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Bundesblatt 116. Jahrgang

Bern, den 17. September 1964

Band II

Brscheint wochentlich, Preis 33 Franken im Jalir, IS Frtmken im Halbjahr zuz&glich Nactmahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 60 Eappen die Potitzeile Oder deren liaum. -- Inaerate franko an Stämpfli & Cte., 3000 Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversainmlung iiber die Erleichterang der Stimmabgabe bei eidgenossischen. Wahlen und Abstiminungen (Vom 4. September 1964) Hcrr President!

Hochgeehrte Herren!

"Wir beehren uns, Dmen rait dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesgesetzes liber die Erleichterung der Stimmabgabe boi eidgenössischen "Wahlen und Abstimmungon zu untcrbreiten.

I. Geschichtlicher Überblick

Artikel 48 der Bundesverfassung bestimmt dass der Schwoizerbiirger das Stirnmrecht in eidgenossischen Angelegenheiten an seinem Wohnsitze ausiibt.

Um den von ihrer Wohnsitzgemeinde abwesenden Biirgern die Ansiibung dieses Eechtes zu erleichtern, glaubte der Bundesrat - auf Grund einer extcnsiven Auslegung des Begriffes «poHtischer \Vohnsitz» - durch Kreisschreiben vom 13. November 1925 die Abstirmnung am Amvesenheitsorte gestatten zu konneu.

Der von seinem "Wohnsitz abwesende Stiinmberechtigte konnte so nach Hintcrlegung seiner Ausweisschriften am Anweseriheitsorte stimmen. Im Jahre 1937 sah sich der Bundesrat jedoch veranlasst, sein Kreisschroiben von 1925 zu widerrufen, insbesondere -weil der erweiterte Begriff Wohnsitz, der darin vertreten wurde, in Widerspruch zu einera Urteil des Bundesgerichtes (BGE 49 I 431) geriet.

Schon vor dem Widerruf des Kreisschreibens unterbreitete der Bundesrat den Eaten mit Botschaft vom U.Dezember 1986 (BB11936 III 449) einen Gesetzesentwurf, welcher die Kantone ermachtigte, in begrundeten Fallen die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege vorzusehen. Der Nationalrat beBundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

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882 schloss mit 68 gegen 55 Stimmen, auf die Vorlage nicht einzutreten. Der Ständerat faaste einen gleichlautenden Beschluss mit 20 zu 16 Stimmen. Die Vorlage wurde mit verschiedenen Argumenten bekämpft ; das wichtigste und am häufigsten vorgebrachte scheint die Befürchtung gewesen zu sein, dass Missbräuche vorkommen könnten, «wenn der Briefkasten die Stimmurne ersetzt». Die Stimmzettel, so glaubte man, könnten von Drittpersonen eingesammelt werden, die sich bereit erklären würden, den Versand zu besorgen, ferner könnte der Stimmende beim Ausfüllen des Stimmzettels, beispielsweise in der Fabrik oder dem Bauplatz, durch Dritte beeinflusst werden.

Nach dem Misserfolg dea Entwurfes blieben die Dinge längere Zeit unverändert. Die Nachteile, die man mit dem Kreisschreiben vom Jahre 1925 beseitigen wollte, stellten sich mit der Aufhebung der damals eingeführten Erleichterung wieder ein. Die Zahl der Stimmberechtigten, die an der Ausübung ihres Stimmrechtes verhindert waren, war in den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg, als die Hotelindustrie zahlreiche Saisonangestellte beschäftigte, beträchtlich.

Drei Postulate des Nationalrates verlangten vom Bundearat die Prüfung von Massnahmen zur Verbesserung dieses Zustandos.

Die Bundeskanzlei hielt es nicht für angezeigt, den eidgenössischen Bäten im Wege der Gesetzgebung eine extensive Auslegung des Begriffes des politischen Wohnsitzes, oder die vor wenigen Jahren von ihnen verworfene Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege noch die fast nur im Kanton Bern bekannte Stimmabgabe durch Stellvertretung vorzuschlagen. Deshalb arbeitete sie 1945 den Vorentwurf eines Gesetzes über eine besondere Form der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege aus. Der Stimmbürger hätte danach den Stimmzettel persönlich einer Behörde des Anwesenheitsortes übergeben müssen, die ihn an die zuständige Behörde dos Wohnsitzkantons weitergeleitet hätte.

Nach ergänzenden Studien und Besprechungen mit den kantonalen Behörden und auf Grund der Vorarbeiten der Bundeskanzlei richtete der Bundesrat am 20. August 1947 Botschaft und Gesetzesentwurf an die eidgenössischen Bäte (BEI 1947, II, 788).

Ohne sich endgültig über die in Frage kommende Lösung auszusprechen, beauftragte die Kommission des Nationalrates, dem die Priorität zukam, die Bundeskanzlei mit der Unterbreitung einer Variante für die
Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege. Der Entwurf der Bundeskanzlei wurde, nachdem ihn die Kommission mit einigen Änderungen gutgeheissen hatte, vom Nationalrat beraten und mit einigen geringfügigen Änderungen angenommen, ohne dass vom ursprünglichen Entwurf des Bundesrates weiter die Bede war. Verschiedene Eatsmitglieder bekämpften aber nachdrücklich die Idee der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege. Der Gesetzesentwurf wurde in der Gesamtabstimmung mit 67 gegen 9 Stimmen angenommen.

Die vorberatende Kommission des Ständerates konnte sich mit dem Gedanken der Stimmabgabe auf dem Korespondenzwege nicht befreunden und arbeitete Anträge aus, die sich stark der vom Bundosrat in seinem Entwurf vom August 1947 vorgeschlagenen Lösung näherten. Der Grundsatz blieb derselbe :

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der von seinem Wohnsitz; abwesende Bürger stimmt am Anwesenheitsort in einem Amtslokal und gibt seinen Stimmzettel einer Behörde ab, welche die Weiterleitung an die zuständige Behörde des Wohnsitzkantons besorgt. Der Ständerat folgte den Anträgen seiner Kommission.

Als die Vorlage an den Nationakat zurückging, hielt dieser am Grundsatz der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege fest. Der Ständerat stimmte schliesslich diesem System zu. In der Schlussabstiminung vom 20. Juni 1952 verwarf er jedoch den Gesetzesentwurf mit 19 zu 10 Stimmen.

Bald nach dem Scheitern der Vorlage suchte die Bundeskanzlei nach neuen Lösungen. In der Annahme, dass der Beschluss des Ständerates einer Wiederaufnahme des Gedankens der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwoge im Wege stehe, glaubte sie, auf die vom Ständerat ursprünglich in Erwägung gezogene Lösung zurückkommen zu müssen.

Mittlerweile hatte Herr Nationakat Dietschi-Solothurn am 2. Dezember 1952 folgende Motion eingereicht: «Das Scheitern der Vorlage über die Stimmabgabe der Aufenthalter hat in weiten Kreisen der Bevölkerung, insbesondere bei den Invaliden und Tuberkulosekranken und bei den Arbeitnehmern des Gastgewerbes Beunruhigung hervorgerufen.

Der Bundesrat wird eingeladen, eine neue Vorlage über die Erleichterung der Stimmabgabe bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen für die Kranken und Gebrechlichen und für die von ihrem Wohnort Abwesenden auszuarbeiten, in der nach Möglichkeit die Differenzen zwischen der nationalrätlichon und ständerätlichen Fassung zu überbrücken sind.» Der Nationakat nahm die Motion am 17.März 1954 stillschweigend an, während ihr der Ständerat am 11. Juni 1954 zustimmte, aber nur mit dem äusserst knappen Mehr von 11 zu 10 Stimmen.

