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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Entschädigungsgesuch von Heinrich Hauser in Zürich.

(Vom 12. November 1920.)

Heinrich H a u s er, geboren 1890, von Beringen, in Zürich, war im August 1914 nach vierzehntägigem Militärdienste wegen einer trockenen Brustfellentzündung von der Truppe in den Inselspital nach Bern versetzt worden. Dort wurde bei ihm eine linksseitige Netzhautablösung festgestellt, was nach Ausheilung der Pleuritis zu seiner Versetzung in die Augenklinik des nämlichen Spitals führte. Am 3. Dezember 1914 wurde er mit bedeutend herabgesetztem Sehvermögen auf dem linken Auge nach Hause entlassen. Der Chefarzt der Augenklinik äusserte sich bezüglich der Ursache der Netzhautablösung dahin, dass es sich wahrscheinlich um chorioiditische Prozesse handle ; er habe keinen Grund, den Militärdienst für diese Krankheitserscheinungen in der Netzhaut-Aderhaut anzuschuldigen. Die Pensionskommission nahm hierauf als immerhin möglich an, dass der Militärdienst, wenn auch nur in geringem Masse, durch schädigenden Einfluss zum Zustandekommen der Netzhautablösung beigetragen haben könne, und sprach dem H. Hauser eine herabgesetzte jährliche Pension von Fr. 94. 50, umgewandelt in eine Abfindungssumme von Fr. 1400, zu. Im Februar 1919 verlangte H. Hauser eine Erhöhung dieser Abfindung mit der Angabe, dass der Schaden nun auf sein rechtes Auge übergegriffen habe. Die Pensionskommission trat auf sein Begehren nicht ein, und er zog ihren Entscheid an das eidgenössische Versicherungsgericht weiter. Die gerichtliche Expertise ergab alsdann, dass die übrigens nur ganz geringfügige rechtsseitige Abnahme des Sehvermögens des Rekurrenten, welche auf einer Verkrümmung der Hornhaut beruht, mit dem Leiden des linken Auges gar nichts zu tun hat, insbesondere auch nicht auf einer vermehrten Inanspruchnahme des Bundesblatt. 72. Jahrg. Bd. IV.

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rechten Auges beruht, und dass nicht anzunehmen ist, es werde das letztere ebenfalls erblinden. Das eidgenössische Versicherungsgericht stellte hierauf fest, dass nach dem Ergebnisse dieser Expertise jeder ursächliche Zusammenhang zwischen der Beeinträchtigung des Sehvermögens des rechten Auges und dem Militärdienste fehlt, und wies deshalb die Berufung H. Hausers am 29. Juni 1920 ab.

Der Genannte stellt nun mit Eingabe vom 20. August 1920 an die eidgenössischen Räte das Gesuch, sie möchten ihm aus freier Entschliessung den im Militärdienste erlittenen Schaden vollständig ersetzen. Er macht dabei geltend, dass die ihm gesprochene Abfindung von Fr. 1400 den Verhältnissen nicht entspreche, dass Pensionskommission und eidgenössisches Versicherungsgericht seinen Fall nicht richtig beurteilt hätten, und dass es bei dem Urteile des letztern nicht sein Bewenden haben könne.

Der Bundesrat hat erst kürzlich in seinem Berichte vom 7. Juni 1920 betreffend die Petition von Alfred Rod (Bundesbl.

1920, III, 563 ff.) eingehend dargelegt, dass nach den gesetzlichen Bestimmungen die Bundesversammlung nicht Instanz zur Überprüfung von endgültigen Entscheiden über Leistungen der Militärversicherung ist, dass das in Art. 57 der Bundesverfassung gewährleistete Petitionsrecht kein Rechtsmittel ist, und dass überhaupt eine Petition nicht zu einem Eintreten auf einen durch Gerichtsurteil erledigten Streitfall führen darf, und zwar dies schon aus dem Grundsatze der Gewaltentrennung nicht. Die eidgenössischen Räte haben hierauf am 23. September/7. Oktober1920 gemäss dem Antrage des Bundesrates beschlossen, der Petition des A. Rod keine Folge zu geben.

Ganz der gleiche unzulässige Versuch, einen letztinstanzlich beurteilten Militärversicherungs-Streit an die Bundesversammlung weiterzuziehen, liegt nun auch hier vor, und wir müssen uns demselben in gleicher Weise, wie von uns schon im Falle Rod geschah, erstens aus prinzipiellen Gründen und zweitens auch der schwerwiegenden Konsequenzen wegen, des entschiedensten widersetzen. Wir lehnen es deshalb von vornherein ab, auf die Auslassungen des H. Hauser gegenüber dem Urteil einzutreten, das vom eidgenössischen Versicherungsgericht in freier Würdigung der Tatsachen und der Beweisführung innerhalb seiner Zuständigkeit gefällt worden ist, und das dahin lautet, dass dem Kläger
keine Leistungen der Militärversicherung über die erhaltene Abfindung hinaus zukommen. Damit ist der Fall endgültig erledigt, und es könnte auch nicht, sofern man die Eingabe H. Hausera

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einzig als Petition auffassen wollte, eine Zuwendung aus der Militärversicherung aus freien Stücken in Frage kommen. Die Vorschriften betreffend besagte Versicherung kennen solche Zuwendungen ausserhalb des gesetzlichen Verfahrens und ohne Entscheid der zuständigen Instanzen nicht.

Wir beehren uns, Ihnen zu b ean t r ag en : es sei dem Gesuche des Heinrich Hauser keine Folge zu geben.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 12. November 1920.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Entschädigungsgesuch von Heinrich Hauser in Zürich. (Vom 12. November 1920.)

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1334

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17.11.1920

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