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Bundesblatt

Bern, den 2l.Juni 1968

120.Jahrgang Bandi

Nr. 25 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahi, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzuglich Nachnahme- und Postzustellungsgebuhr

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den Verkehr mit Giften (Giftgesetz) (Vom 22. Mai 1968)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesgesetz über den Verkehr mit Giften zu unterbreiten.

A. Einleitung I. Bedeutung der Gifte

Wissenschaft, Technik und Industrie bringen eine immer grössere Zahl von chemischen Stoffen für den Gebrauch in Gewerbe und Industrie, in Land- und Forstwirtschaft und im Haushalt hervor. Die Verwendung der daraus hergestellten Produkte, die in ihrer Gefährlichkeit sehr unterschiedlich zu beurteilen sind, kann insbesondere den Laien gefährden, der nicht in der Lage ist, sich selbst ein Urteil über die allfällige Giftigkeit solcher Produkte zu bilden.

Wenn sich auch ein vermehrtes Auftreten von Vergiftungsfällen unter Berücksichtigung der Bevölkerungszunahme in unserem Land heute statistisch nicht einwandfrei nachweisen lässt und wenn auch die Situation sicher nicht so alarmierend ist, wie sie oft dargestellt wird, so gilt es doch, im Hinblick auf die stetig zunehmende Verwendung von Giften \ orzusorgen.

Auf die Verwendung giftiger Stoffe kann gegenwärtig und auch in Zukunft leider nicht verzichtet werden. Aufgabe einer Giftgesetzgebung muss es daher sein, den Verkehr mit Giften so zu ordnen, dass der Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen und Tieren möglichst gut gewährleistet ist, wobei die Bundesblatt. 180.Jahrg. Bd.I.

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1430 notwendige Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu entsprechen hat.

Eine gesetzliche Regelung des Giftverkehrs hat mehrere Aufgaben zu erfüllen: Sie soll erstens die akuten Vergiftungen, die als Folge von Verwechlungen, unsachgemässer oder sorgloser Verwendung von Giften entstehen können, verhüten helfen. Sie soll ferner der Gefahr chronischer Vergiftungen infolge langdauernder Aufnahme kleiner Giftmengen entgegenwirken. Diese Gefahr besteht vor allem bei Personen, die beruflich Giften ausgesetzt sind, und ihre Bekämpfung ist daher eine der Aufgaben der Arbeitnehmerschutz-Gesetzgebung und der Gesetzgebung über die Kranken- und Unfallversicherung. Ein Teil der von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt als Berufskrankheiten übernommenen Schädigungen sind chronische Vergiftungen. Bei der zunehmenden ausserberuf liehen Verwendung mehr oder weniger giftiger Stoffe oder Produkte - z. B. im Haushalt - sind aber unter Umständen weitere Kreise der Bevölkerung durch chronische Vergiftungen gefährdet; auch hier hat die gesetzliche Regelung des Giftverkehrs vorbeugend zu wirken. In dieser Aufgabe trifft sie sich mit der Gesetzgebung über den Arbeitnehmerschutz und über die Kranken- und Unfallversicherung, ferner mit der Gesetzgebung über den Gewässerschutz, die Lufthygiene und den Lebensmittelverkehr. Es sei insbesondere auf folgende Erlasse verwiesen: Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitgesetz) (AS 1966,79), Bundesgesetz vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung (BS 8, 281), Bundesgesetz vom 16. März 1955 über den Schutz der Gewässei gegen Verunreinigung (AS 1956,1533), Bundesgesetz vom S.Dezember 1905 betreffend den Verkehr mit Lebensrnitteln und Gebrauchsgegenständen (BS 4, 459).

Eines gesetzlichen Schutzes gegen Vergiftungen bedarf aber heute nicht nur der Mensch, sondern auch das Tier. Die in Industrie, Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft verwendeten Gifte können eine erhebliche Gefahr sowohl für die Haustiere als auch für die wildlebenden Tiere darstellen; das letztere beweisen immer wieder vorkommende Vergiftungen von Wild oder Vögeln aller Art sowie von Fischen und ändern Wassertieren durch Gewässervergiftungen.

Eine vorbeugende Wirkung gegen Vergiftungen muss als
hauptsächlichstes Ziel einer gesetzlichen Regelung des Giftverkehrs betrachtet werden. Diese Aufgabe kann aber nicht allein durch ein Gesetz erfüllt werden.

