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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Ergänzung des Nationalstrassennetzes durch einen Strassentunnel unter dem Gotthard (Vom 22. Dezember 1964)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über dio Ergänzung des Nationalstrassennetzes durch einen Strassontunnel unter dem Gotthard vorzulegen.

I. Einleitung In der Frühjahrs- und der Sornmersession I960 haben die eidgenössischen Eäto das Nationalstrassennetz festgelegt. .Der entsprechende Beschluss vom 21. Juni 1960 (AS1960, 872) sieht für den Nord-Sud-Transitverkehr durch unser Land drei ganzjährig befahrbare Verbindungen vor: eine im Westen, eine in der Mitte und eine im Osten der Schweizer Alpen; nämlich aus dem Bhonetal der Simplon, aus. dem Beusstal der Gotthard und aus dem Bhointal der Bernhardin.

Von diesen drei Verbindungen sollte nach dem Antrag des Bundcsrates vorerst nur die Bernhardiuroute einen Tunnel erhalten. Demgegenüber gelangte der Bundesrat gestützt auf die Untersuchungen der Planungskommission des Eidgenössischen Departements des Innern zum Schiusa, dass am Gotthard und Simplon vorläufig der Bahnverlad zur Bewältigung des "Winterverkehrs noch genüge.

Schon bei der Beratung des Nationalstrassennetzes in den eidgenössischen Bäten war aber offensichtlich, dass die von der Planungskommission vorgesehene Verkehrszunahme viel rascher eintreten werde als angenommen worden war, und dass damit auch am Gotthard die Kapazität des Bahnverlades in absehbarer Zeit erschöpft sein durfte. Eine vom Nationalrat am 28.März und vom Ständerat am

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8. Juni I960 angenommene Motion verlangte daher vom Bundcsrat die sofortige Aufnahme von Studien über einen zweiten Gotthardtunnel; sie hatte folgenden Wortlaut: «Der Bundesrat wird beauftragt, den Bau eines Tunnels für den wintersicheren Strassenverkohr durch den Got thard unverzüglich zu prüfen und darüber den eidgenössischen Eäten Bericht zu erstatten und Antrag zu stellen».

Bereits im April desselben Jahres setzte das Eidgenössische Departement des Innern dio sogenannte «Studiengruppe Gotthardtunnel» ein. Geleitet wurde diese Kommission vom Amt für Strassen-und Mussbau, und ihr gehörten Vertreter der Kantone Uri und Tessin, der Schweizerischen Bundesbahnen, der Strassenbenützer, Strassen- und Tunnelbaufachleute und technische und volkswirtschaftliche Experten an. Die Kommission hatte die folgenden Fragen zu beantworten : 1. Welcher Ergänzungen bedürfen die bestehenden Einrichtungen am Gotthard, um den künftig zu erwartenden winterlichen Strassenverkehr zu bewältigen ?

2. In welcher Höhenlage ist ein allfälligcr zweiter Gotthardtunnel zu erstellen ?

3. Für welches Transportsystem ist ein solcher Tunnel einzurichten?

4. Bis zu welchem Zeitpunkt soll diese Anlage fertiggestellt worden ?

Ende Februar 1963 hielt die Studiengruppe Gotthardtunnel die für die Variantenwahl entscheidende Schlusssitzung ab. Gestutzt auf ihre eingehenden technischen, verkehrstechnischen, wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Untersuchungen schlug sie dem Eidgenüssischen Departement des Innern den Bau eines Strassentunnels von Göschenen nach Airolo vor. Diesen Antrag hat die Studiengruppe in einem umfassenden und reich dokumentierten Schlussbericht vorn September 1963 begründet, der den Mitgliedern der eidgenössischen Bäte seinerzeit abgegeben worden ist.

II. Der Vorschlag der Studiengruppe Gotthardlunnel für die Erstellung eines Strassentunnels Göschenen-Airolo A. Allgemeines 1. "Die. Strassenverbindungen int schiceizeriscfan Âlpengebiet In Europa lassen sich neben ändern zwei Bäume hoher Produktivität und grosser Bevölkerungsdichte abgrenzen: Italien und Nordwesteuropa. Italien ist der agrarwirtschaftlieh und industriell wichtigste Teil des europäischen Mittelmeergebietes; zu Nordwestcuropa gehören die Industrieländer Westdeutschland, Luxemburg, Belgien, die Niederlande, Nord- und Ostfrankreich, sowie in weiterer
Entfernung England und Skandinavien. Die zwei Bäume sind wirtschaftlich in mancher Fnnsicht komplementär, so dass zwischen ihnen ein starkes Verkehrsgefälle besteht. Dem Austausch von Bohstoffen, Industrieprodukten und Lebensmitteln und dem dazugehörenden geschäftlichen Personenverkehr Bundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

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1570 überlagert sich ein intensiver Touristenverkehr aus dem kühleren Norden nach den bevorzugton Erholungsgebieten des Südens. Orographisch sind die beiden Bäume durch die Alpenkette getrennt, deren mittlerer und verkehrsgeographisch bedeutendster Teil von der Schweiz eingenommen wird. Die kürzesten Verbindungen zwischen Nordwesteuropa und Italien führen durch unser Land. Es sind dies die Alpenpässe aus demEhonetal, aus dem Aare-Rcuss-Limmat-Gebiet und aus dem Eheintal nach dem Tessin und nach Italien. Sie kulminieren zwischen 3919 m ü.M. (Lukmanier) und 2472 m ü.M. (Grosser St.Bernhard). Mit Ausnahme des Juliers sind alle Übergänge im Winter geschlossen, wobei allerdings am Simplon und am Gotthard der Automobilverkehr durch den Verlad auf die Bahn während des ganzen Jahres möglich ist. Die Zeit der Befahrbarkeit der offenen Passrouten beträgt im Mittel 145 Tage (Grosser St.Bernhard) bis 220 Tage (Simplon). Die grosse Meereshöhe der Pässe hat nicht nur die winterliche Schliessung zur Eolge, sondern der Alpenwall stellt sich namentlich auf der Südseite dem Strassenverkehr als schroffe Barriere entgegen. Seit diesem Frühjahr ist nun auch der Grosse-St.-Bernhard-Tunnel offen, der mit seinen 5,8 km bis heute der längste im Betrieb stehende Strassentunnel der Welt ist. Die dortigen Erfahrungen werden namentlich in verkehrstechnischer Hinsicht für die weitere Behandlung der Alpcnstrassentunnel von grossem Wert sein.

Die Alpen sind aber auch ein Hindernis für den schweizerischen Binnenverkehr. Von der Südschweiz ist bis heute im Winterhalbjahr der Strassenverkehr nach den Hauptgebieten des Landes nur über die an sich gut funktionierende rollende Strasse des Bahnverlades am Gotthard möglich. Der im Bau befindliche Bernhardintunnel wird zwar das tessinische Strassennetz aus seiner winterlichen Isolierung lösen, wodurch einem alten Begehren der Südschweiz wenigstens teilweise entsprochen wird. Wegen der peripheren Lage seiner nördlichen Zufahrt besteht aber nach wie vor das Bedürfnis nach einer Winterrouto, die direkt in die Hauptwirtschaftsgebiete der nördlichen Schweiz, d.h. in den Baum ZürichBasel-Bern, führt.

2. Das Einzugsgebiet des Gotthards

Wie die Schweizer Pässe in Europa zentral liegen, so bildet die Gotthardroute Basel-Luzern-G-otthard-Chiasso die zentrale schweizerische Nord-SüdTransversale. Ihr Einzugsgebiet lässt sich nach zwei Gesichtspunkten wie folgt bestimmen: - Auf Grund der Fahrzeiten Vom Einzugsgebiet eines Passes kann nur dann gesprochen werden, wenn das Zielgebiet gegeben ist. Wenn auch die Zielgebiete geographische Räume sind, so können für diese doch genau genug repräsentative Ziel- und Durchgangspunkte gesetzt werden, Eür Italien hat die Planungskommission seinerzeit die folgenden vier Orte gewählt: Mailand, stellvertretend für die Lombardei, Genua, stellvertretend für die ligurische Küste, Turin für das Piémont, und Verona für Venetien. Für den Transitverkehr ist diejenige Boute die beste, die

1571 am schnellsten und auf dem kürzesten Wege zum Ziele führt. So verstanden, ergibt sich die Grenze zwischen den Einzugsgebieten zweier benachbarter Pässe durch die Linie, von der aus der Weg nach dem gegebenen Zielpunkt über beide Pässe gleich lang ist. Für die Zielpunkte Mailand, Genua und Verona bedeckt der Fächer des Gotthards die ganze Mittelschweiz und den nordwesteuropäischen Baum, wobei die Achse ungefähr mit der Eheinlinie zusammenfällt (Abb.l).

- Auf Grund der Verkehrsstatistik Die oben erwähnte theoretische Bestimmung des Einzugsgebietes wird durch die Verkehrsstatistik recht gut bestätigt, wie dies aus der schematischen Darstellung der Ausfäoherung des Gotthardverkehrs nach seiner Herkunft deutlich hervorgeht, wobei das Strahlenbündel recht weit über das theoretische Einzugsgebiet nach Westen und Osten hinausreicht (Abb.2).

3. Der Verkehr auf dem Gotthard a. Analyse des heutigen Verkehrs Betrachtet man eine Verkehrskarte, in der die Dichte des Strassenverkehrs durch entsprechend e Bandbreiten dargestellt ist, so erkennt man sogleich, wie sich der starke Verkehrsstrom am Gotthard heraushebt (Abb. 8). Dies kommt noch deutlicher zum Ausdruck, wenn man nur den Ausländerverkehr, etwa nach Herkunftsländern geordnet, betrachtet. Im Durchschnitt erreicht der AusländerVerkehr am Gotthard rund 50 Prozent des Gesamtverkehrs. Vom Zähljahr 1948 bis 1960 ist das Sommermittel des täglichen Verkehrs bei Hospental von 524 (100%) auf 4898 Autos (935%) gestiegen. Im jährlichen Verlauf zeigen die Monatsmittel des Gotthardverkehrs fast genau denselben Gang \vie die Einreisen nach Italien. Von Tag zu Tag treten allerdings recht grosse Schwankungen auf, wobei der Wochenendverkehr bis auf das Doppelte des Werktagsverkehrs ansteigen kann (Abb.4). Der Winterverkehr (Bahnverlad) beläuft sich heute ungefähr auf 12 Prozent, der Anteil der beiden Hauptreisemonate Juli und August beträgt rund 45 Prozent des Jahresverkehrs. Der Verkehr geht im Herbst geraume Zeit vor der Schliessung des Passes wieder zurück. Diese Feststellungen sind für die Beurteilung der verschiedenen Varianten für einen neuen Gotthardstrassentunnel sehr wichtig. Im täglichen Gang treten auf dem Pass nicht, die scharfen Spitzen auf, wie wir sie besonders in der Umgebung grossor Städte kennen, sondern der Verkehrsablauf bleibt vom Vormittag bis
gegen den Abend fast konstant. Wieweit dies seinen Grund in der weiten Entfernung grösserer Städte oder im Erreichen der Kapazität der Strasse hat, lässt sich nicht ohne weiteres beantworten. Wahrscheinlich wirken beide Faktoren gemeinsam.

6. Verkehrsprognose Wenn auch jede Verkehrsprognose wegen der zahlreichen Faktoren, die die Entwicklung bestimmen, problematisch ist, so kann eine systematische Strassenplanung auf solche Vorausschätzungen doch nicht verzichten. Die in der Planung

1572 dos schweizerischen Überlandstrassennetzes angewandte Methode beruht auf der Tatsache, dass im grossen und ganzen zwischen dem Motorfahrzeugbestand und der Grosse des Strassenverkohrs eine recht straffe lineare Korrelation besteht.

Eine Verdoppelung des Autoraobilbestandea bringt m der Eogel auch eine Verdoppelung des Verkehrs mit sich. Diese allgemeine Eegel stimmte nun allerdings beim Gotthard für die Zeit nach dem zweiten "Weltkrieg nicht mit den Tatsachen uberein. Der Verkehr hat hier wesentlich stärker zugenommen als der Motorwagenbestand der Länder des Einzugsgebietes des Gotthards, was seinen Grund wahrscheinlich darin hat, dass sich diese vom Kriege heimgesuchten Länder zuerst erholen musston und dass erst spater der Lebensstandard so stieg, dass Autoreisen nach dem Süden für breitere Bevolkerungskreise möglich wurden.

Im Jahre ]961 betrag das Sommermittel am Gotthard 4800 Autos je Tag.

Da eine Voraussage auf lange Frist unmöglich ist, soll die Vorkehrsprognose für den Gotthard bis zum Jahre 1980, dem sogenannten Hanungsziel, reichen. Die so zeitlich begrenzte Planung darf aber nicht als Endstadium verstanden werden; sie muss vielmehr so konzipiert soin, dass sie für eine weitere Entwicklung offen bleibt und dass ihr keine engen Grenzen gesetzt werden. Für die genannte Zeit, 1961-1980, kann der Zunahmefaktor für das Mittel des Schweizer- und Auslandervcrkehrs zu 2,6 angenommen werden. Daraus resultiert ein Sommermittel 1980 zu 2,6x4800 = 12500 Autos je Tag. Nach den Untersuchungen der Planungskommission darf für die Zukunft der Anteil des Winterverkehrs zu 20 Prozent des Jahrosverkehrs angenommen werden, woraus sich ein Wintermittel 1980 zu 12500:4 = 3100 Autos je Tag und ein Jahresmittel zu 12500 + 3100:2 = 7800 Autos je Tag ergibt. Zu diesem "Wert muss nun noch der zusätzliche Lastwagenverkehr gerechnet werden, der insofern nicht leicht abschätzbar ist, als er sich bis heute wegen dos Ungenugens der Strasse nicht entwickeln konnte.

Die Studiengruppe Gotthardtunnel schätzte ihn auf Grund von Vergleichen auf 9 Prozent oder 700 Autos je Tag; zusammen gelangt man damit auf ein Jahresmittel von 8500 Autos je Tag, ein Sommermittel von 13600 und ein "Winterrmttel von 3400 Autos je Tag.

$ & Für die Leistungsfähigkeit einer Strasse ist aber nicht der Durchschnittsverkehr, sondern der
Spiteenverkehr massgebend. Dieser wird durch die sogenannte Dauerkurve dargestellt, die angibt, während wie vieler Stunden im Jahr eine bestimmte Verkehrsmenge erreicht oder überschritten wird. Dank dem bei Hospental in die Gotthardstrasse eingebauten automatischen Verkehrszähler ist es möglich, diese Daucrkurve aufzuzeichnen. In Verbindung mit der Kenntnis der Kapazität einer Strasse gibt sie ein sehr wichtiges Kriterium für das Ausbaubedurfnis. Wir werden darauf noch zurückkommen.

c. Behinderung des G o t t h a r d v e r k e h r s durch die hohe Kulmination. Die K a p a z i t ä t der G o t t h a r d s t r a s s e Der Alpenwall stellt sich wahrend des ganzen Jahres dem Gotthardverkehr als erhebliches Hindernis entgegen. Die hoho Kulmination von 2108 m u.M.

1578 muss in langen Zufahrten und in künstlicher Linienentwicklung überwunden werden. Wohl ist die Paßstrasse Göschenen-Airolo zum Teil schon nach modernen Alpenstrassennormalien ausgebaut; dennoch stellt die Fahrt über die recht steilen Rampen an die Motorfahrzeuge und ihre Lenker erhöhte Anforderungen. Mängel am Motor zeigen sich oft unerwartet bei der Bergfahrt ; schwächere Personenwagen, Cars und Lastwagen kommen nur langsam voran und behindern damit die ändern Strassenbenützer. Auf der grossen Meereshöhe des Passes sind die Niederschläge häufiger als in Tiefenlagen, und es besteht fast während des ganzen Jahres die Möglichkeit, in unangenehme Schneetreiben zu geraten. Dazu kommt die grössere Häufigkeit von Nebel, der den Verkehr ebenfalls behindert. Im Winter, d. h. im Mittel der Jahre vom November bis April, ist der Pass geschlossen, und der Automobilverkehr ist vollständig auf die rollende Strasse, d.h. auf den Bahnverlad Göschenen-Airolo, angewiesen.

Der Kapazität einer Alpenstrasse sind selbst bei gutem Ausbauzustand recht enge Grenzen gesetzt. Sobald der Verkehr eine gewisse Dichte erreicht, wird die Fahrt stockend, das Überholen ist nur noch beschränkt oder gar nicht mehr möglich, und die Eeisegescbwindigkeit wird dem einzelnen Fahrer, selbst wenn er gewandt ist und über einen starken Wagen verfügt, durch das Verhalten dos Kollektivs aller ändern Fahrer aufgczwungen. Hinter schwachem Personenwagen, Lastwagen und Cars bilden sich Kolonnen, der Verkehr wird zähflüssig und die Fahrt für den eiligen Fahrer zur Nervenprobe.

Dass es sich dabei nicht nur um subjektive Empfindungen, sondern um objektiv feststellbare Tatbestände handelt, zeigten die Messungen der mittleren Reisegeschwindigkeit auf drei typischen Strecken der Gotthardstrasse unter verschiedener Verkehrsbelastung. Auf dem Teilstück Amstog-Wassen wird bei sehr schwachem Verkehr auf der Bergfahrt eine mittlere Reisegeschwindigkeit von 42 km/h erreicht; steigt der Verkehr auf 700 Autos/h, so sinkt sie auf 36 km/h ; in der Tremola entsprechen diesen beiden Verkehrszuständen Geschwindigkeiten von 34 bzw. 24 km/h. In der gut ausgebauten Schöllenen liegen sie zwischen den Werten der beiden ändern Strecken. Noch schlimmer ist in der Tremola die Talfahrt. Bei 700 Autos/h ist nur noch eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h möglich:
in der gut ausgebauten Schöllenen werden bei kleinem Verkehr 43 km/h und bei 700 Autos/h noch 32 km/h erreicht. Durch die im Gange befindliche Verlegung der Tremola-Stras se wird nunmehr der schlimmste Bngpass beseitigt.

