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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 16. Mai 1920 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Völkerbünde.

(Vom 21. Juni 1920.)

Sie haben unterm 5. März 1920 beschlossen : I. Die Schweiz tritt dem Völkerbundsvertrag vom 28. April/ 28. Juni 1919 bei.

Für die Ratifikation der Abänderungen des Völkerbundsvertrages, sowie für die Genehmigung von mit dem Völkerbund zusammenhängenden Übereinkünften jeder Art kommen die von der Bundesverfassung für den Erlass von Bundesgesetzen aufgestellten Bestimmungen zur Anwendung.

Beschlüsse über Kündigung des Völkerbundsvertrages oder über Rücktritt von diesem sind dem Volk und den Ständen zur Abstimmung vorzulegen.

Artikel 121 der Bundesverfassung betreffend die Volksanregung (Initiative) ist auch für die Kündigung des Völkerbundsvertrages und den Rücktritt von diesem anwendbar.

II. Der vorliegende Bundesbeschluss ist der Abstimmung,, des Volkes und der Stände zu unterbreiten.

III. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Die von uns in Ausführung der Ziffer II dieses Beschlusses angeordnete Volksabstimmung hat am 16. Mai stattgefunden.

Über das Ergebnis gibt die nachstehende Zusammenstellung Aufscbluss.

Aus derselben erhellt, dass der Bundesbeschluss vom Volke mit 416,870 gegen 323,719 Stimmen und von den Ständen mit 11 1/2 gegen 10 1/2 Stimmen angenommen worden ist.

Wir ersuchen Sie, von diesem Berichte Vormerk zu nehmen.

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Gegen das Ergebnis der Volksabstimmung, soweit es den Kanton Bern betrifft, haben die Herren Bütikofer, Parteisekretär, Hochstrasser, Verbandssekretär, und Eichenberger, Sekretär des bernischen Gemeinde- und Staatsarbeiterverbandes, sämtliche in Bern, am 22. Mai beim Regierungsrat des Kantons Bern Beschwerde eingelegt. Dieselbe hat folgenden Wortlaut: flüie unterzeichneten Stimmberechtigten des Kantons Bern erheben hiermit gegen das Ergebnis der Volksabstimmung des Kantons Bern vom 16. Mai 1920 (Abstimmung über den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund) B e s c h w e r d e .

Sie beantragen, das von der Staatskanzlei amtlich veröffentlichte Ergebnis der Volksabstimmung über den Beitritt der Schweiz zum Völkerbunde zu annullieren.

Sie stützen sich dabei auf folgende Beschwerdepunkte: 1. § 29 des Dekretes über das Verfahren bei Volksabstimmungen und Volkswahlen schreibt vor, dass die Stimmbzw. Wahlzettel in gesonderter Verpackung zu versiegeln und sogleich an die Staatskanzlei zu versenden seien.

Wir haben nun aber konstatiert, dass im Gegensatz zu dieser Bestimmung eine beträchtliche Zahl der Stimmzettel unversiegelt an die Staatskanzlei gelangt ist.

2. Die Pakete mit den Stimmzetteln aus sämtlichen Gemeinden des Kantons lagen in einem Zimmer aufgehäuft, wo jedermann ungehindert Zutritt hatte, so dass es ein leichtes war, den Inhalt der zum Teil schlecht verpackten, unversiegelten Pakete zu ändern.

Sollte wider Erwarten und entgegen den gesetzlichen Bestimmungen unserer Beschwerde nicht Folge gegeben werden, so verlangen wir eventuell eine Annullierung der Volksabstimmung vom 16. Mai auf Grund folgender Beschwerdepunkte: 1. Es verlautet, dass stimmfähigen Kantonsbürgern, die sich zur Zeit der Abstimmung im Militärdienst befanden, nicht Gelegenheit gegeben wurde, ihr Stimmrecht auszuüben.

2. Wie ferner verlautet, wurden Stimmzettel als gültig erklärt, in denen bloss das auf dem Stimmzettel gedruckte ,Ja' oder ,Nein' gestrichen war, ohne dass eine klare Willensäusserung des Abstimmenden durch eigene Eintragung in die hierfür bestimmte Rubrik zum- Ausdruck gekommen wäre.