Mehr als die Hälfte aller akuten Vergiftungsfälle betreffen Kinder, meist Kinder im Vorschulalter. Vorliegende Statistiken zeigen, dass z. B. in Kanada 88 Prozent aller Vergiftungsfälle Kinder im Alter bis zu vier Jahren betreffen. Einen Hinweis geben auch die bei den toxikologischen Informationsstellen einlaufenden Anfragen. In New York betreffen 54 Prozent und in Zürich 58 Prozent aller Anfragen Kinder unter vier Jahren. In ändern Ländern veröffentlichte Zahlen bewegen sich in ähnlichem Rahmen. Kinder im Vorschulalter können weder lesen noch den Sinn von Warnzeichen oder Warnfarben erfassen. Hand in Hand mit der Durchführung eines Giftgesetzes sollte daher die Bevölkerung, vor allem Eltern und Lehrer, aufgeklärt werden ; die Bevölkerung muss von der Notwendigkeit der folgenden, wirksamsten und zugleich einfachsten Massnahme zum

1431 Schütze der Kinder überzeugt werden: Medikamente, Kosmetika, chemische Haushaltprodukte und andere Chemikalien, insbesondere Schädlingsbekämpfungsmittel, sind ausser der Reichweite von Kindern zu halten.

II. Der gegenwärtige Rechtszustand

Heute bestehen Regelungen über den Giftverkehr erst auf kantonaler Ebene und zwar in einer von Kanton zu Kanton sehr vejschiedenen Weise, wobei der Giftverkehr im einen Kanton weitgehend frei, im ändern dagegen starken Einschränkungen unterworfen ist. Diese uneinheitlichen Regelungen genügen für einen umfassenden Schutz der Bevölkerung in vielen Fällen nicht mehr. Ausserdem erschweren sie die Übersicht und die Kontrolle über den Giftverkehr. Eine eidgenössische Regelung auf diesem Gebiet drängt sich daher auf. Sie stellt auch eine zweckmässige Ergänzung bestehender Gesetzgebungen wie der schon genannten über den Arbeitnehmerschutz, die Kranken- und Unfallversicherung, den Gewässerschutz und den Lebensmittelverkehr dar.

Der Verband der Kantons- und Stadtchemiker der Schweiz gründete im Jahre 1950 als beratendes Organ eine aus vier Kantonschemikern und je einem Vertreter der Eidgenössischen landwirtschaftlichen Versuchsanstalten Wädenswil und Lausanne zusammengesetzte Interkantonale Giftkommission. Diese heute noch bestehende Kommission stellt den Kantonen und den für die Kontrolle der landwirtschaftlichen Hilfsstoffe zuständigen eidgenössischen landwirtschaftlichen Versuchsanstalten Anträge. Ihre Aufgaben sind im wesentlichen folgende : a. Ausarbeiten von Richtlinien für die Einteilung der Gifte in Gruppen und deren Bezeichnung, b. Aufstellen einer Liste der Giftstoffe nach ihrer Giftigkeit (Giftliste), c. Einreihen giftiger Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel und anderer Verbrauchsgegenstände in die Giftgruppen, d. Verbot von Giften, e. Behandlung allgemein interessierender Probleme der Gifte und ihrer Wirkung, /. Ausarbeiten von Vorschlägen für den Ersatz giftiger Produkte durch weniger giftige.

Im Jahre 1958 veröffentlichte die Interkantonale Giftkommission eine «Alphabetische Liste der Schädlingsbekämpfungsmittel und anderer giftiger Handelspräparate», welche neben Angaben über die Toxikologie auch solche über die Therapie der hauptsächlichsten Vergiftungen durch in der Liste aufgeführte Wirkstoffe und Produkte enthält. Diese Liste und die jährlich erscheinenden Nachträge sind im «Bulletin des Eidgenössischen Gesundheitsamtes» veröffentlicht und erreichen somit alle kantonalen Sanitätsdepartemente und alle praktizierenden Ärzte.

Die den Kantonen und den eidgenössischen landwirtschaftlichen Versuchsanstalten von der Interkantonalen Giftkommission unterbreiteten Anträge beruhen auf der Einreihung der Gifte in sechs Gruppen, wobei Gruppe l die sehr gefährlichen Gifte umfasst, die weder an das Gewerbe noch an die Landwirtschaft und die Haushaltungen abgegeben werden dürfen, während Gruppe 6 die am wenigsten gefährlichen Gifte enthält, die frei verkäuflich sind.

1432 Bis Ende 1967 fasste die Interkantonale Giftkommission 2564 Beschlüsse.

Obschon diese rechtlich nicht zwingend sind, werden sie von den Kantonen und den eidgenössischen landwirtschaftlichen Versuchsanstalten als massgebende Voraussetzung für ihre Entscheide und allfälligen Regelungen herangezogen. Die Tätigkeit der Kommission entspricht auch in dieser Form einem klaren Bedürfnis der kantonalen und eidgenössischen Instanzen sowie der Industrie, welche aus eigener Initiative die Produkte, die sie in den Handel zu bringen beabsichtigt, in den letzten Jahren je länger je mehr nicht mehr den Kantonen, sondern direkt der Interkantonalen Giftkommission zur Begutachtung und Einreihung in eine der Giftgruppen unterbreitet. Dies gestattet ein einheitliches Vorgehen in bezug auf Einreihung, Kennzeichnung und Verpackung der Gifte in allen Kantonen.