Dio Kapazität einer Strasse lässt sich also nicht nur durch das absolute Leistungsvermögen ausdrücken, sondern es spielt dabei noch dia bei einer gegebenen Verkehrsmenge mögliche Reisegeschwindigkeit eine Rolle. Dies führt zur Unterscheidung zwischen eigentlicher Kapazität und der zulässigen Verkehrsmenge, die nach dem Gesagten kleiner ist, weil ja dem Fahrer eine gewisse freie Beweglichkeit geboten werden muss. Kann die absolute oder theoretische Kapazitätsgrenze einer zweispurigen Strasse mit 1600 Autos/h angenommen werden, so irmss die zulässige Verkehrsmenge bei einer gut ausgebauten Alpenstrasse auf

1574 900 Autos/h festgesetzt werden; wird diese Verkehrsmenge überschritten, so wird der Verkehr stockend.

Tragen wir nun diese Grenzen in unsere Dauerkurve durch waagrechte Linien ein, so finden wir, dass im Jahre 1961 während der höchsten Stundenspitze gerade die Grenze der zulässigen Verkehrsmenge erreicht worden ist. Für spätere Jahre kann dank dem linearen Zusammenhang zwischen dem Motorfahrzeugbestand und den verschiedenen Verkohrszuständen die zu erwartende Dauerkurve durch Extrapolation konstruiert werden. Im Jahre 1970 wird die zulässige Verkehrsmenge während rund 180 Stunden überschritten, d. h. die Fahrer sind in dieser Zeit stark behindert. Während der Spitzenstunde steigt der Verkehr nahezu auf die Grenze der absoluten Kapazität von 1600 Autos/h. Im Jahre 1980 wird die zulässige Verkehrsmenge von 900 Autos/h während rund 520 Stunden überschritten und die Kapazitätsgronzo von 1600 Autos/h während 75 Stunden. In dieser Zeit müssten eigentliche Verkehrsstockungen eintreten, falls nicht ein Teil des Verkehrs auf die ändern, in jenem Zeitpunkt bestehenden Strassentunnel durch die Alpen ausweicht (Abb.5).

Aus diesen Resultaten ergibt sich, dass die Klagen wegen ungenügenden Fahrkomforts unserer wichtigsten Nord-Süd-Verbindung durchaus berechtigt sind und dass der Verkehr durch die heutigen Verhältnisse tatsächlich in nicht geringem Masse behindert wird. Schon gegen Ende dieses Jahrzehnts wird der Gotthardpass auch bei grosszügigem Ausbau stark überlastet sein, und im Laufe der siebziger Jahre dürfte der Verkehr während der Spitzenstunden so grosse Stockungen erleiden, dass mit einem eigentlichen Zusammenbruch gerechnet werden muss. Sollte der Schwerverkehr mehr als angenommen zunehmen, würden die Verhältnisse noch schlimmer.

d. Die K a p a z i t ä t des Bahnverlades auf der bestehenden Strecke G-ös ehe n en--Air o lo Die Kapazität des Bahnverlades wird nach dem Ausbau der Verladeeinrichtungen in Airolo im Normalbetrieb 565 und im Spitzenbetrieb 635 Autos/h betragen. Die Spitzenleistung ist allerdings nur möglich, wenn während dieser Zeit der übrige Bahnverkehr, also vor allem der Güterverkehr, gedrosselt wird, ein Zustand, der nur ausnahmsweise, etwa um Ostern, verantwortet werden kann.

Wird der heutige prozentuale Anteil des Winterverkehrs am Gesamtverkehr auf das Jahr 1980 extrapoliert,
so zeigt sich, dass er während rund 80 Stunden nicht mehr bewältigt werden kann; dies führt zu einer Verlagerung auf die nächstfolgenden Spitzenstunden, womit die Bahn im Winterhalbjahr während mehr als 60 Stunden vollständig ausgelastet sein wird. Nimmt man aber an, dass sich der Winterverkehr ohne Hemmung durch den Strassenzustand frei entfalten könnte und somit 20 Prozent des Jahresverkehrs erreichte, so würde die Kapazität des Bahnverlades während 200 Stunden überschritten.

Infolge der dadurch bedingten Stockungen wäre die Bahn während nahezu

1575 400 Stunden im Jahr vollständig ausgelastet. An den Spitzentagen ergäben sich Wartezeiten von über fünf Stunden und wartende Automobilkolonnen von gegen 20 km Länge.

e. Folgerung Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich, dass im Jahre 1980 während des Sommers die Passroute und im Winter der Bahnverlad nicht mehr in der Lage sein werden, den anfallenden Verkehr zu bewältigen, und dass daher der Gotthard einer grundlegenden Verbesserung bedarf. Dies lässt sich nur mit dem Bau eines Tunnels erreichen, durch den die Paßstrecke entlastet, die zu hohe Kulmination gesenkt und die Strasse ganzjährig offen gehalten werden kann.

B. Die möglichen Lösungen für eine wintersichere Strassenverbindung durch den Gotthard 1. Die Aufgabe der Studiengruppe Gotthardtunnel Durch die eingangs erwähnte Motion war die Aufgabe, die die Studiengruppe Gotthardtunnel zu lösen hatte, räumlich klar umgrenzt : Es handelte sich darum, die Möglichkeiten der Ergänzung der Gotthardstrasse durch einen wintorsicheren Tunnel abzuklären. Dank der orographisch hervorragenden Lage der Gotthardroute, die den Alpenwall ohne Benutzung von Längstälern auf dem kürzesten Wege aus zwei Quertälorn überwindet, konnten sich die Studien auf das engere Gotthardgebiet beschränken, das im Noden vom Beusstal und im Süden vom Tossintal erschlossen wird. Nach Xorden und nach Süden war die Begrenzung ebenfalls durch das Gelände vorgezeigt, nämlich im engern Gotthardgebiet durch die Gegend von Gesehenen und Airolo. Da zur vollständigen Abklärung auch der vor geraumer Zeit von privater Seite vorgeschlagene Basistunnel Amsteg-Giornico in die Studien einbezogen werden musste, ergab sich ein erweitertes Untersuchungsgebiet, das durch diese beiden Ortschaften nach Norden und Süden begrenzt wird.

Geologische, klimatologische und topographische Vorstudien zeigten bald, dass im engern Gotthardgebiet nur solche Losungen in Betracht kommen, die sich möglichst an die bestehende Passroute anschmiegen oder ungefähr dem heutigen Bahntunnel folgen; unter der Pass-Senke ergeben sich zudem die kürzesten Schächte für die künstliche Belüftung eines Strassentunnels.

Demgegenüber hat die Motion die Frage des Transportsystems bewusst offen gelassen. Unter dem Begriff «Tunnel für den wintersicheren Strassenverkehr» wollte die Motion nicht in erster Linie oder
ausschliesshch einen Strassentunnel verstanden wissen. Dies hat der Präsident und Berichterstatter deutscher Sprache der nationalrätlichen Kommission anlässlich der Beratungen über das Nationalstrassennetz wie folgt präzisiert: «Es ist... sorgfältig zu studieren, wie die Bedürfnisse des Sommer- und Winterverkehrs aufeinander abgestimmt werden können, welche Lage und schhesshch welche zulässige Länge für einen belüfteten Strassentunnel in Betracht kommt. Die Erfahrungen beim

1576 5,8 km langen St.-Bernhard-Tunnel, beim 6,6 km langen Bornhardintunnel und beim 12 km langen Itont-Blanc-Tunnol worden für den Entscheid am Gotthard eine wertvolle Hilfe sein. Auch über das Verhalten der Fahrer in einem sehr langen Tunnel, wie er für den Gotthard in Frage käme, besteht noch vollständige Ungewissheit, führte doch dio Tunnelangst irn Ausland schon zu Unfällen, Weiter stellt sieh die Frage, ob bei so grosser Tunnellango der Bahnbetrieb nicht vorteilhafter wäre. Alle diese Probleme müssen eingehend abgeklärt werden, bevor mit dem Bau eines 15 km langen Strassentunnels begonnen werden darf.» (Sten .Bull. 1960, NE, 65.) In Übereinstimmung mit dieser Auslegung, die der Motion von den eidgenössischen Bäten mitgegeben worden ist, hat die Studiengruppe Gotthardtunnel ihre Untersuchungen auch auf diese Probleme ausgedehnt, ja, sie hat, in der richtigen Erkenntnis, dass das Gotthardproblem nur als Ganzes behandelt werden kann, bewusst auch die Bisenbahn in ihre Untersuchungen einbezogen. Die Studiengruppe führte zu dieser Frage in ihrem Schiassbericht (S.20/23) wortlieh aus: «Wenn der Gotthard trotz der Schliessung im Winterhalbjahr und trotz seiner hohen Kulmination im Strasscntransitverkehr über die Alpen seine hervorragende Stellung zu behaupten vermochte, so verdankt er dies neben seiner verkehrsgeographisehen Lage nicht zuletzt dem Umstand, dass im Winter dem Automobil die Eisenbahn für den Transport daroh den Tunnel zur Verfügung steht. Dieser Bahnverlad ist vorzüglich organisiert und weist einen dichten Fahrplan auf, so dass er gegenüber der Passfahrt keine Verlängerung der Beisezeit mit sich bringt: nicht zu Unrecht wird dieser Betrieb als die rollende Strasse bezeichnet. Diese funktioniert heute so gut, dass selbst im Sommer, wo die Passstrasse offen ist. von vielen Automobilisten der Bahnverlad der Fahrt über den Gotthard vorgezogen wird, da sie so rascher zum Ziel kommen als auf der überlasteten Strasse.

Als zu Beginn der fünfziger Jahre die Frage einer Untcrtunnclung des Gotthards für den Strassenverkehr die interessierten Kreise vermehrt zu beschäftigen begann, tauchte auch die Idee eines zweiten Bahntunnols Göschenon-Airolo auf, der in ersi er Linie für den Bahnverlad gedacht war. Die Idee war von um so grösserem Interesse, als gegen einen Strassentunnel von der Länge des
bestehenden Bahnttmnels wegen des Mangels an Erfahrungen im Betrieb solcher Anlagen noch ernste Bedenken bestanden. Man hatte damals noch weniger als heute eine sichere Vorstellung darüber, was die Grenzlange eines von den Autos selbst befahrenen Tunnels sein kann. Dass es eine solche Grenzlangc gibt, ist wohl unbestritten. Die .Planungskommission hat deshalb untersuchen lassen, von welcher Tunnellänge an das System der rollenden Strasse gegenüber dem gewöhnlichen Strassentunnel überlegen ist. Sie ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass die Grenzlänge stark von der Verkehrsmenge abhangt und dass der belüftete Strassentunnel mit zunehmendem Verkehr wirtschaftlich gunstiger wird. Die damaligen Annahmen sind aber sowohl hinsichtlich Kosten wie auch Verkehrsannahmen überholt. Auch wird das Problem heute nicht mehr nur als eine Frage des Winterverkehrs betrachtet.

1577 Wie ira folgenden noch gezeigt wird, sieht sich auch die Bahn vor die Aufgabe gestellt, die Gotthardlinie weiter auszubauen, ihre Plane hängen bis zu einem gewissen Grad davon ab, wie das Problem des Strassenverkohrs gelöst wird. Am engsten wäre die Verbindung Bahn und Strasse nach dorn Projekt für einen Basistunnel von Amsteg nach Biasca, wie es von Ing. Grüner vorgeschlagen worden ist und auf das später noch näher eingegangen wird. Nach diesem kämen Bahn und Strasse in ein und denselben Tunnel zu liegen. Aber auch bei weniger enger gegenseitiger Bindung der beiden Verkehrsträger ist zu prüfen, inwieweit die Pläne technisch aufeinander abgestimmt werden müssen.

Bahn und Strasse begegnen sich aber nicht nur als technische Anlagen, die sich in den engen Eaum des Eeuss- und des Tessintales zu teilen haben, sondern auch als Verkehrsträger. Als solche sind sie gleichzeitig sowohl komplementär als auch Konkurrenten. Auch in dieser verkehrspolitischen Hinsicht ist es von Vorteil, wenn die Planung für Schiene und für Strasse gleichzeitig und in enger gegenseitiger Fühlungnahme durchgeführt wird, denn es ist dxirchaus möglich, dass die Programme einander beeinflussen. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass das Gotthardproblem bei den verschiedenen politischen Behörden grosses Interesse finden wird and dass bei diesen das Bedürfnis besteht, nicht nur über den einen Verkehrsträger, sondern über das gesamte Problem orientiert zu werden. Es wird die kommenden Beratungen erleichtern und eine rasche Entschlussfassung fördern, wenn von Anfang an über alle Aspekte berichtet wird. Die Zusammenarbeit von Strassen- und Bahnplanung hat auch noch den grossen Vorteil, dass bei Schiene und Strasse das Verständnis dafür geweckt wird, dass es sich am Gotthard bei beiden Verkehrsträgern um wahrhaft nationale Probleme handelt und dass beide der Lösung harren.

Auch die Formulierung der Fragen, wie si« der Studiengruppe vom Eidgenössischen Departement des Innern gestellt worden sind, weist auf die Gesamtbehandlung des Problems hin, indem nicht nur die günstigste Lage einer wintersicheren Strassenverbindung zu suchen, sondern auch abzuklären ist, welches Transportsystem sich am besten eignet.

Gestützt auf diese Gegebenheiten wirkten von Anfang an in der Studiengruppe die SBB und ein Vertreter des Verkehrs- und
Energiewirtschaftsdepartements mit. Dieses enge Zusammengehen soll aber nicht bedeuten, dass die beiden Verkehrsträger nun fur längere Zeit in ihren Entschlüssen aneinander gebunden sein sollen. Wenn einmal die grundlegenden Entscheidungen getroffen sind, gewinnt joder im Eahmen der ihm dann zufallenden Aufgabe seine Handlungsfreiheit zurück.» Schliesshch war sich die Kommission wohl bewusst, dass die Gotthardfrage nicht nur ein technisches, sondern auch ein verkehrspolitisches Problem ist. Deshalb sind neben den technischen Fragen auch die wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Auswirkungen des Tunnels auf die Kantone Uri und Tessin, auf das ganze Land und auf den internationalen Transitverkehr untersucht worden.

1578 2. Die untersuchten Varianten Gestützt auf die geschilderten Gegebenheiton hat die Studiengruppe Gotthardtunnel folgende Varianten einer wintersicheren Verbindung durch den Gotthard geprüft : a. Strassentunnel - Hochliegender Tunnel von Gamssteg/Mätteli nach Motto Bartola, 7,2 kra lang, auf 1680 m ü.M.

- Mittlerer Tunnel, von Hospental nach Bedrina/Airolo, 10,5 km lang, auf 1464 m u. M.

- Tiefer Strassentunnel, von Göschenen nach Airolo, 16,4 km lang, auf 1161 m ü.M.

- Basisstrassentunnel, in Verbindung mit einem Bahntunnel oder eventuell unabhängig von der Bahn, von Amsteg nach Giornico, 45,3 km lang, auf 549 m ü.M.

b. Bahntunnel - Zweiter Eisenbahntunnel mit Normalquerschnitt von Göschenen nach Airolo, für den bahmnässigen Transport von Motorfahrzeugen, 15,1 km lang, auf 1154 m ü.M.

- Zweiter Eisenbahntunnel mit erweitertem Querschnitt, von Göschenen nach Airolo, der zunächst dem Eisenbahnbetrieb und dem bahnmässigen Transport von Motorfahrzeugen dienen würde und der später in einen Sirassentunnel für selbstfahrende Motorfahrzeuge umgebaut werden könnte.

- Umbau des bestehenden Eisenbahntunnels Göschenen-Airolo in einen Strassentunnel für selbstfahrende Motorfahrzeuge, für den Fall des Baues eines Basistunnels.

- Basiseisenbahntunnel von Amsteg nach Giornico, 45,3 krn lang, 549 m ü.M.

- Basiseisenbahntunnel in Verbindung mit einem Strassentunnel von Amsteg nach Giornico.

c, Z u f a h r t s r a m p e n - Bau einer vierspurigen Autobahn von Amsteg bis Göschenen und von Giornico bis Airolo.

- Bau einer vierspurigen Autobahn für dieselbe Strecke, jedoch unter teilweiser Benützung des Bahntrasses, für den Fall, dass nach dem Bau des Eisenbahnbasistunnels der Bahnbetrieb auf der Bergstrecke eingestellt wurde, wobei das Bahntrasse soweit möglich für die steigende Baropo verwendet und für die fallende eine zweispurige Nouanlage erstellt würde.

1579 - Wintersicherer Ausbau der Schollenen in der Weise, dass für die steigende Fahrrichtung eine zweispurige Neuanlage erstellt und in fallender Eichtung die bestehende Strasse benutzt -würde.

Für jede dieser Varianten wurde von den beigezogenen privaten Ingenieurbüros ein generelles Projekt ausgearbeitet, das soweit in die Einzelheiten zu gehen hatte, dass eine möglichst zuverlässige Kostenschätzung vorgenommen1 werden konnte. Als Grundlage der Projektierung dienten eine eingehende geologische Darstellung des ganzen Gebietes, eine klimatische Untersuchung, besondere photogrammetrische Geländeaufnahmen sowie aus diesen konstruierte Kurvenpläne. Für die Kostenvoranschläge wurden bestimmte Berechnungsregeln aufgestellt, damit alle Projekte vergleichbar sind.

d. Betriebsanlagen Besondere Aufmerksamkeit schenkte die Studiengruppe der Berechnung der nötigen Lüftungsanlagen. Im Bahmen der Planung des schweizerischen Nationalstrassennetzes ist seinerzeit von einer wissenschaftlichen Expertenkommission eine Methode der Lüftungsberechnung entwickelt worden. Kontrollmessungon, die in Frankreich, Belgien, Holland und in der Schweiz von einer internationalen Fachgruppe (Comité technique des tunnels routiers de l'Association internationale permanente des Congrès de la route) in Tunneln durchgeführt worden sind, haben die schweizerische Berechnungsmethode im grosson und ganzen gut bestätigt. Die Berechnung der Lüftung ergibt die zur Verdünnung der giftigen Abgase der Automobilmotoren nötige Frischluftmenge, die Grosse der Luftkanäle und Schächte sowie die erforderliche ilaschinenleistung. Die Luftmenge wird für einen Verkehr von 1600 Autos je Stunde berechnet. Diese Verkehrsdichte kommt der Kapazität eines Tunnels recht nahe. Wir worden später darauf zurückkommen. Bei langen Tunneln kann die nötige Frischluft nur mittels Schächten wirtschaftlich ins Tunnelinnere geführt werden. Zwischen der Verkehrsmenge, den geometrischen Charakteristiken des Tunnels und der Lüftungskanäle, der Zahl der Ventilatorenstationen, der Zahl, der Höhe und dem Querschnitt der Lüftungsschächte bestehen recht komplizierte mathematische Zusammenhänge. Der Rechnungsgang wurde daher so programmiert, dass er mittels elektronischer Rechenmaschinen in kürzester Zeit abgewickelt werden kann.

