Mitberichte glauben wir aus den im Gesuch dargelegten Gründen Herabsetzung der Gefängnisstrafe von acht bis zu drei Tagen beantragen zu können. Dagegen sollte unseres Erachtens ein Weiteres nicht geschehen.

A n t r ä g e : Bei Karl Kloter und Sophie Bader bedingter Erlass der Gefängnisstrafe, Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren und Stellung unter Schutzaufsicht, bei Robert Schwab Herabsetzung der Gefängnisstrafe von 8 bis 3 Tagen.

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4. Karl Wüest, geb. 1898, Othmarsingen (Aargau), 5. Paul Kohler, geb. 1898, Bern, beides Kanzlisten.

(Fälschung von Bundesakten, Amtspflichtverletzung, Unterschlagung.)

Mit Urteil vom 24. Februar 1920 wurden vom Bundesstrafgericht schuldig erklärt: Karl Wüest der Fälschung von Bundesakten im Falle Dreyfuss und Gürtler .im Sinne des Art. 61 Bundesstrafrecht, der Amtspflichtverletzung im Falle Maurer im Sinne von Art. 53, lit. f, Bundesstrafrecht und der Unterschlagung in Beträgen von Fr. 210, Fr. 50, Fr. 20, Fr. 5, Fr. 7. 50, Fr. 18. 50 im Sinne von Art. 21& des bernischen Strafgesetzbuches.

Paul Kohler der Fälschung von Bundesakten im Falle Dreyfuss im Sinne des Art. 61 Bundesstrafrecht, der Amtspflichtverletzung im Sinne des Art. 53, lit. f, Bundesstrafrecht, der Unterschlagung in Beträgen von Fr. 200, Fr. 5, Fr. 5. 25, Fr. 3. 60 im Sinne von Art. 219 des bernischen Strafgesetzbuches.

Josef Xaver Bruaner der Unterschlagung im Betrage von Fr. 210, Fr. 5, Fr. 10.

Wüest und Kohler wurden verurteilt zu je 4 Monaten Gefängnis unter Abzug der Untersuchungshaft, bei Wüest 50 bei Kohler 51 Tage, und zu Fr. 100 Geldbusse, Brunner zu 3 Monaten Korrektionshaus, umgewandelt in 45 Tage Einzelhaft, abzüglich 38 Tage Untersuchungshaft. Brunner wurde, unter Auferlegung einer Probezeit von 3 Jahren und unter der Bedingung, dass der Schaden innert dieser Frist ersetzt werde, der bedingte Straferlass nach bernischem Recht zugebilligt.

Die Verteidiger Wüests und Kohlers reichen heute für diese Begnadigungsgesuche ein und beantragen den gänzlichen oder doch bedingten Erlass der noch zu verbüssenden Gefängnisstrafen.

Aus den Akten ergibt sich : Im Februar 1919 richtete Theodor Dreyfuss, ein Privatier aus München, an dio eidgenössische Zentralstelle für Fremdenpolizei ein Gesuch um Erteilung einer Einreisebewilligung für sich und seine Familie. Dem Gesuch waren Finanzausweise in hohen Beträgen beigelegt. Mit Rücksicht auf den Wohnungsmangel beantragten jedoch die aargauischen Behörden Abweisung und sandten das Gesuch der Zentralstelle. Irrtümlicherweise kam die Sendung auf die Militärabteilung, und der dort angestellte

311 Kohler überbrachte sie dem auf der Zivilabteilung angestellten Wüest. Die beiden verabredeten nun, dem Gesuchsteller trotz der ungünstigen Begutachtung der aargauischen Behörden zu der Einreise in die Schweiz zu verhelfen, in der Hoffnung, er werde sich als reicher Mann erkenntlich zeigen. In einem Brief, den Kohler verfasste und Wüest, ohne Angabe seiner Beamteneigenschaft, unterzeichnete, schrieben sie dem Dreyfuss, sie wären in der Lage, ihm vorerst eine Aufenthaltsbewilligung für 8 Tage zu verschaffen, um dann in Bern weiter besprechen zu können, wie zwecks endgültiger Einreise vorzugehen sei. Unter Verwendung des Faksimilestempels eines entscheidungsberechtigten Beamten fertigte Wüest sodann den Abweisungsentscheid zuhanden des Dreyfuss aus. Dieser beantwortete eine Woche später den Brief, in dem Wüest seine Dienste angeboten hatte, in zustimmendem Sinne, äusserte jedoch Bedenken, ob ihm die bayerische Regierung die Ausreise gestatte. Daraufhin telegraphierte Wüest an das schweizerische Konsulat in München und an Dreyfuss, die Einreise werde für 8 Tage bewilligt. Das Telegramm unterzeichnete er mit ,,Eidgenössische Fremdenpolizei". Dreyfuss reiste .in der Folge in die Schweiz und trat mit Wüest und Kohler in Beziehungen, worauf Wüest an einen ihm bekannten Polizeisoldaten, der auf dem Fremdenpolizeibureau Aarau Dienst tat, gelangte, um den Aufenthalt des Dreyfuss in Aarau zu ermöglichen. Dreyfuss brach dann die Beziehungen mit Wüest und Kohler ab.

Das Bundesstrafgericht erblickte in diesem Verhalten Wüests und Kohlers,- sowohl mit Bezug auf die unbefugte Verwendung des Faksimilestempels wie der Telegramme unter ,,Eidgenössische Fremdenpolizei", das Delikt der Fälschung von Bundesakten.

Kohler wurde als Mittäter betrachtet.

Wüest und Kohler haben ferner gemeinschaftlich einen Betrag von Fr. 5. --, den die Einwohnerkontrolle Baden der Zentralstelle für Telegrammspesen übermittelt hatte, unterschlagen.

Wüest hat weiter zum Schaden des Bundes Bussengelder im Betrage von Fr. 50 und 20, ausserdem gemeinsam mit Brunner im Betrage von Fr. 40 und 210, internationale Antwortscheine im Betrage von Fr. 7. 50 und Retourkuverts mit Marken und Retourmarken im Werte von Fr. 18. 50 unterschlagen. In der Einreiseangelegenheit Maurer machte er sich der Amtspflichtverletzung schuldig, indem er eine
Entscheidung seines Chefs vortäuschte und telephonisch dem Grenzposten Kreuzungen mitteilte, die Einreise sei bewilligt. Im Falle Gürtler, einem entlassenen deutschen Wehrmann, der einzureisen wünschte, beging Wüest, ähnlich wie

312 im Falle Dreyfuss, wiederum das Delikt der Fälschung von Bundesakten, indem er, ohne hierzu ermächtigt worden zu sein, in zwei Telegrammen mit ,,Eidgenössische Zentralstelle" die Einreise als bewilligt erklärte.

Kohler sodann fallen noch zur Last: Die Unterschlagung von Fr. 200 im Falle Mayer, Maler in Ragaz, der versprochen hatte, diesen Betrag der Zentralstelle zur Verteilung an eidgenössische Unterstützungsstellen zukommen zu lassen, für den Fall der Einreise seiner beiden aus dem deutschen Kriegsdienst entlassenen Söhne. Kohler bemühte sich in auffälliger Weise um diese Angelegenheit, trat mit Mayer direkt in Verbindung und verwendete hierauf die von Mayer übersandten Fr. 200 in eigenem Nutzen. Als Anerkennung für seine Bemühungen nahm Kohler ausserdem von mehreren Personen in Verletzung seiner Amtspflicht Trinkgelder von mindestens Fr. 80 entgegen. Wie Wüest, unterschlug er internationale Antwortscheine und Marken.

Derselben Unterschlagung machte sich Brunner schuldig.

Der Verfasser des für AVüest eingereichten Gesuches geht aus von den ausserordentlichen Verhältnissen auf der eidgenössischen Zentralstelle für Fremdenpolizei, die infolge der Arbeitsüberhäufung in der Zeit nach dem Waffenstillstand dazu geführt hätten, Wüest und andere faktisch mit den Kompetenzen eines Bureauchefs auszurüsten. Die jungen, unerprobten Leute seien dem nicht gewachsen gewesen und hätten den richtigen Blick für ihre Stellung verloren. Auch Wüest sei mit Rücksicht auf seine tatsächlichen Obliegenheiten zu einer Überschätzung seiner eigentlichen Bedeutung gekommen, und die begangenen Verfehlungen in der Behandlung von Einreisefällen müssten als letzter Schritt dieser Entwicklung gewürdigt werden. Den Unterschlagungen von Geld und andern Werten gegenüber wird geltend gemacht, Wüest sei den Gefahren der Grossstadt erlegen. Auch bilde die Aneignung derart anvertrauten Geldes, doss es zur Herstellung des Deliktatbestandes keines Gewahrsambruches bedürfe, ohnehin ein Vergehen, dem infolge der geringen Hindernisse die Jugend besonders leicht anheimfalle. Es wird hervorgehoben, dass diesbezüglich das Bundesstrafgericht dem mitverurteilten Brunner den nach bernischem Recht möglichen bedingten Straferlass gewährt habe. Schliesslich wird ausgeführt, die Verbüssung der Strafe müsste auf Wüest einen unheilvollen Einfluss
haben und ihm erneut erschweren, wieder emporzukommen. Man möge ihm deshalb -helfend zur Seite stehen und mit dem Ausspruch der Begnadigung der Meinung Ausdruck verleihen, Wüest sei noch kein

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·des Vertrauens unwürdiger Mensch. Beigefügt wird, Wüest werde «einen finanziellen Verpflichtungen nach bestem Vermögen nachkommen.

Für Kohler wird in ähnlichem Sinne geschrieben und überdies in der Hauptsache hervorgehoben, er leide an einer schweren Lungentuberkulose und einer starken Rückgratverkrümmung. Vom damaligen Gefängnisarzt wird bescheinigt, dass er Kohler während ·der Untersuchungshaft in Bern wegen seines Lungenleidens in das Gemeindespital habe überführen lassen, und beigefügt, dies würde sich wohl bei Strafantritt nach kurzer Zeit wiederholen.

Ausserdem wird auch hier der Standpunkt verfochten, die Anordnung des Strafvollzuges lasse sich mit Rücksicht auf die Folgen für Kohler nicht rechtfertigen. Seine inzwischen erlangte Anstellung müsste er wieder aufgeben, was nicht nur ihn sehr hart treffen, sondern auch seine Schwester in Mitleidenschaft ziehen würde. Die beiden hätten eine Zweizimmerwohnung zu Fr. 1000 Jahreszins, die Unterbrechung der Leistungen Kohlers würde das Mietverhältnis mindestens schwer beeinträchtigen und die Schwester jedenfalls bedeutend schädigen. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung der Rechtswohltat des bedingten Straferlasses, beziehungsweise der bedingten Begnadigung, seien zudem vorhanden. Man möge den Ahstoss zu den Verfehlungen in den damaligen Verhältnissen der Amtsstelle suchen. Für Kohler, der aus geordneten Verhältnissen stamme, seien die Entlassung, ·die Untersuchungshaft, die Gerichtsverhandlungen Strafe genug.

Der Strafzweck, und zwar sowohl vom Gesichtspunkte der Spezialwie der Generalprävention, soll gegen den Strafvollzug sprechen.

Kohler wäre vom urteilenden Gericht sicherlich der bedingte Straferlass zugebilligt worden, wenn dies nicht, anders als bei Brunner, das Bundesstrafrecht ausgeschlossen hätte. Diese Ungleichheit der Gesetzgebung müsse in ihren Folgen behoben werden.

Den Betrag von Fr. 204. 85, zu dessen Erstattung Kohler verurteilt worden sei, habe er bezahlt.

Beiden Gesuchen gegenüber ist vorab festzustellen, dass das Bundesstrafgericht entsprechend dem Antrage des Bundesanwaltes dem ausschliesslich wegen Unterschlagung im Betrage von Fr. 210, Fr. 5, Fr. 5, Fr. 10 verurteilten Brunner den bedingten Straferlass nach kantonalem Recht gewährt hat. Dies legt in der Tat die Frage nahe, wie es wohl diesbezüglich bei den
erheblich schwerer belasteten Wüest und Kohler gehalten worden wäre, wenn hier der Gesamtstrafe nicht Delikte des Bundesstrafrochtes Mtten zugrunde gelegt werden müssen.

Bnndcsblatt. 72. Jahrg. Bd. II.

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Wir wissen die einlässlichen Ausführungen der beiden Gesuche auch durchaus zu würdigen. Jedoch können wir trotzdem, bei allem Verständnis für das Vorgebrachte, weder die gänzliche noch die bedingte Begnadigung befürworten. Die Bundesversammlung hat im Verlaufe der Kriegsjahre mehrfach Stellung genommen zu Begnadigungsgesuchen von Bundesbeatnten, die wegen verbotenen Nachrichtendienstes und damit in Verbindung stehender Amtsdelikte verurteilt worden waren. Wir haben in unsern Anträgen immer in den Vordergrund gestellt, dass die Verwaltung, die darauf angewiesen ist, das Vertrauen des Landes zu besitzen und ihre Integrität zu wahren, vor dem Überhandnehmen derartiger Vergehen von Beamten geschützt werden müsse, und dass eine gelinde Beurteilung solcher Vorfälle abzulehnen sei. Es handelt sich unseres Erachtens in den Fällen Wüest und Kohler vom Gesichtspunkte der Verwaltung um schwere Verfehlungen, und es muss durchaus darauf geachtet werden, -dass die Ahndung und die Folgen derartiger Delikte in erster Linie auf die Betroffenen, aber auch auf die Beamtenschaft ganz allgemein von nachhaltigem Eindrucke bleiben. Wir befinden uns mit dieser Auffassung im Einklang mit dem Entwurf eines schweizerischen Strafgesetzbuches, nach welchem die Strenge des Beamtenstrafrechts der grossen Bedeutung entspricht, die der Aufrechterhaltung des guten Rufes der Verwaltung beizumessen ist (zu vergleichen Entwurf, Bundesbl. 1918, IV, 65).

Stellen demnach die fortgesetzten Machenschaften Wüests und Kohlers einen groben Vertrauensbruch dar, indem sie nicht einzig durch Unterschlagungen den Fiskus schädigten, sondern ausserdem in hohem Masse beitrugen, das Ansehen einer Amtsstelle zu erschüttern, die durch die Eigenart ihrer Geschäfte ganz besonders auf einen korrekten Verkehr mit Dritten achten muss, so haben demgegenüber die persönlichen Verhältnisse der beiden Gesuchsteller zurückzutreten. Wir erachten deshalb die Durchführung des Strafvollzuges sowohl bei Wüest wie bei Kohler als gerechtfertigt und notwendig.

Immerhin ist mit Bezug auf Kohler noch in einem Punkte Stellung zu nehmen : Sein schlechter Gesundheitszustand darf als festgestellt gelten, und es ist auch unsere Meinung, dass der Vollzug der Strafe hierauf Rücksicht nehmen soll. Es wird deshalb Sache der Vollzugsbehörden sein, bei mangelnder Straferstehungsfähigkeit
von Art. 197 des Bundesstrafprozesses Gebrauch zu machen oder aber, im Falle des Vollzuges, mit den Behörden des Kantons Bern besondere Fühlung zu nehmen. Wir

315 denken beispielsweise an die Möglichkeit, Kohler die Strafe in Witzwil in einer Weise erstehen zu lassen, die seinen Gesundheitszustand nicht beeinträchtigt.

