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Bundesblatt 116, Jahrgang

Bern, den 17- Dezember 1964

Band II

Erscheint tmchentKch. Prfis 33 franken im Jahr, IS Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und PosttesteUungsoebühr Einrückungsgebühr 60 Kappen die Fetitzcüe oder deren £aum, -- Inserate franko an Stämpfli & Cie., SODO fern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Errichtung neuer diplomatischer Vertretungen (Vom 27.November 1964) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Seit 1945 ist, der Bundesrat wiederholt an die Eidgenössischen Eäte gelangt, um ihnen die Errichtung neuer diplomatischer Vertretungen vorzuschlagen.

Zunächst galt es, einen im Aushau des Netzes unserer Aussenvertretungen eingetretenen Eückstand, insbesondere mit Bezug auf ausscreuropäische Lander, aufzuholen und ganz allgemein den schweizerischen Aussendienst den infolge des Krieges veränderten Verhältnissen anzupassen. Daboi spielten neben Überlegungen völkerrechtlicher Natur und der zwischenstaatlichen Beziehungen vor allem auch wirtschaftspolitische Gesichtspunkte eine massgebliche Eolle.

Die in den ehemaligen Kolonialgebieten einsetzenden Unabhängigkeitsbewegungen führten anderseits zwischen 1945 und 1963 zur Entstehung von über fünfzig neuen Staaten, wobei diese Entwicklung auch heutü noch nicht abgeschlossen ist. Diese nunmehr unabhängigen Staaten wurden vom Bundesrat sukzessive anerkannt, der sich, in der Folge vom Parlament ermächtigen Hess, diplomatische Vertretungen bei ihnen zu errichten. Daboi befolgte er immer ausgesprochener den Grundsatz der Universalität unserer diplomatischen Beziehungen. Insbesondere in Afrika und Asien galt es, unseren diplomatischen Apparat auf- und auszubauen.

Im Bahmen der vor sich gehenden Verselbständigung ehemaliger Kolonialgebiete setzte in Afrika eine besonders weitgreifende Emanzipationswelle ein.

Die jungen Länder waren durchwegs vom Wunsche beseelt, so rasch wie mögBundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

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1826 lieh in die Staatengemeinschaft aufgenommen zu werden, und bekundeten ein lebhaftes Interesse an der Herstellung diplomatischer Beziehungen mit der Schweiz. Der ßundesrat konnte ihnen gegenüber keine andere Haltung einnehmen als diejenige, die er bereits seit 1945 einer grossen Zahl anderer alter und neuer Staaten gegenüber bekundet hatte, ganz abgesehen von der Wahrung der Interessen unserer in vielen afrikanischen Staaten seit langem niedergelassenen Landsleute und schweizerischen Unternehmungen sowie von den neuen Aufgaben, welche sich auf dem Gebiet der technischen Zusammenarbeit stellen. Um jegliche Diskriminierung dieser neuen Nationen zu vermeiden, schlug daher der Bundcsrat in seinen Botschaften vom T.Dezember 1959 und S.August 1961 den Eidgenossischen Bäten vor, er sei, abgesehen von einigen individuell genannten Landern, generell zu ermächtigen, in allen 1960 bzw. 1961 bis Ende 1968 unabhängig werdenden Ländern diplomatische Vertretungen zu errichten. Auf Grund der daraufhin gefasstcn Bundesbeschlusse vom 24.März 1960 und 27. September 1961 hat der Bundesrat seither mit den 35 nachstehend aufgeführten Ländern diplomatische Beziehungen aufgenommen : Algerien, Burundi, Dahomey, Elfenbeinkùste, Gabon, Ghana, Guinea, Jamaika, Kambodscha, Kamerun, Kenia, Kongo (Brazzaville), Kongo (Leopoldville), Korea (Süd), Laos, Liberia, Madagaskar, Malaysia, Mäh, Mauretanien, Mongolei, Neuseeland, Niger, Nigeria, Ober-Volta, Ewanda, Senegal, Sierra Leone, Tanganjika, Togo, Trinidad-Tobago, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Zypern.

Der ßundesrat bediente sich dabei vorwiegend der mehrfachen Vertretung, d. h. der Akkreditierung eines Missionschefs in mehreren Landern. Auf diese Weise wurden lediglich 6 neue selbständige Botschaften errichtet, nämlich in Algerien, der Elfenbeinkuste, Ghana, Kongo (Leopoldville), Nigeria und Senegal. In vier weiteren Landern, nämlich Kenia, Madagaskar, Malaysia und Neuseeland wurden diplomatische Missionen eröffnet, die indessen einem in einem Drittland residierenden Botschafter unterstehen und von einem Geschäftsträger a, i. geleitet werden.

