Ablauf der Referendumsfrist: 13. Januar 1992

Bundesbeschluss über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale # S T #

(Alpentransit-Beschluss) vom 4. Oktober 1991

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 23, 26 und 36ter der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaften des Bundesrates vom 23. Mai 1990^ und 26. Juni 19912>, beschliesst: 1. Abschnitt: Grundsatz Art. l Ziele Der Bund verwirklicht ein umfassendes Konzept zur Wahrung der verkehrspolitischen Stellung der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Europa und zum Schutz der Alpen vor weiteren ökologischen Belastungen. Dieses soll einen leistungsfähigen Schienenkorridor sicherstellen, die Strassen vom i Güterfernverkehr entlasten, dem Personenverkehr dienen und bereits bestehende übermässige Belastungen abbauen.

Art. 2

Förderungsmassnahmen

Zur Förderung der Ziele nach Artikel l und einer guten Auslastung der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale ist durch geeignete Massnahmen anzustreben, dass sich der alpenquerende Gütertransitverkehr grundsätzlich auf der Schiene abwickelt.

2. Abschnitt: Konzept Art. 3

Allgemeines

Das Konzept umfasst: a. den Ausbau der Transitachsen Gotthard und Lötschberg-Simplon als Gesamtsystem;

') BEI 1990 II 1075 ) BB1 1991 III 1160

J

1991-660

1597

Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale. BB

b. die Integration der schweizerischen Bahnen in das Netz der europäischen Hochleistungsbahnen; c. den besseren Anschluss der Ostschweiz an die Transitachse Gotthard; d. flankierende Massnahmen, insbesondere zur Umlagerung des Gütertransitverkehrs auf die Schiene.

Art. 4 Anliegen der Kantone Den Anliegen der betroffenen Kantone nach schonender Linienführung ist im Rahmen der Planung und Realisierung der Werke angemessen zu entsprechen.

Art. 5 Gotthard-Basislinie 1 Das Netz der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) wird durch eine neue Linie von Arth-Goldau bis Lugano mit einem Basistunnel zwischen den Räumen Erstfeld/Silenen und Bodio erweitert.

2 Die neue Linie ist so zu konzipieren, dass eine allfällige Erweiterung in den Raum Luino möglich ist.

3 Die Baustellenerschliessung in der Surselva erfolgt über das bestehende Eisenbahnnetz, das nach den entsprechenden Bedürfnissen auszubauen ist.

Art. 6 Lötschberg-Basislinie 1 Das Netz der Berner Alpenbahn-Gesellschaft Bern-Lötschberg-Simplon (BLS) wird durch eine mit einem Basistunnel versehene neue Linie aus dem Raum Frutigen/Heustrich in den Raum Gampel/Steg/Raron/Mundbach erweitert.

Bei der Wahl der endgültigen Linienführung werden nebst der Umweltverträglichkeit die technische Machbarkeit, die Bauzeit, der Bau- und Betriebskostenvergleich berücksichtigt.

2 Die neue Linie ist so zu konzipieren, dass ein direkter Anschluss an den Simplontunnel möglich ist.

3 Sie wird durch Autoverladeanlagen in Heustrich und im Rhonetal ergänzt.

4 Sie soll auch eine direkte Verbindung mit dem Mittelwallis gewährleisten.

5 Die Erweiterung erfolgt durch Änderung und Verlängerung der geltenden eisenbahnrechtlichen Konzession.

!

Art. 7 Einbezug der Westschweiz 1 Der Bund wirkt auf den Einbezug der Westschweiz in das europäische Hochleistungsnetz hin, indem er den Bau und die Modernisierung der Strecke GenfMâcon und den Anschluss von Basel anstrebt.

2 Er wirkt auf die Realisierung von besseren Verbindungen nach Frankreich zwischen Basel und Genf sowie nach Italien hin.

1598

Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale. BB

Art. 8 Einbezug der Ostschweiz 1 Der Bund wirkt auf den Einbezug der Ostschweiz in das europäische Hochleistungsnetz hin, indem er die Entwicklung der Strecken Zürich-München und Zürich-Stuttgart anstrebt.

2 Er verwirklicht eine verbesserte Verbindung der Ostschweiz mit der Gotthardlinie und trägt den besonderen Verkehrsverhältnissen des Kantons Graubünden Rechnung. Zu diesem Zweck wird insbesondere das Netz der SBB um je eine neue Linie aus dem Raum Wädenswil-Au (Hirzel) und dem Raum Thalwil (Zimmerberg) nach Litti/Baar ergänzt.

