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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erteilung einer einheitlichen Konzession für den Betrieb der Drahtseilbahnen St. Moritz Dorf-Chantarella und Chantarella-Corviglia an die Gemeinde St. Moritz.

(Vom 17. Dezember 1938.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Die durch Bundesbeschlüsse vom 21. Dezember 1911 (EÀS 27, 251) und vom 23. März 1928 (EAS 44, 155) konzessionierten Drahtseilbahnen von St. Moritz Dorf nach Chantarella sur Chaunt und von Chantarella nach Corviglia sind von zwei Aktiengesellschaften gebaut und bis dahin betrieben worden. Im Oktober 1937 beschloss die Gemeinde St. Moritz, von der Erwägung ausgehend, dass es den Interessen des Kurorts besser diente, wenn diese beiden wichtigen. Bergbahnen als Gemeinde- statt als Privatunternehmen betrieben würden, wenn möglich sämtliche Aktien der beiden Gesellschaften zu erwerben, was im Laufe des Winters 1937/38 auch geschah. In den ordentlichen Generalversammlungen vom 16. Juli 1938 haben dann diese Aktiengesellschaften ihre Auflösung beschlossen unter gleichzeitiger Übergabe des Vermögens an die Gemeinde St. Moritz.

Gestützt darauf suchen nun die Gemeindeverwaltung St. Moritz und die bisherigen Konzessionsinhaberinnen (A. G.Drahtseilbahn St. Moritz-Chantarella und A. G. Chantarella-Corviglia) in einer gemeinsamen Eingabe vom 20. September 1938 um die Übertragung der Konzessionen dieser Drahtseilbahnen auf die Gemeinde St. Moritz nach.

Das Bau- und Forstdepartement des Kantons Graubünden, das zur Vernehmlassung eingeladen wurde, betrachtet es als gegeben, diesem Gesuch zu entsprechen, nachdem die betreffenden Unternehmen bereits in den Besitz der Gemeinde St. Moritz übergegangen seien. Auch wir haben keinen Anlass, uns dem Begehren zu widersetzen. Es ist jedoch zweckmässiger, an Stelle einer Übertragung und Aufrechterhaltung der beiden bisherigen Konzessionen

1142 eine neue einheitliche Konzession zu erteilen. Wir schlagen Ihnen daher vor, in diesem Sinne dem Gesuch zu willfahren durch Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes, mit dessen Inhalt die Kantonsregierung und die Gemeinde St, Moritz einverstanden sind. Unser Entwurf entspricht dem Text der beiden bisherigen Konzessionen mit Ausnahme einiger redaktioneller Änderungen zur Anpassung an die heutige ^Rechtslage. Die Inkrafttretung des Beschlusses sollte mit Bückwirkung auf den 1. Januar 1938 festgesetzt werden, da die Übernahme des Betriebes im Gemeindegesetz bereits auf diesen Termin vorgesehen ist.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 17. Dezember 1938.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Baumaim.

Der Bundeskanzler:

G. Boret.

1143 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Erteilung einer einheitlichen Konzession für den Betrieb der Drahtseilbahnen St. Moritz Dorf-Chantarella und ChantarellaCorviglia an die Gemeinde St. Moritz.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier gemeinsamer Eingaben der Gemeindeverwaltung St. Moritz und der A. G. Drahtseilbahn St. Moritz-Chantarella sowie der A. G. Drahtseilbahn Chantarella-Oorviglia vom 20. September 1938; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 17. Dezember 1938, beschliesst: I.

Der Gemeinde St. Moritz wird die Konzession für den Betrieb einer Drahtseilbahn von St. Moritz über Chantarella nach Corviglia unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt:

Art. 1.

Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2.

Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3.

Die Konzession wird auf die Dauer von 70 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

1144 Art. 4.

Der Sitz der Unternehmung ist in St. Moritz.

Art. 5.

Die Mehrheit der Direktion, des Verwaltungsrates und eines allfälligen Verwaltungsratsausschusses soll aus Sohweizerbiirgern, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, gebildet werden.

Das ständige Personal soll aus Schweizerbürgern bestehen.

Art. 6.

Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausfuhrungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 7.

Die vom Bundesrat aus militärischen Bucksichten verlangten Erweiterungsund Ergänzungsbauten, sowie Zerstörungsvorkehren hat die Unternehmung auf ihre Kosten auszuführen.

Art. 8.

Die Strecke St. Moritz-Chantarella ist mit Spurweite von l m, diejenige von Chantarella nach Corviglia mit einer solchen von 0,8 m erstellt; beide werden elektrisch betrieben.

Art. 9.

Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zutage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen usw., sind Eigentum des Kantons Graubünden lind an dessen Begierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10.

Den eidgenössischen Aufsichtsbeamten ist zu jeder Zeit freier Zutritt zu allen Teilen der Bahn zu gewähren, sowie das zur Vornahme der Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11.

Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Bahn, die in der Ausübung ihres Dienstes zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen die nicht von der Unternehmung selbst eingeschritten wird, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden. Das gleiche gilt gegebenenfalls gegenüber Mitgliedern der Verwaltung, denen vorübergehend oder dauernd Dienstverrichtungen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind.

1145 Art. 12.

Die Unternehmung übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Stückgütern.

Art. 13.

Die Unternehmung ist ermächtigt, den Betrieb der Bahn auf die Zeit vom 15. Juni bis 30. September und vom I.Dezember bis 31. März zu beschränken. Das eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement kann ihr gestatten, den Betrieb später aufzunehmen oder ihn früher einzustellen, wenn der Zustand der Bahnlinie oder die Witterungsverhältnisse es erheischen. Im allgemeinen ist ihr anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen. Immerhin sind alle daherigen Projekte, welche sich auf fahrplanmässige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Einführung bestimmten Zeitpunkte dem Post- und Eisenbabndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 14.

