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Bundesratsbeschluss betreffend

Energie-Ausfuhr des Elektrizitätswerkes Lugano nach Italien.

(Vom 1. März 1920.)

Der schweizerische Bundesrat, in Erledigung eines Gesuches des Elektrizitätswerkes Lugano vom 7.- November 1919, nach Einsicht eines die Ausfuhrbewilligung befürwortenden Schreibens des Staatsrates des Kantons Tessin vom 15. Dezember 1919, in Anwendung des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte und der bundesrätlichen Verordnung vom 1. Mai 1918 betreffend die Ausfuhr elektrischer Energie, beschliesst: 1. Der Officina elettrica comunale di Lugano wird die Bewilligung erteilt, vom Überschuss der in ihrem Werk erzeugten und im Inlande nicht verwendbaren elektrischen Energie eine Menge bis zum Höchstbetrage von 1500 kW (-- 2038 PS) an die Società Varesina per imprese elettriche in Varese (Italien) abzugeben.

2. Die gegenwärtige Ausfuhrbewilligung wird für die Zeitdauer, vom 1.März 1920 bis 30. November 1928 erteilt.

3. Die Energie-Ausfuhr darf nur insoweit und nur für solange stattfinden, als die Energie zu den jeweiligen tarifarischen Bestimmungen des Elektrizitätswerkes Lugano in dessen Versorgungsgebiet nicht abgesetzt und auch nicht zu angemessenen Bedingungen in andern Gebieten des Kantons Tessin oder der übrigen Schweiz verwendet werden kann.

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4. In Fällen, in denen die Stromlieferung an einen neuen inländischen Abonnenten die Reduktion der Stromausfuhr um mehr als 100 kW zur Folge hat, ist das Elektrizitätswerk Lugano berechtigt, mit der Stromlieferung erst drei Monate nach Vertragsabschluss zu beginnen.

Wenn das Werk von dieser Bestimmung Gebrauch machen will, ist es verpflichtet, den betreffenden inländischen Abonnenten sofort bei Beginn der Vertragsverhandlungen darauf aufmerksam zu machen.

5. Das Elektrizitätswerk Lugano wird während der ganzen Dauer der Ausfuhrbewilligung keinerlei den Stromverbrauch in seinem Versorgungsgebiet einschränkende Massnahmen anordnen zum Zwecke, die Energie-Ausfuhr ganz oder teilweise aufrechterhalten zu können.

B e r n , den 1. März 1920.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

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Schweizerische Bundesversammlung.

Die gesetzgebenden Räte haben am 25. Februar 1920 ihre am 14. unterbrochenen Verhandlungen wieder aufgenommen.

In der Sitzung vom 1. März hielt Herr Nationalratspräsident Blumer folgende Ansprache : Wieder hat der unerbittliche Tod ein Mitglied der eidgenössischen Räte ganz unerwartet abberufen, Ständerat J o s e f D ü r i n g in Luzern weilt nicht mehr unter den Lebenden.

Der Verstorbene wurde als So'hn des Baumeisters Düring im Jahr 1860 in Luzern geboren. Er besuchte die Schulen seiner Vaterstadt und absolvierte das luzernische Gymnasium und Lyceum mit Auszeichnung. In den Jahren 1880 bis 1884 studierte er an den Universitäten Insbruck und Zürich Philosophie und Geschichte. Schon im Jahre 1886 trat er in den luzernischen Staatsdienst ein, zuerst als Registratur der Staatskanzlei, rückte aber bereits im Jahre 1889 zum Staatsschreiber vor. 1893 wurde er an Stelle von Vinzenz Fischer zum Mitglied des Regierungsrates gewählt. Er übernahm das Erziehungsdepartement, das er bis zu seinem Hinscheide, also mehr als 25 Jahre beibehielt. In den Ständerat wurde er im Jahre 1908 an Stelle des verstorbenen Dr. Edmund von Schumacher gewählt. Ebenfalls seit 1908 gehört er dem schweizerischen Schulrat an.