Auf diesem Wege war es möghch, eine grosse Zahl
von Varianten zu untersuchen, um die optimale Lösung zu finden.

Die Lüftungszentrale selbst ist ein sehr kompliziertes Bauwerk mit räumlich gekrümmten Kanälen; dazu gehören Elektromotoren, Ventilatoren, Luftklappen, Transformatoren, Schaltanlagen, zahlreiche Mess-, Überwachungs- und Fornmeldegeräte. Der Kommandoraum ist demjenigen eines grossen Kraftwerkes vergleichbar.

Der Personalbedarf zur Überwachung der mechanischen Anlagen und des Verkehrs beträgt beispielsweise für die Tunnelvarianten:

1580 1. Mätteli-Motto Bartola 2. Hospental-Bedrina 3. Göschenen-Airolo 4. Amsteg-Ciornico

32 37 51 90

Personen Personen Personen Personen

Ob diese Zahlen durch Rationalisierung noch verringert werden können, wird für die ausgeführte Variante die Praxis zeigen.

Daraus ergibt sieh, dass die Betriebskosten eines langen Strassentunnels ungefähr proportional mit der Tunnellänge steigen. Für die drei Varianten im engern Gotthardgebiet betragen sie zwischen 1,1 bis 2,2 Millionen Franken/Jahr.

In allen Projekten mussten schliesslich folgende Sicherheitsvorrichtungen vorgesehen werden : -

CO-Messgeräte, die mit der Ventilatorenanlage gekoppelt sind; Sichttrübungsmesscr; SOS-Telephonstationen, rund alle 200 m; Hydranten und Geräte für die Feuerbekämpfung, rund alle 800 m; Ausstellnischen für Palmenfahrzeuge, rund alle 750 in; Notbeleuchtung, die bei Ausfallen der normalen Beleuchtung sofort automatisch einschaltet; gut sichtbare Kilometrierung zur Orientierung der Fahrer über den Standort ; regelmässige Bot-Gelb-Grün-Signale, rund alle 200-300 m; Goschwindigkeitssignale ; Bodenmarkiernng zur Verhinderung des Spurwechsels.

3. Zusammenstellung der wichtigsten Variantenkomtnnationen und Kostenschätzungen

Die vorstehend genannten Varianten lassen sich zu einer ganzen Beihe von Kombinationen verbinden; allein es würde zu weit führen, sie alle aufzuzählen, unterscheiden sie sich doch zum Teil nur durch sekundäre Merkmale. Um ihre Kosten miteinander vergleichen zu können, mussten alle auf die gleiche Streckenlänge bezogen werden, was dadurch geschah, dass für die kürzeren Tunnel entsprechend längere Zufahrtsstrecken berücksichtigt wurden. Als Begrenzungspunkte wurden für die Varianten des érigera Gotthardgebietes im Norden die sogenannte Schönibrücke unterhalb Göschenen und im Süden der Ponte Sordo unterhalb Airolo gewählt.

Die technischen Charakteristiken und die Kosten der verschiedenen Varianten sind - auf der Preisbasis April 1961 - in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt .

1581 Zusammenstellung der Varianten des engem Gottkardgebietes1) hoch

Variantenkoinbination

liegcn- Mittlerer dcr Tunnel Tunnel

Länge dea Gottliardtunnels km 7,2 Kulmination in u. M. . . . 1680 Streckenlänge zwischen den beiden Fixpunkten . km 34 Anzahl Tunnel inkl. Gotthardtunnel 16 Galerien Anzahl 23 Länge km. . . .

8,9 Gedeckte Strecken . . km 20,9 Anlagekosten Millionen Franken 418 ,, Betriebs- und Unterhaltskoaten Millionen Franken/ Jahr Kapitalkosten und Amortisation Millionen Franken/ Jahr Vcrkehrsaufwand bei 55% Tunnelbenützung Millionen Franken/ Jahr Verkehrsaufwand bei 86% Tunnelbenützung Millionen Franken/ Jahr Gesamte Jahreskosten . .

Bangordnung: Anlagekosten Jahreskosten .

. . .

2,9

Tunnel Göschenen-Airolo Tnih.i« des Zweiter Eahntunnol SStras 1 bestehenden Erweiterter " . BahnNormal- Querschnitt , Ben ". ' tunnels Schnitt l.Etappc] Total tunuel in Strassen-tunnell 1i

10,5 1464

16,4 1161

15,0 1150

15,1 1154

15,8 1155

16,0 1155

28

24

22

22

23

23

2

2

2

2 ,

2

15,3

15,5

16,2

16,3 450 15

8 16 3,3 17,1

_

16.7 f

426 6

351

276 15 5

241 75

254

G

2,8

2.2

2,3

3,5

3,0

2,4

rj

22,0

22,4

20,9

14,3

13,4

14,1

24,2

85,5

30.3

26,0

25,4

17,4

17,4

25,7

34,5 59,4

28,6 53,8

23,9 | 47,0

23,3 39,9

13,4 30,3

13,3 30,9

23,9 50,5

5 7

6 6

3 3

1 1

2 2

7

4 4

!

!

5

1 ) Eine umfassende Gegenüberstellung der "Variantenkoinbinationen im gesamten Untersuchungsgebiet des Gotthards findet sich in Tab. 94, Seite 267, des Schlussberichtes der Studiengruppe Gotthardtunnel.

1582 Zum Vergleich mit dem Basistunnel ist zu diesen Kosten noch der Aufwand für die Eampen hinzuzuzählen ; sie betragen Baukosten 510 Millionen Franken Betriebs- und Unterhaltskosten 2,2 Millionen Pranken/Jahr Für die Varianten mit Basistunnel haben die Studien folgende charakteristischen Grossen ergeben: Strassentannel Variante

Länge des Gotthardtunnelg . . . . km Anlagekosten . . . . Millionen Franken Bauzeit Jahre Betriebs- und Unterhaltskosten Millionen Pranken/ Jahr Kapitalkosten und Amortisation Millionen Pranken/ Jahr Verkehrsaufwarid Millionen Franken/ Jahr Gesamte Jahreskosten Millionen Franken/ Jahr

Strassentunnel mit Bahn kombiniert

Strasseiltunnel allein

45,5 1207 18

1477 ~>18 13

5,5

5,4

69,9

86,0

58,9

58,9

134,3

150,3

45,0

Die Varianten, die in irgendeiner Weise mit bestehenden oder zukünftigen Bahnanlagen zusammenhängen, verlangen eine längere Bauzeit als die reinen Strassentunnel, sei es, weil der Bahntunnel nicht mit Vortrieb aus Schächten erstellt werden kann oder weil zuerst der Bau des Basisbahntunnels abgewartet werden muss.

C. Die verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Grundlagen Wenn es sich bei der Gotthardroute vor allem um eine internationale und nationale Verbindung für den Durchgangsverkehr handelt, so steht sie doch in mannigfaltiger Weise mit den von ihr durchfahrenen Gebieten in technischer und wirtschaftlicher Wechselbeziehung. Neben den vorstehend behandelten technischen Studien und Untersuchungen bilden daher auch die verkehrswirtschaftlichen Gegebenheiten eine wichtige Grundlage der Planung. Diese sollen im folgenden kurz gestreift werden.

I. Der Verkehr im Gotfhardgebiet Die Gotthardstrasse dient nicht nur dem eigentlichen Durchgangsverkehr, sondern auch noch als Zufahrt zum Susten-, Oberalp- und Furkapasa sowie der ErSchliessung des Eeuss- und des Livinentales. Durch eine Verkehrsuntersuchung, die im Juli des Jahres 1962 mittels Bezettelung der in das Untersuchungs-

1583 gebiet einfahrenden Automobile durchgeführt wurde, konnte die mengenmässigo Bodoutung dieser verschiedenen Funktionen klar ermittelt werden. In der schematischen Darstellung der Verkehrsstrome springt indessen die Bedeutung dos Transitverkehrs sofort in die Augen. Auf der eigentlichen Transitroute herrschten ausländische Fahrzeuge vor und erreichton ungefähr 2/3 des Gesamtverkehrs. Neben dem Nord-Süd-Transit zeigt lediglich die Verbindung SustenSchattdorf einen Durchgangsverkehr von einiger Bedeutung, die ändern Eouten troten dagogen stark zurück. Auf der Südseite ist der in das Gebiet einströmonde Zielverkehr grösser als auf der Nordseite. Daraus ergibt sich, dass im Palle des Baues eines Basisstrassentunnels ganz wesentliche Verkehrsbodürfnisse von der Neuanlage nicht befriedigt werden könnten. Es ist aber ein Prinzip der schweizerischen Nationalstrassenplanung, dass die grossen Durchgangsstrassen soweit auch dem regionalen Verkehr dienen sollen, als dies die primäre Aufgabe der Neuanlage gestattet.

2. Der jährliche volkswi/rtschaftliche Aufwand für die verschiedenen Varianten-

Kombinationen Wie Investitionen für andere Verkehrsträger müssen auch grosse Strassenprojekte volkswirtschaftlich beurteilt werden. Von verschiedenen Varianten ist jene die beste, die jährlich den geringsten volkswirtschaftlichen Aufwand erfordert. Dieser setzt sich aus dem Aufwand der öffentlichen Hand für den Bau, den Betrieb und den Unterhalt und dem Aufwand der Strassenbenützer für den Fahrzeugbetrieb zusammen. Die Planungskommission hatte für diese Untersuchungen seinerzeit eine Methode entwickelt, die auch von der Studiengruppe Gotthardtunnel übernommen wurde, wobei allerdings gewisse Anpassungen an die besonderen Verhältnisse nötig waren.

Der grösste Aufwand der öffentlichen Hand entsteht durch die Baukosten.

Da dieso mit jährlichen Betriebskosten in Beziehung zu setzen sind, müssen auch die Aufwendungen für den Bau in Annuitäten umgerechnet werden, was in der Weise geschieht, dass am Gotthard mit einer Amortisationszeit der Baukosten von 50 Jahren und einem Zins von 4 Prozent gerechnet wird. Dazu kommen die jährlichen Kosten für den Betrieb des Tunnels, die Energie für Beleuchtung und Lüftung, Personalkosten, Eenigung, Unterhalt, Erneuerung und anderes mehr.

Der Aufwand des Verkehrs kann in der Weise berechnet werden, dass für die Kilometerleistung eines mittleren Personenwagens (12 Ep./km) und eines mittleren Lastwagens (90 Ep./km) ein fester Preis angenommen wird. Darin sind nur die reinen Betriebskosten und die Aufwendungen für die Amortisation nur zur Hälfte berücksichtigt, was die verhältnismässig tiefen Ansätze erklärt.

Diese Ansätze werden sodann mit dem für jede Variante berechneten Verkehr multipliziert. Für Steigungen, Kurven und Tunnel sind nicht die geometrischen, sondern die sogenannten virtuellen Längen in die Bechnung einzusetzen, die die Erschwernisse dieser Abschnitte in Form von Zuschlägen berücksichtigen.

1584 Da je nach der gewählten Variante der Anteil des Verkehrs, dor auf der alten Strasse verbleibt, verschieden gross ist, muss die Verkehrsbilanz für das ganze Netz aufgestellt werden. Es versteht sich von selbst, dass der Aufwand des Verkehrs auf einer alton Strasse grösser ist als auf einer Neuanlage, die eine wirtschaftlichere Fahrweise gestattet. Bei den Varianten mit Babnverlad hat anstelle des Aufwandes der Automobilisten jener des Bahnbetriebes zu treten.

Vergleicht man die Jahreskosten für die Variantenkombinationen im Untersuohungsgebiet Erstfeld-Biasca, so ergibt sich, dass die Bahnlösungen, mit Ausnahme des Basistunnels für Bahn und Strasse und des zweiten Bahntunnels Göschcnen-Airolo mit erweitertem Querschnitt, durchwegs kleinere Jahreskosten aufwcisen als die reinen Strassentunnelvarianten. Unter den reinen Strassentunneln ist derjenige von Göschenen nach Airolo am gunstigsten, gefolgt vom mittleren und hochliegendon Strassentunnel. Die höchsten Jahreskosten ergeben sich beim Basistunnel für die Strasse. Vergleicht man dio Jahroskosten für Variantenkombinationen im engern Untersuchungsgebiet, zwischen Schönibrücke und Fiotta West, so stellen sich auch hier die Bahnlösungen mit einer Ausnahme günstiger als die reinen Strassentunnel, weil die Erstellungskosten der Bahntunnel bedeutend geringer sind (geringeres Lichtraumprofil, ·keine Luftungsschachte). Darin kommt die Überlegenheit des lüftungsfreien Massentransportes gegenüber der individuellen Fahrt zum Ausdruck; anders ausgedrückt, die grössere Bewegungsfreiheit des Autos will ihren Preis, eine Feststellung, die für viele Transportbedürfnissc im G-rembereich von Schiene und Strasse gilt. Auf Grund des jährlichen Gesamtaufwandes steht unter den reinen Strassentunneln wiederum derjenige von Göschenen nach Airolo an erster SteUe (s. Tabellen auf S.1581/82).

D. Das Verhalten der Strassenbenützer in langen Tunneln Noch zur Zeit der Arbeiten der Studiengruppe Gotthardtunnel konnte niemand mit Sicherheit sagen, wie sich die Strassenbenützer beim Befahren langer Tunnel verhalten. Immer wieder wurden Befürchtungen laut, die Fahrt durch lange Tunnel könnte wogen unvorherschbarer psychischer Eeattionen der Autolenker gefährlich werden. Es war daher ein besonderes Anliegen der Studiengruppe Gotthardtunnel, in diesen Fragenkomplex durch Beizug
eines wissenschaftlich-psychologischen Experten grössere Klarheit zu bringen. Insbesondere stellte sich die Frage, wie lange ein Strassentunnel höchstens sein darf, damit er noch sicher befahren werden kann. Der medizinische Experte der Kommission gelangte zum Ergebnis, dass ein 16 km langor Tunnel in dieser Hinsicht keine besonderen Probleme stellen werde. Wohl würden dio Wärme der Tunnelluft und der Lärm der Fahrzeuge gewisse Leistungsvermindcrungen zur Folge haben; die Monotonie berge die Gefahr halbschlafähnlicher Zustande oder gar des Einschlafens in sich. Die Kinetose oder sogenannte Beisekrankheit werde im Tunnel nicht häufiger auftreten als auf offener Strasse. Dagegen dürften sicher sogenannte Tunnelphobien vorkommen, sei es die sogenannte Klaustrophobie, also die Angst

1585 vor dem Eingcschlossensein, odor die Agoraphobie, vergleichbar mit Schwmdclanfällen zufolge der unendlich erscheinenden Tunnellänge und, wenn der Tunnel nicht gut beleuchtet wäre, die Nyktophobic, d. h. die Angst vor der Dunkelheit. Solche Phobien, denen sehr empfindliche Personen ausgesetzt sind, wurden aber kaum unfallvorgrossernd wirken, da diese Menschen ihren Zustand kennen und dieser Situation wenn möglich ausweichen, also die Tunnelfahrt meiden.

Besondere Beachtung sei der Tunnelbeleuchtung zu schenken; diese sei so anzuordnen, dass keine intermittierenden Lichtreize entstehen, die Unbehagen und selbst epileptische Anfalle auslösen könnten.

Gestutzt auf diese medizinisch-psychologischen Feststellungen gelangte die Studiengruppe in der Beurteilung der Grenzlängen von Strassentunneln zu nachstehenden Schlussfolgerungen (Schlussbericht S.315): «Die Studiengruppe verkennt gewisse Gefahren nicht, die der Betrieb eines längeren Strassentunnels mit sich bringt. Sie anerkennt ferner, dass die Schweirigkeitcn mit zunehmender Länge grösser werden. Sie ist der Auffassung, dass mit einer Tunnellänge von 16 Kilometern das zulassige Mass nicht überschritten wird. Wenn die Schweiz indessen als erstes Land einen Strassentunnel von 16 Kilometern Länge baut, muss in bezug auf Kontrolle, Überwachung, Moldung der Unfälle und Brandbekämpfung cm sebr sirenger Massstab angelegt werden.

Dagegen müssten zur Beurteilung der Grenzlänge eines 45 km langen Basistunnels für die Strasse eingehende Untersuchungen d\;rchgefuhrt und Erfahrungen mit dein Betrieb längerer Strassentunnel abgewartet werden.» Auf diese Problome werden wir weiter hinten zurückkommen.

E. Prognose für die Tunnelbenützung

Die Studiengruppe hat auch versucht, für die Benutzung des Tunnels eine Prognose aufzustellen. Die Aufgabe läuft darauf hinaus, den durch die Verkehrsanalyse gegebenen Gesamtverkehr zwischen den beiden Portalen auf den Tunnel und auf den Pass aufzuteilen. Dies ist aber schwierig, weil bis heute keine genauen Anhaltspunkte darüber bestehen, unter welchen Umständen der Autofahrer don Tunnel dem Pass vorzieht. DA somit die in dor Strassenplauung übliche Methode der Verkghrsumlegung versagt, blieb nichts anderes übrig, als gewisse extrome Annahmen zu treffen, die zu einom Höchst- und einem Mmdestwert führen, zwischen denen der wahrscheinliche Wert liegen dürfte.

Es kann zwischen Fahrten unterschieden werden, bei denen unter allen Umstanden oder doch mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit der Tunnel benützt werden niuss, und solchen, bei denen die Möglichkeit der freien Wahl besteht.