A n t r ä g e : Abweisung in beiden Fällen.

6. Hermann Wirz, geb. 1886, Güterexpeditionsgehülfe, Lenzburg (Aargau) (Eisenbahngefahrdung.)

Hermann Wirz wurde am 11. Dezember 1919 vom Bezirksgericht Lenzburg in Anwendung von Art. 67 des Bundesstrafrechtes wegen fahrlässiger erheblicher Eisenbahngefährdung verurteilt zu zwei Tagen Gefängnis und Fr. 50 Busse.

Am 21. August 1919 ereignete sich auf der Station Hendschiken ein Zugzusammenstoss. Der von Lenzburg eintreffende Güterzug 658 mit Personenbeförderung wurde statt auf Geleise II auf das bereits belegte Geleise I geleitet und stiess dort auf die Schlusswagen des Zuges 5734. Durch den starken Anprall wurde die hintere Wagengruppe des vorher getrennten Zuges 5734 auf den vordem Zugsteil geschoben, wobei mehrere dieser Wagen, ferner die Lokomotive des Zuges 658 entgleisten. Zehn Reisende des Zuges 658 und zwei Bahnbeamte wurden leicht verletzt, an Lokomotive, Wagen, Geleise und Stellwerkanlage ein Schaden von etwa Fr. 6400 verursacht.

Aus den Akten ergibt sich über den Zusammenstoss : Wegen Erkrankung des Stationsvorstandes besorgte am 21. August den Abfertigungsdienst der Güterexpeditionsgehülfe Hermann Wirz, der vier Tage vorher von Lenzburg dorthin beordert worden war. Wirz hatte vorher während 14 Monaten, und zwar bis zum l Juli 1919, als Stationsgehülfe in Hendschiken den innern und äussern Dienst versehen. Um 9 Uhr morgens befuhr Zug 5734 von Brugg her nach Vorschrift Geleise I, worauf dieses von Wirz gesperrt wurde. Zug 5734 wird in Hendschiken durch Zug 658 von Lenzburg überholt und getrennt, um den Reisenden des Zuges 658 das Aus- und Einsteigen zu erleichtern.

Zwecks Ausgabe einiger Billets begab sich Wirz an den Schalter und dann, etwas in Eile, neuerdings zur Stellwerkanlage, um nunmehr dem 9.03 Uhr fälligen Zug 658 das Einfahrtsignal zu öffnen. Statt nun Zug 658 durch entsprechende Weichenstellung auf Geleise II abzulenken, unterliess Wirz dies und ging daran,

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ihm fälschlicherweise das Signal für das bereits von Zug 5734 besetzte Geleise I zu öffnen. Ordnungsgemäss verunmöglichte das Stellwerk dieses Vorhaben. Wirz hätte sich nun des auf Geleise I stehenden Zuges 5734 erinnern sollen, geriet jedoch in Verwirrung und vermutete zu Unrecht eine Störung in der Stellwerkanlage. Infolgedessen bearbeitete er die verschiedenen Fahrstrassenhebel, wobei er auch den Hebel für die Ausfahrt ab Geleise I bewegte. Er bewerkstelligte derart eine leere oder blinde, d. h. fingierte Ausfahrt, ermöglichte dadurch dem Zuge 658 die Einfahrt auf Geleise I und der Zusammenstoss war geschehen.

Wirz ersucht, ihm die zwei Tage Gefängnisstrafe im Wege der Begnadigung zu erlassen. In längeren Ausführungen werden die Umstände, die zu seinen Gunsten sprechen können, möglichst hervorgehoben. So werden genannt die mangelnde Vertrautheit mit dem Dienst infolge der kurzen Stellvertretung, die gegen früher veränderten Verkehrsverhältnisse auf der Station Hendschiken, die Arbeitsüberhäufung in jenem Zeitpunkt infolge Überwachung zweier Züge und gleichzeitiger Billetausgabe, die damalige anderweitige Inanspruchnahme des Weichenwärters, dem sonst die Besorgung der Weichen unterstand. Das urteilende Gericht habe geglaubt, die entstandenen Verletzungen von Personen und den Güterschaden Wirz gemäss Gesetz anrechnen zu müssen und deshalb von Gefängnisstrafe nicht Umgang nehmen zu können. Die in Betracht kommenden Verhältnisse, der gute Leumund des Gesuchstellers und das Fehlen von Vorstrafen seien jedoch dazu angetan, den Erlass der entehrenden Freiheitsstrafe auf dem Gnadenwege vorzunehmen.

In den Akten befinden sich Vernehmlassungen der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen und der technischen Abteilung des Eisenbahndepartementes. Die Generaldirektion hält dafür, Wirz hätte sich in der Zeit vom 17. bis 21. August 1919 bei dem schwachen Zugsverkehr leicht einarbeiten können, zumal ihm die Verhältnisse der Station infolge seiner früheren dortigen Anstellung nicht unbekannt waren. Von einer Arbeitsüberhäufung am Tage des Vorfalls könne mit Recht nicht gesprochen werden. Immerhin könne Wirz, der 1903 als Stationslehrling eingetreten und seit 1907 als Güterexpeditions- und Stationsgehülfe auf verschiedenen Stationen tätig gewesen sei, zur Begnadigung empfohlen werden. Abgesehen von kleineren Unregelmässigkeiten im Abfertigungsdienst seien seine Leistungen im allgemeinen nicht unbefriedigend, insbesondere sei er willig und nüchtern.

317 Das eidgenössische Eisenbahndepartement ist der Ansicht, es handle sich um einen Beamten mit langjähriger Praxis im äussern Bahnbetrieb, der zudem die örtlichen Verhältnisse der Station von früher her habe kennen müssen. Wirz habe es fertig gebracht, durch vorschriftswidriges und ganz kopfloses Manipulieren an der Stellwerkeinrichtung die SpezialSicherung gegen Zugszusammenstösse, die Verschlüsse der FahrstrassenReihenfolge zu beseitigen und damit erst die Möglichkeit zu einem Zusammenstoss zu schaffen. Dies verdiene eine fühlbare Strafe. Immerhin schliesst sich das Eisenbahndepartement aus Billigkeitserwägungen dem Antrage der Generaldirektion der S. B. B. an, wobei überdies Bezug genommen wird auf die entgegen dem bundesrätlichen Antrage stattgefundene Begnadigung des Stationsgehülfen Mohler. (Zu vergleichen Bundesbl. 1919, I, 483, I. Bericht für die Sommersession, Nr. 3.)

Nach Überprüfung der Akten, Gesuchsanbringen und Vernehmlassungen halten wir dafür, die Gefängnisstrafe lasse sich aus Gründen der Betriebssicherheit durchaus rechtfertigen. Wir sind ferner der Meinung, dass die insgesamten Verumständungen in vermehrtem Masse zuungunsten des Gesuchstellers sprechen als im Falle Mohler. Immerhin möchten wir nicht Abweisung beantragen, dagegen befürworten wir auch nicht den vorbehaltlosen Erlass der Gefängnisstrafe. Wir stellen vielmehr den Antrag, Wirz die zwei Tage Gefängnis bedingt zu erlassen und ihm eine Bewährungsfrist von fünf Jahren aufzuerlegen. Die bedingte Begnadigung vermag unseres Erachtens Wirz als Ansporn zu dienen, und es wird namentlich ohne besondere Schwierigkeiten möglich sein, ihn in seinen Dienstleistungen zu überwachen.

A n t r a g : Bedingter Erlass der zwei Tage Gefängnis unter Auferlegung einer Probezeit von fünf Jahren.

7. JulesWittmer,geb. 1877,Versicherungsagent,Courrendlin(Bern).

8. Traugott Bernet, geb. 1890, Fabrikarbeiter, Obermumpf (Aargau).

9. Paul Känzig, geb. 1892, Schraubenmacher, Solothurn.

(Militärpflichtersatz), Wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes sind in Anwendung des Bundesgesetzes vom 29. März 1901 betreffend Ergänzung des BG. über den Militärpflichtersatz verurteilt worden:

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7. Jules Wittmer am 24. September 1917 vom Gerichtspräsidenten V von Bern zu 2 Tagen Gefängnis und 6 Monaten Wirtshausverbot, den Pfliehtersatz von Fr. 52. 30 für 1916 betreffend; 8. Traugott Bernet am 24. September 1919 vom Bezirksgericht Rheinfelden zu 8 Tagen Gefängnis, den Pflichtersatz von zusammen Fr. 108.60 für 1917/18 betreffend; 9. Paul Känzig am 4. August 1919 vom Amtsgericht SolothurnLebern zu 4 Tagen Gefängnis, den Pflichtersatz von Fr. 48. 60 für 1918 betreffend.

Zu 7.: Jules Wittmer bezeichnet das Jahr 1917 als eine Zeit schwerer Prüfungen. Im August sei ihm seine in einer Irrenanstalt versorgte Frau verstorben. Gleichzeitig habe er seine Anstellung verloren. Heute sei er wieder in fester Stelle, deren Verlust ihm jedoch drohe, wenn er nunmehr die zwei Tage erstehen müsse. Dies würde für ihn und namentlich seine zwei Kinder ein neues Unglück bedeuten.

Nach den Urteilserwägungen wurde der Tatbestand der schuldhaften Nichtentrichtung des Pflichtersatzes namentlich darin gesehen, dass Wittmer trotz wiederholter Zahlungsversprechen an den geschuldeten Betrag keinen Rappen bezahlte und sich um den Verlauf des Strafverfahrens nicht kümmerte, insbesondere der Hauptverhandlung fernblieb. Ein Polizeibericht vom 12. November 1917 lautet: nach eingezogenen Erkundigungen spreche Wittmer zuviel dem Alkohol zu und geniesse keinen einwandfreien Leumund. Wittmer erklärte damals gegen die Verurteilung, allerdings verspätet, die Appellation, und sein diesbezügliches Schreiben enthält, ähnlich wie die heutigen Gesuchsanbringen, die Schilderung seiner Verhältnisse, die ihn in die Unmöglichkeit versetzt haben sollen, rechtzeitig zu zahlen.

Da der Strafvollzug durch die kantonalen Behörden aus uns unbekannten Gründen zwei Jahre unterblieb, ordneten wir Erhebungen an über die gegenwärtigen Verhältnisse des Gesuchstellers. Es schien uns, die einigermassen zurückliegende Strafe sollte nicht ohne Überprüfung der heutigen Verumständungen zum Vollzuge gelangen.

Soweit die Anträge der bernischen Behörden auf den Strafakten beruhen, wird Herabsetzung der Gefängnisstrafe von zwei bis zu einem Tage oder gänzliche Abweisung beantragt. Die Polizeidirektion des Kantons Bern schreibt, Wittmer könne die Strafe an zwei aufeinanderfolgenden Feiertagen erstehen, um derart Unzukömmlichkeiten in seinem Anstellungsverhältnis zu vermeiden.

319 Wenn wir demgegenüber beantragen, dem Gesuchsteller die zwei Tage Gefängnis zu erlassen, begründen wir dies mit den gegenwärtigen Verhältnissen Wittmers. Er ist von Bern weggezogen und befindet sich in Courrendlin in einem neuen Wirkungskreis. Er lebt, bei jedenfalls bescheidenem Einkommen, seit 1918 mit seinen zwei Kindern in der Familie eines Schwagers.

Nach dem Berichte des Gemeinderates von Courrendlin ist seit dem Aufenthalte in der Gemeinde über seine Aufführung Nachteiliges nicht bekannt. Namentlich hat Wittmer den hier in Betracht kommenden, ferner den Pflichtersatz für das Jahr 1917 nach den Mitteilungen des Sektionschefs entrichtet. Es darf ferner berücksichtigt werden, dass Wittmer zu weiteren diesbezüglichen Anständen nicht mehr Anlass geben wird, da er nunmehr aus Altersgründen von dem Pflichtersatz gänzlich befreit ist.

Zu 8 : Traugott Bernet ersucht um Erlass der ihm durch Urteil vom 24. September 1919 auferlegten Gefängnisstrafe von 8 Tagen. Er habe den betreffenden Betrag am 10. Dezember 1919 entrichtet und werde fernerhin bestrebt sein, pünktlich zu zahlen. Zurzeit arbeite er in einer Fabrik, müsse jedoch im Falle des Strafvollzuges die Entlassung gewärtigen, was seine Familie, Frau und zwei Kinder, in arge Not versetzen würde.

Der Gemeinderat von Obermumpf befürwortet die Begnadigung ,,in Anbetracht der bestehenden Verhältnissea. Das Bezirksgericht Rheinfelden kann dagegen die Begnadigung nicht empfehlen, da Bernet ein arbeitsscheuer Alkoholiker sei.

Aus den Strafakten ergibt sich, dass der Gemeinderat von Obermumpf an sich ebenfalls dafür hält, Bernet könnte seinen Pflichten rechtzeitig nachkommen, wenn er wollte. Der Fall wurde vom zuständigen Kreiskommando dem Bezirksamt Rheinfelden am 21. September 1918 zur Anzeige gebracht. In einer ersten Abhörung vom 27. September versprach Bernet Abzahlung in monatlichen Raten von Fr. 30. Das Kreiskommando war einverstanden. In der Folge entrichtete er jedoch lediglich Fr. 20 am 23. November 1918, Fr. 10 am 9. April 1919 und nach einer zweiten Abhörung und erneuten Zahlungsversprechen wird am 13. August festgestellt, dass keine weitere Zahlung erreicht wurde.

, Laut Polizeibericht vom 27. Juli 1919 hatte Bernet damals einen Tagesverdienst von Fr. 11. Die ganze Bevölkerung der Gemeinde teile die Ansicht, er könne damit gut auskommen,
jedoch sei der Schnaps sein Verhängnis.

Diese auszugsweisen Angaben aus den Strafakten ergeben, dass Bernet gegenüber mit ausserordentlicher Langmut verfahren

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wurde. Wir beantragen deshalb in Zustimmung zu dem Antrag des Bezirksgerichtes Rheinfelden, das Begnadigungsgesuch abzuweisen. Dagegen kann bei Mitteilung des Entscheides der Bundesversammlung an die aargauische Regierung Vorsorge getroffen werden, dass der Strafvollzug, allfällig mit Unterbrechungen, derart durchgeführt wird, dass Bernet nicht um seinen Verdienst kommt.

Zu 9: Paul Känzig, der im Jahre 1917 nach mehrjähriger Landesabwesenheit in die Schweiz zurückkehrte, schuldete damals den Militärpflichtersatz für 1914--1917 im Betrage von Fr. 125.

Nach einer ersten Anzahlung vom 15. Oktober 1917 im Betrage von Fr. 25, leistete er nichts mehr, weshalb er am 26. Januar 1918 für die Ausstände 1914--1917 dem Richter überwiesen wurde.

Dieser verurteilte Känzig am 19. März 1918 zu 3 Tagen Gefängnis.

