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Bundesblatt 90. Jahrgang.

Bern, den 7. September 19SS.

Band IT.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Frankem im Jahr, IO Franken im Hanjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Kappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko au Stämpfli & Cie. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erhöhung der Zölle auf Weizen und Roggen.

(Vom 6. September 1988.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen Bericht zu erstatten über unsern Beschluss vom 13. August 1938 über die Erhöhung der Zölle auf Weizen und Eoggen.

I. Die Frage des Getreidezolles im Finanzprogramm 1936.

Der Beschlussesentwurf des Bundesrates für das Finanzprogramm 1936 sah die Erhöhung des bisherigen Einfuhrzolles für Weizen und Eoggen von 60 Happen auf 3 Franken je 100 kg vor. Die Erwägungen für diese Massnahme sind in unserer damaligen Botschaft einlässlich dargestellt 1 ). Im grossen und ganzen sind jene Darlegungen auch heute noch zutreffend. Die eidgenössischen Eäte stimmten der beantragten Erhöhung nicht in vollem Umfange zu; Art. 48 des Bundesbeschlusses vom 81. Januar 1936 über das Finanzprogramm für die Jahre 1986 und 1937 sah eine Erhöhung des Zolles auf l Franken vor, für den Fall, dass dadurch der Brotpreis nicht erhöht werde.

Im Zeitpunkte dieser Beschlussfassung haben die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Getreidezolles ohne Abwälzung auf den Mehl- und Brotpreis nicht bestanden. Auch während der Gültigkeitsdauer des Bundesbeschlusses hielten sich die Getreidepreise ständig in einer derartigen Höhe, dass es nicht möglich war, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen. Die Abwertung des Schweizerfrankens im September 1936 brachte uns eine weitere Erhöhung der 1

) Vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 22. November 1935 über neue ausserordentliche Massnahmen zur Wiederherstellung des -finanziellen Gleichgewichtes im Bundeshaushalt in den Jahren 1936 und 1937.

Bundesbl. 1935. II, S. 861 ff.

Bundesblatt, 90. Jahrg. Bd. II.

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Einstandspreise für fremdes Brotgetreide. In der Folge stieg der Preis für ein kg Halbweissbrot von 85 Rappen bis auf 48 Eappen 1). Angesichts dieser Entwicklung wurde im Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für das Jahr 1938 die Gültigkeitsdauer von Art. 48 des Finanzprogrammes 1936 nicht verlängert.

Eine Erhöhung des Getreidezolles konnte damals um so weniger vertreten werden, als staatliche Massnahmen gegen die Verteuerung der Lebenshaltung notwendig wurden. Zur Tiefhaltung der Brotpreise im IV. Quartal 1936 leistete der Bund Geldzuschüsse an die Müller. Vom 1. Januar 1937 an ersetzte die Vollbrotaktion die Verbilligungszuschüsse des Bundes.

Trotzdem für einmal ein erhöhter Zoll auf Weizen und Eoggen nicht in Frage kommen konnte, gab der Bundesrat den Gedanken nicht preis, im geeigneten Zeitpunkte erneut eine Erhöhung des Getreidezolles in Erwägung zu ziehen. In diesem Sinne haben wir uns in unserem Berichte vorn 11. Mai 1937 an die Bundesversammlung zu den Postulaten betreffend die Abänderung der Getreideordnung ausgesprochen 2). Dieser Bericht ist inzwischen vom Ständerat genehmigt worden; der Nationalrat hat ihn noch nicht behandelt.

H. Die Preisentwicklung am Weltgetreidemarkt und ihre Rückwirkungen auf die Gretreideversorgung der Schweiz.

Seit Januar 1938 sind die Preise auf Weizen und Eoggen auf dem Weltmarkt langsam gesunken. Unsere Mehl- und Brotpreise passten sich den rückläufigen Getreidepreisen vorerst in der Weise an, dass auf Anfang Februar und Mai 1938 jeweilen ein Mehlpreisabschlag durchgeführt wurde, welcher den Preis des Kilogramms Halbweissbrot von 48 Eappen auf 47 bzw. 46 Eappen zu senken vermochte. Im Juli 1938 verstärkte und beschleunigte sich die Abwärtsbewegung der Getreidepreise am Weltmarkt. Das Zusammentreffen guter Ernten in den Hauptexportländern führte zu einem Zusammenbruch der Getreidepreise.