Für die Tunnelbenutzung kommen in Betracht: - der Winterverkehr (20 % des Jahresverkehrs) - vom Sommerverkehr : nach Annahme l : der Xachtvorkehr der Schlechtwctterverkehr der Schwerverkehr Bundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

108

1586 nach Annahme 2: 50 Prozent des Nachtverkehrs 50 Prozent des Schlechtwetterverkehrs der ganze Schwerverkehr.

Der verbleibende Verkehr kann nun zwischen dem Pass und dem Tunnel wählen. Auch hier wurden zwei extreme Annahmen getroffen, nämlich: - Vs des freien Verkehrs geht durch den Tunnel - s/4 des freien Verkehrs gehen durch den Tunnel.

Mit diesen zweimal zwei Annahmen erhält man vier Werte, deren Extreme 57 Prozent und 87 Prozent des gesamten Jahresverkehrs betragen.

Die Schätzung führt also zum Ergebnis, dass vom ganzen Jahresverkehr etwa zwei Drittel durch den Tunnel gehen werden, eine Zahl, die im Hinblick auf die nicht allzu optimistischen Annahmen recht hoch erscheinen mag.

Ob die tatsächliche Zahl der Tunnelbenutzer ehor beim oberen oder beim unteren Grenzwert liegen wird, hängt bis zu einem gewissen Grad sicher auch von der Länge des Tunnels ab. Der 45 km lange Basistunnel würde bestimmt weniger Verkehr anziehen als die ändern; anderseits ist der oberste Tunnel so kurz, dass er gegenüber der freien Passfahrt nicht mehr so attraktiv sein dürfte, F. Der Vorschlag der Studiengruppe Gotthardtunnel Um bei der Variantenelimination systematisch vorzugehen und die verschiedenen Lösungen nach dem gleichen Maßstab zu bewerten, hat die Studiengruppe Kriterien aufgestellt, in denen die an das Work zu stellenden Bedingungen in knapper Weise zusammengefasst sind, nämlich: 1. Eignung für die ganzjährige Offenhaltung 2. Senkung der Kulmination an sich 8. Verkehrstechnische Merkmale 4. Auswirkungen auf den Verkehr 5. Verkehrspolitische Beurteilung 6. Auswirkungen auf die regionalen volkswirtschaftlichen Belange 7. Auswirkungen auf die baulichen Anlagen der durchquerten Zonen 8. Bautechnische und wirtschaftliche Beurteilung; Bauprogramm 9. Kosten 10. Eücksicht auf die Landesverteidigung 11. Gesamthafte Beurteilung Diese Kriterien wurden zur Verfeinerung noch weiter unterteilt. Bei der Variantenwahl ist die Studiengruppe so vorgegangen, dass sie -- anhand der obenerwähnten Kriterien - zunächst unter den Lösungen mit Strassentunneln die günstigste aussuchte; in einem zweiton Arbcitsgang wurde die Wahl unter

1587 den Lösungen mit Bahntunneln getroffen. Schliesslich stellte die Kommission die so ausgewählten Projekte für einen Strassen- und für einen Bahntunnel einander gegenüber, um zwischen diesen beiden dio endgültige Wahl zu treffen.

1. Beurteilung der Strassentunnelvarianten im weitern üntersuchungsgebiet (Erstfeld^Biasca) a. Basistunnel für die Strasse Die Untersuchungen haben ergeben, dass die von dritter Seite vorgeschlagene Kombination eines Strassen- und eines Eisenbahntunnels in einer einzigen Anlage aus tunnelbautechnischen Gründen und wegen der Lüftung nicht möglich ist. Aus praktischen Gründen bietet das bautechnisch mögliche, hufeisenförmige Tunnelprofil nur Platz für den Verkehrsraum und für den Frischluftkanal, währenddem der Abluftkanal in einen gesonderten, parallel verlaufenden Stollen verlegt werden musste.

Ein Strassentunnel von 45 km Länge würde bei maximaler Belastung eine Frischluftmenge von 5100 m 3 /s erfordern, und die installierte Leistung aller Lüftergruppen würde 38 000 kW betragen.

Es bedarf keiner langen Begründung, dass an sich ein Basis-Strassentunne die Bedingung für die ganzjährige Offenhaltung und die möglichste Senkung der Kulmination erfüllen würde. Die Senkung musste aber mit einem Tunnel erkauft werden, derr im Vergleich zu seiner Höhenlage viel zu lang ist ; bei einer Meereshöhe von 500 m sollte der Tunnel nicht länger als etwa 25 km sein (z. B.

Bahntunnel durch den Simplon 20 km auf rund 700 m ü. M.). Diese Senkung der Kulmination wird insbesondere dann viel zu teuer erkauft, wenn eine so tiefe Tunnellage gar keinem zwingenden Bedürfnis entspricht. Verkehrstechnisch ist dieser Lösung als schwerer Nachteil anzulasten, dass der Tunnel auf über 45 km Länge im Gegenverkehr betrieben werden musste und dass das Überholen wahrscheinlich nicht gestattet werden könnte. Ein so langer Tunnel, der mit diesen Nachteilen behaftet ist, würde vom Verkehr weit weniger angenommen als höherliegende Tunnel. Bei zweifelhafter Witterung musste der Fahrer den Entscheid zwischen Pass- oder Tunnelfahrt in einem Zeitpunkt treffen, wo er noch nicht in der Lage ist, die Witterungsverhältnisso, die hiefür entscheidend sein könnten, zu beurteilen. Der spätere Ausbau des Basistunnels auf eine vierspurige Anlage würde einen viel höheren Aufwand erfordern als bei allen ändern Varianten,
denn neben dem Basistunnel musste die Gotthardstrasse wegen des Sommerverkehrs dazu mindestens bis Gesehenen und Airolo als halbe Autobahn erstellt werden. Der gesamte Verkehr, der durch das Eeusstal nach dem Susten, der Oberalp und der Furka geht, könnte den Tunnel nicht benützen, was für dieses ausserordcntlich teure Werk zum voraus einen beträchtlichen Verkehrsverlust bedeuten würde. Entsprochendes gilt für die Südseite.

Die Kosten des Basis-Strassentunnels sind mit nahezu 1,5 Milliarden Franken außerordentlich hoch; die Unterhalts- und Betriebskosten würden

1588 jährlich rund 5,5 Millionen Franken und die Annuitäten für Verzinsung und Amortisation auf 50 Jahre hinaus rund 85 Millionen Pranken betragen.

Allgemein ist zudem festzuhalten, dass die klimatischen Verhältnisse im Eeuss- und im Livinental nicht derart sind, dass es nicht möglich wäre, ohne ausserordentliche Anstrengung eine Autobahn bis nach Goschenen und bis nach Airolo wtntersicher zu erstellen, und zwar eine Anlage, deren Steigung 5 Prozent nicht überschreitet. Die m der öffentlichen Diskussion gerne erwähnten Verkehrsunterbrüche durch Lawinen lassen sich durch den Bau von verbältnismässig kurzen Lawinengalerien ausschalten; wegen des Föhns erfreut sich das enge Keusstal ausserdem einer recht günstigen klimatischen Lage.

Verkehrsanalysen haben die weltweite Tatsache bestätigt, dass Touristenstrassen wie der Gotthard vor allem im Sominerhalbjahr beiahren werden, wo kein Bedürfnis besteht, der Fahrt über eine als Autobahn ausgebaute Bampe auszuweichen. Der Höhenunterschied zwischen Erstfeld und Goschenen von 629 in ist kleiner als der 686 m betragende Höhenunterschied zwischen Bologna und dem Apennin, den die bekannte Autostrada del Sole mit einer maximalen Steigung von 3.75 Prozent überwindet. Die am Gotthard vorgesehene Steigung von 5 Prozent darf bei unsem topographischen Gegebenheiten noch als gering und durchaus angemessen bezeichnet werden. Wollte man den Bau eines Basistunnels mit der dadurch ermöglichten Abkürzung begründen, so mussten im schweizerischen Mittelland und im Jura noch zahlreiche Autobahntunnel erstellt werden, um bestimmte Zielpunkte auf kürzerem Wege direkt zu verbinden; kein Mensch wird aber ernsthaft solche Tunnel verlangen.

Aul die psychologischen Probleme, die ein Strasscntunnel von 45 krn Länge den Verkehrsteilnehmern stellen wurde, haben wir weiter oben hingewiesen.

Die kritische Prüfung des Projektes für einen Basistunnel fuhrt zusammenfassend zum "Ergebnis, dass eine solche Losung der gestellten Aufgabe, den Bedürfnissen des Verkehrs und unsern technischen und finanziellen Mitteln in keiner Weise angemessen ist; sie muss daher abgelehnt werden.

&. Autobahn von E r s t f o l d nach Goschenen und von ßiasca nach Airolo unter teilweiser B e n u t z u n g des h e u t i g e n Bahntrasses Falls der Eisenbahiibasi&tunnel erstellt wurde, wäre es theoretisch denkbar,
den Bahnbetrieb auf der Bergstrecke einzustellen. In diesem Falle stünde das heutige Bahntrasse dem Strassenbau zur Verfugung; für die talwärts fuhrende Hälfte der Autobahn musste eine neue Strasse erstellt werden, wahrend die steigende Hälfte soweit wie möglich auf das Bahntrassc verlegt wurde. Nun haben aber die Untersuchungen ergeben, dass wegen der Kehrtunnel auch für die Bergfahrt auf langen Strecken Neuanlagen notig wären, &o dass diese Losung nicht billiger zu stehen käme als der Bau einer unabhängigen, neuen vierspurigen Autobahn; dabei hatte sie noch den betrieblichen Nachteil der Aufspaltung der Fahrrichtung in zwei voneinander unabhängige Strassen. Diese Variante, die auch verkehrspolitisch kaum irgenwelche Aussicht auf Verwirklichung hätte, wurde daher ausgeschieden.

1589 2. Vergleichende Beurteilung der Strassentunneharianten im engern Golthardgebiet Die Beurteilung der drei vorerwähnten Möglichkeiten - Mätteli-Motto Bartok (7,2 km, 1680 m ü M.)

(hochliegender Tunnel) - Hospental-Bedrina (10,5 km; 1460 m ü. M.)

(nuttlerer Tunnel) -- Cröschenen-Airolo (16,4 km ; 1160 m ü. M.)

(tiefliegender Tunnel) konnte in einem einzigen Arbeitsgang vorgenommen werden, wobei alle vorgenannten Kriterien nacheinander auf die drei Lösungen angewandt wurden.

Für die ganzjährige Offenhaltang ist der tiefe Tunnel den beiden ändern eindeutig überlegen. Wenn auch die Strasse in der Schöllenenschlucht mit entsprechendem technisch era Aufwand wintersicher erstellt und offengehalten werden könnte, handelt es sich doch offensichtlich um eine erzwungene Lösung.

Gegenüber der mittleren Tunnellage bringt der Tunnel Göschenen-Airolo eine weitere Senkung der Kulmination um 800 m oder gegenüber dem Pass gar um rund 950 m. Nach dem Projekt der Studiengruppe würde die Schöllenenstrasse eine Steigung von 6 Prozent erhalten, d. h. l Prozent mehr als die untern Eampen der Gotthardautobahn ; wollte man die Steigung weiter senken, so bedingte dies entsprechende Mehrlängen und Baukosten. Der mittlere Tunnel weist etwas weniger lange Strecken mit Gegenverkehr auf als die ändern beiden, dagegen müsste die Schöllenenstrasse dem gemischten Verkehr offen bleiben, wobei der erwähnte Vorteil der mittleren Lösung wieder entwertet wird. Für den zielgerichteten Fernverkehr, sei es nun der Geschäftsverkehr oder der Tourismus, ist der tiefere Tunnel günstiger, während die obern Varianten vorn, reinen Ausflugsverkehr wahrscheinlich bei schönem AVetter vorgewogen würden. Die obern beiden Lösungen weisen aber trotz der kürzeren Länge des Haupttunnels längere überdeckte Strecken auf als der tiefe Tunnel, Mit 351 Millionen Franken ist der tiefe Tunnel um 75 Millionen günstiger als der mittlere; der hohe wäre tcotz kleinerer Länge des Haupttunnels wegen der schwierigen Zufahrten nur 8 Millionen Franken billiger als der mittlere.

Auch in den Betriebskosten ist der tiefe Tunnel den beiden ändern überlegen.

Dass dank der Senkung der Kulmination und der Abkürzung des Weges der tiefe Tunnel den geringsten Verkehrsaufwand erfordert, ist offensichtlich.

Verkehrspolitisch hat die tiefe Variante den nicht zu unterschätzenden
Vorteil, dass die Kulmination des Gotthards unter jene des Mont-Blanc-Tunnels und des Brenners gesenkt werden kann.

Vom militärischen Gesichtspunkt aus sind nur der mittlere Tunnel und die Variante Göschenen-Airolo von Bedeutung. Beide Projekte weisen militärisch Vor- und Nachteile auf, doch besteht kein zwingender Grund für die Ablehnung der einen oder ändern Lösung. W~esentlich ist jedoch, dass das Projekt Gosche-

1590 nen-Airolo eine sicherere Verbindung zwischen dem Keusstal und dem Tessin schafft als das Projekt Hospental-Airolo/Bedrina. Sie ist rascher und kürzer, -wintersicherer und zwischen Gesehenen und Airolo vollständig gedeckt. Die Variante Göschenen-Airolo wird daher vorgezogen, ohne aber das Projekt Hospental Airolo/Bedrina vom militärischen Standpunkt aus auszuschliessen, wenn andere Gründe dafür sprechen sollten.

Gestützt auf diese Gegenüberstellung hat sich die Studiengruppe unter den Strassentunneln im cngern Gotthardgebiet zugunsten des Tunnels GoschenenAirolo entschieden.

3. Beurteilung der verschiedenen Varianten mit Bahntunneln a. Basistunnel Amstog-Giornico Selbst wenn die Verkehrscntwicklung in den kommenden Jahren woniger lebhaft sein wiirdo als seit dem Kriege, werden bei der Gotthardbahn bis in 20 Jahren die letzton Leistungsreserven ausgeschöpft sein. Da die Kapazitätsgrenze zuerst auf den Eampen erreicht werden wird, würde der Bau eines neuen Bahntunnels parallel zum bestehenden das Bahnproblem am Gotthard nicht lösen. Die Vertreter der SBB im Schosse der Studiengruppe kamen daher zum Schluss, dass eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Gotthardbahn am wirksamsten durch den Bau eines Basistunnels von 45 km Länge erreicht werden kann. Die Argumente, die zum Ausschluss eines reinen Strassentunnels von 45 km Länge massgcbend waren, gelten selbstverständlich auch für die Kombination eines Strassentunnels mit der Bahn, weshalb der Entscheid der Bahn zugunsten des Basistunnels die frühere Beurteilung nicht mehr zu ändern vermochte, fe. Eisenbahntunnel zwischen Göschenen und Airolo; Prinzip der rollenden Strasse Nachdem sich die Bahn am Bau eines Eisenbahntunnels Göschenen-Airolo für ihre eigenen Bedürfnisse desinteressiert hatte, verbheb noch die Möglichkeit, einen Eisenbahntunnel für den Betrieb als rollende Strasse zu bauen.

Die Untersuchungen der SBB haben ergeben, dass die Kapazität der rollenden Strasse nicht durch jene der freien Strecke bostimmt wird, denn auf einer zweispurigen Bahnlinie könnten mit dem vorgeschlagenen Transportsystem in der Stunde 4000 Automobile befördert werden. Die Grenze der Leistungsfähigkeit wird vielmehr durch den Verlad bestimmt ; sie beträgt bei optimalem Ausbau der Verladeanlagen 940 Autos in der Stunde in einer Bichtung. Da während Verkehrsspitzen
die beiden Bichtungen nicht gleich stark belastet sind, läuft im Moment des Erreichens der Kapazität der stärker belasteten Bichtung der Gegenzug nicht voll, und die Kapazität der Gesamtanlage ist also kleiner als das Doppelte einer Bichtung, sofern in beiden Bichtungen Wartezeiten ausgeschlossen werden sollen. Bei einem Verhältnis von z.B. 60 Prozent: 40 Prozent beliefe sich die Kapazität auf rund 940 + 620 = 1660 Autos je Stunde.

1591 Die Gesamtkapazität des Bahnverlades spricht also stark auf die Verteilung in den beiden Eichtungen an; ist diese noch extremer, so sinkt auch die Leistungsfähigkeit. Demgegenüber igt die Kapazität der Strasse auf die Richtungsverteilung sehr unempfindlich und kann theoretisch unabhängig von der Verteilung zu rund 2000 Autos / Stunde angenommen werden, sofern die Lüftungsanlage stark genug ist, um die dabei entstehenden Abgase zu verdünnen. Die Untersuchungen der SEE und der Studiengruppe führten aber zum eindeutigen Ergebnis, dass die rollende Strasse mit einem nur für diesen Zweck zur Verfügung stehenden Bahntunnel durchaus in der Lage wäre, den am Gotthard innerhalb des Planungszieles für die Tunnelbenützung in Betracht kommenden Verkehr zu bewältigen. Wir werden auf die Frage der Kapazität noch näher eingehen.

Nach diesen grundsätzlichen Feststellungen galt es, die Wahl zwischen den in Betracht kommenden Bahnlösungen zu treffen.

Als erste schied die Möglichkeit aus, mit dem Ausbau des Verladedienstes beim bestehenden Bahntunnel Göschenen-Airolo auf die vorgenannte hoho Leistung zuzuwarten, bis der Basistunnel im Betrieb ist. Auf diesen Vorschlag werden wir später noch zurückkommen.

Nachdem sich der Bau eines ßahntiumels mit erweitertem Querschnitt für den allfälligen spätem Umbau in einen Strassentunnel nicht ala wirtschaftlich erwiesen hatte, konnte auch diese Lösung endgültig ausgeschieden werden. Es verblieb daher nur noch die Möglichkeit des Baues eines zweiten Eisenbahntunnels Göschenen-Airolo, in welchem die Bahn den Autotransport übernehmen würde. Diese Lösung (rollende Strasse) war als letzte noch dem Strassentunnelprojekt gegenüberzustellen.

