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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung des Kredits zum Ankauf eines Gebäudes in Grindelwald zu Post-, Telegraphen- und Telephonzwecken.

(Vom 9. Oktober 1920.)

I.

Die Berner Oberland-Bahnen Hessen in den Jahren 1904/1905 in Grindelwald ein Gebäude erstellen, um es der Postverwaltung zu Post-, Telegraphen- und Telephonzwecken zu vermieten. Die Miete wurde auf eine feste Dauer von 15 Jahren, beginnend am 1. Juli 1905, abgeschlossen und der Mietzins für das ganze Gebäude, samt Umgelände und einer darauf stehenden Karrenremise von 20 m2, .anfänglich auf Fr. 4500 festgesetzt. Vom 1. Januar 1916 an wurde dieser Zins infolge Ausdehnung der elektrischen Beleuchtung auch auf die Wohnung im Dachstock auf Fr. 4540 erhöht. Dieses Gebäude liegt gegenüber dem Bahnhof und ist von ihm nur zirka 20 m entfernt. Die Lage ist für den Postdienst ausserordentlich günstig. Sie ermöglicht, die Sendungsauswechslungen in kürzester Frist und deshalb auch unter guter Ausnützung der Arbeitszeit vorzunehmen.

Aber auch für den Telegraphen- und Telephondienst ist das Gebäude vorzüglich gelegen. Da es seinerzeit eigens für die genannten Dienstzwecke erstellt wurde, konnte zudem eine zweckmässige bauliche Gestaltung und Einrichtung erreicht werden. Ausser dem Vorraum von zirka 7 m2, der zugleich den Zugang zum Treppenhaus bildet, weisen die Posträume im Erdgeschoss einen Flächeninhalt von 126,50 m2 auf. Davon entfallen 40 m 2 auf den Schalterraum. Diese verhältnismässig grossen Abmessungen entsprechen den besondern Anforderungen, die an den Schalterraum an einem Fremdenort, wie Grindelwald, zu stellen sind. Die Bureauräume haben sich für den bisher grössten Postverkehr von Grindelwald, nämlich denjenigen vom Jahre 1918, als ausreichend erwiesen. Nach Ausbruch des .Krieges ging der dortige Post-, Telegraphen- und Telephonverkehr

415 allerdings stark zurück. Er nimmt in letzter Zeit aber wieder in erfreulichem Masse zu, wie aus folgenden statistischen Angaben hervorgeht : Postverkehr aufgegebene Briefpostgegenstände

Jahr

1905 1913 1915 1919

aufgegebene und bestellte Pakete

ein- und ausbezahlte Postanweisungen und Postcheck Ein- und Auszahlungen

WertzeichenVerkauf Fr.

. . 889,595 .

.

.

Der

46,477 13,076 48,565 (nur Postanweisungen) . 656,215 63,033 20,740 60,683 . 165,427 31,919 12,470 17,895 . 236,861 46,151 14,852 32,991 Telegraphen- und Telephonverkehr weist folgende Zahlen

auf:

TelephonErtrag aus Telegramme Abonnenten Gespräche Telegraph u. Telephon lokal interurban Fr.

1905 . . 10,386 31 4,085 17,628 13,230 1913 . . 10,539 64 20,684 27,525 19,580 1915 . .

2,168 30 3,657 11,246 3,760 1919 . .

4,977 49 11,031 32,736 10,340 Auch die Telegraphen- und Telephonräume sind gross genug.

Eine Vergrösserung wäre zudem durch Inanspruchnahme der Dienstwohnung möglich.

Diese Verhältnisse sprachen dafür, den Mietvertrag zu verlängern, und zwar für eine weitere feste Dauer von 10--15 Jahren.

Die Unterhandlungen hierzu wurden schon vor der einjährigen Kündigungsfrist eingeleitet, um genügend Zeit zur Beschaffung anderer Diensträume zu haben, falls der Mietvertrag nicht mehr zu annehmbaren Bedingungen sollte erneuert werden können.

Am 27. Mai 1919 teilten die Berner Oberland-Bahnen mit, dasa eie zur Erneuerung des Mietverhältnisses oder eines Verkaufs des Gebäudes den bestehenden Mietvertrag auf seinen Ablauf, d. h.

auf 30. Juni 1920, kündigen. Die von ihnen zuerst verlangte Zinserhöhung war, auch bei Berücksichtigung der von der Eigentümerin vorzunehmenden baulichen Verbesserungen, so hoch, dass geprüft ·wurde, ob nicht unter günstigem Bedingungen andere Lokale gefunden werden könnten. Wie sich herausstellte, wäre dies für die Telegraphen- und Telephonräume noch eher der Fall gewesen als für die Posträume. Diese sind, soll ein wirtschaftlicher Betrieb erreicht werden, an die Bahnhofnähe gebunden.

Jahr

Bundeablatt. 72. Jahrg. Bd. IV.