In der Folge -- am 13. Juni und 18. Juli 1919 -- zahlte Känzig jene Beträge nach, jedoch war inzwischen -- am 22. Januar 1919 -- gegen ihn wegen der Nichtentrichtung der Ersatzabgabe für 1918, in der Höhe von Fr. 48. 60, bereits ein zweites Strafverfahren eingeleitet worden. Da Känzig seinem Versprechen, bis zum 1. August sämtliche Schulden zu tilgen, nicht nachkam, wurde er vom Amtsgericht Solothurn-Lebern am 4. August 1919 erneut, diesmal mit 4 Tagen Gefängnis, bestraft.

Känzig ersucht um gnadenweisen Erlass dieser Gefängnisstrafe, wobei er sich auf längere Arbeitslosigkeit im Winter 1918/1919 beruft und ausserdem schreibt, er habe seine Mutter unterstützen müssen. Ein Polizeibericht, der über die in Betracht kommenden Familienverhältnisse weitere Einzelheiten bringt, vermag die Gesuchsanbringen in der Haupssache zu bestätigen. Beim Kreiskommando Solothurn eingezogene Erkundigungen ergaben ferner, dass Känzig für 1919 die Ersatzabgabe ordnungsgemäss entrichtet hat.

Wir haben den Eindruck, die verspätete Begleichung des für 1918 geschuldeten Betrages stehe im Zusammenhang mit den Rückständen für 1914--1917. Die für den Zeitraum seiner Auslandsjahre geschuldeten Summen brachten Känzig zurück, was auch die Begleichung der Schuld für 1918 beeinflusste. Jedenfalls ist zu sagen, dass Känzig im Verlaufe von 1919 erhebliche Zahlungen geleistet und zudem die Ersatzabgabe für 1919 ohne , Säumnis entrichtet hat. Dies möchten wir ihm zugute halten und beantragen deshalb, die Gefängnisstrafe von vier Tagen, das Jahr 1918 betreffend, zu erlassen.

Anträge: Erlass der Gefängnisstrafe bei Wittmer und Känzig, Abweisung Bernets.

321 10. Julius Arthur Fricker, geb. 1865, Kaufmann, 11. Karl Zahnd, geb. 1897, Ofenarbeiter, beide zurzeit in der Strafanstalt Basel.

(Sprengstoffverbrechen.)

Julius Arthur Fricker und Karl Zahnd wurden zusammen mit dem französischen Staatsangehörigen Maurice Mougeot verurteilt am 13. November 1918 vom Bundesstrafgericht wegen Versuchs der Zuwiderhandlung gegen Artikel l des Bundesgesetzes vom 12. April 1894 betreffend Ergänzung des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht. Gegenüber Fricker wurde erkannt auf 5 Jahre Zuchthaus, abzüglich 174 Tage Untersuchungshaft, und 5 Jahre Einstellung im Aktivbürgerrecht, gegenüber Zahnd auf 4 Jahre Zuchthaus, abzüglich 281 Tage Untersuchungshaft, und 5 Jahre Einstellung im Aktivbürgerrecht.

Es handelt sich um die am 4. Mai 1917 von Zahnd auf Anstiftung des Mougeot und Fricker im Auftrage des französischen Spionagedienstes versuchte Sprengung der bei Waldshut (Baden) gelegenen Fabrik der Lonzawerke. Für das Nähere des Tatbestandes verweisen wir auf unsere Ausführungen zu dem ersten Begnadigungsgesuche Frickers. (Bundesbl. 1919, V, 670, Antrag 52 des Berichtes vom 2. Dezember 1919).

Fricker reicht ein zweites Gesuch ein, weil ihn der abweisende Entscheid der Bundesversammlung vom letzten Februar in einen bedenklichen Zustand versetzt habe und er zudem vermute, es habe damals an der nötigen Aufklärung gefehlt.

Da wir im Dezember 1919 mit Nachdruck betont haben, von einer Begnadigung Frickers könne zurzeit noch keine Rede sein, und die Bundesversammlung im Februar 1920 das Begnadigungsgesuch abgewiesen hat, verzichten wir heute auf eine längere Auseinandersetzung. Von den 5 Jahren Zuchthaus werden Ende Juni 1920 rund 2 Jahre und l'/a Monate erstanden sein, die Untersuchungshaft mitinbegriffen. Wir beantragen, die endgültige Erledigung dieser Begnadigungssache zu verschieben und sie an den Bundesrat zurückzuweisen zwecks erneuter Antragstellung zu gegebener Zeit.

Für Zahnd wird um Erlass der Reststrafe ersucht und hierzu in längeren Darlegungen hauptsächlich wiederholt, was bereits der Strafausmessung des Bundesstrafgerichtes zugrunde lag. Das jugendliche Alter, die schlechte Erziehung, das volle Geständnis sind ausdrücklich berücksichtigt worden. Zahnd erscheint nach einem Zeugnis des Strafanstaltsdirektors als gutmütiger, aber

322 willensschwacher Mensch. Es ist richtig, dass er von Fricker verführt worden ist, es muss aber auch festgehalten werden, dass seine Tat im Falle des Gelingens nicht nur grossen materiellen Schaden, sondern auch den Tod von in den Fabriken beschäftigten Arbeitsgenossen hätte herbeiführen können. Zahnd hat sich auch durch diesen Gedanken nicht abhalten lassen.

Zahnd würde die 4 Jahre Zuchthaus am 4. Februar 1922 vollenden. Wir stellen zurzeit auch hier den i. S. Fricker näher formulierten Rückweisungsantrag, wobei jedoch schon heute gesagt werden kann, dass mit Bezug auf die Strafdauer bei Zahnd eine zeitlich wesentlich frühere Begnadigung ernstlich in Betracht kommt.

A n t r ä g e : Rückweisung an den Bundesrat zwecks erneuter Vorlage zu gegebener Zeit, i

12. Théodore Baumann, geb. 1895, Fabrikarbeiter, Develier (Bern).

13. Ernst Steiner, geb. 1897, Hülfsspinner, 14. Arnold Marti, geb. 1903, Handlanger, beide in Langenthal (Bern).

15. Christian Aggeler, geboren 1902, Schafhirt, Weisstannon (St. Gallen).

16. Alfred Läderach, geb. 1875, Hülfsarbeiter, Bern.

17. Friedrich Dutler, geb. 1882, Taglöhner, Rans (St. Gallen).

(Jagd- und Vogelschutz.)

Gestützt auf das Bundesgesetz über Jagd- und Vogelschutz vom 24. Juni 1904 und kantonale Ausführungserlasse wurden verurteilt : 12. Théodore Baumann am 8. Oktober 1919 vom Gerichtspräsidenten von Delsberg in Anwendung des Art. 21 und kantonaler Bestimmungen zu Fr. 40 Busse ; 13. und 14. Ernst Steiner und Arnold Marti am 3. November 1919 vom Gerichtspräsidenten von Aarwangen in Anwendung der Art. 7, 21, Ziffer 4, lit. a, und kantonaler Bestimmungen, jeder zu Fr. 40 Busse; 15. Christian Aggeler am 15. November 1919 vom Bezirksammann von Sargans in Anwendung von Art. 21, Ziffer 5, lit. a, zu Fr. 40 Busse; 16. Alfred Läderach am 29. Juli 1919 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern in Anwendung des Art. 6, lit. b, zu Fr. 100 Busse;

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17. Friedrich Dutler am 9. Febauar 1915 vom Bezirksammann Werdenberg in Anwendung von Art. 21, Ziffer l, zu Fr. 200 Busse.

Zu 12: Théodore Baumann, der am Vorabend des letzten eidgenössischen Bettages jagde, wurde auf dem Rückwege von einem Landjäger angetroffen.

Baumann, der für das Jahr 1919 das Jagdpatent besass, dagegen an einem verbotenen Tage der Jagd oblag, ersucht um ganzen oder doch teilweisen Brlass der Busse von Fr. 40. Das Jagdverbot habe er übersehen, die Busse drücke ihn als Familienvater sehr und der Besitz des Jagdpatentes spreche zu seinen Gunsten.

Der Gemeinderat von Develier unterstützt den Gesuchsteller.

Er sei ein ehrsamer Familienvater, der Mühe habe, seine Angehörigen durchzubringen.

Die Forstdirektion des Kantons Bern und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen Abweisung. Baumann habe eine bekannte, unmissverständliche Vorschrift übertreten, und die Busse sei ohnehin schon unter dem Mindestmass von Fr. 50, das gemäss Art. 21, Ziffer 4, lit. a, richtigerweise hätte gesprochen werden sollen.

Wir übernehmen die Abweisungsanträge.

Zu 13 und 14 : Ernst Steiner und Arnold Marti, beide nicht im Besitze eines Jagdpatentes, machten an einem Oktobersonntag des letzten Jahres, jeder mit einem Flobert versehen, Jagd auf Eichhörnchen.

Sie ersuchen um Herabsetzung der Bussen von Fr. 50 bis Fr. 10. Sie hätten in Unkenntnis des Gesetzes gehandelt. Die Bussen seien deshalb unverhältnismässig hoch, weil beide sie aus dem Verdienst von täglich Fr. 5 decken müssten. Die Eltern der Gesuchsteller seien ohne Vermögen. Der Vorfall werde den jungen, gut beleumdeten Leuten zur Lehre dienen.

Der Gemeinderat von Langenthal und der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes bestätigen die Anbringen der Eingaben und befürworten die Herabsetzung der Bussen. Auch der urteilende Richter empfiehlt die Gesuchsteller. Die Forstdirektion des Kantons Bern beantragt Herabsetzung der beiden Bussen bis zu Fr. 20, da ein gänzlicher Erlass grundsätzlich nicht in Frage kommen könne.

Es handelt sich um ähnliche Verhältnisse wie i. S. Gränicher (zu vergleichen Antrag 55 des II. Berichtes für die Winter-

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session 1919, Bundesbl. 1919, V, 673/675). Die Gesuchsteller haben nicht nur das Verbot der Sonntagsjagd verletzt, sondern überdies ohne Berechtigung gejagd, so dass die Bussen, ausgehend von dem Schärfungsprinzip des Art. 33 des ßundesstrafrechtes, nicht einmal in der gesetzlichen Höhe gehalten sind.

Wir beantragen, wie früher bei Gränicher, Abweisung. Die · Forstdirektion des Kantons Bern betonte damals, die Herabsetzung der Bussen bis zu Fr. 10 würde auf die jungen Leute geradezu ermutigend wirken. Auch die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragte aus ähnlichen jagdpolizeilichen Gründen Abweisung. Für den Fall, dass der Unbescholtenheit der Gesuchsteller, ihrem geringen Lohn und den Empfehlungen der kantonalen Behörden teilweise Rechnung getragen werden soll, beantragen wir Herabsetzung bis Fr. 30.

Zu 15: Der Schafhirt Christian Aggeler wurde gebüsst, weil er während geschlossener Jagdzeit mit einem Treibhund ein Murmeltier verfolgte und an sich brachte.

Aggeler ersucht, ihm die Busse von Fr. 40 zu erlassen, da er sie aus seinem geringen Verdienst aufbringen müsste. Der ihn begleitende Hund sei ihm trotz Pfeiffen und Rufen entwischt und habe das Murmeltier arg zerbissen. Da habe er es dann getötet und in die Hütte genommen.

Der Bezirksammann von Sargans schreibt, die Busse falle in der Tat der betroffenen Familie schwer zur Last. . Der Vater sei gestorben und habe eine zahlreiche Familie hinterlassen, die kein Vermögen besitze und etwas besser zusammenhalten sollte.

Die Staatsanwaltschaft und das Justizdepartement St. Gallen empfehlen teilweise Begnadigung.

Der Wildhüter der Gegend, der von dem Begnadigungsgesuch Aggelers erfahren hat, äussert für den Fall einer Begnadigung Aggelers die Absicht, fortan derartige Anzeigen zu unterlassen, da sie durch die Begnadigung wertlos würden. Ausser dem Gesuchsteller sollen in der Familie Aggeler noch drei erwachsene Geschwister schön verdienen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei halten wir dafür, die Mindestbusse berücksichtige die vorhandenen Umstände genügend, zumal da das Wild nicht nur gejagd, sondern erlegt und verwendet wurde. Wir beantragen deshalb Abweisung.

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Zu Art. 16: Alfred Läderach wurde im Juli 1919 beim Legen einer Kistenfalle zum Fange von Eichhörnchen betroffen.

Läderach schreibt, er könne die Busse von Fr. 100 unmöglich aufbringen. Er habe während sechs Monaten keine Arbeit gefunden und zudem sei seine Frau vor Neujahr mit dem sechsten Kinde niedergekommen. Er will nicht gewusst haben, dass der Eichhörnchenfang strafbar sei.

Laut Bericht der Polizeidirektion Bern und dem Auszug aus dem Zentral - Strafenregister ist der Leumund Läderachs keineswegs einwandfrei. Anderseits wird dafür gehalten, die Busse von Fr. 100 sei für die hier in Betracht kommende Verfehlung zu hoch, namentlich da Läderach eine ziemlich schwere Familie, insbesondere fünf unerzogene Kinder habe.

Mit Rücksicht auf die Familienverhältnisse wird von der Polizeidirektion der Stadt Bern Herabsetzung bis Fr. 30, vom Regierungsstatthalteramt Bern bis Fr. 50, von der kantonalen Forstdirektion, der sich die Polizeidirektion anschliesst, bis Fr. 10 beantragt.

Die bernische Forstdirektion und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei bezeichnen die von Läderach gelegte Kistenfalle als primitiv und harmlos im Gegensatz zu den üblichen, meist grausamen Fallen.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Herabsetzung bis Fr. 30.

Zu 17: Friedrich Dutler wurde an einem Sonntagnachmittag des Januars 1915 von einem Landjäger ob dem Versuch, einen Selbstschuss anzubringen, überrascht.

Dutler, der bis heute Fr. 100 bezahlt hat, ersucht, ihm die verbleibenden weiteren Fr. 100 in Gnaden zu erlassen. Er betont seinen geringen Erwerb als Taglöhner und versichert, die geleisteten Fr. 100 nur mit grosser Mühe und Entbehrungen in der Familie aufgebracht zu haben.

Das Bezirksamt Werdenberg schreibt, das Gesuch sei durchaus gerechtfertigt. Dutler habe während der Grenzbesetzung viel Aktivdienst geleistet und befinde sich in ärmlichen Verhältnissen. Gegen die Umwandlung der Busse in Gefängnis habe er sich gesträubt und in 15 Ratenzahlungen die Hälfte der Busse mühevoll entrichtet.

Mit der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir in Anbetracht der dem Gebüssten nachweislich schwer gewordenen Zahlungen, die ausstehenden Fr. 100 zu erlassen.

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A n t r ä g e : Abweisung bei Baumann, Steiner, Marti, Aggeler, Herabsetzung bis Fr. 30 bei Läderach, Erlass der verbleibenden Fr. 100 bei Dutler.

18. Gottlieb Finsterwald, geb. 1882, Landwirt und Holzhändler, Lauffohr (Aargau).

19. Amalie Hess, geb. 1860, Wirtin, Leuggern (Aargau).

20. Emil Zumsteg, geb. 1891, Landwirt, Etzgen (Aargau).

(Forstpolizei.)