Die bis heute von der Interkantonalen Giftkommission entfaltete Tätigkeit ist auch als Vorarbeit für ein eidgenössisches Giftgesetz als sehr wertvoll zu betrachten. Sie eimöglichte, zahlreiche Erfahrungen zu sammeln und den Kontakt zwischen Behörden, Handel und Industrie herzustellen. Es lag daher nahe, in einem eidgenössischen Giftgesetz die von der Kommission angewandten Grundsätze und Methoden so weit wie möglich zu übernehmen. Aus diesem Grunde wurde der Präsident der Interkantonalen Giftkommission zu allen Vorarbeiten beigezogen.

B. Vorgeschichte des Entwurfs I. Allgemeines Die Kantone empfanden schon lange das Bedürfnis nach einer einheitlichen Regelung des Giftverkehrs. Die Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz befasste sich bereits im Jahre 1921, also zwei Jahre nach ihrer Gründung, mit der Frage einer eidgenössischen Regelung und bestätigte deren Notwendigkeit im Jahre 1930. Auch die Frage, ob die Bundesverfassung die Grundlage für ein eidgenössisches Giftgesetz enthalte, wurde im Auftrag der Sanitätsdirektorenkonferenz von Bundesrichter Merz im Jahre 1930 geprüft. Er kam zum Schluss, Artikel 69Ms der Bundesverfassung dürfte wohl unbedenklich als Grundlage angeführt werden, der Wortlaut von Buchstabe b lasse dies gewiss zu.

Auch andere an der öffentlichen Gesundheit interessierte Kreise erachteten eine eidgenössische Regelung des Giftverkehrs schon seit vielen Jahren als notwendig. So wurden in den eidgenössischen Räten wiederholt Vorstösse unternommen, um zu einer gesamtschweizerischen Regelung zu gelangen, insbesondere auch nach dem sogenannten Benzol-Prozess von La Chaux-de-Fonds im Herbst 1963.

Seit dem Jahre 1946 wurden, vor allem aus dem Nationalrat, verschiedene Kleine Anfragen an den Bundesrat gerichtet, die sich mit dem vermehrten Schutz der Menschen und der Tiere vor Vergiftungen sowie mit dem Zeitpunkt der Vorlage des Giftgesetzes befassten (Freimüller 1946, Sprecher 1951, Siegrist 1956, Germanier 1964, Bühler-Winterthur 1965, Wenger 1967, Schmid Werner 1967).

1433 Die besondere Frage des Schutzes vor Benzolvergiftungen wurde durch drei Kleine Anfragen im Jahre 1963 aufgeworfen (Nationalräte Schaffer und Müller, Ständerat Obrecht).

Im Jahre 1961 reichte die Kommission des Ständerates zur Vorberatung der Revision des Bundes gesetzes über Jagd und Vogelschutz ein Postulat ein, mit dem der Bundesrat ersucht wurde, «bei Ausarbeitung des eidgenössischen Giftgesetzes auch die Auswirkungen der chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel auf Leben und Gesundheit der wildlebenden Tiere zu prüfen und entsprechende Schutzbestimmungen vorzuschlagen». Das Postulat wurde vom Ständerat am 12.Dezember 1961 angenommen; die mit ihm verlangten Schutzmassnahmen werden bei der Vorbereitung der Ausführungsbestimmungen zu prüfen sein. Ferner beschloss der Nationalrat am 19. Dezember 1963 die Annahme eines Postulates Stadiin, das den Bundesrat einlud, die gesetzlichen Massnahmen zur Verhütung von Unfällen - zu denen auch die akuten Vergiftungen gehören - in den der obligatorischen Unfallversicherung unterstellten Betrieben zu ergänzen.

Im Anschluss an den Benzol-Prozess von La Chaux-de-Fonds wurden von Nationalrat Berger-Neuenburg, eine Motion und von Nationalrat Vincent ein Postulat eingereicht, die sich mit dem Schutz vor beruflichen Gesundheitsschäden befassten. In der Motion Berger wurde geltend gemacht, dass der BenzolProzess die Unzulänglichkeit der gesetzlichen Ordnung über den Schutz der Arbeitnehmer vor gesundheitlichen Schädigungen aufgezeigt habe und überdies die Notwendigkeit einer besseren Abgrenzung und Koordination der Tätigkeit der verschiedenen Organe habe erkennen lassen. Die Motion lud den Bundesrat ein, «das Problem in seiner Gesamtheit zu prüfen und den eidgenössischen Räten Anträge zur Verbesserung der Lage einzubringen». Im Postulat Vincent wurde darauf hingewiesen, dass die Kontrolle des Verkaufs und der industriellen Verwendung giftiger Stoffe offensichtlich ungenügend sei. Der Bundesrat wurde ebenfalls eingeladen, das Problem in seiner Gesamtheit zu prüfen, und es wurden verschiedene Massnahmen vorgeschlagen. Der Nationalrat nahm am 4. März 1964 sowohl die in ein Postulat umgewandelte Motion Berger als auch das Postulat Vincent an. Der Bundesrat beantwortete gleichzeitig mit der Stellungnahme zu diesen beiden Vorstössen auch eine Interpellation Schmid
Werner, die unter ändern das Problem der Kontrolle und die Frage nach dem Zeitpunkt der Vorlage des Giftgesetzes aufwarf.