Der im Januar 1955 den Kantonen unterbreitete Vorentwurf der Bundeskanzlei wurde von sechs Kantonsregierungen abgelehnt, während oin halbes Dutzend andere sich weniger bestimmt aussprach, aber jedenfalls nicht im Sinne einer Zustimmung. Es schien, dass eine Portsetzung dieses Weges mit einem sichern Misserfolg enden werde. Die erhobenen Einwände waren übrigens nicht unbegründet, nicht zuletzt der Einwand, das Verfahren sei zu kompliziert.

Im Bestreben, eine einfachere Lösung zu finden, arbeitete die Bundeskanzlei einen neuen Vorentwurf aus, der für die abwesenden Stimmbürger eine der Abstimmung der
Militärpersonen ähnliche Form der Stimmabgabe vorsah. Diese Form besass den Vorteil der Einfachheit. Dabei wäre aber die Erleichterung nur gewissen Gruppen von Stimmbürgern zugutegekommen, die in ähnlichen Verhältnissen leben wie die Müitärpersonen, in einer Art Organisation, deren Dienste bei der Abstimmung in Anspruch genommen werden können. Dieser neue Vorentwurf stiess auf fast ebensoviel Widerstand wie der frühere. Zehn Kantonsregierungen lehnten ihn auf das entschiedenste ab. Die Haupteinwände richteten sich gegen die Tatsache, dass er eine zu grosse Zahl von Bürgern, die an der Stimmabgabe in den ordentlichen Formen verhindert sind, von der Ausübung des

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Stiramrechtes ausschloss und dass er, gleich wie der vorausgehende Yoreutwurf, eine gewisse Mitwirkung der örtlichen Behörden vorlangte.

Im Jahre 1956 reichte Herr Nationalrat Fritz Grütter ein Postulat ein, worin er den Bundesrat einlud, «die Frage zu prüfen und Bericht zu erstatten, wie den Aufenthaltern die Ausübung des Stimmrechtes in eidgenössischen Angelegenheiten erleichtert werden kann». Diese Gelegenheit benützte der Bundesrat, um einige Auskünfte über dio im Gang befindlichen Arbeiten zu erteilen.

Auf Grund der Meinungsäusserungen zum Vorentwurf vom Jahre 1955 gelangte die Bundeskanzlei zum Schluss, dass für die Stimmabgabe der Abwesenden von jeder Lösung, die am Anwesenhoitsort die Mitwirkung einer Gemeindebehörde bedinge, abzusehen sei. Deshalb sah sie eine Eegelung vor, wonach sich der Stimmberechtigte das Stimmaterial (Zettel und Umschlag) an ein von ihm bezeichnetes Postbureau postlagernd zustellen lässt, um es dort in Empfang zu nehmen, auszufüllen und zurückzusenden, ohno das Postbureau zu verlassen.

Dieses Verfahren schien weniger kompliziert als dasjenige gemäss Vorentwurf von 1955 und eindeutig sicherer als die Stimmabgabc auf dem Korrespondenzwege (Garantie der persönlichen Stimmabgabe und besserer Schutz gegen Missbräuche). Es wies den Vorteil auf, dass an die Stello einer Behörde oder eines Beamten der Anwesenheitsgemeinde ein Bundesbediensteter trat, der sich für alle Abstimmungen, sogar für die kantonalen zur Verfügung gehalten hätte, und dass es dem Bürger die Stimmabgabe in einem besonders leicht erreichbaren Lokal gestattete. Das Post- und Bisenbahudcpartement (heute Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement) hielt abor dafür, dass die Postbureaux sich nicht dazu eigneten, die nötigen Kontrollen auszuüben, und dass die Abstimmungsvorgänge, die sich vor den Schaltern abwickeln, die Postbureaux in der Woche vor den Abstimmungen zu sehr überlasten würden. Der Bundesrat schloss sich der Ansicht des Departements an, weshalb die Bundeskanzlei die Lösung «Stimmabgabe am Postschalter» nicht weiter verfolgte und dem Bundesrat vorschlug, eine Konferenz der Vertreter der Kantone zu einem Meinungsaustausch über die in Frage kommende Lösung einzuberufen. Der Bundesrat erklärte sich damit einverstanden.

Diese Konferenz fand am 25. Februar 1959 statt und gelangte ohne lange
Verhandlungen zum Schluss, dass die zu empfehlende Lösung wie folgt formuliert werden könnte : «Die Eidgenossenschaft ermächtigt die Kantone, geeignete Massnahmen zu ergreifen, um den ara Gang zur Urne verhinderten Bürgern die Ausübung des Stimmrechtes zu erleichtern ; es kommt darauf an, dass die Freiheit der Stimmabgabe und das Stimmgeheimnis gewahrt werden und dass die Kantone für eidgenössische Urnengänge die gleichen Erleichterungen wie für kantonale Wahlen und Abstimmungen gewähren.» Es braucht in diesem Kapitel, das nur einen geschichtlichen Überblick geben will, nicht untersucht zu werden, ob eine Vorschrift dieser Art annehmbar wäre oder nicht. Diese Frage wird im VI. Kapitel behandelt werden.

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u. Die Begründung der Einführung von Erleichterungen Die Motion der eidgenössischen Bäte und das Postulat des Nationalrates betreffend Erleichterungen der Stimmabgabe gehen von einem Gedanken ans, der den Bundesrat trotz des Misserfolgs bisheriger Anträge veranlasst, neuerdings bestimmte Massnahmen in dieser Richtung vorzuschlagen. In einem demokratischen Staat sollte die Ausübung des Stimmrechts so geordnet werden, dass eine möglichst grosse Zahl von Bürgern stimmen kann. Das Ergebnis der Abstimmung gibt dann den Willen des Souveräns so getreu wie möglich wieder.

Dieser Gedanke verdient Beachtung, selbst wenn zuzugeben ist, dass die gegenwärtig festzustellende schwache Beteiligung an Abstimmungen zum guten Teil auf Gründen beruht, die mit der Verhinderung am Urnengang nicht zusammenhängen. Die gelegentlich schwache Stimmbeteiligung in den Kantonen, die für die verhinderten Stimmbürger Erleichterungen eingeführt haben, ist ein Beweis dafür. Man muss darauf bedacht sein, dass die Stimmabgabe nicht allzusehr auf Kosten der Formvorschriften erleichtert und die Bequemlichkeit nicht zur Bogel wird.

m. Die verschiedenen Formen der Stimmabgabe auf Distanz 1. Die Stimmabgale in einem Amtslokal der Anwesenheitsgemeinde mit Weiterleitung des Stimmzettels Diese Art der Abstimmung, die im Entwurf des Bundesrates von 1947 und hernach in jenem der Kommission des Ständeratcs vorgesehen war, hat den Vorteil, dass der Stimmberechtigte seine Stimme unter ganz ähnlichen Verhältnissen wie daheim im Stimmlokal seiner Wohnsitzgemeinde abzugeben hat. Sie bürgt für die Würde des Aktes, mit dem der Burger einen Teil seiner politischen Bechte ausübt, und bietet Gewähr dafür, dass der Stimmzettel vor der Übergabe an die Behörden nicht auf die eine oder andere Weise in die Hände Dritter gelangt, die ein Interesse daran haben könnten, den Inhalt zu ändern oder wenigstens zu kontrollißren. Diesem Vorteil steht jedoch ein ernstlicher Nachteil gegenüber: Die erwähnte Lösung bedingt die Mitwirkung einer Behörde der Anwesenheitsgemeinde, was für diese Gemeinde eine ziemlich grosse Belastung bedeuten kann, wenn sie für die Abwesenden, die von dieser Erleichterung Gebrauch machen möchten, einen oder mehrere Beamte zur Verfügung halten muss. Wegen der Mitwirkung der Behörde der Anwesenheitsgemeinde wäre die Lösung bei kantonalen
Abstimmungen nur anwendbar, wenn diese mit eidgenössischen Abstimmungen zusammenfallen. Nicht unerwähnt sei, dass kein Kanton dieses Verfahren für die ausserhalb ihrer Wohnsitzgemeinde weilenden Stimmbürger eingeführt hat. Dessen Einführung in eidgenössischen Angelegenheiten würde die Zahl der bestehenden Systeme noch vermehren, was sicher nicht wünschbar wäre.

