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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Änderung des Beschlusses der Bundesversammlung über die Organisation des Heeres (Truppenordnung) (Vom 21. Februar 1968)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit vorliegender Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss zu unterbreiten, der zum Ziele hat, einerseits die Unterhaltsorganisation der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen den heutigen Bedürfnissen anzupassen und anderseits 1-2 Fallschirmgrenadierkompagnien zu bilden.

Diese Massnahmen bedingen eine Änderung des Anhanges A zum Beschluss der Bundesversammlung vom 20. Dezember 1960 *) über die Organisation des Heeres (Truppenordnung).

I. Der Flieger- und Fliegerabwehrpark

Im Jahre 1938 trat anstelle der einzigen Flugparkkompagnie der Armeeflugpark, mit dem während des aktiven Dienstes 1939 bis 1945 die Militärflugzeuge instandgehalten wurden. Die Vermehrung der Flugplätze und des Flugmaterials, die Dezentralisierung und zunehmende Technisierung führten zu einer Neugliederung der damaligen Versorgungsorganisation der Fliegertruppen. Mit der Truppenordnung 1951 ist der Armeeflugpark aufgelöst worden.

An dessen Stelle sind neben einer Flugparkstabskompagnie einige, den Flugplatzregimentern unterstellte Flugparkkompagnien getreten. Diese Organisation besteht heute noch; sie entspricht aber den seither angeschafften Mitteln und zusätzlichen Aufgaben nicht mehr.

Die Flieger- und Fliegerabwehrtruppen erhielten in den letzten Jahren neues Material (Fliegerabwehrlenkwaffen, Kampfflugzeuge, Helikopter, leichte Transportflugzeuge, Frühwarn- und Führungseinrichtungen) und neue Anlagen (Flugzeugkavernen, Kommandoposten). Diese Flugzeuge, die Fliegerabwehra

) AS 1961,239.

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lenkwaffen und das Radar- und Übermittlungsmaterial sind komplizierter, verlangen einen grösseren Aufwand an Unterhaltsarbeiten und betrieblicher Organisation sowie ein höheres technisches Fachwissen. Diese Gegebenheiten erfordern eine Erweiterung der Flugparkorganisation.

In Friedenszeiten obliegen der Abteilung der Militärflugplätze - soweit dafür nicht Truppen im Dienste stehen - die Verwaltung, Wartung und der Unterhalt aller Anlagen und Einrichtungen, der Waffensysteme und Geräte sowie des zugehörigen technischen Spezialmaterials der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen. Die Abteilung der Militärflugplätze verfügt daher bereits in allen Landesteilen über ständige Betriebsgruppen mit geschultem Personal. Ihre Anlagen und Einrichtungen bilden die Infrastruktur für die Flieger- und Fliegerabwehrtruppen.

Damit diese Friedensorganisation reibungslos in den aktiven Dienst übergeführt und das Erfahrungspotential des Personals der Abteilung der Militärflugplätze voll ausgenützt werden kann, ist der Flieger- und Fliegerabwehrpark möglichst der Organisation der Abteilung der Militärflugplatze anzugleichen.

Das Personal dieser Abteilung muss in grösserem Ausmass als bisher den Kern des Flieger- und Fliegerabwehrparks bilden; es ist jedoch durch Wehrmänner mit entsprechenden beruflichen Kenntnissen zu ergänzen.

Ferner ist bei der Schaffung der neuen Parkorganisation noch zu berücksichtigen, dass diese sowohl den Fliegertruppen als auch den Fliegerabwehrtruppen zu dienen hat. Die Versorgung muss für beide Truppengattungen gewährleistet sein. Die bestehenden Parkformationen sind deshalb aus den Flugplatzregimentern herauszulösen und die gesamte Parkorganisation ist zu verselbständigen. Auch sind bestimmte Bewachungs- und Seilbahnformationen, die bisher den Flugplatzabteilungen unterstanden, neu den Flieger- und Fliegerabwehr-Betriebsgruppen zu unterstellen.

Der Flieger- und Fliegerabwehrpark hat demnach folgende Hauptaufgaben zu erfüllen: - Versorgung der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen mit technischem Spezialmaterial; - Durchführung von Reparaturen an Flugzeugen, an Fliegerabwehrlenkwaffen sowie an Führungs-, Übermittlungs- und Radareinrichtungen ; - technische Unterstützung der Flieger- und Fliegerabwehrformationen ; - Betrieb besonderer Anlagen.