Diese Preisentwicklung ist aus nachfolgender Zusammenstellung ersichtlich.

Monatliche Durchschnittspreise ciL Antwerpen/Rotterdam für je 100 kg :

1935

\Veizeu

Manitoba 2 Atl. . .

Bahia Bianca 80 kg .

Januar

Juli

Fr.

10.29

9.81

7.52

1937

1936

Fr.

7.88

1938

Januar

Juli

Januar

Juli

Januar

Juli

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

11.34 11.69 23.70 25.79 27.10 18.65 11.32 12.15 19.63 23.68 20.60 15.65

Die letzten scharfen Preisrückgänge am Getreidemarkte liessen auf Mitte August 1938 neue Preisabschläge für Mehl und Brot erwarten. Nach der Ablehnung der Verfassungsvorlage über die Revision der Finanzartikel in der Juni1 2

) Preise für Bern und angrenzende Gebiete.

) Bundesbl. 1937, I, S. 961 ff.

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session 1938 und im Hinblick auf die zwingende Notwendigkeit, die grossen Aufwendungen des Bundes für die Getreideversorgung des Landes zu mildern, hat der Bundesrat erneut die Erhöhung des Getreidezolles erwogen. Hatten Abwertung und steigende Preise am Weltmarkt dieAufwendungen für die Getreideversorgung vorübergehend für die Geschäftsjahre 1936/37 und 1937/38 um ca. 10 Millionen Franken jährlich vermindert, so droht nun der Zusammenbruch der Brotgetreidepreise ani Weltmarkte diese Entlastung zu einem guten Teil wieder wettzumachen und die Aufwendungen des Bundes für die Getreideversorgung des Landes neuerdings zu einer auf die Dauer kaum tragbaren Höhe ansteigen zu lassen.

Der Hauptposten der Aufwendungen des Bundes für die Sicherung der Getreideversorgung des Landes besteht im sogenannten Überpreis für das Inlandgetreide, d. h. dem Unterschied zwischen dem garantierten Abnahmepreis und dem Verkaufspreis an die Müller. Der Eahmen für den Abnahmepreis ist in Art. 6 des Getreidegesetzes fest umschrieben; der Verkaufspreis hat sich dagegen gemäss Art. 19/1 des Getreidegesetzes nach dem mittlern Marktpreis gleichwertiger, kostenfrei und verzollt an die Schwei/ergrenze gelieferter ausländischer Ware zu richten. Sinken bei gleichbleibendem Ubernahmepreis für das Inlandgetreide die Weltmarktpreise des fremden Getreides, so steigen entsprechend die Aufwendungen des Bundes für den zu seinen Lasten fallenden Überpreis. Die Gesamtaufwendungen des Bundes für die Sicherung der Getreideversorgung des Landes und 'der Anteil des Überpreises für das Inlandgetreide an den Gesamtaufwendungen betrugen: Rechnungsjahr

1929/30 1930/31 1931/32 1932/33 1933/34 1934/35 1935/36 1936/37 1937/38 (Budget)

Gesa.taufwendungen

-

Millionen Franken

Millionen Pranken

21,7 23,0 27,3 29,8 37,8 35,9 36,7 25,5 26,5

TM^JJ*B'

11,3 11,0 14,9 17,0, 26,9 ' 25,5 25,8 15,0 15,5

Das Sinken der Getreidepreise am Weltmarkt und die Aussicht auf eine starke Vermehrung der Aufwendungen des Bundes für die Getreideordnung, besonders für den Überpreis, veranlassten uns auch nochmals zu prüfen, ob die unerlässliche Entlastung der Bundeskasse unter Umständen durch eine Herabsetzung der Abiiahrnepreise zu finden wäre. Es zeigte sich dabei, dass dieser Weg nicht gangbar ist, sofern man nicht auf das Hauptziel der Getreideordnung, die Förderung des einheimischen Getreidebaues, verzichten will. Unter den heutigen politischen und wirtschaftlichen

