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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Genehmigung des Übereinkommens zur Revision der in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheiiischiffahrtsakte (Vom 4. September 1964)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung des am 20. November 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Prankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und der Schweiz abgeschlossenen Übereinkommens ssur Revision der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Eheinschiffahrtsakte zu unterbreiten.

I. Der Rhein und die Rechtsordnung der Rheinschiffahrt (Mannheimer Akte) 1. Der Ehein ist der einzige natürlich schiffbare Weg, der die Schweiz mit dem Meer verbindet. Die freie Schiffahrt auf dieser Wasserstrasse ist daher für die Schweiz als Binnenland heute und in Zukunft von vitaler Bedeutung. Seit dem Jahre ] 950 wird mehr als ein Drittel der Güter des schweizerischen Aussenhandels auf dem Ehein befördert, und das bei einer Verdoppelung seines gewichtsmässigen Umfanges. Vom Eintreffen des ersten Schleppzuges in Basel im Jahr 1904 bis zum Jahr 1968 ist das jährliche Transportvolumen von 470 Tonnen auf über 8 Millionen Tonnen angewachsen. Die Investitionen für Hafenanlagen, Eheinregulierung und Ehein-Handelsflotte belaufen sich bis heute auf über 540 Millionen Franken. Die Bedeutung des vorliegenden Vertragswerkes, das der Schweiz den freien Zugang zum Meer in aller Form sichert, ist daher offensichtlich. Zu einem grossen Teil ist der Aufschwung der schweizerischen Eheinschifffahrt auf das freie Eegime der Mannheimer Akte zurückzuführen.

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2. Unter den schiffbaren europäischen Strömen, die das Gebiet mehrerer Staaten durchfhessen oder berühren und daher als internationale Ströme bezeichnet werden (Elbe, Oder, Memel, Donau, Ehern), nimmt der Ehein heute eine besondere Stellung ein. Das Eheinschiffahrtsrecht hat drei grosse Kriege -- den deutsch-französischen und die beiden Weltkriege - überdauert und gilt in seinen Grundgedanken und in seinem Aufbau heute noch. Die Umwälzungen im Staatengefüge und der -wiederholte Wechsel der Hoheitsträger im Laufe der Geschichte haben die Zusammenarbeit zwar zeitweilig, aber nicht dauernd zu unterbinden vermocht.

Ihre Entstehung verdankt diese Eechtsordnung dem mit der Entwicklung des Verkehrs immer stärker gewordenen Drang nach Liberalisierung, d.h. freier Ausübung der Schiffahrt, denn am ganzen Ehein war die Schiffahrt früher Behinderungen und Beschränkungen unterworfen, wie Durchfuhrzölle, zünftische Ordnung der Schiffahrt, Abgaben usw. Die Mannheimer Akte vom Jahre 1868, die heute noch gilt und deshalb nicht bloss von geschichtlicher Bedeutung ist, trägt die Spuren dieser Entwicklung und hält die errungenen Freiheiten fest: Von der Beseitigung von Schranken in der Zulassung zum Beruf eines Kheinschiffers handeln die Artikel 15 bis 21 der Akte, die im Jahre 1922 in geänderter Fassung in eine besondere Vereinbarung über Eheinschifferpatente aufgenommen wurden; von der Befreiung von Abgaben auf Transporten und Waren und von Benutzungsgebühren die Artikel 3, 5, 6 und 8; von der Freihaltung von physischen Hindernissen die Artikel 30, 81 und 28, und von der Befreiung von verwaltungsmässigen Hindernissen die Artikel 9,11 und 14.

3. Das Bheinschiffahrtsrecht beruht auf den Grundsätzen des Pariser Friedensvertrages vorn 30.Mai 1814 (Art. 5) und auf der Schlussakte des Wiener Kongresses vom 9. Juni 1815 (Art. 108 bis 117 - publiziert in BEI 1922 II, 1014und Annex XVI B über die Ordnung der Eheinschiffahrt). In Ausführung dieser Grundsätze eines europäischen Binnenschiffahrterochts haben die Uferstaaten des Eheins (mit Ausnahme der Schweiz) am 31. März 1881 die sogenannte Mainzer Akte und am 17. Oktober 1868 die Eevidierte Eheinschiffahrtsakte (sogenannte Mannheimer Akte) abgeschlossen. Signatarstaaten waren damals Baden, Bayern, Hessen und Proussen sowie Frankreich und die Niederlande.

4. In ihrer
heutigen Gestalt besteht die Eechtsordnung für die Bheinschifffahrt, soweit sie staatsvertraglich festgelegt ist und es sich um die Grundrechte der Schiffahrt und andere schiffahrtsrechtlichen Bestimmungen allgemeiner Art handelt, aus folgenden Verträgen : a. Eevidierte Ehoinschiffahrtsakte (Mannheimer Akte) vom 17. Oktober 1868 samt Zusatzartikel vom 18. September 1895, 6. Abänderungen und Ergänzungen gemäss Artikel 854 bis 862 des Versailler Friedensvertrages vom 28. Juni 1919, c. Vereinbarung vom 14. Dezember 1922 über die Ordnung betreffend die Kheinschifferpatente nebst Zusatzprotokoll vom 22. Dezember 1923, welche die Artikel 15 bis 21 der Mannheimer Akte von 1868 abgeändert hat; d. Modus vivendi vom 4,Mai 1936.

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Zum Abschluss der ersten beiden Verträge (Mannheimer Akte und Yersailler Friedens vertrag) war die Schweiz nicht beigezogen worden. Die Vereinbarung über die Bheinschifferpatente dagegen hatte die Schweiz seinerzeit unterzeichnet und ratifiziert ; sie wurdo in eine Verordnung des Bundesrates vom I.August 1924 überfuhrt (BS 7, 406) und im Zusammenhang mit einer auf 1. Januar 1957 in Kraft gesetzten Neufassung dieser Verordnung in der Eidgenössischen Gesetzessammlung veröffentlicht (vgl.AS 1956, 1299). Am Modus vivendi sodann hatten wir ebenfalls mitgewirkt; von ihm wird weiter unten noch die Eede sein.

Der Wortlaut der Mannheimer Akte und die einschlägigen Bestimmungen dos Versailler Vertrages sind unserer Botschaft mitgegeben und werden im Nachfolgenden ebenfalls erläutert, denn sie bilden nach ausdrücklicher Bestimmung einen integrierenden Bestandteil des neuen Übereinkommens. Hingegen ist der Modus vivendi nicht beigefugt, da er durch das Übereinkommen dahinfällt und überdies in der Gesetzessammlung erschienen war (B S 13, 488).

5. Der wesentliche Inhalt des geltenden Bheinstatuts ist der folgende: a. Freiheit der Schiffahrt (Art. l der Mannheimer Akte und Alt. 356 des Versailler Vertrages) und Ausschluss von Behinderungen technischer, fiskalischer, zollrechthcher, gewerblicher und administrativer Natur usw. ; fc. Gleichbebandlung der Schiffe aller Nationen und deren Ladungen, m.a.W.

Nichtdiskriminierung (Art. 4); c. Abgabefreiheit (Art. 3, 5, 6 und 8); d. Transitfreiheit für alle Waren und Erleichterung der Zollformalitäten beim direkten Transit (Art.7, 9 und 5); e. Gleichbehandlung der Bhemtransporto wie andere Transportwege hinsichtlich Erleichterungen für die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Waren (Art. 14); /. Verpflichtung der Uferstaaten zur Beibehaltung von Freihafen (Art. 8) und zur Öffnung von Häfen und Landungsplatzen (Art.11); g. Verpflichtung der Uferstaaten zum Unterhalt der Wasserstrasse innerhalb ihrer Gebiete (Art.28), zur gegenseitigen Verständigung bei allfälligen Bauvoihaben und deren Ausführung (Art. 29) und zur Beseitigung von Hindernissen im schiffbaren Strom (Art. 80); h. Gemeinsame und einheitliche schiffahrtpolizeiliche Vorschriften (Art,82); i. Besondere Gerichtsbarkeit in Zivil- und Strafsachen, soweit diese die Bheinschiffahrt betreffen (Art.33-40); fc. Einsetzung
einer zentralen Stelle als Überwachungsorgan und Ort der internationalen Zusammenarbeit in Bheinschiffahrtsfragen : die Zentralkommission für die Bhoinschiffahrt, in der die beteiligten Begierungcn vertreten sind (Art.43 bis 46 der Akie und Art.355 des Versailler Vertrages), wobei die Staaten für ihre Vertreter selbst aufzukommen haben und die Kanzleikosten antoilmässig tragen (Art.47);

405 Ì. Vorschlagsrecht und Beschwerderecht der beteiligten Staaten bei der Zentralkommission in bezug auf die Stromakto und die Bheinschiffahrt überhaupt (Art. 45); m. Unkündbarkeit des Staatsvertrages bzw. der Mannheimer Akte, wie bereits vorgesehen in Art.CXVI der Wiener Kongress-Akte.

Es ist klar, dass die so begründete Einheit der Rechtsordnung und Zweckgemeinschaft der Eheinstaaten, dieser einheitliche und eigenständige Verkehrsmarkt, notwendigerweise eine Beschränkung der Hoheitsrechto der Tlheinuferstaaten zugunsten einer reibungslosen Schiffahrt einschliesst.

6. Die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt hat zur Aufgabe, die Wahrung der Grundsätze der Rheinschiffahrtsakte, wie Freiheit der Schiffahrt, Abgabefreiheit, Gleichbohandlung der Schiffe und Ladungen und Einheit der Ecchtsordnung, zu überwachen. Sie ist das massgebonde internationale Organ, in welchem die beteiligten Staaten ihrer A'erpflichtung gemäss «alles regeln, was auf die Schiffahrt Bezug hat» (Art.CVIII der Wiener Schlussakto). Auf der Ebene von Regienmgsvertretern worden hier laufend nicht nur die jeweilen aktuell werdenden Probleme der Bheinschiffahrtspolitik, sondern auch die zahlreichen und stets neuen Fragen der praktischen Anwendung von technischen Vorschriften erörtert. Dio Zontralkoramission ist gleichsam eine standige Konferenz von Bogierungsvertretern. Sie ist mit richterlichen und administrativen Befugnissen ausgestattet und stellt die zur allgemeinen Sicherheit erforderlichen polizeilichen Vorschriften auf. Diese sind alsdann in den beteiligten Staaten nach Massgabe der nationalen Rechtsordnungen in Kraft zu setzen. Als Beispiele seien genannt die Rheinschiffahrts-Polizeiverordnung (Verkehrsregeln), die Bestimmungen über die Untersuchung der Schiffe und Flosse, über den Zollverschluss und über die Beförderung gefährlicher Stoffe.

Die erwähnte rheinische Gerichtsbarkeit mit ihren eigenen Gerichtsständen (nicht wie nach Art. 59 der Bundesverfassung der Wohnort des Schuldners, sondern z.B. der Unfallort) und mit ihren Rechtsmitteln, schliesst die Anwendung entgegenstehender eidgenössischer und kantonaler Bestimmungen aus. Der Kanton Basel-Stadt hat dementsprechend schon im Jahre 1924 besondere Rheinschiffahrtsgerichte eingeführt (Baselstädtisches Gesetz über die Rheinschiffahrtsgerichte vom 13.März 1924). Da
die Mannheimer Akte als Bestandteil des neuen Übereinkommens mit diesem zusammen in die Eidgenössische Gesetzessammlung aufgenommen wird, sind deren Bestimmungen über Gerichtsstand und Vollstreckung für den Einzelnen künftig unmittelbar, d.h. kraft Staatsvortrag, verbindlich. Demgomäss werden z. B. die Urteile der Basler Rheinschiffahrtggerichte wahlweise entweder an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt oder an die Berufungskammer der Rhein-Zentralkommission weitergezogen werden können (vgl. Art.37 der Mannheimer Akte und Art.I, Buchstabe d, des Übereinkommens). Diese Weiterzichbarkeit an eine internationale Gerichtsinstanz ist für das schweizerische Recht ein Novum und gilt deshalb, weil durch einen Staatsvertrag das geltende Landesrecht aufgehoben oder ge-

406 ändert werden kann. Der Ausschluss von Art.59 der Bundesverfassung und der Bestimmungen der massgebenden Bundesgesetze, welche einen Anspruch auf letztinstanzliche Beurteilung durch das Bundesgericht festlegen, muss im Interesse der vom Rheinstatut bezweckten Einheit von Eecht und Rechtsprechung in Kauf genommen werden; die Schweiz kann, wie auch jeder andere der beteiligten Staaten, keine Ausnahme beanspruchen.

