17.052 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel vom 23. August 2017

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Jagdgesetzes. Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2014

M 14.3151

Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung (S 19.03.2014, Engler; S 19.06.14; N 12.03.15)

2010

M 10.3264

Revision von Artikel 22 der Berner Konvention (S 19.03.2010, Fournier; S 02.06.2010; N 30.09.2010)

2014

M 14.3830

Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete umbenennen (N 25.09.2014, Landolt; N 12.12.2014; S 03.12.2015)

2014

P

Einführung einer eidgenössischen Jagdberechtigung (N 25.09.2014, Landolt; N 16.06.2016)

14.3818

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. August 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2017-1578

6097

Übersicht Mit der Teilrevision des Jagdgesetzes sollen drei politische Vorstösse umgesetzt werden. Diese verlangen die Möglichkeit zur Regulierung von Wolfbeständen innerhalb des Rahmens der Berner Konvention, die gegenseitige Anerkennung der kantonalen Jagdprüfungen und eine Umbenennung der eidgenössischen Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete. Ferner wird das Jagdgesetz um weitere Änderungen ergänzt oder angepasst.

Ausgangslage Schutz, Regulierung und jagdliche Nutzung von freilebenden Wildtierbeständen beschäftigen die Menschen und immer wieder auch die Politik in der Schweiz.

Besonders mit der Rückkehr der grossen Beutegreifer Bär, Wolf und Luchs sind in den letzten Jahren zahlreiche parlamentarische Vorstösse zur Anpassung der rechtlichen Regelungen für Eingriffe in Bestände geschützter Tierarten diskutiert worden.

Die 2015 vom Parlament angenommene Motion 14.3151 «Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung» von Ständerat Engler verlangt eine Revision des Jagdgesetzes, sodass Wolfsbestände zukünftig innerhalb des Rahmens der Berner Konvention reguliert werden können. Zudem hat das Parlament 2015 die Motion 14.3830 von Nationalrat Landolt zur Umbenennung der eidgenössischen Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete überwiesen, was ebenfalls eine Revision des Jagdgesetzes bedingt. Schliesslich wurde der Bundesrat mit dem Postulat 14.3818 Landolt beauftragt zu prüfen, wie durch eine Revision des Jagdgesetzes künftig kantonale Jagdprüfungen gesamtschweizerisch anerkannt werden können.

Inhalt der Vorlage Diese Vorlage setzt die beiden Motionen und das Postulat um. Darüber hinaus sollen bei der Regelung und Planung der Jagd Tierschutzaspekte verstärkt berücksichtigt und die Anforderungen an die Jagdprüfung geregelt werden. Die 2012 über eine Revision der Jagdverordnung geänderten Bestimmungen über die jagdbaren Arten und ihre Schonzeiten werden ins Gesetz überführt und ergänzt. So werden neu im Gesetz die Moorente und das Rebhuhn geschützt; ferner werden die Saatkrähe für jagdbar erklärt, die Schonzeiten des Wildschweins und des Kormorans verkürzt und allen einheimischen Arten eine Schonzeit gewährt. Auch der Umgang mit nicht einheimischen Arten wird neu geregelt. Die Revision des Jagdgesetzes hat keine finanziellen oder personellen Auswirkungen auf den Bund und nur geringe Auswirkungen auf die Kantone. .

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Überblick 1.1.2 Motion Engler (14.3151) Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung 1.1.3 Motion Fournier (10.3264) Revision von Artikel 22 der Berner Konvention 1.1.4 Motion Landolt (14.3830) Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete umbenennen 1.1.5 Postulat Landolt (14.3818) Einführung einer eidgenössischen Jagdberechtigung 1.2 Beantragte Neuregelungen 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem internationalen Recht 1.6 Umsetzung 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

6101 6101 6101

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

6112

3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und Gemeinden 3.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, die Gesellschaft, die Umwelt und die Bergregionen 3.3 Andere Auswirkungen

6137 6137

4

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

6103 6103 6103 6104 6104 6107 6109 6109 6110 6112

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5.5 5.6 5.7

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen Datenschutz

6139 6140 6140

Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz, JSG) (Entwurf)

6141

6100

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Überblick

Das Bundesgesetz vom 20. Juni 19861 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz, JSG) trat am 1. April 1988 in Kraft. Es handelte sich um eine Totalrevision eines älteren Gesetzes. Auslöser der Revision waren auch damals politische Vorstösse, die vor allem ein Gesetz verlangten, das von einer klaren, vom Gedanken des Artenschutzes getragenen Konzeption ausgehen sollte.

Der Artenschutz hatte zu dieser Zeit vermehrt an Bedeutung gewonnen. Er erfuhr denn auch mit dem in den 1980er-Jahren revidierten Jagdgesetz eine deutliche Stärkung.

Seit dieser letzten Totalrevision haben sowohl Verbreitung als auch Bestandsgrössen vieler geschützter Arten zugenommen. Dies ist ein Erfolg für den Artenschutz. Diese Entwicklung führte teilweise auch zu einer Zunahme von Konflikten zwischen den Ansprüchen der Wildtiere und den Interessen der Menschen. Die wachsenden Bestände von Arten wie Wolf, Luchs, Biber oder Kormoranen führen zu emotionalen Diskussionen über Schäden in der Landwirtschaft oder bei der jagdlichen und fischereilichen Nutzung. Das Bedürfnis nach einem pragmatischeren Umgang auch mit gewissen geschützten Arten kommt heute deshalb in der Politik in Form von konkreten Vorstössen immer stärker zum Ausdruck. Insbesondere der Wolf geriet mit der zunehmenden Ausbreitung und Bildung von Rudeln ins Zentrum politischer Debatten. Für ein dauerhaftes Zusammenleben von Mensch, Nutztier und Wolf werden heute mit Nachdruck ein pragmatischeres Management und die hierfür notwendigen Rechtsgrundlagen gefordert. Hauptsächlicher Auslöser der vorliegenden Teilrevision des Jagdgesetzes ist die Motion Engler (14.3151) «Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung», die am 19. Juni 2014 vom Ständerat und am 12. März 2015 vom Nationalrat angenommen wurde.

Die Motion Engler will die Möglichkeiten zum Umgang mit dem Wolf erweitern; dies soll aber gemäss der parlamentarischen Debatte innerhalb der Bestimmungen des Übereinkommens vom 19. September 19792 über die Erhaltung der europäischen, wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) erfolgen. Diese Motion beschreitet damit einen andern Weg als die ebenfalls vom Parlament überwiesene Motion Fournier (10.3264 «Revision von Artikel 22 der Berner Konvention»), welche die Änderung des Schutzstatus des Wolfs im
internationalen Recht anstrebt und für den Fall, dass dies nicht gelingt, die Kündigung der Konvention verlangt, damit der Wolf anschliessend den jagdbaren Tierarten zugeordnet werden kann. Auch diese Motion wurde von beiden Räten angenommen. Der Bundesrat hat die Motion Fournier abgelehnt und stets darauf 1 2

SR 922.0 SR 0.455

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aufmerksam gemacht, dass er die Kündigung des internationalen Vertragswerks weder staatspolitisch noch juristisch als vertretbar erachtet.

Die Bedeutung der eidgenössischen Jagdbanngebiete hat sich seit der Gründung dieses Instruments im ersten Jagdgesetz des Bundes von 1875 stark verändert, sodass der Begriff «Jagdbanngebiete» den heutigen, erweiterten Funktionen dieser Schutzgebiete nicht mehr gerecht wird. War einst der Schutz des Wildes vor jagdlichen Eingriffen und Wilderei ihr Zweck, so steht 140 Jahre später der Schutz der Lebensräume und der Wildtiere vor schädlichen Eingriffen und Störungen durch den Menschen im Vordergrund. Die Motion Landolt (14.3830) fordert folgerichtig die Umbenennung des Begriffs «eidgenössische Jagdbanngebiete» in «eidgenössische Wildtierschutzgebiete».

Die Vielfalt der Arten und ihre Bestandsgrössen, die Qualität der Lebensräume und die Bedeutung von unterschiedlichen Faktoren, die auf die Umwelt einwirken, aber auch die Ansprüche der Menschen und Forderungen der Gesellschaft verändern sich über die Jahrzehnte. Der Schutz und die Jagdbarkeit von Arten sowie die Rahmenbedingungen für deren jagdliche Nutzung brauchen deshalb von Zeit zu Zeit eine Überprüfung. Im Rahmen der Teilrevision der Verordnung vom 29. Februar 1988 3 über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdverordnung, JSV) von 2012 erfolgte deshalb eine umfassende Überarbeitung der Tier-, Artenund Umweltschutzaspekte der Jagd. Besonders der Tierschutz erfuhr dabei eine deutliche Stärkung, die nun im Rahmen der vorliegenden Teilrevision imJagdgesetz verankert werden soll. Die damals in der revidierten Jagdverordnung aufgenommenen Anpassungen der jagdbaren Arten und ihrer Schonzeiten sollen ins Gesetz überführt und weiter aktualisiert werden.

Die Jagd ist gemäss der Bundesverfassung (BV) ein Regal der Kantone. Die Kantone legen das Jagdsystem und das Jagdgebiet fest und sorgen für eine wirkungsvolle Aufsicht. Sie erteilen auch die Jagdberechtigung aufgrund einer Jagdprüfung und weiterer Anforderungen nach Massgabe kantonalen Rechts. Den Kantonen steht es heute frei, ob sie die Jagdprüfungen anderer Kantone anerkennen. Während einzelne Kantone dies gestützt auf interkantonale Vereinbarungen tun, um so den Bedürfnissen der heutigen, mobilen Gesellschaft zu entsprechen, sind andere
Kantone dazu nicht bereit. Über die schweizweite Anerkennung kantonaler Jagdprüfungen wird deshalb seit vielen Jahren immer wieder kontrovers diskutiert. Bereits 1999 hat das Parlament das Anliegen über das Postulat Bieri (98.3267) «Gegenseitige Anerkennung der kantonalen Jagdprüfungen» aufgenommen und die Revision des JSG verlangt. Umgesetzt ist der Entscheid bis heute nicht. Dass dieses Anliegen seither aber nicht an Aktualität verloren hat, wird durch das am 16. Juni 2016 im Nationalrat angenommene Postulat Landolt (14.3818) deutlich. In der aktuellen Teilrevision des Jagdgesetzes wird das Thema deshalb aufgenommen.

Die Praxis und der Vollzug der letzten drei Jahrzehnte haben zudem Lücken, Mängel und Unklarheiten sowie notwendige Aktualisierungen und Präzisierungen bestehender Regelungen oder Begriffe im Jagdgesetz aufgedeckt, die in dieser Vorlage aufgenommen werden.

3

SR 922.01

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1.1.2

Motion Engler (14.3151) Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung

Inhalt und Auftrag: Der Wolf ist in der Schweiz durch das Jagdgesetz geschützt. Die geltenden Bestimmungen und Konzepte zum Umgang mit diesem Beutegreifer sind darauf ausgerichtet, die Artenvielfalt sicherzustellen sowie Wildschäden durch Einzeltiere zu verhüten und zu entschädigen. Seit 1995 wandert der Wolf in die Schweiz ein und breitet sich aus, 2012 entstand das erste Rudel. Es ist mit einer Zunahme der Schweizer Wolfspopulation und in der Folge mit einer Akzentuierung von Konfliktsituationen mit der direkt betroffenen Bevölkerung zu rechnen. Nur ein grösserer Handlungsspielraum als der heutige in Bezug auf die Regulierung von Wolfsbeständen kann langfristig die Akzeptanz dieses Beutegreifers in der Bergbevölkerung sicherstellen und somit ein nachhaltiges Zusammenleben von Mensch, Nutztier und Wolf ermöglichen. Um die Regulierung von Wolfsbeständen, insbesondere auch die Steuerung der Rudelgrössen und Bestandsdichten zu ermöglichen, soll eine entsprechende Anpassung unter Berücksichtigung der Berner Konvention im Jagdgesetz vorgenommen werden.

1.1.3

Motion Fournier (10.3264) Revision von Artikel 22 der Berner Konvention

Inhalt und Auftrag: Die Berner Konvention trat für die Schweiz am 1. Juni 1982 in Kraft. Artikel 22 dieser Konvention ermöglicht es den Staaten, bei ihrem Beitritt Vorbehalte anzubringen. Die Bestimmung schliesst jedoch aus, dass die Vertragsstaaten ihre einmal eingegangene Verpflichtung abändern, selbst wenn sich die Situation über die Jahre verändert. Elf Staaten haben bei Unterzeichnung der Konvention explizit einen Vorbehalt zum Wolfschutz angebracht und sich auf diese Weise mehr Spielraum im Umgang mit dieser Tierart eingeräumt. Da 1980 in der Schweiz noch keine Wölfe lebten, haben die eidgenössischen Räte keinen solchen Vorbehalt eingebracht. Die Situation hat sich seit damals verändert. Mit der Motion wurde der Bundesrat beauftragt, dem ständigen Ausschuss der Konvention einen Änderungsvorschlag zur Anpassung und Ergänzung von Artikel 22 zu unterbreiten, wonach es jedem Unterzeichnerstaat möglich sein soll, auch nach der Unterzeichnung der Konvention Vorbehalte anzubringen. Sollte dem Antrag stattgegeben werden, sei der Vorbehalt anzubringen, dass der Wolf in der Schweiz zwecks Schadensvermeidung gejagt werden dürfe. Sollte der Antrag abgewiesen werden, sei die Konvention zu kündigen, um bei einer erneuten Ratifikation die nötigen Vorbehalte anzubringen.

1.1.4

Motion Landolt (14.3830) Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete umbenennen

Inhalt und Auftrag: Jagdbanngebiete sind ein wichtiges Instrument zum Schutz der biologischen Vielfalt und Teil der ökologischen Infrastruktur gemäss der 2012 vom Bundesrat beschlossenen Strategie Biodiversität Schweiz. Als solche dienen sie 6103

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heute nicht mehr primär und ausschliesslich dem Schutz jagdbarer Tiere vor jagdlichen Eingriffen, vielmehr sind es Gebiete, in denen sowohl jagdbare, als auch geschützte Wildtierarten vor unterschiedlichster Störung sowie vor Verlust und Beeinträchtigungen ihrer Lebensräume geschützt werden sollen. Der Begriff «Jagdbanngebiete» ist demnach nicht mehr zeitgemäss und bringt die Bedeutung der Gebiete auch nicht mehr ausreichend zum Ausdruck. Der Begriff «Wildtierschutzgebiet» trägt der heutigen Funktion dieser Gebiete deutlich besser Rechnung und soll daher den Begriff «Jagdbanngebiete» im Jagdgesetz und den Verordnungen dazu ersetzen.

1.1.5

Postulat Landolt (14.3818) Einführung einer eidgenössischen Jagdberechtigung

Inhalt und Auftrag: Die Zuständigkeit für die jagdliche Ausbildung liegt bei den Kantonen. Im Bereich der Ausbildung hat in den letzten Jahren bei den Lehrmitteln eine gewisse Harmonisierung stattgefunden, wobei die Kantone sinnvollerweise zusätzlich kantonsspezifische Ausbildungsschwerpunkte setzen. Grundsätzlich sind die Unterschiede zwischen den Kantonen nicht derart gross, als dass eine kantonale Jagdprüfung nicht gesamtschweizerisch anerkannt werden könnte. Der Bundesrat wurde beauftragt zu prüfen, wie durch eine Revision des Jagdgesetzes künftig kantonale Jagdfähigkeitsprüfungen zur gesamtschweizerischen Anerkennung führen können. Bereits 1999 hat das Parlament einen sehr ähnlichen Auftrag verabschiedet (Postulat Bieri, 98.3267 «Gegenseitige Anerkennung der kantonalen Jagdprüfungen»).

1.2

Beantragte Neuregelungen

Eigentliches Kernstück dieser Vorlage ist die Neuregelung der Bestandsregulierung gewisser geschützter Tierarten über die Anpassung von Artikel 7 JSG gemäss der Motion Engler 14.315 «Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung». Hierzu werden die Absätze 2 und 3 von Artikel 7 JSG in einen neuen Artikel 7a mit der Überschrift «Regulierung von geschützten Arten» überführt. Im neuen Artikel 7a Absatz 1 ist nun explizit von Bestandsregulierungen geschützter Tierarten die Rede und nicht mehr vom Abschuss einzelner Tiere geschützter Arten.

Zudem werden die Gründe, die eine Bestandsregulierung ermöglichen, im neuen Artikel 7a Absatz 2 mit «grossem Schaden» und «konkreter Gefährdung von Menschen» erweitert. Dadurch wird der Spielraum, den die Berner Konvention für Abschüsse bei Beständen von streng geschützten Tierarten bietet, maximal ausgeschöpft.

Die Absätze 1, 4, 5 und 6 des bestehenden Artikels 7 sind nicht Gegenstand dieser Teilrevision und bleiben unverändert mit der Überschrift «Artenschutz» bestehen.

Artikel 12 Absatz 4 JSG, der die Regulierung von Beständen geschützter Tierarten heute ermöglicht, kann wegen des neuen Artikels 7a gestrichen werden. Mit der Regelung des neuen Artikels 7a anstelle von Artikel 12 JSG entfallen die Verpflich6104

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tung der Kantone zum Nachweis einer konkreten Schadenshöhe und die Pflicht, vorgängig die Zustimmung des Bundes einzuholen. Die Kantone sollen die Möglichkeit haben, nach Anhörung des zuständigen Bundesamts für Umwelt (BAFU) Konflikte zwischen den Ansprüchen gewisser geschützter Arten und den Interessen der Bevölkerung frühzeitig durch bestandsregulierende Eingriffe zu entschärfen.

Welche Arten unter diese Bestimmung fallen, entscheidet gemäss Artikel 7a Absatz 1 weiterhin der Bundesrat in der Jagdverordnung oder ausnahmsweise das Parlament über die Nennung der Arten und der Regulationszeiträume im neuen Artikel 7a Absatz 1.

