531

# S T #

9047

Botschaft des

Bundesrates au die Bundesversammlung über die Zuständigkeit zur Festsetzung der Leistungen des Bundes an ehemalige Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule und an ihre Hinterbliebenen (Vom 11. September 1964)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Das Bundesgesetz vom 7.Februar 1854 (ES 4,103) betreffend die Errichtung einer eidgenössischen polytechnischen Schule ermächtigt in Artikel 82 den Bundesrat, «einen auf Lebenszeit gewählten Professor, der ohne seine Schuld, also zum Beispiel wegeiiAlter, Krankheit usw., andauernd ausserstande ist, seinen Verrichtungen gehörig obzuliegen», in den Buhestand zu versetzen und ihm einen Teil seiner Besoldung als Euhegehalt zuzusprechen.

Diese Bestimmung wurde zunächst so gehandhabt, dass nicht nur die auf Lebenszeit, sondern auch die für die gesetzliche Amtsdauer von zehn Jahren gewählten Professoren, die aus Alters- oder Gesundheitsrücksichten in den Buhestand traten, ein Buhegehalt erhielten; für die Versicherung von Witwen- und Waisenrenten übernahm der Bund einen Teil der Prämie. Nachdem die Bundesbeamten im Jahre 1920 in den Genuss einer ausgebauten Personalversicherungskasse gelangten, erwies sich auch die Neuordnung der Leistungen des Bundes bei Invalidität, Alter und Tod der Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule als unerlässhch. Der Bundesrat unterbreitete-hierüber der Bundesversammlung am 4. Dezember 1925 (BEI 1925, III, 469) eine Botschaft, in der er das Bedürfnis dieser Neuordnung wie folgt begründet : «Dafür spricht schon der formelle Grund, dass beinahe alle die Massnahmen, die im Laufe der Jahre getroffen wurden, sei es um den durch das Gründungsgesetz des Jahres 1854 auf die Professoren mit lebenslänglicher Amtsdauer beschränkten Anspruch auf beitragsfreien Buhegehalt auf die

532 übrigen Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule auszudehnen, oder um die ursprüngliche Alters- und Invalidenversicherung durch Einrichtungen der Fürsorge für die Hinterbliebenen der Professoren zu ergänzen, oder endlich um die Beitragsleistungen des Bundes an die verschiedenen Versicherungsinstitutionen zu erhöhen, heute noch auf blossem Gewohnheitsrecht oder auf Gelegenheitsbeschlüssen der Verwaltung beruhen und damit der gesetzlichen Grundlage und der nötigen Stabilität entbehren.

Als zwingend erweist sich die anbegehrte Neuordnung vor allem aber aus dem materiellen Grunde, dass die Versicherungseinrichtungen für die Professoren und ihre Hinterbliebenen auch in ihrer nachträglichen Ausgestaltung den an eine moderne Sozialversicherung zu stellenden Anforderungen nicht mehr genügen und also der Revision und der Erweiterung bedürfen.» Der Bundesrat beantragte deshalb den Brlass eines Bundesbeschlusses betreffend die Leistungen des Bundes bei Invalidität, Alter und Tod der Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule, den die eidgenössischen Bäte am 1. Oktober 1926 (AS 1927, 4) genehmigten. Danach erhielten die Professoren im Buhestand ein nach Dienstjahren und Gehalt abgestuftes Buhegehalt, gleichgültig für welche Amtsdauer sie gewählt wäre», und der Bund fuhr fort, gleiche Beiträge an die Witwen- und Waisenkasse 2u zahlen wie die Professoren, Dieser Bundesbeschluss wurde in der Folge wiederholt den veränderten Verhältnissen angepasst; die gegenwärtige Fassung wurde von den eidgenössischen Bäten am 2. Oktober 1959 (AS 1960, 283) beschlossen und in einzelnen Belangen am 21. Dezember 1961 (AS 1962, 811) geändert.

Wegen der vom Bundesrat am S.Mai 1964 (AS 1964, 460) beschlossenen Änderung des Regulativs über die Besoldungen der Lehrerschaft der Eidgenössischen Technischen Hochschule ist eine neuerliche Änderung der Bnhegehaltsordnung notwendig. Diese enthält nämlich Bestimmungen über die für die Ermittlung des Buhegehalts iriassgebenden Gehaltsteile und Über die obere Begrenzung des Buhegehaltes, so dass jede Gehaltsänderung auch eine Anpassung der Buhegehälter verlangt. Für den Bnndesrat stellt sich nun die grundsätzliche Frage, ob er der Bundesversammlung wie bisher die Festsetzung der Buhegehälter, oder aber eine Neuordnung der Zuständigkeit hiefür beantragen soll. Sie
drängt sich schon deshalb auf, weil das noue Geschäftsverkehrsgesetz die Änderung der Form des Erlasses verlangen würde.

Bei der Beurteilung der aufgeworfenen Frage dürfen wir vom Willen des Gesetzgebers ausgehen, der im eingangs zitierten Gründungsgesetz der Schule zum Ausdruck kommt. Der Bundesrat soll die Besoldungen der Professoren festlegen und ihnen überdies bei Invalidität und Alter ein Buhegehalt zusprechen können. Wegen der Einschränkung, die Ausrichtung des Buhegehaltes setze die Wahl auf Lebenszeit voraus, kann der Bundegrat von dieser Kompetenz nur Gebrauch machen, soweit sie die Besoldungen betrifft. Wir haben also heute die überraschende Situation,dassdiegewichtigeBegelung der Professorenbesoldungen in der Zuständigkeit des Bundesrates liegt, die Festsetzung der Buhegehälter

583

dagegen trotz der weit geringem Konsequenzen in der Kompetenz der Bundesversammlung. Bei den übrigen Personalkategorien des Bundes werden die Pensionen entweder von- der gleichen Instanz wie die Besoldungen (Mitglieder des Bundesrates und der eidgenössischen Gerichte) oder sogar von "einer nachgeordneton (ßundesbeamten) festgesetzt ; eine solche Verteilung der Kompetenz ist angezeigt, weil die Höhe der Pensionen in der Eegel von der Höhe der Besoldungen unmittelbar abhängt. Die gegenwärtige besondere Zuständigkeit bei den Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule ist wohl aus den zur Zeit des Erlasses des Gründungsgesetzes herrschenden sozialen Bedingungen zu erklären. Damals wurden dein Arbeitnehmer bei Invalidität oder Alter kaum eine Pension gewährt ; einen solchen Anspruch den auf Lebenszeiten gewählten Professoren einzuräumen, bedeutete einen sozialen Fortschritt.