Art. 9 Zufahrtsstrecken Der Bund stellt innert nützlicher Frist den Ausbau der Zufahrtsstrecken zu den Alpentransitlinien im zentralen Mittelland und im Süden sicher und regelt dessen Finanzierung; er sorgt für die Koordination mit den Privatbahnen.

Art. 10 Anpassungen des bestehenden Eisenbahnnetzes 1 Die SBB und die betroffenen Privatbahnen passen ihre Netze an die neuen Linien spätestens bis zu deren Inbetriebnahme an.

2 Der Bundesrat stellt die Abstimmung der Vorhaben untereinander und im Gesamtzusammenhang sicher.

'.Spätestens auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Basistunnel müssen die jeweiligen Zufahrtsstrecken lärmtechnisch saniert sein.

3. Abschnitt: Projektierung Art. 11 Vorprojekte 1 Die Vorprojekte für die neuen Linien am Gotthard, am Lötschberg und am Zimmerberg/Hirzel geben Aufschluss insbesondere über die Linienführung, die Anschlussstellen, das Ausmass der Bahnhof- und Terminalbereiche, die Autoverladeanlagen und die Kreuzungsbauwerke.

2 Die Vorprojekte haben den Belangen der Raumplanung, des Umweltschutzes, des Natur- und Heimatschutzes und der Landesverteidigung Rechnung zu tragen.

3 Die Vorprojekte sind dem Bundesamt für Verkehr vorzulegen.

4 Das Bundesamt für Verkehr hört zu den Vorprojekten die interessierten Bundesbehörden, Kantone und Eisenbahnunternehmungen an. Die Gemeinden werden vom Kanton angehört.

5 Die Vorprojekte bedürfen der Genehmigung des Bundesrates. Dieser bestimmt die Linienführung, die Bauetappen und den zeitlichen Ablauf.

6 Die Prüfung und Genehmigung der Vorprojekte umfasst auch die Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Umweltschutzgesetzgebung.

1599

Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale. BB

7

Vorbereitungsmassnahmen für die Projektbereinigung oder die Erhärtung der Entscheidungsgrundlagen sind zulässig. Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement entscheidet über Einwände Dritter. Die Eigentümer sind gemäss dem Bundesgesetz über die Enteignung1) vorgängig zu orientieren. Entschädigungsrechtliche Folgen richten sich nach der eidgenössischen Enteignungsgesetzgebung.

Art. 12 Auflageprojekte : 1 Die Auflageprojekte für die neuen Linien am Gotthard, am Lötschberg und am Zimmerberg/Hirzel samt Nebenanlagen unterliegen dem Bundesbeschluss vom 21. Juni 199l 2 ) über das Plangenehmigungsverfahren für Eisenbahn-Grossprojekte.

2 Der Bundesrat kann zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten mit dem Vorprojektverfahren gemäss Artikel 11 den Verzicht auf das verwaltungsinterne Vorprüfungsverfahren gemäss den Artikeln 3-9 des Bundesbeschlusses über das Plangenehmigungsverfahren für Eisenbahn-Grossprojekte anordnen.

3 Die Auflageprojekte enthalten einen detaillierten Umweltverträglichkeitsbericht auf der Basis der festgelegten Linienführung.

Art. 13 Freier Wettbewerb 1 Der Bund stellt im Rahmen seines Submissionsrechts für Planung, Projektierung und Bau den freien Wettbewerb für die einzelnen Teilstücke sicher.

2 Für in- und ausländische Bewerber sind gleichwertige Wettbewerbsbedingungen zu verlangen.

4. Abschnitt: Finanzierung Art. 14 Finanzierungsbedingungen 1 Der Bund stellt den SBB und der BLS die benötigten finanziellen Mittel als Baukredite zur Verfügung.

2 Die Baukredite werden zum Selbstkostenzinssatz von Bundesanleihen verzinst; die Zinsen werden zum Baukredit geschlagen.

3 Mit Inbetriebnahme eines Bauabschnittes werden die Baukredite mit den aufgelaufenen Zinsen in variabel verzinsliche und innert 60 Jahren rückzahlbare Darlehen konsolidiert.

" Der Darlehenszinssatz und die weiteren Einzelheiten werden in einer Vereinbarung zwischen dem Bundesrat und den Bahnen geregelt; die Darlehenszinsen haben die Selbstkostenzinsen von Bundesanleihen zu decken.