Durch das Aufnehmen der beiden geschützten Tierarten Steinbock und Wolf in den neuen Artikel 7a Absatz 1 ist die Steuerung der Bestandsentwicklung dieser Tierarten durch regulative Eingriffe explizit vorgesehen. Damit der Artenschutz gewährleistet bleibt, wird der Bundesrat in der Jagdverordnung die notwendigen Bestimmungen erlassen. Der Zeitraum, in dem reguliert werden kann, wird beim Steinbock um einen Monat verlängert; somit können die Kantone bereits ab dem 1. August den Abschuss erlauben.

Artikel 12 Absatz 2 JSG, der jederzeit Massnahmen gegen einzelne geschützte oder jagdbare Tiere erlaubt, wird mit dem Tatbestand der «konkreten Gefährdung von Menschen» ergänzt. Damit können beispielsweise einzelne Bären, die ihre natürliche Scheu verloren haben und sich trotz Vergrämungsmassnahmen wiederholt in Dörfer zur Futtersuche begeben und so zum Risiko werden, erlegt werden.

Im ganzen Erlass wird «Jagdbanngebiete» durch «Wildtierschutzgebiete» ersetzt.

Die Begriffsänderung trägt der Bedeutung dieser für den Erhalt der Biodiversität insgesamt wertvollen, nationalen Schutzgebiete Rechnung.

Die Grundsätze für eine zeitgemässe Jagdplanung werden in Artikel 3 JSG durch neue Verpflichtungen ergänzt: die Berücksichtigung der Anliegen des Tierschutzes und der Tiergesundheit sowie die interkantonale Koordination. Zudem ist die Regulierung der Wildtierbestände so zu gestalten, dass die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und die natürliche Verjüngung mit standortgerechten Baumarten möglich sind.

Geklärt wird weiter das Verhältnis zwischen der Jagdberechtigung und der Jagdprüfung. Die Jagdberechtigung ermöglicht die Ausübung der Jagd in einem bestimmten Kanton. Deren Erteilung
ist Sache der Kantone, die gemäss der Bundesverfassung (BV)4 das Jagdregal innehaben. Die bestandene Jagdprüfung ist Kernvoraussetzung für das Erteilen einer Jagdberechtigung. Neu gibt der Bund den Kantonen die Prüfungsgebiete Wildtierbiologie, Arten- und Lebensraumschutz, Tierschutz sowie Umgang mit Waffen vor. Diese Grundvorgaben zur kantonalen Jagdprüfung werden somit national standardisiert. Durch die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung gilt die in den oben genannten Bereichen bestandene Jagdprüfung in einem Kanton auch in allen anderen Kantonen.

In Artikel 5 JSG werden die jagdbaren Arten und ihre Schonzeiten gemäss der 2012 revidierten Jagdverordnung angepasst. Damit werden der Schutz des Rebhuhns und der Moorente, die Jagdbarkeit der Saatkrähe, die Schonzeiten für Raben- und Nebel4

SR 101

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krähe, Elster und Eichelhäher sowie die verkürzten Schonzeiten beim Wildschwein und beim Kormoran auf Gesetzesstufe geregelt.

Neu geregelt wird in Artikel 5 Absatz 3 JSG der Umgang mit nicht einheimischen Tierarten, insbesondere Damhirsch, Sikahirsch und Mufflon. Damit die Kantone den maximalen Spielraum haben, die grundsätzlich in den Schweizer Wäldern und Bergen nicht erwünschten, fremden Tierarten zu dezimieren, werden diese ganzjährig jagdbar. Dasselbe soll neu auch für sämtliche verwilderte Haus- und Nutztiere gelten.

Neu sollen für die vorübergehende Verkürzung von Schonzeiten jagdbarer Arten die Kantone zuständig sein (Art. 5 Abs. 5 E-JSG). Sie müssen vorgängig das BAFU anhören, eine Zustimmung des UVEK ist nicht mehr nötig.

Artikel 8 wird mit einem zusätzlichen Absatz ergänzt. Dabei wird der heutige Artikel 8 neu zu Artikel 8 Absatz 2. In diesem wird die Kompetenz, kranke und verletzte Tiere jagdbarer und geschützter Arten jederzeit erlegen zu können, nur noch den Wildhüterinnen und -hütern sowie den Jagdaufseherinnen und -aufsehern, aber nicht mehr den Revierpächterinnen und -pächtern erteilt.

Mit dem neuen Artikel 8 Absatz 1 wird eine Lücke geschlossen: Die Verpflichtung zur Nachsuche als einer der Grundpfeiler der tierschutzgerechten Jagd ist zwar in vielen Kantonen heute bereits geregelt, eine entsprechende schweizweit gültige Bestimmung fehlt jedoch. Dies wird nun nachgeholt. Dazu gehört folgerichtig auch die Ergänzung von Artikel 18 Absatz 1 mit der entsprechenden Strafbestimmung im neuen Buchstaben i.

Der Titel des 5. Abschnitts wird gekürzt und umbenannt in «Information und Forschung».

Artikel 14 wird neu strukturiert und erhält die Sachüberschrift «Information, Bildung und Forschung». In diesem Artikel verbleiben die Absätze 1­4, während Absatz 5 aufgehoben und in Absatz 1 des neuen Artikels 14a «Fangen und Markieren» neu geregelt und erweitert wird. Artikel 14 Absatz 4 wird mit dem Begriff «Beratung» ergänzt. Damit kann dem zunehmenden Bedarf der Kantone für Unterstützung beim Vollzug des Jagdgesetzes, insbesondere im Bereich des Managements von Arten, die Konflikte verursachen, besser Rechnung getragen werden.

Der neue Artikel 14a entbindet Bund und Kantone von der zusätzlichen Bewilligungspflicht nach Artikel 18 des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 5 (TSchG)
für das Einfangen, Markieren und Beproben freilebender Wildtiere zur Überwachung der Bestände und für Erfolgskontrollen.

Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe h wird neu sprachlich präzisiert. Zudem wird die Bestimmung ergänzt durch das Verbot der Tatbestände des Ausgrabens und des Verstopfens von Fuchs-, Dachs- oder Murmeltierbauten.

Neu soll im Bundesgesetz geregelt werden, dass der richterlich verordnete Entzug der Jagdberechtigung in der ganzen Schweiz unbedingt erfolgen soll (Art. 20 E-JSG).

5

SR 455

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Artikel 24 regelt die Zuständigkeit zum Vollzug des JSG zwischen Bund und Kantonen.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Auslöser der Teilrevision des Jagdgesetzes sind politische Vorstösse mit verschiedenen konkreten Aufträgen. Die vorgeschlagenen Neuerungen in dieser Vorlage sind direkt von diesen klar definierten politischen Aufträgen abzuleiten und lassen kaum Spielraum für alternative Lösungen. Des Weiteren wurden Ergänzungen und Aktualisierungen vorgenommen, deren Notwendigkeit durch die Bedürfnisse der Praxis ebenfalls schon konkret vorgegeben war.

Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens, das in der zweiten Jahreshälfte 2016 durchgeführt wurde6, haben alle Kantone, die Kantonskonferenzen KWL7, KOLAS8 und KBNL9, die nationalen politischen Parteien BDP, FDP, Grüne, SP und SVP sowie Verbände und Organisationen aus den Bereichen Jagd- und Fischerei, Natur-, Landschafts- und Tierschutz, Land- und Waldwirtschaft, Gewerbe und Tourismus Stellung genommen. Die Stossrichtung der Revisionsvorlage wird von der Mehrheit der Stellungnehmenden im Sinne einer pragmatischen Lösung begrüsst. Viele bevorzugen ausdrücklich die rechtliche Regelung im Rahmen der Berner Konvention gemäss der Motion Engler, um einen von der Bevölkerung akzeptierten Umgang mit gewissen geschützten Tierarten wie dem Wolf zu finden. Andere dagegen fordern explizit den Austritt aus der Berner Konvention, um so in der Schweiz für den Gesetzgeber einen grösseren Handlungsspielraum, insbesondere im Wolfsmanagement, zu schaffen. Die in der Motion Landolt (14.3830) gewünschte Umbenennung der Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete fand ebenfalls grosse Unterstützung.

Einige Vernehmlassungsteilnehmende weisen jedoch darauf hin, dass keine weiteren Nutzungseinschränkungen damit einhergehen sollen. Massgebend für die Zulässigkeit von Nutzungen ist heute, dass diese mit den Schutzzielen vereinbar sind.

Die vorgeschlagenen neuen Bestimmungen, denen in der Vernehmlassung mehrheitlich zugestimmt wurde, wurden in den Gesetzesentwurf übernommen. Zudem wurden eine Reihe von Anträgen und Anliegen, von denen einige insbesondere auch von den Kantonen und der Kantonskonferenz KWL unterstützt werden, in den überarbeiteten Erlass aufgenommen. So erfolgt beispielsweise eine gesetzliche Verankerung zur Verpflichtung der Jagdberechtigten zu einer fachgerechten Nachsuche innert nützlicher Frist (Art. 8) oder eine Umformulierung der Berücksichtigung der Waldbewirtschaftung
und der natürlichen Verjüngung bei den Grundsätzen (Art. 3). In der Tat steht im heutigen Jagdgesetz eine waldbauliche Zielsetzung statt ­ wie für das JSG angemessen ­ einer Zielsetzung zur Bestandsregulation von Wildtierbeständen.

6 7 8 9

www.bundesrecht.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2016 > UVEK Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft Konferenz der Landwirtschaftsämter der Schweiz Konferenz der Beauftragten für Natur- und Landschaftsschutz

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Weiter soll im Sinne diverser Rückmeldungen die vorgesehene Begrenzung der Kompetenzdelegation an den Bundesrat in Artikel 5 Absatz 6 klarer gefasst werden.

So soll die Kompetenz zur Listung neuer jagdbarer Arten auf jene Arten eingegrenzt werden, die der Bundesrat zur Erhaltung der Art zuvor über die Jagdverordnung geschützt hat. Die Erklärung der Jagdbarkeit einer Art obliegt grundsätzlich dem Parlament. Der Bundesrat kann neu mit erweiterten Tatbeständen gewisse geschützte Arten über den neuen Artikel 7a für regulierbar erklären. Er kann aber nicht weiter gehen und diese auf politischen Druck hin als jagdbare Arten listen. Damit kann den beiden Anliegen, den Artenschutz nicht weiter zu schwächen sowie der «Entdemokratisierung» des Umgangs mit gewissen geschützten Arten Einhalt zu gebieten, ein Stück weit Rechnung getragen werden.

Schliesslich wurden diverse Anträge aus der Vernehmlassung nicht berücksichtigt.

Es erfolgt keine Durchführung einer Totalrevision des Gesetzes mit allgemeinen Grundsätzen für die Bestimmung zur Einteilung von jagdbaren und geschützten Arten. Eine Totalrevision entspricht weder dem Auftrag aus dem Parlament, noch ist diese sachbezogen nötig. Der Antrag, sämtliche Kosten für Präventionsmassnahmen und Schadenvergütung für alle geschützten Tierarten und die jagdbaren Tierarten in der Schonzeit auf den Bund abzuwälzen, wird ebenfalls nicht aufgenommen. Diese Neuregelung würde die bewährte Aufgabentrennung zwischen Bund und Kantonen unterlaufen. Sie würde zudem falsche Anreize setzen und die Bundeskasse übermässig belasten.

Weiter wird von der Einführung eines Vorbehalts betreffend die Beschwerdeberechtigung bei jagdrechtlichen Verfügungen abgesehen. Ein solcher Vorbehalt würde den beschwerdeberechtigten Organisationen ein wichtiges Instrument zur gerichtlichen Überprüfung von gesellschaftspolitisch umstrittenen Entscheiden nehmen und damit zu grossen politischen Verwerfungen führen. Zudem dient die heutige Regelung der Umsetzung von Artikel 9 Absatz 3 des Übereinkommens vom 25. Juni 199810 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention). Zu erwähnen ist auch, dass die Kantone bereits heute die Möglichkeit haben, die Verfahren durch Sammelverfügungen zu
vereinfachen.

Auch der Antrag, die beiden Arten «Luchs» und «Biber» als regulierbare Arten im Gesetz aufzulisten (Art. 7a Abs. 1 E-JSG), wird nicht berücksichtigt. Das Parlament hat diesbezüglich keinen Auftrag formuliert. Für welche der geschützten Arten eine Bestandesregulierung künftig möglich sein soll, bestimmt entweder der Bundesrat gemäss Artikel 7a Absatz 1 Buchstabe c E-JSG in der JSV oder das Parlament nach Artikel 7a Absatz 1 E-JSG.

Schliesslich wurde auch der Antrag, Artikel 7a Absatz 2 mit dem Regulierungsgrund «Gewährleistung einer angemessenen jagdlichen Nutzung» in einem Buchstaben c aufzunehmen, nicht aufgenommen. Gemäss einem Rechtsgutachten von 200811 wird der Wildschadenbegriff im Jagdgesetz breit gefasst. Gemäss diesem 10 11

SR 0.814.07 Praxis und Möglichkeiten der Revision des schweizerischen Jagdrechts unter besonderer Berücksichtigung des Wildschadenbegriffs), Rechtsgutachten von Dr. iur. Michael Bütler, Rechtsanwalt, vom 15. Mai 2008, S. 38 f.

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Gutachten kann die «Einbusse der Nutzung des Jagdregals» von den Kantonen zur Begründung von Bestandsregulationen bereits heute geltend gemacht werden. Deshalb hat der Bundesrat diesen Tatbestand bereits in der Revision der Jagdverordnung 2012 in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe g JSV explizit aufgenommen. Eine Aufnahme der «Gewährleistung einer jagdlichen Nutzung» als Voraussetzungen zur Regulierung des Wolfs im Gesetz erscheint nicht zwingend, denn diese Voraussetzung kann unter der Anforderung des «Verhütens von grossem Schaden» nach Artikel 7a Absatz 2 Buchstabe b E-JSG subsumiert werden.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die Vorlage hat keine finanziellen Auswirkungen.

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem internationalen Recht

Europaweit massgebend für die Regelung von Schutz und jagdlicher Nutzung der freilebenden Säugetiere und Vögel sind die Berner Konvention, das Übereinkommen vom 23. Juni 197912 zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (Bonner Konvention), das Abkommen vom 15. August 199613 zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (AEWA) sowie das Übereinkommen vom 3. März 197314 über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES). Die Schweiz ist diesen Konventionen beigetreten. Deren Bestimmungen sind verbindlich für das Schweizer Recht.

Alle vorgeschlagenen Neuregelungen entsprechen dieser Massgabe.

Der Wolf ist in Anhang II der Berner Konvention als streng geschützte Tierart aufgeführt. Daher gilt es, insbesondere die Kompatibilität des neuen Artikels 7a E-JSG mit den internationalen Bestimmungen zu analysieren. Die Berner Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, die geeigneten gesetzgeberischen und verwaltungsorganisatorischen Massnahmen zu ergreifen, um den Erhalt der in Anhang II aufgeführten Arten sicherzustellen. Dabei ist grundsätzlich jedes absichtliche Töten dieser Tiere verboten (Art. 6 Berner Konvention). Damit ist die Jagdbarkeitserklärung des Wolfs im nationalen Recht nicht möglich. Hingegen ist der Schutz der in Anhang II aufgeführten Arten nicht absolut. Artikel 9 der Konvention erlaubt in bestimmten Situationen Ausnahmen vom Abschussverbot, insbesondere zur Verhütung ernster Schäden und im Interesse der öffentlichen Sicherheit. Der Generalsekretär des Europarats (Depositar der Berner Konvention) bestätigte der Schweiz 2013 offiziell, dass mit dieser Ausnahmeregelung ein nachhaltiges Bestandsmanagement möglich ist, falls die zumutbaren Schadenpräventionsmassnahmen zuvor ergriffen worden sind, die Wolfpopulation und die Auswirkungen der Massnahmen von der nationalen Behörde überwacht werden und die Schweiz das Populationsmanagement 12 13 14

SR 0.451.46 SR 0.451.47 SR 0.453

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gemeinsam mit den Nachbarländern angeht. Mit dem nationalen Herdenschutzprogramm, der systematischen Überwachung des Wolfsbestandes mit wissenschaftlichen Methoden und der institutionalisierten Zusammenarbeit mit allen Alpenländern erfüllt die Schweiz diese Bedingungen.

Der Schutz des Wolfs ist im EU-Recht in der sogenannten Habitat-Richtlinie (92/43/EWG)15 geregelt, die für die Schweiz rechtlich nicht verbindlich ist. Deren Bestimmungen sind ähnlich wie jene in der Berner Konvention. Sie gehen aber insofern weiter, als die EU den Nachweis eines günstigen Populations-Erhaltungszustands von streng geschützten Tierarten pro Vertragsstaat verlangt, bevor bestandsregulierende Massnahmen erlaubt sind. Die praktische Umsetzung dieser Bestimmung ist allerdings unklar und Gegenstand intensiver Diskussionen. Länder wie Frankreich und Schweden wählen deshalb den etwas offeneren Lösungsweg der Berner Konvention, ähnlich dem in der Schweiz.

Die stärkere Berücksichtigung von Tierschutzaspekten und bundesweit einheitliche Vorgaben für die Jägerprüfung ist auch einer der Schwerpunkte der derzeitig laufenden Novellierung des Bundesjagdgesetzes in Deutschland. Mit Regelungen zum Tierschutz auf der Jagd im Jagdrecht statt im Tierschutzrecht übernehmen Deutschland und die Schweiz eine Pionierrolle.

1.6

Umsetzung

Durch den Bund direkt umgesetzt oder vollzogen werden die Artikel 14 Absatz 4 E-JSG (Beratungsstelle für das Wildtiermanagement), 14a (Einfangen und Markieren) und 24 Absätze 2­4 (Vollzug durch den Bund). Alleine durch die Kantone vollzogen oder umgesetzt werden die Artikel 3 Absätze 1 und 2 E-JSG (Berücksichtigung der Grundsätze bei der Regelung der Jagd und Erteilen der Jagdberechtigung), 4 (Anerkennung kantonaler Jagdprüfungen), 5 Absatz 3 (Abschuss von Tieren), 8 (verletzte und kranke Tiere), 12 Absatz 2 (Abschuss von Einzeltieren) sowie 17 Absatz 1 (Vergehen), 18 Absatz 1 (Übertretungen) und 20 Absatz 2 (Entzug der Jagdberechtigung). Diese Artikel der Vorlage können eine Anpassung der kantonalen Rechtssetzung gemäss Artikel 25 JSG bedingen. Nach Artikel 15 JSV erlassen die Kantone die Ausführungsbestimmungen innert fünf Jahren nach Inkrafttreten des revidierten eidgenössischen Jagdgesetzes.

