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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der Abänderung von Art. 28, Abs. 1 und 2, der Staatsverfassung des Kantons Aargau vom 25. April 1885.

(Vom 9. Oktober 1920.)

Mit Schreiben vom 27. September 1920 teilt der Regierungsrat des Kantons Aargau dem Bundesrate zuhanden der Bundesversammlung mit, dass die Stimmberechtigten des Kantons Aargau in der Volksabstimmung vom 5. September 1920 mit 24,788 gegen 20,196 Stimmen ein Initiativbegehren betreffend die Abänderung von Art. 28, Abs. l und 2, der aargauischen Staatsverfassung gutgeheissen haben. Gestützt auf Art. 6 der Bundesverfassung sucht der .Regierungsrat des Kantons Aargau die Gewährleistung der revidierten Verfassungsbestimmungen nach.

pie infolge der Annahme des Initiativvorschlages abgeänderten Absätze l und 2 von Art. 28 der Staatsverfassung des Kantons Aargau lauten nunmehr : ,,Das Volk wählt die Mitglieder des Grossen Rates nach dem Verhältniswahlverfahren, wobei jeder Bezirk einen Wahlkreis bildet. Das Verfahren wird durch ein Gesetz geordnet."

,,Zur Bildung der Behörde wählt jeder Bezirk auf je 1200 Einwohner sowie auf einen Bruchteil von 600 derselben ein Mitglied."

Die aufgehobenen Verfassungsvorschriften hatten bestimmt : ,,Das Volk wählt die Mitglieder des Grossen Rates."

,,Zur Bildung dieser Behörde wählt jeder Kreis auf je 1100 Einwohner sowie auf einen Bruchteil von 550 derselben ein Mitglied.

409 Wie aus dieser Gegenüberstellung der alten und der abgeänderten Bestimmungen erhellt, beschlägt die Verfassungsrevision das Verfahren zur Wahl der kantonalen Legislative. Einerseits wird das bisher geübte Mehrheitsverfahren durch das Verhältniswahlverfahren ersetzt und anderseits treten an Stelle besonderer Grossratswahlkreise die Bezirke, wobei gleichzeitig im Interesse der Verminderung der Zahl der Ratsmitglieder die Zahl der Einwohner, welche zu einem Abgeordneten berechtigt, von 1100 auf 1200 bzw. 550 auf 600 erhöht wird. Vom Standpunkte des Bundesrechtes aus lässt sich hiegegen nichts einwenden ; denn das Prinzip der Proportionalwahl kantonaler Behörden steht mit der Bundesverfassung nicht im Widerspruch, und die eidgenössischen Räte haben denn auch schon wiederholt kantonalen Verfassungsbestimmungen die Gewährleistung erteilt, welche die Verhältniswahl einführten (Bundesbl. 1910, II, 596; A. S. n. F.

XXVII, 30: Bundesbl. 1917, I, 67; A. S. n. F. XXXÏÏI, 166).

Ebensowenig können die übrigen Modifikationen des bisherigen Rechtszustandes -- Ersetzung der besondern Wahlkreise durch die Bezirke, Abänderung der Repräsentationsbasis -- beanstandet werden. Der neue Art. 28, Abs. l, beschränkt sich auf die Aufstellung des Grundsatzes der Verhältniswahl und überlässt die Festsetzung des Verfahrens der kantonalen Gesetzgebung. Der eidgenössischen Gewährleistung ist jedoch nur der Verfassungsartikel bedürftig, nicht aber das gestützt auf ihn erlassene Ausführungsgesetz.

Wir beantragen Ihnen, durch Annahme des nachstehenden Beschlussentwurfes die nachgesuchte Gewährleistung zu erteilen.

B e r n , den 9. Oktober 1920.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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(Entwurf.)

Eundesbeschluss betreffend

die Gewährleistung der abgeänderten Absätze 1 und 2 von Art. 28 der Staatsverfassung des Kantons Aargau.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 9. Oktober 1920 über das am 5. September 1920 vom Volke angenommene Initiativbegehren betreffend die Abänderung von Art. 28, Abs. l und, 2,' der Staatsverfassung des Kantons Aargau vom 25. April 1885 (Einführung der Verhältniswahl für den Grossen Rat), in Erwägung, dass der abgeänderte Verfassungsartikel nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthält, in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, beschliesst: 1. Den abgeänderten Absätzen l und 2 von Art. 28 der Staatsverfassung des Kantons Aargau vom 25. April 1885 wird die Gewährleistung des Bundes erteilt.

2. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der Abänderung von Art. 28, Abs. 1 und 2, der Staatsverfassung des Kantons Aargau vom 25.

April 1885. (Vom 9. Oktober 1920.)

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