#ST# N o 4 8

" '

Bundesblatt 90. Jahrgang.

Bern, den 30. November 1988.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebür Einrückungsgebühr : 50 Happen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stampfli A de, in Bern.

# S T #

3808

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Ausdehnung der Wehrpflicht.

(Vom 22. November 1938.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Artikel 20 der Militärorganisation bildet die Grundlage der Organisation der Hilfsdienste. Gestützt darauf wurde vom Bundesrat die Verordnung vom 27. März 1909 über die Hilfsdienste erlassen. Diese Organisation löste damals den unbewaffneten Landsturm alter Ordnung ab. Entsprechend der vor dem Weltkrieg allgemein herrschenden Auffassung wollte man mit den Hilfsdiensten in der Hauptsache manuelle Hilfskräfte für die Armee im Kriegsfalle gewinnen. Der neuzeitliche Krieg und namentlich die einzige Art von Krieg, die für unser Land in Betracht fällt : der Krieg um Bestand oder Untergang der schweizerischen Eidgenossenschaft, erfordert aber die Anspannung und Zusammenfassung aller geistigen und körperlichen Kräfte, abgesehen von den materiellen, für die Landesverteidigung. Alle personellen Kräfte, die nicht ·schon in der Feldarmee verwendet werden, müssen im Kriege der Landesverteidigung nutzbar gemacht werden. Um aber im Kriege sofort verwendet werden zu können, müssen diese Kräfte schon im Frieden organisiert sein. Dabei soll jeder seiner Eignung und seinen Berufskenntnissen entsprechend Verwendung f i n d e n ; nur so kann die Landesverteidigung aus den vorhandenen Kräften, den grössten Nutzen ziehen. Die Hilfsdienste müssen derart organisiert sein, dass sie die Streitkräfte des Landes, sowohl die Feldarmee als deren rückwärtigen Dienste, den Territorialdienst und den Heeresbeschaffungsdienst, personell in höchstem Mass entlasten, so dass die für die Erfüllung von Kampf auf gaben geeigneten Kräfte weitgehend frei werden!

Bisher wurde ein zu kleiner Teil der bei der Rekrutenaushebung nicht als militärdiensttauglich erklärten Leute in die Hilfsdienste eingeteilt. In Z u k u n f t sollen nur schwere Gebrechen die Verwendung in den HilfsBundesblatt. 90. Jahrg. Bd. II.

59

778 diensten ausschliesseri. Bisher wurde auch auf die Heranziehung -wertvollster Hilfskräfte verzichtet: alle aus der Wehrpflicht entlassenen Männer vom 48. (Offiziere vom 52.) Altersjahr an, mit ihrer reichen militärdienstlichen, beruflichen und sonstigen Lebenserfahrung, fielen bisher für die Landesverteidigung ausser Betracht. Es ist aber ohne weiteres einleuchtend,, dass heutzutage solche Männer noch während einer Eeihe von Jahren imstande sind, für die Landesverteidigung äusserst wertvolle Dienste zu leisten. Wir sehen deshalb vor, die Wehrmänner nach Beendigung ihrer Dienstpflicht im Landsturm, also vom zurückgelegten 48. (bei Offizieren vom 52.) Altersjahr an, den Hilfsdiensten zuzuteilen und sie bis zum zurückgelegten 60. Altersjahr dort zu belassen. Ein Teil der Hilfsdienste wird bewaffnet und uniformiert sein.

Die Frage der Heranziehung der Frauen für den Aushilfedienst im Landesinnern, zum Ersatz männlicher Arbeitskräfte wird im Zusammenhang mit der Mobilmachung der Industrie und mit der Organisation der Kriegswirtschaft gelöst werden. In der gegenwärtigen Vorlage kann es sich nur darum handeln, dem Heer vermehrte Hilfskräfte zur Verfügung zu stellen; die Hilfsdienste sind nach Artikel 38 der Militärorganisation ein Element des Heeres.

Die Ausdehnung der Hilfsdienstpflicht wird das Funktionieren der lebenswichtigen Betriebe im Kriege nicht hindern; denn es werden nicht alle Hilfsdienste gleichzeitig und gleichrnässig beansprucht werden, und die im Landesinnern unentbehrlichen Arbeitskräfte werden nach Bedarf vom Einrücken dispensiert oder sonstwie den Hilfsdiensten oder sogar der übrigen Armee entnommen werden. Der grösste Teil der Hilfsdienste wird bei einer Mobilmachung nicht ohne weiteres einzurücken haben, sondern soll nur nach Bedarf einberufen werden. Es ist aber notwendig, die Organisation schon im Frieden zu treffen; auf eine Improvisation im Kriege darf man sich nicht verlassen.