Gemeinsam durch Bund und Kantone vollzogen oder umgesetzt werden die Artikel 5 Absätze 5 und 6 E-JSG (vorübergehende Verkürzung und Verlängerung der Schonzeiten) sowie 7a (Regulierung von Beständen geschützter Arten). Der Bundesrat wird gemäss Artikel 24 Absatz 1 JSG die Ausführungsbestimmungen zu Artikel 7a in der eidgenössischen Jagdverordnung erlassen. Von besonderer Bedeutung wird die Liste der geschützten Arten sein, deren Bestände gemäss Artikel 7a Absätze 1 und 2 reguliert werden können. Neben dem Steinbock und dem Wolf wird gemäss der Motion Niederberger (15.3534 «Eine sachgerechte Regulation des 15

Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21 . Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABL, L 206 von 22.7.1992, S.7; zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/105/EG, ABL. L 363 vom 20.12.2006, S. 368.

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Höckerschwans ermöglichen») der Höckerschwan in der JSV auf diese Liste gesetzt.

Bei bestimmten Konfliktsituationen kann es der Bundesrat als sinnvoll erachten, weitere geschützte Arten in diese Liste aufzunehmen, so zum Beispiel bei Nutzungskonflikten (z. B. Biber und Landwirtschaft, Luchs und Jagd) oder bei Konflikten mit dem Artenschutz (z. B. Nistplatzkonkurrenz zwischen der häufigen Mittelmeermöwe und bedrohten Arten wie Lachmöwe und Flussseeschwalbe).

Der Ersatz des Begriffs «Jagdbanngebiete» mit «Wildtierschutzgebiete» bedingt eine Anpassung der Begrifflichkeit in der Verordnung vom 30. September 1981 16 über die eidgenössischen Jagdbanngebiete (VEJ). Die neue Formulierung in Artikel 3 Absatz 1 (die Regulierung der Wildtierbestände wird so gestaltet, dass die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und die natürliche Verjüngung mit standortgerechten Baumarten möglich sind) soll auch im Waldgesetz vom 4. Oktober 199117 übernommen werden. Und schliesslich bedingt der neue Artikel 14a Absätze 1 und 2 (Entbindung von der Bewilligungspflicht nach Artikel 18 TSchG für das Einfangen, Markieren und Beproben freilebender Wildtiere zur Überwachung der Bestände und für Erfolgskontrollen) Anpassungen im Bundesgesetz vom 1. Juli 196618 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) sowie im Bundesgesetz vom 21. Juni 199119 über die Fischerei (BGF).

Viele der neuen Bestimmungen bringen für die Kantone mehr Spielraum für die jagdliche Nutzung und insbesondere für den Umgang mit Konflikte verursachenden Arten wie Wildschwein, Kormoran, Saatkrähe, Luchs, Wolf, Bär, Biber, Höckerschwan oder Mittelmeermöwe. Dass nicht in jedem Fall der Nachweis eines grossen Schadens oder einer konkreten Gefährdung von Menschen explizit erbracht werden muss, erleichtert den Behörden von Bund und Kantonen die Arbeit im Wildtiermanagement.

Eine Einschränkung im Handlungsspielraum der Kantone, aber zum Nutzen der Jägerinnen und Jäger, bedeutet die Vorgabe der Jagdprüfungsinhalte durch den Bund und die Pflicht der Kantone zur gegenseitigen Anerkennung. Die JFK20 hat mit Unterstützung des BAFU das Jagdlehrbuch «Jagen in der Schweiz ­ Auf dem Weg zur Jagdprüfung» erarbeitet, das heute von allen Kantonen für die Qualifizierung der Jägerinnen und Jäger benutzt wird. Dieses Lehrmittel wird rasch und effizient um den Lernstoff der unter
Artikel 4 Absatz 1 JSG definierten Prüfungsgebiete ergänzt werden können. Der Bundesrat erachtet den Schritt zur Harmonisierung und gesamtschweizerischen gegenseitigen Anerkennung der kantonalen Jagdprüfungen in der heutigen Zeit mit einer zunehmenden Mobilität und angesichts der in der BV verankerten Ziele der innerschweizerischen Freizügigkeit (Art. 8 und 24 BV) als gerechtfertigt.

16 17 18 19 20

SR 922.31 SR 921.0 SR 451 SR 923.0 Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz der Schweiz

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1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Vorlage setzt die folgenden parlamentarischen Vorstösse um (siehe Ziff. 1.1): ­

die Motion Engler «Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung» (14.3151) durch die Revision von Artikel 7 JSG;

­

die Motion Landolt «Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete umbenennen» (14.3830) durch den Ersatz des Ausdrucks «Jagdbanngebiet» mit «Wildtierschutzgebiet» in allen Artikeln des Jagdgesetzes;

­

das Postulat Landolt «Einführung einer eidgenössischen Jagdberechtigung» (14.3818) durch die Revision der Artikel 3 und 4.

Im Auftrag der Motion Fournier (10.3264) hat der Bundesrat 2011 beim Europarat die Abänderung des Artikels 22 der Berner Konvention beantragt. Der Ständige Ausschuss der Vertragsstaaten hat das Begehren 2012 abgelehnt. Nach der Beratung des weiteren Vorgehens mit der UREK-S hat der Bundesrat entschieden, die weitere Umsetzung der Motion Fournier vorläufig zu sistieren und über die Revisionen der Jagdverordnung (2012, 2013, 2015) sowie die Überarbeitung des Wolfskonzepts, einer Vollzugshilfe des BAFU gemäss Artikel 10 bis JSV, den Handlungsspielraum für das Wolfsmanagement zu erweitern und den Herdenschutz zu stärken. Mit der Umsetzung der Motion Engler kann den Anliegen der Motion Fournier zur Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfs im Kern Rechnung getragen werden, ohne die Berner Konvention zu verletzen. Dass das Parlament den Wolf nicht zur jagdbaren Tierart erklären will, hat es mit der Ablehnung der beiden Motionen Maissen 01.3567 (2003) und Imoberdorf (Rieder) 14.3570 (2016) bestätigt. Im Rahmen der Diskussion der Standesinitiative des Kantons Wallis «Wolf. Fertig lustig!» (14.320) hat sich die vorberatende Kommission des Ständerates dafür ausgesprochen, erneut beim Ständigen Ausschuss der Berner Konvention die Rückstufung des Wolfs von Anhang II (streng geschützt) in den Anhang III (geschützt) zu beantragen. Der Bundesrat unterstützt dieses Anliegen und wird versuchen, andere Vertragsstaaten ebenfalls davon zu überzeugen. Gemeinsam mit anderen Staaten, oder nötigenfalls auch alleine, wird die Schweiz anschliessend einen Antrag zur Rückstufung des Wolfs in der Berner Konvention einreichen.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Ersatz eines Ausdrucks Im ganzen Erlass wird «Jagdbanngebiete» durch «Wildtierschutzgebiete» ersetzt.

Das Jagdgesetz des Bundes kennt gemäss Artikel 11 JSG zwei Schutzgebiets-Typen: «Eidgenössische Jagdbanngebiete zum Schutz von Säugetieren und Vögeln» allgemein, sowie «Reservate zum spezifischen Schutz von Wasser- und Zugvögeln». Die Änderung der Terminologie betrifft nur die Jagdbanngebiete jedoch nicht die Wasser- und Zugvogelreservate. Die Änderung der Terminologie hat mit einem Strategiewechsel zu tun: weg vom Bannen einer Aktivität, der Jagd, hin zum Schutz der Arten- und Lebensraumvielfalt. Dieser wurde bereits mit der Revision des Jagdgesetzes 1985 und der Revision der VEJ vollzogen.

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Seit dem ersten eidgenössischen Jagdgesetz 1876 scheiden Bund und Kantone Jagdbanngebiete aus. Diese ersten Naturschutzgebiete der Schweiz wurden ehemals ausgeschieden, um für den im 19. Jahrhundert stark dezimierten Bestand an Wildhuftieren in der Schweiz Rückzugsgebiete zu schaffen. In den 1980er-Jahren war die Zielsetzung des Wiederaufbaus der Wildhuftierbestände erreicht. Mit der Totalrevision des Jagdgesetzes 1985 und der Inkraftsetzung der neuen VEJ wurde deshalb 1991 die Zielsetzung der Jagdbanngebiete dahingehend erweitert, dass in diesen Gebieten nicht nur die Jagd gebannt ist, sondern dass sie insbesondere auch dem Schutz und der Erhaltung von seltenen und bedrohten Säugetieren und Vögeln und ihren Lebensräumen dienen. Die 42 eidgenössischen Jagdbanngebiete, die 3,5 Prozent der Landesfläche ausmachen, leisten heute einen wichtigen Beitrag für den langfristigen Erhalt der biologischen Vielfalt. Dem Wandel vom alleinigen Schutz vor jagdlichen Eingriffen hin zum Schutz vor weiteren Störungen und Eingriffen soll durch die Änderung des nicht mehr zeitgemässen Begriffs «Jagdbanngebiete» besser Rechnung getragen werden. In der französischen Sprache soll «Wildtierschutzgebiet» mit «Site de protection de la faune sauvage» übersetzt werden. Damit kann der Begriff «zone» für die «Ruhezonen für Wildtiere» gemäss Artikel 4 ter JSV reserviert bleiben. Mit diesen begrifflichen Anpassungen in den Artikeln muss auch die Überschrift zum Artikel 11 in der französischen Sprachversion des JSG auf «Site protégé» geändert werden. Analog dazu wird der Begriff «Wildtierschutzgebiete» in der italienischen Sprache mit «aera di protezione per la fauna selvatica» übersetzt, was folgerichtig auch eine Anpassung der Überschrift zum Artikel 11 in der italienischen Fassung des JSG von «Zone protette» in «Aree protette» nötig macht. Den Namenswechsel in den Ausführungsbestimmungen aufzunehmen und zu präzisieren, macht nach der Revision des JSG eine Anpassung der VEJ notwendig.

Die heutige Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen betreffend Schutzbestimmungen und Nutzungsmöglichkeiten in Wildtierschutzgebieten hat sich bestens bewährt und soll nicht geändert werden. Auch bewährt hat sich die Berücksichtigung der landschaftlichen Vielfalt der verschiedenen Gebiete durch objektspezifisch definierte Ziele und
Massnahmen. Damit kann das Potenzial der Wildtierschutzgebiete für den Erhalt und die Förderung national prioritärer Arten und Lebensräume besser genutzt und so ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung der Strategie Biodiversität Schweiz geleistet werden.

Keine Anpassungen notwendig sind in der Verordnung vom 21. Januar 199121 über die Wasser- und Zugvogelreservate von internationaler und nationaler Bedeutung (WZVV). Durch das Protokoll vom 3. Dezember 198222 zur Änderung des Übereinkommens über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, von internationaler Bedeutung (Ramsar-Konvention) hat sich der Bund verpflichtet, Feuchtgebiete und Lebensräume mit internationaler und nationaler Bedeutung für Wasser- und Zugvögel auszuscheiden. Insbesondere sollen in der Schweiz die wichtigsten Überwinterungsplätze für die ziehenden Wasser- und Watvögel der Nordsee-Baltikum-Population geschützt werden. Alle gemäss den Kriterien der Ramsar-Konvention inventarisierten Gebiete von internationaler Bedeutung sind mittlerweile über die WZVV geschützt. Von den Gebieten, die gemäss 21 22

SR 922.32 SR 0.451.451

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den Ramsar-Kriterien nationale Bedeutung erreichen, sind heute aber erst 25 von gut 40 Potenzialgebieten unter Schutz. In den letzten 30 Jahren seit der Inventarisierung dieser Gebiete haben sich die Verhältnisse betreffend die Raumnutzung der Vögel geändert, sodass für die weitere Schutzgebiete-Ausscheidung und -Anpassung vorerst eine Überprüfung des Inventars notwendig ist.

Art. 3 Abs. 1 Die Hoheit zur Regelung der Jagd und des Nutzungsrechts an Wildtierbeständen (Jagdregal) befindet sich bei den Kantonen. Dabei bewegen sich die Kantone in einem vom JSG vorgegebenen gesetzlichen Rahmen. Die Artikel 3 und 4 des geltenden JSG regeln die Rechte, die den Kantonen bei dieser Aufgabe zustehen (z. B.

Festlegung des Jagdsystems) respektive die Pflichten, die ihnen auferlegt sind (z. B.

Sicherstellung der natürlichen Verjüngung mit standortgemässen Baumarten im Wald). Neu soll Artikel 3 Absatz 1 dahingehend ergänzt werden, dass die Kantone die Jagd nach den Grundsätzen der Nachhaltigkeit planen und ­ soweit erforderlich ­ untereinander koordinieren. Damit sollen aufgrund der in den letzten Jahrzehnten gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse die interkantonale Koordination der Jagdplanung verbindlich geregelt werden, soweit dies die zielführende Bestandsregulierung der Wildtiere erfordert. Dies ist insbesondere bei Tierarten wie dem Rothirsch oder dem Wildschwein der Fall, die grosse Raumansprüche haben und weite, saisonale Wanderungen machen. Solche Tierarten machen auch vor Kantonsgrenzen nicht Halt und sind oft nur durch eine interkantonal koordinierte Jagd in nach wildtierbiologischen Kriterien definierten Bewirtschaftungsräumen (Wildräumen) gezielt und effektiv regulierbar. Auch im Zusammenhang mit der Wildschadensverhütung muss die Jagd auf der Basis solcher Wildräume koordiniert geplant und durchgeführt werden, um eine optimale Regulierungswirkung auf einen Bestand zu entfalten (Vollzugshilfe Wald und Wild, 201023).

Dem Bund steht gemäss Verfassungsauftrag eine umfassende Gesetzgebungskompetenz bezüglich der Regeln des Arten- und Umweltschutzes sowie des Tierschutzes und der Tiergesundheit zu (Art. 74, 78, 79, 80 und 118 BV). Somit fällt auch das Regeln des Tierschutzes und der Tiergesundheit auf der Jagd in den Kompetenzbereich des Bundes. Im Rahmen der Revision der JSV im Jahre 2012 wurden
die aus Sicht des Bundes wichtigsten Tierschutzaspekte auf der Jagd in einem neuen Artikel 2 Absatz 2bis JSV geregelt. Auch der Aspekt der Tiergesundheit, insbesondere jener der Tierseuchenbekämpfung, gewinnt zunehmend an Bedeutung (z. B. Gefahr der Einschleppung der Tuberkulose aus Wildtierbeständen des nahen Auslands).

Neu soll deshalb folgerichtig die Berücksichtigung des Tierschutzes und der Tiergesundheit bei der Regelung und Planung der Jagd in Artikel 3 Absatz 1 als grundsätzliche Verpflichtung der Kantone im Gesetz verankert werden.

In der Jagdgesetzgebung können sinnvollerweise nur Ziele vorgegeben werden, die durch jagdliche Massnahmen erreicht werden können. In Artikel 3 Absatz 1 JSG ist bis anhin aber eine waldbauliche Zielsetzung formuliert. Diese kann durch die jagdliche Regulierung der Wildtierbestände allein jedoch nicht gewährleistet werden. Wenn auch die jagdliche Regulierung der Wildhuftierbestände von zentraler 23

Umwelt-Vollzug, Wildtiere, BAFU

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Bedeutung ist, sicherstellen lässt sich die Waldverjüngung nur durch eine Kombination von Massnahmen zur Aufwertung und Beruhigung der Lebensräume sowie zur angepassten Bewirtschaftung des waldnahen Offenlandes. Die Erkenntnis hat sich einerseits in der Waldpolitik 2020 des Bundes und andererseits in der Vollzugshilfe «Wald und Wild» des BAFU niedergeschlagen. Entsprechend wird der letzte Satz von Artikel 3 Absatz 1 neu umformuliert. Im Jagdgesetz soll eine wildbiologische Zielsetzung formuliert werden, mittels der die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und die natürliche Verjüngung möglich sein sollen respektive nicht verhindert werden dürfen.

Mit den beiden Ergänzungen im Artikel 3 Absatz 1 wird eine wichtige Basis für eine moderne Jagdplanung und -ausübung gelegt.

Art. 3 Abs. 2 Die Änderungen in Artikel 3 Absatz 2 der Vorlage sind im Zusammenhang mit der Neuregelung von Artikel 4 zu verstehen. An dieser Stelle bedarf es einführend einer Anmerkung zu den Begriffen «Jagdprüfung» und «Jagdberechtigung».

Eine erfolgreich abgelegte kantonale Jagdprüfung attestiert einer Person, dass sie eine kantonale Jagdausbildung mit Abschlussprüfung absolviert hat und deshalb über die notwendigen Kenntnisse verfügt, die zur Ausübung der Jagd notwendig sind. Wer die Jagdprüfung bestanden hat, erhält einen entsprechenden Ausweis oder Jagdschein, der besagt, dass seine Inhaberin oder sein Inhaber grundsätzlich fähig ist, die Jagd auszuüben. Doch dieser Ausweis oder Jagdschein allein berechtigt noch niemanden, sich im betreffenden Kanton dann auch auf die Jagd zu begeben. Eine Jagdprüfung entspricht nicht einer Jagdberechtigung. Diese wird erst bei Erfüllung zusätzlicher Voraussetzungen (Bezahlung der Lizenz- oder Pachtgebühr, Erfüllen des periodischen Treffsicherheitsnachweises usw.) in Form eines Jagdpatents oder eines Jagdpasses erteilt.