7. Der Vcrsailler Friedens vertrag nahm etliche Änderungen an der Mannheimer Akte vor und leitete zugleich ihre Revision ein (vgl. Art, 354 bis 862). Auch die Zusammensetzung der Zentralkommission wurde geändert. Der Bundesrat seinerseits hatte die Friedenskonferenz von 1919 zum Anlass genommen, um die alten schweizerischen Ansprüche auf Anerkennung der Schweiz als Rheinuferstaat erneut geltend zu machen (vgl, den Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 11. August 1922, BEI 1922, II 973, insbesondere 979, und die Beschlüsse der Bundesversammlung vom 24./2S. April 1923, publiziert in SalisBurckhardt, Bundesrecht III Nr. 1164). Als Rheinuferstaat kann sich die Schweiz namentlich auf den allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatz der Freiheit der Schiffahrt berufen, am geschriebenen Schiffahrtsrecht und seiner Weitergestaltung mitwirken und hat Anspruch auf eine Vertretung in der Zentralkommission. Dem schweizerischen Begehren wurde entsprochen; die Schweiz erhielt Sitz und Stimme in der Zentralkommission (Art. 355 und 358, Ziff. 2 des Eriedensvertrages). An der ersten Sitzung der Kommission nach Inkrafttreten des Versailler Vertrages, die am 21. Juni 1920 in Strassburg abgehalten wurde, nahmen zum ersten Mal Vertreter der Schweiz teil.

8. Mit Rücksicht darauf, dass der Vorsaüler Vertrag den Beginn der Arbeiten tur die Revision der Mannheimer Akte auf sechs Monate nach seinem Inkrafttreten vorgesehen hatte (Art.854, Abs.3), beabsichtigte der Bundesrat damals, Ihnen die mit der schweizerischen Beteiligung an der Zentralkommission verbundenen völkerrechtlichen Verpflichtungen erst dann vorzulegen und die entsprechenden Texte in die Gesetzessammlung aufzunehmen, wenn die neue Stromakto zustande gekommen sein würde (vgl. BEI 1922, II, 989 und SalisBurckhardt, Bundesrecht III Nr,1164). Wider Erwarten zogen sich jedoch die Revisionsarbeiten jahrelang dahin. Ihre Schlussphase
geriet bereits ins Spannungsfeld der aufziehenden kriegerischen Verwicklungen. Es wurde im Frühjahr 1936 noch versucht, das Ergebnis vieler Jahre mühsamer Verhandlungen durch einen Modus vivendi zu retten. Dieser wurde zwar noch von allen in der Zentralkommission vertretenen Staaten, auch der Schweiz, unterzeichnet, mit Ausnahme der Niederlande, konnte aber sein Ziel: die Einführung einer alle Beteiligten bindenden neuen Stromakte, nicht erreichen.

9. Der Modus vivendi vom 4.Mai 1936 bestand darin, dass sich die Vertragsstaatcn verpflichteten, einen Teil der Bestimmungen der neuen, als «Strassburger Akte» bezeichneten revidierten Rheinschiffahrtsakte, über die sie sich geeinigt hatten, vom I.Januar 1937 hinweg anzuwenden. Auf Sachgebiete, die vom Modus vivendi ausgenommen waren, sollte die Mannheimer Akte unver-

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ändert anwendbar sein. Sobald es die Umstände erlauben würden, die Strassburger Akte in ihrem vollen Umfang in Kraft zu setzen, sollte der Modus vivendi ·unwirksam werden. Durch Unterzeichnung des Modus vivendi haben wir uns ausdrücklich auf den wesentlichen Teil einer revidierten Bheinschiffahrtsakte verpflichtet und gleichzeitig auch dio nicht revidierten Bestimmungen der Mannheimer Akte vom Jahr 1868 anerkannt.

Ein halbes Jahr nach Unterzeichnung, am 14. November 1986, erklärte dann das Dritte Eeich, dass es die im Versailler Vertrag enthaltenen Bestimmungen über die auf deutschem Gebiet bestehenden Wasserstrasson und die auf diesen Bestimmungen beruhenden internationalen Stromakte nicht mehr als für sich verbindlich anerkenne und dementsprechend auch den Modus vivendi kündige.

Anschliessend zogen sich auch Frankreich, Belgien und Italien vom Modus vivendi zurück. Schliesslich blieb er nur zwischen der Schweiz und Grossbritannien in Kraft, während die übrigen Staaten - mit Ausnahme Deutachlands - die Mannheimer Akte von 1868 weiterhin als massgebende Eechtsgrundlage betrachteten, was zwischen Frankreich, den Niederlanden und Belgien am S.April 1989 vertraglich bestätigt wurde.

Durch das neue Übereinkommen vom 20. November 1963 fällt der Modus vivendi nun auch für die Schweiz und Grossbritannien dahin (vgl.Art.III). An seine Stelle treten die Bestimmungen der Mannheimer Akte vom Jahre 1868 im Wortlaut, der sich aus den bisherigen Andeningen und Ergänzungen wie auch aus der Eevision vom Jahr 1968 ergibt. Damit ist wieder eine für alle beteiligten Staaten identische Eechtsgrundlage hergestellt.

10. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Zentralkommission am 29.November 1945 ihre Arbeiten wieder auf. Die Alliierten hatten zuvor die Zusammenarbeit auf der Grundlage der Mannheimer Akte beschlossen. Die Eegierung der Bundesrepublik Deutschland erklärte sich am 15. April 1950 erneut an die Mannheimer Akte und deren Änderungen gebunden. Seit dem ll.Juh 1950 nimmt wieder eine deutsche Delegation an den Beratungen der Zentralkommission teil, in der übrigens seit dem Jahre 1945 auch die Vereinigten Staaten von Amerika vertreten sind.

11. Im Jahre 1957 stellte die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Zentralkommission den Antrag auf Eevision der Mannheimer Akte. Der Antrag wurde von den ändern
Delegationen mit Zurückhaltung aufgenommen.

Die schweizerischen Vertreter willigten erst ein, als feststand, dass die Freiheitsgrundsätze der Akte in keiner Weise berührt werden. Die Beratungen über die neuen Bestimmungen im Schosse der Zentralkommission dauerten vom Juni 1958 bis November 1968. Man einigte sich auf eine sogenannte «kleine Eevision», die verschiedene organisatorische Fragen zeitgemäss regeln sollte. Ihr Ergebnis, das vorliegende Übereinkommen, wurde am 20.November 1963 unterzeichnet.

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II. Das Übereinkommen zur Revision der Mannheimer Akte Wie die Präambel sagt, berührt das Übereinkommen die tragenden GrundSätze der Bheinordnung nicht. Dieso Grundsatze wie auch ganz allgemein der wesentliche Inhalt der Mannheimer Akte sind im Vorangegangenen dargelegt worden. Wir können uns daher kurz fassen und uns auf die Hervorhebung der wichtigsten Neuerungen beschranken.

12. Die Zahl der Delegierten jedes Vertragsstaates in der Zentralkommission wird auf vier festgesetzt, die Zahl der Stellvertreter auf zwei. Dies bedeutet eine Gleichstellung aller Staaten, hatten doch bisher nur Frankreich und Deutschland Anspruch auf vier Delegierte. Weiter wird anstelle des bisherigen standigen französischen Vorsitzes ein zweijähriger Turnus im Vorsitz eingeführt.

Wie bisher verfügt indessen jeder Staat nur über eine Stimme (vgl. Art. I, Buchstaben /, g und h).

13. Was die Beschlussfassung betrifft, so wird das bisherige Mehrhoitsprinzip zugunsten des Einstimmigkeitsprinzips aufgegeben. Dies entspricht der Übung, die vor allem in den letzten zwanzig Jahren befolgt worden ist. Ein Vorschlag auf Zuerkennung überstaatlicher Kompetenzen an die Zentralkommission drang nicht durch. Die getroffene Eegelung hat den Vorteil, dass eine Majorisierung ausgeschlossen wird. Einstimmige Beschlüsse sind für alle Staaten bindend. Indessen kann ein Staat binnen Monatsfrist die Genehmigung versagen oder diese von der Zustimmung der nationalen gesetzgebenden Organe abhangig machen. Die übrigen Staaten wissen infolgedessen nach Ablauf der Frist, ob der Beschluss völkerrechtlich verbindlich geworden ist und deshalb auch von ihnen ausgeführt werden mus s, was bei Vorweigerung der Genehmigung nicht der Fall ist (Art.I, Buchstabe h).

Daneben sind Mehrheitsbeschlüsse möglich, zunächst für rein interne Angelegenheiten der Kommission, dann auch für blosse Empfehlungen ohne bindende Kraft. Einstimmige Beschlüsse, deren Genehmigung innerhalb eines Monats von einem Staat versagt wird, haben den Charakter solcher Empfehlungen (Art.I, Buchstabe h).

14. Neu eingeführt wird auch eine Berufungskammer (neuer Art.45bis). Sie ersetzt die Zentralkommission in ihrer Eigenschaft als richterliche .Berufungsinstanz. Der Zweck dieser Neuerung ist: Wahrung der Kontinuität der Eechtsprechung und Trennung der Gewalten. Gegen die bisherige Begelung
sind die Einwendungen erhoben worden, die Kommissàro in der Zentralkommission seien Eegierungsvertreter und übten bei ihren Entschliessungen schiffahrtpolizoilicher Natur tatsachlich gesetzgebende Funktionen aus. Zudem könne sich der öftere Wechsel der Delogierten und ein zu grosses Gremium nachteilig auf die Eochtsprechung auswirken.

15. Zur Anpassung an die Geldentwertung werden die Bussenmaxima von 300 Franken auf 600 Franken erhöht und der Goldfranken (franc Poincaré) eingeführt (Art.I, Buchstaben c und d). Ferner worden die Bestimmungen der

409 Mannheimer Akto über die Gerichtsbarkeit durch vier zusätzliche Artikel ergänzt, worin verfahrensrechtliche Spezialfragen geregelt werden (Art.34Ms, 35bis, 35ter und 37bis).

16. Auch dio Arbeitsweise der Zentralkommission wird durch Zusätsse näher bestimmt : So werden im neuen Artikel 44Ws dio Aufgaben des Vorsitzenden der Zentralkommission und seines Stellvertreters neu umschrieben, während Artikel 44ter die Organisation des Sekretariates der Kommission, die Anzahl der · Tagungen und die Bildung von Arbeitsausschüssen regelt. Diese Bestimmungen bestätigen bloss die bisherige Praxis. Artikel 44quater hält dieAintssprachen fest und Artikel 44quinquies führt aus, dass mit ändern internationalen und europäischen Organisationen Verbindungen aufgenommen worden können, was in bezug auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft bereits geschehen ist. .

17. Da die Vereinigten Staaten von Amerika sich nicht entschliessen konnten, ob sie das Übereinkommen unterzeichnen und ihren Sitz in der Zentralkommission beibehalten wollen odor nicht, ist in Ziffer IV des Übereinkommens die Möglichkeit von Vereinbarungen über die W eitorführung der Partnerschaft vorgesehen. Die Formulierung ist so gewählt, dass andere Staaten, die gegenwärtig nicht in der Zentralkommission vertreten sind, nur gestützt auf eine allseitig beschlossene Änderung der Akte beitreten können.

18. Für die Schweiz bildet das neue Übereinkommen den Anlass, um das ganze Vertragswerk, also auch die Mannheimer Akte nebst ihren Ergänzungen und Abänderungen, als verbindlich in die Sammlung der eidgenössischen Gesetze aufzunehmen, wodurch es auch fur den Einzelnen bindende Kraft erlangt. Artikel V des Übereinkommens, der auf einen Antrag der schweizerischen Delegation zurückgeht, bestimmt in Übereinstimmung damit, dass die Mannheimer Akte in ihrer bisherigen Fassung einen integrierenden Bestandteil des Übereinkommens bildet.

III. Würdigung An allen Arbeiten der Ehein-Zentralkommission hat die Schweiz während 43 Jahren aktiv teilgenommen, und sie hat auch ihren finanziellen Beitrag geleistet. Das Ihnen vorgelegte Übereinkommen bringt praktisch keine weitergehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen als gerade jene, die Gegenstand der heutigen kleinen Eevision sind und nicht nur die Substanz einer bewährten Rechtsordnung wahren, sondern in das
Eheinregime auch einen gewissen Fortschritt hineintragen. Mit einem Wort: das Übereinkommen entspricht unserer bisher in Kheinfragen befolgten politischen Linie.

Auf Grund dieser Erwägungen beantragen wir Ihnen, das Übereinkommen vom 20. November 1968 zur Eevision der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Eevidierten Eheinschiffahrtsakte zu genehmigen.

Die Verfassungsmässigkeit des Bundesbeschlusses, den wir Ihnen zur Annahme unterbreiten, beruht auf Artikel 8 der Bundesverfassung, der dem Bund

410 das Eecht zum Abschluss von Staatsverträgen mit dem Ausland verleiht. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung. Da das Vertragswerk auf unbeschränkte Zeit abgeschlossen und unkündbar ist, unterliegt der Bundesbeschluss den Bestimmungen von Artikel 89, Absatz 4 der Bundesverfassung über das Staats Vertragsreferendum.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung, Bern, den 4. September 1964.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: L. von Moos

Der Bundeskanzler : Ch. Oser

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(Ent-wurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Genehmigung des Übereinkommens zur Revision der in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 und Artikel 85, Ziffer 5 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 4. September 1964, beschliesst:

Art. l Das am 20. November 1968 in Strassburg abgeschlossene Übereinkommen zur Eevision der am 17, Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Eevidierten Eheinschiffahrtsakte wird genehmigt, Der Bundesrat wird ermächtigt, das Übereinkommen zu ratifizieren.