Im Entwurf sind die Bedürfnisse der Kriegswirtschaft ausdrücklich vorbehalten.

Die Ausdehnung der Hilfsdienstpflicht bis zum 60. Altersjahr bedingt eine Änderung des Artikels l der Militärorganisation. Die Hilfsdienstpflicht ist ein Teil der Wehrpflicht, und die Wehrpflicht muss bis zum 60. Altersjahr ausgedehnt werden. Bei dieser Gelegenheit soll der Beginn der Wehrpflicht auf das zurückgelegte
18. Altersjahr festgesetzt werden. Diese Ausdehnung der Wehrpflicht auch nach unten schafft für die Erfassung der Jungmannschaft zum Militär- und zum Hilfsdienst die rechtliche Grundlage. Mit dieser Ausdehnung der Wehrpflicht wird sowohl von den jungen als von den alten Jahrgängen nichts Aussergewöhnliches verlangt. Die meisten europäischen Staaten gehen in dieser Beziehung noch bedeutend weiter. Unsere militärpolitische Lage zwingt uns, diesen Schritt zu tun. Die. Altersgrenzen der Heeresklassen bleiben unverändert.

Der die Hilfsdienste im besondern regelnde Artikel 20 der Militärorganisation muss neu gefasst werden. In erster Linie hat er die Zweckbestimmung der Hilfsdienste anzugeben und festzusetzen, wie sich die Hilfsdienste rekrutieren. Ausser der Zuteilung aus sanitarischen Gründen und

779 nach Beendigung der Dienstpflicht im Landstürm sollen die Hilfsdienste auch durch · Freiwillige ergänzt werden können. Ferner sollen Offiziere und Unteroffiziere, die wegen Bevormundung oder fruchtloser Auspfändung von der Erfüllung der, Dienstpflicht ausgeschlossen wurden (Art. 18 M. 0.), sowie Offiziere und Unteroffiziere, die wegen Unfähigkeit vom Kommando enthoben wurden (Art. 19 M. 0.), um sie für die Landesverteidigung doch noch nützlich verwenden zu können, nach Prüfung der einzelnen Fälle .in die Hilfsdienste eingereiht werden. Schliesslich sollen im Kriegsfall -- aber nur dann -- Leute, die gemäss Artikel 16 oder 17 der Militärorganisation von der Erfüllung der Dienstpflicht ausgeschlossen wurden, nach Prüfung der einzelnen Fälle durch das Armeekömmando in die Hilfsdienste aufgenommen werden können. Dadurch wird Leuten, die dazu bereit sind, Gelegenheit geboten, ihre alte Schuld durch persönlichen Einsatz für das bedrohte Vaterland zu sühnen.

Die Hilfsdienste müssen gegenüber früher viel mehr spezialisiert werden.

Jeder Mann muss seine Einteilung kennen. Einzelne Gattungen werden in kommandierte Einheiten und Detachemente organisiert; teilweise werden sie bei einer Kriegsmobilmachung sofort einzurücken haben und müssen unmittelbar verwendungsfähig sein. Das bedingt, dass diese Verbände vorgebildet und in ihre Aufgabe eingearbeitet sind. Es ist unvermeidlich, einen Teil der Hilfsdienste im Frieden zu Ausbildungskursen einzuberufen. Dass diese Kurse so kurz als möglich gehalten werden, ist selbstverständlich. Es ist aber unmöglich, für die Dauer dieser Kurse irgendwelche Zahlen gesetzlich festzusetzen, da die Verhältnisse bei jeder Hilfsdienstgattung verschieden sind und die Entwicklung jetzt noch nicht übersehen werden kann. Die Dauer der Kurse soll durch die Bundesversammlung festgelegt werden. Diese Kurse sind in jeglicher Beziehung als Militärdienst zu betrachten.