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Verhältnissen kann aber eine Massnahme, welche unsern Getreidebau belasten statt fördern würde, weniger denn je in Frage kommen. Die Erfahrungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit lehren, dass der Förderung unseres einheimischen Getreidebaues im Bahmen der kriegsvorsorglichen Massnahmeii eine hervorragende Bedeutung zukommt. Schon damals war es nur dank unseres Inlandgetreides möglich, während der grössten Lebensmittelknappheit .dem Volke noch eine genügende BrotraLion zur Verfügung zu stellen. Seither ist durch unsere Getreideordaung der einheimische Getreidebau ausgedehnt und erheblich verbessert worden. Namentlich sind als Frucht zielbewusster Arbeit der landwirtschaftlichen Versuchsanstalten und der Saatzüchter der Ertrag je Flächeneinheit gestiegen und die Ernteergebnisse infolge besserer Anbautechnik ausgeglichener geworden. Heute drängt sich zur Entlastung des Viehund Milchmarktes eine Umstellung der Landwirtschaft auf vermehrten Ackerbau auf, wobei wiederum der Getreidebau an erster Stelle steht.

Nachdem feststeht, dass unser Getreidebau weiterhin in der gleichen wirksamen Weise unterstützt und gefördert werden muss wie bisher, und dass zufolge des Sinkens der Weltmarktpreise diese Massnahmen in Zukunft für den Bund jährlich mehrere Millionen Franken Mehraufwendungen gegenüber den beiden letzten Jahren zur Folge haben werden, ergibt sich die zwingende Notwendigkeit, die Kosten unserer Getreideversorgung wenigstens zu einem Teile durch neue Einnahmen zu decken.

III. Die wirtschaftliche Bedeutung der Zollerhöhung.

Am 14. Juni 1938 hat Herr Nationalrat Öhningermit 18 Mitunterzeichnern folgendes Postulat eingereicht: Der Weltmarktpreis für Weizen igt in der letzten Zeit starken Preisschwankungen unterworfen.

Der Bundesrat wird dringend eingeladen, zu prüfen und möglichst bald Bericht zu erstatten, ob es nicht angezeigt wäre, 1. zur Stabilisierung des Weizen- und Brotpreises, 2. zur Beschaffung der Mittel für die Stützung des Inlandweizenpreises, je nach der Preislage einen Ausgleichszoll zu erheben.

Auch von anderer Seite ist dem Bundesrat nahegelegt worden, entweder durch einen gleitenden Zoll oder durch Preiszuschläge, welche bei der Erteilung der Einfuhrbewilligungen für Brotgetreide zu erheben wären, die Brotpreise ungefähr auf dem heutigen Stande festzuhalten und die Einnahmen aus den Zuschlägen als Beitrag an die Kosten unserer Getreideordnung zu verwenden.

Seit Jahren hatten wir in der Schweiz sehr billige Brotpreise. Trotz der Abwertung der Währung stehen sie, wenn man die Qualität des Brotes berücksichtigt, tiefer als in den meisten europäischen Staaten, mit Ausnahme einiger Länder, welche Ausfuhr-Überschüsse an Getreide erzeugen. Obschon das Brot bei uns immer billig war, ging der Brotverbrauch in den letzten 25 Jahren zurück. Die Lebensgewohnheiten haben sich geändert. Die Ernährungsweise ist in breiten Schichten unserer Bevölkerung anders geworden als früher. Ganz allgemein kommt heute dem Brot als Volksnahrungsmittel nicht mehr die

405 gleich grosse Bedeutung zu wie ehedem. Die Entwicklung unserer Vollbrotaktion zeigt, dass für grosse Bevölkerungskreise ein PÌ eisunterschied von einigen Happen je Kilogramm Brot nicht mehr die gleiche Bolle spielt wie noch vor dem Kriege: Trotzdem das Vollbrot in guter Qualität 8--10 Eappen je Kilogramm billiger erhältlich ist als das Halbweissbrot, ist der Vollmehl ausstoss der schweizerischen Müllerei unter 15% des Gesamtmehlausstosses gesunken. Zieht man in Betracht, dass unsere Armee ausschliesslich und die zahlreichen Anstalten im ganzen Lande vorwiegend Vollbrot verbrauchen, bleibt von dem gesamten Vollmehlausstoss eine sehr bescheidene Menge übrig, welche durch unser Volk aus eigenem Entschluss als Vollbrot verzehrt wird.