4. Gegenüberstellung der Strassen- und der Bahnlösung für einen neuen Tunnel von Gesehenen nach Airolo Der Entscheid zwischen den beiden noch verbleibenden Lösungen war nicht leicht, denn der Bahntunnel wurde 110 Millionen Franken oder 30 Brozent weniger kosten als der Strassentunnel; auch wäre seine Kapazität von der gleichen Grössenordnung wie jene der Strasse. Trotzdem hat sich die Studiengruppe nach sehr sorgfältiger Diskussion einstimmig zugunsten der reinen Strassenlösung entschieden. Die Begründung dieses Vorschlages wird im folgenden Abschnitt gegeben.

5. Antrag der Studiengruppe Gottlwirdtunnel Gestützt auf diese technischen,
verkehrstechnischen und verkehrspolitischen Untersuchungen, die wir hier nur zusammenfassend wiedergegeben haben, beantwortete die Studiengruppe Gotthardtunnel die vom Eidgenössischen Departement des Innern gestellten Fragen wie folgt: 1. Zur Bewältigung des künftig zu erwartenden winterlichen Strassenverkehrs bedürfen die bestehenden Einrichtungen am Gotthard einer Ergänzung durch einen Tunnel.

1592 2. Durch diesen Tunnel soll nicht nur der Wintervorkehr ermöglicht, sondern zugleich auch die Kulmination der Gotthardroute fühlbar gesenkt werden.

Beide Zwecke werden weitaus am besten durch einen Tunnel auf der Höhe des bestehenden Eisenbahntunnels, d.h. von Gesehenen nach Airolo, erreicht.

S. Der Tunnel ist als kunstlich gelüfteter Strassentunnel für den selbstfahrenden Motorverkehr einzurichten.

4. Dieser Strassentunnel dient nicht nur zur Aufnahme des Wintervorkohrs, sondern auch, zur Entlastung der überlasteten Passroute; er sollte daher so rasch wie möglich in Angriff genommen werden, damit er bis /um Jahre 1970 dem Verkehr zur Verfügung steht.

III. Diskussion des Vorschlages der Studiengruppe Nachdem die Vorschläge der Studiengruppe bekannt geworden waren, sind die Eegierungen der beiden direkt beteiligten Kantone Uri und Tessin an don Bundesrat gelangt, um in Form von schriftlichen Eingaben und mündlichen Vorsprachen beim Departement des Innern ihre Wünsche zur Variantonwahl bekanntzugeben. Ferner hat eine Delegation von drei Mitgliedern des Bundesratos Abordnungen der beiden Eegierungen empfangen, um durch diese nochmals und unmittelbar die Auffassungen und Begebren der Kantone kennenzulernen.

Während sich der Kanton Tessin vorbehaltlos und bestimmt für den von der Studiengruppe beantragten Strassentunnel Göschenen-Airolo einsetzte, hat die Eegicrung des Kantons Uri zwar ebenfalls die Dringlichkeit des Baues eines Strassentunnels am Gotthard betont. Im Rahmen einer Gesamtkonzeption, die auch die Verbindungen über die Oberalp und die Furka miteinbeziehen müsse, bevorzugten die Vertreter der Urner Regierung jedoch die StrassentunnelvarianteHospental-Bedrina. Das Ursercntal, das schon durch denBaudesEisenbaJbntunnels Göschenen-Airolo wirtschaftlich stark in Mitleidenschaft gezogen worden sei, dürfe nicht ein zweites Mal - nunmehr durch einen Strassentunnel vom Verkehr abgeschnitten und benachteiligt werden. Im einzelnen führte die Regierung aus, im Falle des Baues eines Strassentunnels Göschenen-Airolo werde in nicht allzu ferner Zukunft der Verkehr nach dem Urserental, also nach Andermatt und Hospental, nach der Oberalp, dem Gotthard und der Furka, so gross sein, dass die Kapazität der modern ausgebauten Schöllenenstrasse nicht mehr genügen werde, am diesen reibungslos aufzunehmen; dazu käme das Bedürfnis nach einer möglichst langen Offenhaltung der Passstrecke. Jedenfalls dürfe das Problem der Transitlinie über den Gotthard nicht unabhängig von den regionalen Strassenaufgaben betrachtet werden. Der Kanton Uri vertrat daher den Standpunkt, dass in einer ersten Etappe ein StrassentunnelHospentalBedrina zu erstellen sei, samt einer wintersicheren Zufahrt. Eine Ergänzung dieses Systems - als Endlösung - könnte zeitlich hinausgeschoben werden, es brauche also heute noch nicht entschieden zu werden, ob diese Ergänzung in

1598 der Anlage eines neuen Strassentunncls auf der Höhe von Göschenen oder in Form der entsprechend ausgebauten rollenden Strasse zu suchen sei. Sollte sich der Bundesrat, so schliesst die Eingabe des Kantons Uri, fur einen Strassentunnel Göschcnen-Airolo entscheiden, so verlange der Kanton Zusicherungen f ur den weitem Ausbau der Gotthardstrasse, mit dem Ziel einer möglichst langen Offenhaltung des Passes und der Sicherung der Schollenenstrassc für den Winterverkehr.

Wir werden im folgenden auf die durch die Eingabe der Urner Eegierung aufgeworfenen Eragen noch naher eintreten. Handelt es sich bei der Diskussion mit dem Kanton Uri nicht um eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit, sondern lediglich um die Wahl der hosten Variante, so ist von gewissen Kreisen, die auch in der Presse zum Worte gekommen sind, vorgeschlagen worden, es solle mit dem Entscheid über den Gotthardstrassentunnel zugewartet werden, bis der Bericht der vom Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement eingesetzten Kommission für Eisenbahntunnel durch die Alpen vorliege, damit dieser Entscheid in Übereinstimmung mit einer gcsamtschweizerischen Verkehrskonsieption getroffen werden könne. Dieser Vorschlag läuft somit darauf hinaus, vorderhand am Gotthard überhaupt nichts zu unternehmen, also die Strassenfrage an das vorlaufig noch Ungewisse Schicksal der Alpenbahnprojekte zu ketten. Sodann wurde in der Öffentlichkeit die Befürchtung geàussert, dass die Betriebsrisiken eines Tunnels von rund IC km Lange für selbstfahrende Motorfahrzeuge zu gross sind, und dass daher die rollende Strasse vorzuziehen wäre.

Obwohl der Schlussbericht der Studiengruppe Gotthardtunnel auch zu diesen Fragen klar Stellung nimmt, rechtfertigt es sich, in Ergänzung unserer früheren Ausführungen, noch auf das eine und andere Problem näher einzutreten.

A. Kapazität der künftigen Gotthardstrasse Die künftige Gotthardroute kann in folgende Abschnitte unterteilt werden, die sich in ihrer Ausbauform sowie in ihrer Funktion klar unterscheiden: - Die Zufahrten vom Norden her bis Gòschenen und vom Süden her bis Airolo, in Form von vierspurigen Autobahnen. Sie dienen sowohl dem Durchgangsverkehr wie der Erschliossung des Ecusstales, des Livinentalcs und der Talschaft Urseren und sind zugleich Zufahrten zur Furka und zur Oberalp.

- Der Tunnel von Göschenen nach
Airolo. Er wird in beiden Eichtungen betrieben und dient dein Verkehr von der Nord- nach der Sudseite der Alpen; in diesem herrscht der Fernverkehr vor, wahrend die Beziehungen zwischen den anschlicssenden benachbarten Alpentalern verhältnismassig klein sind.

- Die Passstrasse zwischen Göschenen und Airolo. Sie dient im Sommerhalbjahr dem Durchgangsverkehr; in der Schollenenstrecke kommt zu diesem noch der Eegionalverkehr nach Urseren und nach den schon genannten Passen.

Der neue Tunnel und die Passroute müssen verkehrstechnisch als Einheit betrachtet werden, und zwar in der Weise, dass zwischen Göschenen und Airolo

1594 die vierspurige Autobahn in zwei zweispurige Strasseti mit Gegenverkehr aufgespalten wird. Das ist auch der Grund, weshalb die Gotthardstrasse über den Pass weiterhin Bestandteil des Nationalstrassennetzes bilden soll, wenn der Strassentunnel Göschenen-Airolo neu in das Netz aufgenommen würde. Wegen ihrer zusätzlichen Funktion als Eegionalverbindung wird die Belastung der Schöllenenstrasse grösser sein als jene des Gotthardpasses.

Vom Kanton Uri wurde bei der Diskussion um dio Variantenwahl geltend gemacht, dass im. Falle des Baues des von ihm bevorzugten Tunnels von Hospental nach Bedrina die vierspurige Nordrampe über Göschenen hinaus bis nach Hospental verlängert und damit die Kapazität der eigentlichen Passroute vergrössert würde. Wir haben in der Folge das Amt für Strassen- und Mussbau beauftragt, zu untersuchen, ob dieser Gesichtspunkt für die Varianteuwahl von entscheidender Bedeutung sein könnte. Das Ära t hat hierüber folgendes berichtet : Die Kapazität einer Strasse lässt sich nicht ohne weiteres durch eino einzige Zahl angeben. Sie hängt vielmehr von der Betriebsweise und von der Zusammensetzung des Verkehrs ab. Bei einer vierspurigen, richtungsgetrennten Anlage wird die Kapazität dann erreicht, wenn eine der beiden Fahrrichtungen voll belastet ist. Da die Verteilung namentlich in Spitzenstunden meistens ungleich ist, heisst dies, dass die andere Hälfte nicht voll ausgelastet ist. Die Kapazität ist also nicht die Summe der Kapazität beider Hälften, sondern die Summe aus der Kapazität der weniger leistungsfähigen Hälfte (beispielsweise auf der steigenden Bichtung) und der in diesem Zustand zu erwartenden Verkehrsmengen der Gegenrichtung. Das Verhältnis der Belastung der beiden Bichtungen kann mit 60 : 40 Prozent angenommen werden, doch kann es sogar bis zu 70 : 30 Prozent gehen. Will man den Zustand des Erreichens der Kapazitätsgrenze so definieren, dass dabei die Anlage in der vorherrschenden Fahrrichtung voll ausgelastet ist, ohne dass aber Wartezeiten entstehen, so wird dieser Zustand erreicht, bevor die weniger belastete Gegenrichtung an der Kapazitätsgrenze anlangt. Will man alao Wartezeiten überhaupt ausschliessen, so kann die theoretische Kapazität beider Bichtungen bei ungleicher Verteilung des Verkehrs zusammen gar nie erreicht werden. Diese Erkenntnis ist - wie später noch
gezeigt werden soll - besonders wichtig für den Vorgleich zwischen der Kapazität des Bahnverlades und der Kapaziät einer zweispurigen Strasse, weil die letztere weniger auf die Verteilung des Verkehrs in den beiden Eichtungen anspricht.

Unter diesen Annahmen lässt sich nun die Kapazität der vorgenannten Strecken wie folgt angeben: 1. Autobahn bis Göschenen 1. Der steigende Verkehr herrscht vor 2. Der fallende Verkehr herrscht vor 8. Sind beide Verkehrsströme gleich stark, so beträgt die Kapazität das Doppolte jener der weniger leistungsfähigen Eichtung, also

5280 Autos/h 6000 Autos/h

6280 Autos/h

1595 2. Strassentunnel Göschener^-Airolo Der Dimensionierung der Lüftung dos Tunnels wurde eine Verkehrsmenge von 1600 Autos/h zugrunde gelegt. Diese liegt etwas unter derverkehrstechnischen Kapazität der Anlage. Da aber in der Lüftungsberechnung verschiedene Annahmen getroffen werden müssen, die eher zu ungünstig eingesetzt werden, ist es wahrscheinlich, dass die Lüftung auch noch einen grösseren Verkehr zu bewältigen vermag. So wurde z.B. das Bruttogewicht eines mittleren Personenwagens mit 1800 kg angenommen; da der Ausstoss an giftigem Kohlenmonoxyd dem Gewichte der Fahrzeuge proportional ist, könnte für den Fall, dass die Fahrzeuge leichter sind als angenommen, entsprechend mehr bewältigt werden; beträgt das Gewicht beispielsweise statt 1SOO nur 1100 kg, so könnten mit der gleichen Lüftungsanlago statt 1600 1900 Autos/h durchfahren. Da durchaus mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass in Zukunft die Automobile so gebaut werden, dass sie weniger Kohlenmonoxyd ausstossen, so steckt auch hier in der Lüftungsbercchnung eine Eeserve, die allerdings noch nicht zahlenmässig abgeschätzt werden kann. Gestützt auf diese Feststellungen ist es zulässig, neben der lüftungsmässigen Kapazität von 1600 Autos/h noch die mindestens 1800 Autos/h betragende verkehrstechnische Kapazität m Bechnung zu stellen; bei sehr ausgeglichenem Bersonenwagonverkehr ist theoretisch sogar eine Leistungsfähigkeit von 2000 Autos/h möglich.

Damit beträgt die Kapazität des Gotthardtunnels - gemäss Lüftungsberechnung unter eher ungünstigen Annahmen 1600 Autos/h - verkehrstechnisch, realisierbar bei Eintreten günstigerer Bedingungen hinsichtlich CO-Produktion 1800 Autos/h Tm Gegensatz zu vierspurigen Anlagen oder zur rollenden Strasse spricht die zweispurige Strasse nur wenig auf die Bichtungsverteilung des Verkehrs an; selbst bei einem Verhältnis von 3:1 kann ihre Kapazität als unverändert betrachtet werden, 3. Passstrasse Auf Grund der Erfahrung hat die Studiengruppe Gotthardtunnel die Kapazität der gut ausgebauten Passstrasse auf 1600 Autos/h geschätzt. Die zulässige Verkehrsmenge, bei der die einzelnen Fahrer noch über eine angemessene freie Beweglichkeit verfügen, beträgt jedoch nur 900 Autos/h. Doch können auch bei 1200 Autos/h die Verkehrsverhältnisse noch als zumutbar betrachtet werden; bei einer absoluten Verkehrsspitze
von 1600 dürfte der Zustand von 1200 Autos/h etwa in der für die Dimensionierung als massgebend betrachteten dreissigsten höchsten Stunde des Jahres eintreten. Es kann also gesetzt werden: - Kapazität der Schöllenen und der Passstrasse (Verkehr nicht mehr flüssig) 1600 Autos/h - Zulässige Verkehrsmenge mit befriedigenden Verkehrsverhältnissen 900 Autos/h mit zumutbaren Verkehrsverhältnissen 1200 Autoe/h

1596 4. Sohöllenenstrasse Falls der Tunnel von Göschenen nach Airolo gebaut wird, gelten für die Schöllenenstrasse die gleichen Werte, wie für die Passstrasse.

Wurde dagegen nach dem Vorschlag dos Kantons TM der Tunnel von Hospental nach Bedrina gebaut, so müsste die Sohöllenen den gesamten Gotthardvcrkehr aufnehmen, d.h. sie würde /ur Verlängerung der von Norden bis Göschenen führenden Autobahn. Die Studiengruppe Gotthardtunnel hat für diese Variante eine neue zweispurige Strasso für die steigende Eichtung vorgeschlagen, währenddem für die fallende Eichtung die heutige Schöllenenstrasse benutzt würde. Wogen der Kehren in der Schöllenen darf trotz Einrichtungsverkehr die Kapazität dieser Strasse nicht höher ah zu 2000 Autos/h angesetzt werden. Die Kapazität der 6 Prozent Steigung aufweisenden neuen Strasso wurde zu 2750 Autos/h berechnet. Damit ergibt sich die Kapazität der auf vier Spuren ausgebauten Schöllenenstrecke zu - Hauptvcrkehr nach Süden gerichtet: Steigende Hälfte 2750 Fallende Hälfte x 40 aufgerundet 60 Total boi Vorherrschen des steigenden Verkehrs - Hauptverkchr nach Norden gerichtet: Fallende Eichtung 2000 Steigende Eichtung X 40 gerundet 60 Total bei Vorherrschen des fallenden Verkehrs

2750 Autos/h 1850 Autos/h 4600 Autos/h 2000 Autos/h 1300 Autos/h 3300 Autos/h

o. Kapazität des Bahnverlades unter Benützung der bestehenden, jedoch, auf die maximale Leistungsfähigkeit ausgebauten Anlagen Die Studiengruppe Gotthardtunnol gibt die Kapazität der bestehenden, jedoch auf die maximale Leistungsfähigkeit ausgebauten Bahnanlagen wie folgt an: - bei Nomialbetricb 565 Autos/h - bei Spitzenbetrieb 635 Autos/h Die höhere Leistungsfähigkeit boi Spitzenbetrieb bedarf besonderer organisatorischer Massnahmen und steht daher nicht jederzeit zur Verfugung. Auch ist zu berücksichtigen, dass in diesem Falle beide Fahrrichtungen gleich stark belastet sind. Bei einer Verteilung des Verkehrs auf beide Fahrrichtungen im Verhältnis von 60:40 sinkt die Kapazität auf ira Normalbetrieb 470 Autos/h im Spitzenbetrieb , 580 Autos/h

1597 6. Die gesamte Kapazität der GotihardrouU Die gesamte Kapazität der Gotthardroute beträgt bei Ausnutzung aller Eeserven: - Passstrasse - Strassentmmel - Bahnverlad (beide Eichtungen voll ausgelastet)

. . .

Total oder rund

1600 Autos/h 1600-1800 Autos/h .

570 Autos/h 8770-3970 Autos/h 3800-4000 Autos/h

Diese Zahlen sind aber als äusserstes Maximum zu betrachten, das nur bei regelmässigem Verkehrsfluss erreicht werden kann. Schon bei etwa 3300 Autos/h wird der Eindruck einer starken Belastung entstehen.

B. Die künftige Belastung der Gotthardroute Dem vorstehend wiedergegebenen Leistungsvermögen sind nun die zu erwartenden Verkehrsmengen gegenüberzustellen. Die Studiengruppe Gotthardtunnel hat, in Anlehnung an die Arbeiten der Planungskommission, ihre Prognose bis zum Planungsziel 1980 aufgestellt. Wenn, gemessen an der Bedeutung des Gotthardproblems für die Zukunft, diese Frist auch rocht kurz ist, wäre es doch schwierig, weiterzugehen, da sich die Entwicklung zu wenig sicher überblicken lässt. Angesichts der Schwierigkeiten der Beurteilung können für die Entwicklung nach 1980 höchstens einige Hinweise gegeben werden.