Die Erteilung der Jagdberechtigung liegt in der Kompetenz der Kantone. Die Voraussetzungen dazu bestimmt jeder einzelne Kanton nach Massgabe seiner rechtlichen Vorgaben. Dies war bisher schon so in Artikel 3 Absatz 2 festgelegt. Zu diesen Voraussetzungen gehört bereits heute zwingend das erfolgreiche Bestehen einer Jagdprüfung (Art. 4 Abs. 2 JSG). Die neue Formulierung in Artikel 3 Absatz 2 führt die beiden Bestimmungen nun zusammen und ergänzt sie zusätzlich mit der
Voraussetzung eines periodisch zu erbringenden Treffsicherheitsnachweises. Artikel 3 Absatz 2 ist so zu lesen, dass die Kantone nach wie vor die Kompetenz haben, die Voraussetzungen für die Erteilung der Jagdberechtigung zu bestimmen und Jagdberechtigungen zu erteilen oder bei Bedarf zu verweigern. Ebenfalls bleibt eine bestandene Jagdprüfung nach wie vor die vom JSG vorgegebene zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer Jagdberechtigung. Allerdings wird im Hinblick auf den neuen Artikel 4 darauf verzichtet, explizit eine Jagdprüfung nach kantonalen Vorgaben zu fordern, da die Jagdprüfung in vier Kerngebieten erfolgen und von allen Kantonen gegenseitig anerkannt werden soll (s. Erläuterungen zu Art. 4 «Kantonale Jagdprüfungen»).

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Art. 4

Kantonale Jagdprüfungen

Wie unter Artikel 3 Absatz 2 dargelegt, wird die Jagdberechtigung kantonal geregelt, wobei der Bund verlangt, dass die Berechtigung nur erteilt werden darf, wenn die erforderlichen Kenntnisse in einer vom Kanton festlegten Prüfung nachgewiesen werden. Die Harmonisierung der Jagdprüfung und ihre gegenseitige Anerkennung durch die Kantone bildete in der Vergangenheit kein Ziel, sondern wurde in der eidgenössischen Gesetzgebung von 1985 den Kantonen überlassen. Neu sollen zumindest die lebensraum-, arten- und tierschutzrelevanten Prüfungsgebiete sowie die Wildbiologie Pflicht werden. Damit können bei der Jagdausbildung die ausreichende Berücksichtigung der Inhalte der Bundesgesetzgebungen sowie ausreichende Kenntnisse über die wildlebenden Säugetiere und Vögel gesamtschweizerisch sichergestellt werden. Auf diese Weise wirddie gegenseitige Anerkennung der Jagdprüfungen ermöglicht (Art. 4 Abs. 1 und 2).

Für die bundesrechtliche Normierung der Jagdprüfung (bzw. der Anerkennungserfordernisse) bestehen gute und verfassungsrechtlich abgestützte Gründe des öffentlichen Interesses. Namentlich in den Bereichen des Tier-, Arten- und Lebensraumschutzes besteht eine umfassende Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Soweit sich eine gesetzgeberische Anordnung im Bereich des Jagdwesens vollständig auf diese Kompetenz abstützen kann, darf der Bund eine eigene Normierung vornehmen.

Hinsichtlich der Jagdberechtigung begnügte sich das Jagdgesetz bereits bei seiner letzten Totalrevision von 1986 nicht damit, deren Regelung grundsätzlich den Kantonen zu überlassen, sondern setzte eine Jagdprüfung als Voraussetzung für die Erteilung von Jagdberechtigungen fest. In der entsprechenden Botschaft des Bundesrates wurde zu dieser Bestimmung präzisiert, dass anlässlich einer solchen Jagdprüfung ausgewiesen werden muss, dass man «die Jagdwaffen handhaben kann und über die nötigen Kenntnisse des Jagdrechts und des Jagdwesens verfügt, die jagdbaren und geschützten Säugetiere und Vögel kennt und die erforderlichen Kenntnisse der ökologischen Zusammenhänge besitzt. Art und Weise sowie Umfang der Prüfung bleibt den Kantonen überlassen.»24. In diesem Sinne will der neue Artikel 4 Absatz 2 mit den normierten Inhalten der kantonalen Jagdprüfungen den Tier-, Artenund Lebensraumschutz stärken.

Durch die Vorgabe von vier Themenbereichen ist
auch eine inhaltliche Annäherung der kantonalen Jagdprüfungen vorgegeben, wenngleich Art und Weise sowie Umfang weiterhin den Kantonen überlassen bleibt. Das ist die notwendige Basis für eine gegenseitige Anerkennung der kantonalen Jagdprüfungen unter den Kantonen. Dies wird denn auch neu unter Artikel 4 Absatz 3 geregelt. Die Kantone sind jedoch weiterhin frei, für die Erteilung der Jagdberechtigung zusätzliche Voraussetzungen nach Massgabe des kantonalen Rechts zu definieren, was aus Artikel 3 Absatz 2 hervorgeht. Diese zusätzlichen Vorgaben können nebst administrativen Forderungen auch kantonsspezifische Prüfungsgebiete, Ausbildungselemente oder eine Prioritätenordnung bei der Vergabe der Berechtigungen beinhalten. Mit Artikel 4 Absätze 1­3 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 2 wird somit eine Regelung getroffen, die einerseits die Erlangung von Jagdberechtigungen in verschiedenen Kantonen erleichtert und somit den Bedürfnissen der heutigen mobilen Gesellschaft vermehrt 24

BBl 1983 II 1197, hier 1203

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Rechnung trägt. Andererseits nimmt diese Regelung auf die kantonale Regalhoheit insofern ausreichend Rücksicht, als der Bund die Anforderungen an die Jagdberechtigungserteilung nicht abschliessend regelt, sondern den Kantonen weiterhin ermöglicht, zusätzliche Anforderungen oder Einschränkungen aufzustellen, die sich aus den bestehenden örtlichen Verhältnissen oder der kantonalen jagdrechtlichen Grundlagen ergeben (z. B. Sprachkenntnisse, Wohnsitz u. a.). Ganz ähnlich verhält es sich bereits heute zum Beispiel mit den Jagdausschliessungsgründen nach Artikel 20 Absätze 1­3 JSG.

Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe a regelt die Anerkennung von ausländischen Jagdprüfungen durch die Kantone. Die Kantone können ausländische Jagdprüfungen weiterhin anerkennen und darauf basierend Jagdberechtigungen in Form von Patenten oder Jagdpässen erteilen, doch nur unter der Voraussetzung, dass diese Jagdprüfungen den qualitativen Standard einer kantonalen Jagdprüfung gemäss Artikel 4 Absatz 2 erfüllen. Diese neue Bestimmung ist nur schon darum nötig, weil es nicht sinnvoll ist, die kantonale Anerkennung strenger zu regeln als die ausländische. Die Kantone prüfen somit neu die Gleichwertigkeit einer ausländischen Jagdprüfung und verweigern bei Bedarf die reguläre Jagdberechtigung. Diese Neuerung führt zu einer Stärkung einer artenschutz- und tierschutzgerechten sowie auf grösstmögliche Sicherheit bedachten Jagd auch bei ausländischen Jägerinnen und Jägern, die eine reguläre Jagdberechtigung erhalten (s. hierzu auch Ziff. 1.5).

Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b regelt den Umgang mit der Abgabe von tageweisen Jagdberechtigungen an ausländische Jagdgäste sowie an Personen, die sich im Rahmen einer kantonalen Jagdausbildung auf die Jagdprüfung vorbereiten und daher nur tageweise oder zu Ausbildungszwecken auf die Jagd gehen wollen. Nach bisherigem Recht ist es im Sinne einer Ausnahme möglich, dass diesen Personen eine auf einzelne Tage beschränkte Jagdberechtigung erteilt wird, obwohl sie keine Jagdprüfung absolviert haben. Dies soll weiterhin möglich sein für Personen, die an einer kantonalen Jagdausbildung teilnehmen. Ausländische Jagdgäste hingegen müssen neu eine ausländische Jagdberechtigung und damit zumindest einen Beleg für grundlegende jagdliche Kenntnisse vorweisen können.

Die Ausnahme, dass Personen, die sich auf die
Jagdprüfung vorbereiten, eine zeitlich begrenzte Jagdberechtigung erhalten (Art. 4 Abs. 4 Bst. b), ist deshalb nach wie vor gerechtfertigt, weil sie auf diese Weise das praktische Handwerk im Rahmen ihrer Ausbildung erlernen können sollen. Die Kantone sollen aber regeln, dass diese zu Ausbildungszwecken und auf einzelne Tage beschränkte Jagdberechtigung nur in Begleitung einer jagdberechtigten Person oder einer Wildhüterin respektive eines Wildhüters genutzt werden darf. Damit soll das tierschutzgerechte Verhalten der auszubildenden Person sichergestellt werden. Diese Regelung ist vergleichbar mit der Praxis in anderen Ausbildungen wie zum Beispiel beim Absolvieren von Fahrstunden in Vorbereitung zur Autofahrprüfung.

Art. 5 Abs. 1 Bst. b, c, l, m, o, q, 2, 3, 5 und 6 Artikel 5 bezeichnet die jagdbaren Arten und legt die Zeiten fest, in denen sie nicht bejagt werden dürfen (Schonzeiten). Als geschützt werden Arten bezeichnet, die einen vollständigen Schutz geniessen und nicht einer jagdlichen Nutzung gemäss 6117

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Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d JSG zugeführt werden dürfen. Als jagdbar werden diejenigen Tierarten aufgeführt, die zwar während der Schonzeit ebenfalls einen vollständigen Schutz erhalten sollen, deren Bestände die Kantone jedoch innerhalb der erlaubten Frist und unter der Gewährung der Nachhaltigkeit gemäss Artikel 5 Absatz 4 zu einer angemessenen Nutzung durch die Jagd freigeben können. Eine Bejagungspflicht gibt es nicht. Die Kantone sind jedoch dazu verpflichtet, die jagdbaren Tierarten vor Ausrottung, auch vor lokaler Ausrottung, zu schützen. Das heisst, dass dort, wo die einheimischen Wildtierarten Lebensraum finden, sie grundsätzlich auch Lebensrecht erhalten sollen, gleichgültig ob es sich dabei um geschützte oder jagdbare Tierarten handelt.

Grundsätzlich steht die Bezeichnung von jagdbaren Tierarten und ihren Schonzeiten den eidgenössischen Räten zu. Das JSG berechtigt den Bundesrat jedoch ausnahmsweise zur gesamtschweizerischen Beschränkung der Liste der jagdbaren Tierarten, wenn dies zur Erhaltung bedrohter Arten nötig ist, oder zur Erweiterung dieser Liste unter Angabe einer Schonzeit, sofern die Bestände geschützter Arten die Jagd wieder zulassen (Art. 5 Abs. 6 JSG). Diese Möglichkeit erlaubte es dem Bundesrat, zeitgerecht auf Entwicklungen bei jagdbaren oder geschützten Arten zu reagieren, z. B. bei gesamtschweizerischen und schnellen Änderung im Bestand einer Wildtierart, falls diese Änderung mit einem zunehmenden Problem verbunden war. Mit der Revision der JSV vom 15. Juli 2012 hat der Bundesrat von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht und die Schutzbestimmungen gemäss Artikel 5 Absatz 6 JSG für das Wildschwein, das Rebhuhn, die Rabenkrähe, die Saatkrähe, die Elster, den Eichelhäher, den Kormoran und die Moorente geändert. Diese Anpassungen werden, entsprechend dem Grundsatz, dass die eidgenössischen Räte den Schutzstatus und die Schonzeiten bestimmen, nun ins Gesetz überführt. Dabei werden aus formalen Gründen und der allgemeinen Logik des Artikels 5 folgend neu in Absatz 1 Buchstabe o alle jagdbaren Entenarten einzeln aufgeführt. Zusätzlich werden neue Bestimmungen für den Damhirsch, den Sikahirsch und das Mufflon eingeführt, und der Umgang mit nicht einheimischen Tierarten und verwilderten Haus- und Nutztieren wird generell neu geregelt.

In Artikel 5 Absatz 5 erfolgt eine
Anpassung der Zuständigkeiten. Neu müssen die Kantone vor einer vorübergehenden Verkürzung der Schonzeiten nicht mehr die Zustimmung des UVEK einholen; eine Anhörung des BAFU genügt. Die Gründe für eine vorübergehende Verkürzung der Schonzeiten wurden ergänzt durch seuchenpolizeiliche Massnahmen. Schliesslich wird Artikel 5 Absatz 6 klarer gefasst und angepasst. Die Kompetenz des Bundesrates betreffend die Jagdbarkeitserklärung wird eingeschränkt auf jene Arten, die er zuvor wegen einer Bedrohungslage zu geschützten Arten erklärt hat. Bei geschützten Arten, die Konflikte verursachen, hat der Bundesrat dagegen neu die Möglichkeit, deren Bestände gemäss Artikel 7a Absatz 1 Buchstabe c regulierbar zu machen.

Von der Jagdverordnung ins Gesetz überführt wird in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b die Einschränkung der Schonzeit des Wildschweins, d. h. die Jagdzeit wird verlängert. Vom Recht zur Einschränkung der Schonzeit beim Wildschwein machte der Bundesrat zum ersten Mal am 1. April 1998 Gebrauch, als er die Schonzeit junger Wildschweine ausserhalb des Waldes ganzjährig aufhob (Art. 3 bis Abs. 2 JSV).

Diese Bestimmung ermöglicht es den Kantonen, landwirtschaftlichen Wildschwein6118

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schäden wirksam vorzubeugen, indem die Wildschweine ganzjährig durch Abschüsse von den schadengefährdeten landwirtschaftlichen Kulturen vergrämt werden können. 2012 hat der Bundesrat die bundesrechtliche Schonzeit beim Wildschwein um den Monat Februar verkürzt. Dies ist das Ergebnis eines von 2003 bis 2012 laufenden Versuchs, bei dem die Kantone AG, BL, BS, BE, JU, SH, SO, SG, TG, VD und ZH mit Zustimmung des UVEK die Jagdzeit des Wildschweins um die Zeitspanne Februar bis Mitte März verlängern respektive seine Schonzeit entsprechend verkürzen durften. Dabei sollte geprüft werden, ob auf diese Weise eine effizientere Regulierung der Wildschweinbestände und eine gezieltere Schadenprävention in der Landwirtschaft erreicht würden. Gemäss den Erfahrungen der Kantone zeigte sich, dass der Monat Februar tatsächlich einen wichtigen Beitrag zur Regulierung beisteuern kann. Weibliche Wildschweine lassen sich im Winter nämlich besonders effizient und tierschutzgerecht bejagen. Effizient deshalb, weil der Jagderfolg besonders bei Schneelage deutlich erhöht werden kann. Tierschutzgerecht, weil bei der Einzeljagd im Winter die Gefahr, ein Muttertier zu erlegen und damit die von ihr abhängigen Frischlinge verwaist zurückzulassen, geringer ist als im restlichen Jahr. Die hauptsächliche Geburtszeit der jungen Wildschweine liegt zwischen März und Juni, weshalb der grösste Teil der weiblichen Wildschweine im Winter noch keine Jungen führt. Zur Hauptsetzzeit (März bis Juni) bleibt das Muttertier nach wie vor geschützt. Wie bisher auch schon in der JSV geregelt, bleibt die Bejagung junger Wildschweine ausserhalb des Waldes auch während der Schonzeit erlaubt. Als jung werden dabei Wildschweine definiert, welche «jünger als zweijährig» sind. Dies entspricht inhaltlich dem bislang verwendeten Begriff «welche im laufenden Jahr oder im Vorjahr geboren wurden», ist jedoch besser verständlich.

Das Alter junger Wildschweine ist in der Regel am lebenden Tier gut erkennbar (Fellfarbe, Quastenlänge, Sozialverhalten) und lässt sich am erlegten Tier eindeutig anhand der Zahnentwicklung bestimmen. Der Begriff «ausserhalb des Waldes» wird aufgrund der im genannten Projekt mit den Kantonen gemachten Erfahrungen folgendermassen definiert: Die Position der Schützin oder des Schützen muss bei der Schussabgabe ausserhalb des Waldes sein,
d. h. sie oder er darf sich entweder auf den gefährdeten Kulturen selber oder direkt am Waldrand aufhalten. Als Waldrand wird dabei die Aussenlinie der äussersten Bäume definiert. Da sich jedoch Wildschweine vor Verlassen des Waldes oftmals längere Zeit im Waldrandbereich aufhalten, ist es dem am Waldrand ansitzenden Jäger auch erlaubt, die Wildschweine im Wald zu erlegen, d. h. von diesem Ort aus in den Wald hineinzuschiessen.

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c wird aufgehoben. Damit fallen die in der Schweiz nicht einheimischen Tierarten Damhirsch, Sikahirsch und Mufflon unter den ebenfalls angepassten Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a und sind neu ganzjährig jagdbar.

Dies entspricht der allgemeinen Konzeption der Schweizer Gesetzgebung, dass nicht einheimische Tierarten in freier Natur im Grundsatz nicht erwünscht sind und damit auch keinen Schutz in der Naturschutzgesetzgebung erhalten sollen. Damhirsch, Sikahirsch und Mufflon sind in ganz Europa beliebte Jagdwildarten und wurden deshalb in den letzten hundert Jahren vielerorts an neuen Orten ausgesetzt, wo sie natürlicherweise nicht vorkamen. In der Schweiz gab es 1985 zum Zeitpunkt der Revision des JSG eingewanderte und freilebende Bestände von Sikahirschen und Mufflons. Da diese Arten zu jener Zeit keine nennenswerten Probleme mit der einheimischen Artenvielfalt verursachten, wurden sie über die Zuweisung einer 6119

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Schonzeit im Gesetz toleriert. Allerdings hat die JSV klar präzisiert, dass diese nicht einheimischen Tierarten nicht an weiteren Orten ausgesetzt werden dürfen und dass die Kantone deren weitere Ausbreitung verhindern sollen.