3. Den Beschwerdeführern ist eine grössere Zahl von Klagen Stimmberechtigter verschiedener Gemeinden zugegangen,

793 denen die Stimmkarte nicht ordnungsgemäss zugestellt wurde.

· Sämtliche Reklamanten erhielten erst nach energischen Vorstellungen bei den Stimmregisterführern und -bureaux ein Duplikat, nachdem man ihnen dort bestimmt erklärt hatte, dass die Stimmkarte abgeschickt worden sei. Es wäre zu untersuchen, wo der Fehler liegt.

Die Beschwerdeführer behalten sich eine weitere Ergänzung der Beschwerdepunkte vor, ersuchen den Regierungsrat, die Untersuchung seinerseits auf weitere Punkte auszudehnen, und stellen das Gesuch um Suspensivverfügung. Sie verlangen vorab Würdigung des Beschwerdepunktes betreffend Einlangen der unversiegelten Pakete, ferner eine gründliche Nachprüfung hinsichtlich der Stimmenzahl und der Gültigkeit der Stimmzettel."

Der Regierungsrat des Kantons Bern hat diese Beschwerde mit Bericht vom 5. Juni abhin nach Massgabe von Art. 11 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872 an den Bundesrat weitergeleitet und beantragt Abweisung der Beschwerde. Er bemerkt dabei, dass im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde (22. Mai) das Abstimmungsergebnis des Kantons Bern von der bernischen Staatskanzlei noch nicht veröffentlicht war, indem diese Veröffentlichung erst in Nr. 41 des bernischen Amtsblattes vom 29. Mai erfolgte.

Wir durchgehen im folgenden die einzelnen Beschwerdepunkte.

I. Nichtversiegelung der Stimmzettelpakete.

Der Bericht der bernischen Regierung spricht sich hierüber wie folgt aus: ,,Nach § 29 des kantonalen Dekretes vom 22. November 1904 über das Verfahren bei Volksabstimmungen und Volkswahlen sind von den Wahlausschüssen der einzelnen Abstimmungskreise die Stimmzettel zu versiegeln und der Staatskanzlei zuzusenden. Es ist nun richtig, dass von den rund 500 Abstimmungskreisen eine grosse Zahl, nämlich 278, die Kuverte mit den Stimmzetteln nicht versiegelt, sondern einfach in der gebräuchlichen Art zugeklebt haben. Einzelne Ausschüsse haben auch die Zettel zusa.mmengebunden und mit einer Adresse und mit einem Siegel versehen. Alle derartigen ungenügenden Sendungen wurden notiert und die Pakete beiseite gelegt. Das Verzeichnis der betreffenden Gemeinden liegt bei; die Sendungen liegen

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heute uneröffnet zur Verfügung der eidgenössischen Behörden auf der Staatskanzlei Bern.

Was die Behandlung dieser Pakete und der Stimmzettelsendungen überhaupt anbetrifft, so ist folgendes festzustellen : Die Aufnahme., des Abstimmungsergebnisses des Kantons Bern erfolgte für die Abstimmung des 16. Mai in gleicher Art und Weise wie bei jeder Abstimmung. Die sämtlicheia Stimmzettelsendungen der Wahlausschüsse wurden von Angestellten der Staatskanzlei auf der Post abgeholt und im Rathaus in das für derartige Arbeiten übungsgemäss benutzte Zimmer Nr. 10 verbracht, wo drei andere Angestellte die Sendungen in Empfang nahmen, ordneten und die Wahlprotokolle zusammenstellten.

Diese Arbeit dauert jeweils mehrere Tage. Während der Zählarbeit dieser drei Angestellten lag das Abstimmungsmaten'al unter ihrer Aufsicht; es ist nicht richtig, dass Drittpersonen zu dem betreffenden Bureau ungehindert Zutritt haben und am Stimmzettelmaterial irgendwelche Veränderungen vornehmen können.

Irgendeine solche Antastung des Stimmenmaterials ist denn auch bei der Bearbeitung des Materials des 16. Mai nicht vorgekommen.