Um in der vorhegenden Sache für die Zukunft die Befugnisse klar und vernünftig zu ordnen, ist entweder Artikel 32 des Bundesgesetzes betreffend die Errichtung einer eidgenössischen polytechnischen Schule zu ändern oder ein besonderes Bundesgesotz über die Zuständigkeit für die Festsetzung der Buhegehälter zu erlassen. Wenn wir nicht den ersteren Weg wählen, so ist dafür entscheidend, dass das «Gründungsgesetz» noch in manchem Belang erneuerungsbedürftig wäre; für eine Gesamtrevision sind wir indessen heute noch nicht vorbereitet. Deshalb beantragen wir den Erlass eines Bundesgesetzes, das den ßmidesrat ermächtigt, die Leistungen des Bundes bei Invalidität, Alter und Tod zu ordnen. Der Bundesrat wird von dieser Befugnis, solange nicht neue Gesichtspunkte eine andere Regelung verlangen, im Rahmen der Grundsätze des bisherigen Bundesbeschlusses Gebrauch machen: das heisst, er wird für die Professoren im Buhestand ein Buhegehalt bis zu 60 Prozent der massgebenden Besoldung festsetzen und gleich hohe Beiträge an die Witwen- und Waisenkasse vorsehen, wie sie die Professoren leisten.

Da die Leistungen des Bundes bei Invalidität, Alter und Tod der ETHProfessoren immer gleichzeitig auch für den Präsidenten des Schweizerischen Schulrates galten, enthält der Gesetzesentwurf eine Bestimmung, wonach der Bundesrat befugt ist, ebenfalls hierüber künftig zu beschliessen.

Bechtlich stützt sich das beantragte Gesetz auf Artikel 85,
Ziffer 3 der Bundesverfassung, wonach die Festsetzung der Besoldung und Entschädigung der Mitglieder der Bundesbehörden und der Bundeskanzlei sowie die Errichtung bleibender Beamtungen und Bestimmung ihrer Gehalte in den Aufgabenkreis der eidgenössischen Bäte fallen. Da der Erlass die Zuständigkeit des Bundesrates regelt, sind die neuen Bestimmungen gemäss Artikel 5, Absatz l und 2 des Geschäftsverkehrsgesetzes in die Forra eines Bundesgesetzes zu kleiden.

584 Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz zur Beratung zu unterbreiten. Durch Ihre Zustimmung wird für die Zukunft das Bechtsetzungsverfahren betreffend die Buhegehälter der ETH-Professoren wesentlich vereinfacht. Anderseits wird der Bundesrat, wie bereits erwähnt, bei der materiellen Handhabung des ihm jetzt - eigentlich im ursprünglichen Sinne des Gründungsgesetzes betreffend die Eidgenössische Technische Hochschule vom T.Februar 1854 - zuzuerkennenden Eechtes sich von den gleichen Bichtlinien leiten lassen, welche den bisherigen Euhegehaltsordnungen für die Professoren der Hochschule zugrunde lagen.

Gestützt auf die vorausgehenden Darlegungen erlauben wir uns, Ihnen die Gutheissung des beiliegenden Entwurfes zu einem Btindesgesetz zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den l I.September 1964.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: L. von Moos Der Bundeskanzler : Ch. Oser

585

(Entwurf)

Bundesgesetz über

die Zuständigkeit zur Festsetzung der Leistungen des Bundes an ehemalige Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule und an ihre Hinterbliebenen Die Bundes Versammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 85, Ziffer 3 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 11. September 1964, beschliesst :

Art. l Der Bundesrat ist befugt, Leistungen zugunsten der Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule, die infolge Krankheit, Alter oder Nichtwiederwahl aus dem Amte ausscheiden sowie für den Fall des Todes von Professoren zugunsten der Witwen und Waisen derselben zu beschliessen.

* Diese Befugnis erstreckt sich auf die Festsetzung der Leistungen zugunsten des Präsidenten des Schweizerischen Schulrates.

1

Art. 2 Die Bundesbeschlüsse - vom 18. Juni 1958 über die Leistungen des Bundes bei Invalidität, Alter und Tod der Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule ; - vom 2. Oktober 1959 betreffend die Änderung des Bundesbeschlusses über die Leistungen des Bundes bei Invalidität, Alter und Tod der Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule; - vom 21. Dezember 1961 über die Besoldungen und Buhegehälter der Mitglieder des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, die Besoldung des Bundeskanzlers und die Buhegehälter der Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule, soweit er die Ruhegehälter der Professoren betrifft, werden aufgehoben.

Art. 8 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

7768

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Zuständigkeit zur Festsetzung der Leistungen des Bundes an ehemalige Professoren der Eidgenössischen Technischen Hochschule und an ihre Hinterbliebenen (Vom 11. September 1964)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1964

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

38

Cahier Numero Geschäftsnummer

9047

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.09.1964

Date Data Seite

531-535

Page Pagina Ref. No

10 042 624

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.