Diese Erkenntnis spricht wohl dafür, dass ein bescheidener Getreidezoll tragbar ist.

Wir haben sowohl den gleitenden Zoll wie die Möglichkeit und Auswirkung eines gleitenden Preiszuschlages erwogen. Dabei wurde festgestellt, dass für einen Preiszuschlag in der Höhe von 2--3 Franken je q Weizen und Boggen die Bechtsgrundlage fehlt. Im Hinblick auf eine gleichmässige, genügende Versorgung des Landes darf keine Massnahme getroffen werden, welche für den Importhandel und für unsere Müllerei eine weitere Beunruhigung des Marktes bringen würde, was bei einem gleitenden Zoll wohl der Fall wäre.

Im Getreidehandel muss oft auf lange Fristen disponiert werden. Die Möglichkeit von Veränderungen des Zollansatzes müsste solches Handeln auf weite Sicht stark behindern und, zum grossen Nachteile für die Landesversorgung, Handel und Müllerei veranlassen, bei der Beschaffung des Brotgetreides mehr und mehr von der Hand in den Mund zu leben und auf Lagervorräte zu verzichten.

Die erneute, allseitige und gründliche Prüfung der Getreidezollfrage hat den Bundesrat in seiner Auffassung bestärkt, dass sieb, zur Stabilisierung des Getreide- und Brotpreises sowie zur teilweisen Beschaffung der Mittel für die Stützung des Inlandweizenpreises eine Erhöhung des Brotgetreidezolles ver^ treten lässt, wenn ein Brotpreisaufschlag vermieden werden kann. Nachdem sich in der ersten Hälfte des Monats August 1938 die Möglichkeit bot, einen Zoll von 2 bis 3 Franken je q Weizen und Boggen zu erheben, ohne dass sich dieser Zoll unmittelbar auf den Brotpreis übertragen müsste, haben wir daher am 13. August 1938 beschlossen, die Positionen l und 2 des Gebrauchstarifes vom 8. Juni 1921 mit Wirkung ab 17. August 1938 wie folgt abzuändern: Tarif-Nr.

Warenbezeichnung

Weizen: l a -- nicht denaturiert 1 & -- denaturiert Boggen: 2 a -- nicht denaturiert 2 & -- denaturiert

Bisheriger Neuer Zollansatz per q

Fr.

-- - . 60 --.60 --. 60 --.60

Fr.

3. -- --.60

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Diese Zollerhöhung von Fr. 2.40 entspricht einer Belastung von 2,4 Bappen je Kilogramm Brot. Sie wirkt sich jedoch, wie bereits gesagt, nicht als Brotpreisaufschlag aus; &ie wird vielmehr durch die gesunkenen Getreidepreise reichlich wettgemacht. Da seit unserer Beschlussfassung die Weizenpreise noch weiter gesunken sind, besteht sogar die Möglichkeit, ungeachtet der Zollerhöhung den Brotpreis noch etwas zu verbilligen. Der Bundesrat ist im Ausmass der Zollerhöhung absichtlich nicht an die obere Grenze des augenblicklich Möglichen gegangen, um Gewähr zu haben, dass selbst bei einem vorübergehenden bescheidenen Ansteigen der Getreidepreise die gegenwärtigen Brotpreise durchgehalten werden können. Sinken die Getreidepreise weiter, so wird darüber gewacht werden, dass der Preisunterschied dem Brotverbraucher in der Form eines weitern Abschlages zukommt.

Die Fachleute rechnen damit, dass die billigen Getreidepreise noch längere Zeit fortbestehen werden, sofern nicht der Markt durch Überraschungen politischer Art gestört wird. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben eine sehr grosse Ernte eingebracht. Auch die meisten europäischen Länder verzeigen 1938 gute bis sehr gute Ernteerträge. In Kanada, wo im September/ Oktober das Getreide geschnitten wird, sind die Ernteaussichten recht günstig, und schliesslich meldet auch Argentinien, das im November/Dezember erntet, einen ausgezeichneten Saatenstand. Nach den Berichten des Internationalen Landwirtschaftsinstitutes in Born und des Londoner Internationalen Getreidekomitees werden die diesjährigen gesamten Ernten den Weltbedarf an Brotgetreide wesentlich übersteigen, so dass auf den Schluss des Getreidejahres noch erhebliche Überschüsse den Markt belasten und ein Steigen der Preise erschweren dürften.