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Sikahirsches umfasst weite Teile Ostasiens. Durch den Menschen ist der Sikahirsch in zahlreiche Gegenden der Welt eingeführt worden, so auch in Europa. In Deutschland wurden die ersten Sikahirsche als Parkwild eingeführt. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich aus entflohenen und ausgesetzten Tieren wild lebende Populationen entwickelt, so auch im Baden-Württembergischen Klettgau. Das Vorkommen am Hochrhein hat sich in die Schweiz ausgedehnt und besiedelt dort die Gebiete Südranden und Rafzerfeld in den Kantonen Schaffhausen und Zürich. Der Sikahirschbestand in der Schweiz wird auf ca.

400 Tiere geschätzt, wovon jährlich rund 140 erlegt werden. In den 1990er-Jahren hat der Bestand wegen der Hege als beliebtes Jagdwild im grenznahen Ausland und wegen ungenügender Abschusszahlen in der Schweiz stark zugenommen. Heute wird der Bestand durch die jagdlichen Eingriffe im Kernverbreitungsgebiet stabilisiert. Abwandernde Individuen tauchen aber auch immer wieder in benachbarten Wäldern auf. Ein neues Problem könnte sich ergeben, sobald der einheimische Rothirsch sein Verbreitungsgebiet in die Wälder von Schaffhausen ausdehnt und auf den ostasiatischen Sikahirsch trifft. Die beiden Arten sind entwicklungsgeschichtlich relativ nahe verwandt und können sich miteinander fortpflanzen. Die Hybriden, die aus ihrer Kreuzung entstehen, sind auch selbst fortpflanzungsfähig. Sollte diese Entwicklung eintreffen, ist der Schutz der einheimischen Art zu priorisieren.

Das Mufflon ist das kleinste aller Wildschafe. Es gilt als Stammform unseres Hausschafes und ist entwicklungsgeschichtlich gut angepasst an trocken-warmes Klima und gebirgige Landschaften. Das Mufflon stammt ursprünglich aus Kleinasien und wurde in der Jungsteinzeit vom Menschen im Mittelmeerraum verbreitet, insbesondere auf den Inseln Korsika, Sardinien und Zypern. Seit dem 18. Jahrhundert wurden von dort aus Tiere auf dem europäischen Festland angesiedelt. Der Hauptgrund für diese gezielten Aussetzungen stellen die imposanten Hörner der Widder dar, die seit jeher als begehrte Jagdtrophäe
gelten. Um die Trophäen zu vergrössern, wurden auch Hausschaf-Rassen und andere Wildschaf-Unterarten eingekreuzt. Die Verbreitung des Mufflons in der Schweiz ist begrenzt auf eine kleine Zone im Unterwallis, linksufrig der Rhone, zwischen dem Rhoneknie und dem Genfersee. Die Walliser Population gründet mehrheitlich auf Tieren, die in Frankreich ausgesetzt wurden und in den 1970er-Jahren über die Landesgrenze ins Wallis wanderten. Der Mufflonbestand hat sich in der Region etabliert und zählt heute rund 300 Tiere in zwei Kolonien. Im Unterwallis wird der Bestand momentan geduldet, weil er keine übermässigen Schäden am Wald oder an landwirtschaftlichen Kulturen anrichtet und sich nicht weiter ausbreitet. Um den Bestand zu stabilisieren und die Ausbreitung zu verhindern, werden jährlich einige Tiere von der staatlichen Wildhut erlegt.

Der Damhirsch mit dem charakteristischen Schaufelgeweih und dem gefleckten Sommerfell stammt wie das Mufflon aus Kleinasien. Der Damhirsch wurde bereits durch die Römer in Europa eingeführt und anschliessend vor allem während der Zeit des Absolutismus von Landesherren als jagdbares Hochwild verbreitet. In der Schweiz gibt es keine freilebenden Damhirsche. Vereinzelt wandern aber manchmal Tiere über die Landesgrenze, oder einige Damhirsche entweichen der heute auch in 6120

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der Schweiz verbreiteten Fleischerzeugungs-Gatterhaltung. Diese Tiere sollen erlegt werden, bevor sich ein frei lebender Bestand bildet.

Durch die Streichung des Rebhuhns als jagdbare Art in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe l wird der bereits heute in der Jagdverordnung geregelte Schutz des Rebhuhns auch auf Gesetzesstufe verankert. Das Rebhuhn wurde seit 1988 in der Jagdverordnung mittels Übergangsrecht geschützt (Art. 21 JSV), wobei dieses sogenannte «Rebhuhn-Moratorium» am 1. April 1998 um 10 Jahre verlängert wurde und somit bis zum 1. April 2008 dauerte. Nachdem diese Frist abgelaufen war, erliess der Bundesrat 2012 mit Artikel 3bis Absatz 1 Buchstabe a JSV eine gesamtschweizerische Schutzbestimmung für diese Vogelart. Durch die Streichung in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe l JSG zählt das Rebhuhn zu den geschützten Arten nach Artikel 7 Absatz 1 JSG. Das natürliche Vorkommen des Rebhuhns in der Schweiz ist in den letzten Jahrzehnten nahezu vollständig erloschen. Die Hauptursache dafür liegt in der Intensivierung und Mechanisierung der Landwirtschaft. Aktuell wird mit grossem Aufwand versucht, die Rückkehr des Rebhuhns in zwei besonders geeigneten Gebieten («Klettgau» Kt. SH; «Champagne Genevoise» Kt. GE) zu fördern. Dabei werden Aussetzungen von Rebhühnern und Massnahmen zur Aufwertung der Lebensräume kombiniert. Diese neu angesiedelten Populationen des Rebhuhns sind äusserst fragil, insbesondere aufgrund des degradierten Lebensraums im Agrarland und der Prädation durch Füchse und andere kleinere Beutegreifer. Nur mit Wiederansiedelungen wird diese Art allenfalls wieder Einzug in unsere Kulturlandschaft halten. Seine Unterschutzstellung ist deshalb gerechtfertigt. Sollte sich die Situation beim Rebhuhn in Zukunft zum Positiven wenden, könnte das Parlament oder der Bundesrat den vorliegenden Schutz rückgängig machen, und dessen Jagdbarkeit wieder herstellen.

In Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe m wird die bereits heute über Artikel 3bis Absatz 2 Buchstabe c JSV geltende Jagdbarkeit inklusive Schonzeit für alle einheimischen Krähenvögel (Rabenkrähe, Saatkrähe, Elster, Eichelhäher) auch auf Gesetzesstufe verankert.

Das Fehlen von Schonzeiten für die Rabenkrähe, die Elster und den Eichelhäher wurde seinerzeit damit begründet, dass die Kantone jederzeit Massnahmen ergreifen können müssen, um Schäden durch
diese Vögel zu verhindern. Aufgrund dessen konnten diese Rabenvögel unabhängig davon bejagt werden, ob sie unselbstständige Jungtiere im Nest hatten oder nicht. Dies steht jedoch im Konflikt mit dem JSG (Art. 7 Abs. 5 JSG), das aus Tierschutzgründen den Schutz der Altvögel während der Brutzeit vorschreibt. In diesem Sinne gewährt das Jagdgesetz auch allen anderen einheimischen Wildtierarten eine Schonzeit, deren Festlegung sich hauptsächlich an der Brut- und Aufzuchtzeit bzw. an der Zeit der Jungenführung orientiert. Im Sinne dieses gesetzlich geforderten «Schutzes der Altvögel während der Brutzeit» erhalten nun auch diese drei einheimischen Rabenvogelarten eine entsprechende Schonzeit auf Gesetzesstufe, die zwischen dem 16. Februar und dem 31. Juli liegt und sich damit an der bereits im JSG verankerten Schonzeit der Nebelkrähe (Art. 5 Abs. 1 Bst. m JSG) orientiert. Hinsichtlich der Schonzeiten der Raben- und Nebelkrähe (Rabenkrähe und Nebelkrähe sind Unterarten derselben Art Corvus corone mit geografisch mehrheitlich getrennter Verbreitung) enthält Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe m JSG jedoch eine Ausnahme zur Abwehr landwirtschaftlicher Schäden (z. B.

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Schäden am keimenden Mais, in Kirschenplantagen oder an Siloballen). Solche Schäden werden vor allem durch Schwärme (d. h. mehr als ca. ein Dutzend Vögel) von Raben- oder Nebelkrähen hervorgerufen. Sie können lokal empfindliche Ausmasse annehmen, sofern keine Gegenmassnahmen ergriffen werden. Um zu Gunsten der landwirtschaftlichen Produktion die Abwehr solcher Raben- oder Nebelkrähenschwärme und deren Schäden weiterhin zu gewährleisten, erhalten Schwärme der Raben- oder Nebelkrähe auf landwirtschaftlichen Kulturen keine Schonzeit. Da solche Schwärme aus nichtbrütenden Jungkrähen bestehen, können Schwarmkrähen jagdlich vergrämt werden, ohne dass ein Konflikt mit dem genannten «Schutz der Altvögel während der Brutzeit» entsteht. Brutkrähen hingegen leben zu zweit und sind territorial. Bedingung ist deshalb, dass nur Raben- und Nebelkrähen aus Schwärmen erlegt werden. Einzelkrähen und Paarkrähen gelten in jedem Fall als brutverdächtig. Für sie gilt deshalb die bundesrechtliche Schonzeit. Zusätzlich gilt im Sinne einer möglichst effizienten Schadenabwehr, dass die Bejagung von Schwarmkrähen während der Schonzeit ausschliesslich auf landwirtschaftliche Kulturen beschränkt ist. Als Voraussetzung nicht mehr verlangt wird jedoch, dass es sich um eine «schadengefährdete» landwirtschaftliche Kultur handeln muss. Die Diskussionen mit den Kantonen über die Umsetzung dieser Einschränkung haben ergeben, dass die Einschätzung des Schadenrisikos kaum praktikabel umgesetzt werden kann. Auf diese kaum vollziehbare Regel soll deshalb im Gesetz verzichtet werden. Abseits von landwirtschaftlichen Kulturen (z. B. im Wald) gilt jedoch für alle Raben-und Nebelkrähen die bundesrechtliche Schonzeit.

Anders ist die Situation für die Saatkrähe, die bislang nach dem Jagdgesetz geschützt wurde, jedoch mit der letzten Revision der Jagdverordnung als jagdbar erklärt wurde. Nun soll auch ihre Jagdbarkeit auf Gesetzesstufe verankert werden. In der Schweiz ist die Saatkrähe viel seltener als die Rabenkrähe oder die Nebelkrähe, da sich die Schweiz am Rand des Verbreitungsgebietes der Saatkrähe befindet.

Aufgrund ihrer nationalen Seltenheit wurde die Saatkrähe bereits vom ersten «Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz», das 1876 in Kraft trat, unter Schutz gestellt.

Die Saatkrähe wurde in der Schweiz 1963 erstmals als Brutvogel
nachgewiesen. Ihr Brutbestand ist seit 1990 stark steigend und beträgt aktuell über 4000 Brutpaare. Als Konsequenz dieser Bestandsentwicklung und der damit verbundenen Ausbreitung von der Nordwestschweiz bis ins Mittelland wurde die Saatkrähe in der Ausgabe 2010 der «Roten Liste der Brutvogelarten der Schweiz» erstmals als nicht gefährdet aufgelistet. Als Koloniebrüter verursacht die Saatkrähe immer wieder Konflikte mit der Bevölkerung, insbesondere innerhalb oder am Rande von Siedlungen. Die Lärmentwicklung und die Verschmutzung durch den Kot der Tiere stehen dabei im Vordergrund. Da Lärm aber kein Wildschaden im Sinne des Bundesrechts ist und die Verschmutzung nur in der unmittelbaren, eng begrenzten Umgebung von Brutkolonien auftritt, war es den Kantonen und dem Bund bislang nicht möglich, jagdliche Massnahmen zur Konfliktlösung zu bewilligen. Indem die Saatkrähe jagdbar wird, erhalten die Kantone neue Handlungsmöglichkeiten. Da die Saatkrähe als Tierart aber relativ empfindlich auf Jagddruck reagiert, sind die Eingriffe mit dem notwendigen Augenmass vorzunehmen. Die Schonzeit der Saatkrähe wird identisch zur Schonzeitregelung der anderen Krähenvögel auf die Zeit vom 16. Februar bis zum 31. Juli festgelegt.

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Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe o erfährt strukturelle Änderungen. Der Kormoran wird neu in einem Buchstaben q von Artikel 5 Absatz 1 JSG behandelt.

Die nicht jagdbaren, also geschützten Arten von Wildenten werden bislang im Artikel 5 Absatz 2 als geschützte Arten aufgeführt. Dies steht im Widerspruch zur eigentlichen Logik von Artikel 5, der grundsätzlich die jagdbaren Arten und ihre Schonzeiten auflistet. Deshalb sollen neu alle jagdbaren Wildenten in Absatz 1 Buchstabe o einzeln aufgeführt werden. Entsprechend kann Artikel 5 Absatz 2 gestrichen werden. Materiell ändert sich aber nichts.

Der bereits über Artikel 3bis Absatz 1 Buchstabe a JSV geltende Schutz der Moorente wird nun in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe o gesetzlich verankert, indem sie nicht in die Aufzählung der jagdbaren Entenarten aufgenommen wird. Der Schutz der seltenen Moorente erweist sich als nötig und entspricht einer internationalen Verpflichtung. Das von der Eidgenossenschaft ratifizierte Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (AEWA) führt die Moorente in seinem Aktionsplan als «gefährdet» auf (Anhang 3, Tabelle 1 AEWA).

Durch das Streichen von Artikel 5 Absatz 2 werden auch die Begriffe «Halbgänsearten» und »Rostgans» gestrichen. Die in der Schweiz vorkommende Rostgans ist eine von sieben Arten der Gattung Tadorna, der sogenannten Halbgänse. Wie für diese Gattung charakteristisch weist die Rostgans sowohl Merkmale gründelnder Enten der Seichtwasserzone als auch Merkmale äsender Gänse angrenzender Weideflächen auf. Rostgänse sind in den innerasiatischen und nordafrikanischen Steppen und Halbwüsten beheimatet. In Westeuropa gibt es wildlebende Populationen, die jedoch alle, oder zumindest grossmehrheitlich, auf Gefangenschaftsflüchtlinge zurückgehen. Früher ging man davon aus, dass einzelne Rostgänse in strengen Wintern aus innerasiatischen Gebieten in Westeuropa einflogen. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb diese Art im Jagdgesetz von 1986 aufgenommen wurde. In den letzten Jahrzehnten konnten jedoch keine solchen Einflüge wissenschaftlich dokumentiert werden. Die Rostgans ist daher als nicht einheimische Art einzustufen und fällt in den Geltungsbereich des neuen Artikels 5 Absatz 3 Buchstabe a. In der Schweiz hat der Bestand in den letzten Jahren stark zugenommen. Der Winterbestand
beträgt bereits ca. 1200 Tiere, pro Jahr werden mittlerweile ca. 25 Brutpaare beobachtet.

Die Rostgans ist ein Höhlenbrüter; sie hat Gelege von bis zu 16 Eiern. Während der Brutzeit sind Rostgänse streng territorial. Für die einheimischen Wasservögel bleibt das nicht ohne Auswirkungen, denn die relativ aggressive und konkurrenzstarke Art duldet keine anderen Entenvögel in ihrem Revier. Die Vermutung liegt nahe, dass eine weitere Ausbreitung der Rostgans früher oder später einen negativen, noch nicht abschätzbaren Einfluss auf andere Vögel in der Schweiz haben kann. Deshalb, und weil sich in der Schweiz die erste, sich selbst erhaltende Population, in Mitteleuropa etabliert hat, haben sich Bund, Kantone und die Vogelschutz-Institutionen in der Schweiz 2004 entschlossen, die weitere Vermehrung und Ausbreitung des Rostgansbestands zu verhindern. Die professionelle Wildhut und Jagdberechtigte sollten möglichst viele Rostgänse erlegen, und mit Hilfe von Vogelschutzorganisationen sollten Bruten gesucht und den Behörden gemeldet werden, damit die Gelege entfernt werden können. Heute zeigt eine nüchterne Bilanz, dass wenige Meldungen von Bruten eingingen und seit 2004 rund 900 Rostgänse abgeschossen wurden.

Trotz der intensivierten Bemühungen erwiesen sich die Abschüsse aber als unzu6123

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reichend, um den Bestand wirksam zu stabilisieren oder zu reduzieren, so dass sich diese nicht einheimische Vogelart weiter ausbreitet und vermehrt. Diese in Bezug auf die Bestandsdezimierung wirkungslosen Abschüsse von Rostgänsen müssen insbesondere auch deshalb kritisch beurteilt werden, als die meisten Abschüsse in Wasservogelreservaten getätigt werden mussten, wo natürlich auch die einheimischen Vögel einen ruhigen Rückzugsraum finden und nicht gestört werden sollten.

Deshalb haben sich Bund und Kantone geeinigt, die bisherige Strategie zu ändern und nur noch an Gewässerabschnitten, an denen sich Konflikte mit dem Schutz von bedrohten Vogelarten ergeben, über gezielte Eingriffe den Brutbestand zu regulieren. Nach wie vor gilt es aber, den Rostgansbestand in der Schweiz gut zu überwachen, dies nicht zuletzt auch, um eine in der Folge der Klimaerwärmung mögliche natürliche Arealausbreitung der Art nach Mitteleuropa zu dokumentieren.

In Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe q wird die Einschränkung der Schonzeit des Kormorans aus der Jagdverordnung übernommen. Der Kormoran ist in der Schweiz jährlich mit rund 5000 Wintergästen anwesend. Seit dem Jahre 2001 etablierte er sich in unserem Land aber auch als Brutvogel und sein ­ aktuell stark ansteigender ­ Brutbestand umfasst bereits über 1000 Brutpaare. Er gilt gemäss Roter Liste der Brutvögel (2010) als nicht gefährdet. Diese Rückeroberung der Schweiz durch den Kormoran ist eine Folge der starken Zunahme des Kormorans in Europa aufgrund seiner europäischen Unterschutzstellung im Jahre 1970. Mit der Zunahme des schweizerischen Bestandes des Kormorans häufen sich Konflikte, insbesondere mit der Berufsfischerei. Als Folge davon deponierte der Schweizerische Fischereiverband eine Petition beim Parlament (Petition 08-20 «Fischfressende Vögel: Managementplan»).