Art. 2 Dieser Beschluss untersteht der Bestimmung von Artikel 89, Absatz 4 der Bundesverfassung betreffend die Unterstellung der Staatsverträge unter das Eeferendum.

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412 Originaltext

Übereinkommen zur Revision der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrts-Akte Die Bundesrepublik Deutschland, Das Königreich Belgien, Die Französische Bepublik, Das Vereinigte Königreich Grossbritannien und Nordirland, Das Königreich der Niederlande, Die Schweizerische Eidgenossenschaft, entschlossen, die revidierte Mannheimer Bheinschiffalirts-Akte vom 17. Oktober 1868 sowie deren spätere Änderungen teilweise abzuändern, um im Interesse der internationalen Zusammenarbeit die Organisation und Arbeitsweise der Zentralkommission den derzeitigen Gegebenheiten ihrer Tätigkeit anzupassen, ohne dass diese beschränkte Bevision die tragenden Grundsätze des Bhemregimes berührt, sind übereingekommen, die Bevidierte Bheinschiffahrts-Akto vom 17. Oktober 1868 sowie deren spätere Änderungen in allseitigem Einvernehmen wie folgt zu ändern und zu ergänzen: Artikel I Es werden folgende Änderungen angenommen : a. In Artikel 9 wird der Schluss des Absatzes l wie folgt geändert : «In diesem Fall hat er dieser ausscrdem ein Manifest zu übergeben, das dem von der Zentralkommission beschlossenen Muster entspricht.» 6. In Artikel 27, Absatz l wird der letzte Satz gestrichen.

c. In Artikel 32 werden am Schluss die Worte « dreihundert Franken» durch die Worte «600 Goldfranken mit einem Gewicht von 10/31 g und mit einem Feingehalt von 0,900» ersetzt.

d. Artikel 87 wird wie folgt geändert : In Absatz l wird das Wort «Franken» durch die Worte « Goldfranken mit einem Gewicht von 10/31 g und mit einem Feingehalt von 0,900» ersetzt ; in Absatz 2, Satz l werden die Worte «zehn Tagen» durch die Worte «30 Tagen» ersetzt

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e.

/.

g,

h.

und, Satz 2, die Worte «unter summarischer Angabe der Beschwerden und» gestrichen1) ; in Absatz 8 werden am Sohluss die Worte «in Mannheim» gestrichen.

Die Artikel 41 und 42 werden gestrichen.

Artikel 48 wird wie folgt geändert : « Jeder Vertragsstaat ernennt einen bis vier Bevollmächtigte zur Teilnahme an gemeinsamen Konferenzen über die Angelegenheiten der ßheinschiffahrt. Diese Bevollmächtigten bilden die Zeutralkommissiou, die ihren Sitz in Strassburg hat.

Jeder Vertragsstaat kann höchstens zwei Stellvertreter benennen, die für verhinderte Bevollmächtigte eintreten oder an den Beratungen der von der Zentralkommission eingesetzten Arbeitsgrcmien teilnehmen.» Artikel 44 wird wie folgt geändert : «Den Vorsitz fuhrt ein Bevollmächtigter, der von einem jeden Vertragsstaat abwechselnd in der Beihenfolge des französischen Alphabets der Staatennamen für jeweils zwei Jahre bezeichnet wird.

Der Staat, mit dem diese Beihenfolge beginnt, wird durch das Los bestimmt.

Der nach dem Alphabet folgende Staat benennt einen Bevollmächtigten für das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden. Dieser übernimmt nach Ablauf der in Absatz l genannten zwei Jahre den Vorsitz.

Jeder Staat kann auf die Besetzung des Amtes des Vorsitzenden oder des stellvertretenden Vorsitzenden verzichten, » Artikel 46 wird wie folgt geändert: «Jeder Veitragsstaat verfugt in der Zentralkommission über eine Stimme.

Die Stimmabgabo kann unter dem Vorbehalt nachträglicher Bestätigung erfolgen.

Einstimmig angenommene Entschliessungen sind bindend, sofern nicht ein Vertragsstaat der Zentralkommission binnen einem Monat mitteilt, dass er soine Genehmigung versagt oder dass er sie erst nach Zustimmung seiner gesetzgebenden Körperschaften erteilen kann.

Mit Stimmenmehrheit angenommene Entschliessungen stellen Empfehlungen dar. Das gleiche gilt für einstimmig angenommene Entschliessungen, wenn ein Staat seine Genehmigung nach Massgabe des Absatzes 3 versagt.

Entschliessungen über interne Fragen der Zentralkommission sind jedoch auch dann gültig, wenn sie mit Stimmenmehrheit angenommen worden sind.

Stimmenthaltungen werden bei der Stimmonzählung nicht mitgerechnet.»

*) In der deutschen Fassung der Mannheimer Akte finden sich diese Worte in Artikel 37, Absatz 2, Satz 1.

Bundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

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414 i, Artikel 47 wird -wie folgt geändert : « Joder Vertragsstaat bestreitet den Aufwand für seine eigenen Bevollmächtigten und für die auf seinen Vorschlag "benannten Mitglieder der Berufungskammer. Die Zentralkommission veranschlagt im voraus den Haushaltsplan des folgenden Jahres, und die Vertragsstaaten tragen zu gleichen Teilen hierzu bei.» Artikel II Es werden folgende Bestimmungen angenommen : o.

«Artikel 34Ws Die Bheinschiffahrtsgerichte sind unbeschadet des Artikels 85tej" ebenfalls nach Artikel 34, Ziffer II, Buchstabe c zuständig, wenn die Parteien in einem Vertragsverhältnis stehen; ihre Zuständigkeit erstreckt sich jedoch nicht auf die auf einen Vertrag gestützten Klagen gegen ein Schiff wegen Schäden, die an Bord desselben befindliche Personen oder Güter durch sein Verschulden erlitten haben.» b.

«Artikel S5bls Sind im Falle des Artikels 84, Ziffer II, Buchstabe c die schädigenden Ereignisse in den Hoheitsgebieten zweier Uferstaaten eingetreten, oder ist es unmöglich, festzustellen, in welchem Hoheitsgebiet sie eingetreten sind, so ist das allein oder das zuerst angerufene Gericht zuständig.

Hat sich ein Gericht oinos der Staaten durch eine rechtskräftige Entscheidung für nicht zuständig erklärt, so gilt das Gericht des anderen Staates als zuständig. » c.

«Artikel 85ter Die Parteien können eine zivilrochtliche Streitigkeit durch Vereinbarung entweder einem anderen als dem nach den Artikeln 85 und 35Ms zuständigen Bheinschiffahrtsgericht oder aber, sofern das innerstaatliche Becht dem nicht entgegensteht, einem anderen Gericht oder einetn Schiedsgericht unterbreiten.» ä.

«Artikel 37Ms Haben in einem Bechtsstreit sowohl der Kläger als auch der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt, und zwar der eine bei der Zentralkommission und dor andere bei der innerstaatlichen Berufungsinstanz, so entscheidet das zuerst angerufene Gericht über beide Berufungen.

Die Berufung bei der Zentralkommission gilt als eingelegt, sobald sie nach JJassgabe des Artikels 37, Absatz 2 bei dem Gericht eingegangen ist, das in erster Instanz entschieden hat. Worden beide Berufungen am gleichen Tage eingelegt, so entscheidet über sie das Gericht, bei dein der Beklagte Berufung eingelegt hat.

Jedes Berufungsgericht prüft von Amts wegen, ob bereits bei dem anderen Berufungsgericht Berufung eingelegt wurde.

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Das nach Absatz l unzuständige Berufungsgericht verweist den Bechtsstreit auf Antrag des Borufungsklägers an das Berufungsgericht, das nach dorn genannten Absatz zu entscheiden hat. Ist die Berufung bei dem unzuständigen Gericht fristgemäss eingelegt worden, so gut die Berufungsfrist auch bei dem anderen Berufungsgericht als gewahrt.

Zu den Kosten des Berufungsverfahrens gehören auch die Kosten, die nach dem für das unzuständige Gericht geltenden Bocht durch das eingeleitete Berufungsverfahren verursacht worden sind.» e.

«Artikel 44bis Der Vorsitzende leitet die Beratungen während der Tagungen. Er vertritt die Zentralkommission, wacht über die Durchführung ihrer Beschlüsse sowie ganz allgemein über den reibungslosen Ablauf der Tätigkeit ihrer Dienste.

Der stellvertretende Vorsitzende vertritt den Vorsitzenden, wenn dieser verhindert ist, oder nimmt, wenn das Amt des Vorsitzenden unbesetzt ist, dessen Aufgaben bis zur Ernennung eines neuen Vorsitzenden wahr.» /.

«Artikel 44tcr Die Zentralkonnnission beschhesst über die Organisation ihrer Arbeiten und ihres Sekretariats.

Sie hält jährlich zwei Tagungen ab; ausserordentliche Tagungen können auf Antrag eines Bevollmächtigten vom Vorsitzenden einberufen werden.

Sie setzt die für ihre Tätigkeit erforderlichen ständigen oder nichtständigen Arbeitsausschüsse ein. Den Vorsitz dieser Gruppen führt ein Bevollmächtigter oder stellvertretender Bevollmächtigter in zweijährlichem Wechsel unter den Vertragsstaateii.» g.

«Artikel 44quater Die Amtssprachen der Zentralkommission smd Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch.» h.

«Artikel 44quinquies Die Zentralkommission beschliesst über die mit anderen internationalen oder europäischen Organisationen herzustellenden Beziehungen.» i.

«Artikel 45TM«* Die in Artikel 45, Buchstabe c vorgesehenen Befugnisse der Zentralkommission werden durch eine Berufungskammer ausgeübt, die aus einem Bichter und einem stellvertretenden Bichter je Vertragsstaat besteht.

Die Zentralkommission ernennt die Bichter und die stellvertretenden Bichter für sechs Jahre aus dem Kreis von Persönlichkeiten, die bierfür von jedem Vertragsstaat vorgeschlagen werden; sie müssen eine juristische Ausbildung oder Erfahrungen in der Eheinschiffahrt haben.

Jeder Staat kann für die Dauer von mindestens einem Jahr darauf verzichten, einen Bichter und einen stellvertretenden Bichter für die Berufungskammer vorzuschlagen.

416 Bin Mitglied der Berufungskammer kann nur durch einstimmigen Beschluss der Zentralkommission abberufen werden. Die Mitglieder der Berufungskammer üben ihr Amt in völliger Unabhängigkeit aus und sind nicht an Weisungen gebunden. Sie dürfen nicht in einer Sache tätig werden, über die sie bereits in einer anderen Eigenschaft zu befinden hatten.

Der stellvertretende Siebter tritt an die Stelle des Richters, wenn dieser verhindert oder abgelehnt oder wenn dessen Stelle unbesetzt ist.

Die Borufungskammer wählt ein Mitglied mit juristischer Ausbildung zu ihrem Vorsitzenden. Er wird für drei Jahre gewählt und ist wiederwählbar.» j.

« Artikel 45ter Die Zentralkommission stellt die Verfahrensordnung der Berufungskammer auf.» Artikel III Folgende Bestimmungen werden ausser Kraft gesetzt : 1. die Anlage A (Manifest) zur Mannheimer Alite, 2. Nr. 9, Buchstaben A und C des Schlussprotokolls der Mannheimer Akte zum Artikel 47 der Akte, 8. der Modus vivendi vom 4. Mai 1936 nebst Anhang, und zwar für diejenigen Vertragsstaaten, die noch dadurch gebunden sind.

Artikel IV Die Regierungen der Vortragsstaaten werden sich darüber verständigen, auf welche "Weise ein dritter Staat, der bis zum Inkrafttreten dieses Übereinkommens der Zentralkommission angehörte, dieser weiterhin mit ähnlichen Rechten und Pflichten, wie sie bisher für ihn bestanden, angehören kann.

Dieser dritte Staat wird die Rechte und Pflichten eines Verkagsstaates je nach Vereinbarung mit den Regierungen der Verfcragsstaateu haben.

Artikel V Die Bestimmungen der Mannheimer Akte und ihrer späteren Änderungen, soweit sie gegenwärtig gelten und durch das vorhegende Übereinkommen nicht aufgehoben oder geändert werden, bilden einen integrierenden Bestandteil dieses Übereinkommens.

Artikel VI Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation.

Die Ratifikationsurkunden sind so bald wie möglich im Sekretariat der Zentralkommission zwecks Verwahrung in deren Archiv zu hinterlegen.

Der Generalsekretär veranlasst die Aufnahme eines Protokolls über die Hinterlegung der Ratifikationsurkunden; er übermittelt jedem Unterzeichner-

417 staat eine beglaubigte Abschrift der Ratifikationsurkunden sowie des Hintcrlegungsprotokolls.

Artikel YII Dieses Übereinkommen tritt am Tag nach der Hinterlegung der sechsten Ratifikationsurkunde im Sekretariat der Zentralkommission in Kraft; dieses unterrichtet hiervon die anderen Unterzeichncrstaaten, Artikel VIII Dieses Übereinkommen ist in einer Urschrift in deutscher, französischer und niederländischer Sprache abgefasst; im Falle von Abweichungen ist der französische Wortlaut massgebend; es wird im Archiv der Zentralkommission hinterlegt.