2. Die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg Diese Form - man nennt sie auch Stimmabgabe durch die Post - ist eine der einfachsten Formen, die man sich denken kann. Der Stimmberechtigte tritt nur

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mit der Behörde seiner Wohnsitzgemeinde in Berührung und braucht nur ein Mindestmass an Formalitäten zu erfüllen, um soin Stimmrecht ausüben zu können. Es ist daher nicht zu verwundern, dass die Kantone, die Massnahmen getroffen haben, um auch den am Urnengang verhinderten Stimmbürgern die Teilnahme an der Abstimmung zu ermöglichen, fast ohne Ausnahme diese Abstimmungsform eingeführt haben, sei es in sehr weitherziger Art oder bloss für gewisse Verhinderungsfälle. Unseres Wissens wird heute dio Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg in einem nennenswerten Ausmass ausgeübt in den Kantonen Zürich, Solothurn, Basel-Stadt, St. Gallen, Waadt, Neuenburg und Genf. Alle diese Kantone scheinen damit gute Erfahrungen gemacht zu haben, wobei allerdings zu bemerken ist, dass da und dort noch keine langjährigen Erfahrungen vorliegen.

Die parlamentarischen Beratungen der Jahre 1948-1952 haben immerhin gezeigt, dass die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege ihre erklärten Gegner hatte. Beim Lesen des Stenographischen Bulletins der Bundesversammlung stosst man insbesondere auf folgende Einwände : a) die Sicherheit der Stimmabgabe ist nicht gewährleistet (Möglichkeit des Verschwinden s von Stimmzetteln, Machenschaften bei der Ausfüllung der Stimmzettel und unstatthafte Kontrolle des Inhaltes) ; ~b) das Stimmgeheimnis ist nicht gewährleistet; c) die Einfuhrung der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege für bestimmte Eälle könnte der erste Schritt werden auf dem "Wego zu einer Verallgemeinerung dieser Abstimmungsform, während doch die Stimmabgabe an den Urnen die Begel bleiben sollte ; d) die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege hat für den Staat Umtriebe und zusätzliche Kosten zur Folge, die in keinem Verhältnis zum erwarteten Erfolg stehen.

3, Die Stimmabgabe durch Stellvertretung Diese Art der Stimmabgabe besteht nur in den Kantonen Bern und BaselLand. Man trifft sie zwar auch im Kanton Zürich, aber nur neben der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege und nur für Fälle vorgerückten Alters (60 Jahre), Gebrechlichkeit und Krankheit, Überdies kann einem stimmberechtigten Familienmitglied eine Vollmacht erteilt werden. Der Kanton Bern scheint keinen grossen "Wert darauf zu legen, dieses Verfahren beizubehalten, nachdem ein kantonales Volksbegehren dessen Abschaffung verlangt hat und die zuständigen Behörden die Verwerfung
des Volksbegehrens im Hinblick darauf empfohlen haben, dass es nicht zweckmassig wäre, die Frage jetzt neu zu regeln, wo neue Vorschriften auf eidgenössischer Ebene in Vorbereitung sind. In einem Schreiben vom 30. Juli 1963 an die Bundeskanzlei empfiehlt die Berner Begierung die Einführung der Möglichkeit der Stimmabgabe durch Stellvertretung in eidgenössischen Angelegenheiten keineswegs. Sie druckt lediglich den Wunsch

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aus, dass - sollte die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege in eidgenössischen Angelegenheiten eingeführt -werden - der Kreis der Stimmbürger, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können, mindestens ebenso weit gezogen werdo wie im kantonalen Eecht für die Stimmabgabe durch Stellvertretung. Die Eegierung des Kantons Basel-Land hingegen wünscht eine sorgfältige Prüfung der Präge, ob die Stimmabgabe durch Stellvertretung nicht auch in eidgenössischen Angelegenheiten gestattet werden könne, da diese Form der Stimmabgabe bedeutend leichter durchzuführen sei als die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege, insbesondere in don Fällen von Krankheit und Gebrechlichkeit.

Wir werden uns an anderer Stelle darüber aussprechen, ob es zweckmässig sei, diesem Wunsche Folge zu geben.

Nicht unerwähnt bleibe, dass die Stimmabgabe durch Stellvertretung nicht über jede Kritik erhaben ist. Es kann beispielsweise vorkommen, dass sich Bürger zwecks Übernahme der Vertretung von kranken oder alten Leuten zusammentun, um so den Stimmzettel «in richtiger Art» ausgefüllt in die Urne legen zu können. Bei den vorher erwähnten parlamentarischen Beratungen setzte sich ein einziges Batsmitglied für die Stimmabgabe durch Stellvertretung ein, doch fand sein Vorstoss keinen Widerhall.

4. Die Stimmabgabe in der Form der militärischen Abstimmung Die Stimmabgabe in dieser oder in ähnlichen Formen setzt ein Organ (Wahloffizier) voraus, das die in den Zustellumschlägen eingeschlossenen Stimmzettel einsammelt und an die zuständige Behörde des Wohnsitzkantons weiterleitet.

Dieses System hat den Vorteil, dass die Bedingungen, unter denen der Bürger seine Stimme abgibt, einer gewissen Kontrolle unterliegen, weil er seinen Stimmzettel direkt dem mit der Weitergabe betrauten Organ übergibt. Der Nachteil eines solchen Systems, wenn es auf Zivilpersonen angewandt werden soll, hegt darin, dass es nur bei Personen spielt, die gewissermassen in einer Organisation (z.B. Spital, Sanatorium) zusammengefasst sind ; es inüsste dann jemand mit der Aufgabe betraut werden, die bei der Truppe dem Wahloffizier übertragen ist.

5. Die Stimmabgabe am Postschalter Diese von der Bundeskanzlei in Erwägung gezogene Form der Stimmabgabe wäre neu. Ihr Vorzug läge darin, den Stimmberechtigten zu verhalten, den Stimmzettel in einem amtlichen Lokal auszufüllen,
also in Verhältnissen, die ähnlich wie in einem Stimmlokal, die Sicherheit des Abstimmungsvorganges zu fördern geeignet sind. Man hätte einige Gewissheit, dass der Inhalt des Stimmzettels dem Willen des Stimmenden entspricht und dass sich in jenem Zeitpunkt, in dem ein Stimmender den Stimmzettel ausgefüllt aus der Hand gibt und die Post denselben übernimmt, kaum ein Dritter wird einmischen können. Diese Vorteile werden durch gewisse Nachteile aufgewogen, wie die Überlastung der

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Postschalter., die mangelnde Vorbereitung des Postbeamten für diese Aufgabe und die unerfreulichen Auseinandersetzungen, die sich zwischen ihm und dem Stimmberechtigten abspielen könnten, sofern der verlangte Identitätsausweis Anlass zn Meinungsverschiedenheiten gäbe.

