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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über 1. den Bundesratsbeschluss vom 17. November 1919 betreffend die Verordnung über die Kontrolle der Ausländer ; 2. den Bundesratsbeschluss vom 1. März 1920 betreffend die Einreise von entlassenen Wehrmännern der französischen Armee in den Kanton Genf.

(Vom 28. April 1920.)

1. Die Bundesratsbeschlüsse vom 19. Juni und 11. Juli 1919 betreffend Ermächtigung der Gesandtschaften und Konsulate zur Erteilung von Einreisebewilligungen für beschränkte Dauer und betreffend befristete Einreisebewilligungen, welche gefasst worden waren, um den Wünschen der Vertreter unserer Fremdenindustrie nach Erleichterung der Einreise von Ausländern im Hinblick auf die Sommersaison 1919 Rechnung zu tragen, unter gleichzeitiger Einführung der Kontrolle an der Grenze über die Wiederausreise, hatten nicht in allen Teilen die von ihnen erwarteten Wirkungen. Der Bundesratsbeschluss vom 21. November 1917 und die auf Grund desselben mit der Zeit erlassenen mannigfachen Weisungen an die verschiedenen mit der Durchführung betrauten Amtsstellen waren noch in Kraft, soweit sie nicht durch die Bundesratsbeschlüsse vom Juni und Juli abgeändert waren. Das zeitigte bei allen Organen, mit denen die Zentralstelle für Fremdenpolizei zu verkehren hatte (Konsulate, Grenzposten, Kantone, Gemeinden), eine Unsicherheit über die diesen Amtsstellen zustehenden Befugnisse und auferlegten Pflichten, welche geeignet war, die durch die Beschlüsse vom Juni und Juli geschaffene Erleichterung in der Einreise illusorisch zu machen.

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Nach den Darstellungen der Fremdenpolizei selbst war es deshalb dringend notwendig, durch einen neuen Bundesratsbeschluss, welcher sämtliche vorausgegangenen Beschlüsse und Weisungen ausser Kraft setzen musste, für die mil der Handhabung der fremdenpolizeilichen Massnahmen betrauten Amtsstellen eine klare Grundlage zu schaffen. Das war denn auch der Grund, weshalb der Bundesrat sich entschloss, auf einen ihm vorliegenden Entwurf betreffend teilweise Abänderung der f'remdenpolizeilichen Vorschriften nicht einzutreten.

Als hauptsächlichste Erleichterung im Interesse des Verkehrs konnte, da die durch den Bundesratsbeschluss vom 11. Juli verfügte Grenzkontrolle inzwischen eingerichtet und ausgebaut worden war, die vollständige Dezentralisation des Rechtes zur Visumserteilung für befristete Einreisen verfügt werden. Den liegehren der Vertreter der Fremdenindustrie auf Fallenlassen von Formalitäten, die von den Reisenden lästig empfunden wurden, wurde dadurch entsprochen, dass die Vorschrift, wonach dem Ausländer die Ausweisschriften abgenommen werden mussten, aufgehoben und die Anmeldung durch den Logisgeber zugelassen wurde.

In den im Vorstehenden ausgeführten Erleichterungen sollte denjenigen Interessen des Landes, die auf einen möglichst freien Verkehr mit dem Auslande hinzielen (in erster Linie Fremdenindustrie) Rechnung getragen werden. Dabei durfte aber das grosse Interesse, dass das ganze Schweizervolk am Kampfe gegen die Überfremdung hat, nicht ausser acht gelassen werden. Es blieben deshalb für Einreise zum Zwecke des dauernden Aufenthaltes und der Anstellung in der Schweiz die Kompetenzen bei der Zentralstelle zentralisiert. Um eine gleichmässige Praxis bei der Erteilung von Niederlassungsbewilligungen zu ermöglichen und insbesondere die Niederlassungspolitik derjenigen Kantone und Gemeinden zu überwachen, deren Entschliessungen allzusehr von finanziellen Erwägungen abhängig sind, wurde der Zentralstelle die Überprüfung aller Niederlassungsgesuche überbunden und das Einspruchsrecht gegen die Entscheide der Kantone gegeben.

Über Einzelheiten der Verordnung vom 17. November 1919, insbesondere über die Art und Weise der Durchführung durch die Zentralstelle für Fremdenpolizei, gibt der Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1919 in seinem Abschnitte Justiz- & Polizeidepartement, Zentralstelle für Fremden-

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polizei, Aufschluss.

führungen.

Wir

verweisen

auf die dortigen Aus-

2. Bei Ausbruch und im Verlaufe des Krieges sind neben andern Nationalitäten auch eine ziemlich bedeutende Zahl französische Staatsangehörige, die in der Schweiz niedergelassen waren, in den Kriegsdienst eingezogen worden. Die Grosszahl derselben rekrutierte sich aus dem Kanton Genf. Grössere Teile der französischen Armee demobilisierten erst zu Beginn dieses Jahres, so dass die Frage der Liückkehr in die Schweiz der vor dem Kriege hier ansässigen französischen Wehrmänner wieder akut wurde.

Da die Arbeitslosigkeit auch im Kanton Genf im allgemeinen stark zurückgegangen war, erklärte sich dieser Kanton bereit, die entlassenen Wehrmänner, die ihre Existenz in den durch seine geographische Lage und die engen wirtschaftlichen Beziehungen zum benachbarten Frankreich für sie besonders anziehenden Kanton Genf verlegt hatten, wieder aufzunehmen, wobei allerdings die Prüfung des Einzelfalles vorbehalten wurde.

Das Justiz- & Polizeidepartement des Kantons Genf wurde beim eidgenössischen Justiz-
Wir beantragen nach Ziffer I111 des Bundesbeschlusses vom 3. April 1919 betreffend Beschränkung der ausserordentlichen Voll-

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machten zu beschliessen, dass die Verordnung vom 17. November 1919 betreffend .die Kontrolle der Ausländer*) sowie der Bundesratsbeschluss vom 1. März 1920 betreffend die Einreise von entlassenen Wehrmännern der französischen Armee in den Kanton Genf**) weiter in Kraft zu bleiben haben.

B e r n , den 28. April 1920.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Steiger.

*) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXV, S. 939.

**) Siehe Gesetzsammlung, Bd. XXXVI, S. 136.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über 1. den Bundesratsbeschluss vom 17. November 1919 betreffend die Verordnung über die Kontrolle der Ausländer ; 2. den Bundesratsbeschluss vom 1. März 1920 betreffend die Einreise von entlassenen We...

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