Als Antwort auf diese Petition hat das eidgenössische Parlament dem Bundesrat unter anderem den Auftrag überwiesen, die Schonzeit des Kormorans um den Monat Februar zu kürzen (Motion 09.3723 vom 15. Juni 2009 «Massnahmen zur Regulierung fischfressender Vögel und zur Entschädigung von Schäden an der Berufsfischerei»). Die noch verbleibende Schonzeit vom 1. März bis zum 31. August umfasst die gesamte Brut- und Nestlingsperiode des Kormorans in der Schweiz und entspricht somit den Anforderungen des
Tierschutzes. Diese Bestimmung gibt den Kantonen die Möglichkeit zur wirksameren jagdlichen Regulation ihrer Kormoranpopulation.

Artikel 5 Absatz 3 wird neu geordnet. Die ganzjährige Jagdbarkeit wird neu über die beiden Kategorien «nicht einheimische Tierarten» und «verwilderte Haus- und Nutztiere» geregelt. Tiere beider Kategorien, die in der Schweiz in die freie Wildbahn gelangen, sollen grundsätzlich jederzeit entfernt werden können. Der Auftrag an die Kantone zum Umgang mit den nicht einheimischen Arten wird in Artikel 8 und Artikel 8bis JSV spezifiziert. Sie müssen dafür sorgen, dass Bestände von nicht einheimischen, wildlebenden Tierarten reguliert werden und sich nicht ausbreiten.

Sie sollen jene Tierarten, welche die einheimische Artenvielfalt gefährden, wo immer möglich und zielführend umsetzbar, entfernen. Bei nicht einheimischen Tierarten wie dem Mufflon, dem Sikahirsch oder der Rostgans, wo sich in der Schweiz bereits kleine Bestände etabliert haben, die heute toleriert werden, gilt es selbstverständlich auch den Tierschutzaspekt zu beachten, dass die Muttertiere während der Fortpflanzungszeit zu schonen sind. Wenn die Kantone während der Fortpflanzungszeit Massnahmen gegen die Ausbreitung dieser Tierarten ergreifen

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wollen, müssen diese so ausgestaltet werden, dass keine verwaisten, von den Elterntieren noch abhängigen Jungtiere zurückbleiben.

Das Aussetzen von Haus- oder Nutztieren ist gemäss Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe e TSchG verboten. Trotzdem gelangen immer wieder Haus- oder Nutztiere in die freie Wildbahn. Mit der Möglichkeit zur ganzjährigen Jagdbarkeit erhalten die Kantone die Handhabe, verwilderte Hausziegen, Schafe, Hauskatzen oder Hunde zu entfernen, bevor sich Bestände bilden oder sich diese Tiere mit Wildtieren hybridisieren. Als «verwildert» können Haus- oder Nutztiere gelten, die während mehr als einem Monat ohne menschliche Obhut in freier Wildbahn leben und sich eigenständig ernähren.

Zu den verwilderten Haustieren gehört auch die Haustaube, welche auch Strassenoder Stadttaube genannt wird. Die Haustaube ist die domestizierte Form der Felsentaube, die ursprünglich im Orient gezüchtet wurde. Mitunter diente ihr Kot als guter Dünger, aber ihre Sesshaftigkeit und die überragenden Navigations- und Flugfähigkeit der Tiere machten sie auch zu unverzichtbaren Nachrichtenübermittlern (Brieftauben). Bereits seit 3000 v. Chr. waren die Haustauben wegen ihrer Vorteile für den Menschen sehr weit verbreitet. Heute besiedeln ganze Populationen von verwilderten Haustauben Städte und Dörfer weltweit. Aufgrund der starken Bestandeszunahme verursachen sie zahlreiche Probleme. Ihr aggressiv wirkender Kot verursacht Verschmutzungen und Schädigungen von Gebäuden. Etwas weniger vordergründig, jedoch auch nennenswert, ist ihre Rolle als Überträger von Krankheitserregern und Parasiten, welche zum Teil auch den Menschen betreffen können. In Städten sind essbare Abfälle die bedeutendste Nahrungsquelle. Sie sind nicht zuletzt für den starken Zuwachs der Bestände verantwortlich. Tatsächlich ist eine effektive Reduktion der Bestände ohne das konsequente Einstellen von unbeabsichtigten und beabsichtigten Fütterungen nicht möglich. Das Entziehen von Nistmöglichkeiten kann auch eine unterstützende Massnahme sein, wobei es allerdings wichtig ist, nicht auch die Brutmöglichkeiten anderer Arten wie Seglern, Dohlen oder Turmfalken unzugänglich zu machen. Abschüsse erwiesen sich als nur vorübergehend, oder allenfalls ergänzend zur Fütterungseinstellung, als wirkungsvoll.

In Artikel 5 Absatz 5 wird die Zustimmung des UVEK
durch die Anhörung des BAFU ersetzt. Neu sollen die Kantone nach Anhörung des BAFU die Kompetenz erhalten, die erforderlichen Einzelfallentscheidungen in eigener Verantwortung zu treffen.

Gemäss geltendem Artikel 5 Absatz 6 kann der Bundesrat nach Anhörung der Kantone die Liste der jagdbaren Arten gesamtschweizerisch einschränken oder unter Angabe der entsprechenden Schonzeit erweitern, sofern die Bestände geschützter Arten die Jagd wieder zulassen. Dieser Artikel wird umformuliert und betreffs der Kompetenz des Bundesrates neu gefasst. Der Bundesrat soll weiterhin die Liste der jagdbaren Arten einschränken und neu auch die Schonzeiten verlängern können, wenn dies zum Schutz der Arten nötig ist. Er soll auch die Kompetenz haben, die auf diese Weise geschützten Arten als jagdbar zu erklären oder deren Schonzeiten wieder zu verkürzen, wenn deren Bestände eine Bejagung wieder zulassen. Die Kompetenz zur Jagdbarkeitserklärung von bislang geschützten Arten soll aber ausschliesslich beim Parlament liegen. Dagegen erhält der Bundesrat neu die Kom-

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petenz, Konflikte verursachende geschützte Arten gemäss dem neuen Artikel 7a in die Liste der regulierbareren geschützten Arten aufzunehmen.

Art. 7a

Regulierung geschützter Arten

Im 3. Abschnitt des Jagdgesetzes sind unter dem Überbegriff «Schutz» das Schutzkonzept des Gesetzes und entsprechend die wichtigsten Aufgaben des Bundes umschrieben. Artikel 7 Absatz 1 JSG regelt den Artenschutz. Alle einheimischen Tierarten nach dem Geltungsbereich des Gesetzes, die nicht nach Artikel 5 JSG zu einer jagdbaren Tierart gehören, sind geschützt. Artikel 7 Absatz 2 JSG bildet die Grundlage für die Bestandsregulierung von geschützten Arten. Heute fällt nur der Steinbock unter diesen Absatz. Gemäss der Motion Engler sollen neu auch Wolfbestände unter Artikel 7 JSG regulierbar sein und die Gründe für die Regulierung erweitert werden. Damit bekommt der Aspekt der Bestandsregulierung mit der vorliegenden Revision eine umso grössere Bedeutung, und eine Aufteilung des geltenden Artikels 7 in einen Schutz- und in einen Regulierungsartikel für geschützte Arten erscheint sinnvoll. Hierzu werden die Absätze 2 und 3 von Artikel 7 JSG in einen neuen Artikel 7a mit der Überschrift «Regulierung geschützter Arten» überführt. In Absatz 1 dieses neuen Artikels ist nun explizit von Bestandsregulierungen geschützter Tierarten die Rede und nicht mehr vom Abschuss einzelner Tiere geschützter Arten. Zudem werden die Gründe, die eine Bestandsregulierung ermöglichen, in Absatz 2 mit «grossem Schaden» und «konkreter Gefährdung von Menschen» erweitert. Die Begriffe «grosser Schaden» und «konkrete Gefährdung von Menschen» werden im Artikel nicht definiert. Die Absätze 1, 4, 5 und 6 von Artikel 7 sind nicht Gegenstand dieser Teilrevision und bleiben unverändert mit der Überschrift «Artenschutz» bestehen.

Die Motion Engler beauftragt den Bundesrat, Artikel 7 so anzupassen, dass die Bestandsregulierung bei Wolfspopulationen möglich wird. Ständerat Engler argumentiert, dass das Jagdgesetz an die heutige Situation angepasst werden muss, eine Regulierung also bereits dann möglich sein muss, wenn sich Rudel bilden und sich ein Wolfsbestand zu etablieren beginnt. Diese neue Herangehensweise hat zum Ziel, dass einerseits die Auswirkungen von schadenstiftenden Wölfen begrenzt und andererseits aber auch die Akzeptanz in der Bevölkerung und in der Landwirtschaft erhalten oder erhöht werden. Wo in einer Region künftig Wolfsrudel umherstreifen und diese trotz zumutbaren Schutzmassnahmen Schäden an Nutztieren anrichten oder
die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit droht, müssen Wolfsabschüsse möglich sein, und zwar bevor Konfliktsituationen eskalieren, d. h. nicht erst nachdem eine bestimmte Schadenshöhe erreicht oder eine konkrete Gefahr für Menschen eingetreten ist.

Der dem Jagdgesetz zugrundeliegende Begriff des Wildschadens ­ des Schadens, der durch Wildtiere verursacht wird ­ ist grundsätzlich relativ offen und bezieht sich auf Schäden an Menschen, Tieren oder Sachen. Wildschaden umfasst insbesondere folgende qualitativen Schadenselemente: Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen, an Nutztieren und am Wald; Schäden durch Beeinträchtigung des Lebensraums der Wildtiere; negative Auswirkungen auf die Bestände von bedrohten Arten (Artenvielfalt); Schäden durch Verbreitung von Tierseuchen und Schäden an Infrastrukturen

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(Wege, Strassen, Brücken, Dämme usw.) sowie weitere denkbare Schadentatbestände (z. B. Regaleinbussen, heute bereits umgesetzt in Art. 4 Abs. 1 Bst. g JSV).

Hinzu kommt als Spezialfall der aus Gründen der Prävention motivierte Tatbestand der blossen Gefährdung des Menschen, der dem Wildschaden hinsichtlich der juristischen Konsequenz gleichgestellt wird. Mit diesem Wildschadenbegriff ist noch nicht gesagt, ob und welche Massnahmen gegen einzelne Tiere oder Bestände zulässig sind. Dafür sind die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen zu prüfen, beispielsweise das trotz des Ergreifens der zumutbaren Schutzmassnahmen wahrscheinliche Entstehen eines «grossen» Schadens oder einer «konkreten» Gefährdung des Menschen. Wildschäden sind also nur dann rechtlich relevant, wenn ein bestimmtes quantitatives Schadenausmass oder spezielle Gefährdungslagen vorliegen oder drohen. Das Gesetz nimmt häufig Bezug auf quantitative Aspekte des Wildschadenbegriffs. Die Palette reicht dabei gemäss dem Rechtsgutachten von 2008 von Bagatellschäden über erhebliche Schäden zu grossen Schäden bis hin zu übermässigen Schäden. Das Gutachten zeigt auf, dass Massnahmen gegen einzelne jagdbare oder geschützte Tiere zulässig sind, wenn diese «erheblichen» Schaden anrichten, wohingegen regulierende Bestandeseingriffe in geschützte Tierarten strengere Voraussetzungen erfüllen müssen und einen «grossen» Schaden voraussetzen. Ein «erheblicher» Schaden verursacht also weniger Beeinträchtigung als ein «grosser» Schaden.

Gestützt auf die Herleitungen in diesem Rechtsgutachten wird im neuen Artikel 7a bewusst der quantitative Begriff «grosser» Schaden gewählt bzw. aus der heutigen Regulierungsbestimmung nach Artikel 12 Absatz 4 übernommen. Demgegenüber wird in Artikel 12 Absatz 2 der quantitative Begriff «erheblich» beibehalten. In der französischen Gesetzesversion werden analog dazu die Begriffe «considérable» für «gross» und »important» für «erheblich» verwendet, respektive «ingente» und «rilevante» in der italienischen Gesetzesversion. Die Verwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe «konkret» und «gross» gewähren Bund und Kantonen Spielraum im Ausführungsrecht und bei Entscheidungen im Einzelfall. Allerdings sollen die Wildschäden oder die Gefährdung des Menschen nicht nur als abstrakte Möglichkeit im Raum stehen, sondern gemäss aktuell
dokumentierten Ereignissen eine Entwicklung aufzeigen, die gemäss den Erfahrungen am Ende zu «grossem Schaden» oder einer «konkreten Gefährdung des Menschen» führt. In diesem Sinne ist auch eine gewisse Unmittelbarkeit bzw. zeitliche Nähe zwischen dem regulierenden Eingriff und dem ansonsten drohenden Schaden (bzw. der ansonsten drohenden konkreten Gefährdung) erforderlich. Beim Wolf kann dies z. B. dann der Fall sein, wenn bei Nutztieren, für die sämtliche zumutbaren Schutzmassnahmen getroffen worden sind, erste Schäden entstehen und weitere Schäden aufgrund der Umstände bzw. des Verhaltens des Wolfes oder der Wölfe vorhersehbar sind. Grundsätzlich gibt es folgende Möglichkeiten für regulierende Eingriffe in Tierpopulationen: Abschuss, Einfang und Umsiedlung sowie Massnahmen an Vogeleiern oder -gelegen. Aus tierethischen Überlegungen nicht in Frage kommen die Verabreichung von chemischen Mitteln wie Gifte, Kontrazeptiva oder andere Medikamente sowie operative Eingriffe an Tieren, um die Fortpflanzung zu verhindern. Keinesfalls dürfen Regulierungseingriffe den Bestand einer Population einer geschützten Tierart gefährden.

Die aus Artenschutzgründen notwendige Verbreitung und Populationsdichte muss grundsätzlich erhalten bleiben.

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Auch ist bei einem Eingriff jeweils das für das angestrebte Ziel geeignete mildeste Mittel zu wählen (Verhältnismässigkeitsprinzip). Für welche der geschützten Arten eine Bestandsregulierung möglich sein soll, bestimmt entweder der Bundesrat gemäss Artikel 7a Absatz 1 Buchstabe c E-JSG in der Jagdverordnung, oder als Ausnahme das Parlament nach Artikel 7a Absatz 1 E-JSG. Neben dem Steinbock und dem Wolf, die im Gesetz unter den regulierbaren geschützten Arten aufgeführt werden, wird der Bundesrat in der Jagdverordnung eine Liste regulierbarer, geschützter Arten führen. Gemäss der Motion Niederberger wird beispielsweise der Höckerschwan auf diese Liste gesetzt werden. Zudem kann der Bundesrat jene geschützten Arten auf die Liste nehmen, deren Bestandsentwicklung mit Regulierungsmassnahmen auch effektiv steuerbar ist und deren Bestände Konflikte mit Nutzungsinteressen der Menschen oder mit der Erhaltung anderer geschützter Tierarten oder prioritärer Lebensräume verursachen. Selbstverständlich gilt es dabei immer, den Artenschutz zu gewährleisten. Der Bundesrat sichert diesen durch entsprechende Regelungen in der Jagdverordnung und überprüft regelmässig die Aktualität der Liste.

Die Entscheide über Eingriffe in die Bestände geschützter Arten gemäss Artikel 7a Absatz 1 sollen die Kantone nach Anhörung des BAFU neu selber fällen; eine Zustimmung des Bundes ist nicht mehr nötig. Diese Neuordnung der Kompetenzen überträgt also den Kantonen die Verantwortung, die Voraussetzungen für regulative Massnahmen zu überprüfen, insbesondere mit Blick auf die Erforderlichkeit der Eingriffe, den Schutz der Bestände und die zumutbaren Massnahmen zur Prävention von Schäden oder Gefährdungen. Mit entsprechenden Ausführungsbestimmungen in der Jagdverordnung wird der Bundesrat eine einheitliche Praxis fördern. Im Rahmen der Anhörung kann das BAFU die Kantone fachlich beraten und wo notwendig die interkantonale Koordination gewährleisten.

Artikel 7a Absatz 1 Buchstabe a bezeichnet den Steinbock als geschützte Art, die reguliert werden kann. Gegenüber der heutigen Regelung wird die Schonzeit um vier Wochen verkürzt. Die Wiederansiedlung des Steinbocks war ein explizites Ziel des Jagdgesetzes von 1875 (Art. 15). Der Alpensteinbock war anfangs des 19. Jahrhunderts bis auf einen Restbestand von etwa 100 Tieren im italienischen
Gran Paradiso im gesamten Alpenraum ausgerottet. Nach der erfolgreichen Zucht mit einigen aus dem königlichen Jagdrevier am Gran Paradiso entwendeten und in die Schweiz geschmuggelten Tieren konnten 1911 die ersten Steinböcke im eidgenössischen Jagdbanngebiet Graue Hörner wieder ausgesetzt werden. Weitere Anund Umsiedlungen führten schliesslich dazu, dass der Alpensteinbock heute in der Schweiz und auch in allen andern Alpenländern wieder weit verbreitet ist. Die gebietsweise hohen Bestände im Kanton Graubünden führten dann in den 1970erJahren zu Sorgen um wachsende Wildschäden im Bergwald und auf den landwirtschaftlich genutzten Heuwiesen und Alpweiden. In der Folge wurden 1977 in Graubünden die ersten Steinböcke mit Spezialbewilligungen zum Abschuss freigegeben.