In dem am Schweizerischen Juristentag 1959 gehaltenen Referat hat Herr Dr. U sten, Ecchtsanwalt in Zürich, die Ansicht vertreten, dass man für die gesunden Abwesenden die persönliche Abgabe des Stimmzettels auf dem Postbureau vorsehen sollte. Dieses Verfahren deckt sich weitgehend mit jenem, welches die Bundeskanzlei in Aussicht genommen hatte ; der einzige, unwesentliche Unterschied besteht in der Zusendung des Stimmaterials : Nach dem Entwurf der Bundoskanzlci könnte es der Stimmberechtigte am Postschalter (postlagernd) in Empfang nehmen ; gemäss Vorschlag Dr. Usteri würde es ihm an seine Privatadresse zugestellt. Diese Lösung hätte, gleich wie die der Bundeskanzloi, den Vorteil, dass der Burger nicht einfach die Stimme abgeben könnte, indem er den Stimmzettel in einen Briefkasten einwirft oder einwerfen lässt, sondern dass er ihn einem Beamten abgeben müsste, der seine Identität nachzuprüfen hätte. Die gleichen Einwendungen, die man bei der Lösung der Bundeskanzlei gegen die Inanspruchnahme eines Postbeamten erheben könnte, müsste man auch gegenüber der Form der Stimmabgabe nach dem Vorschlag von Dr. Usteri gelten lassen.

IV. Unser Vorschlag: Die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg Wie wir schon im vorgehenden Kapitel ausgeführt haben, kommen eigentlich nur zwei Eormen in Betracht: die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege und die Stimmabgabe am Postschalter gemäss der Lösung der Bundeskanzlei oder jener von Dr.Usteri. Wir geben der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg den Vorzug, weil diese Losung in einzelnen Kantonen in kantonalen Belangen schon eingeführt ist, ferner weil sie sich der Abstimmungsform für Militärpersonen stark nähert und weil sie schliesslich die Organe der Post nicht in einer Weise beansprucht, die zu gewissen Befürchtungen Anlass geben könnte.

Grössere Schwierigkeiten bietet die Frage, für welche Fälle dieses Verfahren einzuführen ist. Wir werden darüber im nächsten Kapitel berichten.

V. Die Fälle, îtir welche die Stimmabgabe auf dem Eorrespondenzweg vorzusehen wäre Wio wir dargelegt haben, stiess in den
parlamentarischen Beratungen der Jahre 19-18 bis 1952 die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwegc auf starken Widerstand. Noch heute sind einige Kantone diesem Verfahren wenig günstig gesinnt und möchten, dass seine Anwendung eine Ausnahme bleibe. Andere Kantone wiederum empfehlen, den Kreis der Anwendungsfälle sehr weit zu ziehen; sie berufen sich dabei auf die Tatsache, dass sie keine Missbräucho in kantonalen Angelegenheiten festgestellt haben. Ob nun eine ausgedehnte Anwendung der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwego die behaupteten Nachteile wirklich aufweist und ob dieses Verfahren grundsätzlich grosszügig oder mit

889 Zurückhaltung angewendet werden soll, bleibe dahingestellt; jedenfalls erachten wir es nicht für angezeigt, die Frage auch jetzt wieder zum Gegenstand eingehender Erörterungen zu machen. Wichtig ist, in kurzer Zeit eine Vorlage unter Dach zu bringen, welche die Stimmabgabe auf dein Korrespondenzwege für jene Fälle einführt, in denen sie sich Unbestrittenermassen besonders aufdrängt. Wir werden im folgenden diese Fälle behandeln, ebenso jene, in denen es sich nach umerm Dafürhalten empfiehlt, von der Einführung dieser Art der Stimmabgabe, wenigstens im gegenwärtigen Zeitpunkt, abzusehen.

Die Einführung der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege beantragen wir für folgende vier Gruppen von Stimmberechtigten: a) Patienten der Militärversicherung, b) hospitalisierte Kranke und Gebrechliche, c) nicht hospitalisierte Kranke und Gebrechliche, d) infolge höherer Gewalt Verhinderte.

Die Gründe, die uns bewogen haben, die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege für diese vier Gruppen vorzusehen, sind die nachstehenden : Dass die Patienten der Mititärversicherwng m den Genuss der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege kommen sollen, ist, wie wir glauben, unbestritten.

Diese Bürger, die ihre Gesundheit im Dienste des Landes geopfert haben, leiden darunter, dass sie nicht wie die ändern stimmen können, weil sie nicht in der Lage sind, sich zur Urne an ihren Wohnort zu begeben. Sie verlangen dringend, dass etwas für sie getan werde. Nach geltendem Eecht ist es ihnen verwehrt, ihr Stimmrecht in den für die Wehrmänner vorgesehenen Formen auszuüben, denn die betreffenden Bestimmungen gelten nur für Bürger im Militärdienst (Art.4 des B G betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872). Tn eine zivile oder militärische Heilanstalt eingewiesene Wehrmänner werden nicht als im Militärdienst stehend, sondern als Militärpatienten betrachtet. Sie sind nicht mehr soldberechtigt, sondern haben Anspruch auf die Krankengeldleistungen der Militärversicherung. Militärversicherungspatienten, die von einer sanitarischen Untersuchungskoinmission ausgemustert wurden, sind rechtlich keine Militärpersonen mehr.

Die hospitalisierten zivilen Kranken und Gebrechlichen Wenn man die Meinung vertritt, dass die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege für die Patienten der Militärversicherung eingeführt werden soll,
so muss man sie wohl auch für die zivilen Kranken und Gebrechlichen einführen, die sich gleichfalls, vielleicht für lange Zeit, m einer Heilanstalt ausserhalb ihrer Wohngemeinde aufhalten. Es handelt sich auch hier um Menschen, die nicht den Eindruck erhalten dürfen, Bürger zweiter Klasse zu sein. Die Einführung dieser Erleichterung zugunsten der Kranken in Spitalpflege erscheint um so mehr als angezeigt, als ihre Zahl im Steigen begriffen ist, nicht nur wegen der Zunahme der Bevölkerung, sondern auch, weil" sich die Gewohnheit, sich in Spitalpflege zu begeben, immer mehr aasbreitet.

390 Die nicht hospitalisierten zimlen Kranken oder Gebrechlichen Für die zur Aushändigung dos Stimmaterials zuständige Behörde ist die Krankheit oder Gebrechlichkeit der Stimmberechtigten, die gezwungen sind, zu Hause zu bleiben, weniger offensichtlich als bei den Hospitalisierten. Man könnte sich daher fragen, ob es nicht zu weit führe, auch dieser Gruppe die Möglichkeit der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege zu gewähren. Das Bestreben, die Teilnahme an der Abstimmung möglichst zu erleichtern und soweit möglich alle Kranken und Gebrechlichen gleich zu behandeln, veranlasst uns, die Stimmrechtserleichterung auch auf die nicht hospitalisierten Kranken und Gebrechlichen auszudehnen. Um Missbräuche zu vermeiden, sollte man indessen das Vorliegen einer Krankheit grundsätzlich durch ein Arztzeugnis bescheinigen lassen.

Diese Forderung scheint uns nicht übertrieben zu sein. Da aber einige Kantone, welche die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege in kantonalen Angelegenheiten eingeführt haben, auf ein solches Erfordernis verzichten, und ein offensichtliches Interesse daran besteht, dass die Eogelung des Bundes mit jener dos Kantons übereinstimmt, könnte man es unseres Brachtens den Kantonen überlassen, ob sie ein Arztzeugnis verlangen wollen oder nicht. Die kantonalen Regierungen scheinen dieser Lösung zuzustimmen.