Gestützt auf das Bundesgesetz vom 11. Oktober 1902, betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei die Bundesratsbeschlüsse vom 23. Februar 1917 betreffend Überwachung der Holznutzung in den privaten Nichtschutzwaldungen (A. S. n. F. XXXIII, 87), vom 20. April 1917 betreffend Erhöhung der Bussen für verbotene Abholzungen (A. S. n. F. XXXIII, 212) und kantonale Ausführungserlasse wurden verurteilt: 18. Gottlieb Finsterwald und 19. Amalie Hess am 9. Juli 1919 vom Bezirksgericht Zurzach, Finsterwald zu Fr. 790, Amalie Hess zu Fr. 260 Busse; 20. Emil Zumsteg am 12. Juni 1919 vom Bezirksgericht Laufenburg zu Fr. 590 Busse.

Zu 18 : Gottlieb Finsterwald, als Vertreter der Erbengemeinschaft Finsterwald, schlug im Jahre 1918 in den noch unverteilten Parzellen im Hard, Gemeindebann Böttstein, 47 Festmeter und im Februar 1919 im Grund, Gemeindebann Leuggern, weitere 41,3 Festmeter Holz, ohne hierzu die nötige Bewilligung durch die Forstorgane zu besitzen.

Finster wald, der vom Bezirksgericht Zurzach gleichzeitig mit einer Reihe anderer, so der Gesuchstellerin Amalie Hess hiernach, beurteilt wurde, ersucht, ihm die Busse von Fr. 790 ganz oder doch zum grössten Teil zu erlassen. In der Eingabe, die keine Gesichtspunkte von Bedeutung geltend macht, die nicht schon dem urteilenden Gericht bekannt gewesen wären, wird in längeren Ausführungen namentlich hervorgehoben, die jeweils eingereichten Schlaggesuche seien, statt tunlichst behandelt zu werden, verschleppt worden. Man habe den Gesuchsteller über die Erledigung im Unklaren belassen, und sein Verhalten erscheine deshalb überhaupt nicht als Verletzung des Gesetzes. Der Ver-

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urteilte, der im Strafverfahren als Vertreter der Erbengemeinschaft gehandelt hat, hält es nunmehr für ungerechtfertigt, allein ins Recht gefasst worden zu sein. Vom Holzschlag ,,im Grund" wird versichert, er sei durchaus in der Meinung erfolgt, die Berechtigung bestehe ohne weiteres.

Die Überprüfung der Akten und gerichtlichen Feststellungen ergibt unzweifelhaft, dass bewusste Gesetzesverletzungen in Betracht kommen. Beispielsweise wurde, worauf auch die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei hinweist, mit der Abholzung ,,im Grund a , für die ein Schlaggesuch am 13. Februar 1919 abging, noch gleichen Tags begonnen. Die Akten ergeben überdies, dass die Abholzungen in der Stellungnahme des Kreisförsters als Kahlschläge gewertet werden, so dass das urteilende Gericht, soweit es lediglich Lichtschläge annahm, jedenfalls die Tatsachen weitherzig beurteilt hat.

Das Bezirksgericht Zurzach, das sämtliche damals Verurteilte zur Begnadigung empfiehlt, macht bei Finsterwald, der als Holzhändler die Konjunktur ausgenutzt und wohl keine grossen Rücksichten auf gesetzliche Hemmungen genommen habe, die Einschränkung, nur teilweise Begnadigung zu befürworten.

Ausgehend von der Erledigung früherer derartiger Begnadigungssachen, da ferner ärmliche Verhältnisse oder dergleichen in keiner Weise in Betracht kommen, halten wir jedoch dafür, das Begnadigungsgesuch könne ernstlich nicht in Erwägung gezogen werden. Mit der eidg. Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir deshalb Abweisung.

Zu 19: Die Witwe Amalie Hess hat in ihrer Waldparzelle im Moos, Gemeindebann Reuenthal, 18 Festmeter Nutzholz, 21 Ster Brennholz und 200 Wellen (36 Festmeter) ohne Bewilligung schlagen lassen.

Frau Hess beruft sich auf den die Begnadigung empfehlenden Antrag des Bezirksgerichtes Zurzach und stellt das Gesuch um gänzlichen Erlass der Fr. 260. Sie habe nicht in böser Absicht gehandelt, sondern sich hauptsächlich von unzuständigen Leuten beraten lassen. Das Schlaggesuch sei lange unerledigt geblieben, und sie habe bestimmt mit der Bewilligung gerechnet.

Wie der Wortlaut des Schlaggesuches zu zeigen vermag, wurde in Wirklichkeit das Gesuch erst eingereicht, nachdem der Lichtschlag bereits vollzogen war. Immerhin ist richtig, dass Frau Hess schlecht beraten wurde, und es scheint, dass sie einem Dritten rechtzeitig Auftrag erteilte, für sie ein Schlagge-

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such einzureichen. Auch der zuständige Kreisförster hält dafür, dass besondere Umstände vorliegen, wie dem in den Akten befindlichen Bericht vom 23. Mai 1919 entnommen werden kann.

Von einem gänzlichen Erlass sollte allerdings abgesehen werden. Insbesondere kommen auch hier ärmliche Verhältnisse nicht in Betracht. Dagegen übernehmen wir den Antrag der eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei, die Busse von Fr. 260 bis Fr. 130 herabzusetzen.

Zu 20: Emil Zumsteg hat anfangs 1919 in seinem Privatwald ohne Bewilligung insgesamt 69 Festmeter Holz geschlagen.

Er ersucht um Erlass der Busse von Fr. 590. Wie. im Strafverfahren, macht er in der Hauptsache geltend, zur Zeit des Erlasses der einschlägigen eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen im Militärdienst gewesen zu sein, weshalb er davon keine Kenntnis genommen habe.

Das urteilende Gericht empfiehlt teilweise Begnadigung, da die Angaben betreffend den Militärdienst richtig seien. Das zuständige Kreisforstamt wollte dies ebenfalls berücksichtigt wissen und die eidgenössische Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragt Herabsetzung der Busse von Fr. 590 bis zu Fr. 300. Da erschwerende Umstände nicht in Betracht kommen, können wir uns diesem Antrag anschliessen.

A n t r ä g e : Abweisung Finsterwald, Herabsetzung von Fr. 260 bis 130 bei Frau Hess, von Fr. 590 bis 300 bei Zumsteg.

21. Sophie Aeberhardt, geb. Bühler, geb. 1870, Hebamme, Zweisimrnen (Bern).

(Lebensmittelkarten.")

Frau Aeberhardt wurde vom Gerichtspräsidenten von Obersimmental am 16. Oktober 1917 in Anwendung von Art. 5 des Bundesratsbeschlusses vom 2. Februar 1917 über die Abgabe von Monopolwaren durch Vermittlung der Kantone (A. 8. n. F.

XXXHI, 46) und kantonalen Ausführungsvorschriften verurteilt zu drei Tagen Gefangenschaft und Fr. 20 Busse.

Frau Aeberhardt bezog in den Monaten März bis August 1917 eine grössere Menge Reis und Zucker, als ihr zukam. Sie machte jeweils hierzu über ihren Familienstand falsche Angaben.

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In dem nunmehr um Erlass der Gefängnisstrafe eingereichten Gesuch wird gesagt, Frau Aeberhardt werde in ihrem Berufe geschädigt, wenn sie die Strafe abbüssen müsse. Im Hinblick auf die ärmlichen Verhältnisse sei die Busse von Fr. 20 Strafe genug. Die Gesuchstellerin habe sich damals über ihre Handlungsweise nicht volle Kechenschaft gegeben. Es seien in den Kriegsjahren zahlreiche, weit schwerere Vergehen nicht zur Ahndung gelangt, und man möge deshalb Frau Aeberhardt, insbesondere mit Rücksicht auf ihre Kinder, ersparen, ins Gefängnis wandern zu müssen.

Die Überprüfung der Akten und Gesuehsanbringen veranJasste die Einholung eines nähern Berichtes durch die Ortsbehörde.

Der Gemeinderat von Zweisimmen, wie der Kegierungsstatthalter von Obersimmental befürworten den gänzlichen Erlass der Geiangnisstrafe. Die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragt Herabsetzung von drei Tagen bis zu einem, das eidgenössische Ernährungsamt Abweisung des Gesuches.

Mit dem Ernährungsamt ist festzustellen, dass der wiederholt erteilte Aufschub des Strafvollzuges durch die kantonalen Behörden ;etwas auffallen muss. Die drei Tage hätten gewiss ohne besondere Störung der Berufsausübung erstanden werden können. In Wirklichkeit ist aus Kommiserationsgründen aufgeschoben worden, um Frau Aeberhardt die Einreichung eines Begnadigungsgesuches .zu erleichtern, wie denn auch der Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes schreibt, er habe das Begnadigungsgesuch längst erwartet.

Frau Aeberhardt ist ferner vorbestraft. Sie wurde am 6. November 1914 wegen Diebstahls von zwei Hausschuhen zu zwei Tagen Gefängnis · verurteilt. Der Vollzug der Strafe wurde jedoch bedingt erlassen und die auferlegte Probezeit von zwei Jahren verlief ohne Beanstandung. Da die Akten dieser Angelegenheit .keine erschwerenden Verumständungen aufweisen, möchten wir über diese Verurteilung hinweggehen.

Die Bundesversammlung hat während den Kriegsjahren zu Tatbeständen wie hier mehrfach Stellung genommen. So wurde der Odiile Mazzucotelli die Gefängnisstrafe von einem Tag erlassen. Dagegen blieb die Busse von Fr. 50, die nach den persönlichen Verhältnissen Strafe genug bedeutete (Antrag 22 des 1. Berichtes für die Wintersession 1918, Bundesbl. 1918, IV, 661).

Inzwischen hat die Bundesversammlung die Möglichkeit der bedingten Begnadigung und gnadenweisen
Umwandlung von Strafen in mildere Strafarten bejaht, und hat der Bundesrat schon bei ·der Behandlung der Motion Petrig zum Ausdruck gebracht, es Bundesblatt. 72. Jahrg. Bd. H.

22

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solle den [Gesichtspunkten der Strafrechtsreform den einzelnenGesuchen gegenüber nach Möglichkeit Rechnung getragen werden.

Bei Frau Aeberhardt sind schwierige Familienverhältnisse zu berücksichtigen. Der Mann ist Trinker und kommt seinen Pflichten nicht nach. Die Frau erscheint dagegen als arbeitsam und geht regelmässig ihrem Berufe nach. Die Leute sollen mit ihr zufrieden sein, ihr Leumund wird als gut bezeichnet.

Unter diesen Verumständungen kann unseres Erachtens auf den Vollzug der Gefängnisstrafe verzichtet werden. Dagegen möchten wir sie nicht ohne weiteres erlassen, sondern an ihrer Stelle die Busse von Fr. 20 um Fr. 30 erhöhen. Wir beantragen demnach im Ergebnis eine Lösung wie im Falle der Odiile Mazzucotelli.

A n t r a g : Umwandlung der Gefängnisstrafe in Busse, derart,, dass die Busse von Fr. 20 auf Fr. 50 erhöht wird.

22. Eugène Cusenier & Cie., Müller, Estavayer-le-Lac (Freiburg)..

(Brotversorgung.)

Eugène Cusenier
Laut Entscheid der eidgenössischen Kommission für wirtschaftliche Straffälle haben Eugène Cusenier
331 Die Gebüssten, die nach einem Aktenvermerk vom 13. Januar 1920 an die Busse Fr. 500 bezahlt haben, ersuchen um Erlass oder doch weitgehende Herabsetzung des Bussenbetrages. In der Eingabe wird bestritten, an die genannten Angestellten mehr als etwa 1500 kg geliefert zu haben, und für die übrigen Punkte, die zur Verurteilung führten, daran erinnert, dass die Vorfälle am 18. Juli 1919 festgestellt worden seien. Damals sei aber dem Landwirt das freie Verfügungsrecht über sein Brotgetreide zugestanden, weshalb auch von diesbezüglichen Verfehlungen des Müllers keine Rede sein könne.

Da zurzeit bereits Fr. 500 entrichtet sind, fragt es sich richtigerweise nur, ob Grund bestehe, die verbleibenden Fr. 1000 ganz oder teilweise zu erlassen.

Wie die kurze Wiedergabe der Gesuchsanbringen zeigt, ficht die Eingabe in Wirklichkeit die materielle Richtigkeit des Strafentecheides vom 21. November 1919 an. Eine diesbezügliche Überprüfung ist aber in dem hier verlangten Umfang nicht Sache der Begnadigungsbehörde, wie die Bundesversammlung gegenüber ähnlichen Entscheiden der eidgenössischen Kommission für wirtschaftliche Straffälle wiederholt anerkannt hat.

Wir begnügen uns deshalb, Bezug zu nehmen auf die Erwägungen des Strafentscheides und ferner auf die ausführliche Stellungnahme des eidgenössischen Ernährungsamtes vom 14./21.

Januar 1920, das die Ausführung des Gesuches richtigstellt.

Ausserdem möchten wir noch hervorheben, dass die Firma Cusenier & Cie. in hohem Masse rückfällig ist. Sie.musste seit dem Jahre 1917 bereits mit Bussen von Fr. 150, 300j 500, 750 bestraft werden.

Mit dem eidgenössischen Ernährungsamt beantragen wir Abweisung.

* A n t r a g : Abweisung.

23. Franz Amstutz, Senn, Engelberg (Obwalden).

24. Jakob Weidmann-Meyer, Landwirt, Oberwinterthur (Zürich).

25. Fridolin Tschudi, Landwirt, Schanis (St. Gallen).

(Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten.)

Es wurden verurteilt : 23. Franz Amstutz am 10. Februar 1919 vom Gerichtsausschuss des Kantons Unterwalden ob dem Wald in Anwendung des

â32

Bundesratsbeschlusses vom 18. April 1917 und der zudienenden Verfügung vom 6. August 1917 betreffend die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten (A. S.

n. F. XXXIII, 218 u. 599) zu Fr. 200 Busse ; 24. Jakob Weidmann-Meyer am 25. Juli 1919 zu Fr. 500 Busse; 25. Fridolin Tschudi am 28. Juli 1919 zu Fr. 400 Busse; beide von der eidgenössischen Kommission für wirtschaftliche Straffälle in Anwendung des genannten Bundesratsbeschlusses und der zudienenden Verfügung vom 2. Oktober 1918 (A. S. n. F. XXXIV, 1000).

· Zìi 23 : Nach Art. 10 des Bundesratsbeschlusses vom 18.

April 1917 war der Genossenschaft schweizerischer Käseexportfirmen (Käseunion) sämtlicher Käse abzuliefern. Jegliche anderweitige Verwendung oder Veräusserung war, die Vergünstigungen der Verfügung vom 6. August 1917 vorbehalten, verboten.