Die Entwicklung abhängiger Gebiete zu souveränen Staaten ist noch nicht abgeschlossen. Es ist zu erwarten, dass in Afrika und in ändern Kontinenten in den nächsten Jahren noch weitere Lander, wenn auch in bedeutend
geringerer Anzahl, ihre Unabhängigkeit erlangen werden. Der Eundesrat sollte ihnen gegenüber dieselbe Politik einschlagen, die er den seit 1945 unabhängig gewordenen Landern gegenüber angewendet hat, d. h. auch mit den meisten nach 1963 souverän gewordenen oder noch wordenden Staaten diplomatische Beziehungen aufnehmen können. Dieses Problem stellt sich gegenwärtig für Nyassaland (Malawi), Malta, Nord-Bhodesien (Sambia) und Gambia.

1. Malawi (früher Nyassaland) Das fruhero britische Protektorat Nyassaland erwarb am 6. Juli 1934 die volle Unabhängigkeit. Bei dieser Gelegenheit nahm es den Namen

1827 Malawi an. Das gebiet war Bestandteil der 1953 gegründeten Föderation von Bhodesien-Nyassaland, die jedoch nur von kurzer Dauer war und sich 1968 bereits auflöste. Das Land grenzt an Sambia (Nord-Ehodesien), Tanganjika und Mozambique. Es hat eine Fläche von 119 311 km a mit einer Bevölkerung von S Millionen Einwohnern. Die offizielle Sprache ist Englisch. Die Hauptstadt Zomba weist 10 000 Einwohner auf. Wichtigstes Zentrum ist aber Blantyre mit 60 000 Einwohnern.

Malawi ist wirtschaftlich wenig entwickelt. Vorherrschend ist die Agrarproduktion. Die wichtigsten Exportprodukte sind Tee, Tabak, Erdnüsse und Baumwolle. 1962 haben die Ausfuhren ungefähr 12 Millionen Pfund erbracht.

Dieses Land wird weiterhin beträchtliche englische Hilfe erhalten.

Die Schweizerkolonie besteht aus 28 Personen, wovon 7 Doppelbürger sind.

Sie wurde bisher vom schweizerischen Konsulat in Salisbury (Hauptstadt von Süd-Bhodesien) betreut.

2. Malta Seit einiger Zeit im Genüsse interner Autonomie, wurde Malta am 21. September 1964 -unabhängig. Dieser neue Staat hat eine Fläche von 816 kma und zählt 829 000 Einwohner, wovon 20 000 in der Hauptstadt La Valetta leben.

Maltesisch ist zur Zeit die offizielle Sprache.

Wirtschaftlich spielt die Landwirtschaft eine verhältnismässig wenig bedeutende Eolie; die Industrie ist die hauptsächlichste Einkommensquelle. Ein Fünfjahresplan sieht die Errichtung neuer Industrien vor. Die Handelsbilanz ist jedoch mit 2 Millionen Pfund Ausfuhren gegen 28,5 Millionen Pfund Einfuhren stark passiv. Dieser Unterschied -war durch die englischen Militärausgaben, den Fremdenverkehr und Subventionen gedeckt. Inskünftig wird eine britische Finanzhilfe von 50 Millionen Pfund, auf 10 Jahre verteilt, zum Ausgleich der Zahlungsbilanz beitragen müssen.

Ende 1962 zählte die Schweizerkolonie 18 Personen, wovon 8 Doppelbürger.

Im Auftrag unserer Botschaft in London erledigte bis anhin eine Konsularagentur die laufenden Geschäfte.

3. Sambia (Nord-Ebodesien) Diese ehemalige britische Besitzung hat am 24. Oktober 1964 ihre volle Unabhängigkeit erlangt und den Namen Sambia angenommen. Das Land grenzt an Angola, den Kongo (Leopoldville), Tanganjika, Malawi, Mozambique, SüdEhodesien und das Territorium von Südwestafrika. Es bat eine Oberfläche von 746 256 km2 und eine Bevölkerung von schätzungsweise 3,5
Millionen Einwohnern, wovon 76 000 Weisso und 10 000 Asiaten. Die offizielle Sprache ist Englisch.