Aus dem Bericht der Studiengruppe Gotthardtunnel lassen sich unter der Annahme, dass der Tunnel Göschenen-Airolo gebaut wird, für die einzelnen. Abschnitte der Gotthardroute für das Jahr 1980 folgende Zahlen ableiten: Absolute Stundenapitzc Autos/ Stunde

Jahresmittel Autos/ Tag StreTunnel1)TM 11 '

Wassen-Göschenen Göschenen-Andennatt, . . .

AndermatWBospental . . . .

Hospental--Pass . . . .

2660 1 3110 900

7610 )

Total

offene Strecke

Tunnel1)

Total

10500 10270 10720 8510

750 870 250

2130

2880 3000 2880

1) bei 100 %iger Tunnelbenützung Die Tabelle zeigt, dass in dor Zeit der grössten Verkehrsspitzen (2180 Autos/h) der Tunnel (Kapazität 1600-1800 Autos/h) nicht in der Lage wäre, den ganzen Durchgangsverkehr von G-öschenen nach Airolo aufzunehmen; der nicht gedeckte Überschuss beträgt 2130-(1600 bis 1800) = 530 bis 330 Autos/h. Diese

1598 könnten gegebenenfalls durch die bestehende rollende Strasse aufgenommen werden. Nun treten aber diese Spitzen immer im Sommerhalbjahr ein, wenn der Pass offen ist. Die Belastung des Passes ergibt sich dadurch, dass vom gesamten Verkehr Hospental-Airolo dor durch den Tunnel gehende Verkehr abgezogen wird. Dieser hängt einerseits von der Witterung und anderseits von der Belastung der Passroute ab. Auf der offenen Strasse verbleiben dann bei voller Ausnützung des Strassentunnels, je nachdem ob der Bahnverlad beansprucht wird oder nicht: Strecke

Schöllenenstraase

Andermatt-Hospental Passstrasse . . .

. . .

, ,

ohne Benützung der Bahn

mit Ausnutzung dei Kapazität des Bahnveflades

1280-1080 Autos/h 1400-1200 Autos/h 780- 580 Autos/ü

710-510 Autoa/h 830-630 Autos/h 210- 10 Autos/h

Diese Zahlen sind als theoretische Extremwerte zu betrachten; in "Wirklichkeit werden Strassen- und Bahntunnel wahrscheinlich selbst bei grossem Andrang nicht voll ausgenützt, weil die Führung des Verkehrs nach den verschiedenen Anlagen nicht mit der hiezu nötigen Präzision möglich ist.

Die höhere Belastung der Strecke Andermatt-Hospcntal hat ihre Ursache im Verkehr von der Furka und der Oberalp her. Da in Andermatt und Hospental ohnehin Umfahrungsstrassen gebaut werden müssen, wird hier zusammen mit der bestehenden Strasse eine so grosse Beserve vorhanden sein, dass dieser Abschnitt für die Gesamtkonzeption nicht massgebend sein wird.

Aus der Gegenüberstellung der Kapazität und der künftigen Stundenspitze ergibt sich die Kapazitätsreserve. Sie beträgt für die verschiedenen Abschnitte der Gotthardroute : (siehe nachstehende Tabelle) Wie lange es dauern wird, bis die Beserven erschöpft sein werden, lässt sich nur schwer abschätzen, da die Entwicklung nach 1980 zu wenig gut überblickbar ist. Bei weiterer stetiger Zunahme des Verkehrs konnte dieser Zustand in den in der letzten Spalte angegebenen Jahren einireten.

Die kritische Strecke ist tatsächlich die Schöllenen. Herrscht dort der NordSüd-Verkehr vor, so ist die Variante mit mittlerem Tunnel (Hospental) wesentlich günstiger als die Varianten mit tiefem Tunnel (Goschenen); dies hat seinen Grund darin, dass in diesem Fall für den steigenden Verkehr eine neue Strasse zur Verfugung steht. Herrscht aber der Süd-Nord-Verkehr vor, so ist die Variante mit tiefem Tunnel günstiger, weil die Kapazität der bestehenden Strasse, obwohl sie im Einrichtungsverkehr betrieben würde, verhältnismässig klein ist und weil die Kapazität der steigenden neuen Strasse mangels Verkehr gar nicht ausgenützt würde. Nun ist aber die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der grössten Verkehrsspitze für beide Eichtungen gleich gross, weshalb die Variante mit Tunnel in Hospental nur in der Hälfte der grössten Verkehrsspitzen günstiger wäre.

1599

Kapazität Autos/h

Abschnitt

| Spitze AAutos, h

Jahr der Erschöpfung (grobe

Prozent

ca.

2290

78

2005

31-38

1990

Wassen-Göschenen . . . .

5280

Göschenen-Airolo: 1. Variante: Tiefer Tunnel und Passstrasse Gösehenen-Airolo (rnassgebend Schöllenen) .

. .

3770-3970

2880

890-1090

5170

2880

2290

80

2005

3870

2880

990

34

1990

3770-3970

2380

1390-1590

58-67

2000

5230

2500

2730

109

2015

2, Variante: Mittlerer Tunnel Hospental-Bedrina a. Schollenen Nord- Süd- Verkehr vorherrschend . . .

Süd-Nord-Verhehr vorherrschend , . .

b. Passstrasse und Tunnel c. Bedrina-Airolo : wie Schöllenen Airolo--Piatta .

. .

' 2940

Kapazitätaresei·ve im Jahre 198 3

Zu diesen Kapazitätsangaben müssen aber noch folgende Bemerkungen gemacht werden. Die Zahlenwerte sind als äusserste Grenze zu betrachten, die nur eintreten können, wenn der Verkehr gut geregelt ist und wenn die Überleitung vom Tunnelportal auf die Strasse und gegebenenfalls noch auf den Bahnverlad einwandfrei funktioniert. Dies ist nicht sicher zu erreichen, obwohl hiefur gewisse regulative Massnahinen möglich sind. Praktisch wird die Überlastung des ganzen Strassonsystems in den extremen Spitzenstunden schon früher fühlbar.

Bei den in der Tabelle angegebenen Maximalwerten handelt es sich um die absoluten Spitzen, die theoretisch zunächst nur einmal im Jahr erreicht werden.

Auch die unmittelbar folgenden Spitzen sind selten; beträgt die absolute Spitze 100 Prozent, so sind in der zehnthöchsten Stunde nur noch rund 90 Prozent und in der 20. höchsten Stunde noch rund 80 Prozent zu erwarten. TJiese höchsten Stunden verteilen sich auf einige Tage des Sommers, wobei es vorkommen kann, dass zwei oder mehr auf einen einzelnen Tag entfallen. Werden diese Spitzen einmal die in der vorstehenden Tabelle angegebenen Kapazitätsgrcnzen erreichen und überschreiten, so sind Wartezeiten unvermeidlich und das Zuviel an Verkehr verteilt sich auf die weniger belasteten nachfolgenden Stunden. Die Übersättigung des Gotthardgebietes wird also nicht von einem Jahr zum ändern eintreten, sondern sie wird sich langsam ankunden. Die Tage höchster Belastung (d.h. das Wochenende der Hauptreisezeit) werden wahrscheinlich von strassen-

1600 kundigen Automobilisten zum voraus erwartet, was gewisse Verlagerungen zugunsten der im Westen und Osten gelegenen Alpendurchstiche und Übergänge zur Folge haben wird. Auch wird in diesem Zeitpunkt das Strassennetz der Schweiz und des Auslandes auf vielen Strecken überlastet sein, was die einströmende Verkehrsmenge möglicherweise etwas reduziert.

Eine noch grössere Eeserve würde am Gotthard entstehen, wenn der Basis-Bahutunnel Ainsteg-Giornico gebaut würde. Der heutige Tunnel würde dann weitgehend entlastet und in hohem Masse als rollende Strasse zur Verfügung stehen.

Nachdem wir gesehen haben, dass die Überlastung am Gotthard im Sommerhalbjahr praktisch gleichzeitig für beide Tunnelvarianten, Göschenen-Airolo und Hospental-Bedrina, in der Schöllenen eintreten wird, stellt sich die Frage, welche Ergänzungen bei den zwei Tunnellösungen erforderlich sind, um ihnen eine höhere Kapazität ssu verleihen. Hiezu bestehen folgende Möglichkeiten: a. beim Tunnel Göschenen-Airolo - Ergänzung der bestehenden Schöllenenstrasse durch eine weitere Spur, - Erstellen einer zweiten Schöllenenstrasse, - Bau einer zweiten Tunnelröhre Göschenen-Airolo.

b. beim Tunnel Hospental-Bedrina - Ausbau der bestehenden Schöllenenslrasse, besonders in den Kehren, - Erstellen einer dritten Schöllenenstrasse für den talwärts gerichteten Verkehr, - Bau eines Tunnels von Göschenen nach Airolo.

Es ist heute verfrüht, sich schon eingehender damit zu befassen, was gegen Ende dieses Jahrhunderts erforderlich sein wird, besonders wenn man bedenkt, dass erst die Zukunft zeigen wird, wie sich am Gotthard der Verkehr zwischen Pass und Tunnel aufteilt. Bis dann werden auch die nötigen Erfahrungen mit dem Betrieb langer Strassentunnol vorliegen, so dass es leichter sein wird, zwischen den verschiedenen Möglichkeiten die richtige Lösung zu wählen.

Die Mehrkosten der vom Kanton Uri bevorzugten Lösung mit dem Tunnel Hospental-Bedrina gegenüber dem Strass entunnel Göschenen-Airolo belaufen sich auf 75 Millionen Franken. Dazu kämen noch die Kosten zur Erhöhung der Kapazität der Schöllenenstrasse, die hier nicht näher beziffert werden sollen.

Zusammen sind sie wesentlich grösser als die Kosten, die nötig sein werden, um - im Falle des Baues der tiefen Variante - die Kapazität der Schöllenenstrasse so zu erhöhen, dass sie auf lange Zeit
genügen wird.

Die Untersuchungen über die Kapazität der künftigen Gotthardroute zeigen also, dass sich auch unter diesem Gesichtspunkt keine entscheidenden Kriterien ergeben, die zur Bevorzugung des von Hospental ausgehenden Tunnels Anlass geben könnten. Dagegen würde dieser von Anfang an zu grösseren Investierungen zwingen, eine Tatsache, die bei den bekannten Finanzierungsschwierigkeiten nicht übersehen werden darf.

1601 C. Ausbau der SchÖUenenstrasse für den Winterverkehr

Wenn sich der Kanton Uri für den Tunnel Hospental-Bedrina einsetzt, so wohl nicht zuletzt deshalb, weil diese Linienführung dem Urserental eine ganzjährig offene, wintersichere Strassenverbindung bringon würde. Dom Kanton Uri ist bereits zu verschiedenen Malen die Zusicherung abgegeben worden, dass im Eahmen des Nationalstrassenprogramms durchaus dio Möglichkeit bestehe, die im Nationalstrassennotz verbleibende G-otthardstrasse über den Pass weiter auszubauen; bekanntlich wurde damit auf der Südrampe in grossem Massstab begonnen, indem nun zur Umfahrung der Tremola eine Neuanlage erstellt wird.

Dieses Ausbauprogramm würde vor allem folgende Abschnitte umfassen : - Bau von Umfahrungsstrassen bei Göschenen, Andermatt und Hospental.

- Erstellung von Schutzbauteil in der Schöllenen zur Ermöglichuiig des Winterverkehrs. Welche Bauten nötig waren, kann erst auf Grund eingehender Projektierung entschieden worden ; ihr Umfang hängt vom Grad der Wintersicherheit ab.

- Ausbau der eigentlichen Passroute in der Weise, dass sie möglichst lange offengehalten werden kann, wobei der Öffnung im Frühjahr besondere Bedeutung zukommt.

An einem derartigen angemessenen Ausbau ist das Urserental vorständlicherweise sehr interessiert. Aber auch der Automobilist, der bis anhin im Frühjahr lange auf die Öffnung des Passes warten rnussto, wird diese Ausbaupläne begrüssen. lus ist sicher, dass in den Beisemonatcn bosonders bei schönem Wetter immer ein beträchtlicher Teil des Verkehrs die Passroute benützen wird, verlangt doch nicht zuletzt die Kapazität der Gotthardverbindung die Mitbenützung der heutigen Passstrasso. Andermatt und Hospental haben also ein Abgefahrenwerden nicht zu befürchten, denn das Urserental wird für alle Zeiten ein wichtiger Kreuzungspunkt der Nationalstrasse N 2 über den Gotthardpass und der zum Hauptstrassennetz gehörenden Furka-Oberalp-Koute bleiben.

Den Begehren, die der Kanton" Uri im Zusammenhang mit dem Gotthardontschoid stellt, kann also im Interesse aller weitgehend entsprochen werden.

D. Technische Fragen des Tunnelbetriebes

Gegen lange Strassentutmel werden zwei Haupteinwände vorgebracht, ehi technischer und ein psychologischer.

Das Problem der Lüftung langer Strassentunnel ist jedoch heute grundsätzlich gelöst, was die zahlreichen auf der ganzen Welt im Botrieb stehenden Strassen tunnel beweisen, die zum Teil ganz gewaltige Verkehrsmengen auf weisen, nämlich 30 000 bis 40 000 Autos je Tag und Tunnelröhre, d.h. bei Doppelröhrentunneln 60 000 bis 80 000 Autos im Tag. Längere Tunnel stellen lüftungstechnisch koinè neuen Probleme ; sie verlangen lediglich eine entsprechende Dimensionierung der Maschinenanlage und der Luftkanäle. Bei den Alpontunnoln Bundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

109

1602 des Nationalstrassennetzes wird die Luftungsanlage so bemessen, dass sie für den höchsten veikehrstechnisch möglichen Vorkehr, d.h. 1600 eventuell bis 1800 Autos/h, genügt.

Hinsichtlich des Verhaltens der Strassenbenutzer in langen Tunneln gehen die Meinungen heute teilweise noch auseinander. Tatsächlich verfugte man bis vor kurzem noch über keine Erfahrungen ini Betrieb solcher Strassentunnel.

Die seit diesem Frühjahr im knapp 6 km langen Grossen-St.-BernhardTunnel gemachten Erfahrungen -scheinen aber irgendwelche Befürchtungen in keiner Weise zu bestätigen ; im Gegenteil, das allgemeine Urteil geht dahin, dass die Tunncldurcht'ahrt kein Erschwernis ist. Auch haben sich bis jetzt keine Unfälle oioignot, die auf dio TunneKahrt zurückzuführen wären. Der Botriob langer Strassentunnel verlangt allerdings einen sehr gut ausgebauten Überwachungsdienst, der bei Unfällen, Branden und Pannen sofort eingreifen kann. Vom nächsten Jahre an wird auch dor 12 km lange Mont-Blanc-Tunnol im Betrieb sein.

Das Departement des Innern und das Amt fur Strassen- und Flussbau werden die Entwicklung des Verkehrs in diesen beiden Tunneln aufmerksam verfolgen und bemuht sein, in den Besitz aller schlüssigen Unterlagen zu gelangen, um bei der Projektierung des Gotthardtunnels diese Erfahrungen zu voiwortcn.

E. Soll die Frage der Gotthardstrasse mit dem Problem der schweizerischen Eisenbahntransitlinien durch die Alpen verknüpft werden P Sicher ist die Frage berechtigt, ob mit der Beschlussfassung über eine Ergänzung des Nationalstrassennetzes durch einen Gotthard-Strasscntunnol nicht so lange zuzuwarten sei, bis die Ergebnisse der Studien über alli'älhge neue Eisenbahnverbindungen durch die Alpen vorliegen. Diesem Vorschlag liegt die Vorstellung zu Grunde, dass im Falle der Wahl eines Eisenbahnbasistunnels von Amsteg nach Giornico der bestehende Tunnel als rollende Strasse dem Automobilverkehr zur Verfugung stehen wurde und so die Kostori für einen neuon Strassentunnel eingespart werden könnten. Wir möchten hier nur die wesentlichsten praktischen Überlegungen kurz zusammenfassen, die gegen eine solche Lösung sprechen, weil die grundsatzliche ïrage, ob das System der rollenden Strasse an sich die endgültige Losung am Gotthard darstellen kann, an anderer Stelle behandelt und verneint wird.

Zweifellos besteht Einigkeit
darüber, dass die rollende Strasse unter Benutzung des bestehenden Bahntunnels die billigste Lösung darstellt, weil dor Strassenvcrkehr für die Zukunft mit dor bestehenden Anlage dor Bahn, ohne allzugiossc Änderungen und Ergänzungen, vorlieb zu nehmen hätte. Nun kommt aber die Wahl des bestehenden Bahntunnels aus folgenden Gründen nicht in Betracht : Die Kapazität des für die rollende Strasse umgebauten bestehenden Gotthardtunnels entspräche an sich ungefähr der Kapazität eines neuen Bahntunnels für die rollende Strasse, die weiter hinten beschrieben wird. Vermindert

1603 würde diese Kapazität aber durch die auf der alten Gotthardlinie verbleibenden Personen- und Güterzüge; denn es wäre wohl kaum möglich, nach dem Bau eines Eisenbahnbasistunnels die Bergstrecke aufzuheben. Dio Schweizerischen Bundesbahnen gaben bei der Beurteilung dieser Frage im Schosse der Studiengruppe Gotthardtunnel bekannt, dass sie im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht daran denken, den Eisenbahnverkehr auf den bestehenden Kämpen aufzugeben, auch weim ein Basis-Bahntunnel erstellt werde. Betriebswirtschaftlich gesehen wäre dies war eine durchaus mögliche Losung, Sie wäre indessen unrealistisch angesichts der Wünsche und Verkehrsbedürfnisse der "Kantone Uri und Tessin.