Der Tod von Schultheiss und Ständerat Düring bedeutet in erster Linie für seinen Heimatkanton einen schweren Verlust.

Ausgerüstet mit einem klaren Verstande, tiefgehender allgemeiner Bildung, grosser Gewandtheit in Wort und Schrift, von vornehmem Äussern, hatte er grosses Verständnis für die Bedürfnisse des Volkes. Er verstand es, in der Volksseele zu lesen ; er kannte die Psyche der Bevölkerung seines Heimatkantons und suchte ihr zu allen Zeiten und in allen grossen Fragen gerecht zu werden.

Die Hauptaufgabe seines Lebens fand er in der Leitung des luzernischen Erziehungswesens, das unter seiner tatkräftigen Führung grosse Fortschritte erzielte. Der Ausbau der Volksschule, die Hebung der höhern Lehranstalten, die geistige und materielle Förderung des Lehrerstandes waren ihm Herzenssachen.

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Auch als Politiker gehörte Ständerat Düring seit beinahe drei Jahrzehnten zu den führenden Persönlichkeiten des Kantons Luzern. Auch das luzernische Milieu gestattet nicht über den Parteien zu stehen.

Fast in allen politischen Kämpfen stand er, getragen vom Vertrauen des Volkes, in den vordersten Reihen der katholischkonservativen Partei, zu der er sich von früher Jugend an aus tiefster Überzeugung bekannte. Er führte den Kampf aber immer so, dass ihm auch die politischen Gegner die Achtung nicht versagen konnten.

Im schweizerischen Ständerate hat sich Düring sehr rasch eine hoch angesehene Stellung erworben. Seine besondere Sorge galt in den letzten Jahren als Präsident der Finanzkommission und der Finanzdelegation der schwer gestörten Finanzsituation des Bundes, der Wiederherstellung eines gesunden Landeshaushaltes. Ich werde es nie vergessen, wie er in der grossen Expertenkommission des Bundesrates in Luzern der einzige war, der es auch mit grösster Energie und tiefem Ernste wagte, vor allem zu Sparmassnahmen aufzufordern.

Dass Düring nicht im Föderalismus aufging, beweist auch seine fruchtbringende Tätigkeit in der Erziehungsdirektorenkonferenz und als Mitglied des schweizerischen Schulrates. Keiner hat sich im Parlament wärmer und erfolgreicher für das eidgenössische Polytechnikum verwendet als er.

Düring besass nicht nur volles Verständnis für die Aufgaben und Bedürfnisse des Bundes. Die Triebfeder zu all seinem Denken und Tun war vor allem die Liebe zum Staate, die Liebe zum Schweizervolk. Schultheiss Düring war ein Staatsmann in des Wortes bester und schönster Bedeutung.

,,Gott und dem Volke zu dienen, das betrachte ich als meine Lebensaufgabe" erklärte er letztes Jahr bei Anlass seines AmtsjubilaumB. Dem Dienste dieses Staates, dieses Volkes hat Josef Düring sein ganzes reiches Leben geweiht, er hat damit in der Tat ,,Gott und dem Volk" gedient. Das Vaterland trauert um einen seiner besten Söhne.

Ich ersuche Sie, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Sitzen zu erheben.

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Meine Herren !

Soeben meldet der Telegraph aus Basel auch noch den allgemein betrauerten Hinscheid von Herrn Nationalrat Ody von Genf, der auf Ende letzter Woche, wenn auch damals schon gesundheitlich angegriffen, an unsern Sitzungen teilgenommen und sich bis in die letzte Zeit sehr lebhaft um die Traktanden des Nationalrates interessiert hat. Er sprach mir Freitags noch persönlich den Wunsch aus, an der heutigen Völkerbundssitzung teilaunehmen.