II. Vorarbeiten für eine eidgenössische Regelung

Die Vorarbeiten für eine eidgenössische Regelung des Giftverkehrs wurden im Eidgenössischen Gesundheitsamt schon vor Jahren aufgenommen. Sie führten im Jahre 1961 zu einem Vorentwurf, der als Grundlage für das weitere Vorgehen dienen konnte. Mit Beschluss vom 26. Mai 1961 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Departement des Innern, diesen Vorentwurf den Kantonen und interessierten Kreisen zur Vernehmlassung vorzulegen. Von den zur Stellungnahme eingeladenen Kantonen und 48 Organisationen (politische Parteien, Spitzenverbände der Wirtschaft und Fachorganisationen) stimmten 22 Kantone,

1434 5 politische Parteien, 5 Dachorganisationen der Wirtschaft und 16 Fach verbände dem Vorentwurf grundsätzlich zu. Nur der Vorort des Schweizerischen Handelsund Industrievereins und der Zentralverband schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen äusserten Zweifel über die Notwendigkeit einer eidgenössischen Regelung des Giftverkehrs und behielten sich eine endgültige Stellungnahme vor.

Das Gesundheitsamt prüfte die eingereichten Abänderungsanträge eingehend und klärte weitere Fragen ab. Das Resultat war der Gesetzesentwurf vom 18. Februar 1964. Dieser wurde vom Departement des Innern einer grossen Expertenkommission vorgelegt, in der die Kantone und kantonalen Fachinstanzen, die Spitzenverbände der Wirtschaft, die Fachverbände, die Wissenschaft sowie die Bundesverwaltung und die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt vertreten waren und die unter dem Vorsitz von Dr. med. Sauter, Direktor des Eidgenössischen Gesundheitsamtes, stand. Das Vorgehen, zuerst einen Vorentwurf den Kantonen und interessierten Kreisen zur Vernehmlassung vorzulegen und nachher eine Expertenkommission zur Beratung eines bereinigten Vorentwurfs einzusetzen, ist etwas aussergwöhnlich. Es wurde gewählt, weil der Giftverkehr in den einzelnen Kantonen bereits - wenn auch sehr unterschiedlich - geregelt ist und diese und die weitern daran beteiligten Kreise somit schon über gewisse Erfahrungen verfügten. Dieses Vorgehen gestattete zudem, der Expertenkommission einen in den Grundzügen bereits festgelegten Gesetzentwurf zu unterbreiten.

Die Expertenkommission befasste sich in 13 Sitzungen mit dem Gesetzesentwurf, den Grundsätzen der Einreihung von Stoffen und Erzeugnissen in die Giftliste und dem vom Gesundheitsamt entworfenen Expertenbericht, wobei für Spezialfragen Subkommissionen und für die Bereinigung von Gesetzesentwurf und Expertenbericht Redaktionskommissionen eingesetzt wurden. Das Ergebnis waren der Gesetzesentwurf und Expertenbericht vom 14. Juni 1967 zuhanden des Departements des Innern. Der Gesetzesentwurf wurde von der Kommission einstimmig, der Expertenbericht mit einigen Enthaltungen angenommen. Die Kommission übernahm dabei grundsätzlich die im Gesetzesentwurf vom 18. Februar 1964 festgelegte Konzeption; die Auffassungen gingen lediglich in der Frage der Durchführung des Anmelde- und Aufnahmeverfahrens für
gewisse Gifte (sogenannte Publikumsprodukte) auseinander (vgl. die Bemerkungen zu Art. 25, Abs. 3).

C. Grundzüge des Entwurfs Der vorliegende Entwurf entspricht weitgehend dem Entwurf der Expertenkommission. Auf die wenigen Abweichungen wird grundsätzlich bei der Erläuterung der einzelnen Bestimmungen hingewiesen werden.

Allgemein ist der Entwurf so konzipiert, dass Leben oder Gesundheit von Menschen und Tieren nach Möglichkeit geschützt werden sollen, ohne dass aber ungerechtfertigte Erschwerungen des Verkehrs eingeführt werden. Er soll auch den eidgenössischen Vollzugsbehörden ermöglichen, die Ausführungsvorschriften laufend den Bedürfnissen anzupassen. Dies ist im Hinblick auf die fortwährende Entwicklung von Wissenschaft und Technik von grösster Wichtigkeit.

1435 Im folgenden seien die wichtigsten Grundsätze des Entwurfs dargelegt : Als oberster Grundsatz gilt, dass der allgemeine Giftverkehr in die Hände von Fachleuten gehört und somit einer Bewilligungspflicht zu unterstellen ist.