Die Ausdehnung der Wehrpflicht bis zum zurückgelegten 60. Altersjahr, der Übertritt aus dem Landsturm zu den Hilfsdiensten, namentlich zum bewaffneten Hilfsdienst, bedingt die A b ä n d e r u n g des Artikels 94 der Militärorganisation, wonach der Wehrmann bei1 seinem Austritt aus dem Landsturm seine Bewaffnung und persönliche Ausrüstung als freies Eigentum behält.

Der Übergang in das freie Eigentum des Mannes darf
nicht schon nach Erfüllung der Militärdienstpflicht, sondern erst bei der Entlassung aus der Wehrpflicht, also nach zurückgelegtem 60. Altersjahr erfolgen ; sonst könnte der im bewaffneten Hilfsdienst eingeteilte Mann nicht verpflichtet werden, seine Bewaffnung und Ausrüstung instand zu halten und damit einzurücken.

Ausserdem müssen die Bestimmungen über die Abnahme der Bew a f f n u n g und p e r s ö n l i c h e n Ausrüstung dem Bestehen eines bewaffneten Hilfsdienstes angepasst und die Inspektionspflicht der Hilfsdienstpflichtigen festgelegt werden, die mit Bewaffnung und militärischer Ausrüstung einzurücken haben. Artikel 93 und 99 der Militärorganisation müssen entsprechend ergänzt werden.

Was die V e r w a l t u n g betrifft, sollen soweit als möglich wie bisher die Kantone die Verbände der Hilfsdienste stellen. Die durch die neuzeitlichen An-

780

forderungen notwendige Spezialisierung wird aber bedingen, gewisse zahlenmässig beschränkte und für besondere Aufgaben bestimmte Hilfsdienstgattungen und -verbände aus Angehörigen mehrerer Kantone zu bilden und unter eidgenössische Verwaltung zu nehmen. Dadurch wird eine entsprechende Ände-, rung des Artikels 153 der Militärorganisation notwendig. Bei dieser Gelegenheit soll dieser Artikel auch dahin korrigiert werden, dass im Landsturm die Kantone nur noch die Kompagnien, nicht mehr die Bataillone zu stellen haben; denn Landsturm-Bataillone gibt es nicht mehr, die Landsturm-Infanterie wird, abgesehen von den Grenztruppen, zur Bildung der Territorial-Bataillone verwendet, und über deren Organisation und Verwaltung ist durch Beschluss der Bundesversammlung vom 22. Oktober 1937 entschieden worden.

Die Ausdehnung der Wehrpflicht bis zum 60. Altersjahr wird sich erst nach 12 Jahren voll auswirken, nämlich dann, wenn der erste Jahrgang, der aus dem Landsturm zu den Hilfsdiensten übertritt, das 60. Altersjahr erreicht hat.

Die ganze Auswirkung der Eeorganisation der Hilfsdienste, d. h. die volle Durchführung des Grundsatzes, dass bei der Eekrutenaushebung jeder einigermassen Arbeitsfähige, der nicht diensttauglich erklärt werden kann, den Hilfsdiensten zugeteilt wird, würde erst in 40 Jahren erfolgen, nämlich dann, wenn der erste Jahrgang, der nach den neuen Grundsätzen ausgehoben wird, das 60. Altersjahr erreicht hat. Die Einführung der Neuordnung würde also theoretisch 40 Jahre dauern. Die Zeiten sind aber nicht danach, dass wir diese Auswirkung ruhig abwarten dürften. Anderseits ist in letzter Zeit von zahlreichen Leuten, die nicht oder nicht mehr militärdienstpflichtig sind, oft der lebhafte Wunsch ausgesprochen worden,.nachrekrutiert zu werden oder sonstwie an der Landesverteidigung aktiv mitwirken zu dürfen. Dieser vaterländische Schwung darf nicht abgebremst werden. Wir sind überzeugt, dass wir jetzt auf dem Boden der Freiwilligkeit genügend Leute erhalten werden, um die Bestände der Hilfsdienste auf ein vorläufig genügendes Maas zu bringen; und. dass man davon a,bsehen kann, die Leute, die bisher nach Beendigung ihrer Dienstpflicht im Landsturm aus der Wehrpflicht entlassen wurden, zwangsweise wieder wehrpflichtig zu erklären.. Einzig die im Auszugsalter stehenden Dienstuntauglichen sollen eine
sanitarische Nachmusterung bestehen müssen; durch diese Massnahme wird die totale Dauer der Einführung von 40' auf 28 Jahre heruntergeschraubt. Wir sehen vor, dass alle Dienstuntauglichen oder aus der, Wehrpflicht Entlassenen vom zurückgelegten 32. bis zum zurückgelegten 59. Altersjahr sich freiwillig zu einer sanitarischen Nachmusterung stellen dürfen, um sich in die Hilfsdienste einreihen zu lassen. Ein Aufruf des Bundesrates würde dazu auffordern.