D SR711 > SR 742.100.1; AS 1991 1319

2

1600

Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale. BB

5

Die unter dem Titel des Baukredites erwähnten Darlehen aus dem Ertrag der Treibstoffzölle werden in der Rückstellung für den Strassenverkehr verbucht.

Art. 15 i Finanzierungsmittel 1 Die Finanzierung wird sichergestellt durch: a. die allgemeinen Mittel des Bundes; b. einen Teil des Ertrages der Treibstoffzölle, soweit sie die Basislinien am Gotthard und Lötschberg gemäss den Artikeln 5 und 6 betreffen.

2 Die Mittel aus dem Ertrag der Treibstoffzölle werden gemäss Artikel 36ter Absatz l Buchstabe c der Bundesverfassung verwendet.

Art. 16 Verpflichtungskredite 1 Die für den Gotthard und den Lötschberg benötigten Mittel werden durch die eidgenössischen Räte gesamthaft festgelegt und mit Verpflichtungskrediten tranchenweise bewilligt.

2 Der entsprechende Gesamtkredit setzt sich zusammen aus den Krediten für die Objekte der SBB und der BLS und dem nach Artikel 36ter Absatz l Buchstabe c der Bundesverfassung verwendeten Anteil des Ertrages der Treibstoffzölle.

3 Die Finanzierung der Vorhaben gemäss Artikel 8 erfolgt über einen gesonderten Kredit.

4 Der Bundesrat kann den Gesamtkredit um die ausgewiesene Teuerung und um die Bauzinsen erhöhen sowie geringfügige Verschiebungen zwischen den einzelnen Objektkrediten vornehmen.

Art. 17 Sonderrechnung 1 Für die Projektierung, den Bau und Betrieb der Linien am Gotthard, am Lötschberg und am Zimmerberg/Hirzel führen SBB und BLS eigene Rechnungen.

2 Der Bundesrat erlässt die notwendigen Vorschriften.

5. Abschnitt: Koordination, Kontrolle, Berichterstattung Art. 18 Stab für die Kontrolle und Koordination 1 Der Bundesrat setzt einen Stab für Kontrolle und Koordination ein.

2 Der Stab hat insbesondere folgende Aufgaben: a. Er überwacht die Planung, Projektierung und Ausführung sowie die Inbetriebnahme der neuen Linien.

b. Er überwacht die Kosten und Termine.

c. Er sorgt für die Koordination unter den Bahnen.

1601

Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale. BB

d. Er berät den Bundesrat und das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement und schlägt Massnahmen vor, wenn wesentliche Abweichungen festgestellt werden.

3 Der Bundesrat regelt durch Verordnung die Zusammensetzung und die Aufgaben des Stabes.

Art. 19 Aufsicht Der Stab für Kontrolle und Koordination ist dem Eidgenössischen Verkehrsund Energiewirtschaftsdepartement unterstellt.

Art. 20 Berichterstattung 1 Der Bundesrat orientiert die eidgenössischen Räte ab 1992 jährlich über: a. den Stand der Verwirklichung des Konzeptes ; b. die Aufwendungen aufgrund der bewilligten Verpflichtungskredite; c. die bisherige sowie die für die fünf nachfolgenden Jahre vorgesehene Belastung des Bundes.

2 Mit jeder Beanspruchung eines neuen Kredites orientiert er ferner die eidgenössischen Räte über: a. die zu erwartenden Gesamtkosten für die Verwirklichung des Konzeptes; b. die auf den neuesten Stand gebrachte Wirtschaftlichkeitsrechnung.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 21 Vollzug Der Bundesrat vollzieht diesen Beschluss. Er erlässt die Ausführungsbestimmungen.

Art. 22 Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer 1 Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich; er untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

3 Dieser Beschluss gilt bis zur Verwirklichung der Bauvorhaben am Gotthard, am Lötschberg und am Zimmerberg/Hirzel. Der Bundesrat wird ermächtigt, ihn danach aufzuheben.

;

1602

Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale. BB

Nationalrat, 4. Oktober 1991 Der Präsident: Bremi Der Protokollführer: Anliker

Ständerat, 4. Oktober 1991 Der Präsident: Hänsenberger Die Sekretärin: Huber

Datum der Veröffentlichung: 15. Oktober 1991 '> Ablauf der Referendumsfrist: 13. Januar 1992

4945

.

') BEI 1991 III 1597

1603

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesbeschluss über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (Alpentransit-Beschluss) vom 4. Oktober 1991

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1991

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

40

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.10.1991

Date Data Seite

1597-1603

Page Pagina Ref. No

10 051 981

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.