Nach den übereinstimmenden Aussagen der drei Angestellten haben keine unbeteiligten Personen das Zimmer Nr. 10 betreten, als einmal für kurze Zeit die Stimmenzähler des in jenen Tagen zu einer Session versammelten Grossen Rates (um auch ein Wahlgeschäft zu erledigen) und ein anderes Mal der eine Beschwerdeführer, Herr Parteisekretär und Grossrat E. Bütikofer, und Herr Stadtpräsident und Grossrat G. Müller. Letztere beiden Herren wandten allerdings, ohne ihr Erscheinen zu begründen, ihre Aufmerksamkeit dem Abstimmungsmaterial zu, behiindigten einzelne Sendungen, um sie zu besichtigen, und legten sie dann wieder unverändert an ihren Ort. Sie äusserten sich, dio unversiegelten Sendungen entsprächen den gesetzlichen Vorschriften nicht. Wir stellen also fest, dass die Sammlung des Abstimmungsmaterials in aller Ordnung und nacti der bisherigen Übung vor sich ging und keinesfalls von einer Antastung und Veränderung des Abstimmungsmaterials vom Augenblick seines Übergangs an die Staatskanzlei gesprochen werden kann. Die Beschwerde behauptet auch nicht, es sei irgendeine unerlaubte Veränderung des Materials vorgenommen worden ; sie versucht nur anzudeuten, eine solche Möglichkeit sei vorhanden gewesen. Eine KO
vage Vermutung, die sich in keiner Weise auf positive Tatsachen stützen kann, genügt aber zur Beschwerdeführung nicht, ganz abgesehen davon, dass auch die angedeuteten Vermutungen, wie wir auseinandergesetzt haben, jeder Unterlage entbehren.

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Was speziell den M a n g e l der S i e g e l u n g bei einer Anzahl von Paketen anbetrifft, so kann dieser Mangel weder Nichtigkeit des Abstimmungsaktes des einzelnen Abstimmungskreises noch des Abstimmungsaktes des ganzen Kantons fierbeiführen. Denn die Nichtdurchführung der Siegelung berührt nicht den Abstimmungsakt selber. Dieser war vollendet, die Zahlung durchgeführt und das Protokoll aufgenommen, als die Siegelung hätte vorgenommen werden sollen. Die Siegelung oder Nichtsiegelung hat also keinen Einfluss auf den Willensakt der Stimmberechtigten oder auf die Verurkundung dieses Willensaktes und kann deshalb auch nicht für die Gültigkeit oder Nichtigkeit des Willensaktes von Bedeutung sein. Die Siegelungsvorschrift ist eine reine Ordnungsvorschrift, deren Ausserachtlassung durch einzelne Abstimmungsausschüsse zu bedauern ,ist, die aber keine Änderung des Ergebnisses der Abstimmung zu bewirken vermag.

Eine allfällige Nachzählung der Stimmzettel der betreffenden Gemeinden würde übrigens -- dessen sind wir sicher -- die genaue Übereinstimmung mit den Zahlen der Protokolle ergeben, als Beweis dafür, dass an den Stimmzettelpaketen, trotzdem sie nicht versiegelt waren, keinerlei Veränderungen vorgenommen worden sind."

Wir haben zu diesem Punkte folgendes zu bemerken: Nach Art. l des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1872 finden die eidgenössischen Abstimmungen nach den Vorschriften der kantonalen Gesetze statt, soweit das Bundesgesetz nicht eigene Vorschriften aufstellt. Das Verfahren bei Volksabstimmungen und Volkswahlen im Kanton Bern ist geregelt durch das zitierte Dekret des Grossen Rates vom 22. November 1904. Dieses Dekret verordnet in § 29, dass die Stimmzettel versiegelt an die Staatskanzlei einzusenden sind ; als Sanktion bei Verfehlungen eines Stimmausschusses gegen die Bestimmungen dieses Paragraphen ist eine vom Regierungsraf; zu verhängende Busse von Fr. 5--100 vorgesehen; Besehwerden gegen das Abstimmungsverfahren, für deren Anbringung eine Frist von 8 Tagen vom Abstimmungstage an eingeräumt ist, werden vom Grossen Rat erledigt ; für eidgenössische Wahlen und Abstimmungen behält § 43 ausdrücklich die Bundesgesetzgebung vor.