Bei Gelegenheit dieser Gesetzesrevision soll auch die Altersgrenze von 40 Jahren für die Militärsteuerpflicht aufgehoben werden. Von den Militärdienstpflichtigen sind in letzter Zeit bedeutend längere Dienstleistungen verlangt worden. Abgesehen von der Verlängerung der Eekrutenschulen und der Wiederholungskurse sind für die älteren Jahrgänge neue Kurse eingeführt worden. Die Belastung des Militärdienstpflichtigen ist bedeutend grösser

781 geworden. Jetzt soll der Mann auch noch nach Beendigung seiner Dienstpflicht im Landsturm wehrpflichtig bleiben. Der Militärsteuerpflichtige ist bis jetzt nicht mehr belastet worden; nach wie vor dauert die Militärsteuerpflicht nur bis zum zurückgelegten 40. Altersjahr, und im Landwehralter hat der Ersatzpflichtige nur die Hälfte des Steuerbetrages zu bezahlen. Hier muss durch Bevision des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz ein gerechterer Ausgleich geschaffen werden. Die Pestsetzung der Altersgrenzen für die Militärsteuerpflicht gehört nicht in die Militärorganisation, sondern in das Gesetz .über den Militärpflichtersatz. Deshalb soll der Artikel 3 der Militärorganisation dahin geändert werden, dass der Satz «Die Militärsteuerpflicht endigt mit dem Jahre, in dem das vierzigste Altersjahr vollendet wird» aufgehoben wird. Würde aber diese Änderung ohne weiteres vorgenommen, so würde nach Bundesgesetz vom 28. Juni 1878 betreffend den Militärpflichtersatz «jeder im dienstpflichtigen Alter befindliche Schweizerbürger, welcher keinen persönlichen Militärdienst leistet, dafür einen jährlichen Ersatz in Geld zu entrichten» haben. Die Dauer der Dienstpflicht wird im genannten Gesetz nicht umschrieben; sie richtet sich nach den Bestimmungen der Militärorganisation. Dauer der Ersatzpflicht und Dauer der Dienstpflicht würden damit übereinstimmen. Der Artikel 7 des Militärpflichtersatzgesetzes würde aber auch wieder.in Kraft treten. Dieser bestimmt lediglich, dass die Pflichtigen vom vollendeten 32. bis zum vollendeten 44. Altersjahr nur die Hälfte des Ersatzbetrages zu bezahlen haben, der ihnen nach Artikel 3 und 4 auffällt.

Da Artikel 7 für die Pflichtigen vom 20. bis zum vollendeten 32. Altersjahr keine Bestimmung enthält, so haben sie den vollen Ersatz zu zahlen. Mangels einer abweichenden Bestimmung hätten auch die Pflichtigen vom vollendeten 44. bis zum vollendeten 48. Altersjahr die volle Abgabe zu entrichten. Das wäre ungerecht. Deshalb soll bis zur Totalrevision des Militärpflichtersatzgesetzes vorläufig im Sinne einer Übergangsbestimmung die Militärsteuerpflicht durch Änderung des Artikels 7 des Militärpflichtersatzgesetzes dahin geregelt Werden, dass die Ersatzpflichtigen im Auszugsalter den ganzen Betrag, im Landwehralter die Hälfte und im Landsturmalter einen Viertel des Betrages
zu zahlen haben. Dadurch wird ein gerechter Ausgleich geschaffen. Durch einen neuen Artikel 18blB des Militärpflichtersatzgesetzes soll vermieden werden, dass Leute, deren Ersatzpflicht nach bisheriger Ordnung beendigtest, nach Unterbruch von einem oder mehreren Jahren erneut zum Ersatz herangezogen werden.

Wie bisher sollen die Hilfsdienstpflichtigen nur in den Jahren militärsteuer pfhchtig sein, in denen sie nicht zum Dienst herangezogen werden, und sofern sie nicht schon die Altersgrenze für die Militärsteuerpflicht überschritten haben.