Es sind mir in diesem Moment nur sehr wenige biographische Notizen über den Lebensgang des Verstorbenen zur Kenntnis gebracht worden.

Architekt Ody ist den 10. September 1859 geboren und studierte in Genf. Dem Grossen Rat von Genf gehörte er ununterbrochen seit 1892 und dem Nationalrat seit 1911 an. Langjähriger Präsident der ,,Assurance mutuelle des entrepreneurs et industriels" von Genf.

Firmin Ody war Mitglied der nämlichen Kommission wie Herr Ständerat Düring; er vertrat aus voller Überzeugung die katholisch-konservative Partei. Führer des .,,parti indépendant" in der Stadt Genf, eine Minorität, die indes nun schon seit einer Reihe von Jahren auch im Nationalrat zur angemessenen Vertretung gelangt ist.

Ody war im übrigen nicht Berufspolitiker. Sein Beruf war der eines Architekten und Unternehmers von grossem Ruf in weitem Umkreis. Lange Zeit leitete er ein Bureau für Holzbearbeitung.

In den eidgenössischen Räten bekümmerte er sich vorab lebhaft um die wirtschaftlichen und die Ernährungsfragen, und er verstand es vortrefflich, die Interessen von Genf und der konsumierenden Bevölkerung der Schweiz wirksam zu vertreten und zu verteidigen. Einige seiner Motionen sind erst in allerjüngster Zeit im Sinne der Zustimmung erledigt worden.

Ody war stets eine grosse unermüdliche Arbeitskraft und im Parlament sehr redegewandt, verbunden mit dem ,,esprit politique" des Genfers, im persönlichen Umgang von äusserster Liebenswürdigkeit.

Ich bezeichne es als ein Glück, wenn es noch möglich ist, für das Parlament Männer zu gewinnen, die mitten im Geschäfts-

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leben stehen, die Verhältnisse und Bedürfnisse, Wohl und Wehe der Bevölkerung aus eigener Anschauung und Erfahrung kennen.

Es ist dies der wohltuendste, absolut notwendige Gegensatz zur Bureaukratie des Palais. Solche Männer, bewandert in Finanz- und ökonomischen Fragen, zählt unser Parlament leider viel zu wenige, und ist der Hinscheid eines solchen Mannes doppelt zu beklagen.

Ody hat seine Pflicht vollauf erfüllt und dem Genfer- und Schweizervolk die wertvollsten Dienste geleistet. Auch er verdient dafür den Dank des Landes.

Ich ersuche Sie, sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Sitzen zu erheben.

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Aus den Verhandlungen des Bundesrates.

(Vom 21. Februar 1920.)

Laut Mitteilung des bayerischen Ministerpräsidenten ist die bisherige bayerische Gesandtschaft in Bern auf 1. Februar 1920 aufgehoben worden.

(Vom 24. Februar 1920.)

1. In Ausführung von Art. 3 des Bundesratsbeschlusses vom 24. März 1917 betreffend den ,,Fonds für Arbeitslosenfürsorge" wird aus diesem Fonds den Einrichtungen für Arbeitslosenversicherung ein Drittel der von ihnen im Jahre 1919 unverschuldet Arbeitslosen ausbezahlten Unterstützungen (am Ort) rückvergütet, unter folgenden Bedingungen: a. die Arbeitslosenkassen müssen eigene Rechnung führen, aus der insbesondere ersichtlich sind die Beiträge anderer öffentlicher Verwaltungen, die Einzahlungen der Mitglieder, die Zahl der Unterstützten und der Unterstützungstage, die für Unterstützung unverschuldet Arbeitslosen am Ort ausbezahlten Entschädigungen, die Buchung des Bundesbeitrages; 6. der Betrieb der Kassen ist fortzuführen, solange nicht zwingende Gründe entgegenstehen;

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Bundesratsbeschluss betreffend Energie-Ausfuhr des Elektrizitätswerkes Lugano nach Italien. (Vom 1. März 1920.)

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