Die Hauptstadt Lusaka weist eine Bevölkerung von 60 000 Einwohnern auf.

Sambia ist reich an Kupfer und nimmt daher unter den verschiedenen Produzenten der Welt einen der ersten Plätze ein. Es werden ferner Zink, Zinn,

1828 Kobalt und Mangan gewonnen. Die Landwirtschaft ist wenig entwickelt. Eines der grössten Stauwerke der Welt, Kariba, wurde nächst der Grenze mit SüdBhodesien gebaut.

Die Ausfuhren Sambias werden für das Jahr 1962 auf 122 Millionen Pfund geschätzt. Dreiviertel davon entfallen auf den Kupferexport, der Best auf andere Mineralien, Tabak, Erdnüsse und Baumwolle. Der hauptsächlichste Handelspartner ist Grossbritannien.

Die Schweizerkolonie woist 128 Mitglieder auf, wovon 63 Doppelbürger. Mit den administrativen Belangen war bis jetzt das Schweizerische Konsulat in Salisbury beauftragt.

Da Sambia zusammen mit Nyagsaland und Sud-Bliodesien bis 'J963 eine politische und wirtschaftliche Einheit bildete, lässt sich der Handelsverkehr zwischen der Schweiz und jedem einzelnen dieser 3 Länder statistisch nicht feststellen. Die Einfuhren der Schweiz aus der früheren Föderation betrugen 1963 86,5 Millionen Franken, denen Ausfuhren im Betrag von 2,7 Millionen Franken gegenüberstanden. Die Schweiz hat hauptsächlich Kupfer eingeführt und Uhren, Pumpen, elektrische Apparate, Medikamente und Farbstoffe geliefert.

4. Gambia Gegenwärtig englische Kolonie und Protektorat und seit 4. Oktober 1968 autonom, wird dieses Gebiet am 18.Februar 1965 die Unabhängigkeit erlangen.

Es hat eine Fläche von 10 400 km 2 und ist, mit Ausnahme einer sehr kleinen, am atlantischen Ozean liegenden Zone, gänzlich von Senegal umschlossen.

In dieser 2one befindet sich die Hauptstadt Bathurst. Das Land zählt 316 000 Einwohner.

Gambia hat eine landwirtschaftliche Struktur. Seine hauptsächlichste Einnahmequelle ist die Erdnussproduktion, welche sozusagen die gesamte Ausfuhr darstellt (95 %). Beis und Hirse werden für den Eigenverbrauch angebaut.

Die Schweizerische Botschaft in London hat gegenwärtig in diesem Gebiet unsere Interessen zu wahren.

Der Bundesrat hat sich bemüht, die finanziellen Auswirkungen der Bandesbeschlüsse vom 24.März 1960 und 27. September 1961 nach Möglichkeit zu beschränken, und hat das Eidgenössische Politische Departement nur in verhältaismassig wenigen Fällen ermächtigt, neue Missionen zu eroffnen. Er beabsichtigt unter den heutigen Verhältnissen auch nicht, in Malawi, Malta, Sambia und Gambia selbständige diplomatische Vertretungen zu errichten. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen wird daher kaum zusätzliche
Auslagen verursachen.

Auf Grund dieser Überlegungen beehren wir uns, Ihnen die Genehmigung des beiliegenden Entwurfes zu einem Bundesbeschluss zu empfehlen. Die ver-

1829 fassungsmässigo Zuständigkeit der eidgenössischen Bäte zur Beschlussfassung in vorliegender Angelegenheit beruht auf Artikel 85, Ziffer 8 der Bundesverfassung. Es handelt sich um einen einfachen, unbefristeten und keine rechtsetzenden Normen enthaltenden Bundesbeschluss (Art. 5,6, Absatz l und 8 des Geschäftverkehrsgesetzes vom 28. März 1962).

Wir benützen diesen Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 27.November 1964.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: L. von Moos Der Bundeskanzler: Ch. Oser

1880 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Errichtung von diplomatischen Vertretungen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 27. November 1964, besohliesst :

Art. l Der Bundesrat wird ermächtigt, diplomatische Vertretungen zu errichten : a. in Malawi, Malta und Sambia; &. in Gambia, nach Erlangung seiner Unabhängigkeit und Anerkennung durch den Bundesrat.

Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich und tritt sofort in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Errichtung neuer diplomatischer Vertretungen (Vom 27. November 1964)

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1964

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17.12.1964

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