Zwischen den Fachleuten, die im Besitze einer allgemeinen Bewilligung zum Verkehr mit Giften sind, soll der Verkehr jedoch möglichst wenig behindert werden; sie benötigen daher für den Verkehr mit dem einzelnen Gift keine weitere Bewilligung. Kommen nur bestimmte Gifte oder nur der Grosshandel mit Giften in Frage, so kann die Bewilligung zum Verkehr unter erleichterten Voraussetzungen erteilt werden; handelt es sich dagegen um sehr gefährliche Gifte, so können zusätzliche Voraussetzungen verlangt werden.

Werden Gifte hingegen nur zur eigenen Verwendung bezogen und nicht weitergegeben, so wird lediglich das Abgabe- und Bezugsverfahren geregelt. Dabei wird unterschieden zwischen regelmässigen, fachkundigen Bezügern (Gewerbe usw.), denen der Giftbezug mit Giftbuch ermöglicht, und nichtfachkundigen Bezügern (Publikum), denen der einzelne Bezug mit Giftschein erlaubt werden soll.

Bei Giften mittlerer Gefährlichkeit wird nur eine Empfangsbestätigung verlangt ; bei Giften geringster Gefährlichkeit dagegen fallen Abgabe- und Bezugsformalitäten ganz weg, und es kommen nur die für das einzelne Produkt festgelegten Schutzmassnahmen wie besondere Verpackung, Bezeichnung usw. in Betracht.

Auf den ersten Blick mögen die verschiedenen Bewilligungsarten als kompliziert erscheinen. Da der Giftverkehr aber sehr vielgestaltig ist und sich von der chemischen Grossindustrie bis zur Haushaltung in allen Bevölkerungsschichten abspielt, müssen auch die Vorschriften entsprechend differenziert sein. Die einzelnen Bewilligungsarten sind keine Durchlöcherung des Prinzips, sondern eine Differenzierung für die verschiedenen Möglichkeiten des Giftverkehrs. Erst diese Unterscheidungen gewährleisten eine zweckmässige Gesetzesanwendung, wobei die Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit und der Freiheit des Einzelnen nur so weit geht, als es der Zweck der gesetzlichen Regelung erfordert.

Die Bewilligungen sollen von den Kantonen erteilt werden.

Es sei hier auch auf die wichtige Bestimmung hingewiesen, dass der Bundesrat die Befugnis hat, die Verwendung bestimmter giftiger Stoffe zu bestimmten
Zwecken zu verbieten, wenn Leben oder Gesundheit auf keine andere Weise zu schützen sind.

Das einzelne Gift wird durch die Aufnahme in eine Giftliste zum Verkehr zugelassen. Das Eidgenössische Gesundheitsamt führt die Giftliste und soll nach Anhören eines Fachausschusses darüber entscheiden, was im Rahmen der allgemeinen Definition im einzelnen als Gift zu gelten hat, in welche Giftklasse ein Gift in der Giftliste eingereiht werden soll und welche Bedingungen oder Auflagen unter Umständen festzulegen sind. Gifte, die ausschliesslich zu Forschungszwecken oder ausschliesslich als Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Produktionsprozesse dienen, sind ohne Aufnahme in die Giftliste zum Verkehr zugelassen.

Für den Verkehr mit dem einzelnen Gift ist seine Einteilung in den Giftklassen massgebend. So ist der Verkehr mit Giften der Klassen l und 2 grundsätzlich nur Inhabern einer allgemeinen Bewilligung zum Verkehr mit allen Giften er-

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laubt. Fehlt eine solche Bewilligung, so dürfen diese Gifte nur zur eigenen Verwendung und nur mit einem entsprechenden Giftbuch oder einem Giftschein bezogen werden. Für den Bezug von Giften der Klasse 3 bedarf es einer Empfangsbestätigung. Der Bezug von Giften der Klassen 4 und 5 dagegen soll frei sein.

Von besonderer Bedeutung sind die Schutzmassnahmen. Sie gelten sowohl für die in der Giftliste aufgeführten als auch für die darin nicht erwähnten Gifte, also auch für die vor allem in der Industrie verwendeten Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe undZwischenprodukte und dienur zu Forschungszwecken dienenden Gifte.

Wie bei den Bewilligungen, so sind auch bei den Schutzmassnahmen Differenzierungen in den Vorschriften nötig. So soll z. B. unter bestimmten Voraussetzungen darauf verzichtet werden, gewisse Schutzmassnahmen (Verpackungen, Beschriftung, Kennzeichnung durch Vergällung usw.) beim Verkehr innerhalb oder zwischen Betrieben der chemischen Industrie und des Chemikalien-Grosshandels, d. h. solange die Gifte ausschliesslich in den im Verkehr mit Giften spezialisierten Betrieben zirkulieren, vorzuschreiben. Diese Betriebe sind jedoch trotzdem verpflichtet, alle nach der Erfahrung notwendigen, nach dem Stande der Technik anwendbaren und den Verhältnissen des Betriebes angemessenen Schutzmassnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer zu treffen.

Für das einzelne Gift werden die erforderlichen Schutzmassnahmen durch das Gesundheitsamt bei der Aufnahme in die Giftliste festgelegt.