Was nun diese letztere betrifft, so bestimmt Art. 11 des Bundesgesetzes vom 19. Juli 1872, dass nach Ablauf einer Beschwerdefrist von sechs Tagen, von der Bekanntmachung des kantonalen Abstimmungsresultates an gerechnet, die Kantonsregierungen die sämtlichen auf die Wahlen oder Abstimmungen

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bezüglichen Akten dem Bundesrat zu übermitteln haben; daran anschliessend schreibt der zitierte Artikel (Absatz 2) vor : ,,Einzig die Stimmzettel bleiben unter Verwahrung der Kantonsregierungen und sind von diesen nur auf Verlangen einzusenden, nach Genehmigung der Verhandlungen aber zu vernichten. " Das Bundesgesetz betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse vom 17. Juni 1874 bestimmt in Art. 13: ,,Die Kantonsregierungen haben die Protokolle über die Abstimmungen dem Bundesrate innerhalb 10 Tagen zu übersenden und halten die Stimmkarten zu dessen Verfügung." Es ergibt sich hieraus, dass die Behandlung der Stimmzettel von der Abstimmung hinweg durch das Bundesrecht geregelt wird und dafür kantonales Recht nicht in Frage kommt bzw. nicht massgebend ist. Eine Vorschrift über die Versiegelung der Stimmzettel findet sich in der Bundesgesetzgebung nicht vor. Der Bundesrat hat aber durch Kreisschreiben vom 16. Dezember 1881 eine bezügliche Aufforderung an die Kantonsregierungen erlassen, welche lautet: ,,In Ausführung eines Postulates des schweizerischen Nationalrates vom 12. Dezember 1881 beehren wir uns, Sie hierdurch einzuladen, künftighin bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen die Stimmzettel durch die betreffenden Bureaux gehörig versiegeln zu lassen und dieselben uneröffnet in Verwahrung zu nehmen, bis sie allfällig von den eidgenössischen Behörden eingefordert werden."

Einer solchen administrativen Anordnung des Bundesrates kann indessen keine Gesetzeskraft beigemessen werden, und sie ermangelt für den Widerhandlungsfall jeder Sanktion.

Bei dieser Rechtslage muss festgestellt werden, dass die von den Beschwerdeführern gerügte Nichtversiegelung von Stimmzettelpaketen keine Verletzung bundesgesetzlicher Vorschriften involviert.

Da auch kein Anlass zu der Annahme vorliegt, dass eine unerlaubte Veränderung des Stimnnzettelmaterials stattgefunden habe -- die Beschwerdeführer nennen keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Vorkommnis --, so besteht unseres Erachtens kein Grund, das Ergebnis der Abstimmung im Kanton Bern zu beanstanden.

II. Abstimmung der Militärpersonen.

Der einschlagende Bericht des bernischen Regierungsrates lautet : ,,Die Beschwerde ist über diesen Punkt äusserst vag. Sie sagt nur, es ,,verlaute," dass einzelnen Stimmberechtigten, die

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sich im Militärdienst befanden, nicht Gelegenheit gegeben wurde, ihr Stimmrecht auszuüben. Es fehlt also auch hier jegliche genaue Angabe von Tatsachen. Im übrigen war die Abstimmung der im Dienste stehenden Truppen geregelt durch den Befehl des eidgenössischen Militärdepartements Nr. 50/5/5 vom 22. April 1920. Nach diesem Befehl wurde die Abstimmung der Wehrmänner in den Truppeneinheiten vorgenommen; die Kantone hatten damit nichts zu tun. Wir haben deshalb auf diesen Beschwerdepunkt nicht weiter zu antworten.tt Wir pflichten dieser Meinungsäusserung durchaus bei. Es liegt kein Anhaltspunkt vor, dass der Befehl des eidgenössischen Militärdepartements vom 22. April 1920, der die Abstimmung bei den Truppen anordnete, von den verantwortlichen Kommandostellen nicht in korrekter Weise ausgeführt worden ist. Durch Wiedergabe unbestimmter Gerüchte kann das amtlich festgestellte Abstimmungsergebnis nicht beanstandet werden, es bedürfte hierzu erwiesener Tatsachen.