Bei der Totalrevision des JSG 1985 hat das Parlament dann entschieden, die Bündner Lösung für die ganze Schweiz einzuführen: die Tierart geschützt lassen, die Bestände aber unter der Kontrolle des Bundes zur Regulierung freigeben. Diese Lösung hat sich bewährt. Trotz dem jährlichen Abschuss von gut 1000 Tieren ist der Steinbockbestand in der Schweiz langsam und kontrolliert angewachsen und hat sich heute auf circa 17 000 Tiere eingependelt. Gemeinsam diskutieren Bund und Kan6128

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tone heute jährlich die Abschussplanung auf der Basis der UVEK-Verordnung vom 30. April 199025 über die Regulierung von Steinbockbeständen (VRS). Angepasst werden soll die bewährte Praxis lediglich, indem der Beginn der Regulierung auf den 1. August vorverschoben und die Verpflichtung zur jährlichen Genehmigung der Abschussplanung durch das BAFU fallengelassen wird. Die längere Regulierungszeit ermöglicht es den Kantonen, die Steinbockabschüsse bereits vor dem Beginn der eigentlichen Hochjagdsaison anfangs September anzugehen, was insbesondere die Arbeit der Wildhut bei der Beaufsichtigung und Kontrolle der Abschüsse erleichtert. Die jährliche Genehmigung der Abschussplanung kann durch eine vom BAFU und den Kantonen gemeinsam festgelegtes Entwicklungsziel pro Kolonie für die nächsten Jahre ersetzt werden. Der Bundesrat wird sich auf die Regelung allgemeiner Bestimmungen für die Bestandsregulierung beschränken, und die heutige VRS soll aufgehoben werden. Damit erhalten die Kantone mehr Handlungsspielraum, und die Einflussnahme des Bundes wird auf die konzeptionelle Stufe zurückgenommen.

Der neue Artikel 7a Absatz 1 Buchstabe b bezeichnet den Wolf als geschützte Art, die reguliert werden kann. Der Wolf wurde in der Schweiz in der Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts ausgerottet. Im 20. Jahrhundert wurden nur noch einzelne Wölfe beobachtet, jedoch keine eigentliche Wolfspopulation mehr. Auch im benachbarten Europa vermochte der Wolf sich bloss in kleinen Restbeständen in peripheren Gebieten (z. B. in Spanien, Italien oder Griechenland) zu halten. Aufgrund seiner Seltenheit wurde der Wolf im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts in Europa vielerorts unter Schutz gestellt. So stellte z. B. Italien den Wolf 1976 unter vollständigen rechtlichen Schutz. Die Vertragsstaaten der Berner Konvention erklärten den Wolf 1979 im Anhang II als streng geschützt. In der Schweiz ist der Wolf seit der Totalrevision des Jagdgesetzes von 1986 eine geschützte Art. Aufgrund der Unterschutzstellung des Wolfes in Italien im Jahr 1976 nahm die italienische Wolfpopulation im Apennin zu und begann gegen Norden zu expandieren. Die ersten Wölfe italienischer Herkunft tauchten 1992 in Frankreich und 1995 in der Schweiz auf. Italien hat heute einen Wolfsbestand von 800­1000 Tieren, Frankreich einen Wolfsbestand von 300­400 Tieren,
und die Schweiz hat 40­50 Wölfe. Da die Schweiz nur einen Teil der zusammenhängenden Alpenwolfpopulation beheimatet, muss der Blick auf die gemeinsam mit den Nachbarländern definierten Artenschutzziele für die Gesamtpopulation gerichtet werden. Diese Ziele sind als Solidargemeinschaft anzustreben.

Dieses Vorgehen soll dennoch allen Ländern innerhalb ihrer eigenen Grenzen einen Spielraum für die Bestandsregulierung und das Anpeilen einer soziopolitisch verträglichen Rudeldichte lassen.

In der Schweiz wurden im Durchschnitt der letzten Jahre 218 Nutztiere pro Jahr vom Wolf gerissen. Wolfsrisse fielen vorwiegend in Nutztierherden ohne Herdenschutz an (rund 90 %). Hauptsächlich betraf dies Schafe (94 %), ferner auch Ziegen (5 %) und andere Nutztiere (1 %). Die Schäden durch den Wolf konzentrieren sich dabei auf das Sömmerungsgebiet (72 %) und die Bergzonen III und IV (22 %) gemäss Direktzahlungsverordnung vom 23. Oktober 201326 (DZV). Der Wolf verursacht Konflikte, die über die Diskussionen hinausgehen, die sich im Zusammenhang mit 25 26

SR 922.27 SR 910.13

6129

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Wildschäden ergeben. Das hauptsächliche Problem in jüngster Zeit ist im wiederholten Auftreten von Wölfen in Siedlungsnähe zu orten. Wenig scheue Wölfe lösen bei der betroffenen Bevölkerung Unbehagen und Angst aus und senken die Akzeptanz des Wolfes in der Bevölkerung.

Mit dem neuen Artikel 7a können die 2015 in Artikel 4bis JSV gesetzten Regeln weiter vereinfacht werden. Die konkrete Bemessung eines «grossen Schadens» oder einer «konkreten Gefährdung des Menschen» entfällt. Damit Wolfsbestände gemäss Artikel 6 der Berner Konvention, Artikel 78 Absatz 4 BV und Artikel 7a Absatz 2 JSG auch lokal nicht ausgerottet werden, braucht es Regeln zum Schutz der Fortpflanzung. Zudem muss gewährleistet sein, dass die zumutbaren Herdenschutzmassnahmen gemäss den Artikeln 10bis und 10ter JSV innerhalb des Streifgebiets eines Wolfsrudels umgesetzt sind.

Der Wolf spielt anerkanntermassen eine wichtige Rolle im ökologischen Gefüge.

Bei den Ausführungsbestimmungen in der Verordnung sowie dem Konzept nach Artikel 10bis JSV ist auf das Zusammenspiel von Artenvielfalt und Lebensräumen Rücksicht zu nehmen. Wolfbestände beeinflussen die Lebensraumnutzung und -beanspruchung der Schalenwildbestände und können so übermässigen Schäden an der Waldverjüngung entgegenwirken. Massnahmen zur Regulierung von hohen Wolfsbeständen müssen deshalb mit Massnahmen aus anderen Umweltbereichen abgestimmt werden, namentlich mit Massnahmen zum Schutz der natürlichen Waldverjüngung.

Art. 8

Verletzte und kranke Tiere

Der geltende Artikel 8 JSG regelt den Abschuss kranker und verletzter Tiere. Demnach sind heute «Wildhüter, Jagdaufseher und Revierpächter berechtigt, verletzte und kranke Tiere auch ausserhalb der Jagdzeit zu erlegen». Der Artikel erhält einen zusätzlichen neuen Absatz, mit dem die Nachsuchepflicht im Gesetz verankert wird.

Da Artikel 8 dadurch nicht mehr ausschliesslich nur den Abschuss kranker und verletzter Tiere regelt, bedarf es auch einer Anpassung der Sachüberschrift.

Der neue Artikel 8 Absatz 1 verpflichtet jagdberechtigte Personen dazu, Tiere, die sie auf der Jagd beschiessen, die aber nicht an Ort und Stelle zu liegen kommen und flüchten, fachgerecht und innert nützlicher Frist nachzusuchen oder nachsuchen zu lassen. Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, ob die Schützin oder der Schütze meint, getroffen oder gefehlt zu haben.

Die Berücksichtigung des Tierschutzes auf der Jagd beruht insbesondere auf drei Säulen, nämlich der Treffsicherheit der Jagdberechtigten, der Ausbildung der Jagdhunde sowie der Nachsuche von auf der Jagd verletzten oder möglicherweise verletzten Wildtieren. Die ersten beiden Bereiche wurden bereits mit der Revision der Jagdverordnung 2012 geregelt. Die Verpflichtung zur Nachsuche ist zwar in vielen Kantonen schon heute Praxis, eine entsprechende schweizweit gültige Bestimmung fehlt aber bisher. Die neue Regelung setzt zudem in idealer Weise den bei dieser Teilrevision einzuführende Grundsatz der Berücksichtigung des Tierschutzes bei der Jagdplanung um.

Die bisherige Formulierung von Artikel 8 führt sprachlich zu Unklarheiten. Der aktuelle Wortlaut suggeriert, dass die Bestimmung lediglich auf jagdbare Tiere im 6130

BBl 2017

Sinne von Artikel 5 Anwendung findet, da es für geschützte Arten keine Jagdzeit gibt und man sich folglich bei ihnen auch nie ausserhalb der Jagdzeit befindet. Sinn und Zweck des Artikels sprechen jedoch dafür, dass er sich auf alle vom Geltungsbereich des JSG erfassten Tierarten bezieht. Es ist nicht einzusehen, weshalb sich tierschutz- und seuchenbekämpfungsrelevante Bestimmungen nur auf jagdbare Arten beschränken sollten. Die Bestimmung ist deshalb im neuen Artikel 8 Absatz 2 entsprechend präzisiert worden. Da diese spezielle Abschussberechtigung nun auch explizit geschützte Tierarten betrifft, ist es umso wichtiger, diese Kompetenz nur offiziellen Aufsichtsorganen zu erteilen. Darunter fallen ausschliesslich Wildhüterinnen und Wildhüter sowie Jagdaufseherinnen und Jagdaufseher, nicht aber die gesamte Jägerschaft, also auch nicht Pächterinnen und Pächter.

Art. 12 Abs. 2 erster Satz und 4

Verhütung von Wildschaden

Das geltende Jagdgesetz stellt in Artikel 12 Absatz 1 den Grundsatz auf, dass die Kantone vor dem Vergüten von Wildschaden nach Möglichkeit Verhütungsmassnahmen zu treffen haben. Dazu zählen insbesondere die Bestandsregulierung durch die Jagd, der Abschuss einzelner schadenstiftender Tiere, die Verbesserung des Äsungsangebots (Biotophege), Herdenschutzmassnahmen sowie technische Massnahmen wie Flächenschutz durch Zäune oder Einzelschutz von Pflanzen. Die Praxis der letzten 30 Jahre zeigt, dass häufig die Umsetzung verschiedener Massnahmen den besten Erfolg bringt. Abschüsse nach Artikel 12 Absatz 2 sollen die Kantone zurückhaltend einsetzen, namentlich wenn es um den Abschuss von Tieren geschützter Arten geht. Bei jagdbaren Arten sollen die Abschüsse keinesfalls die Bestandsregulierung grossflächig übernehmen. Allerdings können die Kantone nach Artikel 12 Absatz 2 Abschüsse von jagdbaren Tieren in der Schonzeit zur Reduktion lokaler Bestände erlauben oder anordnen, wenn dies spezielle örtliche Gegebenheiten verlangen, beispielsweise die Verhütung von erheblichem Schaden in den Wintereinständen (für die Begriffserläuterung zu «erheblichem Schaden» s. die Erläuterungen zu Art. 7a Abs. 3 Bst. b).

Das Bundesgericht hat sich in den letzten Jahren verschiedentlich mit dem Gültigkeitsrahmen von Artikel 12 Absatz 2 befasst und festgehalten, dass die Abschüsse einzelne Tiere betreffen sollen, die mit dem dokumentierten Schaden kausal verknüpft werden können, oder ­ wo dies aus praktischen Gründen nur mit grossem Aufwand oder nicht möglich ist ­ zumindest mit hoher Plausibilität damit verknüpft werden können. Zudem hat das Bundesgericht die eingebürgerte Praxis bestätigt, wonach Abschüsse nach Artikel 12 Absatz 2 in der Summe pro Jahr nicht mehr als rund 10 Prozent eines regionalen Bestandes ausmachen sollen.27 Sind zur Schadenverhütung höhere Abschussquoten nötig, muss bei jagdbaren Tierarten die Basisregulierung durch die ordentliche Bejagung erhöht werden; bei geschützten Tierarten ist eine Bestandsregulierung nach Artikel 12 Absatz 4 respektive neu nach Artikel 7a vorzusehen.

Gewisse Tierarten wie der Bär oder der Wolf sind ausgesprochen lernfähig, und einzelne Individuen können deshalb auch Verhaltensweisen entwickeln, die sie zu offensichtlich problematischen Tieren werden lassen, gegen die unter Anwendung 27

BGE 136 II 101 E. 5.5, vom 1. Okt. 2009.

6131

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von Artikel 12 Absatz 2 vorgegangen werden kann. Zum Beispiel können einzelne Tiere lernen, trotz anerkannterweise wirksamen Herdenschutzmassnahmen Nutztiere zu reissen; in solchen Situationen bleibt den Kantonen nur der rasche Abschuss, um weitere Schäden zu verhindern. Oder einzelne Tiere können in bestimmten Situationen ihre natürliche Scheu verlieren und immer häufiger in Siedlungen auftauchen, insbesondere dann, wenn die Tiere gefüttert werden oder in der Nähe der Menschen Futter finden. In Siedlungen können sie dann zu einer konkreten Gefährdung für den Menschen werden. Diese Verhaltensentwicklung muss frühzeitig erkannt werden, und es ist notwendig, dass die Kantone und die Gemeinden wo immer möglich den Zugang zu Nahrung für Wolf und Bär verhindern. Wenn nötig soll aber auch der Abschuss von Einzeltieren möglich sein. Deshalb wird Artikel 12 Absatz 2 mit dem Tatbestand der «konkreten Gefährdung des Menschen» ergänzt.

Ein anderer konkreter Fall, bei dem die Argumentation der «konkreten Gefährdung von Menschen» gemäss Artikel 12 Absatz 2 zutreffen kann, stellt das Risiko des Zusammenprallens von Vögeln mit startenden oder landenden Flugzeugen auf Flugplatzarealen dar (Vogelschlagrisiko). Neben einer angepassten Landbewirtschaftung und nicht-letalen Vergrämungsmethoden (z. B. von Falknern geflogene Greifvögel, akustische Reize) kann auch der Abschuss von einzelnen Vögeln helfen, Vogelschwärme fern zu halten. Weil dabei nicht ein spezifisches Einzeltier für das Risiko verantwortlich gemacht werden kann, ist es besonders wichtig, Abschüsse auf den engen Raum des Flugplatzareals zu begrenzen.

Artikel 12 Absatz 4, der den Nachweis eines hohen Schadens oder einer erheblichen Gefährdung verlangt und damit immer nur bei Reaktionen auf bestimmte Situationen angewendet werden kann, soll im Gegenzug gestrichen werden. Dies rechtfertigt sich insbesondere aufgrund der Tatsache, dass in der Praxis der geforderte Nachweis des Schadens oder der Gefährdung sehr oft nur schwer zu erbringen ist. Damit wird die Regulierungsmöglichkeit von hohen Beständen geschützter Arten auf jene Arten eingegrenzt, die das Parlament in Artikel 7a Absatz 1 JSG oder der Bundesrat in der JSV bezeichnet. Bei allen anderen geschützten Arten sind die Eingriffe in den Bestand auf Einzeltierabschüsse gemäss Artikel 12 Absatz 2 JSG
beschränkt.

5. Abschnitt: Information und Forschung Im 5. Abschnitt des geltenden Jagdgesetzes sind unter der Sachüberschrift «Information, Ausbildung und Forschung» die wichtigsten Aufgaben des Bundes und der Kantone im Bereich der Kommunikation, der Aus- und Weiterbildung der Wildtierschutzorgane und der Jägerinnen und Jäger sowie im Bereich der Forschung und Überwachung umschrieben. Der Sachtitel dieses Abschnitts wird gekürzt auf «Information und Forschung». Der geltende Artikel 14 wird neu aufgeteilt in einen Artikel 14 (Information, Bildung und Forschung) und einen neuen Artikel 14a (Einfangen und Markieren), wobei Artikel 14 die unveränderten Absätze 1­3 sowie den aktualisierten Absatz 4 beinhaltet. Der heutige Artikel 14 Absatz 5 wird aufgehoben und im neuen Artikel 14a Absatz 2 in erweiterter Form abgehandelt. Der Bundesrat soll Vorschriften über das tierschutzgerechte Einfangen, Markieren und Gewinnen von Gewebeproben von freilebenden Wildtieren erlassen. Mit dem neuen Artikel 14a Absatz 1 soll den Vollzugsbehörden von Bund und Kantonen die Arbeit erleichtert werden, indem die Durchführung von Bestandsüberwachungen oder 6132

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Erfolgskontrollen nicht der Bewilligungspflicht nach Artikel 18 TSchG unterstellt ist. Die Tierschutzbestimmungen müssen allerdings trotzdem stets uneingeschränkt eingehalten werden.

Art. 14 Abs. 4

Information, Bildung und Forschung

Die Ergebnisse der wildtierbiologischen und ornithologischen Forschung können von entscheidender Bedeutung für die Planung von Massnahmen für den Schutz und die nachhaltige Bejagung wildlebender Tierarten sein. Der Bund unterstützt die Grundlagenforschung mit Bundesmitteln des Nationalfonds nach dessen allgemeinen Förderungskriterien. Von den Resultaten der Grundlagenforschung allein können indessen oft noch nicht konkrete Massnahmen abgeleitet werden. Es braucht ergänzende, gezielte und anwendungsorientierte Forschungsprojekte über Themenkreise wie Verhalten, Ökologie und Krankheiten der wildlebenden Tiere, die der Bund gemäss Artikel 14 Absatz 3 unterstützen kann. Artikel 14 Absatz 4 stellt sicher, dass die Erkenntnisse der Forschungsarbeiten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Mit der Rückkehr der grossen Beutegreifer und mit der Ausbreitung und Bestandszunahme anderer Wildtierarten oder der fischfressenden Vogelarten hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass es für die Vollzugsarbeit der Kantone nicht reicht, nur die Ergebnisse der wildtierbiologischen Forschung bereitzustellen.

Gerade beim Management der Konflikte verursachenden Wildtiere sind die Kantone auf überkantonal durchgeführte Bestandsüberwachungen, regional aufbereitete Grundlagen und eine zeitgerechte, fachliche Beratung angewiesen. Artikel 14 soll im Hinblick auf dieses Bedürfnis aktualisiert werden. Eine wichtige Rolle für den Vollzug dieses Artikels spielt heute der gemeinnützige und vom Bund mit Beiträgen unterstützte Verein Wildtier Schweiz. Im Bereich der Vögel übernimmt in erster Linie die Schweizerische Vogelwarte Sempach diese Aufgabe. Im Bereich der Säugetiere sind das Centre Suisse pour la Cartographie de la Faune (CSCF) mit der Biberfachstelle, die Abteilung für Fisch- und Wildtiermedizin FIWI der Universität Bern sowie die Stiftung KORA (Raubtierökologie und Wildtiermanagement) von grosser Bedeutung.