Einige Kantone haben für die betagten Stimmberechtigten die gleichen Erleichterungen wie für die Kranken und Gebrechlichen eingeführt. Aus demselben Grunde, der für dio Annahme einer föderalistischen Lösung beim Arztzeugnis ins Feld geführt wurde, hatte die Bundeskanzlei eine Bestimmung vorgesehen, die auch hier den Kantonen gestattet, die Dinge nach ihren Gutdünken zu regeln, immerhin mit der Einschränkung, dass das Mindestaltor auf 65 festgesetzt werde. Von keiner Kantonsregierung wurde im Hinblick auf diese Erleichterung irgend ein Einwand erhoben, aber drei von ihnen (Schaffhausen, Graubünden und Neuenburg) bezweifeln den Nutzen einer solchen Vorschrift. Weil diese föderalistische Lösung von einem Kanton zum ändern eine rechtsungleicbe Behandlung schaffen würde, konnten wir uns nicht entschliessen, sio vorzuschlagen. Aus der Überlegung, dass die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg die Ausnahme bleiben müsse, dasa sich eine Vorschrift, die diese Abstimmungsform für die alten, aber
gesunden Stimmberechtigten einführt, nicht gebieterisch aufdrängt, und dass die grosse Mehrheit der Kantone für das kantonale Eecht keine ähnliche Bestimmung aufgenommen hat, sind wir zum Schlüsse gelangt, dass es sich rechtfertige, für den in Frage stehenden Fall diese Art der Stimmabgabe nicht vorzusehen.

Nachdem die Voraussetzungen der' Stimmrechtsausübung für die zivilen Kranken und Gebrechlichen (hospitalisierte oder nicht hospitalisierte) und für die Patienten der Militarvcrsicherung (hospitalisierte oder nichthospitalisierte) die gleichen sind, braucht es im Gesetz keine Spezialbestimmungen für die Militärpatienten, ausgenommen eine Vorschrift für solche Patienten, die, ohne krank oder gebrechlich zu sein, sich einer Erholungskur oder einer beruflichen Untersuchung unterziehen.

391 Die wegen höherer Gewalt verhinderten Stimmberechtigten

Der aus den Beratungen der Jahre 1948 bis 1952 hervorgegangene und in der Schlussabstimmung vom Ständerat verworfene Gesetzesentwurf enthielt eine Vorschrift, wonach die Kantone, soweit die Vorhältnisse es gestatten, besondere Anordnungen zugunsten der Stimmberechtigten treffen, die wegen sanitätspolizeilicher Massnahmen, Verkehrsunterbrechungen odor wegen anderer Fälle höherer Gewalt nicht zur Urne gehen können (wandernde Urne, Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege). Obschon diese Bestimmung glücklicherweise nicht von grosser praktischer Bedeutung ist, halten wir doch dafür, dass man sie im vorliegenden Entwurf in passender Form übernehmen sollte, insbesondere deshalb, weil mehrere Kantone, die bereits die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege in kantonalen Angelegenheiten eingeführt haben, in ihrer Gesetzgebung eine entsprechende Bestimmung kennen, unseres Wissens allerdings bloss für Fälle sanitätspolizeilicher Anordnungen.

VI. Fälle, für die von der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege abzusehen ist Angesichts der Bedenken, die gegen die Zulassung der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege für weitere Fälle als jene mit einem besonderen Verhinderungsgrundo - also allgemein für Ortsabwesende - geltend gemacht wurden, verzichtet der Bundesrat darauf, einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten. Im Jahr 1937 hatto or beantragt, die Erleichterung der Stimmabgabe für jene Stimmberechtigten einzuführen, die aus beruflichen Gründen von ihrem Wohnsitz abwesend sein müssen; der gleichen Lösung hatten der Xationalrat - eine Zeitlang auch der Ständcrat - in den Beratungen vor fünfzehn Jahren zugestimmt. Bei der ablehnenden Stellungnahme einer Beiho Kantone sehen wir heute von einom derartigen Antrag ab.

In einem den Kantonsregierungcn im. Februar 1961 unterbreiteten Vorentwurf hatte die Bundeskanzlei die Idee einer mittleren Lösung in die Diskussion geworfen. Sie bestand darin, die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege für die Fälle dauernder und ununterbrochener Abwesenheit vorzusehen, weil diese es unter allen Abwesenheitsfällen am ehesten verdienen würden, berücksichtigt zu werden, besonders wenn es sich um eine Abwesenheit aus beruflichen Gründen handelt. Einzelne Kantonsregierungen wiesen in der Folge auf die Schwierigkeiten hin, die sich aua einer Beschränkung der Stimmabgabe auf dem
Korrespondenzwege auf diese Abwesenheitsfälle ergeben könnten. Diese Schwierigkeiten bestehen ohne Zweifel. Die Bezeichnung der Behörde, welche die dauernde und ununterbrochene Abwesenheit feststellen soll, ist besonders heikel. Wird diese Aufgabe einer Gemeindebehörde übertragen, so ist zu befürchten, dass der in Frage stehende Bogriff in den einzelnen Gemeinden, sogar desselben Kantons, verschieden ausgelegt wird. Würde eine kantonale Behörde damit betraut oder hätte diese eine Beschwerde gegen den Entscheid einer Gemeinde zu beurteilen, so entständen daraus sehr grosse Schwierigkeiten. Deshalb liess die Bundes-

892 kanzlei im letzten den Kantonen unterbreiteten Vorentwurf die Bestimmung über die dauernde und ununterbrochene Abwesenheit fallen. Abgesehen von den Kantonen, welche die Ausdehnung der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege auf alle Abwesenden empfohlen haben, hat kein Kanton die Wiederaufnahme dieser Bestimmung gewünscht. Wir beantragen auch unserseits, darauf zu verzichten.

Geteilter Meinung sind die Kantone in der Frage der Stimmabgabe der gesunden Abwesenden. Zu den Kantonen, die - ohne sich imserer Auffassung über die Opportunität anzuschlicssen - empfohlen, die Anwendung der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege von vorneherein auf alle Fälle von Abwesenheit auszudehnen, zählen Zürich, Bern, Luzern (welch letzterer vor allem nahelegt, die Kantone zu ermächtigen, den Kreis der Abwesenden nach eigenem Ermessen zu bestimmen oder ihn wenigstens auf die aus beruflichen Gründen Abwesenden auszudehnen) sowie St, G-allen und Waadt (die sich im gleichen Sinne wie Luzern äussern). Die Kantone Schwyz, Glarus, Thurgau, Wallis und Neuenburg sind hingegen der Ansicht, dass der in unserem Entwurf umschriebene Kreis nicht erweitert werden sollte. Die ändern Kantone, wie immer sie sich zur grundsätzlichen Frage auch stellen mögen, stimmen wenigstens im gegenwärtigen Zeitpunkt der in unserem Entwurf vorgeschlagenen Lösung zu.

Die Bundeskanzlei gab auch den im Nationalrat vertretenen politischen Parteien Gelegenheit, sich zu äussern. Die konservativ-christlichsoziale Volkspartei wuïde es begrüssen, wenn die Stimmabgabe auf dem KorrespondenKwege für die Fälle de/ Abwesenheit aus beruf hohen Gründen eingeführt würde, erklärt aber, die Gründe «n verstehen, warum im heutigen Zeitpunkt der Kreis enger gezogen werden müsse. Die Freisinnig-demokratische Partei stimmt dem Vorentwurf grundsätzlich zu, vertritt aber dabei die Ansicht, dass die Ausübung des Stimm- und Wahlrechts in weitestem Umfange gewährleistet werden sollte.