Aus diesen Gründen sind die folgenden organisatorischen
Massnahmen vorgesehen: a. Vermehrung der Parkformationen der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen; b. Herauslösen der bestehenden Parkeinheiten aus den Flugplatzregimentern und Zusammenfassung der Flieger- und Fliegerabwehrparkeinheiten in Flieger- und Fliegerabwehr-Betriebsgruppen sowie Neuunterstellung von Bewachungs- und Seilbahnformationen ;

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c. Bildung eines den Flieger- und Fliegerabwehr-Betriebsgruppen übergeordneten Stabes des Flieger- und Fliegerabwehrparks, dessen Kommandant unmittelbar dem Kommandanten der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen unterstellt ist.

u. Fallschirmgrenadiere

Unsere Armee verfügt heute über keine militärisch geschulten Leute, die mit Fallschirm abgesetzt werden können. Der Luftweg ist jedoch oft die einzige Möglichkeit, um im Krieg kleinere, aber entscheidende Aktionen durchzuführen. Es kann sich dabei handeln um: - Aufklärungsaufträge in feindbesetztem Gebiet; - Aktionen gegen wichtige feindliche Einrichtungen ausserhalb des eigentlichen Kampfraumes, wie wichtige Kommandoposten, Fernwaffenstellungen, Radaranlagen, Versorgungsdepots, Brücken usw; - rasche Inbesitznahme von taktisch entscheidenden Geländestellen; - Vorbereitung und taktische Sicherung von Landeplätzen für eigene Helikopter.

Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, in Gefechtsübungen unserer Truppe die Gefahren der Infiltration aus der Luft vor Augen zu führen und sie in der Abwehr solcher Aktionen praktisch zu schulen.

Die Vorteile des Fallschirmeinsatzes gegenüber dem Absetzen mit Helikopter sind vor allem die Möglichkeit zu unauffälligerer Infiltration und die grössere Unabhängigkeit von Landeplätzen. Die Streuung beim Absetzen von Kämpfern und die Schwierigkeit der Rückführung nach Erfüllung des Auftrages sind Nachteile, die in Kauf genommen werden müssen, wenn die geschilderten Aktionen nicht anders durchgeführt werden können.

Vorläufig soll nur eine und, nach Vorliegen günstiger Erfahrungen, später allenfalls eine zweite Fallschirmgrenadierkompagnie gebildet werden. Es handelt sich nicht darum, grössere Verbände dieser Art aufzustellen.

Der Grundstock dieser Truppe soll aus Wehrmännern aller Truppengattungen gebildet werden, die einen Fallschirmabspringerausweis des Eidgenössischen Luftamtes besitzen und zu Fallschirmgrenadieren umgeschult werden können. Der Nachwuchs soll ab 17. Altersjahr bei den zivilen Fallschirmspringer-Clubs eine Vorschulung nach den Bedingungen des Eidgenössischen Luftamtes bestehen und später für die Armee ausgehoben werden. Die kombinierte Grenadier/Fallschirmausbildung erfolgt in einer Rekruten- und einer zusätzlichen Fach-Rekrutenschule. Die so ausgebildeten Wehrmänner sind als Fallschirmgrenadiere zu bezeichnen.

Die Fallschirmgrenadierkompagnie soll als Formation der Truppengattung «Fliegertruppen» aufgestellt werden, weil der wesentliche Teil ihrer Ausbildung eng mit dem Flugwesen zusammenhängt und der Transport mit vorhandenen Mitteln der Fliegertruppen erfolgt.

420 Gemäss Artikel 6, Absatz l des Beschlusses der Bundesversammlung vom 20. Dezember 1960 über die Organisation des Heeres ist dem Bundesrat die Befugnis eingeräumt, Änderungen geringen Umfanges der Zahl der zu bildenden Stäbe und Einheiten vorzunehmen, wenn solche durch die taktische oder technische Entwicklung notwendig werden. An und für sich wäre im vorliegenden Fall die Zuständigkeit des Bundesrates gegeben. Da es sich aber um die Schaffung einer neuen Kampftruppenart handelt, haben wir es vorgezogen, ihre Aufstellung den eidgenössischen Räten zu unterbreiten.