Schliesslich wäre eine Preisgabe dieser Kämpen unzweckmässig wegen dor Verbindung mit der Furka-Oberalp-Linie und der militärischen Belange, die hier mitzuberücksichtigen sind. Selbst wenn diese Verkehrsbedürfnisse nicht vorhanden wären, müssten sich die Bundesbahnen fragen, ob es im Hinblick auf die Ungewisse künftige Entwicklung des Bahuverkehrs am G-otthard sinnvoll wäre, diese leistungsfähigen Strecken aufzugeben, da auch in einem Basistunnel Überlastungen und Engpässe entstehen können. Das europäische Eisenbahnnetz weise bereits mehrere Beispiele solcher Strecken auf, wo neben einem neuen, tief erliegenden Tunnel die alte Linie immer noch im Betrieb steht und bei der Aufteilung des Verkehrs auf beide Strecken gute Dienste leistet. - Der auf der bestehenden Gotthardstrecke verbleibende Bahnverkehr bewirkte also eine Verringerung der Kapazität einer rollenden Strasse im alten Tunnel, während beim Bau eines Strassontumiels G-öschenen-Airolo das weitere Bestehenbleibon des Bahntunnels und der Verladevorrichtungen eine bedeutende Kapazitätsreserve gewährleisten würde.

Neben diesen verkehrspolitischen und betrieblichen Gründen sprechen aber auch Zeitgründe gegen die Lösung der rollenden Strasse im bestehenden Bahntunnel. Der Schlussbericht der «Kommission Eisenbahntunnel durch die Alpen» wird auf den Herbst 1965 in Aussicht gestellt. Es scheint nicht unmöglich, dass dieser Termin eingehalten wird, sicher ist es abor nicht. Zudem steht noch in keiner Weise fest, zu welchem Ergebnis die Konimission gelangen wird. Mag der Entscheid der Expertenkommission zugunsten eines Ostalponbanntunnels oder des Basistunnels Amsteg-Giornico
ausfallen, so wird in jedem Falle rnit lebhaften verkehrspolitischen Auseinandersetzungen zwischen den Befürwortern des Gotthards und jenen einer Ostalpenbahn zu rechnen sein. Es würde nicht verwundern, wenn sich eine verkehrspolitischo Diskussion von dieser grossen Tragweite in die Länge zöge, so dass vom Zeitpunkt der Abgabe des Alpenbahnberichtos an bis zur Beschlussfassung durch das Parlament einige Jahre verstreichen könnten. Erst hernach könnte mit der Detailprojektierung und sodann mit der Bauvorbereitung begonnen werden, was angesichts der Grosse des Werkes wiederum einige Jahre benötigen würde.

Die Studiengruppe gab für den Basisbahntunnel eine Bauzeit von 18 Jahren und für don Strassentunnel Goschcncn-Airolo eine solche von 6 Jahren an; wir erachten insbesondere den letzteren Termin als zu optimistisch und glauben, dass eher mit 8 Jahren gerechnet werden inuss.

1604 Sollte der Entscheid in der Alpenbahnfrage zu Ungunsten des Gotthards ausfallen, so könnte unmittelbar hernach mit der Projektierung und der Vorbereitung des Baues des Strassontunnels begonnen werden. Bis zur Vollendung des Baues, sei es eines Strassentunnels oder eines Tunnels für die rollende Strasse, musate daher von heute an mindestens mit 15 Jahren gerechnet werden, d.h. bis die Verhältnisse am Gotlhard verbessert wären, ginge es bis gegen 1980. Würde aber der Eisenbahnbasistunnel von Amstog nach Giornico gebaut, so dauerte es ungefähr 20 bis 25 Jahre, bis der heutige Bahntunnel entlastet und die Verladeanlagen gemäss dem neuen Konzept ausgebaut wären. Solange darf unser Land die dringende nationale und internationale Aufgabe des Ausbaues der Gotthardroute nicht hinausschieben; denn wir haben festgestellt, dass die Leistungsfähigkeit der Gotthardßtrasse im Sommerverkehr zu Beginn der siebziger Jahre erschöpft sein wird, so dass es dannzumal während der Hauptreisezeit zu ernsten Verkehrsstockungen kommen musate.

F. Das System der rollenden Strasse Untor Fachleuten und in der Öffentlichkeit ist «chliosslich noch die Frage diskutiert worden, ob nicht an Stelle eines Tunnels für selbstfahrende Motorfahrzeuge ein neuer Tunnel Gesehenen-Airolo mit elektrischer Traktion («rollende Strasse») wirtschaftlicher und damit jenem vorzuziehen wäre. Wie schon die Studiengruppe, so musste auch der Bundesrat die Vor- und Nachteile der beiden Systeme sorgfältig gegeneinander abwägen.

1. Die von der Studiengruppe studierten Varianten Schon die seinerzeitige Planungskommission hat sich mit dem System der rollenden Strasse befasst. Sie unterschied zwischen Tunneln, die zusammen mit einer bestehenden Bahnanlage betrieben werden können, und solchen mit einer unabhängigen Turinelbahn. Die erste Lösung hat grosse betriebliche Vorteile, indem sie erlaubt, die Traktionsmittel und Installationen der vorhandenen Bahn zu benutzen und das Personal je nach Bedarf da oder dort einzusetzen. Demgegenüber wäre es bei einer unabhängigen Tunnelbahn möglich, ganz neue, dem spezifischen Zweck der Beförderung von Motorfahrzeugen angepasste bauliche Anlagen und Fahrzeuge zu entwickeln.

Da die rollende Strasse am Gotthard vor allem wegen des Bestehens der Gotthardbahn in Betracht gezogen worden ist, lag es nahe, eine Lösung zu
suchen, die sich dieser Bahn angliedern -- grundsätzlich also nicht vom bisherigen System der rollenden Strasse unterscheiden -- wurde. Es ist dies die im Bericht der Studiengruppe als rollende Strasse mit neuem Bahntunnel Göschenen-Airolo bezeichnete Variante. Sie lässt sich technisch kurz wie folgt charakterisieren: - Verladerampen. Der Verlad und Auslad der Personenwagen erfolgt auf einer sechsspurigen Eampe, die auf jeder Seite von einem Bahngleis flankiert wird. Die zum Verlad bereiten Autos stellen sich am rechten und linken Band zweispurig auf und warten dort auf die Ankunft des Zuges. Dieser wird in der

1605 Weise entleert, dass die wegfahrenden Autos die zwischen den beiden wartenden Kolonnen freigehaltene zweispurige Fahrbahn benützen; an den Ausfahrtsstollen des Zuges haben die wartenden Kolonnen zu diesem Zweck eine Durchfahrtslücke offen zu lassen. Sobald der Zug leer ist, fahren die bereitstehenden Autos durch diese Lücken auf die Plattformwagen. Für die Lastwagen und Cars ist eine besondere Verladerampe vorgesehen. Je Gleis der Personenwagenrampe können in der Stunde vier Züge abgefertigt werden, an der Lastwagonrainpe zwei -Züge, auf beiden Eampen zusammen also zehn Zuge. Ein PW-Zug braucht für einen vollständigen Zyklus, d.h. für die Hinund Buckfahrt und Bereitstellung zur nächsten Abfahrt, 45 Minuten. Um auf eine Zugsdichte von vier Abfahrten je Gleis und Stunde zu kommen, braucht es demnach 6 Zugskompositionen. Dazu kommen noch zwei Züge für den Lastwagentransport.

, - Die Züge. Ein PW-Zug misst im Maximum 590 m und hat ein Ladeverraogen von 100 Personenwagen mittlerer Grosse ; zur Aufnahme der Motorräder dient ein besonderer Wagen. Die Motorradfahrer sowie Personen, die nicht in ihrem Auto bleiben wollen, finden im Triebwagen Platz, der zum Personentransport eingerichtet ist. Die Lastwagenzüge sind entsprechend den zu befördernden grösseren Gewichton kurzer und weisen Platz für 33 Lastwagen zu 10 m Länge auf.

- Die Kapazität der rollenden Strasse.

Bei voller Ausnutzung der Züge beträgt die Kapazität in einer Eichtung Personenwagen 800 Fz./h Motorräder 72 Fz./h Lastwagen 66 Fz./h Total Theoretisch ergibt sich somit für beide Richtungen oder rund

938 Fz./h ] 876 Fz./h 1880 Fz./h

Das Erreichen dieser Höchstwerte setzt aber nicht nur einen gut funktionierenden Ein- und Auslad voraus, sondern auch, dass der Vorkehr in beiden Eichtungen gleich gross ist. Wird wiederum angenommen, dass er in der schwächer belasteten Eichtung nur 2/3 der starkem erreicht, so sinkt die praktische Kapazität auf: Stärker belastete Eichtung

940 Fz./h

04 Schwächer belastete Richtung-^ X 940

620 Fz./h

Total

15GO Fz./h

Man kommt damit zum Ergebnis, dass die praktische Kapazität des Strassentunnels und die der rollenden Strasse ungefähr gleich gross sind. Nach dem Projekt für die rollende Strasse wurden die bestehenden Verladeeinrichtungen

1606 der Bahn in der neuen Anlage aufgehen. Demgegenüber würde beim Bau des Strassentunnels die Kapazität des heutigen Yerladedienstes mit 565 Autos/h (beide Eichtungen total ausgelastet) auch weiterhin zur Verfugung stehen. Dies ergibt insgesamt folgende Kapazität: Strassentunnel Bahnverlad---- -l· 2 0,t> 2 Total Strassentunnel und Verlad auf bestehender Anlage .

Kapazität des neuen Babntunnels (eine Richtung herrscht vor) Mehrkapazitat beim Bau dos Strassentunnels

1600 Autos/h 470 Autos/h 3070 Autos/h 1560 Autos/h 510 Autos/h

Der Strassentunnol in Verbindung mit dem Verlad auf den heutigen Einrichtungen hat also eine um einen Drittel grossere Kapazität als der neue, für die rollende Strasse gebaute Bahntunnel.

2. Erhöhung der Kapazität der rollenden, Sirasse durali, andere Gestaltung des Systems

a. D u r c h l a u f b e t r i e b m i t "Wendeschleifen Schon die Studiengruppe hat - wenn auch nur ganz; kurz - geprüft, wie die Leistungsfähigkeit der Gotthardroute nach Erschöpfung der Kapazität der vorgeschlagenen Anlage vergrössert werden konnte. Beim System der rollenden Strasse erwähnt sie die Möglichkeit des sogenannten .Durcblaufbetriebes. Dieser erlaubt, die Zugfolge wesentlich zu verdichten, weil die Kreuzungen zwischen ein- und ausfahrendcn Zügen, wie sie bei einem Kopfbahnhof unvermeidlich sind, wegfallen. Der Durchlaufbetrieb erfordert aber den Bau von Wendeschleifen, die aus Platzmangel zum grössten Teil in den ßerg gelegt werden mussten.

Grundbedingung für die Ausnützung der Kapazität wäre zudem ein entsprechender Ausbau der Verladerampen, der bei den engen Platzverhältnissen in Göschenen und Airolo auf sehr grosse Schwierigkeiten stossen wurde. Diese Lösung ist wegen des grosson Projektierungsaul'wandes nicht weiter verfolgt worden.

b. V e r w e n d u n g von z w e i s t ö c k i g e n A u t o t r a n s p o r t z u g e n Seit der Abfassung des Schlussberichtes der Studiengruppe Gotthardtunnel hat das Amt für Strasseu- und Flussbau erfahren, dass im Projekt für einen Eisenbahntunnel unter dem Ärmelkanal zum Transport der Motorfahrzeuge zweistöckige Plattforrawagen vorgesehen sind. Auch die Deutsche Bundesbahn verwendet auf ihrer Autotransportstrocko zwischen Nicbüll und Wcsterland (Sylt) schon seit Jahren solche Wagen, allerdings für einen Verkehr von wesentlich geringcrem Ausmass, als er am Gotthard erwartet werden müsste.

1607 Diese Lösung wurde vom Amt nicht eingehender untersucht, doch zeigt schon eine ganz generelle Prüfung, dass sich ihr sehr grosse Schwierigkeiten entgegenstellen würden: Um der Vorteile, die die Verbindung der rollenden Strasse mit der Gotthardbahn bietet ~ Verwendung üblicher Serientriebfahrzeuge der SBB, Mitbe_nützung der Nebenanlagen, wie Werkstätten für den Unterhaltsdienst, Abstellgleise für nicht benützte Autozüge --, nicht verlustig zu gehen, müssten sich die Doppelstockwagen im ganzen an das normale Lichtraumprofil der SBB halten.

Wie die Erfahrungen der Deutschen Bundesbahn zeigen, genügen solche zweistöckige Wagen für den Transport gewöhnlicher Personenwagen. Zum Transport von Personenwagen mit Wohnanhängern oder mit Gepäck auf dem Wagendach sowie für Kleinbusse musate jeder Zug einen Teil mit einstöckigen Wagen führen.

Damit wurde aber dio Transportkapazität gegenüber der studierten Lösung für eine rollende Strasse nicht verdoppelt, sondern je nach der erforderlichen Länge des einstöckigen Zugteiles nur um 50 bis 65 Prozent ansteigen. Das wesentlich grössere Gewicht dieser Autozüge würde bereits Traktionsprobleme aufwerfen, die hier nicht im einzelnen erörtert werden können.

Die schwierigsten Probleme stellen sich bei den gegebenen topographischen Verhältnissen in Göschenen und Airolo aber für den Bau der Zufahrts- und Verladerampen, die ein Vorsortieren und Sammeln der Motorfahrzeuge nach Schwerverkehr (Cars, Lastwagen), Personenwagen für einstöckigen und für zweistökkigen Verlad gewährleisten müssten. Die Sortierspuren und Zufahrtsrampen verlangen eine erhebliche Entwicklungslänge, die zumindest in Göschenen kaum gefunden werden könnte. Die praktisch erzielbare Leistung einer zweistöckigen rollenden Strasse würde bei einer Auslastung der vierspurigen Autobahn die Einrichtung des Durchlaufbetriebcs trotzdem noch erfordern.

Die vorstehenden, allerdings recht summarischen Überlegungen lassen erkennen, dass dor Bau einer zweistöckigen Tunnelbahn sehr schwierig wäre.

Wohl wird dieses System für den Kanaltunnel vorgeschlagen. Das Projekt sieht aber an den Kopfstationon ausgedehnte Anlagen vor, für die in unseren engen Bergtälern der Platz nicht vorhanden wäre.

3. Folgerungen Die vorstehenden Ausführungen ergeben, dass von allen Tunnelsystomen am Gotthard ein belüfteter Strassentunnel
am günstigsten ist. Wenn einmal in einer ferneren Zukunft der erste Tunnel überlastet sein sollte, könnte - unter Ausnützung der inzwischen gewonnenen Erfahrungen - ein zweiter Strassentunnel erstellt werden. Damit wurde die Gotthardroute durchgehend ungefähr dieselbe Kapazität aufweisen.

Wie wir weiter oben erwähnt haben, würde der Tunnel für eine rollende Strasse 110 Millionen Eranken oder 80 Prozent weniger kosten als dor Strassentunnel. Diese Lösung wäre also die volkswirtschaftlich billigste. Auch dürfte der Betrieb der rollenden Strasse praktisch risikolos sein, weil dieser vom

1608 Verhalten der Fahrzeugführer im Tunnel unabhängig ist. Wenn der rollenden Strasse dennoch der Strassentunnel vorgezogen werden soll, so aus folgenden Gründen: Beim Gottbardproblem handelt es sich um eine weit in die Zukunft weisende Aufgabe, die darin besteht, eine für die Sudschweiz möglichst gute, d.h.

direkte, tiefliegende und ganzjährig offene Strasscnverbmdung nach dorn Hauptteil des Landes zu schaffen. Der Gotthard hat aber nicht nur nationale Bedeutung, sondern er ist eine hervorragende europaische transalpine Eoute und damit Bindeglied zwischen den europaischen Autobahnnetzen nördlich und südlich der Alpen. Auf diesem Bindeglied soll der Strasscnvorkehr ohne jede Beschränkung unbehindert fliessen können. Es ist nicht zuletzt diese Unabhängigkeit von irgendwelchen Transportorganisationen, die dem Motorfahrzeug seinen unerhörten Aufschwung gebracht hat. Demgegenüber liegt die Problematik der rollenden Strasse ja letzten Endes gerade darin, einen Verkehr von der Dichte einer voll belasteten Autobahn ohne zeitliche Verzögerung auf eine Eisenbahn zu verladen und das Transportangebot elastisch dem Strassenverkehr, d.h. den Schwankungen bezuglich Menge und Schworverkehrsanteil anzupassen.

IV. Antrag des Bundesrates A. Verwirklichung einer wintersicheren Verbindung durch den Gotthard; Aufnahme des Gotthardtunnels in das Nationalstrassennetz Wie wir eingangs unserer Botschaft erwähnt haben, sind die eidgenössischen Kate schon bei der Festlegung des Nationalstrassennet/es zur Auffassung gelangt, die Verwirklichung einer wintersichercn Verbindung für den Strassenverkehr durch den Gotthard dränge sich auf. In dieser Erkenntnis haben sie dem Bundesrat die verbindliche Weisung erteilt, den Bau eines Tunnels zu prüfen und darübor Bericht zu erstatten. Die Untersuchungen der Studiengruppe Gotthardtunnel haben nunmehr eindeutig erwiesen, dass die Nationalstrasse N 2 am Gotthard einer Ergänzung bedarf. Die Notwendigkeit dieser Ergänzung ergibt sich - aus dein Bedürfnis nach einer ganzjährig offenen, leicht und sicher befahrbaren Strassenverbindung über den Gotthard, - aus der baldigen Erschöpfung der Kapazität des Bahnverlades wahrend der Verkehrsspitzen des Winterhalbjahres, also in der Zeit, da der Pass geschlossen ist, - aus der baldigen Erschöpfung der Kapazität der Passroute während der Verkehrsspitzen des Sommerhalbjahres und - aus dem Erfordernis der Senkung der Kulmination der Gotthardrouto an sich.

Als beste Lösung der strassenbaulichen Aufgabe erweist sich nach den Untersuchungen der Studienkommission ein Strassentunnel von Göschenen nach

1609 Airolo, der die von Norden und von Süden kommenden, als vierspurige Autobahnen projektierten Zufahrtsrampen auf kürzestem Wege in einer Meereshöhe von rund 1100 m miteinander vorbindet.