Jedem Vertragsstaat wird eine vom Generalsekretär beglaubigte Abschrift übermittelt.

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten nach Hinterlegung ihrer Vollmachten dieses L"hereinkommen unterschrieben.

Geschehen zu S t r o s s b u r g , den 20. November 1963.

Für die Bundesrepublik Deutschland: von Haeîten

Für das Vereinigte Königreich Grossbrilannieu und Nordirland: Clarke

Für das Königreich Belgien: Coene François

Für das Königreich der Niederlande: Riphagen

Für die Franzosische Republik : Gros Laval 7663

Fur die

Schweizerische Eidgenossenschaft : Schaller Burckhardt

418 Originaltext

Revidierte Kheinschiffahrts-Akte vom 17. Oktober 1868 zwischen Baden, Bayern, Frankreich, Hessen, den Niederlanden und Preussen Da die Eheinschiffahrtsordnung vom 81. März 1881 im Laufe der Zeit zahlreiche Abänderungen und Ergänzungen erlitten hat, und da ein Teil der in derselben getroffenen Festsetzungen den gegenwärtigen Verhältnissen der Eheinschiffahrt nicht mohr entspricht, so sind die Eegierungen von Baden, Bayern, Frankreich, Hessen, den Niederlanden und Preussen übereingekommen, den gedachten Vertrag, unter Aufrechterhaltung des Prinzips der Freiheit der Eheinschiffahrt in bezug auf den Handel, einer Bevision zu unterworfen und haben zu diesem Zwecke zu Bevollmächtigten ernannt : Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Baden: Ihren Geheimen Eeferendär im Handelsministerium, Dr. Eudolph Dietz ; Seine Majestät der König von Bayern: Ihren Staatsrat, Wilhelm Weber; Seine Majestät der Kaiser der Franzosen: Ihren Bheinschiffahrts-Koramissär, Theodor Karl Friedrich Göpp ; Seine Königliche Hoheit dor Grossherzog von Hessen: Ihren ProvinzialDiroktor und Geheimen Eat, Karl Scrnnitt ; Seine Majestät der König der Niederlande: Ihren Abteilungschef im Finanzministerium, Dr. Wilhelm Arnold Peter Verkerk Pistorius, Seine Majestät der König von Preussen: Ihren Direktor im Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, Heinrich Albert Eduard Moser; zwischen denen, nach Auswechselung ihrer in gehöriger Form befundenen Vollmachten, unter Vorbehalt der Ratifikationen, folgende revidierte Kheinschiffahrts-Akte vereinbart worden ist, Artikel J. Die Schiffahrt auf dein Eheinu und seinen Ausflüssen von Basel bis in das offene Meer soll, sowohl aufwärts als abwärts, unter Beachtung dor in diesem Vertrage festgesetzten Bestimmungen und der zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Sicherheit erforderlichen polizeilichen Vorschriften, den Fahrzeugen aller Nationen zum Transport von Waren und Personen gestattet sein.

Abgesehen von diesen. Vorschriften soll kein Hindernis, welcher Art es auch sein mag, der freien Schiffahrt entgegengesetzt werden.

Der Leck und die Waal werden als zum Ehein gehörig betrachtet.

Artikel 2. Die zur Eheinschiffahrt gehörigen Schiffe und die vom Eheine herkommenden Holzflösse können auf jedem ihnen beliebigen Wego durch das

t

419

niederländische Gebiet vom Bheine in das offene Meer oder nach Belgien und umgekehrt fahren.

Sollte durch Naturereignisse oder Kunstanlagen einer der Wasserwege, welche die Verbindung des Bheines mit dem offenen Meere über Dordrecht, Botterdam, Hellevoetsluis und Brielle vermitteln, in der Folge für die Schiffahrt unbrauchbar werden, so soll die zu dessen Ersatz der niederländischen Schifffahrt angewiesene Wasserstrasse auch der Schiffahrt der übrigen Uferstaaten offenstehen.

Ala zur Bheinschiffahrt gehörig soll jedes Schiff betrachtet werden, welches zur Führung der Flagge eines der Bheinuferstaateii berechtigt ist, und sich hierüber durch eine von der betreffenden Behörde ausgestellte Urkunde auszuweisen vermag.

Artikel 3. Auf dem Bheine, seinen Nebenflüssen, soweit sie im Gebiete der vertragschhessenden Staaten liegen, und den im. Art. 2 erwähnten Wasserstrasson darf eine Abgabe, welche sich lediglich auf die Tatsache der Beschiffung gründet, weder von den Schiffen oder deren Ladungen noch von den Flössen erhoben werden.

Ebensowenig ist auf diesen Gewässern oberhalb Bottordam und Dordrecht die Erhebung von Bojen- und Bakengeldern gestattet.

Artikel 4. Die vertragschliessenden Staaten werden gegenseitig die zur Rheinschiffahrt gehörigen Schiffe und deren Ladungen auf den im ersten Absätze des Artikels 8 bezeichneten Wasserstrassen in jeder Hinsicht ebenso behandeln, wie die eigenen Bheinschiffe und deren Ladungen.

Artikel 5. Die Schiffer dürfen auf den obengenannten Wasserstrassen (Art. 3) nirgends gezwungen werden, ihre Ladung ganz oder teilweise zu löschen, oder an Bord eines ändern Schiffes zu bringen.

Alle Stapel- und Umschlagsrechte sind und bleiben aufgehoben.

Artikel 6. Von den auf dem Bheine ein- oder ausgehenden Waren dürfen keine höheren Eingangs- oder Ausgangs-Abgaben erhoben werden, als beim Eingange oder Ausgange über die Landesgrenze.

Artikel 7. Insoweit nicht sanitätspohzeiliche Bücksichten entgegenstehen, ist die Durchfuhr aller Waren auf dem Kheine von Basel bis in das offene Meer gestattet.

Die Uferstaaten werden, iaag diese Durchfuhr, direkt oder nach vorgängiger Umladung oder Lagerung in der Niederlage erfolgen, DurchgaSigs-Abgaben nicht erhoben, - Artikel 8. Die gegenwärtigen, dem Bheinhandel angewiesenen Freihäfen sollen auch in Zukunft fortbestehen. Die Vermehrung
derselben bleibt dem Ermessen der einzelnen Ufor-Begierungen überlassen.

Die in diesen Freihäfen zur Niederlage gebrachten Waren unterliegen, sofern sie nicht später in dem betreffenden Uferstaate oder dem Gebiete des

420

Zoll- oder Steuersystems, -welchem derselbe angehört, in den freien Verkehr gesetzt werden, keinerlei Ein- oder Ausgangs-Abgaben, Artikel 9. Will ein Schiffer direkt und olmo Veränderung seiner Ladung durch das Gebiet eines Uferstaatea oder mehrerer zu einem Zollsystem gehöriger Staaten durchfahren, so ist ihm die Fortsetzung der Eeise ohne vorgangige spezielle Eevision der Ladung unter der Bedingung K\I gestatten, dass er sich der amtlichen Verschliessung der Laderäume oder der amtlichen Begleitung oder beiden Massregeln zugleich, nach dem Ermessen der Zollbehörde, zu unterworfen hat, und dass er derselben ein nach dein beiliegenden Formular A ausgestelltes Manifest in doppelter Ausfertigung übergibt.

Beim Ausgange hat er sodann an dem letzten Grenzzollamte, behufs Untersuchung und Abnahme dos angelegten amtlichen Verschlusses, beziehungsweise der Zurückziehung der amtlichen Begleiter, anzuhalten.

Im übrigen darf er auf seiner Fahrt aus Bucksicht auf das Zoll-Interesse, den Fall einer Zoll-Defraudation ausgenommen (Art. 12), nicht angehalten werden.

Die amtlichen Sehiffsbogleiter haben kein anderes Hecht, als Schiff und Ladung zur Veihutung von Einschwärzungen zu überwachen. Sie haben von dem Schiffsfuhrer unentgeltlich Teilnahme an der Kost der Schiffsmannschaft sowie das notige Feuer und Licht, sonst aber koinè Vergütung zu fordern oder anzunehmen.

Tritt unterwegs infolge von Naturereignissen oder anderen unvermeidlichen Zufallen die Notwendigkeit ein, eine Veränderung der Ladung vorzunehmen, und zu diesem Zwecke den Verschluss zu lösen, so hat der Schiffsfuhrer sich deshalb vorher an die nächsten Zollbeamten zu wenden und deren Ankunft abzuwarten. Ist die Gefahr so dringend, dass ihm dazu genügende Zeit nicht übrigbleibt, so muss er die nächste Ortsobrigkeit benachrichtigen, welche sodann die Abnahme des Verschlusses bewirken und den Tatbestand zu Protokoll feststellen wird.

Hat der Schiffer eigenmächtig Vorkehrungen getroffen, ohne das Einschreiten der Zollbeamten oder der Ortsbohördo zu beantragen odor abzuwarten, so hat er in glaubhafter Weise darzutun, dass davon die Bettung des Schiffes oder der Ladung oder die Abwendung einer dringenden Gefahr abgehangen habe. Er muss in einem solchen Falle unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr bei den nächsten Zollbeamten, oder wenn diese nicht
zu erreichen sind, bei der nächsten Ortsobrigkeit Anzeige machen und die Feststellung des Tatbestandes veranlassen.

Artikel 10. In bezug auf die Abfertigung derjenigen Waren, welche auf dorn Eheine mit der Bestimmung eingehen, im Lande zu bleiben, sowie in bezug auf die zur Ausfuhr bestimmten und die, nach vorgängiger Umladung oder Lagerung in Freihäfen oder m ändern Niederlagen, auf dem Bheine durchgehenden Waren finden die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen desjenigen Ufer-

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Staates Anwendung, über dessen Grenze die Ein-, beziehungsweise Aus- oder Durchfuhr erfolgt, Artikel 11. Jede Begierung bestimmt für den Umfang ihres Staatsgebietes die Häfen und Landungsplätze, wo - abgesehen von den Freihäfen (Ait. 8) es gestattet soin soll, ein- oder auszuladen.

An anderen Orten darf ein Schiffsfuhrer ohne Erlaubnis der Behörde nur dann ein- oder ausladen, wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle die Fortsetzung der Reise ganz verhindern oder nur mit dringender Gefahr für Schiff oder Ladung möglich machen.

Landet er aus solcher Veranlassung an einein Orte, wo sich eine Zollbehörde befindet, so hat er sich bei dieser zu melden und die weiteren Anordnungen derselben zu befolgen.

Befindet sich am Landungsplatze keine Zollbehörde, so muss er der Ortsobrigkeit von seiner Ankunft unverzüglich Anzeige erstatten. Diese hat die Umstände, welche den Schiffsfuhrer zum Anlanden bestimmt haben, zu Protokoll festzustellen und der nächsten Zollbehörde desselben Gebietes Mitteilung zu machen.

Wird, um die Ware keiner weiteren Gefahr auszusetzen, das Schiff ausgeladen, so hat der Schiffsfuhrer sich jeder weiteren gesetzlichen Massrcgol zur Verhinderung von Einschwärzungen 211 unterwerfen. Von don Waren, die er nachher -wieder einnimmt, um seine Reise fortzusetzen, sind Ein- oder Ausgangs-Abgaben nicht zu entrichten.

Hat der Schiffsführer eigenmächtig Vorkehrungen getroffen, ohne das Einschreiten der Zollbeamten oder der CMsbehörde zu beantragen, so tritt die ini Artikel 9, Absatz 6 angegebene Eolge ein.

Artikel 12. Wird ein Schiffsführer überwiesen, dass er Schleichhandel zu treiben versucht habe, so soll ihn die Freiheit der Bheinschiffahrt für seine Person und für die Waren, die er unerlaubterweise hat ein- oder ausführen wollen, gegen die Verfolgung der Zollbeamten nicht schützen. Dio übrigen in dem Schiffe befindlichen Waren dürfen jedoch wegen eines solchen Versuches nicht mit Beschlag belegt, noch soll überhaupt gegen einen solchen Schiffsfuhrer strenger verfahren werden, als es die Gesetze des Staates, in dessen Gebiet der Unterschleif entdeckt wird, zulassen.

Werden von den Grenzzollämtern Abweichungen der Ladung von dem Manifeste entdeckt, so finden die bestehenden Landesgesetze in bezug auf die Bestrafung wegen unrichtiger Deklaration Anwendung.

Artikel 13. Wo sich mehrere
Uferstaaten zu einem gemeinsamen Zoll- oder Steuer-System vereinigt haben, ist bezuglich der Anwendung der Artikel 6 bis 12 die Grenze des Vereinsgebiets als Landesgrenze anzusehen.

Artikel 14, Die vertragschliessenden Teile sind darüber einverstanden, dass alle Erleichterungen, welche für den Ein-, Aus- und Durchgang von Waren auf

422

ändern Land- und Wasserstrassen eingeführt werden, auch für den Bin-, Ausund Durchgang auf dem Bhoine zugestanden werden sollen.