·

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Für Posträume ist ein genügend grosser, heller Schalterraum, sowie eine Einrichtung zur Unterbringung der Schlossfächer erforderlich. Die Posträume müssen wegen der über Nacht oft darin lagernden, grossen Werte gute Sicherungen (eiserne Gitter, Eolladen) an Fenstern und nach aussen führenden Türen aufweisen. Zur Abholung und Verbringung der Postladungen ist eine geeignete Zufahrt und ein geschützter Platz für den Bin- und Auslad erforderlich. Alle diese Einrichtungen würden an einem neuen Mietlokal bei den heutigen Materialpreisen und Arbeitslöhnen grosse Ausgaben erfordern und den Mietzins entsprechend beeinflussen.

Auch für Telegraph und Telephon entstünden bei einer Verlegung besondere Kosten. Die Kabelverlegung allein wird auf Franken 9000 und die jährliche Amortisationsquote für die Kosten von Schalter- und Kabineneinbau auf Fr. 2--800 veranschlagt.

Ein in der Nähe des Bahnhofs liegendes, zum Preise von Franken 90,000 angebotenes Haus konnte nicht dienen, weil sowohl eine Zufahrtsstrasse als der Platz zu einem Posthof fehlen und der Umbau selbst, schätzungsweise, sehr hoch zu stehen gekommen wäre.

Die Erstellung eines Neubaus, wenn überhaupt ein geeigneter Platz hierfür erhältlich wäre, würde sich bei den heutigen Baupreisen in keinem Falle empfehlen.

II.

Gleichzeitig mit der Prüfung der Frage, ob die Miete anderer Diensträume vorzuziehen sei, wurden die begonnenen Unterhandlungen mit den Berner Oberland-Bahnen weitergeführt und hierbei folgende äussersten Angebote erzielt: 1. entweder Vertragsverlängerung um 6 Jahre, Festsetzung des jährlichen Mietzinses auf Fr. 7500 für die ersten drei und auf Fr. 8500 für die folgenden drei Jahre; 2. oder Verkauf des Hauses zum Preise von Fr. 100,000 in seinem jetzigen Zustande, ohne Verpflichtung zur Vornahme von Reparaturen irgendwelcher Art, Nutzen- und Schadenanfang 1. Juli 1920, Verschreibungskosten zu Lasten des Käufers, Bezahlung beim Abschluss des Kaufvertrages.

Hierzu ist folgendes zu bemerken': Eine Verlängerung des Mietvertrages hätte ausser der grossen Zinserhöhung von Fr. 4540 auf Fr. 7500 bzw. Fr. 8500 den Nachteil, dass in kurzer Zeit abermals eine Mietvertragsverlängerung oder die Verlegung der betreffenden Bureaux ins Auge gefasst werden müsste.

Es ist nicht anzunehmen, dass dann die Verhältnisse hierzu günstiger

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sein würden als jetzt. Aus der unter Abschnitt I erwähnten Statistik geht hervor, dass der nach Ausbruch des Krieges stark zurückgegangene Post-, Telegraphen- und Telephonverkehr in Grindelwald wieder im Steigen begriffen ist. An ein Sinken der Baupraise in den nächsten Jahren, auch nur annähernd auf den vorkriegszeitlichen Stand, wird nicht zu denken sein, Diese Umstände sprechen gegen eine Mietvertragsverlängerung; sie lassen vielmehr den Ankauf des Hauses als vorteilhafter erscheinen.

Wie bereits ausgeführt, ist das Haus für die Dienstzwecke, zu denen es eigens erstellt wurde, nicht nur günstig gelegen, sondern auch zweckmässig eingerichtet. Seine überbaute Fläche beträgt 175 m2.

Die einzelnen Geschosse enthalten: a. K e l l e r g e s c h o s s (Stockhöhe 2,8 m) Zentralheizungsanlage, 5 Kellerräume; b. E r d g e s c h o s s ( S t o c k h ö h e 3,65 m), Vorraum,Schalterraum, Postbureau, Abort; c. I. S t o c k (Stockhöhe 8,35 m) Telegrammaufgabe, Telegraphen- und Telephonbureau, Laboratorium, Wohnung von 8 Zimmern, wovon ein Zimmer als Nachtwachezimmer für Telegraph- und Telephon, Küche, Abort; d. D a c h s t o c k (Stockhöhe 3,oo m) Wohnung von 6 Zimmern, Küche, Abort; e. Ein D a c h f a c h mit Estrichen.

Der mit dem Haus zu verkaufende Grund und Boden misst 673 m3.

Nach dem Bericht unserer Baudirektion, die das Gebäude eingehend untersucht hat, befindet es sich im allgemeinen in gutem Zustand. Es ist massiv und vorzüglich gebaut. Die Instandstellungsarbeiten, die immerhin nur nach und nach ausgeführt werden können, werden zirka Fr. 2000 kosten. Ein Mangel des Hauses besteht darin, dass es keine Waschküche besitzt, was von den Mietern der beiden Wohnungen als Nachteil empfunden wird. Die Einrichtung einer solchen Küche im Keller ist aber möglich. Die daherigen Kosten sind auf zirka Fr. 3500 veranschlagt.