Die ändern Parteien haben gegen die im Entwurf vorgesehenen Beschränkungen keine Einwendungen erhoben. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund und der Hok- und Bauarboitervcrband haben von sich aus der Bundeskanzlei zur Kenntnis gebracht, dass sie beide die Einführung der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege auch für die Fälle der Abwesenheit äug beruflichen Gründen empfehlen.

VII. Eidgenössische
Lösung oder Zuständigkeit der Kantone?

Wir sind zum Schiusa gekommen, dass der Form der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege der Vorzug gebührt, wenn der Gesetzgeber ein besonderes Verfahren für die am Urnengang verhinderten Stimmberechtigten einführen will. Es bleibt die Frage, ob der Bundesgesetzgeber dieses Verfahren einfuhren soll, oder ob es besser wäre, die Kantone zu ermächtigen, dieses oder allenfalls ein anderes ihnen als geeignet erscheinendes Verfahren anzuordnen. Für die zweite Möglichkeit entschied sich, wie wir bereits ausgeführt haben, die Konferenz der Kantone vom 25.Februar 1959.

393 Auf den ersten Blick böte, rein technisch gesehen, eine Bestimmung dieser Art Vorteile. Sie würde gestatten, auf die jedem Kanton eigenen Verhältnisse Eücksicht zu nehmen und jede Verschiedenheit des Verfahrens in eidgenössischen und kantonalen Abstimmungen za vermeiden, was für die Behörden, vor allem aber auch für die Stimmbürger, vorteilhaft wäre, namentlich wenn eine eidgenössische und eine kantonale Abstimmung gleichzeitig stattfinden.

Geht man jedoch den Dingen auf den Grund, so stellt man fest, dass sich dieser förderalistischen Lösung ein wichtiger Einwand entgegenhalten lässt : Sie würde grosse Ungleichheiten zwischen den Stimmberechtigten der verschiedenen Kantone schaffen, indem die einen an der Abstimmung teilnehmen könnten, ohne sich ins Stimmbitreau begeben za müssen, während dies den ändern verwehrt wäre, weil die Gesetze des Wohnsitzkantons eine solche Erleichterung nicht kennen oder sie nur für gewisse Gruppen von Stimmberechtigten vorsehen.

Sind solche Ungleichheiten zulässig ?

Im Jahre 1936 erachtete der Bundesrat sie für annehmbar, indem er damals einen Gesetzesentwurf vorlegte, nach welchem die Kantone hätten bestimmen können, dass die am persönlichen Erscheinen an der Urne verhinderten Stimmberechtigten auf begründetes Gesuch hin ermächtigt würden, ihren Stimmzettel durch die Post einzusenden. In der Botschaft zu diesem Gosetzosentwurf machte der Bundesrat zur Stützung der föderalistischen These geltend, dass diese Lösung zwar «ein Element der Verschiedenartigkeit» in das Abstimmungsrecht der Eidgenossenschaft einführe, dass aber, besondere Vorschriften vorbehalten, die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen gerade nach kantonahechtlichen Bestimmungen stattfinden. Dieser Umstand, so fügte er bei, habe es gewissen Kantonen erlaubt, den Stimmzwang anzuordnen. Es ist zuzugeben, dass das Bundesrecht eine weitgehende Verschiedenartigkeit in der Ausübung der politischen Eechte duldet. So bestimmt Artikel 74 der Bundesverfassung, dass bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen jeder Schweizer stimmberechtigt ist, der das 20.Altcrsjahr zurückgelegt hat «und im übrigen nach der Gesetzgebung des Kantons nicht vom Aktivbürgerrecht ausgeschlossen ist». Auf Grund dieser Bestimmung ergeben sich Unterschiede zwischen den Kantonen mit Bezug auf das Stimmrecht der Bürger, die dauernd
unterstützt werden müssen oder die unter Wirtshausverbot stehen.

Eine gewisse Verschiedenartigkeit muss in Kauf genommen werden, weil der Stimmberechtigte seine politischen Eechte nicht bloss in eidgenössischen, sondern auch in kantonalen Angelegenheiten ausübt, und weil das Bundesgesetz von 1872 vorschreibt, «dass die eidgenössischen Abstimmungen nach den Vorschriften der kantonalen Gesetze stattfinden», jedoch unter Vorbehalt der Bestimmungen des Bundesrechtes. Doch scheint es angezeigt, die Verschiedenartigkeit zwischen den Kantonen dort nicht ohne besondern Grund zu erweitern, wo es sich um die praktische Möglichkeit handelt, die politischen Eechte auszuüben.

Wir glauben daher, dass die von der Konferenz vom 25. Februar 1959 vorgeschlagene Lösung nicht in Betracht komme.

394 Der Bundesgesetzgeber sollte daher den Kantonen für die Ausübung der politischen Rechte eine gewisse Einheitlichkeit vorschreiben. Man könnte sich dabei aber immerhin fragen, ob es nicht zweckmässig wäre, eine Ausnahme zugunsten der Kantone zu machen, die in kantonalen Angelegenheiten die Stimmabgabe durch Stellvertretung eingeführt haben. Wir denken hier weniger an den Kanton Bern, der bereit zu sein scheint, auf diese Form der Stimmabgabe zu verzichten, und an den Kanton Zürich, wo sie keine grosse Bedeutung erlangt hat, als vielmehr an den Kanton Basel-Land, der, wie wir weiter oben ausgeführt haben, wünscht, dass man die Kantone ermächtige, die Stimmabgabe durch Stellvertretung auch in eidgenössischen Angelegenheiten anzuwenden. Soll hier der Grundsatz der Einheitlichkeit im Verfahren geopfert und sollen die Kantone, welche die Stimmabgabe durch Stellvertretung bereits kennen, ermächtigt werden, sio auch in eidgenössischen Angelegenheiten anzuwenden ? Trotz den in der Bundesgesetzgebung über Wahlen und Abstimmungen verankerton föderalistischen Grundsätzen und trotz des Vorteiles der soeben skizzierten beweglichen Lösung glauben wir, dass man sich aus Gründen der Eechtsgleichheit ausschhesshch an die Regel der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg halten sollte. Uns scheint daher, der Wunsch des Kantons Basel-Land könne nicht berücksichtigt werden.

vm. Form und Inhalt des Gesetzesentwurfes Der in den eidgenössischen Räten während der Jahre 1948 bis 1952 beratene Gesetzesentwurf regelte die Stimmabgabe durch die Post bis in die Einzelheiten.

Wir halten es nicht für notwendig, dass der Bundesgesetzgeber so eingehende Vorschriften erlässt, sondern glauben, dass er sich darauf beschränken darf, eine kloine Zahl von grundlegenden Normen aufzustellen. Alles weitere sollte durch die Kantone und nötigenfalls durch eine Verordnung des Bundesrates geregelt werden.