Artikel 15. Die Befugnis zur Fuhrung eines Segel- -oder eines Dampfschiffes auf dein "Rhoine m seiner ganzen Ausdehnung von Basel bis in das offene Meer oder auf einer mehreren Uferstaaton zugehörigen Strecke steht nur denjenigen zu, welche den Nachweis liefern, dass sie die Schiffahrt auf diesem Strome längere Zeit ausgeübt haben, und von der Regierung des Uferstaates, in welchem sie ihren Wohnsitz genommen haben, mit einem Patente über die Befugnis zum selbständigen Betriebe dieses Gewerbes (Eheinschiffer-Patent) versehen worden sind.

In dem Patente ist anzugeben, ob der Inhaber zur Bofahruiig des Bheins in seiner ganzen Ausdehnung oder mir einer Strecke desselben und eventuell welcher befugt ist.

Durch dio Verlegung des Wohnsitzes aus einem Uferstaate in einen ändern verliert das Patent nicht seine Gültigkeit. Der Inhaber hat indes seinen nenen Wohnsite von der betreffenden Behörde desselben auf dem Patente vermerken ssu lassen.

Artikel 16. Wer mit einem Bheinschiffei-Patente versehen ist, darf jedes Segel-, beziehungsweise Dampfschiff fuhren, gleichviel, welchem Staate dasselbe angehört.

Artikel 17. Jedes Patent zum Betriebe der Bheinschiffahrt ist bei der Ausfertigung mit dem vollständigen Signalement desjenigen, dem es erteilt wird und von diesem mit seiner, ausser dem Familiennamen auch die Vornamen enthaltenden eigenen Unterschrift zu versehen.

Wenn wegen vorgeschrittenen Alters oder sonst das auf dem Patente befindliche Signalement auf den Inhaber nicht mehr passt, so ist die Änderung oder Erneuerung des Signalements mittels eines auf das Patent xu setzenden amtlichen Vermerkes zulässig.

Artikel 18. Die Schiffer dor Nebenflüsse des Bhoins und der Wasserstrassen zwischen dem Bheine und der Scheide sollen, unter der Voraussetzung der Beziprozitat, zur Führung eines Segel- oder Dampfschiffes auf dorn Kheino in seiner ganzen Ausdehnung oder auf einer mehreren üferstaaten zugehörigen Strecke des Bheins nur dann zugelassen werden, wenn auf ihrem Patente dio stattgehabte längere Ausübung der Bheinschiffahrt nach Massgabo der Vorschriften im Artikel 15 von der betreffenden Behörde eines Bheinuferstaates bescheinigt i st.

Bei der Ausstellung dieser Bescheinigungen
sind die Bestimmungen des Artikels 17 gleichmässig zu beachten.

Artikel 19. Wenn ein Schiffer das ihm erteilte Eheinschiffer-Patent auf irgendeine Weise in don Besitz einer mit einem solchen Patent nicht versehenen Person gelangen lässt, damit diese auf Grund desselben die Rheinschiffahrt ausübe, so kann ihm nach Umständen das Patent ganz oder zeitweise entzogen werden.

423

Wer, ohne für seine Person ein Eheinschiffer-Patent erlangt zu haben, die Eheinschiffahrt unter Missbraach des einem ändern erteilten BheinschifferPatentes ausübt, darf mindestens während eines Jahres mit einem BhoinschifferPatent nicht versehen worden.

Artikel 20. Die Einziehung eines Schiffer-Patentes steht nur der Eegiorung des Staates zu, in welchem der Inhaber seinen Wohnsitz hat. Diese Bestimmung schliesst aber dasEecht anderer Bheinuferstaaten nicht aus, einen Schiffsführer, der eines auf ihrem Gebiete verübten Vergehens oder Verbrechens beschuldigt wird, zur Verantwortung und Strafe zu ziehen und, nach Beschaffenheit der Umstände, bei der Eegierung des betreffenden Uferstaates zu veranlassen, dass sein Patent eingezogen werde.

Die Zurücknahme des Patentes inuss erfolgen, wenn ein Schiffer wegen wiederholter Zoll-Defrauden, ferner wegen Betruges, Fälschung oder anderer Verbrochen gegen das Eigentum, oder wegen mehrfacher erheblicher Verletzungen der die Sicherheit und die Ordnung der Bhemschiffahrt betreffenden Vorschriften bestraft worden ist.

Artikel 21. Die Vorschriften der Artikel 19 und 20 finden auch auf die nach Artikel 18 erteilton Bescheinigungen zum Betriebe der Rheinschiffahrt mit der Massgabe Anwendung, dass diese Bescheinigungen von derjenigen Uferregierung ganz oder zeitweise ausscr Kraft zu setzen sind, welche sie ausgestellt hat.

Artikel 23. Bevor ein Schiff seine erste Fahrt auf dem Kheino antritt, hat der Eigentümer oder Fuhrer eine Bescheinigung über die Tauglichkeit und genugende Ausrüstung desselben für denjenigen Teil der Eheinschiffahrt, für welchen es bestimmt ist, zu erwirken.

Diese Bescheinigung (Schiffs-Attest) wird von der zuständigen Behörde eines der Uferstaaten auf Grund einer durch Sachverständige vorgenommenen Untersuchung ausgestellt.

Sowohl an dem Schiffe als auf dem Schiffs-Atteste sind der Name und dìo höchste zulässige Einsenkungstiefe des Schiffes zu bezeichnen.

Die Untersuchung ist nach jeder wesentlichen Veränderung oder Beparatur des Schiffes und ausserdem auf Verlangen des Befrachters zu wiederholen und das Ergebnis auf dem Schiffs-Atteste zu verzeichnen.

Jede Ufer-Begierung kann, wenn sie es für angemessen befindet, eino Untersuchung auf ihre Kosten vornehmen lassen.

Das Schiffs-Attest muss sich während der Fahrt jederzeit an Bord dos
Schiffes befinden. Es ist don Hafen- und Polizeibehörden auf Erfordern vorzuzeigen.

Artikel 23. Die Artikel 15 und 22 finden auf Fahrzeuge unter 800 Zentnern Tragfähigkeit und deren Fuhrer keine Anwendung.

Artikel 24'. Mit Ausnahme der Vorschrift im Artikel 32 beziehen die Bestimmungen dieser Akte sich nicht auf das Übersetzen von einem Ufer nach dem gegenüberliegenden,

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Artikel 25. Die Flösser haben für jedes Floss, mit welchem sie den Bhcin befahren wollen, eine Bescheinigung der betreffenden Landesbehörde nach beiliegendem Muster B mit sich zu führen, aus welcher die Zahl und Art der Hölzer sowie deren Gewicht ersichtlich sein muss.

Diese Bescheinigung (Floss-Schein) vertritt die Stelle des Manifestes (Art. 9) und ist den Polizei-, Hafen-, Zoll- und Wasserbaubeamten sowie den FlossUntersnchungs-Kommissionen auf Erfordern vorzuzeigen.

Die Vorschriften der Artikel 9 bis 14. finden, auch auf Flosse und deren Führer Anwendung.

Artikel 26. Die Vorschriften über den Dienst der Lotsen oder Steuerleute, sowie der Wahrschaucr und die von denselben zu erhebenden Gebühren bleiben jeder Ufer-Begierung vorbehalten.

Es darf jedoch kein Schiffer oder Flösser genötigt werden, einen Lotsen oder Steuermann an Bord zu nehmen. Auch ist die Erhebung einer Gebühr überhaupt nur dann. zulässig wenn von den Dienstleistungen der Lotsen oder Steuerleute wirklich an Bord des Schiffes Gebrauch gemacht worden ist.

Artikel 27. Die Ufer-Eegierungen worden dafür Sorge tragen, dass in den Freihäfen sowie in den übrigen Hafenstädten am Ehein dio nötigen Einrichtungen zur Erleichterung der Ein- und Ausladungen und zur Niederlage der Waren vorhanden seien und in gutem Zustande erhalten werden. Zur Beaufsichtigung der gedachten Anstalten sowie zur Handhabung der Hafen-Polizei werden von den betreffenden Ufer-Eegierungen besondere Kommissarien bestellt.

Zar Bestreitung der notwendigen Uutcrhaltungs- und Beaufsichtigungskosten kann ein entsprechendes Entgelt erhoben werden. Sobald der Ertrag dieses Entgeltes die eben erwähnten Kosten übersteigt, nrass dasselbe verhältnismassig herabgesetzt werden.

Es ist jedoch eine Gebuhr überhaupt nur insoweit zu entrichten, als von den Anstalten wirklich Gebrauch gemacht wird.

Artikel 28. Die vertragschliessenden Teile machen sich, wie bisher, verbindlich, innerhalb der Grenzen ihres Gebietes, das Fahrwasser des Eheines und die vorhandenen Leinpfade in guten Stand zu setzen und darin zu erhalten.

Diese Festsetzung findet auch auf die Wasserstrassen zwischen Gorinchem, Krimpen, Dordrecht und Eotterdam Anwendung.

Auf Stroinstrecken, welche noch nicht hinreichend in den Stand gesetzt sind und deshalb ein veränderliches Fahrwasser haben, wird leiztercs von
der Eegierung, in deren Gebiet die Stromstrecke belegen ist, kenntlich durch Baken bezeichnet werden.

Befinden sich solche Stromstrecken in den Gebieten zweier sich gegenüberliegenden Uferstaatcn, so trägt jeder von ihnen die Hälfte der Anlage- und Unterhaltungskosten.

Artikel 29. Die Staaten, deren Uferstrecken aneinandergrcnzen oder sich gegenüberliegen, werden, behufs zweckraässiger und gegenseitig unnachtei-

425 liger Ausführung von Bauwerken, welche auf den Strom oder dio Ufer irn Gebiete des ändern Staates unmittelbar eine Wirkung ausüben können, sich die Pläne solcher von ihnen beabsichtigten Anlagen mitteilen und sich über die bei deren Ausführung in Betracht kommenden Verhältnisse verständigen, Artikel 30. Die Ufer-Begierungen -werden dafür Sorge tragen, dass die Schiffahrt auf dem Rheine durch Mühlen, Triebwerke, Brücken oder andere künstliche Anlagen keinerlei Hindernis finde und dass namentlich der Durchlass der Schiffe durch die Brücken ohne Verzug bewirkt werde. Die Erhebung einer Gebühr für das Öffnen oder Schliesscn der letztem ist unstatthaft.

Konzessionen KU neuen Schiffsmuhlen sollen fortan nicht erteilt werden.

Artikel 31. Von Zeit zu Zeit sollen Strombefahrungen durch WasserbauTechniker sämtlicher Uferstaaten vorgenommen werden, um die Beschaffenheit des Stromes, dio Wirkung der zu dessen Verbesserung getroffene Massregoln und die etwa eingetretenen neuen Hindernisse einer regelmässigen Schiffahrt zu untersuchen und festzustellen.

Über den Zeitpunkt und die Ausdehnung dieser Befahrungen hat die Zcntralkommis>sion (Art. 43) Beschluss zu fassen. Die Techniker haben ihr über das Ergebnis Bericht zu erstatten.

Artikel 82. Zuwiderhandlungen gegen die von den Ufer-Ecgierungen für den Bhein gemeinsam erlassenen schiffahrtspolizeilichen Vorschriften sollen mit Geldbussen von zehn bis dreihundert Franken bestraft werden.

Artikel 33. Behufs gerichtlicher Verhandlung der im Artikel 84 erwähnten Gegenstände sollen in geeigneten am Bhein oder m dessen Nähe belegenen Orten Bheinschiffahrtsgerichte bestehen.

Die Ufer-Begierungen werden sich von den in ihren Gebieten vorhandenen Bheinschiffahrtsgerichten und von den Veränderungen in Kenntnis setzen, welche rücksichtlich der Zahl, des Orts oder des Sprengeis derselben eintreten.

Artikel 34. Die Bheinschiffahrtsgerichte sind kompetent : I. In Strafsachen zur Untersuchung und Bestrafung aller Zuwiderhandlungen gegen die schiffahrts- und strompohzeihchen Vorschriften, II. In Zivilsachen zur Entscheidung im summarischen Prozessverfahren über Klagen : a. wegen Zahlung der Lotsen-, Kran-, Waage-, Hafen- und BohlwerksGebühren und ihres Betrages ; 1). wegen der von Privatpersonen vorgenommenen Hemmung des Leinpfades ; c. wegen der Beschädigungen, welche
Schiffer und Flösser während ihrer Fahrt oder beim Anlanden ändern verursacht haben; d. wegen der den Eigentumern der Zugpferde beim Heraufziehen der Schiffe zur Last gelegten Beschädigungen am GrundeigentumArtikel 35. In Strafsachen (Art. 84, I) ist dasjenige Rheinschiff ahrts- Gericht kompetent, in dessen Bezirk die strafbare Handlung begangen ist; in

426

Zivilsachen dasjenige, in dessen Bezirk die Zahlung stattfinden musste (Art. 34, II a), beziehungsweise der Schaden zugefügt wurde (Art. 84, II b, c, d).

Artikel 36. Das Verfahren bei don Ehoinschiffahrts-Gerichten soll ein möglichst einfaches und beschleunigtes sein. -- Prozess-Kautionen dürfen von Ausländern ihrer Nationalität wegen nicht erhohen werden.