III. Gültigerklärung von Stimmzetteln, bei denen die deutliche Willenserklärung fehlt.

Der Bericht des Regierungsrates lautet hierüber wie folgt : ,,Auch dieser Beschwerdepunkt ist nur gerüchtweise (,wie ferner verlautet') aufgestellt. Wir halten dafür, dass es nicht Aufgabe der Rekursinstanz ist, auf irgendwelche unfassbaren Gerüchte hin, Untersuchungen anzustellen. Im übrigen kann sehr wohl die Frage, ob die Streichung oder die Unterstreichung des auf dem Stimmzettel angebrachten Vordrucks ,Ja' oder ,Nein' zu einer gültigen Stimmabgabe genügt, verschieden beantwortet werden. Nach § 28 des kantonalen Dekretes vom 22. November 1904 über das Verfahren bei Volksabstimmungen und Volkswahlen gilt als Grundsatz, dass ,die Stimmgebung als gültig zu betrachten ist, wenn aus ihr der Wille des Stimmberechtigten zu erkennen und sie nicht in unerlaubter Weise erfolgt ist'.

Der Entscheid darüber aber, ob ein Stimmzettel gültig ist, steht dem Wahl- resp. Abstimmungsausschuss zu (vgl. § 25 der Verordnung des Regierungsrates über die Obliegenheiten der Ausschüsse bei Volksabstimmungen und Volkswahlen, vom 15. Juli 1905). Wenn nun ein oder mehrere Wahlausschüsse bei der Feststellung des Wahlresultates solche Stimmzettel gefunden haben, bei denen statt des handschriftlichen ,Ja' oder ,Nein', der gedruckte Passus durchstrichen oder unterstrichen war und sie darin den Willen des Stimmberechtigten deutlich genug ausgedrückt

798 fanden, so kann es nicht Sache einer Rekursinstanz sein, einen derartigen, vom lokalen Abstimmungsausschuss innert den Grenzen seiner Zuständigkeit gefassten Beschluss zu überprüfen und allenfalls abzuändern. Die Frage, ob aus einem Stimmzettel der Wille des Wählers mit genügender Deutlichkeit zu erkennen sei oder nicht, ist eine Tat- und Ermessungsfrage, deren Entscheidung der ersten Instanz überlassen bleiben muss. Eventuell behaupten wir, dass die Zahl derjenigen Stimmzettel, auf welchen nur der Vordruck durchstrichen oder unterstrichen ist, so unbedeutend ist, dass dadurch das Abstimmungsergebnis des Kantons Bern in höchst geringem Masse beeinöusst wird und sich in keinem Fall die Mehrheit der ,Ja' in eine Mehrheit der ,Nein' verwandelt.

Wir haben nichts dagegen einzuwenden, dass allenfalls durch eine Nachzählung die vermutlich sehr kleine Zahl der angeblich unrichtig ausgefüllten Stimmzettel festgestellt wird, halten' aber daran fest, dass auf diesen Beschwerdegrund wegen seiner durchaus unbestimmten Substauzierung überhaupt nicht eingetreten werden kann.,, Wir stimmen diesen Ausführungen zu. Die Eruierung des Willens eines Stimmberechtigten und die Beurteilung der Gültigkeit seiner Stimmabgabe erfolgt durch die ausführenden Lokalbehörden nach Massgabe der kantonalen Vorschriften. Auch hier trifft übrigens die Bemerkung zu, dass sich die Beanstandung seitens der Beschwerdeführer auf unkontrollierbare ,,Verlautbarungena- beruft, welche schon an sich keine Handhabe zur Bemängelung des Abstimmungsresultates bieten würden.

IV. Nicht ordnungsgemässe Zustellung der Ausweiskarten.

Der Regierungsrat bemerkt hierzu : ,,Der unter diesem Stichwort erhobene Beschwerdegrund ist vollständig haltlos. Vorerst wird wiederum kein einziger Fall positiv im einzelnen angegeben. Ferner aber stellen die Behauptungen, selbst wenn sie richtig sind, gar keinen Beschwerdegrund dar, denn es wird ja zugegeben, dass den Leuten auf ihre Reklamation hin die verlorene Ausweiskarte ersetzt worden ist.a In der Tat haben die Beschwerdeführer selbst anerkannt, dass die Reklamanten in der Lage waren, ihr Stimmrecht auszuüben, und dass somit keine Vorenthaltung dieses Rechts vorliegt. Ein hierauf gegründeter Anlass zur Anfechtung des Abstimmungsergebnisses besteht demnach nicht.