D. Verfassungsgrundlage Der Entwurf stützt sich in seinem Ingress in erster Linie auf die Artikel 69Ms und 311»18, Absatz 2 der Bundesverfassung. Gemäss Artikel 69Ms, Absatz l, Buchstabe b ist der Bund befugt, ausser über den Verkehr mit Nahrungs- und Genussmitteln auch «über den Verkehr mit ändern Gebrauchs- und Verbrauchsgegenständen, soweit solche das Leben oder die Gesundheit gefährden können», gesetzliche Bestimmungen zu erlassen.

Wie in der Einleitung dargelegt wurde (vgl. Kapitel A. Abschnitt I), sind Gifte heute zu eigentlichen Gegenständen des täglichen Gebrauchs und Verbrauchs geworden. Die Bestimmung kann daher ohne weiteres als Grundlage für die bundesrechtliche Regelung des Giftverkehrs betrachtet werden (vgl. auch die Ausführungen in Kapitel B, Abschnitt I). Der Begriff «Verkehr» ist dabei umfassend : es fallen darunter
ausser dem Einführen, Abgeben oder Beziehen insbesondere auch das Herstellen, Verarbeiten, Aufbewahren oder Verwenden (vgl. dazu Burckhardt, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung, S.Auflage, S.619f.). Mit Rücksicht darauf, dass aber Gifte, sofern sie in Gewerbe und Industrie und von Fachleuten verwendet werden, nicht unter den Begriff der Gebrauchs- und Verbrauchsgegenstände im Sinne der angeführten Bestimmung fallen dürften (vgl. Kommentar Burckhardt S. 619), wird auch Artikel 31Ws, Absatz 2 der Bundesverfassung herangezogen. Dieser ermächtigt den Bund ganz allgemein, Vorschriften über die Ausübung von Handel und Gewerben zu erlassen, d.h. gewerbepolizeiliche Bestimmungen zu treffen.

1437 Da Artikel 17 des Entwurfs besondere Schutzmassnahmen in Betrieben vorsieht, wobei die Gesetzgebung über den Schutz der Arbeitnehmer und die Kranken- und Unfallversicherung ausdrücklich vorbehalten wird, und da ferner gemäss Artikel 27 der Vollzug der Arbeitnehmerschutzmassnahmen in Betrieben, die dem Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz) oder der obligatorischen Unfallversicherung gemäss dem Bundesgesetz vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung unterstehen, sich nach den Bestimmungen dieser Gesetze richtet (AS 7965,57 ; BS 8, 281), werden im Ingress auch die Artikel 34ter und 34bls der Bundesverfassung angeführt. Schliesslich wurde im Hinblick auf die Straf bestimmungen (Art. 32ff.)

noch Artikel 64Ms der Bundesverfassung aufgenommen.

E. Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs Titel Der Titel des Entwurfs «Bundesgesetz über den Verkehr mit Giften» entspricht Artikel 69bis, Absatz l, Buchstabe b der Bundesverfassung. Was den Kurztitel «Giftgesetz» betrifft, so ist dieser wohl etwas umfassender; es soll aber damit lediglich hervorgehoben werden, dass es sich um den Verkehr mit « Giften» handelt. Abgesehen davon wäre der Ausdruck «Gift Verkehrsgesetz» zu schwerfällig. Eine ähnliche Situation besteht schon für das Bundesgesetz vom 8. Dezember 1905 betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, das in der Praxis einfach als «Lebensmittelgesetz» bezeichnet wird.

I. Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen (Art. 1-3) 1. Geltungsbereich (Art.l) Artikel l, Absatz l enthält den Grundsatz, dass den Bestimmungen des Gesetzes der Verkehr mit Giften unterliegt. Der Geltungsbereich ergibt sich somit aus der Umschreibung der Begriffe « Gifte » und «Verkehr » ; es sei auf die Artikel 2 und 3 und die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen. Dabei zeigen sich Berührungspunkte mit anderen eidgenössischen oder auch kantonalen Erlassen.

Der Klarheit halber wird zunächst in Absatz 2 festgehalten, dass auf den Verkehr mit Stoffen, die den Körper ausschliesslich durch ionisierende Strahlen zu schädigen vermögen, das Gesetz nicht anwendbar ist ; es kommt hierfür nur die eidgenössische Strahlenschutzgesetzgebung zur Anwendung (vgl. das Bundesgesetz vom 23.Dezember 1959 über die friedliche Verwendung der
Atomenergie und den Strahlenschutz, AS 1960, 541, und insbesondere die Verordnung vom 19. April 1963 über den Strahlenschutz, AS 1963,279).