Man könnte sich auch fragen, ob die neuen Bestimmungen in das Gesetz von 1872 über die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen eingefügt werden sollen, womit vermieden werden könnte, die schon grosse Zahl der Erlasse über die Ausübung der politischen Rechte noch zu vermehren. Wir halten es jedoch kaum für angezeigt, diesem bald 100jährigen Gesetz noch eine Reihe von Bestimmungen beizufügen, die in gewissem Grade wie ein Fremdkörper wirken
würden. Wir ziehen es vor, Ihnen den Erlass eines besonderen Gesetzes zu beantragen, das die Bestimmungen, die wir Ihnen heute unterbreiten, sowie jene des Gesetzes vom 30. Juni 1960 über die Einführung der vorzeitigen Stimmabgabe in eidgenössischen Angelegenheiten enthalten würde. Auf diese Weise wären alle Erleichterungen bei eidgenössischen Abstimmungen und Wahlen in einem einzigen Gesetz vereinigt.

Diese Ausführungen über die Form und den Inhalt des Gesetzesentwurfes geben uns Anlass, die Frage einer Umarbeitung der Erlasse über die Ausübung der Volksrechte zu berühren. Diese Revision ist von einigen Kantonen anlässlich früherer Vernehmlassungen verlangt worden. Auch anlässlich der Beratungen

895

am Schweizerischen Juristentag 1959 wurde eine Lanze für sie gebrochen (Votum von Professor Imboden). Wir halten dafür, dass es nicht klug wäre, eine Généralrévision der einschlägigen Gesetze in die Wege z\i leiten, solange das Problem der Einführung von Erleichterungen, die den Kranken und Abwesenden (oder gewissen Abwesenden) die Ausübung ihres Stimmrechtes ermöglichen, nicht gelöst ist.

Diese Revision, die wir an sich ebenfalls für empfehlenswert halten, wird besser erst dann vorgenommen, wenn man einmal über die hängigen Prägen im klaren ist.

IX. Die Stimmabgabe der Schweizer im Ausland Im Verlaufe der Beratungen in den Jahren 1948 bis 1952 über den Gesetzesentwurf betreffend die Stimmabgabe der von ihrer Wohnsitzgemeinde abwesenden Bürgern nahmen die eidgenössischen Räte ein Postulat folgenden Inhalts an : «Der Bundesrat wird eingeladen, einen Bericht über die Frage vorzulegen, ob und unter welchen Bedingungen die Schweizer im Auslande an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen teilnehmen können.» Eine Botschaft, zu einem Gesetzesentwurf über Erleichterungen bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen schien zunächst die passende Gelegenheit zu sein, um den beiden Bäten Erläuterungen zur Erage des Stimmrechts der Schweizer im Ausland, die 1949 durch ein Postulat aufgeworfen wurde, zu geben.

Die Vernehmlassungen, die wir zu einem dieses Thema ebenfalls behandelnden Vorentwurf erhielten, haben uns davon überzeugt, dass die Frage nicht im gleichen Zusammenhang beantwortet werden kann wie die Erleichterungen der Stimmabgabe im Inland. Es handelt sich nämlich nicht bloss um die Frage des Stimmrechtes der Auslandschweizer, sondern auch und überhaupt um die Frage eines Verfassungsartikels über die Auslandschweizer. Wie bekannt, wird dieses Problem gegenwärtig gründlich geprüft. Im Auftrag des Bundesrates führt das Politische Departement ein breites Vernehmlassungsverfahren bei den interessierten Kreisen durch. So sind die Kantonsregierungen, die politischen Parteien, die Wirtschaftsverbände und die Organisationen der Auslandschweizer eingeladen worden, sich über diesen Vorentwurf zu einemVerfassungsartikel auszusprechen.

X. Erläuterungen der Bestimmungen des Gesetzesentwurfes Wir erläutern im folgenden kurz die Bestimmungen des Gesetzesentwurfes, soweit wir nicht schon in den früheren Kapiteln
Ausführungen darüber gemacht haben.

Die Artikel l bis 8 stimmen vrortlich überein mit den entsprechenden Artikeln des Gesetzes vom 80. Juni 1960. Sie geben zu keiner Bemerkung Anlass. Wir haben weiter oben erklärt, dass wir im Bestreben, die Zahl der Bundesgesetz», welche die Ausübung der Volksrechte regeln, nicht zu vermehren, diese Bestimmungen in unserem Entwurf aufgenommen haben, der das Bundesgesetz von

896 1960 aufheben -wird. Die Kantone haben im allgemeinen gegen dieses Vorgehen keine Einwände erhoben. Der Kanton St. Gallen legt immerhin Wert darauf, dass die Aufnahme der geltenden Beatimmungen in den Gesetzesentwurf nicht benützt werde, um die im Jahre 1960 eingeführte Lösung zu ändern. Die Eegierung des Kantons Luzern dagegen ist der Auffassung, dass man jetzt die gebotene Gelegenheit ergreifen sollte, um die Vorschrift, wonach die Gemeinden mit mehr als 800 Stimmberechtigten die vorzeitige Stimmabgabe anordnen müssen, elastischer zu fassen, wegen der Fälle, in denen von der erwähnton Erleichterung kein Gebrauch gemacht werde. Nachdem die vorzeitige Stimmabgabe von den Gemeindebehörden nur eine geringe Mehrarbeit verlangt und wegen des höheren Interesses, eine kurzlich eingeführte Verbesserung nicht schon wieder zu ändern, kommen wir zum Schluss, den Antrag des Kantons Luzern abzulehnen.

Artikel 4 betrifft die Stimmabgabe der Wehrmänner, Er beschränkt sich auf den Satz, wonach der Bundesrat einheitliche Bestimmungen über die Ausübung des Stimmrechtes durch die Wehrmänner erlässt. Diese Bestimmungen bestehen übrigens schon heute in der Form eines Bundesratsbeschlusses vom 10. Dezember 1945, der sich auf die Artikel 4 und 45 des Gesetzes von 1872 stützt.

Artikel 5 stellt den Grundsatz auf, dass die Kantone die notwendigen Massnahnien treffen und bezeichnet die Fälle, in denen die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege zulässig ist.

Artikel 6 überlässt es den Kantonen - mit Rücksicht auf ihr geltendes Eecht -, ein ärztliches Zeugnis zu verlangen oder nicht und die Form dieses Zeugnisses zu regeln.

Artikel 7 verpflichtet die Kantone, die nötigen Vorschriften zu erlassen. Er unterscheidet sich von den früheren Entwürfen, indem er den Kantonen die grösste Freiheit lässt und indem er auf die Eegelung von Einzelheiten im Verfahren über die Ausübung des Stimmrechtes auf dem Korrespondenzwege verzichtet. Wir halten es tatsächlich für wichtig, dass die Kantone, welche die Stimmabgabe auf dem Korrespondonzwege eingeführt haben, sie unter den gleichen Formen in eidgenössischen Angelegenheiten anwenden können. Entgegen der Ansicht des Kantons Thurgau glauben wir, dass man nicht versuchen sollte, die Dinge so ausführlich zu ordnen, dass die Kantone sich nur noch auf die Eegelung des Verfahrens auf dem
Korrespondenzwege beschränken können. Der Bundesrat behält sich übrigens ein Aufsichtsrecbt vor.

Der Ausdruck « . . . erlassen Vorschriften, um die Kontrolle und die Stimmberechtigung zu gewährleisten» ist so zu verstehen, dass die Gemeindebehörde sich vergewissern muss, ob der Stimmberechtigte, dessen Adresse auf dem Zustellkuvert steht, tatsächlich stimmfähig ist. Er hat dagegen nicht die Bedeutung, dass zu kontrollieren wäre, ob er persönlich gestimmt habe.