In das Urteil sind jederzeit die Tatsachen, welche das Verfahren herbeigeführt haben, die Fragen, worauf os nach den Verhandlungen ankam, und die Entscheidungsgründe aufzunehmen.

Übrigens darf kein Schiffsführer oder Flosser wegen einer gegen ihn eingeleiteten Untersuchung an der Fortsetzung seiner Reise verhindert werden, sobald er die von dem Eichter ftir den Gegenstand der Untersuchung festgesetzte Kaution geleistet hat.

Artikel 37. Beträgt der Gegenstand der an das Gericht gestellten Anträge mehr als 50 Franken, so kann gegen das Urteil erster Instanz bei der Zontralkommission (Art. 43) oder bei dem Obergericht des Landes (Art. 88), in welchem das Urteil ergangen ist, Berufung eingelegt werden.

Soll die Berufung bei der Zentral-Kommission angebracht werden, so ist sie unter sumrnanscher Angabe der Boschwerden und mit dem ausdrücklichen Bemerken, dass die Entscheidung der Zentralkommission vorlangt werde, binnen 10 Tagen nach der in Gemässheit der Landesgesctze erfolgten Insinuation des Urteils erster Inslanz dem Gerichte, welches entschieden hat, anzumelden und der Gegenpartei in dem von ihr in erster Instanz erwählten Domizil oder in dessen Ermangelung gleichfalls dem Gerichte zuzustellen. In welcher Weise die Anmeldung bei dem Gerichto und die Zustellung zu erfolgen hat, bleibt der Bestimmung der Landesgesetzgebung überlassen.

Innerhalb vier "\Vochen nach erfolgter Anmeldung hat der Appellant sodann die schriftliche Rechtfertigung der Appellation dem Gericht zu übergeben, welches solche dem Appelatcn binnen einer ihm zu bestimmenden praklusivischen Frist zur Beantwortung zufcrtigt und die geschlossenen Akten an dio Zentral-Kommission in Mannheim (Art. 43) einzusenden hat.

Werden von dem Appellanten die in diesem Artikel vorgeschriebenen Formen nicht beobachtet, so wird die Appellation für nicht angebracht erachtet.

In dem Falle der Berufung an die Zentral-Kommission kann das Gericht auf Verlangen der Gegenpartei das Urteil erster
Instanz provisorisch vollstrecken, beziehungsweise vollstreckbar erklären, wobei es nach Massgabo der Landesgesetze zu bestimmen hat, ob zuvor von dem Antragsteller Kaution zu leisten sei.

Artikel 38. Jede Ufer-Eegierung bestimmt ein für allemal das Obergericht, bei welchem die Berufungen gegen die in ihrem Gebiete von den Bheinsehifffahrts-Gerichten erster Instanz gefällten Urteile angebracht werden können.

Das Obergericht rnuss seinen Sitz in einer Stadt haben, welche am Rheine oder doch nicht allzuweit von demselben gelegen ist.

427

Wird die Berufung bei diesem Gerichte eingelegt, so finden die für das Verfahren in Appellationssachen geltenden Landcsgesetze Anwendung.

Artikel 39. Bei dem richterlichen Verfahren in Bheinschiffahrts-Angelegenheiten findet weder der Gebrauch von Stompelpapier, noch die Anwendung von Sporteltaxen für die Eichtor und Gerichtsschreiber statt; die Parteien haben keine anderen Kosten als diejenigen zu tragen, welche durch Zeugen oder Sachverständige und deren Vorladung, durch Insinuationen, Porto usw. veranlagst und nach der für andere Streitsachen bestehenden Taxordnung erhoben werden.

Artikel 40. Erkenntnisse und Beschlüsse der Eheinschiffahrtsgerichte eines Uferstaates sollen in jedem ändern Eheinuferstaate unter Beobachtung der in demselben vorgeschriebenen Formen vollstreckbar sein.

In bezug auf die Zustellung sollen sowohl die gedachten Erkenntnisse und Beschlüsse als Vorladungen und alle sonstigen Verfügungen in den bei den Ehcinschiffahrtsgerichten anhängigen Sachen in allen Uferstaaten so angesehen werden, als ob sie von einer Behörde des eigenen Staates erlassen seien.

Vorladungen und Zustellungen an Personen, welche in einem der Ehcinuferstaaten einen bekannten Wohnsitz haben, müssen an letzterem bewirkt werden.

Artikel 41. Der Ehein soll in angemessene Aufsichtsbezirke geteilt werden.

Für jeden dieser Bezirke wird von den Regierungen, über deren Gebiet sich derselbe erstreckt, ein Aufseher ernannt.

Die Aufseher werden auf die Eheinschiffahrt s-Akte und die von den Uferstaaten vereinbarten Ergänzungen und Abänderungen derselben, sowie auf die gemeinsamen schiffahrtspolizeilichen Anordnungen verpflichtet und sind in ihren Amtsverrichtungen der Zentval-Kommission (Art. 43) untergeordnet.

In Dienstsachen wird ihnen in allen Eheinuferstaaten die Portofreiheit gewährt.

Sie erhalten ihre Besoldungen und etwaigen Pensionen von den Eegierungen, welche sie ernannt haben. Von diesen wird ihnen auch ihr Wohnsitz innerhalb ihres Bezirks angewiesen.

Die Aufseher dürfen keinerlei Gebühren oder Sportein erheben.

Es finden die Disziplinargesetze desjenigen Uferstaates auf sie Anwendung, in welchem sie ihren Wohnsitz haben.

Einstweilen werden die jetzt bestehenden -rier Bezirke, von denen der erste sich von Basel auf dem linken Ufer bis zum Ausfluss der Lauter, auf dem rechten bis zur Landesgrenze
zwischen Baden und Hessen ; der zweite von diesen Punkten bis zum Ausfluss der Nahe; der dritte von der Nahe bis zur niederländischen Grenze und der vierte auf den übrigen Teil des Stromes im niederländischen Gebiet erstreckt, beibehalten; die Eegierungen von Baden, Bayern, Frankreich, Hessen und Preussen behalten sich indes vor, wenn es die Umstände zulässig erscheinen lassen, die Zahl der in ihren Gebieten fungierenden Aufseher unter gleichzeitiger anderweitiger Abgrenzung der Bezirke zu vermindern und hierüber miteinander in Verhandlung zu treten.

428 Artikel 42. Die Aufseher sind verpflichtet, die ihnen angewiesenen Bezirke zweimal im Jahre zu bereisen, die im Strome entstandenen Schiffahrts-Hindernisse zu untersuchen, den Zustand des Leinpfades in Augenschein zu nehmen und über die hierbei vorgefundenen oder sonst zu ihrer Kenntnis gelangenden Mängel der betreffenden Regierung Bericht zu erstatten und bei derselben deren Beseitigung nachzusuchen odor, sofern sie hierzu ermächtigt sind, diese Mängel sofort selbst abzustellen. Sie haben ferner die bei ihnen angebrachten Beschwerden in Rheinschiffahrts-Angelegenheiten zu prüfen und, falls sie dieselben für begründet erachten, bei den betreffenden Landesbehörden ihres Bezirks deren Abhilfe in Antrag zu bringen.

Wird ihren Anträgen koinè Folge gegeben, so haben sie der Zentral-Komniission (Art. 43) Anzeige zu erstatten.

Artikel 48. Zum Zweck gemeinsamer Beratung über die Angelegenheiten der Rheinschrffahrt wird von jeder Ufer-Regierung ein Bevollmächtigter ernannt.

Diese Bevollmächtigten bilden die Zentral-Kommission, welche ihren Sitz; in Mannheim hat.

Artikel 44. Die Zentral-Kommission tritt regelmässig jedes Jahr im Monat August zusammen. Ausserordentliche Sitzungen finden statt, sobald eine der Ufer-Regierungen darauf anträgt.

Für die Leitung der Verhandlungen wird durch das Los ein Vorsitzender bestimmt. Dem Vorsitzenden steht übrigens vor den übrigen Bevollmächtigten kein weiteres Vorrecht zu, als dass bei der Entscheidung in Appellationssachon (Art. 37) im Fall der Stimmengleichheit seine Stimme den Ausschlag gibt.

Artikel 45. Vor die Zentral-Kommission gehört : a. die Verhandlung über alle Beschwerden und Mängel, welche in Beziehung a.uf die Ausführung dieses Vertrages und der von den Ufer-Regierungen vereinbarten Verordnungen und Massregeln wahrgenommen werden ; 6. die Beratung über die von einzelnen Ufer-Regierungen zur Beförderung der Bhcinschiffahrt gemachten Vorschläge, insbesondere auch die Anträge auf Abänderung oder Ergänzung dieses Vertrages und der gemeinsam erlassenen Verordnungen ; c, die Entscheidung in den bei ihr eingeführten Appellationen gegen die Erkenntnisse der Rheinschiffahrtsgerichte (Art. 87), Alljährlich hat die Zentral-Kommission einen Bericht über den Zustand der Rheinschiffahrt zu erstatten.

Artikel 46. Die Beschlüsse der Zentral-Kommission werden nach
absoluter Mehrheit der Stimmen gefasst, die in vollkommener Gleichheit abzugeben sind; sie erlangen jedoch für die Uferstaaten erst dann Verbindlichkeit, wenn die Eegiorungen derselben dazu ihre Genehmigung erteilt haben.

429

Artikel 47. Eine jede Ufer-Eegierung bestreitet den Aufwand für den von ihr ernannten Bevollmächtigten.

Der Bedarf an Kanzleikosten wird im voraus in der regelmässigen Sitzung für das folgende Jahr veranschlagt und von den Ufer-Staaten zu gleichen Teilen aufgebracht.

Artikel 48. Der gegenwartige Vertrag tritt vom 1. Juli 1869 ab an die Stelle der Bheinschiffahrts-Ordnuiig vom 81. März 1831, der zu derselben ergangenen Supplementär- und Additional-Artikel, sowie aller sonstigen Beschlüsse der Ufer-Begierungen über Gegenstande, hinsichtlich welcher die gegenwartige Akte Bestimmung getroffen hat. Er soll von den vertragschliessenden Begierungen ratifiziert und die Auswechslung der Ratifikations-Urkunden binnen sechs Monaten in Mannheim bewirkt werden.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten denselben unterzeichnet und ihre Siegel beigedruckt.

So geschehen zu Mannheim, den 17. Oktober 1868.

(L,S.) Dietz. (L.S.) Weber. (L.S.) Göpp. (L.S.) Schmitt. (L.S.) Verkerk Pistorius. (L. S.) Moser.

Manifest

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des Schiffsfuhrers

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ihren beim Handelsstandc gebräuchlichen Bereichnungen

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Dass vorstehendes Manifest in jeder Beziehung richtig und übereinstimmend mit der Ladung ist, wird hierdurch versichert.

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18 (Unterschrift des Schiffsfuhrers)

Floss-Scliein

Das von dem wohnhaft zu geführte, nach bestimmte Floss besteht aus von Holz und hat einen Inhalt von Kubik-Metern und ein Gewicht von Zentnern.

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(Unterschrift des Flossers) Bundesblatt. 112. Jahrg. Bd. II.

(Siegel der Behörde)

(Firma der Behörde und Unterschrift) 29

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Schiuse-Protokoll zur revidierten Rheinschiffahrts-Akte Die Unterzeichneten vereinigten sich heute, um die in Vollmacht ihrer Regierungen vereinbarte revidierte Bheinschiffahrts-Akte zu vollziehen, bei welcher Gelegenheit noch folgende Erklärungen, Verabredungen und erläuternde Bemerkungen in gegenwäitiges Schluss-Piotokoll niedergelegt wurden: 1. Zum Artikel l der Akte: Es ist selbstverständlich, dass das Becht zur freien Schiffahrt auf dem Bhoine und seinen Ausflüssen nicht den Anspruch auf die besonderen, den zur Bheinschiffahrt gehörigen oder ihnen gleichgestellten Schiffen gewahrton Begünstigungen in sich schliesst.

2. Z\im Aitikel 3 der Akte: A. Es wird allseitig anerkannt, dass unter die Besl immung im ersten Absatz dieses Artikels Brückengelder, die auf ändern VVasserstrassen als auf dein Bheine erhoben werden, und die für die Benutzung kunstlicher Wasserstrassen oder Anlagen, wie Schleusen und dgl, zu entrichtenden Gebuhren nicht zu subsumieren sind.

B. Der Bevollmächtigte für Preussen bemerkte, dass auf der Buhr noch eine geringfügige Schiffahrts-Abgabe erhoben werde, dass es in der Absicht liege, diese binnen kurzern in Wegfall zu bringen, dass er aber die Bestimmung des Zeitpunktes seiner Begierung vorbehalten müsse.

Ferner bemerkte der Bevollmächtigte für die Niederlande, dass die Schiffer auf einem Teile der Limburgischen Maas an die dortigen Bakenmeister noch eine kleine Bakengebuhr zu entrichten hätten, welche ohne Mitwirkung der Königlich Belgischen Regierung nicht aufgehoben werden könne, dass er also soiner Begierung die Ausführung der Bestimmung im zweiton. Absatz dieses Artikels auf der betreffenden Strecke der Maas einstweilen vorbehalten musso.