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Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die von den Beschwerdeführern angebrachten Gründe keineswegs geeignet sind, das Resultat der Volksabstimmung im Kanton Bern zu invalidieren. Eine derartige Korrektur, welche eine erneute Vornahme der Abstimmung im ganzen Kantonsgebiet nach sich ziehen würde, könnte nur dann angezeigt sein, wenn eine Präsumption dafür vorhanden wäre, dass das Abstimmungsresultat durch unlautere Machinationen gefälscht wurde, so dass es dem wirklichen Willen der Stimmenden nicht entsprechen würde; dass eine solche Fälschung oder Abänderung des Ergebnisses vorliege, ist von den Beschwerdeführern nicht behauptet worden.

Übrigens würde selbst bei tatsächlich erwiesenen Unregelmässigkeiten eine Kassation der Abstimmung nur in solchen Fällen geboten erscheinen, wenn der aus der Abstimmung sich ergebende numerische Unterschied zwischen Majorität und^Minorität so gering ist, dass das Gesamtresultat der Abstimmung d. h. ihr politisches Ergebnis in Frage steht, was im vorliegenden Falle keineswegs zutrifft.

Wir schliessen uns daher dem Antrag des bernischen Regierungsrates auf Abweisung der Beschwerde an und b e a n t r a g e n , es sei im Sinne der vorstehenden Ausführungen der Beschwerde keine Folge zu geben.

Mit vorzüglicher Hochachtung: B e r n , den 21. Juni 1920.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

Kantone

Zürich Bern Liizern Uri Schwyz Obwalden . .

Nidwaiden . .

Glarus Zue .

. .

Freiburg . .

Solothurn . .

Baselstadt Baselland Schaffhausen . .

Appenzell A.-Rh.

Äppenzell I.-Rh. .

St. Gallen Graubünden . .

Aargau Thurgau Tessin . . . .

Waadt i Waiiis Neuenburg .

Genf

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. .

. .

. .

. .

. .

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Total

Stimmberechtigte

Eingelegte Stimmzettel

137,307 172,023 43,489 5,827 14,789 4,475 3,437 8,590 8085 35,167 33,135 31,846 19,296 12,688 13,783 3,128 67,809 28,983 57865 32,904 42,192 83,472 33 296 34,798 39,943 968,327

115,607 122,744 30,135 4,463 11,096 3,081 2,412 6,883 6,024 26,354 25,501 22,809 14,875 11,190 11,266 2,624 58,842 23,585 52,208 27,689" 18,754 68,778 25,318 27,302 30,619 750,159

Leer

2,164

UngUltig

56 8

122

40

34 12 4 7D 53 11 1 211 43 159 262 286 83 20 22 423 1,156 947 160 144' 35 114 143

158 87 20 1

386 19 12 7 25 3 22 97 22 63 47 57 30 114

Ja

46,387 65,655 15,550 1,008 2,546 1,802 1,389 2,289 2,842 20,125 9,895 10,693 5,548 4,362 5,573 1,265 26,474 12,343 17,846 16,225 15,709 63,924 19,172 23,034 25,214 416,870

Nein

c

66,898 56,521 14,376 3,417 8,496 1,267 1,018 4,524 3,124 6,118 15,009 12,054 9,156 6,559 5,382 1,273 30,346 10,797 33,109 11,464 2,822 4,663 6,054 4,124 5,148 323,719

Standesstimmen

Nein Ja

Ja

Nein Nein

Ja

Ja Nein Nein

^

Ja

Nein Nein Nein Nein Ja Nein Nein Ja Nein

Ja Ja Ja Ja Ja Ja

Ja: 10 ganze und 3 halbe Stände, Nein: 9 ganze und 3 halbe Stände, i

800

Volksabstimmimg vom 16. Mai 1920 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Ergebnis der Volksabstimmung vom 16. Mai 1920 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Völkerbunde.

(Vom 21. Juni 1920.)

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1920

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27

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1273

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.06.1920

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791-800

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