Absatz 8 sieht vor, dass die vom Stimmberechtigten aufgegebenen Sendungen (Gesuch an die Gemeindebehörde, Zustellkuvert) zu frankieren sind. Die

397 Portopflicht der Sendungen ist in allen Kantonen üblich, welche die Stimmabgabe auf doni Korrespondenzwege in kantonalen Angelegenheiten eingeführt haben. Sie entspricht auch der vom Bundesgesetzgeber immer verfolgten Tendenz, die Palle, in denen Portofreiheit gewährt wird, möglichst einzuschränken.

Wir haben daher keinen Anlass, eine Bestimmung einzufügen, worin die Portofreiheit zugunsten des Bürgers, der auf dem Korrespondenzwege stimmt, eingeführt wird, wenn auch zuzugeben ist, dass der Stimmberechtigte eine Bürgerpflicht erfüllt und damit eine gewisse offizielle Tätigkeit ausübt. Kinige wenige Kantone sprechen sich dagegen aus, dass der Stimmberechtigte dazu verhalten wird, seine Sendungen zu frankieren. Wir hätten nichts einzuwenden, wenn die Kantone die kostenlose Zustellung der Sendungen ihrer Stimmburger durch Abwälzung der Portoauslagen auf die Gemeinden sicherstellen würden. Wir haben deshalb dem Gesetzesentwurf einen Absatz 4 beigefügt, wonach die Kantone von der Begel gernäss Absatz 3 abweichen und die Kosten ihren Gemeinden überbinden können.

Artikel 8 hebt Artikel 4 des Bundesgesetzes von 1872 auf. Die dort zugunsten verschiedener Gruppen von Stimmberechtigten, die in den öffentlichen Diensten tätig sind, vorgesehenen Erleichterungen haben ihre Existenzberechtigung verloren, da die Stimmbureaux heute viel länger offen sind als im letzten Jahrhundert und die vorzeitige Stimmabgabe weitgehend eingeführt ist. Die vom Bundesrat erlassenen Vorschriften über die Beteiligung der Wehrmänner an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen werden künftig auf den Artikel 4 des neuen Gesetzes abgestützt.

XI. Die Verïassungsgrundlage Die Vorlage stützt sich vor allem auf Artikel 90 der Bundesverfassung, der bestimmt, dass die Bundesgesetzgebung bezüglich Formen und Tristen der Volksabstimmungen das Erforderliche feststellt. Man kann sich ferner auf die Artikel 73 (Wahl des Nationalrates) und 122 (Revision der Bundesverfassung) berufen.

Xu. Abschreibung der Motion der eidgenössischen Räte und des Postulates des Nationalrates Unsere Botschaft behandelt die durch das Postulat Nr. 6978 des Nationalrates (Postulat Grütter) aufgeworfene Frage. Dieses Postulat kann daher abgeschrieben werden. Der Gesetzesentwurf erfüllt auch, soweit es uns mit den gegenwärtigen Umständen vereinbar erschien, die Motion Nr. 6867 der eidgenössischen Bäte. Wir beantragen auch die Abschreibung dieser Motion.

Bundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

27

398 Gestützt auf die vorstehenden Darlegungen beantragen -wir Ihnen, die Annahme des beiliegenden Gesetzesentwurfes.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den Ausdruck unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 4, September 1964.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : L. Ton Moos Der Bundeskanzler : Ch. Oser

399 (Entwurf)

Bundesgesetz über

die Einführung von Erleichterungen der Stimmabgabe an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 73, 90 und 122 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 4. September 1964, beschliesst : I. Vorzeitige Stimmabgabe

Art. l Die Kantone sind ermächtigt, bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen die vorzeitige Stimmabgabe an einem oder mehreren der vier dem Abstimmungssonntag vorausgehenden Tage für das ganze Kantonsgebiet oder für einzelne Gemeinden anzuordnen.

2 Wird für die kantonalen Abstimmungen eine vorzeitige Stimmabgabe vorgesehen, dann ist sie in gleichem Ausmass auch für eidgenössische Wahlen und Abstimmungen anzuordnen, jedoch höchstens innerhalb der vier dem Abstimmungssonntag vorausgehenden Tage.

3 Auf alle Fälle muss für eidgenössische Wahlen und Abstimmungen die vorzeitige Stimmabgabe an mindestens zwei der Vortage des Abstimmungssonntags für Gemeinden mit über 800 Stimmberechtigten angeordnet werden sowie für die anderen Gemeinden, sofern diese Erleichterung von mindestens 30 Stimmberechtigten spätestens drei Wochen vor der Abstimmung verlangt wird.

1

Art. 2 Bei der vorzeitigen Stimmabgabe kann das kantonale Kecht vorsehen, dass alle oder einzelne Urnen während einer bestimmten Zeit geöffnet werden oder dass der Stimmberechtigte den Stimmzettel persönlich in verschlossenem Umschlag auf einer Amtsstelle abgibt.

400

Art. 8 Die Kantone erlassen die zur Verhinderung von Missbräuchen erforderlichen Bestimmungen.

u. Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege

Art. 4 Der Bundesrat erlässt einheitliche Bestimmungen über die Ausübung des Stinnnrechtes durch die Wehrmänner.

Art. 5 1

Die Kantone treffen Massnahmen, damit dio Kranken und Gebrechlichen an ihrem Aufenthaltsort an den eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen in der für die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege vorgesehenen Form teilnehmen können.

3 Die Patienten der Militärversicherung, die, ohno krank oder gebrechlich zu sein, sich einer Erholungskur oder beruflichen "Umschulung unterziehen, gemessen die gleichen Erleichterungen wie die Kranken und Gebrechlichen, 3 Die Kantone erlassen Vorschriften, damit die Stimmberechtigten, die aus Gründen höherer Gewalt, z.B. wegen einer von der Gesundheitspolizei auferlegten Quarantäne am Urnengang verhindert sind, ihre Stimme auf dem Korrespondenzwege abgeben können.

4 Die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege kann nur von einem Stimmberechtigten ausgeübt werden, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat und sich in der Schweiz aufhält.

Art. 6 Die Kantone bestimmen, ob der Stimmberechtigte, der infolge Krankheit oder Gebrechlichkeit seine Stimme auf dem Korrespondenzwege abgeben will, sich mit einem Zeugnis eines Arztes oder der Direktion der Anstalt, in der er sich aufhält, ausweisen muss.

Art. 7 1 Die Kantone regeln das Verfahren der Stimmabgabe auf dem Korrespondenzwege und erlassen insbesondere Vorschriften, um die Kontrolle der Stimmberechtigung sowie das Stimmgeheimnis zu gewährleisten und die doppelte Stimmabgabe zu, verhindern.

2 Diese Vorschriften unterliegen der Genehmigung durch den Bundesrat, 3 Die Taxpflicht der mit der Post zu befördernden Sendungen richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 2. Oktober 19241) betreffend den Postverkehr und seiner Ausführungserlasse. Die Frankierung der Sendungen obliegt, soweit Taxpfhcht besteht, dem Absender.

i) BS 7, 754.

401 4

Die Kantone können bestimmen, dass die Portokosten für die Zustellungsumschläge von den Gemeinden getragen werden. In diesem Falle legen die Gemeinden den Sendungen mit dem Stimm- oder Wahlmaterial vorfrankierte Zustellungsumschläge bei.

III. Schlussbestimmungen

Art. 8 Dieses Gesetz hebt don Artikel 4 des Bundcsgesotzes vom 19. Juli 1872 betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen sowie das Bundesgesetz vom 30. Juni 1960 über dio Einfuhrung der vorzeitigen Stimmabgabe in eidgenössischen Angelegenheiten auf.

Art. 9 Der Bundosrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erleichterung der Stimmabgabe bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen (Vom 4. September 1964)

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