In Absatz 3 wird das Verhältnis zur Gesetzgebung über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Hilfsstoffen und zur Gesetzgebung über den Natur- und Heimatschutz geregelt. Auf den Verkehr mit Giften, die als landwirtschaftliche Hilfsstoffe dienen, sind sowohl das Giftgesetz als auch die Vorschriften der Ar-

1438 tikel 70ff. des Bundesgesetzes vom S.Oktober 1951 über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes (Landwirtschaftsgesetz) und die entsprechenden Ausführungsbestimmungen in der Verordnimg vom 4. Februar 1955 über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Hüfsstoffen anwendbar (AS 1953,1073 und 1955,147). Die beiden Gesetze gelten also nebeneinander. Diese Lösung entspricht dem in Artikel 23 der erwähnten Verordnung angebrachten Vorbehalt zugunsten der Giftgesetzgebung. Im Giftgesetz und in den Bestimmungen über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Hüfsstoffen wird zwar derselbe Gegenstand (Gifte), aber von zwei verschiedenen Gesichtspunkten aus (einerseits Gesundheitsschutz und anderseits Wirksamkeit im Hinblick auf den Pflanzenschutz) geregelt. Was ferner die in der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung enthaltenen Bestimmungen über die Schädlingsbekämpfung betrifft, welche die Verhinderung der Gefährdung von schützenswerten Tier- und Pflanzenarten zum Ziele haben, so sind diese zusätzlich zur Giftgesetzgebung anwendbar (vgl. Art. 18, Abs. 2 des Bundesgesetzes vom l. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz und Art. 26 der Vollziehungsverordnung vom 27. Dezember 1966, AS 1966, 1637 und 1646).

Absatz 4 enthält zunächst einen Vorbehalt zugunsten der eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die Heilmittel. Dieser Vorbehalt bedeutet, dass ein Gift, sofern es als Heilmittel oder als pharmazeutischer Hilfsstoffim Verkehr ist, unter die Heilmittelgesetzgebung fällt. Ist es dagegen in Industrie, Gewerbe und Handel als technisches Gift im Verkehr, so untersteht es der Giftgesetzgebung. Der gleiche Stoff kann somit unter beide Gesetzgebungen fallen. Mit Bezug auf die Heilmittelgesetzgebung sei insbesondere auf folgende Erlasse verwiesen: Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel (AS 7952, 241), Bundesratsbeschluss vom 19.Mai 1933 über die Promulgation der Pharmacopoea Helvetica, Editio quinta (BS 4,419), Bundesratsbeschluss vom 17. Dezember 1931 über die Kontrolle der Sera und Impf stoffe für die Verwendung am Menschen (BS 4, 425 und 428), Interkantonale Vereinbarung vom 16. Juni 1954 über die Kontrolle der Heilmittel (AS 1955, 553).

Der weitere Vorbehalt zugunsten der Bestimmungen über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen will besagen,
dass diese Gesetzgebung für Lebensmittel ausschliesslich und für Gebrauchsgegenstände dann gilt, wenn diese durch sie erfasst werden (vgl. das Lebensmittelgesetz und die Lebensmittelverordnung, BS 4,459 und 469). Auf das Inkrafttreten des Giftgesetzes hin müssen Färbemittel für Gewebe, Reinigungsmittel für Stoffe, Mal- und Anstrichfarben, Wasch- und Reinigungsmittel, Boden- und Lederbehandlungspräparate, Luftverbesserungs- und Insektenvertilgungsmittel, Petrol und Benzin und Zusätze zu Treibstoffen, die Gifte darstellen können, aber bis jetzt als Gebrauchsund Verbrauchsgegenstände der Lebensmittelgesetzgebung unterstellt waren, aus dieser herausgenommen werden. Dagegen sollen die Kosmetika weiterhin durch die Lebensmittelgesetzgebung geregelt werden (vgl. insbesondere die Verfügung des Eidg. Departements des Innern vom 7. Dezember 1967 über kosmetische Mittel, AS 7967,1707). Da für Lebensmittel ausschliesslich die Lebensmittelgesetzgebung massgebend ist, sind auch die auf Lebensmitteln zulässigen

1439 Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln durch diese Gesetzgebung zu regeln.

2. Begriff der Gifte (Art. 2) Der Fachliteratur ist zu entnehmen, dass die einwandfreie Définition des Begriffes Gift ein schwieriges Problem darstellt. Schon Paracelsus (1493-1541) wies auf die Relativität dieser Bezeichnung hin: «Kein Ding an sich ist Gift und allein die Dosis macht, dass ein Ding Gift ist». Die gesundheitsschädigende Wirkung ist nicht bloss von der Art, sondern auch von anderen Voraussetzungen, insbesondere von der Menge des aufgenommenen Stoffes und vom körperlichen Zustand der Person, welche diese aufgenommen hat, abhängig. Je nach der Verschiedenheit der in Frage kommenden Voraussetzungen kann ein Stoff als gesundheitszerstörend oder nur als gesundheitsschädlich oder als unschädlich oder sogar als Heilmittel erscheinen.