Da eine Reihe Käseproduzenten von Engelberg im Sommer 1917 ihrer Ablieferungspflicht nicht genügten, gelangte die Käseunion an den Regierungsrat des Kantons Unterwaiden ob dem Wald zwecks Durchführung entsprechender Strafverfahren. In der Folge sprach der Gerichtsaussehuss des Kantons Unterwaiden ob dem Wald mit Entscheid vom 10. Februar 1919 in neun Fällen Bussen von Fr. 60, 70, 80, 100, 200, 220.

Laut Urteil hätte Franz Amstutz, der heutige Gesuchsteller, bei einer Käseproduktion von 2430 kg, nach Abzug der ihm zur Selbstverwendung zugebilligten 400 kg, 2030 kg abliefern sollen. Er lieferte 'jedoch nur 216 kg, somit 1814 kg zu wenig, ab.

Für Amstutz gelangt der Gemeinderat Engelberg ,,im Sinne des letzten Rechtsmittels" an die Bundesversammlung zwecks Erlasses der Fr. 200. Amstutz schliesst sich in einer nachträglich veranlassten Zuschrift diesem Antrage an. Nach den beiden Eingaben ist Amstutz Pächter der Käsereilokale des Klosters und Besitzer einer Alphütte auf Gerschnialp. In der Hauptsache untersteht ihm seit Jahren die Milchversorgung Engelbergs, wozu er die Milch von Kleinbauern zusammenkauft. Im Sommer 1917 wurden dem allgemeinen Konsum rund 130,000 Liter abgegeben und der Rest zur Käsebereitung verwendet. Amstutz hat nun im Einverständnis mit der Gemeindefürsorge die Milchlieferanten auf Grund der Lieferungsverträge direkt mit Käse versorgt und an 18 Haushaltungen 1900 kg Käse abgegeben. Dies soll geschehen sein, um die Milchlieferungen ungestört aufrechtzu-

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erhalten. Der Gemeinderat von Engelberg findet nun, die gegen Amstutz gesprochene Busse sei durchaus schablonenhaft erkannt worden, indem man den Unterschied des vorliegenden Falles gegenüber andern Sennen, die ihrerseits für die Milchversorgung nichts taten, unberücksichtigt gelassen habe. Die Appellationsfrist gegen das erstinstanzliche Urteil sei verpasst worden, eine Revision des Verfahrens komme nicht in Betracht, und man möge deshalb den besondern Verumständungen im Begnadigungswege Rechnung tragen. Andernfalls wäre die Ortsfürsorge Engelberg moralisch verpflichtet, Amstutz die Busse zu ersetzen.

Das zur Stellungnahme veranlasste eidgenössische Ernährungsamt hält dafür, die geltend gemachten Gründe könnten wohl für die Strafausmessung in Betracht kommen, was ja auch geschehen sei, nicht aber für eine Begnadigung. Laut Vernehm* lassung des Milchamtes habe Amstutz aus der Umgehung der Ablieferungspflicht zudem erhebliche Vorteile gezogen, so dass der durch den direkten Verkauf erzielte Mehrerlös die ausgesprochene Busse übersteigen dürfte. Ferner wird betont, die eidgenössische Kommission für wirtschaftliche Straffalle lege bei den von ihr für gleiche Zuwiderhandlungen auszusprechenden Bussen einen schärferen Massstab an.

Da Amstutz zweifellos die in Betracht kommenden Vorschriften, kennen musste, kann ihn auch unseres Erachtens die Auffassung der Ortsfürsorge Engelberg nicht entlasten. Wir haben deshalb aus den bereits von dem Ernährungsamt geltend gemachten Gründen keinen Anlass, eine Begnadigung zu empfehlen.

Die Auseinandersetzung über die schliessliche Tragung der Busse kann füglich Amstutz und der Ortsfürsorge Engelberg anheimgestellt werden.

Zu 24 und 25 : Jakob Weidmann und Fridolin Tschudi haben sich in gröblicher Weise den Massnahmen zwecks Ver-, sorgung des Landes mit Milch widersetzt.

Weidmann, der seit dem 1. Oktober 1916 keine Milch mehr lieferte, wurde am 14. Dezember 1918 vom eidgenössischen Milchamt zur Milchablieferung aufgefordert. Eine weitere Aufforderung erging am 10. Januar 1919 vom Milchamt Zürich.

Anfangs Februar erfolgte von der Fachkommission des kantonalen Ernährungsamtes Zürich eine Besichtigung des Betriebes. Weidmann liess sich nicht beeinflussen. Am 8. April hatte er 24 Stück Vieh im Stall, darunter 4 Kühe, von denen eine nicht sein Eigentum war. Fünf bis sechs Kälber saugten damals noch ab.

Von der Beschlagnahme befreit war die im Betrieb produzierte

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Milch nur insoweit, als sie zur Aufzucht im gleichen Umfang verwendet wurde wie vor dem 1. August 1914. Es steht mit aller Deutlichkeit fest, dass Weidmann seinen Aufzuchtbestand in den letzten Jahren bedeutend vermehrt hatte. Den Aufforderungen zur Milchablieferung, die an ihn ergingen, als sich ein dringendes Bedürfnis fühlbar machte, hat er dagegen nicht Folge geleistet.

Weidmann reicht in Verbindung mit dem Zürcher Bauernsekretariat ein Gesuch um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse von Fr. 500 ein. Er habe im Jahre 1914 seinen Betrieb auf Viehaufzucht eingerichtet und geglaubt, trotz den behördlichen Ablieferungsverfügungen zur Aufzucht in dem von ihm betriebenen Umfang berechtigt zu sein. Ausserdem hätte es schwer gehalten, von dem eingerichteten Zuchtbetrieb wieder zur Milchwirtschaft zurückzukehren. Die Ursache seiner Weigerungen beruhe demnach nicht auf Böswilligkeit. Das gehe auch daraus hervor, dass er sämtlichen Anforderungen, wie Anbaupflichten, stets nachgekommen sei. Ausserdem wird darzutun versucht, Weidmann befinde sich in einer misslichen Lage und habe die Aufzucht nötig zur Aufrechterhaltung seines Betriebes.

Wir nehmen vorab Bezug auf den Entscheid der eidgenössischen Kommission für wirtschaftliche Straffälle vom 25. Juli Ì919 und den Wiedererwägungsentscheid derselben Behörde vom 26. September 1919. Mit Nachdruck ist daran festzuhalten, dass die Bundesversammlung einzig als Begnadigungs- und nicht als Rekursinstanz Stellung zu nehmen hat. Das eidgenössische Milchamt und das Generalsekretariat des eidgenössischen Ernährungsamtes weisen in ihren Vernehmlassungen die Darstellung des Gesuches scharf zurück. Kennzeichnend ist auch das Urteil eines Gemeinderatsmitgliedes von Oberwinterthur, wonach Weidmann als tüchtiger Landwirt, ausserdem aber als renitenter Besserwisser erscheint. Seine Verhältnisse seien ganz gute. Wir beantragen Abweisung, da Begnadigungsgründe in Wirklichkeit nicht vorhanden sind.

Fridplin Tschudi, den das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement am 1. Dezember 1917 wegen Nichtablieferung von Milch mit einer Busse von Fr. 200 belegt hatte, musste am 5. und 18. April 1918 erneut zur Milchablieferung aufgefordert werden. Er lieferte hierauf in vollem Umfang, dagegen wurde die Milchlieferung im Winter 1918/19 eingestellt. Eine Inspektion vom 9. Januar 1919 ergab, dass Tschudi damals in der Lage war, in seinem Betrieb täglich 20--25 Liter Milch aufzubringen. Am

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15. Januar 1919 erfolgte deshalb vom eidgenössischen Milchamt «eine erneute Mahnung. Nach sechzehn Tagen stellte Tschiudi die Lieferungen wiederum ein. Eine weitere Inspektion vom 7. Mai ergab, dass er seinen Betrieb so eingerichtet hatte, dass Lieferungen im Sommer nicht zu erwarten waren. Er verarbeitete die Milch zu Butter und Käse und verabreichte die Magermilch an trächtige Schweine. Tschudi musste deshalb am 14. Mai, unter Berufung .auf die Verhältnisse im Vorjahr, aufgefordert werden, seinen Viehstand derart zu ändern, dass er Milch liefern könne. Statt «dessen verkaufte Tschudi zwei Kühe und behielt den Wurf Ferkel.

Die für Tschudi verfasste Eingabe um Erlass der Fr. 400 bedeutet eine in ungebührlichem, einem Begnadigungsgesuch wenig anstehenden Tone gehaltene Kritik der Massnahmen des eidgenössischen Milchamtes und des Entscheides der eidgenössischen Strafkommission. In längeren Ausführungen, auf deren Wiedergabe wir verzichten, wird der Vorwurf der Willkür erhoben und behauptet, -der Entscheid der Strafkommission beruhe auf einer einseitigen, unrichtigen und jedenfalls unbewiesenen Darstellung.

Da es nicht Sache der Bundesversammlung als Begnadigungsbehörde sein kann, die rechtmässigen Verfügungen des eidgenössischen Milchamtes auf ihre Angemessenheit zu überprüfen und nach den Akten und Vernehmlassungen der beteiligten Behörden -der Vorwurf der Willkür ernstlich nicht in Betracht .kommt, beantragen wir, das Gesuch ohne weiteres abzuweisen. Auch bei Tschudi handelt es sich um hartnäckige Widersetzlichkeit.

A n t r ä g e : Abweisung in allen drei Fällen.

26. Otto Keller, geb. 1880, Portier, Oberendingen (Aargau).

(Schleichhandel mit Butter und Eiern.)

Otto Keller wurde am 26. Juni 1919 durch Strafbefehl ·des Gerichtspräsidenten von Zurzach in Anwendung des Bundesratsbeschlusses vom 18. April 1917 betreffend die Versorgung des Landes mit Milch und Milchprodukten (A. S. n. F. XXXIII, 218) und kantonaler Erlasse mit Fr. 80 gebüsst.

Es ergibt sich aus den Akten, dass Keller im Winter 1918/19 als Portier einer Fabrik seinen Vorgesetzten Butter und Eier ausserhalb der Rationierung verschafft hat. Der Schleichhandel war gut organisiert, und es wurden dabei natürlich auch die Höchstpreise überschritten.

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Keller ersucht um ganzen oder doch teilweisen Erlass der Fr. 80. Er sei Ende 1917 mit seiner Familie infolge Arbeitslosigkeit und Unterernährung aus Berlin nach Oberendingen^ seinem Heimatsort, zurückgekehrt und habe dort in der Sodafabrik Arbeit gefunden. Mit Rücksicht auf seinen körperlichen Zustand sei er jedoch nicht voll arbeitsfähig gewesen, und er habe deshalb' versucht, seine Lage nach Möglichkeit zu verbessern. Die Butterund Eierlieferungen an seine Vorgesetzten sollen aus Gefälligkeit erfolgt sein, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er habe dann eine freigewordene Portierstelle erhalten, sich derart weiterhin zu Dank verpflichtet gefühlt und die Lieferungen fortgesetzt. Man möge ihm zugute halten, dass er infolge der Kriegsjahre, der Valutaverhältnisse und der geschwächten Gesundheit ein schwer geprüfter Mann sei.

Mit dem eidgenössischen Erriährungsamt halten wir dafür, der ergangene Strafbefehl berücksichtige diese Verhältnisse zur Genüge. Der gut angelegte Schleichhandel war damals sehr verwerflich, zudem lebt Keller in kinderloser Ehe und kann ihm die Entrichtung der Busse durchaus zugemutet werden.

A n t r a g : Abweisung.

27. Charles Vermot, geb. 1870, Zimmermann, Le Lode (Neuenburg).

(Schleichhandel mit Ölen und Fetten.)

Charles Vérmot wurde am 12. Oktober 1918 vom Gerichtspräsidenten von Locle in Anwendung der Bundesratsbeschlüsse vom 2. Februar 1917 betreffend den Lebensmittelankauf (A. Sn. F.'XXXIII, 40), vom 15. Januar 1918 betreffend die Versorgung des Landes mit Speiseölen und Speisefetten (A. S. n. F.

XXXIV, 93), der zudienenden Departementsverfügung vom 5. Märe 1918 betreffend die Höchstpreise (A. S. n. F. XXXIV, 334) verurteilt zu Fr. 1000 Busse.

Vermot trieb im Frühjahr 1918 einen umfangreichen Schleichhandel mit Öl und Fett. Die Ware stammte aus Frankreich, wurde über die Grenze gebracht, von Vermot bereits über den vorgeschriebenen Preisen erstanden und mit 8--10 °/o Gewinn abgesetzt.

Vermot, der ratenweise Fr. 550 getilgt hat, ersucht, ihm die verbleibenden Fr. 450 zu erlassen. Er behauptet Unkenntnis der damaligen Bestimmungen, will aus Not zum Schleichhandel ge-

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griffen haben, beruft sich auf seine verminderte Arbeitsfähigkeit durch Unfall und Verstümmelung einer Hand und betont seineFamilienlasten. Weitere Zahlungen seien ihm kaum möglich und er befürchte die Umwandlung der Restbusse in Gefängnisstrafe.

Eingeholte Berichte vermögen die Gesuchsanbringen in der Hauptsache zu bestätigen. Allerdings ist nach der Aktenlage und dem Geständnis in der Voruntersuchung die heutige Versicherung des guten Glaubens abzulehnen. Im übrigen verschaffen die> Berichte der Behörden des Kantons Neuenburg von dem Manne keinen schlechten Eindruck. Er ist infolge Unfalls in der Tat nur beschränkt arbeitsfähig, hat eine kränkliche Frau und drei noch minderjährige, insbesondere zwei noch schulpflichtige Kinder.

Die ratenweise Entrichtung von Fr. 550 spricht zu seinen Gunsten..

Mit dem eidgenössischen Ernährungsamt übernehmen wir unter diesen Verumständungen den Antrag des Justizdepartementes des Kantons Neuenburg, die Busse um Fr. 250 zu ermässigen.

A n t r a g : Herabsetzung der Busse um Fr. 250, so dassVermot statt Fr. 450 noch Fr. 200 zu entrichten hat.

28. Friedrich Remund, geb. 1860, Händler, Frauenkappelen (Bern)..

(Bestimmungen über den Verkehr mit Vieh.)

Friedrich Remund wurde, gestützt auf Art. 14 und 30 desBundesratsbeschlusses vom 13. April 1917 betreffend den Verkehr mit Vieh (A. S. n. F. XXXIII, 181), am 17. Juni 1918 vom Gerichtspräsidenten IV von Bern verurteilt zu Fr. 250 Busse.

Remund kaufte und verkaufte im März 1918 zwei Kälber,, ohne dass er im Besitze einer Viehhandelsbewilligung gewesen wäre.

Er ersucht nunmehr um Erlass der -Busse, allfällig der drohenden Umwandlungshaft und bringt namentlich an, 31 Jahre lang den Kalberhandel betrieben zu haben, bis ihm die bundesrätlichen Erlasse betreffend Viehhandelsbewilligungen den Beruf verunmöglicht hätten. Er sei ausserstande gewesen, die verlangte Kaution aufzubringen, und habe hierauf als Taglöhner sein Leben fristen müssen. Die Verhältnisse der Kriegswirtschaft hätten ihn derart dauernd geschädigt. Er sei gut beleumdet und habe sich stets alle Mühe gegeben, sich redlich durchzuschlagen. Diese Busse jedoch könne er unmöglich aufbringen, weshalb man in Anbetracht seiner ärmlichen Lage ein Einsehen haben möge.