Die übrigen Bevollmächtigten fanden gegen diese Vorbehalte nichts zu erinnern.

8. Zum Artikel 8 der Akte: Die gegenwärtig bestehenden Freihäfen sind folgende: in Prankreich: Strassburg; in Baden: Kehl, Maxau, Leopoldshafen, Mannheim; in Bayern : Neuburg, Speyer, Ludwigshafen ; in Hessen : Mainz ; in Preussen : Biebrich, Ober-Lahnstein, Koblenz, Köln, Neuss, Düsseldorf, Uerdingen, Duisburg, Buhrort, Wesel, Emmerich ; in den Niederlanden: Amsterdam, Botterdam und Dordrecht.

4. Zum Artikel 15 der Akte: A. Man ist darüber einverstanden, dass als eine längere praktische Ausübung des Schiffergewerbes oine Lehrzeit oder Beschäftigung in diesem Gewerbe

431 von mindestens vier Jahren anzusehen sei, von denen der Bewerber jedoch wenigstens zwei Jahre auf Schiffen zugebracht haben muss, welche entweder den Ehein in seiner ganzen Länge oder doch diejenige Strecke befahren, für welche das Patent nachgesucht wird. Bewerber uni ein Patent zur Führung von Dampfschiffen haben ein glaubwürdiges Zeugnis darüber vorzulegen, dass sie von den oben erwähnten vier Jahren wenigstens ein Jahr die Dampfschiffahrt praktisch erlernt haben, B. Baden, Bayern, Frankreich, Hessen und Preussen haben sich darüber verständigt, dass folgende zwischen ihnen über die Führung von Dienstbüchern seitens der Schiffsmannschaften verabredeten Bestimmungen auch ferner in Kraft bleiben sollen : a. "Wer auf einem Eheinschiffe als Lehrling, Schiffsjunge, Schiffsgeselle, Schiffsgehilfe, Schiffsknechl, Heizer, Matroso, Bootsmann oder Steuermann in ein festes Dienstverhältnis tritt, muss mit einem Dienstbuche versehen sein.

Die besondere Patente besitzenden Steuerleute bedürfen eines solchen Dienstbuches nicht.

b. Dem Bewerber um ein Schifforpatent soll dasselbe nicht eher erteilt werden, als bis er das unter a erwähnte Dienstbuch vorgelegt hat.

c. Das Dienstbuch wird von der betreffenden Lokal-Behörde des Wohn- oder Aufenthaltsortes in der für andere dienende Personen üblichen Form ausgefertigt.

d. Jeder Schiffs-Eigentümer oder Sehiffsführer ist verbunden, in dem Dicnstbuche des aus seinem Dienste tretenden Dienstmannes ein pflichtmässiges Zeugnis über dessen Betragen mit Angabe des Entlassungsgrundes zu vermerken. Ein solcher Vermerk kann auch durch jede Polizei-Behörde eines Hafens am Ehcin oder an einem Nebenflüsse desselben gemacht werden.

e. Beschwerden wegen des von dem Schiffer erteilten oder verweigerten Zeugnisses werden nach den bestehenden Vorschriften durch die Polizeibehörde erledigt, welche das Ergebnis auf dem Dienstbuche vermerkt.

/. "Wer durch Fahrlässigkeit eine Ünvollständigkeit oder Unrichtigkeit in dem ihm erteilten Dienstbuche herbeifuhrt, oder in demselben, ohne die Absicht zu täuschen, selbst oder durch andere, Eintragungen ' oder Änderungen irgendeiner Art vornimmt, erleidet eine Polizeistrafe, deren Bemessung jeder Eegierung überlassen bleibt.

Eine gleiche Strafe trifft jeden Dienstmann, der eine der vorstehenden Bestimmungen nicht pünktlich befolgt oder
eine solche verletzt; desgleichen jeden Schiffer, welcher eine der unter a erwähnten Personen, ohne dass sie mit einem vorschriftsmâssigen Dienstbucho versehen ist, in seinen Dienst nimmt.

Wer, in der Absicht zu täuschen, selbst oder durch andere, Änderungen in den ihm erteilten Dienstbuche vornimmt oder in gleicher Absicht das-

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selbe unvollständig macht oder bei dergleichen Handlungen hilfreiche Hand leistet, wird deshalb in jedem Uferstaate nach den daselbst bestehenden Strafgesetzen beurteilt. Ist er nach diesen wegen Betrags oder Fälschung mit Strafe belegt, so wird ihm das Dienstbuch abgenommen und nach Umständen erst nach Ablauf einer bestimmten Frist oder niemals wieder erteilt.

g. Auf die Bemannung von Seeschiffen, welche den Ehein befahren, finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. Auch gelten diese einstweilen nicht für die Bemannung niederländischer Rheinschiffe, Es ist daher in dem Falle, wenn eine der unter a bezeichneten Personen aus dem Dienste auf einem niederländischen Schiffe in den Dienst auf einom ändern Rheinschiffe übertreten will, von derselben die Beibringung eines Dienstbuches nach Umständen überhaupt nicht oder doch nicht für die Dienstzeit auf dem niederländischen Schiffe zu verlangen. Indes soll darauf Bedacht genommen werden, dass nicht der Übertritt aus dem Dienste auf einem niederländischen in den Dienst auf einem ändern Schiffe und umgekehrt zur Umgebung der hinsichtlich der Dienstbücher erteilten Vorschriften missbraucht werde.

5. Zum Artikel 22 der Akte: A. Man ist darüber einverstanden, dass die bisherige Bezeichnung der höchsten zulässigen Einsenkungstiefe der Schiffe mittelst eiserner Klammern auch ferner beibehalten werden soll.

B. Als eine wesentliche Veränderung oder Reparatur soll die Erneuerung von Inhölzern oder Rippen des Schiffes angesehen werden.

C. Da die im Artikel 17 der Rheinschiffahrtsordnung vom 31. März 1831 enthaltene Verabredung in Betreff der Eichung der Bheinschiffe lediglich durch die Erhobung der Rekognitionsgebühr motiviert war, diese Gebühr aber in Zukunft nicht mehr erhoben werden kann, so bedarf es einer Erneuerung jener Verabredung nicht. Gleichwohl werden die vertragschlicssenden Regierungen auch fernerhin dafür Sorge tragen, dass es an Gelegenheit zur Feststellung der Tragfähigkeit der Schiffe nach der früher von ihnen vereinbarten VermessungsMethode innerhalb ihrer Gebiete nicht fehle.

6. Zum Artikel 23 der Akte: Unter Zentner ist hier, wie überall, wo diese Gewichtsbezeichnung in der Akte gebraucht ist, der Zoll-Zentner zu 50 Kilogramm zu verstehen.

7. Zum Artikel 80 der Akte: Der Bevollmächtigte für die Niederlande erklärte, dass seine
Regierung, falls auf den vom Rheinc über Dordrecht, Rotterdam, Hellcvoetsluis und Brielle in das offene Meer führenden, den Bestimmungen im Artikel 30 nicht unterliegenden Wasserstrassen Brücken errichtet werden sollten, dafür Sorge tragen werde, dass die Schiffe und Flösse durch genügende Durchlassöffnungen frei und ohne Hindernis durchfahren können, und dass diejenigen Erleichterungen,

483 welche während des Baues und nach der Ausführung desselben bei der Durchfahrt niederländischen Schiffern und Flössern gewährt werden, unter denselben Bedingungen auch den Schiffern und Flössern der obern Eheinuferstaaton zu Teil werden.

Es verstehe sich übrigens von selbst, dass durch diese Erklärung die Festsetzung im Alinea 2 des Artikels 2 nicht berührt werde.

Die übrigen Bevollmächtigten sind mit der vorstehenden Erklärung einverstanden.

8. Zum Artikel 32 der Akte: Der Bevollmächtigte für Frankreich bemerkte, dass nach der Auffassung seiner Regierung durch die Bestimmung dieses Artikels die Befugnis der Uferstaaten, Übertretungen polizeilicher Vorschriften, die in den gemeinsam erlassenen Verordnungen nicht erwähnt seien, unter Strafe zu stellen, nicht beschränkt werde.

Die übrigen Bevollmächtigten erachteten diese Auffassung für zutreffend.

9. Zum Artikel 47 der Akte: A. Die Dauer der Funktionen des Vorsitzenden währt bis zur nächsten ordentlichen Sitzung, B. In dringenden Angelegenheiten kann von den Bevollmächtigten zur Zentral-Komrnission im Auftrage ihrer Eegierungen auch auf dem Korrespondenzwege Beschluss gefasst worden.

C. Zu den von der Gesamtheit der Uferstaaten noch zu entrichtenden Pensionen tragen bei : n Baden /72 4 Bayern /72 12 Frankreich /72 6 Hessen /?2 12 Niederlande /72 27 Preussen /?2 Die Zahlung der Pensionen übernimmt die Preussische Eegierung, diejenige der Kanzleikosten der Zentral-Kommission die Badische Eegierung.

Die Zuschüsse der übrigen Uferstaaten zu den Pensionen und Kanzleikosten sind in Quartalraten pränumerando spätestens bis zum 24. Dezember, 24. März, 24. Juni und 24. September jeden Jahres in die von den gedachten Eegierungen zu bezeichnenden Kassen einzuzahlen.

Die Badische Eegierung, welche das Lokal für das Archiv der ZentralKommission gestellt hat, wird zugleich für die Beaufsichtigung des letzteren Sorge tragen.

So geschehen zu Mannheim, den 17. Oktober 1868.

Dietz. Weber. Cröpp. Schmitt. Verkcrk Pistorius. Moser.

434 Originaltext

Zusatzartikel zur Revidierten Rheinschiffahrts-Akte vom 17. Oktober 1868 Nachdem über die Auslegung einiger Artikel der revidierten Bheinschifffahrts-Akte vom 17. Oktober 1868 Zweifel entstanden sind, haben sämtliche Uferregierungen beschlossen, diese Zweifel durch ein im Anschlnss an das bei Zeichnung der erwähnten Akte abgefasste Schlussprotokoll zu errichtendes Zusatzprotokoll zu beseitigen.

Zu diesem Zwecke haben sich die hierzu von ihren Regierungen beauftragten Bheinschiffahrts-Bcvollmächtigten, nämlich: für Baden: der Ministerialdirektor Geheimrat Karl Schenkel; für Bayern: der Geheimrat Dr. Otto Freiherr von Völderndorff-Waradein; für Blsass-Lothringen: der Begierungsrat Johann Baptist Traut; für Hessen: der Geheimrat Carl von Werner; für die Niederlande: der Inspektor van den Waterstaat Wilhelm François Leemans ; für Preussen : der Geheime Oberregierungsrat Carl Gamp, heute im Sitzungssaale der Zentral-Konmiission für die Bheinschiffahrt versammelt und folgendes vereinbart : Zu den Artikeln 32 bis 40 der revidierten Bheinschiffabrts-Akte vorn 17. Oktober 1868 wird festgestellt, dass die nach der Strafgesotzgebung der Uferstaaten ergehenden vollstreckbaren richterlichen Strafbefehle und polizeilichen Strafverfügungen den in obigen Artikeln der Bheinschiffahrts-Akte erwähnten strafgerichtlichen Urteilen und Erkenntnissen gleichstehen, vorausgesetzt, dass die Vollstreckbarkeit dieser Strafbefehle und Strafverfügungen erst nach Ablauf einer mindestens einwòchigen Frist nach der Zustellung an den mit der Strafe Belegten eintritt und dass diesem die Möglichkeit gegeben ist, durch Erhebung eines Einspruchs binnen dieser Frist eine Verhandlung und Aburteilung durch das Bheinschiffahrtsgericht im ordentlichen Strafverfahren herbeizuführen.

Diese Vereinbarung, von welcher eine Ausfertigung jedem der obenbezeichneten Bevollmächtigten mitgeteilt worden ist, tritt m Kraft, sobald sie von sämtlichen beteiligten Regierungen ratifiziert worden ist.

So geschehen zu Mannheim, den 18. September 1895.

435 Übersetzung aus dem französischen Originaltext

Bestimmungen über

die Rheinschiffahrt im Friedensvertrag von Versailles vom 28. Juni 1919 (Artikel 354 bis 362)

Artikel 354 Vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages an regelt sich die Rheinschiffahrt weiterhin nach dem Mannheimer Abkommen vom 17, Oktober 1868 nebst Schlussprotokoll mit folgenden Massgaben: Bei etwaigen Widersprüchen zwischen einzelnen Vorschriften des genannten Abkommens und den Vorschriften des oben im Artikel 8381) erwähnten allgemeinen Übereinkommens, das auch auf den Bhein Anwendung findet, gehen die Vorschriften des allgemeinen Übereinkommens vor.

Längstens binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages tritt dio im Artikel 855 erwähnte Zentralkommission zum Zwecke des Entwurfs einer Neufassung dos Mannheimer Abkommens zusammen. Dieser Knt \\urf wird nach Massgabe der Vorschriften des allgemeinen Übereinkommens aufgestellt, wenn dieses zu dem gedachten Zeitpunkt boroits abgeschlossen ist, und don in der Zentralkommission vertretenen Mächten vorgelegt.

