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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über zusätzliche Leistungen an die Landesausstellung (Vom 15. September 1964)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen eine Botschaft samt Entwurf eines Bundesbeschlusses über zusätzliche Leistungen an die Landesausstellung 1964 zu unterbreiten.

I. Entwicklung der finanziellen Lage 1. Der Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1961 über Beiträge an die Schweizerische Landesausstellung 1964 (BB11961 II1857) sah Defizitgarantien von 17,5 Millionen Franken und eine Subvention zugunsten der Land- und Porstwirtschaftsausstellung von 3,5 Millionen vor. Gleich den Garantion des Kantons Waadt und der Stadt Lausanne von insgesamt 10 Millionen wurden die Garantiebeträge vorschussweise ausbezahlt. Zusammen mit rund 5 Millionen Franken Subventionen der anderen Kantone deckten diese Mittel einige Zeit den Kassenbedarf. Später inussten die laufenden Ausgaben, die vor Eröffnung der Ausstellung zahlbar waren, aus Darlohen bestritten werden; die Banken stellten 22 Millionen und dor Bund 18 Millionen Franken als Darlehen zur Verfügung (Bundesbeschluss vom 20. März 1968, BEI 1963 1747). Nach einer Vereinbarung, die gestützt auf den Bescbluss getroffen wurde, waren die Bundesdarlehen auf Ende September und Oktober 1964 rückzahlbar, nach den Bankendarlehen, die bis Ende August 1964 voll abbezahlt sein sollten.

2. Der verantwortliche Träger der EXPO, das als Verein konstituierte Organisationskomitee, nahm seinerzeit an, nach der Eröffnung werde die Ausstellung den Tresoreriebedarf - einschliesslich der Backzahlung der Darlehen fast vollständig aus den laufenden Einnahmen docken können. Diese Annahme hat sich nicht bestätigt.

590 Die Ausgaben der EXPO gemäss Budget vom Juni 1963 beliofen sich auf 179,5 Millionen Franken und die budgetiorten Einnahmen, auf 169,9 Millionen.

Von 27,5 Millionen Franken Defizitgarantien wurden damals 15 Millionen in den Voranschlag einbezogen. Im April 1964 mussten die Ausgaben um 8,3 Millionen höher veranschlagt werden. Die Einnahmen wurden um 3,9 Millionen höher eingesetzt. Bei voller Beanspruchung der Defizitgarantien verblieb ein Fehlbetrag von 1,5 Millionen Franken. Ein ungedeckter Betrag von weniger als einem Prozent des Budgetplafonds erweckte vorläufig noch keine Bedenken, weil das Organisationskomitee, dem der letzte Entscheid zustand, die Budgetierung als vorsichtig erachtete. Für einen zusätzlichen Tresoreriebedarf von 4 bis 5 Millionen stand ein Darlehen der Stadt Lausanne in Aussicht.

Im Mai betrug die Besuchereinbusse gegenüber der Prognose für diesen Monat 6 Prozent. Die Differenz stieg im Juni und Juli immer mehr an; trotz Zunahme der Besucherzahlen seit Ende Juli beträgt sie heute 18 Prozent. Nach den letzten Schätzungen wird bis zum Ausstellungsschluss die Zahl der Eintritte 10 Millionen überschreiten, aber das budgetierte Minimum von 13,7 Millionen trotz der erfreulichen Zunahme der Besucherzahl nicht erreichen. Die Einnahmen werden unter den vorgesehenen Summen bleiben. Zudem haben die Ausgaben für Bauten und Einrichtungen zugenommen. Gegenüber dem Budget vom Juni 1963 dürfte die Erhöhung ungefähr 11 Prozent betragen, wovon ein Teil teuerungsbedingt ist. Gesamtsohweizerisch stiegen seit Mitte 1963 die Löhne und die Baukosten um etwa 6 bis 8 Prozent an. Die Ausstellung bemühte sich um Einsparungen, aber an den meisten Ausgaben war nichts mehr zu ändern. An dieser Stelle sei vermerkt, dass kaum je einer grossen Ausstellung finanzielle Überraschungen erspart blieben. Der aussergewöhnliche Charakter eines solchen Unternehmens erschwert den verantwortlichen Organisationen und Trägern der Ausstellung zuverlässige Berechnungen.