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Der Gemeinderat von Frauenkappelen bestätigt die Richtigkeit dieser Angaben. Das Viehhandelsverbot habe Remund schwer getroffen und sozusagen ruiniert. Er sei einer Begnadigung durchaus würdig.

Der Regierungsstatthalter von Bern und die Polizeidirektion des Kantons Bern beantragen deshalb Herabsetzung der Busse bis Fr. 50. Eine gänzliche Begnadigung erscheine nicht am Platze, weil Remund die Widerhandlungen bewusst begangen und zudem vor Gericht anfänglich unwahre Angaben gemacht habe.

Das eidgenössische Ernährungsamt, das Abweisung beantragt, bemerkt mit Recht, Remund habe sich um das Urteil vom 17. Juni 1918 wenig bekümmert und erst die Aufforderung, sich zur Abbüssung der Umwandlungsstrafe zu stellen, sei im November 1919 Anstoss zur Einreichung eines Begnadigungsgesuches gewesen.

Ausgehend von diesen verschiedenen Vernehmlassungen und im Hinblick auf einen Vermerk in den Akten, wonach Remund vor Jahren im Konkurs stand, beantragen wir abschliessend Ermässigung der Busse von Fr. 250 um Fr. 100. Wir haben den Eindruck, Remund werde Mittel und Wege finden, diesen Betrag zahlen zu können.

Antrag: Herabsetzung der Busse bis Fr. 150.

29. Emil Staubli, geb. 1874, Landwirt, Althäusern, 30. Dominik Grod, geb. 1864, Viehhändler, Besenbüren, beide im Aargau.

(Viehhöchstpreise.)

Emil Staubli und Dominik Grod wurden am 5. September 1919 vom Obergericht des Kantons Aargau, in Authebung eines erstinstanzlichen Freispruches, schuldig erklärt der Zuwiderhandlung gegen Art. l der Verfügung des schweizerischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 29. Mai 1918 betreffend Höchstpreise für Schlachtvieh (A. S. n. F. XXXIV, 585). Staubli wurde mit Fr. 800, Grod mit Fr. 200 gebüsst.

Staubli hat dem Grod vor Ostern 1919 einen Stier zum Schlachten ,,überhaupt" um den Preis von Fr. 4150 verkauft.

Der Höchstpreis wurde in hohem Masse überschritten. Genaue Gewichtsangaben fehlen. Die Akten verschaffen jedoch den Eindruck, dass Fr. 800 nicht zu hoch gegriffen sei. Die Anzeige rechnete mit einer Überschreitung im Betrage von Fr. 1150.

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Die Gesuchsteller ersuchen um Erlass der Bussen und verfechten in geschickten, längeren Ausführungen, auf die wir verweisen, die von früheren Begnadigungssachen bekannte Auffassung, die obergerichtliche Verurteilung entspreche wohl dem Buchstaben der in Betracht kommenden Bestimmungen, sei jedoch unhaltbar angesichts der damaligen tatsächlichen Verumständungen.

Es handelt sich um die in der Tat unerfreulichen und schwierigen Verhältnisse auf dem Vieh- und Fleischmarkt des Frühjahrs 1919. Wir haben bereits, namentlich anlässlich der Begnadigungsgesuche Josef Burger, Adolf Furrer und Albert Ruf (zu vergleichen Bundesbl. 1919, IV, 436; V, 365 ff., n. Bericht für die Herbstsession Nr. 54, I. Bericht für die Winter/Februarsession 1919/20, Nr. 42 und 43), Gelegenheit gehabt, die Stellung des eidgenössischen Ernährungsamtes bekanntzugeben und erwähnen neuerdings die i. S. Burger angeführten Vernehmlassungen, die wir heute wieder zu den Akten geben.

Unseres Erachtens hat die Bundesversammlung keine Veranlassung, als eidgenössische Begnadigungsbehörde an der Praxis der aargauischen Gerichte zu rütteln, wonach in derartigen Widerhandlungsfällen die Bussen mindestens den zu Unrecht bezogenen Betrag erreichen sollen.

Von früheren Gesuchen unterscheidet sich die vorliegende Eingabe lediglich durch dea späteren Zeitpunkt ihrer Einreichung.

Ärmliche Verhältnisse kommen nicht in Betracht und die Überschreitung des Höchstpreises erfolgte in ganz krasser Weise.

Mit dem eidgenössischen Ernährungsamt nehmen wir Bezug auf die früheren Fälle dieser Art und beantragen, beide Gesuchsteller abzuweisen.

Anträge: Abweisung in beiden Fällen.

31. Martha Blichel, geb. 1876, Händlerin, Rüthi (St. Gallen)..

(Kartoffelhöchstpreise).

Martha Büchel wurde durch Straferkenntnis des Bezirksammanns Oberrheintal vom 20. Juli 1918, gestützt auf die kantonalen Ausführungsbestimmungen zu den damaligen Höchstpreisvorschriften, mit Fr. 20 gebüsst, weil sie t&t 100 kg Saatkartoffeln mehr als den Höchstpreis verlangt hatte.

Es ergibt sich aus den Akten, dass die Verurteilte in ihrer o, geistigen Gesundheit beeinträchtigt ist. Der von ihr gegen die

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Eintreibung der Busse erhobene Rechtsvorschlag wurde durch?

Rechtsöffnung beseitigt, jedoch äusserte sich der Rechtsöffnungsrichter dahin, der weitere Strafvollzug könne für den Zustand der unbescholtenen, erblich belasteten Person leicht von Nachteil sein. In der Folge ersuchte Martha Büchel, ihr die Busse zu erlassen. Sämtliche Behörden, die sich mit der Angelegenheit, zu befassen haben, nehmen Bezug auf die Armut der Gesuchstellerin und den Umstand, dass ihr der Strafvollzug sehr nahe gehe.

A n t r a g : Erlass der Busse.

32. Johann Schrade, geb. 1882, Drechslergeselle und Trödler, Basel.

(Vorschriften betreffend Motorfahrzeuge.)

Johann Schrade wurde am 23. April 1919 vom Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, in Bestätigung eines erstinstanzlichen Entscheides, gestützt auf die Verordnung vom 23. Februar 1917 betreffend die Meldepflicht der Besitzer von Motorwagen' und Motorrädern (A. S. n. F. XXXIII, 90), mit Fr. 220 gebüsstv weil er unterlassen hatte, den Kauf eines Motorrades polizeilich zu melden.

i In dem Gesuch um Herabsetzung der Busse bis Fr. 30^ wird Unkenntnis der Meldepflicht geltend gemacht. Das Rad sei zudem vorschriftsgemäss in das Trödelbuch eingetragen worden, und die Polizei habe von dem Eintrag Kenntnis genommen. Dem Mitverzeigten Kunzelmann sei die Busse bereits bis zu Fr. 3Q erlassen worden.

Wir nehmen Bezug auf unsere Anträge 11 ff. des I. Berichtes für die Herbstsession 1919 (Bundesbl. 1919, IV, 413 ff.)

und 65 des H. Berichtes fUr die Winter/Februarsession 1919/20 (Bundesbl. 1919, V, 683). Seit dem 1. November 1919 beträgt die Mindestbusse statt Fr. 200 in derartigen Strafsachen Fr. 50' (A. S. n. F. XXXV, 892).

Im Anschluss an die hiervor genannten Fälle und angesichts der günstigen Berichte über Schrade beantragen wir Herabsetzung bis Fr. 50. Weiter zu gehen scheint uns deshalb nicht angezeigt, weil Schrade als Trödler in höherem Masse als andere erkundigungspflichtig war, wie dies schon von den urteilenden Gerichten betont wurde.

An t rag:. Herabsetzung der Busse von Fr. 220 bis Fr. 50..

341 '33. Angehörige des verstorbeneq August Leimer, gewesener Wirt, ßettlach (Solothurn).

(Wirtschaftsschluss.)

Der inzwischen verstorbene August Leimer war am 16. April 1919 vom Amtsgericht Solothurn-Lebem wegen Überwirtens, igestützt auf den Bundesratbeschluss vom 12. Oktober 1918 betreffend Massnahmen zur Einschränkung des Verbrauches an Brennmaterial und elektrischer Energie (A. 8. n. F. XXXIV, 1028), anit Fr. 10 gebüsst worden.

Im Auftrage des Vaters und der Kinder des Verstorbenen -wird um Erlass der Busse und Kosten ersucht. Die Bundesbehörden haben lediglich zu der Busse Stellung zu nehmen. Mit Rücksicht auf die bedauernswerte Lage der drei unmündigen 'Kinder im Alter von 8, 6 und 3 Jahren, die nunmehr Vater und IMutter verloren haben, beantragen wir, die Busse zu erlassen.

Antrag: Erlass der Busse.

34. Frieda Reinhard, geb. 1899, Fabrikarbeiterin, Basel, Elsässerstrasse 258.

35. Heinrich Boiler, geb. 1887, Dreher, Zürich, Schlossgasse 20.

36. Fritz HUrzeler, geb. 1890, Schlosser, Kreuzungen (Thurgau).

37. Johann Egle, Schreiner, 38. Emilie Egle-Einhart, geb. 1874, beide in Konstanz.

39. Theresia Schmid verw. Burion, geb. 1852, Kioskhalterin, Emmishofen (Thurgau).

40. Hermann Eigenmann, geb. 1883, Velohändler, Emmishofen.

C 41. Jean Zogg, geb. 1891, Müller, Azmoos (St. Gallen).

42. Hermann Langenegger, geb. 1886, Spezierer,

43. Laurenz Hutter, geb. 1899, Angestellter, beide in Kriessern (St. Gallen).

44. Josef Loher, geb. 1890, Landwirt, 45. Karl Rohner, geb. 1886, Torfarbeiter, 46. Johann Lüchinger, geb. 1890, Taglöhner, alle in Montlingen (St. Gallen).

47. Johann Walt, geb. 1888, Holzhändler und Wirt, Eichberg (St. Gallen).

48. Christian Müller, geb. 1891, gew. Grenzwächter, Montlingen (Ausfuhrschmuggel.)

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Gestützt auf die Bundesratsbeschlüsse vom 30. Juni 1917 oder 12. April 1918 betreffend Bestrafungen der Widerhandlungen gegen das Ausfuhrverbot (A. 8. n. F. XXXILt, 459; XXXIV, 467) wurden verurteilt: 34. Frieda Reinhard am 30. September 1918 zu Fr. 400 und am 10. April 1919 zu Fr. 1000 Busse unter Abzug von 17 Tagen Untersuchungshaft, umgewandelt in 263 Tage Gefängnis, 35. Heinrich Boiler am 14. September 1918 zu Fr. 1100 Busse,.

umgewandelt in 220 Tage Gefängnis, 36. Fritz Hürzeler am 11. März 1919 zu Fr. 1200 Busse, wovon Fr. 890 umgewandelt in 178 Tage Gefängnis, alle durch Strafentscheide der Zollbehörden ; 37. Johann Egle, zu 4 Monaten Gefängnis, Fr. 1000 Busse, 3 Jahren Landesverweisung und beträchtlichem Wertersatz, 38. Emilie Egle zu 4J/2 Monaten Gefängnis, Fr. 1000 Busse, 3 Jahren Landesverweisung und beträchtlichem Wertersatz, 39. Theresia Schmid zu l Monat Gefängnis und Fr. 500 Busse, am 2. September 1919 vom Obergericht des Kantons Thurgau; 40. Hermann Eigenmann am 27. November 1919 vom Obergericht des Kantons Thurgau zu 6 Wochen Gefängnis, abzüglich 24 Tage Untersuchungshaft, und Fr. 500 Busse; 41. Jean Zogg am 8. Oktober 1918 vom Kantonsgericht St. Gallen zu l Monat Gefängnis und Fr. 700 Busse; 42. Hermann Langenegger zu 14 Tagen Gefängnis und Fr. 300 Busse, 43. Laurenz Hutter zu 3 Wochen Gefängnis und Fr. 400 Busse, beide am 7. Mai 1918 vom Bezirksgericht Oberrheintal; 44. Josef Loher zu 2 Monaten Gefängnis und Fr. 4000 Busse,, 45. Karl Rohner zu 3 Monaten Gefängnis und Fr. 4000 Busse, 46. Johann Lüchinger zu 4 Monaten Gefängnis und Fr. 4000 Busse, am 12. Februar 1919 vom Kantonsgericht St. Gallen; 47. Johann Walt am 3. Dezember 1918 vom Bezirksgericht Oberrheintal zu 3 Monaten Gefängnis und Fr. 600 Busse; 48. Christian Müller am 15. April 1919 vom Kantonsgericht St. Gallen zu 4 Monaten Gefängnis und Fr. 1000 Busse.

Anlässlich des Berichtes vom 2. Dezember 1919 stellten wir fest, dass die Bundesversammlung sich in den früheren Sessionen gegenüber Begnadigungsgesuchen betreffend Ausfuhrschmuggel

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regelmässig abiebnend verhalten hat. Gleichzeitig gaben wir unserer Meinung Ausdruck, die Verumständungen des einzelnen Falles seien immerhin eingehend zu überprüfen, und es solle besonderen Verhältnissen Rechnung getragen werden.

Inzwischen haben bekanntlich die Begnadigungskommission und die Bundesversammlung grundsätzlich die Möglichkeit der Begnadigung unter einer Bedingung und der gnadenweisen Umwandlung von Strafen in mildere Strafarten im Gebiete des Bundesstrafreehtes bejaht. Wie die Anwendung der beiden Modalitäten in der Februarsession zu zeigen vermag, wollte man damit der Antragstellung und dem Entscheid in Begnadigungssachen einen weiteren Spielraum verschaffen, jedoch mit der bisherigen Auffassung über Begnadigung nicht brechen. Es bleibt deshalb, auch Gesuchen von .Schmugglern gegenüber, im allgemeinen bei der geübten Zurückhaltung. Als Richtung gebend für die Behandlung von Schmuggelsachen sind aus der Februarsession namentlich festzuhalten die Entscheide i. S. Itel, dem die zweite Gefängnisstrafe von 4 Monaten unter Auferlegung einer zweijährigen Probezeit bedingt erlassen wurde, i. S. Halter, dem, nebst Befreiung vom Rest der Solidarhaft für die Bussen Dritter, die Gefängnisstrafe von 21 bis zu 10 Tagen herabgesetzt wurde, i. S. Garnen und Eheleute Camenisch, wo eine erhebliche Herabsetzung der Bussen stattfand, i. S. Marie Schnee, wo in Umwandlung der Gefängnisstrafe von 14 Tagen die Busse von Fr. 200; auf 300 erhöht wurde. (Zu vergleichen, Bundesbl. 1919, V, 691 ff, Anträge 73, 74, 75, 77, 88, 90.)