Die Unternehmung wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse verwenden, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muss.

Art. 15.

Für die Beförderung von Personen können Taxen bis zum Betrag folgender Ansätze für die Person bezogen werden: a. St. Moritz-Chantarella: für die Bergfahrt für die Talfahrt für die Hin- und Rückfahrt

Fr. 1.50 » l. -- » 2. --

b. Chantarella-Corviglia: für die Bergfahrt für die Talfahrt für die Hin- und Bückfahrt

Fr. 5.-- » 2.50 » 7. --

Kinder unter vier Jahren sind taxfrei zu befördern, sofern für sie kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird. Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahr darf die Hälfte der Taxe erhoben werden.

Die Unternehmung ist verpflichtet, zu Bedingungen, die im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbülette zu ermässigter Taxe auszugeben.

Für die Einwohner der Gemeinde St. Moritz bleiben ermässigte Taxen vorbehalten, die vom Bundesrat nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

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Art. 16.

Jeder Beisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Eeisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Wagen untergebracht werden kann.

Für anderes Eeisegepäck und für Stückgüter können für die Berg- oder Talfahrt Taxen per 100 kg bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Gepäck

Güter

St. Moritz-Chantarella Fr. 1.-- Fr. --.80 Chantarella-Gorviglia » 2.-- » 1.50 Die Mindesttaxe für eine Sendung wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 17.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm und bei Gepäcksendungen bis auf 10 Kilogramm für volle 10 Kilogramm gerechnet. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt.

Art. 18.

Die in Art. 15 und 16 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen mir den Transport von Station zu Station. Das Gepäck und die Stückgüter sind von den Aufgebern an die Stationsplätze aufzuliefern und von den Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen ist Sache der Unternehmung, und es darf eine besondere Taxe hiefür in der Eegel nicht erhoben werden.

Art. 19.

Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Eeglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 20.

Sämtliche Eeglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Bahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21.

Das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen ist verhältnismässig herabzusetzen, wenn der Jahresgewinn in sechs aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt und für jedes einzelne der drei letzten Jahre 6 % des Dotationskapitals übersteigt, sofern nicht die Unternehmung den Bedürfnissen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichterungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend Eechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Unternehmung nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

1147 Art. 22.

Wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 2 % des Dotationskapitals nicht erreicht, erlangt die "Unternehmung ein Anrecht auf angemessene Erhöhung des nach gegenwärtiger Konzession zulässigen Höchstbetrages der Beförderungspreise. Über das Mass der Erhöhung entscheidet der Bundesrat.

Art. 23.

Die Unternehmung ist verpflichtet: a. für Äufnung eines Eeservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausserordentlicher Ausgaben infolge von Naturereignissen, Unfällen und Krisen sowie zur Deckung allfàlliger Fehlbeträge dienen sollen, zu sorgen durch jährliche Eücklage von mindestens 5 % des Jahresgewinnes, bis 20 % des Dotationskapitals erreicht sind; fc. für das Personal eine Krankenkasse einzurichten oder es bei einer Krankenkasse zu versichern; c. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen oder das Personal bei einer Anstalt zu versichern, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4 % des Dotationskapitals iiberd. die Eeisenden bei einer Anstalt oder einem Eisenbahnverband gegen diejenigen Unfälle zu versichern, für die sie gemäss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig ist.

Art. 24.

Für die Ausübung des Eückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Eückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Bückkaufes ist der Unternehmung drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Eückkauf wird der Eückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und aller übrigen Zugehör. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich der Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Eückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten.

Sollte dieser Verpflichtung nicht Genüge getan werden und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsfonds nicht dazu ausreichen, so ist ein Verhältnismassiger Betrag von der Eückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Eückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1961 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen.

Eeinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkt, in welchem

1148 der Bückkauf der Unternehmung angekündigt wird, unmittelbar vorangehen -- sofern der Eückkauf zwischen dem 1. Januar 1961 und 1. Januar 1976 erfolgt, den 22%fachen Wert; wenn der Eückkauf zwischen dem 1. Januar 1976 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Eeinertrages -- unter Abzug des Erneuerungsfonds.

Bei Ermittlung des Eeinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller andern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Eeinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder dem Erneuerungsfonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Eückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufes der Konzession ist nach der Wahl des Eückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

/. Streitigkeiten, die über den Eückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 25.

Hat der Kanton Graubünden den Eückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Bückkaufsrecht, wie es im Art. 24 vorgesehen ist, jederzeit auszuüben, und der Kanton Graubünden hat unter den gleichen Eechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der Unternehmung zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II.

Der Bundesbeschluss betreffend Konzession einer elektrischen Drahtseilbahn von St. Moritz Dorf nach Chantarella sur Chaunt, vom 21. Dezember 1911 (EAS27, 251), und der Bundesbeschluss betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Ohantarella nach Corviglia bei St. Moritz (Engadin), vom 23. März 1928 (EAS M, 155), werden hiemit aufgehoben.

iri.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses, der, unter Bückwirkung auf den 1. Januar 1938, sofort in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erteilung einer einheitlichen Konzession für den Betrieb der Drahtseilbahnen St. Moritz Dorf-Chantarella und Chantarella-Corviglia an die Gemeinde St. Moritz. (Vom 17. Dezember 1938.)

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1938

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51

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3841

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21.12.1938

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1141-1148

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