u. Neue Leistungen 1. Namens des Ausstellungsvereins gelangte am 10. Juli 1964 die Direktion mit einem Gesuch um ein weiteres Tresoreriedarlehen an den Bund. Der ungedeckte Kassenbedarf von Ende Juli bis Ende August wurde auf 17 Millionen Franken geschätzt. Angesichts der Dringlichkeit des Geschäftes beschloss der Bundesrat am 17. Juli, Ende des Monats
ein Darlehen von 10 Millionen Franken zu gewähren. Es wurde mit der Bedingung verknüpft, dass der Kanton Waadt und die Stadt Lausanne ihrerseits Darlehen von zusammen 11 Millionen gewähren, wobei die bereits erbrachten Leistungen der Stadt Lausanne auf ihren Anteil angerechnet wurden. Der Bundesrat behielt die Zustimmung der Finanzdelegation der eidgenössischen Bäte vor. Sie pflichtete am 24. Juli dem Beschluss bei, worauf der Betrag ausbezahlt wurde. Dabei hatte es die Meinung, dass der erforderliche Kredit dem Parlament nachträglich mit einer besonderen Vorlage zur Bewilligung unterbreitet werden müsse. Die neuen Darlehen ermöglichten der Ausstellung namentlich auch, die Bankendarlehen von 22 Millionen bis auf 7 Millionen zurückzuerstatten.

591 2. Anf Grund des Standes von Ende Juli und von Schätzungen gelangten die Ausstellung und die Eidgenössische Finanzkontrolle nach einer neuerlichen Prüfung zum Schluss, dass von August an immer noch ein ungedeckter Kassenbedarf von etwa 16 Millionen Franken bestehe.

Der Bundesrat orientierte die Finanzdelegation über die neue Situation.

Sie erklärte, weitere Bundesleistungen grösseren Ausmasses fielen ausser Betracht, bevor das Parlament entschieden habe. Gemäss ihrer Empfehlung fragte die Ausstellung die beteiligten Banken an, ob sie mit der Stundung des Darlehensrestes von 7 Millionen Franken einverstanden sei. Ferner gelangte sie, ebenfalls gemäss j ener Empfehlung, an eine Beih e grösserer Banken, um neue Darlehen zu erhalten. Die Bemühungen scheinen erfolgreich zu sein, so dass zurzeit kein Anlass besteht, die Leistungen der öffentlichen Hand zu erhöhen. Doch möchten die Banken gegen ein Verlustrisiko gesichert sein. Der Bundesrat erachtet es als selbstverständlich, dass die Banken nicht die Eolle eines Defizitträgors übernehmen können. Dies setzt voraus, dass die Darlehen der Banken vor jenen von Bund, Kanton Waadt und Stadt Lausanne zurückbozahlt -werden, was durch eine Erklärung der drei Gemeinwesen zu bestätigen wäre. Die Banken wurden im übrigen der Ausstellung erst dann einen zusätzlichen Kredit eröffnen, wenn die Bundesversammlung von den Ausführungen der Botschaft Kenntnis genommen und Beschluss gefasst hat. Nach den heute verfügbaren Unterlagen sollte die Ausstellung in der Lage sein, ohne neue öffentliche Mittel die ßankendarlehen vollständig zurückzuzahlen. Würde diese Annahme nicht zutreffen, so müsste eine weitere Vorlage ausgearbeitet werden.

8. Damit gelangt man zur Frage nach dem endgültigen finanziellen Ergebnis der Ausstellung. Sie kann zurzeit nicht genau beantwortet werden, weil über die gesamte Besucherzahl, über die durchschnittlichen Einnahmen pro Besucher und über den Erlös aus Verkauf von Bauten und anderen Objekten vorläufig nur Schätzungen möglich sind. Bestimmt wird auch nach voller Beanspruchung der Defizitgarantien ein erheblicher Fehlbetrag übrigbleiben. Von heute aus gesehen sollte die Deckung keine zusätzlichen öffentlichen Mittel erfordern. Das setzt aber voraus, dass der Bund die ursprünglich als Darlehen gewährten Beträge von nicht weniger als 28
Millionen Franken in eine Defizitgarantie umwandelt.

m. Zum Beschlusses-Entwurf 1. Der Bundesbeschluss bezieht sich auf die bereits erbrachten Leistungen, vorab auf die im Juli gewährten 10 Millionen Franken. Dieses Darlehen ist nach vorläufiger Abmachung zu 3% Prozent zu verzinsen. Im Hinblick darauf, dass die Bückzahlung der 10 Millionen nur zum Teil möglich sein dürfte, gebietet eine realistische Betrachtungsweise, diese Leistung nicht mehr als Darlehen zu behandeln und von einer Verzinsung abzusehen. Die Landesausstellung hätte sie erst nach Deckung der laufenden Verbindlichkeiten zurückzuzahlen. Gleiches muss leider auch für das'frühere Darlehen von 18 Millionen Franken in Aussicht

592 genommen worden. Vorausgesetzt wird, dass sich der Kanton Waadt und die Stadt Lausanne ebenfalls an einer zusätzlichen Defizitdeckung beteiligen.

2. Die Voraussetzung, dass der Kanton Waadt und die Stadt Lausanne Darlehen von zusammen 11 Millionen Franken erbringen, ist erfüllt worden. Die näheren Bedingungen sollen gestützt auf den neuen Beschluss zwischen Bund, Kanton Waadt, Stadt Lausanne und Ausstellung vereinbart werden.