Bedeuten demnach die bedingte Begnadigung und die gnadenweise Umwandlung von Strafen in mildere Strafarten auch in Begnadigungssachen betreffend Ausfuhrschmuggel weitere Möglichkeiten, um besonderen Härten des Strafvollzuges vorzubeugen, so ist weiterhin zu sagen, dass in Schmuggelfällen sich insbesondere die Notwendigkeit zeigt, zu den Folgen monatelanger Freiheitsstrafen Stellung zu nehmen. In Betracht kommen einerseits Gefängnisstrafen, die von der urteilenden Behörde primär erkannt wurden, andererseits solche, die durch die subsidiär vorgesehene Umwandlung unerhältlicher Bussen entstanden sind. Dabei erfordert die Frage der Bussenumwandlung noch einige besondere Bemerkungen : Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hatte sich auf Anfragen zweier kantonaler Justizdirektionen in letzter Zeit darüber zu äussern, ob für das Bundesstrafrecht eine Änderung der Umwandlung unerhältlicher Bussen in Freiheitsstrafe erwogen

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werde. Grundsätzlich bejahte das Departement diese Anfragen unter Berufung auf die Stellungnahme des Bundesrates vom :23. Juli 1918 in seiner Botschaft an die Bundesversammlung zum Entwurf eines schweizerischen Strafgesetzbuches (zu vgl.

Bundesbl. 1918, IV, l ff, insbesondere 20). Dagegen wurde .angesichts des Umstandes, dass der Entwurf bereits zu den Verhandlungsgegenständen der Räte zählt, abgelehnt, die Frage
Die nachfolgenden Anträge suchen diesen Ausführungen und den Entscheiden der Bundesversammlung in der Februarsession dieses Jahres weiterhin Rechnung zu tragen.

Zu 34: Frieda Reinhard betätigte sich im Herbst 1917 und anfangs 1918 in einem grösseren Schmuggelunternehmen, indem ;sie von Dritten in Basel zusammengekaufte Waren im Werte von Fr. 2745 in der Wohnung ihrer Eltern entgegennahm und in der Folge zum grössten Teil über die Grenze schaffte. Da die elterliche Wohnung sich in einem an die elsässische Grenze anstossenden Hause befindet, warf Frieda Reinhard die Waren jeweils vom Garten hinter dem Haus über den Grenzzaun, wo sie im Auftrage Dritter von deutschen Soldaten in Empfang genommen wurden.

Die Angelegenheit, die administrativ erledigt wurde, endigte mit Strafentscheiden der eidgenössischen Oberzolldirektion vom

345 30. September 1918 und 10. April 1919, wobei insgesamt 27 Verurteilungen erfolgten und erhebliche Bussen, wie Fr. 1600, 1200, 1000 usw., gesprochen wurden.

Mit Eingabe vom 18. Januar 1920 ersuchte Frieda Reinhard von der Strafanstalt Basel aus, ihr einen Teil der im Wege der Bussenumwandlung entstandenen Gefängnisstrafe zu erlassen.

Die ihr auferlegten Bussen könne sie unmöglich aufbringen.

Auch bereue sie sehr, dass sie sich in das Schmuggelkomplott habe hineinziehen lassen.

Nach eingeholten Berichten wurde die Gesuchstellerin für Wertersatz und Kostenanteile erfolglos betrieben. Ausserdem sind die ausstehenden zwei Bussen im Betrage von Fr. 400 und und 915 in 263 Tage Gefängnis umgewandelt worden. Diese Freiheitsstrafe hat die Verurteilte am 18. Oktober 1919 angetreten und hätte demnach bis zum 8. Juli nächsthin in Haft bleiben müssen. Angeordnete Erhebungen der Zollbehörden und des Polizeidepartementes des Kantons Basel-Stadt ergaben, dass die Familie Reinhard, bestehend aus Eltern und acht Kindern, den Verdienst der Tochter benötigt, da einzig der Vater und ein Sohn für die Familie aufkommen. Die Direktion der Strafanstalt schreibt, die Verurteilte führe sich sehr gut auf und mache auf jederman einen guten Eindruck, weshalb ihr eine Strafverkürzung zu wünschen wäre. Zu demselben Ergebnis gelangt auch die Oberzolldirektion.

Im Hinblick auf die Jugend der Gesuchstellerin, die elterlichen Familienverhältnisse und insbesondere den sehr günstigen Bericht der Strafanstaltsdirektion beantragte die Bundesanwaltschaft der Polizeiabteilung als der zuständigen Straf Vollzugs behörde, Frieda Reinhard unter Vorbehalt des endgültigen Entscheides der Begnadigungsbehörde aus der Haft zu entlassen.

Dies geschah am 13. März, so dass von den 263 Tagen 148 erstanden sind.

Wir beantragen Erlass der verbleibenden 115 Tage.

Zu 35: Heinrich Boiler hat im Frühjahr 1918 im Komplott mit andern Kakao, Schokolade, Vanillestengel, Toiletteseife, Nähfaden und Schuhnesteln im Werte von über Fr. 4000 in acht Gängen ausgeschmuggelt und mit Gewinn abgesetzt. Beim neunten Gang erfolgte die Verhaftung, wobei Waren im Einkaufswerte von Fr. 1500'beschlagnahmt wurden.

Es handelt sich um dieselbe Strafsache wie im Falle Derrer, dessen Begnadigungsgesuch die Bundesversammlung in der SomBundesblatt. 72. Jahrg. Bd. II.

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mersession 1919 abgewiesen hat. Damals wurden im Berieht des Bundesrates die in Betracht kommenden Widerhandlungen gegen die Ausfuhrverbote als schwerer Art bezeichnet und betont, dem Lande seien bedeutende "Warenmengen in hohem Werte entzogen worden. Im besondern sprach gegen den damaligen Gesuchsteller Derrer, dass er seine im aktiven Dienst erlangte Kenntnis der Grenzverhältnisse missbraucht und andere zum Schmuggel verleitet hatte (zu vergleichen Bundesbl. 1919, III, 449 ff, III. Bericht für die Sommersession 1919, Antrag 125).

Boiler ersuchte am 7. Februar 1920 vom Bezirksgefängnis Hinwil, wo er am 20. November 1919 die durch Umwandlung einer Busse von Fr. 1100 entstandene Gefängnisstrafe von 220 Tagen angetreten hatte, um teilweisen Erlass. Er schreibt, aus Not zum Schmuggler geworden zu sein, und beruft sich auf seine misslichen Familienverhältnisse. Er glaube, durch die bereits erstandene Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen der mit dem Schmuggel in Zusammenhang stehenden Grenzverletzungen genug gesühnt zu haben.

Laut eingeholten Polizeiberichten ist Boiler seit 1910 verheiratet und Vater zweier Kinder. Es ist festgestellt, dass die Ehefrau vom 31. Oktober 1919 bis 1. Februar 1920 krank und arbeitslos war. Die Familie muss von der Heimatgemeinde Pfäffikon unterstützt werden. Die Gefängnis Verwaltung Hinwil äussert sich über Betragen und Fleiss des Sträflings in befriedigender Weise. Die Direktion der Justiz des Kantons Zürich erachtet einen teilweisen Strafnachlass auf dem Begnadigungswege als gerechtfertigt.

Da Boiler in derselben Strafsache beteiligt war, wie der bereits von der Bundesversammlung abgewiesene Gesuchsteller Derrer, lag es nahe, sich über den Verlauf des Strafvollzuges gegenüber Derrer zu erkundigen. Nach Mitteilungen der Oberzolldirektion hat bei Derrer eine Bussenumwandlung nicht stattgefunden, sondern er hat die ihm für eine Busse von Fr. 1500 bewilligten Ratenzahlungen bis jetzt geleistet. Anlässlich der Erledigung des heutigen Gesuches Boiler kann überdies die Oberzolldirektion ersucht werden, dem weitern Verlauf des Strafvollzuges in Sachen Derrer besondere Beachtung zu schenken.

Boiler gegenüber erklärt sich die Oberzolldirektion mit dem Erlass der Reststrafe einverstanden.

Mit Rücksicht auf die verbüsste militärgerichtliche Gefängnisstrafe, die Familienverhältnisse und das befriedigende Verhalten

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des Gesuchstellers in der Strafanstalt beantragte die Bundesanwaltschaft der Polizeiabteilung, wie bei Frieda Reinhard, die vorläufige Haftentlassung. Da Boiler am 13. März 1920 auf freien FUSS gesetzt wurde, hat er von 220 Tagen 115 erstanden.

Wir beantragen auch hier den gnadenweisen Erlass der Reststrafe.

Zu 36 : Der im Jahre 1918 in Kreuzungen niedergelassene Schlosser Fritz Hürzeler schmuggelte gemeinsam mit den in der Folge mitverurteilten Eheleuten Sauer aus Konstanz bei 400 kg Rohkaffee im Werte von Fr. 1590 über die Grenze. Hierzu hatte Hürzeler einen den Eheleuten Sailer gehörenden, zur Aufnahme der Schmuggelware dienenden Handwagen mit zwei hohlen Tragbalken versehen. Der Schmuggel soll 99 mal gelungen sein. Hürzeler rüstete jeweils den Wagen zu, Sailer oder dessen Ehefrau nahmen ihn über die Grenze.

Da Hürzeler eine Hinterlage von Fr. 250 geleistet hatte, zudem Ende 1919 Fr. 60 an die Busse bezahlte, schuldet er von den Fr. 1200 noch Fr. 890. Dieser Betrag wurde in 178 Tage Gefängnis umgewandelt, der Vollzug jedoch mit Rücksicht auf das eingereichte Begnadigungsgesuch aufgeschoben.

Hürzeler ersucht um Milderung der Gefängnisstrafe. Er will aus Not geschmuggelt haben, um seine von schweren Familienìasten herrührenden Schulden decken zu können, Die monatelange Gefängnisstrafe müsste seine nervenkranke Frau und seine zwei Kinder ungebührlich in Mitleidenschaft ziehen.

Die Oberzolldirektion beantragt, das Gesuch abzuweisen.

Hierzu wird einmal der in der Tat -raffiniert angelegte Schmuggel hervorgehoben und betont, die Familienverhältnisse Hürzelers seien bereits anlässlich der Strafausmessung berücksichtigt, ausserdem Hürzeler inzwischen von der Verpflichtung zum Wertersatz befreit worden. Der Gesuchsteller befinde sich allerdings in schwierigen Verhältnissen, diese sollen aber grösstenteils auf seinen Mangel an Arbeitslust zurückzuführen sein. Es scheine ihm zur Bezahlung der Busse an gutem Willen zu fehlen.

Die Akten verschaffen den Eindruck, dass Hürzeler ein moralisch zerrütteter Mann ist. Dafür sprechen auch seine zwei Gefängnisstrafen aus dem Jahre 1914 und 1915 wegen Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit und die entsprechenden Feststellungen anlässlich dieser Strafverfahren. In dem Berichte der Oberzolldirektion vom 17. Dezember 1919 wird, was uns für Hürzeler bezeichnend erscheint, gesagt, er hätte im Zeitpunkte seiner Schmuggeltätigkeit als Schlosser mit Leichtigkeit Arbeit finden können.

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Mit der Oberzolldirektion halten wir dafür, dass Hürzeler ratenweise weitere Zahlungen hätte leisten können. Ferner handelt es sich um Tatbestände, denen gegenüber im Vergleich zu gerichtlich beurteilten Fällen eine Gefängnisstrafe von gewisser Dauer keine Härte bedeutet. Anderseits möchten wir jedoch angesichts der vorhandenen Familienlasten eine allzulange Gefängnisstrafe vermeiden. Abschliessend beantragen wir deshalb, dem Gesuche lediglich für den Fall statt zu geben, dass die Umwandlungshaft wirklich zum Vollzuge gelangt, und es in diesem Fall bei einer Gefängnisstrafe von 60 Tagen bewenden zu lassen.

Zu 37, 38 und 39 : Die Begnadigungsgesuche der Eheleute Johann und Emilie Egle und der Theresia Schmid betreffen dieselbe Schmuggelsache, die der Bundesversammlung bereits in der Februarsession anlässlich der Gesuche Jakob Egloff und Marie Schnee unterbreitet wurde (zu vergleichen Bundesbl. 1919, V, 691/707, II. Bericht vom 2. Dezember 1919, Anträge 89 und 90).

Theresia Schmid verw. Burion, Kioskhalterin in Emmishofen bezog in der Zeit vom 12. April bis 18. August 1918 zu Schmuggelzwecken von einer Baslerfirma in neun Sendungen 50 kg Vanille, wovon bei 45 kg ausgeschmuggelt wurden. Zu derart grossen Ankäufen war Frau Schmid zugestandenermassen von der in Konstanz wohnhaften Frau Emilie Egle veranlasst worden, die den Schmuggel durch Anstellung und Leitung der Gehilfen und Miturheber in Gang brachte. Den Eheleuten Egle verkaufte Frau Schmid 25 kg, die von Theodor Bleicher und Marie Schnee nach Tägerwilen verbracht und von dort durch den Milchmann Jakob Egloff unter dem Kutschersitz seines Milchwagens ausgeschmuggelt wurden. Johann Egle nahm die Ware in Konstanz jeweils in Empfang, bezahlte sie, sorgte für den Absatz und entrichtete Egloff den Schmuggellohn.

Unabhängig hiervon verbrachte Frau Schmid weitere 25 kg persönlich ins Tägermoos, von wo sie durch einen Adolf Mayer ausgeschmuggelt wurden.

Jakob Egloff, verurteilt zu l1/» Monaten Gefängnis, Fr. 500 Busse und beträchtlichem Wertersatz, ist von der Bundesversammlung in der Februarsession 1920 gemäss Antrag des Bundesrates abgewiesen worden. Bei Marie Schnee, verurteilt zu zwei Wochen Gefängnis, Fr. 200 Busse und- beträchtlichem Wertersatz, wandelte die Bundesversammlung die Gefängnisstrafe in weitere Fr. 100 um. Der Bundesrat hatte Herabsetzung der Gefängnisstrafe bis zu 7 Tagen beantragt.

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Heute ersuchen die Eheleute Egle um Erlass der Gefängnisstrafen und der Landesverweisung, sowie der finanziellen Verpflichtungen, soweit sie eine Kaution von 7500 Mark übersteigen.

Frau Schmid ersucht allgemein um Begnadigung, oder wenigstens um angemessene Herabsetzung der Gefängnisstrafe von l Monat.

In der für die Eheleute Egle verfassten Eingabe wird in der Hauptsache der Antrag zu begründen versucht, sich bezüglich der Geldleistungen mit den 7500 Mark begnügen zu wollen und im übrigen die Behauptung aufgestellt, die Härte der gerichtlich erkannten Strafen entspreche nicht der ursprünglichen Meinung der Zollbehörden.