Sollte sich in einem spätem Zeitpunkte der Getreidemarkt versteifen und uns höhere Einstandspreise für das Brotgetreide bringen, so wird der Bundesrat nicht ermangeln, zu prüfen, ob und in welchem Masse der Getreidezoll ermässigt werden muss, um einer Erhöhung des Brotpreises vorzubeugen.

Die Zollerhöhung um Fr. 2.40 je q Weizen und Eoggen bringt dem Bunde eine jährliche Mehreinnahme an Zöllen von rund 10 Millionen Franken. Sie bedingt überdies Minderaufwendungen für den Überpreis auf dem Inlandgetreide von rund 3 Millionen Franken. Die gesamte fiskalische
Bückwirkung der Massnahme beträgt somit rund 13 Millionen Franken im Jahr.

Bisher bezahlten Weizen und Boggen, unbekümmert um ihren Verwendungszweck, den gleichen Zoll von 60 Bappen je q. In unserer Getreidegesetzgebung besteht indessen eine scharfe Trennung zwischen dem zur Herstellung von Nahrungsmitteln bestimmten Mahlgetreide und dem Futtergetreide. Die Überwachung des Getreideverkehrs, welche den missbräuchlichen Bezug des Überpreises oder der Mahlprämie verhüten soll, wurde deshalb, je nach dem Verwendungszweck des Getreides, verschieden gestaltet.

Mit dem Inkrafttreten des Getreidegesetzes wurde die Denaturierung für zu Futterzwecken bestimmten Weizen und Boggen fremder Herkunft eingeführt.

Denaturiertes Getreide ist von der Überwachung im Inlande befreit, während

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nicht denaturierte Ware lückenlos bis zu ihrer Verarbeitung der Kontrolle unterstellt ist. Die Denaturierung von Weizen und Eoggen hat sich als Kontrollmittel bewährt und gut eingelebt. Im Hinblick auf diese guten Erfahrungen und im Bestreben, den Schutz des Fiskus vor missbräuchlicher Beanspruchung zu verstärken, hat der Bundesrat den Anlass der Zolländerung benützt, um die Denaturierungspflicht für zu Futterzwecken bestimmten Weizen und Eoggen allgemein einzuführen. Die Zolltarifnummern l und 2 wurden deshalb unterteilt in Nr. l--a nicht denaturierter Weizen und Nr. l--b denaturierter Weizen bzw. Nr. 2--a nicht denaturierter Eoggen und Nr. 2--6 denaturierter Eoggen.

Für denaturierten Weizen und Eoggen haben wir den Kollansatz nicht erhöht.

Hier besteht die Möglichkeit, den wünschbaren Preisausgleich gleitend durch das Mittel des Preiszuschlages zu schaffen. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 26. August 1938 die Preiszuschläge auf Futterweizen und Futterroggen im Eahmen einer allgemeinen Neuregelung der Futtermittelpreiszuschläge von 2 Franken auf 5 Franken je q hinaufgesetzt. Fallen später die Futtermittelpreiszuschläge, welche auf den Bundesbeschlüssen zur Stützung des Milchpreises beruhen, weg, so wird man gestützt auf die inzwischen gesammelten Erfahrungen zu entscheiden haben, ob für Weizen und Eoggen, je nach dem Verwendungszweck, verschiedene Zollansätze beibehalten werden können oder ob eine Angleichung zu erfolgen hat.