Die Neuorganisation der Hilfsdienste wird, abgesehen von den Kosten für die sanitarischen Nachmusterungen, die sich in sehr bescheidenem Rahmen bewegen werden, und den ebenfalls sehr geringen Kosten für die Ausdehnung der gemeindeweisen Inspektionen auf die bewaffneten Hilfsdienstpflichtigen, sowie von der allfällig notwendig werdenden Anschaffung von Material, wie einzelne Uniformteile, Armbinden, Biwakdecken und dergleichen, keine

782 direkte finanzielle Belastung von B e d e u t u n g zur Folge haben.

Die Durchführung von Kursen für einzelne Teile der Hilfsdienste wird allerdings neue Ausgaben .erfordern. .Da die Bundesversammlung zuständig ist, diese Kurse zu bestimmen, wird sie zu gegebener Zeit über deren Durchführung zu entscheiden haben.

Die vorgesehene Neuordnung der Hilfsdienste entspricht einem dringenden Bedürfnis der Landesverteidigung. Sie sollte gleichzeitig mit der ebenfalls dringenden Reorganisation der Spezialtruppen des Landsturms eingeführt werden, für die wir Ihnen in gesonderter Botschaft den Entwurf zu einem Beschluss der Bundesversammlung vorlegen: denn beide Organisationen hängen stark voneinander ab.

Wir bitten Sie, dem nachfolgenden Entwurf zu einem Bundesgesetz über Abänderung des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation (Ausdehnung der Wehrpflicht) die Genehmigung zu erteilen.

' B e r n , den 22. November 1938.

- I m Namen d e s Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Baumann.

Der Bundeskanzler:

G. Boret.

783 (Entwurf.)

. :

Bimdesgesetz über

die Abänderung des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation.

(Ausdehnung der Wehrpflicht.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 22. November 1938, beschliesst:

Art. 1.

Die Art. l, 3, 20, 93, 94 und 153 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 über die Militärorganisation werden aufgehoben und durch folgende neuen Bestimmungen ersetzt: Art. 1. Jeder Schweizer ist wehrpflichtig. Die Wehrpflicht beginnt mit dem Jahre, in dem das 18. Altersjahr, sie endigt mit dem Jahre, in dem das 60. Altersjahr vollendet word.

Sie umfasst: Die Pflicht zur persönlichen Leistung des Militärdienstes in Auszug, Landwehr und Landsturm -- die Militärdienstpflicht; die Pflicht zur Bezahlung eines Ersatzes -- die Militärsteuerpflicht; die Hilfsdienstpflicht (Art. 20).

Art. 3. Wer die Militärdienstpflicht nicht erfüllt, hat die Militärsteuer zu bezahlen. Die Militärsteuerpflicht wird durch besonderes Bundesgesetz geordnet.

Art. 20. Die Hilfsdienste sind zur Ergänzung, Unterstützung und Entlastung der Armee bestimmt. Die Hilfsdienstpflichtigen dürfen jedoch von der Armee nur soweit in Anspruch genommen werden, als sich dies mit den Bedürfnissen der Kriegswirtschaft vereinbaren lässt.

784

Den Hilfsdiensten werden zugeteilt Wehrpflichtige -- auf Grund sanitarischer Verfügung bei der Aushebung oder während ihrer Dienstpflicht, -- nach Beendigung der Dienstpflicht in Auszug, Landwehr und Landsturm, :-- in den durch Art. 18 und 19 vorgesehenen Fällen.

Ausserdem können den Hilfsdiensten Freiwillige zugeteilt werden und im Kriegsfalle Leute, die von der Erfüllung der Dienstpflicht ausgeschlossen wurden und deren Anmeldung vom Armeekommando angenommen wird.

Für einzelne Hilfsdienstgattungen können von der Bundesversammlung Ausbildungskurse angeordnet werden. Diese Kurse, sowie der von Hilfsdienstpflichtigen geleistete aktive Dienst gelten als Militärdienst.

In den Jahren, in denen die Hilfsdienstpflichtigen nicht zu Ausbildungskursen oder zum aktiven Dienst herangezogen werden, sind sie militärsteuerpflichtig, sofern sie die Altersgrenze für die Militärsteuerpflicht nicht überschritten haben.