Art. 14a Abs. 1 und 2

Fangen und Markieren

Der neue Artikel 14a übernimmt Bestimmungen aus dem bisherigen Artikel 14 Absatz 5, ist aber deutlich umfassender. Aus systematischen Gründen wird daher ein neuer Artikel geschaffen.

Der neue Artikel 14a Absatz 1 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Vollzugsaufgaben im Artenschutz und Wildtiermanagement zukünftig von der zusätzlichen Bewilligungspflicht nach Artikel 18 TSchG ausgenommen sind. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach der Jagdgesetzgebung ergreifen Bund und Kantone verschiedene Massnahmen zum Schutz oder zur Regulierung wildlebender Tierarten. Die Überwachung der Bestände wildlebender Säugetiere und Vögel bildet eine zentrale Voraussetzung zur Planung der nötigen Massnahmen durch die zuständigen Fachstellen. Oft erlaubt erst das Anbringen einer Markierung zur Identifikation Untersuchungen an wildlebenden Säugetieren und Vögeln. So sind Sichtmarkierungen eine bewährte Methode zur Abgrenzung von Wildräumen im Rahmen der Jagdplanung.

6133

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Erfolgskontrollen werden durchgeführt, um herauszufinden, ob Lebensraumaufwertungen (z. B. eine Wildtierpassage) ihre Funktion erfüllen und von den Wildtieren angenommen werden. Zu weiteren Abklärungen im Rahmen des Artenschutzes und Wildtiermanagements kann auch die Entnahme von Haar- oder Gewebeproben sowie Körperflüssigkeiten (z. B. Speichel) unerlässlich sein.

Diese Massnahmen können unter die Definition «Tierversuch» nach Artikel 3 Buchstabe c TSchG fallen. Vorhaben, die dem Artenschutz oder dem Wildtiermanagement im Vollzug des Jagdgesetzes durch Bund und Kantone dienen, sollen jedoch unter den in Artikel 14a Absatz 1 Buchstaben a und b E-JSG genannten Voraussetzungen von der Verpflichtung zur Tierversuchsbewilligung ausgenommen werden.

Dies erfolgt im Sinne einer Verfahrensvereinfachung für die zuständigen Fachstellen, welche die Vorhaben ausführen oder durch Dritte ausführen lassen. Weil es sich um Vollzugsaufgaben handelt, liegt die Verantwortung für die Einhaltung der Tierschutzaspekte bei der entsprechenden Behörde. Hier ist die notwendige Kontrolle und Aufsicht u. a. auch durch das Instrument von Richtlinien bzw. Weisungen gewährleistet. Dem Tierschutz ist vollumfänglich Rechnung zu tragen, insbesondere ist unnötiges Leiden zu vermeiden. Für die Verwendung wildlebender Säugetiere und Vögel zu wissenschaftlichen Zwecken ist jedoch eine Tierversuchsbewilligung nach Artikel 18 TSchG weiterhin erforderlich.

Der Bund hat gemäss BV eine umfassende Gesetzgebungskompetenz für den Artenund Umweltschutz sowie den Tierschutz (Art. 74, 78, 79 und 80 BV). Somit ist für Regeln des Umgangs mit Tieren in Bezug auf diese Aspekte der Bund zuständig.

Artikel 14a Absatz 2 Buchstabe a beauftragt den Bundesrat, Vorschriften über das Einfangen und das Markieren von wildlebenden Säugetieren und Vögeln sowie über das Gewinnen von Proben von diesen Tieren zu erlassen. Dies geschieht nicht nur im Zusammenhang mit Behördenmassnahmen zum Zwecke der Überwachung der Bestände und für Erfolgskontrollen, sondern auch für Massnahmen zu wissenschaftlichen bzw. privaten Zwecken. Insbesondere werden dabei auch die Anforderungen an die Personen, die wildlebende Säugetiere und Vögel einfangen, markieren und von ihnen Proben (z. B. Haar- oder Gewebeproben) entnehmen, zu regeln sein.

Sowohl für die Entnahme von Gewebeproben
als auch für das Markieren stehen teilweise nur invasive Methoden zur Verfügung. In diesem Fall muss die Person, die diese Massnahmen durchführt, über die entsprechende Ausbildung verfügen.

Der Bundesrat wird in Artikel 14a Absatz 2 Buchstabe b zudem beauftragt, die von der Bewilligungspflicht befreiten Massnahmen im Rahmen der Überwachung der Bestände und für Erfolgskontrollen nach Absatz 1 konkreter zu fassen. Ohne Tierversuchsbewilligung sollen beispielsweise durchgeführt werden können: Beobachten und Erfassen von Tierbeständen ohne direkte Intervention an den Tieren, Markierungen bei Untersuchungen zur Raumnutzung von Tieren für die Jagdplanung, Monitoring des Vogelzugs an Durchzugspunkten, Proben für genetische Analysen zum Nachweis des Inzuchtgrades nach Umsiedelungen.

Art. 17

Vergehen

Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe h wird sprachlich präzisiert und ergänzt, da die alte Formulierung unvollständig und missverständlich ist. Es macht sich strafbar, wer 6134

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Füchse, Dachse oder Murmeltiere in ihren Erdbauten ausräuchert, begast oder ausschwemmt, oder deren Bauten anbohrt, ausgräbt oder verstopft.

Art. 18

Übertretungen

Die Ergänzung von Artikel 18 Absatz 1 mit dem neuen Buchstaben i ist im Zusammenhang mit dem neuen Artikel 8 Absatz 1 zu verstehen. Sie ist die Strafbestimmung zur Verwaltungsvorschrift über die Nachsuchepflicht (Art. 8 Abs. 1).

Art. 20 Abs. 1 und 1bis

Entzug und Verweigerung der Jagdberechtigung

Im Rahmen der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches (StGB) 28, die am 1. Januar 2007 in Kraft trat, wurden die Nebenstrafen im StGB aufgehoben.

Gleichzeitig wurden auch die allgemeinen Bestimmungen dazu aufgehoben, die sich auf Nebenstrafen bezogen. Dabei wurde übersehen, dass in anderen Gesetzen, u. a.

im JSG, Nebenstrafen nach wie vor vorgesehen sind.

Diese Nebenstrafe ­ der Entzug der Jagdberechtigung ­ soll nun in eine «andere Massnahme» umgewandelt werden, wie dies bereits bei anderen Nebenstrafen wie z. B. beim Berufsverbot (vgl. Art. 54 StGB und Art. 67 StGB) der Fall war. Die Massnahme soll aufgrund bestimmter Straftaten und entsprechend der Prognose, die dem Täter oder der Täterin ausgestellt werden kann, angeordnet werden. Sie wird, wie bei Massnahmen üblich, immer «unbedingt» zu vollziehen sein.

Im Gegensatz zur Nebenstrafe soll die Massnahme auch bei Schuldunfähigkeit und verminderter Schuldfähigkeit angeordnet werden können.

Art. 24 Abs. 2­4

Vollzug durch den Bund

Das JSG von 1986 sieht in Artikel 25 Absatz 1 vor, dass die Kantone das Gesetz unter der Aufsicht des Bundes vollziehen und alle Bewilligungen erteilen, für die nach dem Gesetz nicht eine Bundesbehörde zuständig ist. Für den Vollzug durch den Bund ist der Bundesrat zuständig, der die Ausführungsbestimmungen erlässt (Art. 24 JSG). Der Bundesrat ist diesem Auftrag nachgekommen und hat am 2. Februar 2000 im Zuge der Umsetzung des Bundesgesetzes über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, das seit dem 1. März 200029 in Kraft ist, einen Artikel 15a in der JSV eingefügt. Artikel 15a JSV lautet wie folgt: Wenden Bundesbehörden andere Bundesgesetze oder völkerrechtliche Vereinbarungen oder Beschlüsse an, die Gegenstände dieser Verordnung betreffen, so vollziehen sie dabei auch diese Verordnung. Sie hören vor ihrem Entscheid die Kantone an.

Für die Mitwirkung des BAFU gelten die Artikel 62a und 62b des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199730.

In einem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich im Zusammenhang mit der Erteilung einer Bewilligung für das Abschiessen von Mäusebussarden auf dem

28 29 30

SR 311.0 AS 1999 3071 SR 172.010

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Gelände des Flughafens Zürich zur Bekämpfung von Vogelschlagrisiken 31 anerkannte das Gericht, dass die kantonale Behörde für die Erteilung einer Abschussbewilligung zuständig ist, um das Vogelschlagrisiko beim Betrieb des Flughafens zu vermindern. Unter anderem hielt das Gericht fest, dass Artikel 15a JSV im betrachteten Fall nicht anwendbar sei, denn dieser regle die Koordination der Entscheidbefugnisse auf Bundesebene, aber nicht zwischen Bund und Kantonen (E 3.2.3).

Mit einer Ergänzung von Artikel 24 JSG soll sichergestellt werden, dass der Bund, wenn er ein anderes Bundesgesetz vollzieht, dabei auch für den Vollzug des JSG zuständig ist. Die Bestimmung ist gleich ausgestaltet wie die in den anderen Umwelterlassen seit längerer Zeit bestehende Vorschrift (vgl. z. B. Art. 41 Abs. 2­4 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Okt. 198332). Damit ist der Bund auch bei Infrastrukturanlagen, die von einer Bundesbehörde bewilligt werden ­ wie beispielsweise bei Flughäfen33 ­ für den Vollzug des Jagdgesetzes umfassend zuständig.

Änderung anderer Erlasse 1. Bundesgesetz vom 1. Juli 196634 über den Natur und Heimatschutz (NHG) Artikel 22a: Die Überwachung der Bestände wildlebender Tiere durch Bund und Kantone bildet auch im Rahmen der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung eine wichtige Voraussetzung für die Planung geeigneter Schutzvorkehrungen. Analog zu Artikel 14a JSG wird deshalb auch im NHG eine Ausnahmeregelung geschaffen.

Grundsätzlich gelten dieselben Angaben wie bei Artikel 14a JSG, sodass auf obige Ausführungen verwiesen wird. Weil von den nach NHG geschützten Tierarten nur die Wirbeltiere in den Geltungsbereich für Tierversuche fallen (Art. 112 Tierschutzverordnung vom 23. April 200835), wird auch der Ausnahmetatbestand auf diese beschränkt. Vorhaben, die dem Arten- und Lebensraumschutz dienen, sollen von der Verpflichtung zur Tierversuchsbewilligung ausgenommen werden. Ohne Tierversuchsbewilligung sollen beispielsweise durchgeführt werden können: Beobachten und Erfassen von Tierbeständen ohne direkte Intervention an den Tieren; Markierungen bei Untersuchungen zur Raumnutzung von Tieren für den Lebensraumschutz; Monitoring prioritärer Arten; Inventar vorkommender Arten für ein Schutzkonzept; Entnahme von Gewebeproben für die genetische Artbestimmung.

2. Waldgesetz vom 4. Oktober 199136 Analog zur Anpassung von Artikel 3 Absatz 1 JSG wird auch der korrespondierende Artikel 27 Absatz 2 im Wortlaut angepasst.

31 32

33 34 35 36

Verwaltungsgericht Kanton Zürich, Urteil vom 21. Jan. 2015, VB. 2014.00351 zitiert in URP 1/2016, S. 44.

SR 814.01, vgl. auch Botschaft vom 25. Febr. 1998 zu einem Bundesgesetz über die Koordination und Vereinfachung der Plangenehmigungsverfahren, BBl 1998 III 2591 ff., insbesondere 2648.

Vgl. Art. 37 Luftfahrtgesetz vom 21. Dez. 1948, SR 748.0.

SR 451 SR 455.1 SR 921.0

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3. Bundesgesetz vom 21. Juni 199137 über die Fischerei Artikel 6a: Der Schutz und die Nutzung wildlebender Fische und Krebse im Rahmen der Fischereigesetzgebung setzen umfangreiche Informationen zu den jeweiligen Beständen voraus. Deshalb wird auch im Fischereigesetz eine Ausnahmeregelung betreffend die Tierversuchsbewilligungspflicht geschaffen. Grundsätzlich gelten dieselben Angaben wie bei Artikel 14a JSG, sodass auf obige Ausführungen verwiesen wird.

Vorhaben, die dem Arten- und Lebensraumschutz sowie der Gewährleistung einer nachhaltigen Nutzung von Fisch- und Krebsbeständen dienen, sollen von der Verpflichtung zur Tierversuchsbewilligung ausgenommen werden. Ohne Tierversuchsbewilligung sollen beispielsweise durchgeführt werden können: Fangen und Streifen von Wildfischen; Überprüfen der Fischgängigkeit von Fischtreppen; Untersuchungen zum Fischbesatz in Gewässern; Erfolgskontrolle nach einer Gewässerrevitalisierung; Abfischung für den Nachweis vorkommender Arten; Entnahme von Gewebeproben für die genetische Analyse.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und Gemeinden

Die Vorlage hat weder finanzielle, noch personelle Auswirkungen auf den Bund und auf die Gemeinden. Die Vorlage überträgt den Kantonen im Bereich des Artenmanagements mehr Kompetenzen und Verantwortung, was zu einem personellen Mehraufwand für die Kantone führen kann. Einige Neuerungen führen zu Änderungsbedarf in kantonalem Recht. Dies betrifft insbesondere Artikel 4 (gegenseitige Anerkennung von kantonalen Jagdprüfungen sowie Anforderungen an ausländische Jagdprüfungen) und Artikel 5 (Anpassungen von Schonzeiten und Schutzstatus sowie Umgang mit nicht einheimischen Tierarten, Haus- und Nutztieren).

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, die Gesellschaft, die Umwelt und die Bergregionen

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Sie soll dagegen helfen, dass die langfristige Akzeptanz der Konflikte verursachenden geschützten Tierarten, insbesondere der grossen Beutegreifer Bär, Wolf und Luchs durch die Gesellschaft erhalten und gefördert wird. Grossraubtiere können einen positiven Effekt auf die Schutzfunktionen der Wälder haben, da ihre Präsenz die Bestände der wildlebenden Huftiere beeinflusst. Daher hat der in der Vorlage angestrebte angemessene Schutz der Grossraubtiere einen positiven Effekt auf die Umwelt (Schutzfunktion der Wälder). Andererseits kann sich die Präsenz von Grossraubtieren negativ auf den Aufwand in der Landwirtschaft auswirken. Die Vorlage hat jedoch keine substanziellen Auswirkungen auf die Gesellschaft, auf urbane Zentren oder 37

SR 923.0

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BBl 2017

Agglomerationen. Mit der Erfüllung der Motion 14.3151 wird den Anliegen der von Grossraubtieren betroffenen Bergbevölkerung entgegengekommen.

3.3

Andere Auswirkungen

Die Vorlage ist mit der Aussenpolitik der Schweiz kongruent. Insbesondere die Bestimmungen, die das Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung (Umsetzung Motion Engler 14.3151) regeln, erlauben es der Schweiz, die Wolfsbestände zukünftig innerhalb des Rahmens der Berner Konvention zu regulieren.

Die Einführung eines Qualitätsstandards für ausländische Jagdprüfungen, die neu den Richtlinien des Bundes entsprechen müssen (Art. 4 Abs. 3 Bst. a JSG), kann einen Einfluss auf bilaterale Abkommen oder Staatsverträge von Kantonen mit Nachbarländern haben. Die Beurteilung der ausländischen Jagdprüfungen obliegt den Kantonen. Bei Nichterfüllung des Schweizer Standards müssen allenfalls die gegenseitigen Anerkennungsverträge zwischen einzelnen Kantonen und ihren ausländischen Vertragspartnern angepasst respektive aufgelöst werden.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 201638 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201639 über die Legislaturplanung 2015­2019 vorgesehen. Die Teilrevision des JSG ist trotzdem angezeigt, da insbesondere die von beiden Räten angenommenen Motionen Engler (14.3151; Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung) und Landolt (14.3830; Jagdbanngebiete in Wildtierschutzgebiete umbenennen) eine Teilrevision notwendig machen.

4.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Es bestehen keine Widersprüche zwischen den Neuregelungen des JSG und den Strategien des Bundesrates. Das JSG weist im Bereich des Schutzes der Waldverjüngung Schnittstellen auf mit der Waldpolitik 2020, die der Bundesrat am 31.

August 2011 verabschiedet hat. Durch die Einführung der Pflicht, die Jagdplanung wo nötig kantonsübergreifend zu koordinieren, wird jedoch eine wichtige Basis zur effektiven Regulierung von Wildtierbeständen geschaffen, was die Erreichung der waldpolitischen Ziele im Bereich Wald­Wild unterstützt. Die Neuerungen des JSG bezüglich des Schutzstatus und der Schonzeiten von Tierarten sowie die erweiterten Regulierungsmöglichkeiten geschützter Arten weisen Schnittstellen auf zur Strategie Biodiversität Schweiz. Widersprüche zu dieser Bundesstrategie gibt es keine.

38 39

BBl 2016 1105 BBl 2016 5183

6138

BBl 2017

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 79 BV. Demnach legt der Bund die Grundsätze über die Ausübung der Fischerei und der Jagd, insbesondere zur Erhaltung der Artenvielfalt der Fische und der wild lebenden Säugetiere und der Vögel fest.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Diese Vorlage ist kompatibel mit allen internationalen Abkommen, welche die Schweiz ratifiziert hat (siehe auch Ziff. 1.5).

5.3

Erlassform

Nach Artikel 22 Absatz 1 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200240 erlässt die Bundesversammlung alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes.

5.4

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die Vorlage tangiert die Aufgabenteilung oder die Aufgabenerfüllung durch Bund und Kantone nicht substanziell.

5.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die im Rahmen der Teilrevision des Jagdgesetzes vorgesehenen Gesetzesänderungen entsprechen den Vorgaben des Subventionsgesetzes.

40

SR 171.10

6139

BBl 2017

5.6

Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen

Die vorliegende Teilrevision des Jagdgesetzes führt keine neue Delegationsnorm zum Erlass von selbstständigem Verordnungsrecht ein.

5.7

Datenschutz

Die Vorlage ist aus Sicht des Datenschutzes ohne Relevanz.

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