!) Artikel 338. An Stelle der in den Artikeln 332 bis 337 festgesetzten Ordnung (Bestimmungen über Elbe, Oder, Memel und Donau) soll als Ersatz eine andere treten, die m einem von den alliierten und assoziierten flachten entworfenen und vom Volkerbund genehmigten allgemeinen Übereinkommen über die schiffbaren Wasserstrassen, d«ren internationalen Charakter das Übereinkommen anerkennt, niedergelegt wird. Dieses Übereinkommen findet namentlich auf die Gesamtheit oder einen Teil der obenerwähnten Flussgebiete der Elbe (Labe), Oder (Odra), Memel (ßussstrom, Njemen) und der Donau sowie auf die anderen Teile der gedachten Flussgebiete Anwendung, die sich mit ihnen unter einen gemeinsamen allgemeinen Gesichtspunkt bringen lassen.

Deutschland verpflichtet sich, entsprechend den Vorschriften des Artikels 379, dem gedachten allgemeinen Übereinkommen sowie allen. Vorschlägen auf Abänderung der geltenden, gemäss dem nachfolgenden Artikel 348 festgesetzten internationalen Abmachungen und Bestimmungen beizutreten.

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Deutschland erklart schon jetzt seine Zustimmung zn dem in der obigen Weise aufgestellten Entwurf.

Ausserdcm werden die in den folgenden Artikeln behandelten Abänderungen sofort m das Mannheimer Abkommen aufgenommen.

Die alliierten und assoziierten Mächte behalten sich das Eecht vor, sich darüber mit den Niederlanden zu verständigen. Deutschland verpflichtet sich schon jetzt, seine Zustimmung zu jeder derartigen Vereinbarung zu geben, sobald es darum ersucht wird.

Artikel 855 Der durch das Mannheimer Abkommen vorgesehene Zentralausschuss besteht künftig aus 19 Mitgliedern, nämlich aus: 2 Vertretern der Niederlande, 2 Vertretern der Schweiz, 4 Vertretern der deutschen Eheinuferstaaten, 4 Vortretern Frankreichs, das ausserdem den Vorsitzenden des Ausschusses ernennt, 2 Vertretern Grossbritanniens, 2 Vertretern Italiens, 2 Vertretern Belgiens.

Die Zentralkommission nimmt ihren Sitz in Strassburg.

Jede Abordnung hat soviel Stimmen, als ihr Vertreter zustehen, gleichviel ·wieviel Mitglieder anwesend sind.

Können einige dieser Vertreter boi Inkrafttreten des ge'genwartigen Vertrages nicht ernannt werden, so sind die Entschliessungen dieser Kommission trotüdem gültig.

Artikel 856 Die Schiffe aller Nationen und ihre Ladungen gemessen dieselben Eechte und Vorrechte wie die der Bheinschiffahrt dienenden Schiffe und ihre Ladungen.

Keine der in den Artikeln 15 bis 20 und 26 des vorerwähnten Mannheimer Abkommens, in Artikel 4 des Schlussprotokolls oder in den spateren Abkommen enthaltenen Bestimmungen steht der freien Schiffahrt von Schiffen und Besatzungen irgendwelcher Staatsangehörigkeit auf dem Ehein und auf den Wasserwegen, auf die sich die gedachten Abkommen beziehen, entgegen, vorausgesetzt, dass die von der Zentralkommission erlassenen Vorschriften ubor den Lotsendienst und andere Polizoianordnungen beobachtet werden.

Die Vorschriften des Artikels 22 des Mannheimer Abkommens und des Artikels 5 des Schlussprotokollä finden lediglich auf die als Eheinschiffe eingetragenen Schiffe Anwendung, Die Zentralkommission bestimmt die Art und

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Weise, in der festgestellt wird, ob die anderen Schiffe den allgemeinen für die Rheinschiffahrt gültigen Vorschriften entsprechen.

Artikel 357 Längstens binnen drei Monaten nach erhaltener amtlicher Benachrichtigung tritt Deutschland an Frankreich einen Teil der Schlepper und Schiffe, die nach Abzug der zur Wiederherstellung und Wiedergutmachung abgegebenen, in den deutschen Eheinhäfon eingetragen bleiben, sowie dor Geschäftsanteile an den deutschen Rheinschiffahrtsgesellschaften ab.

Im Falle der Abtretung von Schiffen und Schleppern müssen diese, mit ihrem Zubehör und ihrer Ausrüstung verschon, in gutem Zustand und für den Handelsverkehr auf dorn Ehein geeignet sein sowie unter den letzten Neubauten ausgewählt werden.

Dieselben Kegeln finden Anwendung, soweit Deutschland an Frankreich abtritt : 1. Einrichtungen, Anlageplätze, Kaiflächen, Docks, Lagerhäuser, Lade- und Löschvorrichtungen usw., welche deutsche Reichsangehörige oder deutsche Gesellschaften im Hafen von Eotterdam am I.August 1914 besassen; 2. Anteile oder Interessen, die Deutschland oder deutsche Reichsangehörige zu demselben Zeitpunkt an den genannten Einrichtungen hatten.

Umfang und Einzelheiten dieser Abtretung werden binnen oinos Jahres nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages unter Berücksichtigung der berechtigten Bedürfnisse der Beteiligten durch einen oder mehrere, von den Vereinigten Staaten von Amerika ernannte Schiedsrichter bestimmt.

Die im gegenwärtigen Artikel vorgesehenen Abtretungen geben Anspruch auf eine Entschädigung, deren durch den oder die Schiedsrichter in Bausch und Bogen festgesetzter Gesamtbetrag keinesfalls den Anschaffungswert des abgetretenen Materials und der abgetretenen Einrichtungen übersteigen darf und auf die von Deutschland geschuldeten Summen anzurechnen ist; Deutschland hegt die Entschädigung der Eigentümer ob.

Artikel 358 Unbeschadet seiner Verpflichtung, den Bestimmungen des Mannheimer oder des an seine Stelle tretenden Abkommens sowie don Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags nachzukommen, hat Frankreich auf dem ganzen Laufe des Eheins zwischen den äussersten Punkten der französischen Grenzen : a. das Recht, zur Speisung dor bereits gebauten oder noch zu bauenden Schiffahrts- und Bewässerungskanäle oder für jeden ändern Xweck Wasser aus dem Rhein zu entnehmen und auf dem deutschen Ufer alle für die Ausübung dieses Eechts erforderlichen Arbeiten auszuführen,

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b. das ausschlicssliche Eecht auf die durch die Nutzbarmachung des Stromes erzeugte Kraft mit dem Vorbehalt, dass dio Hälfte des Wertes dor tatsächlich gewonnenen Kraft an Deutschland vergütet werden nxus&. Diese Vergütung wird m Geld oder in Kraft geleistet; der unter Berücksichtigung der Kosten der für die Krafterzeugung notwendigen Arbeiten berechnete Vertrag wird, falls darüber kein Einverständnis erzielt wird, dutch Schiedsspruch bestimmt. Zu diesem Zweck ist Frankreich allein zur Ausführung aller Nutzbarmachungs-, Stau- und sonstigen Arbeiten, die es zur Krafterzougung für erforderlich hält, in diesem Teile des Stromes berechtigt.

Das Eecht, aus dem Khein Wasser zu entnehmen, wird auch Belgien für die Speisung des unten vorgesehenen Bhein-Maas-Sclnffahrtsweges zuerkannt.

Die Ausübung der in den Paragraphen a und 6 dieses Artikels erwähnten Eechte darf weder im Ehcinbett noch in den etwa an seine Stelle tretenden Ableitungen die Schiffbarkeit beeinträchtigen oder dio Schiffahrt erschweren; auch darf sie koino Erhöhung der bis dahin nach Massgabo dos geltenden Abkommens erhobenen Abgaben nach sich ziehen. Alle Bauentwurfe sind der Zentralkommission zur Feststellung, ob diese Bedingungen erfüllt sind, mitzuteilen.

Zur Gewahrleistung dor gehörigen und getrculichen Durchführung der in den Paragraphen a und b enthaltenen Vorschriften übernimmt Deutschland folgende Verpflichtungen : 1. Es wird don Bau keines Seitenkanals und keiner Ableitung auf dem rechten Stromufer gegenüber der französischen Grenze unternehmen oder zulassen; 2. Es gesteht Frankreich das Anlege- und Wcgcrecht, in allen rechtsrheinischen Gelandesüeifen zu, dio fur die Vorarbeiten, die Einrichtung und den Betrieb der Wehre, die Frankreich mit Zustimmung der Zcntralkommission spater sich zu bauen entschliesst, erforderlich sind. Gemass dieser Zustimmung ist Frankreich zur Bestimmung und Abgrenzung der erforderlichen Gelandeplatze befugt und darf die Gelände nach Ablauf von zwei Monaten nach einfacher Benachrichtigung in Besitz nehmen, mit dor Massgabe, dass es an Deutschland Entschädigungen bezahlt. deren Gesamtbetrag durch die Zentialkommission festgesetzt wird. Deutschland liegt es ob, die Eigentümer der mit diesen Dienstbarkoiten belasteten oder durch die Arbeiten endgültig in Anspruch genommenen Grundstucke zu entschädigen.
Auf Antrag der Schweiz worden ihr, wenn die Zentralkommission ihre Genehmigung gibt, dieselben Eechte für den Teil des Stromes eingeräumt, der ihre Grenze mit den anderen Uferstaaten bildet; 3. Es übermittelt der französischen Eegierung innerhalb des ersten Monats nach Inkrafttreten dos gegenwartigen Vertrags alle Plane, Vorarbeiten, Konzessionsentwurfe und Lastonhefte, die den Ausbau des Eheins für irgendeinen Zweck betreffen und von dor Eegierung Elsass-Lothrmgens oder des Grossherzogtums Baden aufgestellt oder übernommen sind.

489 Artikel 359 In den Abschnitten dos Bheins, welche die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bilden, darf unbeschadet der vorhergehenden Bestimmungen in dem Strombett oder auf einem der beiden Ufer keine Arbeit ohne vorherige Zustimmung der Zentralkommission oder ihrer Abgeordneten ausgeführt werden.

Artikel 360 Frankreich behält sich die Befugnis vor, in die Hechte und Pflichten einzutreten, die sich aus den Abmachungen zwischen der Eegierung von ElsassLothringen und dem Grosshcrzogtum Baden bezüglich der am Bhein auszuführenden Arbeiten ergeben; es kann auch diese Abmachungen binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags kündigen.

Desgleichen hat Frankreich die Befugnis, die Arbeiten ausführen zu lassen, die von der Zentralkornmission für die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Schiffahrt des Bheins oberhalb Mannheims für notwendig erklärt werden.

Artikel 361 Falls sich Belgien hinnen 25 Jahren nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags entschliesst, einen Grosschiffahrtsweg Ehein-Maas in der Höhe von Buhrort zu bauen, ist Deutschland verpflichtet, den auf seinein Gebiete gelegenen Teil dieses Schiffahrtswegs nach den ihm von der belgischen Eegierung mitgeteilten Plänen und nach Zustimmung der Zentralkommission zu bauen.

Die belgische Eegierung hat in diesem Falle das Eecht, alle erforderlichen Vorarbeiten auf dem Gebiete vorzunehmen.

Falls Deutschland die Arbeiten ganz oder teilweise nicht ausführt, ist die Zentralkommission befugt, sie an seiner Stelle ausführen zu lassen. Zu diesem Zweck kann sie zwei Monate nach einfacher Benachrichtigung, gegen die von ihr festzustellende und von Deutschland zu zahlende Entschädigung die erforderlichen Geländeplätze bestimmen und abgrenzen sowie den Grund und Boden in Besitz nehmen.

Dieser Schiffahrtsweg tritt unter dieselbe Verwaltungsordnung wie der Bhein selbst. Die Umlegung der Anlagekosten auf die von dem Schiffahrtsweg durchschnittenen Staaten einschliesslich der oben genannten Entschädigung erfolgt durch die Zentralkommission.

Artikel 3G2 Deutschland verpflichtet sich schon jetzt, keinen Widerspruch gegen irgendwelche Vorschläge der Zentralkommission für Eheinschiffahrt zu erheben, die die Ausdehnung ihrer Zuständigkeit bezwecken:

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1. auf die Mosel von der französisch-luxemburgischen Grenze ab bis zum Ehein, vorbehaltlich der Zustimmung Luxemburgs ; 2. auf den Ehein oberhalb Basel bis zum Bodensee, vorbehaltlich der Zustimmung der Schweiz; 8. auf die Beitenkanale und Fahrtrinnen, die etwa zur Vordoppelung oder Verbesserung der von Natur schiffbaren Abschnitte des Eheins oder der Mosel oder zur Verbindung zweier von Natur schiffbarer Abschnitte dieser Wasserläufe gebaut werden, ebenso auf alle anderen Teile des rheinischen Plussgebiets, welche etwa unter das im Artikel 888 vorgesehene allgemeine Übereinkommen fallen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Genehmigung des Übereinkommens zur Revision der in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte (Vom 4. September 1964)

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1964

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37

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17.09.1964

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