Die Erstellungskosten des ganzen Gebäudes in den Jahren 1904/05, mit Inbegriff des Wertes des Bodens, betrugen rund Franken 70,000. Die Gebäudebrandversicherung beträgt Fr. 61,100, die Grundsteuerschatzung Fr. 62,200. In Berücksichtigung aller angeführten Verhältnisse kann der Kaufpreis von Fr. 100,000 als günstig betrachtet werden. Die- Erstellungskosten würden heute bedeutend höher sein.

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Werden zu diesem Verkaufspreis von Fr. 100,000 Kosten Instandstellungsarbeiten von » 2,000 die Einrichtung einer Waschküche von » 3,500 die Verschreibung, mit Inbegriff der Kosten der Planaufnahme und der Ausfertigung des Originalplans durch den Geometer von zirka » 1,500 hinzugerechnet, so kommt das Gebäude auf . . . . Fr. 107,000 zu stehen.

III.

Vom 1. Januar 1920 an ist das Liegenschaftskapital der Bundeskasse zu 6% % zu verzinsen. Demnach hätte die Postverwaltung, der die anzukaufende Liegenschaft zuzuteilen wäre, der Bundeskasse dafür einen jährlichen Zins von Fr. 6955 zu entrichten. Bei der Verlängerung der Miete wäre aber den Berner Oberland-Bahnen vom 1. Juli 1920 an ein Zins.von Fr. 7500 während der ersten drei und von Fr. 8500 während der folgenden drei Jahre zu zahlen. Dabei sind die Kosten der Erstellung einer Waschküche noch nicht berücksichtigt. Später müsste wohl eher mit einer Steigerung als mit einer Ermässigung des Mietzinses gerechnet werden, wenn dann überhaupt eine Mietverlängerung zu erzielen wäre.

Die Wohnung im ersten Stock ist jetzt zu Fr. 504, diejenige im Dachstock zu Fr. 600 vermietet. Es wird später durch die zuständigen Verwaltungsabteilungen zu prüfen sein, ob und inwieweit eine Erhöhung dieser Mietzinse infolge baulicher Verbesserungen begründet ist. Wir haben bereits durch Beschluss vom 16. Dezember 1919 eine Eevision der Zinse aller Wohnungen in eidgenössischen Gebäuden öder in Gebäuden, die vom Bund gemietet sind, angeordnet. Die jetzigen Zinse der beiden erwähnten Wohnungen (Fr. 1104) vom Zins von Fr. 6955 in Abzug gebracht, entfällt auf die Post-, Telegraphen- und Telephonräume in Grindelwald noch ein Zins von Franken 5851.

Wie eingangs erwähnt, ist der Mietvertrag von der Vermieterin auf 30. Juni 1920 gekündigt worden. Ein Kauf des angebotenen Hauses müsste daher auf 1. Juli 1920 wirksam sein, oder es müsste mit Geltung von diesem Tage an ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden. Da ein solcher nicht empfehlenswert ist, wurde mit den Berner Oberland-Bahnen der bei den Akten liegende Kaufvertragsentwurf vereinbart. Auch wurde der Verkäuferin mitgeteilt, dass, falls dieser Kauf nicht Ihre Genehmigung fände, die Postverwaltung den Mietvertrag um 6 Jahre zu den genannten Bedingungen verlängern würde.

die für für für

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Vom 1. Juli 1920 an bis zur Bezahlung ist der Verkaufspreis von Fr. 100,000 der Verkäuferin zu 5 °/o zu verzinsen.

Unter Berücksichtigung aller angeführten Verhältnisse kommen wir zum Schlüsse, dass durch den Ankauf des den Berner OberlandBahnen gehörenden Gebäudes in Grindelwald, worin sich jetzt die Post-, Telegraphen- und Telephonbureaux befinden, am zweckmässigsten und billigsten für ihre dauernde Unterbringung gesorgt wird.

Wir ersuchen Sie daher, dem nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses Ihre Genehmigung erteilen zu wollen.

. Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer besondern Hochachtung.

B e r n , den 9. Oktober 1920, Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Motta.

Der Bundeskanzler: Steiger.

420 (Entwurf.)

Bundestoeschluss betreffend

den Ankauf eines den Berner Oberland-Bahnen gehörenden Gebäudes in Grindelwald zu Post-, Telegraphen- und Telephonzwecken.

D ie Bu n d es v er sa mmlu ng der schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 9. Oktober 1920, beschliesst : 1. Für den Ankauf eines den Berner Oberland-Bahnen gehörenden Gebäudes in Grindelwald zu Post-, Telegraphen- und Telephonzwecken wird ein Kredit von Fr. 107,000 bewilligt.

2. Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

3. Der Bundesrat ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Bewilligung des Kredits zum Ankauf eines Gebäudes in Grindelwald zu Post-, Telegraphen- und Telephonzwecken.

(Vom 9. Oktober 1920.)

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13.10.1920

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