IV. Die Zuständigkeit zur Zollerhöhung.

Die Zuständigkeit des Bundesrates zum Beschluss vom 13. August 1938 stützt sich auf die Bundesbeschlüsse vom 18. Februar 1921 und 26. April 1923, betreffend die vorläufige Abänderung des Zolltarifes. Der erstere lautet wie folgt: Art. 1. Der Bundesrat ist ermächtigt, die Ansätze des Zolltarifs unter Beobachtung der Bestimmungen von Art. 29, Ziff. l, a--o, der Bundesverfassung im Sinne einer vorübergehenden Massnahme der wirtschaftlichen Lage anzupassen und die neuen Ansätze in dem ihm geeignet scheinenden Zeitpunkt in Kraft zu setzen.

Die Bundesversammlung wird auf den 80. Juni 1923 darüber entscheiden, ob die bundesrätliohen Massnalimen weiter in Geltung bleiben oder wie sie abgeändert werden sollen.

Art. 2. Der Bundesrat erstattet der Bundesversammlung jeweilen Bericht über die von ihm gemäss diesem Beschluss getroffenen Massnalimen.

Art. 3. Dieser Bundesbesehluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

Bei der Eevision des Zolltarifes wurden die Ansätze sämtlicher Positionen soweit nötig abgeändert, wobei neben den wirtschaftlichen Erwägungen das notwendige proportioneile Verhältnis zwischen den einzelnen Tarifpositionen gewahrt wurde.

Der neue Gebrauchstarif ist durch Bundesratsbeschluss vom 8. Juni auf 1. Juli 1921 in Kraft gesetzt worden.

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Am 26. April 1923 wurde folgender Bundesbeschluss gefasst: 1. Die Wirksamkeit des Bundesbeschlusses vom 18. Februar 1921 betreffend die vorläufige Abänderung des Zolltarifes wird bis zum Inkrafttreten des revidierten Bundesgesetzes betreffend den schweizerischen Zolltarif verlängert.

2. Dieser Besoliluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

Der ganze, heute in Anwendung stehende Zolltarif, dessen Ansätze inzwischen durch Verträge teilweise gebunden, teilweise ermässigt worden sind, beruht somit auf diesen beiden Bundesbeschlüssen.

Zweifellos ist die ganze Getreideordnung wesentlich eine wirtschaftliche Massnahme, wobei die Finanzierung einen untrennbaren Bestandteil bildet.

Die Erhöhung des Getreidezolles fiel deshalb, gestützt auf die Ermächtigung der Bundesbeschlüsse vom 18. Februar 1921/26. April 1923, in die Zuständigkeit des Bundesrates. Angesichts der Wichtigkeit, die dem Getreideproblem zukommt, legen wir jedoch Wert darauf, Sie unverzüglich, und nicht erst, wie es der Gepflogenheit sonst entspricht, im Eahmen des Geschäftsberichtes, über unsern Beschluss zu unterrichten.

Wir wiederholen, dass die Verstärkung des Getreidebaues zur Entlastung der Vieh- und Milchproduktion unerlässlich ist. Diese Entwicklung ist aber auch im Hinblick auf die Kriegsversorgung des Landes mit Brotgetreide dringend erwünscht. Allerdings ist sie vorläufig mit erhöhten finanziellen Opfern des Bundes untrennbar verbunden. Eine Herabsetzung des Überpreises zur Verminderung dieser Opfer würde die Umstellung nicht nur lahmen, sondern auch schon die heutige Getreideordnung gefährden. Die Produktionsumstellung in der Landwirtschaft fällt zeitlich zusammen mit einem Tiefstand der Weltmarktpreise für Getreide, der an sich schon Mehraufwendungen bedingt, die dem Bunde bei der gegenwärtigen Finanzlage schlechterdings nicht zumutbar sind.

Um die agrarpolitische und vom Standpunkt der Getreideversorgung des Landes aus gleicherweise erwünschte Umstellung nicht zu beeinträchtigen, blieb nichts anderes übrig, als die Brotverbraucher in Form eines erhöhten Getreidezolles zur teilweisen Kostentragung heranzuziehen. Diese Überwälzung ist um so eher gerechtfertigt, als sie sich ohne Verteuerung des Brotes durchführen lässt.

Wir bitten Sie, von diesem Bericht Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 6. September 1938.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Baumann.

Der Bundeskanzler: r. Boyet.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erhöhung der Zölle auf Weizen und Roggen. (Vom 6. September 1988.)

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1938

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07.09.1938

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