Demgegenüber begnügen wir uns anhand der Urteilserwägungen und der Stellungnahme der Oberzolldirektion zu dem Begnadigungsgesuch festzustellen, dass die Eheleute Egle als die eigentlichen Leiter und Veranstalter des Schmuggelkomplottes Egle-Egloff zu betrachten sind. Zu einer Begnadigung liegt nicht der mindeste Anlass vor. Insbesondere ist, die finanziellen Verpflichtungen betreffend, zu sagen, dass die Gesuchsanbringen durch die Tatsachen überholt sind. Wie der Bericht der Oberzolldirektion ergibt, sind aus den 7500 Mark sämtliche Forderungen beglichen und die verbleibenden Fr. 1586.63 zurückerstattet worden. Ausser dem Schmuggelerlös sollen die Eheleute Egle in Wirklichkeit an der Rückerstattung noch einen bedeutenden Kursgewinn gemacht haben. Wir beantragen im ganzen Umfang Abweisung.

Frau Schmid soll angeblich zu den Warenlieferungen veranlasst worden sein durch die fälschliche Angabe der Frau Egle, die Vanille sei für ein schweizerisches Spital bestimmt. Diese Behauptung kann jedoch nach der Aktenlage unmöglich ernst genommen werden und wäre besser unterblieben. Anderseits ist die Witwe Schmid in ihrem achtundsechzigsten Lebensjahr, gebrechlich, ohne Vorstrafen und sonst gut beleumdet. Allerdings haben diese Umstände und das Geständnis in der Voruntersuchung die urteilenden Gerichte bereits veranlasst, eine verhältnismässig milde Strafe auszusprechen. Es ist deshalb begreiflich, wenn die Oberzolldirektion mit Rücksicht auf die Mitverurteilten auch einen teilweisen Erlass der Gefängnisstrafe nicht befürworten kann. Immerhin beantragen wir abschliessend Herabsetzung der Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu zehn Tagen. Es erfolgt dies jedoch einzig aus Kommiserationsgründen, da die Beteiligung der Frau Schmid nicht leicht zu nehmen ist. Wäre der Schmuggel

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nicht entdeckt worden, hätte sie mit geringer Mühe über Fr.

1500 verdient und der Beweggrund ihres Tuns war durchaus Gewinnsucht.

Zu 40 : Hermann Eigenmann traf anfangs August 1918 mit drei aidera, die in der Folge ebenfalls verurteilt wurden, in einer Wirtschaft in Emmishofen zusammen, bei welcher Gelegenheit ein Fadenschmuggel verabredet wurde. Der eine wusste aus St. Gallen Faden zu beschaffen und Eigenmann anerbot sich als Abnehmer. Hierauf wurde die Ware zwecks Umgehung des Bahntransportes per Fahrrad hergeschafft, jedoch letzten Endes Eigenmann mit zwei andern unterwegs angehalten und den Zollbehörden zugeführt. Im Verlaufe der Untersuchung ergab sich, dass zwischen Eigenmann, einem Emil Schweizer und einer Frau Längle ein eigentliches Sehmuggelkomplott bestand. Eigenmann im besondern beschaffte der Längle durch Schweizer 30 m Ventilschläuche und 4 kg Vanille. Die Strafsache endigte schliesslich mit elf Verurteilungen.

Eigenmann ersucht, man möge es bei den 24 Tagen Untersuchungshaft bewenden lassen und ihm mit Bezug auf die verbleibenden 18 Tage Gefängnis und Fr. 500 Busse begnadigen.

Vollendeter Ausfuhrschmuggel komme nur im Falle der Ventilschläuche in Betracht, sonst handle es sich um Versuch und Gehilfenschaft. Schweizer, ein alter Geschäftskunde, habe ihn verleitet. Seine Fahrrad- und Nähmaschinenhandlung sei immer schlechter gegangen, dazu müsse er für Frau und Kind und ausserdem für seine betagten Eltern sorgen. Der einzige ledige Bruder, die eigentliche Stütze der Eltern, sei im Militärdienst verstorben, ohne dass je eine Entschädigung erhältlich gewesen wäre. Der Vollzug der Gefängnisstrafe würde ihn erneut 18 Tage seinem Geschäft fernhalten und in seinem Kundenkreis schädigen.

Sollte trotzdem eine weitere Durchführung des Urteils als nötig erachtet werden, sei sicherlich die Entrichtung der Fr. 500 Strafe genug.

Die Oberzolldirektion will dem Gesuchsteller durch Herabsetzung der Gefängnisstrafe von 18 bis zu 8 Tagen entgegenkommen, beantragt dagegen mit Bezug auf die Busse ohne weiteres Abweisung. Aus ihrem Bericht ergibt sich, dass das Geschäft Eigenmann zurzeit allerdings unter dem niedern Marktkurs leidet, anderseits sei es aber Eigenmann, der als gewiegter Geschäftsmann bezeichnet wird, in der Voruntersuchung ohne weiteres möglich gewesen, als Hinterlage Fr. 5000 zu leisten. Daraus sei auch die Busse von Fr. 500 gedeckt worden.

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Nach Überprüfung der Angelegenheit gelangen wir jedoch abschliessend zu dem Antrag, das Gesuch gänzlich abzuweisen.

Ausgehend von den allgemeinen Erwägungen gegenüber Schmuggelsachen halten wir dafür, in der Verbüssung der verbleibenden 18 Tage Gefängnis könne vorliegend eine besondere Härte nicht erblickt werden.

Zu 41 : Jean Zogg versuchte mit zwei andern in der Nacht vom 15./16. März 1918 drei Säcke mit zusammen netto 44 x /a kg Nähfaden auf Spulen im Werte von etwa Fr. 1200 über die Rheinbrücke bei Trübbach ins Liechtensteinsche zu schmuggeln.

Bin Füsilier der Grenzwache, der auf der Rheinbrücke Posten stand, hätte gemäss früherer Abrede mit Zogg behülflich sein sollen. Da der Füsilier jedoch von dem Vorhaben Meldung erstattet hatte, wurde die Ausführung des Schmuggels von der Grenzwache verhindert. Zogg, der bereits einige Sehritte in das Innere der Brücke getan hatte, konnte nach nutzlosem Fluchtversuch verhaftet werden.

Anlässlich des Schmuggels war verbotenes Grenzgebiet betreten und von Zogg überdies ein Füsilier zu Dienstverletzung anzustiften versucht worden. Da jedoch der Bundesratsbeschluss vom 12. April 1918, der in derartigen Fällen die Militärgerichte auch für das Schmuggeldelikt zuständig erklärt, nach dem Stande der Verfahren nicht Anwendung finden konnte, gelangten die Tatbestände gesondert zur Behandlung. Am 5. Juli 1918 verurteilte das Divisionsgericht 6 a Zogg wegen der Militärdelikte zu 2'/2 Monaten Gefängnis und l Jahr Einstellung im Aktivbürgerrecht. Das Bezirksgericht Werdenberg sodann büsste ihn wegen des Schmuggels mit Fr. 300, wonach auf erfolgte Appellation das Kantonsgericht St. Gallen strafschärfend l Monat Gefängnis und Fr. 700 Busse sprach. . · yy-'J j>'iCy] ! ^Mit Bezug auf die railitärgerichtliche Freiheitsstrafe, die Zogg nach mehrfachem Strafaufschub am 15. Dezember 1918 antrat, wurde am 7. Februar 1919 an den Bundesrat ein Gesuch um gnadenweisen Erlass der Reststrafe gerichtet, mit dem Erfolg, dass wir ihm am 17. Februar einen Monat erliessen.

Heute wird nunmehr die Bundesversammlung angegangen und ersucht, die vom Kantonsgericht St. Gallen erkannte Gefängnisstrafe von einem Monat gnadenweise zu erlassen. Die Eingabe, die in der Hauptsache als wörtliche Wiederholung des früheren Gesuches vom 7. Februar 1919 zu bezeichnen ist, betont neu, der damalige Begnadigungsentscheid sei für Zogg erst vom 18. Februar 1919 an in Wirkung getreten. In der Tat hatte Zogg

352 vom 15. Dezember 1918 bis zum 18. Februar 1919 von seinen 2Ya Monaten bereits 66 Tage rerbüsst, so dass ihm an Stelle des gnadenweise erlassenen Monates nur 10 Tage zugute kamen.

Bei dieser Sachlage beantragen wir Herabsetzung der vom Kantonsgericht St. Gallen erkannten Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu 7 Tagen, um derart jedenfalls den von uns am 18. Februar 1919 getroffenen Entscheid nachträglich auswirken zu lassen. Wird auf diese Weise eine allfällige Härte, die für Zogg hinsichtlich der Gefängnisstrafe durch die getrennte Beurteilung entstanden sein könnte, im ganzen Umfang getilgt, so liegt dagegen kein Grund vor, weiter zu gehen. Zogg befindet sich im Rückfall, da er bereits im Jahre 1917 wegen Schmuggels mit Fr. 300 gebüsst wurde. Als Meister der Mühle Azmoos, zudem ledigen Standes, hätte er auf diese erste Strafe hin dem Schmuggel aus dem Wege gehen können. Statt dessen ist er in der hier zur Behandlung stehenden Sache als Leiter des Komplottes aufgetreten und hat den Schmuggel mit viel List und Verwegenheit vorbereitet.

Zu 42, und 43: Hermann Langenegger und Laurenz Hutter wurden mit andern von einer Militärpatrouille am 10. Februar 1918 etwas nach 4 Uhr morgens östlich von Kriessern gegenüber Altach auf einer Sandbank im Rheine entdeckt. Sie hatten Waren im Werte von über 2000 Fr. namentlich Stickgarn und Nähfaden mit sich, die ein Fährmann vom rechten Rheinufer her hätte abholen sollen.

Langenegger und Hutter, die um Erlass der gerichtlich erkannten Freiheitsstrafen ersuchen, betonen namentlich, ausserdem wegen Übertretung des Sperrgebietes vom Territorialkommando VII am 25. Juni 1918 mit je 20 Tagen Arrest bestraft worden zu sein. Diese Arreststrafe sei erstanden, und man möge in Anbetracht ihrer Ärmlichkeit, bei Langenegger auch mit Rücksicht auf die zahlreiche Familie und die kranke Frau, Gnade für Recht ergehen lassen.

Nach Überprüfung der Akten drängt sich die Meinung auf, die beiden Strafen hätten gleich andern durch das zuständige Bezirksamt längst vollzogen werden sollen. Insbesondere fehlen bei Hutter, der beim Schmuggelunternehmen in wirksamster Weise tätig war, jegliche persönliche Gründe zu einer Begnadigung.

Hutter hat im Januar dieses Jahres eine Woche der Gefängnisstrafe erstanden und am i 8. Februar veranlasste die Polizeiabteilung den weitern Strafvollzug.

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Bei Langenegger bestehen dagegen schwierige Familienverhältnisse. Die lungenkranke Frau ist Mutter von 6 Kindern, vor kurzem erneut niedergekommen, und die Geburtsfolgen machten operative Eingriffe notwendig. Die Polizeiabteilung verfügte am 18. Februar zuhanden des Strafvollzuges, Langenegger solle gelegentlich die Hälfte seiner Gefängnisstrafe abbüssen, die andere Hälfte, werde sistiert bis zu Erledigung des Begnadigungsgesuches.

Hierbei dürfte es sein Bewenden haben.

Zu 44 bis und mit 48, die Gesuche Josef Loher, Karl Rohner, Johann Lüchinger, Johann Walt und Christian Müller betreffend, ist vorab mitzuteilen, dass sich die Polizeiabteilung nach den in Betracht kommenden Verumständungen nicht entschliessen konnte, einen weiteren Aufschub des' Strafvollzuges zu erteilen, so dass in sämtlichen fünf Fällen infolge Verbüssung der Freiheitsstrafe auf diesbezügliche Gesuchsanbringen nicht einzutreten ist. Dasselbe gilt für die Bussen, die, Müller ausgenommen, bezahlt sind, so dass eine Umwandlung in Gefängnis nicht in Frage kommt.

Zu erörtern bleibt deshalb einzig das Gesuch Müllers, die Busse von Fr. 1000 bis Fr. 500 herabzusetzen.

Christian Müller, der als Grenzwächter aus dem Dienste der Zollverwaltung entlassen werden musste, wandte sich gleichen Tages dem Schmuggel zu, und die vorliegende Angelegenheit ist nicht die einzige, in die er verwickelt ist. Heute handelt es sich um dieselbe Schmuggelsache wie im Falle Eberhardt und FreiKobler, deren Begnadigungsgesuche die Bundesversammlung in der letzten Februarsession abgewiesen hat (zu vergleichen Bundesbl.

1919, V, 692/709; II. Bericht vom 2. Dezember 1919, Anträge 91 und 92).

Der in der Hauptsache vom Karl Federer und Vater und Sohn Eberhardt beschaffte, vorerst auf Anraten des Frei-Kobler in einem Schweinestall untergebrachte Nähfaden wurde dann von Federer und Frei weiterverkauft, so 2880 Spulen an Müller, der ausserdem einen weitern gleich grossen Posten derselben Herkunft erwarb. In der Folge verbrachte Müller mit andern diesen Nähfaden in eine Scheune nach Moiitlingen, wobei beim nächtlichen Transport 792 Spulen verloren gingen, weil sich die Schmuggler entdeckt glaubten und die Ware fortwarfen. Die verbleibenden 4968 Spulen wurden von einem Beteiligten, der neuerdings Entdeckung befürchtete, bei seinem Pferdestall vergraben.

Es ist erwiesen, dass Müller den Nähfaden hernach hätte über den Rhein schmuggeln sollen, die eingeleitete Untersuchung ver-

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eitelte jedoch das Vorhaben, und der Nähfaden konnte beschlagnahmt werden.

Der Verfasser des für Müller eingereichten Begnadigungsgesuches hält dafür, es sei im Hinblick auf die nunmehrigen Verhältnisse und den Abbau der Kriegswirtschaft gerechtfertigt, auch denjenigen Gesuchstellern gegenüber Milde walten zu lassen, die zur Zeit der strengsten Gerichtspraxis abgeurteilt worden seien.

Müller, der aus Not gehandelt habe, sei ausserstande, die Busse aufzubringen und müsse deren Umwandlung in Gefängnis gewärtigen.

Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion sind wir der Meinung, dass Müller als ehemaliger Grenzwäehter wusste, welchen Strafen er sich mit seinen Machenschaften aussetzte. Die Oberzolldirektion schreibt zudem, sie sei auf Ansuchen Müllers hin bereit, ihm für die Entrichtung der Busse Zahlungserleichterungen zu gewähren. Da die frühere Eigenschaft als Grenzwächter auch bei der Würdigung des Begnadigungsgesuches erschwerend anzurechnen ist, beantragen wir Abweisung.

A n t r ä g e : Bei Frieda Reinhard und Boiler Erlass der Reststrafe, bei Hürzeler für den Fall des Vollzuges der Umwandlungshaft Herabsetzung bis zu 60 Tagen, Abweisung der Eheleute Egle, bei Theresia Schmidt Herabsetzung der Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu zehn Tagen, Abweisung Eigenmanns, bei Zogg Herabsetzung der Gefängnisstrafe von einem Monat bis zu 7 Tagen, bei Langenegger Herabsetzung der Gefängnisstrafe von 14 bis zu 7 Tagen, Abweisung Hutters, Nichteintreten bei Loher, Rohner, Lüchinger, Walt, Abweisung Müllers soweit eingetreten wird.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 26. April 1920.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Sommersession 1920). (Vom 26. April 1920.)

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