IV. Schlussbemerkungen 1. Das Engagement des Bundes für die Landesausstellung, die beantragte zusätzliche Leistung eingeschlossen, erreicht folgende Betrage : MO Fr.

Defizitgarantien (Bundesbeschluas vom 20. Dezember 1961) Tresoreriedarlehen (Bundesbeschluss vom 20.März 1963) Neuer Vorschuss (Bundesratsbeschluss vom 17. Juli 1964)

17,5 18,0 10,0 Total

45,5

Dazu kommen eine Subvention von 8,5 Millionen Pranken an die Land- und Forstwirtschaftsausstellung und die Beteiligung als Aussteller, die ohne SBB und PTT gegen 17 Millionen Franken beanspruchen wird, und ein Kredit von 1,8 Millionen für Informationsaktionen, namentlich für die Orientierung des Auslandes über die Schweiz.

2. Nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten ist der Landesausstellung ein bemerkenswerter Erfolg beschieden. Sie hat besonders auch das Verständnis zwischen den Bürgern der verschiedenen Landesteile gefördert. Die Besucher tragen eindruckliche und fruchtbringende Fjrinnerungen mit nach Hause. Sie werden am ehesten die Zögernden bewegen, ebenfalls diese grosse nationale Schau zu besuchen, um ihr zu einem möglichst erfolgreichen Abschluss zu verhelfen.

Dass eine Landesausstellung mit kritischen Augen betrachtet wird, ist selbstverständlich. Aber abgesehen von wenigen Ausnahmen versagen auch die Kritiker der EXPO dio Anerkennung nicht. Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass ausländische Besucher über die Landesausstellung ein ausgesprochen günstiges Urteil abgeben. Das Schweizervolk, soweit es die EXPO schon besucht hat, reagiert in seiner überwiegenden Mehrheit durchaus positiv. Wir geben der Hoffnung Ausdruck, dass dies bis zum Schlusstag, dem 25. Oktober, für alle Bürger zutreffe. So wichtig die finanzielle Seite ist, noch mehr zählt der Umstand, dass sich die schweizerische Nation wieder einmal ihrer Grundlagen, ihrer Möglichkeiten und künftigen Bestimmung bewusst zu werden versucht. Die Probleme des Landes werden teils sehr originell in neuen Perspektiven aufge-

593 zeigt, wobei es besonders wertvoll ist, dass die TVestschweiz einen bedeutsamen Beitrag an die Darstellung der Zukunftsaufgaben geliefert hat.

8. Der Beschlussesentwurf kann sich auf keine ausdrückliche Bestimmung der Bundesverfassung stutzen. Von jeher haben indessen Eechtswissenschaft und Praxis eine Zuständigkeit des Bundes zur Erfüllung von Aufgaben, welche die Verfassung nicht namentlich aufführt, anerkannt. Solche Aufgaben sind in einem gewissen Mass dem Bundesstaate wesenseigen. Die Landesausstellungen entsprechen einem nationalen Bedürfnis, indem sie vor allem die in Artikel 2 der Bundesverfassung erwähnte Beförderung der gemeinsamen Wohlfahrt der Eidgenossen zum Gegenstand haben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15.September 1964.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : L. von Moos Der Bundeskanzler: Ch. Oser

Bundesblatt. 116. Jahrg. Bd. IL

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594 (Entwurf)

Bimdesbesehluss über zusätzliche Leistungen an die Landesausstellung 1964

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. September 1964, beschliesst :

Art. l Die Bundesversammlung nimmt in zustimmendem Sinne davon Kenntnis, dass der Bundesrat am 17. Juli 1964 der Landesausstellung 1964 einen dringlichen Vorschuss von 10 Millionen Franken gewährt hat.

2 Der Vorschuss ist unverzinslich. Die Landesausstellung zahlt ihn soweit möglich nach Deckung ihrer sonstigen Verbindlichkeiten zurück, unter der Auflage, dass die Darlehen des Kantons Waadt und der Stadt Lausanne von je 5,5 Millionen erst zusammen mit dem Vorschuss des Bundes geinäss Absatz l zurückerstattet werden.

Art. 2 Das Bundesdarlehen von 18 Millionen Franken gemäss Bundosbeschluss vom 20.März 1963 ist unverzinslich. Die Landesausstellung zahlt es soweit möglich zurück. Unter der Bedingung, dass sich der Bund, der Kanton Waadt und die Stadt Lausanne über ihre endgültigen Leistungen an die Landesausstellung einigen, ist es erst nach den Vorschüssen der drei Gemeinwesen gemäss Artikel l rückzahlbar.

Art. 8 1 Dieser ßeschluss ist nicht allgemeinverbindlich und tritt sofort in Kraft.

2 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt. Er setzt die näheren Bedingungen fest.

1

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über zusätzliche Leistungen an die Landesausstellung (Vom 15. September 1964)

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1964

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01.10.1964

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