Der Bundesrat setzt die Organisation der Hilfsdienste fest.

Art. 93. Die Bewaffnung und persönliche Ausrüstung ist den Wehrmännern abzunehmen, die nicht imstande sind, sie zu besorgen, die sich in der Behandlung derselben nachlässig erwiesen haben oder die vor vollendeter Wehrpflicht aus der Dienstpflicht treten ohne zu den bewaffneten Hilfsdiensten versetzt zu werden.

Art. 94. Wer seine Wehrpflicht vollständig erfüllt hat, behält seine Bewaffnung und persönliche Ausrüstung bei seiner Entlassung als freies Eigentum.

Art. 153. Die Kantone stellen die Kompagnien und Bataillone der Infanterie, die Dragonerschwadronen, sowie die Einheiten des Landsturms.

Wo die Mannschaftsbestände einzelner Kantone zur Bildung ganzer Bataillone, Kompagnien oder Dragonerschwadronen nicht ausreichen, bestimmt die Bundesversammlung deren Zusammenlegung zu solchen.

Die Kantone stellen die Einheiten und Detachemente der Hilfsdienste.

Wo die Mannschaftsbestände hiefür nicht ausreichen und für besondere Hilfsdienstgattungen werden die Einheiten und Detachemente vorn Bunde gebildet.

Art. 2.

Art. 99 des vorgenannten Bundesgesetzes wird durch einen Abs. 5 folgenden Wortlauts ergänzt: Art. 99, Abs. 5. Diese Bestimmungen gelten auch für die Hilfsdienstpflichtigen, die zum Einrücken mit Bewaffnung und militärischer Ausrüstung verpfhebtet sind.

Art. 3.

Die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes aus der Wehrpflicht entlassenen Männer bis zu dem Jahre, in dem sie das 59. Altersjahr vollenden, und die bei der Rekrutenaushebung dienstuntauglich erklärten Leute von dem Jahre, in

785 dem das 33., bis zu dem Jahre, in dem das 59. Altersjahr vollendet wird, können sich freiwillig in die Hilfsdienste einreihen lassen, sofern sie dafür als tauglich befunden werden.

Die bei der Eekrutenaushebung dienstuntauglich erklärten Leute bis zu dem Jahre, in dem das 32. Altersjahr vollendet wird, haben im Jahre 1939 eine sanitarische Nachmusterung zu bestehen. Dabei wird über ihre Tauglichkeit neu entschieden.

In Zeiten von Krieg oder Kriegsgefahr kann der Bundesrat auch die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes aus der Wehrpflicht entlassenen Männer, die sich nicht freiwillig gemeldet hatten, in die Hilfsdienste einteilen.

Art. 4.

Art. 7 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878 betreffend den Militärpflichtergatz wird aufgehoben und durch folgende Bestimmung ersetzt : Art. 7. Die Ersatzpflichtigen sind in drei Altersklassen eingeteilt.

Zur ersten Klasse gehören die Ersatzpflichtigen bis zum Jahre, in dem das 32. Altersjahr vollendet wird, zur zweiten Klasse die Ersatzpflichtigen vom 33. Altersjahr bis zum Jahre, in dem das 40. Altersjahr vollendet wird, und zur dritten Klasse die Ersatzpflichtigen vom 41. Altersjahr bis zum Jahre, in dem das 48. Altersjahr vollendet wird.

In der ersten Klasse zahlt der Ersatzpflichtige den ganzen Betrag des ihm nach Art. 3 und 4 auffallenden Ersatzbetrages, in der zweiten Klasse die Hälfte, in der dritten Klasse einen Viertel.

Art. 5.

Das vorgenannte Bundesgesetz wird durch einen Art. 18bls folgenden Wortlauts ergänzt: Art.l8*ls. Wehrpflichtige, die vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom über Abänderung des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation (Ausdehnung der Wehrpflicht) das 40. Altersjahr vollendet haben, bleiben vom Militärpflichtersatz befreit.

Art. 6.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

Er wird mit dem Vollzug beauftragt.

1057

---38^--

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Ausdehnung der Wehrpflicht. (Vom 22. November 1938.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1938

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

48

Cahier Numero Geschäftsnummer

3808

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.11.1938

Date Data Seite

777-785

Page Pagina Ref. No

10 033 792

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.