III. Auswirkungen Rechtliches Die Bildung eines Flieger- und Fliegerabwehrparks und der ein bis zwei Fallschirmgrenadierkompagnien erfordern deren Aufnahme im Anhang A (Verzeichnis der zu bildenden Verbände) zum Beschluss der Bundesversammlung vom 20. Dezember 1960 über die Organisation des Heeres (Truppenordnung).

Da der Anhang A als «Nur für dienstlichen Gebrauch» klassifiziert ist, wurde er nicht veröffentlicht. Auch der beigelegte Entwurf zu einem Bundesbeschluss ist daher mit einem klassifizierten Anhang versehen, der den Ratsmitgliedern nur für die Dauer der Beratungen abgegeben wird. Die Mitglieder der ständigen Militärkommissionen erhalten diesen Anhang vorher und gleichzeitig mit Unterlagen über Organisation, Bestände und Armee-Einteilung, die ebenfalls nicht veröffentlicht werden können.

Personelles Der vorgeschlagene Ausbau der Flieger- und Fliegerabwehrparkorganisation verursacht eine Erhöhung des Sollbestandes der Flieger- und Fliegerabwehrtruppen um 365 Mann. Diese Wehrmänner, vorwiegend Fachpersonal, die allen drei Heeresklassen angehören und für die der Landsturmanteil aus eigenen Verbänden gestellt werden kann, werden durch entsprechende Umteilungen und durch regelmässigen Nachwuchs aus Rekrutenschulen ergänzt.

Ungefähr die Hälfte des Bestandes der ersten Fallschirmgrenadierkompagnie dürfte durch Versetzungen aus ändern Truppengattungen beigebracht und umgeschult werden. Eine Anzahl Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, die bereits über einen zivilen Fallschirmabspringerausweis verfügen, interessieren sich für diese Umschulung. Die noch fehlenden Wehrmänner werden nach und nach rekrutiert.

Finanzielles Der jährlich wiederkehrende Ausbildungsmehraufwand für die Fliegerund Fliegerabwehrparkorganisation wird weniger
als 200000 Franken betragen.

Während der Ausbildungsdienste der vergrösserten Parkorganisation wird es anderseits vermehrt möglich sein, Unterhaltsarbeiten, die sonst der Abteilung

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der Militärflugplätze obliegen, durch die Truppe durchführen zu lassen. Es ist jedoch schwierig zu sagen, in welchem Masse dadurch der Ausbildungsmehraufwand von 200000 Franken kompensiert werden kann.

Für die Aufstellung der ersten Fallschirmgrenadierkompagnie werden einmalige Kosten für die Beschaffung von Kampf- und Trainingsausrüstungen im Betrage von etwa 1250000 Franken entstehen. Als Material soll weitgehend jenes beschafft werden, das bei ausländischen Armeen schon erprobt ist. Damit eine zweckentsprechende Schulung betrieben werden kann, sind für Einrichtungen auf Ausbildungsplätzen rund 110 000 Franken aufzuwenden. Schliesslich ist ein jährlich wiederkehrender Ausbildungsaufwand von etwa 300 000 Franken vorzusehen.

Diese Kosten sind nicht Gegenstand dieser Vorlage, sondern des jährlichen Voranschlages.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen, dem nachstehenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss zuzustimmen.

Die Verfassungsmässigkeit des Beschlusses stützt sich auf Artikel 20 der Bundesverfassung und die Zuständigkeit der Bundesversammlung auf Artikel 45 der Militärorganisation, in der Fassung gemäss Bundesgesetze vom l. April 1949 (AS 1949,1491 ; 1968, 73, 164). Der Beschluss unterliegt nicht dem Referendum.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 21. Februar 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Spühler

Der Bundeskanzler: Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend Änderung des Beschlusses der Bundesversammlung über die Organisation des Heeres (Truppenordnung)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 21. Februar 1968, beschliesst:

Der Anhang A l ) zum Beschluss der Bundesversammlung vom 20. Dezember 1960 über die Organisation des Heeres (Truppenordnung) wird entsprechend den im Anhang1) zum vorliegenden Beschluss enthaltenen Angaben geändert.

II Dieser Beschluss tritt am l. Januar 1969 in Kraft.

2 Gestützt auf Artikel 45 der Militärorganisation unterliegt er nicht dem Referendum.

3 Mit dem Inkrafttreten des Beschlusses sind alle ihm widersprechenden Vorschriften aufgehoben.

4 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

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*) Nicht veröffentlicht.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

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1968

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9874

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08.03.1968

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