Diesen Schiiissfolgerungen und Anträgen der Studiengruppe Gotthardtunnel pflichten wir bei, und wir beantragen Ihnen, das mit Beschluss der Bundesversammlung vom 21. Juni 1960 festgelegte Xationalstrassonnetz durch einen Strassentunnel von Göschenen nach Airolo zu ergänzen.

Das Tunnelprojekt sei kurz wie folgt beschrieben: Der projektierte Strassentunnel Göschenen-Airolo weist eine Länge von 16,36 km auf; sein Kulminationspunkt liegt auf 1160,97 m ü.M. Dio Festlegung der Portale in Göschenen und Airolo erfolgt nach ähnlichen Überlegungen, wie sie seinerzeit von den Ingenieuren der Gofthardbahn angestellt wurden. Im Vordergrund steht die Forderung nach einem im Verhältnis zur Höhenlage möglichst kurzen Tunnel und nach direkten Zufahrten. Dies führt zu Portallagen in unmittelbarer Nähe der bestehenden Eisenbahntunnelportale.

Der Strassentunnel kann nicht dem gestreckten Trasse des Bahntunnels folgen. Er muss mit einer künstlichen Belüftung versehen werden, welche die Anordnung von vier Lüftungsschäcliten erfordert. Diese Lüftungsschächte munden im wesentlichen längs der Gotthardstrasse und zwingen das Tunneltrasse, dem westwärts ausbiegenden Verlauf der Pass-Senke zu folgen. Das vorliegende Trasse ergibt sich dabei aus umfangreichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen unter Berücksichtigung der geologischen Gegebenheiten (Abb.6).

Der Gotthard-Bahntunnel hat einen grossartigen Aufschluss durch das Gebiige geschaffen. Die bei seinom Bau gemachten Beobachtungen und Erfahrungen lassen sich weitgehend auf das neue Bauvorhaben übertragen. Überdies sind seither im fraglichen Gebiet zahlreiche Untertagbauten erstellt worden, die ebenfalls einen Einblick in die geologischen und bautechnischen Verhältnisse vermitteln. Auch die wissenschaftlichen Untersuchungen über die Geologie und Pétrographie der Alpen zwischen Göschenen und Airolo sind in den letzten Jahron stark gefördert worden, so dasa für den Strassentunnel Göschorien-Airolo eine zuverlässige Prognose gestellt werden kann und nennenswerte Überraschungen kaum zu erwarten sind.

Der Tunnelquerschnitt enthält, bedingt durch das gewählte Lüftungssystem, neben dem
Verkehrsraum einen Zuluft- und einen Abluftkanal. Die endgültige Gestaltung des Querprofiles kann allerdings erst bei der Bearbeitung des Bauprojektes festgelegt werden.

Die Lüftungsschächte besitzen einen kreisrunden Querschnitt, der durch eine Zwischenwand in eino Zuluft- und eine Ablufthälfte unterteilt ist. Dio Abmessungen sind so gewählt, dass die Geschwindigkeiten der durchströmenden Luft optimal werden. Dio Frischluft wird durch ein trichterförmiges Eintrittsbauwerk angesaugt und die Abluft durch ein kaminartiges Austrittsbauwerk ausgestossen.

1610 Am Fusspunld der Schächte sowie- an den Portalen liegen die insgesamt sechs Lüftungszentralen. Sie enthalten im wesentlichen die Lüfter mit den dazugehörigen Motoren und Schaltapparaturen. Diese Ausrüstung kann auf engem Baum konzentriert werden, so dass dio Ausmasse der Portalgebäude und der Kavernen minimal werden.

Dank der Verwendung eines Fördorschachtes bei Gamssteg kann die Vortriebszeit des Tunnels uro anderthalb Jahre reduziert werden. Zusammen mit den baulichen Fertigstellungsarbeiton nennt der Bericht der Studiengruppe eine gesamte Bauzeit von fünf Jahren.

Die seither beim Bau des Bernhardiniunnels gemachten Erfahrungen lassen diese Zeit als ausserordentlich knapp, ja als unzureichend erscheinen, wenn nicht durch ganz neue Bauvcrfahren wesentlich raschere Fortschritte möglich werden. Vorlaufig empfiehlt es sich, mit einer Bauzeit von acht Jahren zu rechnen.

Der Betrieb des Tunnels wird vor allem durch die Belüftung gekennzeichnet.

Die Berechnungen ergaben, dass dio vorgesehenen Axialgcblase bei Spitzenverkohr insgesamt 4100 m3/s Luft umwälzen müssen und dabei die Zufuhrung einer elektrischen Leistung von 10000 kWh benötigen. Das Betnebsprogramm, das sich auf Grund der Dauerkurvo des Verkehrs ergibt, fuhrt zu einem jährlichen Energiebedarf von rund 8 Millionen kWh.

Die Bau- und Betriebskosten des Strassentunnels werden in runden Zahlen wie folgt geschätzt (Preisbasis April 1961) : Anlagekostendes

i

m

- Anlagekosten des Tunnels Bauwerke Elektromechanische Einrichtungen Allgemeine Kosten Unvorhergesehenes Total

i

Franken 240,0 20,0 17,0 28,0 "

305,0

- Betriebskosten Überwachung und Verwaltung Baulicher Unterhalt und Eoinigung des Tunnels, Unterhalt der Betriebsgebäude

0,6 _

0,2

Betrieb und Unterhalt der Ventilation Betrieb und Ersatz der Beleuchtung Betrieb und Erneuerung der Dienstfahraeuge, der Telephonund Kontrollinstallationen

0,5 0,3

Unvorhergesehenes

0,2

Total

2,0

0,2

Millionen

1611 - Gesarate Jahreskosten aus Bau und Betrieb unter Berücksiohtigung der Bauzinsen Kapitalkosten

Franken 16,5

Betrieb und Unierhalt,

2,0

Total

18,5

Genaue Kostenberechnungen werden sich allerdings erst nach Ausarbeitung der Bauprojekte anstellen lassen.

Sollten sich beim Betrieb des Strassentunnels durch den Grossen St.Bernhard und beim Mont-Blanc-Tunnel wider Erwarten Schwierigkeiten zeigen, die einen 16 km langen Strassentunnel als nicht empfehlenswert erscheinen lassen, so würde der Bundesrat bei der Genehmigung des generellen Projektes des Gotthardtunnels auf die Prinzipfragc des Strassentunnels zurückkommen und den eidgenössischen Raten die Wahl eines Transportsystems im Sinne der rollenden Strasse mit elektrischer Traktion zur Wiedererwägung unterbreiten.

B, Finanzierung des Werkes Wird der Strassentunnel Göschenen-Airolo, entsprechend unserem Antrag) in das Nationalstrassennetz aufgenommen, so wären die Bundesanteile an den Erstellungskosten des Tunnels und allfällige Beiträge an die Betriebskosten im Rahmen der ordentlichen Finanzierung des Nationalstrassenbaues aufzubringen. Diese Annahme ergibt sich aus den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen über den Bau und die Finanzierung der Nationalstrassen.

Nun haben wir aber schon anlässlich der Genehmigung des generellen Projektes für den Strassentunnel durch den Bernhardin (N 18), in unserer Botschaft vom Juni 1961 über die Erhebung eines Zollzuschlages zur Finanzierung der Nationalstrassen und neulich in der Botschaft vom 8. November 1964 über die Finanzierung der Nationalstrassen in Aussicht gestellt, die Frage grundsätzlich abzuklären, ob für die Benützung von Alpentunneln des Nationalstrassennetzes nicht Gebühren erhoben werden sollten. Dabei ist zu prüfen, ob die Bedürfnisse des Einhcimischenverkehrs durch Herabsetzung der Durchfahrtsgebühren berücksichtigt werden können. Werden die Gesamtkosten durch Gebühren aufgebracht, ermöglichte os dies, den Bernhardintunnel, den Rawiltunnel und einen künftigen Gotthardtunnol von der ordentlichen Nationalstrassenrechnung auszunohmcn und gesondert zu finanzieren. Dies wäre angesichts der beträchtlichen finanziellen Schwierigkeiten, in denen sich der Nationalstrassenbau befindet, ein beachtlicher Vorteil.

Artikel 37, Absatz 2, der Bundesverfassung, der im Zusammenhang mit der Einfügung der Strassenbauartikel in die Verfassung nou formuliert worden ist, bestimmt über Durchfahrtsgebuhren an Strassen folgendes:

1612 «Für den Verkehr auf Strassen, die im Eahmen ihror Zweckbestimmung der Öffentlichkeit zugänglich sind, dürfen keine Gebühren erhoben werden.

Die Bundesversammlung kann in besonderen Fällen Ausnahmen bewilligen.» Zu der Ausnahmebestimmung dieses Artikels gab der Berichterstatter deutscher Sprache anlässlich der Beratungen über die Verfassungsvorlage im Nationalrat die folgende Erklärung ab : «Die Bewilligung von Ausnahmen von der grundsätzlichen Gebührenfreiheit ist nur für besondere Fälle durch die Bundesversammlung vorgesehen.

Man denkt hier vor allem an Tunnel, die den Verkehr im Winter sicherstel-' len, die besonderer Einrichtungen bedürfen und deren Betrieb auch besondere Kosten verursacht. In gleicher Weise könnte man auch an Brücken oder Galerien denken, deren Unterhalt besondere Kosten verursacht. Es ist dann Sache der Bundesversammlung, die einzelnen Fälle ausoinanderzuhalten und im einzelnen Falle zu entscheiden ..» (Sten. Bull. 19S8, NE, 249).

Mit dieser neuen verfassungsrechtlichen Begelung der Gebührenfrage steht fest, dass die Bundesversammlung die Kantone ermächtigen kann, zur Deckung des Kantonsanteils an den Erstellungskosten eines Nationalstrassentunnels und für das Aufbringen der Betriebs- und Unterhaltskosten, die ja nach der Nationalstrassengesetzgebung primär vom Kanton zu tragen sind, Gebühren zu erheben.

Umstritten ist dagegen die Bechtsfrage, ob der Bund angesichts der Strassenhoheit der Kantone in der Lage wäre, seinen eigenen Anteil an den Erstellungskosten von Xationalstrassentunneln ebenfalls durch Gebühren zu decken, oder ob es allenfalls nötig ist, eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Ermächtigung vorzusehen. Diese Frage wird gegenwärtig geprüft.

Für die Gebührenerhebung lassen sich wichtige Gründe anführen. So steht fest, dass der Bau eines Strassentunnels durch die Alpen, sein Betrieb und Unterhalt sehr kostspielig sind. Auch bringen diese neuen Verkehrsverbindungen ihren Benutzern unbestreitbar grosse Vorteile, sei es, dass den Eeisenden gegenüber der Fahrt über den Pass Zeit und Betriebskosten erspart werden, oder sei es, dass ein neuer Alpendurchstich wie beispielsweise der Bawiltunnel die bisherigen Verkehrsvcrbindungen überhaupt grundlegend verändert und verbessert. Bei dieser Betrachtungsweise kann wohl die Auffassung vertreten worden, die Kosten
solcher vorkehrlicher Verbesserungen seien nicht von der Allgemeinheit des motorisierten Verkehrs, sondern von den einzelnen Tunnelbenützern selbst zu tragen, dies um so eher, als die Alpentunnel dos Nationalstrassennetzes in hohem Masse von Ausländern befahren werden, die nur durch den Konsum von Treibstoffen zur Deckung unserer Strassenkosten beitragen. Durch die Erhebung von Gebühren würde dieser Motorfahrzeugverkehr und insbesondere auch der Schwerverkehr vermehrt zur Finanzierung der Strassenbauwerke herangezogen. Schhesslich wird festgestellt, die Öffentlichkeit erwarte im allgemeinen gar keine gebührenfreie Durchfahrt durch Alpentunnol, würden doch heute schon am Grossen St.Bernhard Gebühren erhoben, und auch in dreien unserer

1613 Nachbarländer und in Amerika seien gewisse hochwertige Verkehreanlagen gebührenpflichtig.

Diesen Überlegungen zu Gunsten von Gebühren für Strassentunnel durch die Alpen messen wir sehr grosses Gewicht bei. Immerhin sind in der öffentlichlichkeit auch Stimmen laut geworden, die ein solches Vorhaben ablehnen. Wir haben es daher als richtig erachtet, vorgängig des Entscheides in dieser Frage die Kantone und die interessierten Organisationen der Wirtschaft anzuhören.

Dieses Vernehmlassungsverfahren ist gegenwärtig im Gange. Das führt im Gegensatz zu unserer Äusserung in der Botschaft vom S.November 1964 über die Finanzierung der Nationalstrassen dazu, dass die Frage der Gebührenerhebung noch nicht in dieser Botschaft und im beiliegenden Beschlussesentwurf zu einem Antrag verdichtet werden kann. Gestützt auf das Ergebnis der Umfrage und der erwähnten rechtlichen Abklärimg, werden wir über diese Frage demnächst in einer besonderen Vorlage Bericht erstatten. Dieses Vorgehen drängt sich auch aus formellen Gründen auf. Entschliesst man sich dafür, die Kosten von Nationalstrassentunneln durch die Alpen mit Gebuhren zu decken, so muss dieser Entscheid - wie bereits erwähnt - nicht nur für den Gotthard, sondern auch für den Bernhardintunnel und den Bawil getroffen werden. Der vorliegende Bundesbeschluss hat aber lediglich die Ergänzung des Nationalstrassennetzes durch einen Strassentunnel unter dem Gotthard zum Gegenstand, V. Schiiissbetrachtung Der Entschluss, den die eidgenössischen Bäte auf Grund unseres Antrages über den Bau einer wintersicheren Strassenverbindung durch den Gotthard zu troffen haben, wird seine Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Baum und zeitlich bis weit ins nächste Jahrhundert hinein haben. Deshalb rechtfertigte es sich wohl, den Gesamtrahmen der Betrachtung weit zu spannen. Wenn wir Ihnen beantragen, es soi zur Sicherstellung eines wintersicheren Verkehrs durch den Gotthard ein Strassentunnel von Göschenen nach Airolo zu erstellen, so sind wir überzeugt, Ihnen auf weite Sicht gesehen den richtigen Vorschlag zu unterbreiten.

Man kann sich nun freilich fragen, ob es in der heutigen Zeit der Hochkonjunktur und bei den gegenwärtigen Bemühungen der Landesregierung, der Kantone und weiter Kreise der Wirtschaft um dio Erhaltung einer gesunden Währung sinnvoll sei, der Bundesversammlung
ein Projekt vorzulegen, das über 800 Millionen Franken kosten und die Lage auf dem Baumarkt weiter anspannen würde. Auch könnte der Einwand erhoben werden, nicht einmal die Finanzierung des von der Bundesversammlung beschlossenen Nationalstrassennetzes erscheine gegenwärtig gesichert ; es wäre daher vermessen, das Nationalstrassennetz um kostspielige Werke zu erweitern, die die Finanzierung d es gesamten Bauvorhabens nur noch erschwerten. Diesen Einwänden kann eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden. Bei dem beantragten Entscheid geht es aber

1614 noch nicht um die Präge des Baues dieser neuen Strassenverbindung, sondern lediglich um den Grundsatzentscheid, ob am Gotthard eine wintersichere Strassenverbindung verwirklicht worden und ob diese Verbindung in einem für selbstfahrende Motorfahrzeuge eingerichteten Strasseutunnel von Göschenen nach Airolo bestehen soll. Dieser Vorentscheid ist nicht nur deshalb dringlich, weil die Projektierungsarbeiten für das grosse Werk unverzüglich an die Hand genommen werden sollten, sondern auch weil der Kanton Uri wissen muss, auf welche Variante er den seit langem nötigen Ausbau der Gotthardstrasse im Abschnitt Goschenen-Hospental abstimmen muss.

Der Zeitpunkt, in welchem mit den Bauarbeiten begonnen werden kann, ist - nach den Bestimmungen des Nationalstrassengesetzes - im Eahmen der Bauprogramme für die Nationalstrassen vom Bundesrat zu bestimmen. Dabei soll selbstverständlich auf die dannzumalige Wirtschaftslage und die konkrete Finanzierungsmögliehkeit Bücksicht genommen werden.

Artikel l und 11 des sich insbesondere auf die Artikel 36bls und 36ter der Bundesverfassung stutzenden Bundesgesetzes über die Nationalstrassen ermächtigen die Bundesversammlung, das Nationalstrassennetz festzulegen, zu ergänzen oder abzuändern. Diese Entscheidungen der Bundesversammlung sind endgültig, weshalb sie nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 23. März 1962 über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (Gesehäftsverkehrsgesetz) in die Form eines allgemeinverbindlichen Bundesboschmsses zu kleiden sind, unter Ausschluss des Beferendums. Die Frage der VerJiassungsmässigkeit des vorgeschlagenen Beschlusses steht somit ausser Diskussion.

Durch diese Botschaft und den vorgelegten Beschlussesentwurf ist die Motion xu Nr. 7951 vom 23.März/8. Juni 1960 erledigt. Wir beantragen Ihnen, die Motion abzuschreiben.

Gestützt auf diese Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes zu empfehlen, und wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 22. Dezember 1964.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : L. von Moos Der Bundeskanzler : Ch. Oser

1615 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Ergänzung des Nationalstrassennetzes durch einen Strassentimnel unter dem Gotthard

Die Bundesversammlung der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Artikel l und 11 des Bundesgesetzes vom S.März I9601) über dio Nationalstrassen, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 22. Dezember 1964, beschliesst : I.

Die dem Beschluss der Bundesversammlung vom 21. Juni 1960 über die Festlegung des Nationalstrasscnnetzes beigefügte Liste der schweizerischen Nationalstrassen wird wio folgt ergänzt und geändert: Strassenzug und Strecke

N 2 Strassentunnel Göschenen-Airolo Göschenen-Gotthardpass-Airolo

Klasse

2 3 II.

Auf Grund der Artikel l und 11 des Bundesgesetzes vom 8.März 1960 über die Nationalstrassen ist dieser Bundesbeschluss dem Referendum nicht unterstellt. Er tritt sofort in Kraft.

1) AS 1960, S25.

7745

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Ergänzung des Nationalstrassennetzes durch einen Strassentunnel unter dem Gotthard (Vom 22.

Dezember 1964)

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31.12.1964

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1568-1615

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