Die Expertenkommission hatte daher gewisse Bedenken, eine allgemeine Definition in ihren Entwurf aufzunehmen, umsomehr, als ihr kein anderes Land bekannt war, das in seiner Giftgesetzgebung eine solche Definition getroffen hätte. Sie tat es aber dennoch, um für die nicht fachkundigen Kreise der Bevölkerung einen grösstmöglichen Schutz sicherzustellen. Dabei wies sie darauf hin, dass, insbesondere bei den Herstellern und Importeuren, gewisse Bedenken bestehen möchten, es könnten bei der Prüfung der Frage, ob ein in den Verkehr zu bringendes - oder beim Inkrafttreten des Gesetzes im Verkehr befindliches - Produkt als Gift zu betrachten sei oder nicht, Schwierigkeiten oder Unsicherheiten entstehen.

Wir erachten die Aufnahme einer allgemeinen Definition in das Gesetz, selbst wenn sich bei der Anwendung gewisse Schwierigkeiten oder Unsicherheiten zeigen sollten, als unbedingt notwendig, und zwar auch aus Gründen der Rechtssicherheit.

Gemäss Artikel 2 gelten als Gifte unbelebte Stoffe und daraus hergestellte Erzeugnisse, die, vom Körper aufgenommen oder mit ihm in Berührung gebracht, schon in verhältnismässig geringen Mengen durch chemische Wirkung das Leben oder die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden können und deren Handhabung daher besondere Vorsicht verlangt.

Da jede biologische Wirkung bei einem Organismus auf eine chemische Wirkung zurückgeht, genügt die Nennung der chemischen Wirkung im Gesetz.

Ferner kann man sich im Hinblick auf das kommende neue Epidemiengesetz
und das Tierseuchengesetz (AS 1966,1565), die Bestimmungen über den Verkehr mit Viren enthalten, auf die Berücksichtigung der unbelebten Stoffen beschränken.

Mit der vorliegenden Begriffsbestimmung sollen sämtliche unbelebten giftigen Stoffe und daraus hergestellten Erzeugnisse erfasst werden, auch wenn in der Giftliste nur ein Teil von ihnen aufgenommen werden wird.

3. Begriffe des Verkehrs und des Inverkehrbringens (Art. 3) Absatz l des vorliegenden Artikels umschreibt den Begriff des Verkehrs. Wie schon in den Ausführungen über die Verfassungsgrundlage, d. h. zu Artikel 69bls,

1440 Absatz l, Buchstabe b der Bundesverfassung, dargelegt wurde (vgl. Kapitel D), ist dieser Begriff umfassend. Es fallen darunter insbesondere das Herstellen, Verarbeiten, Aufbewahren, Verwenden, Einführen, Abgeben, Beziehen, Anpreisen, Anbieten oder Beseitigen. Diese weite Fassung erlaubt es, den gesamten Verkehr mit Giften von der Einfuhr oder Herstellung an bis zum Verbrauch, so zu regeln, dass der Schutz von Leben oder Gesundheit in jeder Phase so gut als möglich gewährleistet wird.

Nach Absatz 3 umfasst der Begriff aber nicht die Beförderung im Inland, die Durchfuhr und die Ausfuhr. Diese richten sich nach der Bundesgesetzgebung über den Post-, Eisenbahn-, Strassen-, Luft- und Schiffsverkehr und die Rohrleitungsanlagen. In dieser Gesetzgebung befinden sich unter ändern auch Bestimmungen zum Schütze von Leben oder Gesundheit beim Transport von gefährlichen Stoffen, zu denen ebenfalls gewisse Gifte gerechnet werden1).

Die in Absatz 2 enthaltene Umschreibung des Begriffs «Inverkehrbringen» dient dazu, diejenigen Operationen des Verkehrs festzulegen, welche die Aufnahme von Giften in die Giftliste bedingen, d.h. den Verkehr im eigentlichen, engeren Sinn einleiten (vgl. Art.4-6). Es gehören dazu das erstmalige Herstellen oder Einführen sowie das erstmalige Anpreisen oder Anbieten zum Zwecke des Verkaufs im Inland.

II. Giftliste (Art. 4-6) /. Aufnahme (Art.4) Artikel 4 regell die Aufnahme von Giften in die Giftliste. Mit der Aufstellung einer Giftliste (Abs. 1) soll ein Instrument geschaffen werden, das die für den Verkehr mit einem Gift wichtigen Angaben enthält. In der Giftliste sollen die Gifte, je nach dem Gefährlichkeitsgrad, in 5 Klassen eingeteilt werden (Abs. 2). Dieser Einteilung soll nicht etwa nur die eigentliche Giftigkeit, sondern die gesamte, von *) Es gelten insbesondere folgende Erlasse : Bundesgesetz vom 2. Oktober 1924 betreffend den Postverkehr (Postverkehrsgesetz) (BS 7, 754), Bundesgesetz vom l I.März 1948 über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen (AS 1949,563) und die dazu gehörenden Réglemente und Anlagen, Bundesgesetz vom 19. Dezember 1958 über den Strassenverkehr (AS 1959, 679) (eine Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse wird in Anlehnung an ein europäisches Übereinkommen vorbereitet), Bundesgesetz vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt
(Luftfahrtgesetz) (AS 1950, 471) und Lufttransportreglement vom S.Oktober 1952/1.Juni 1962 (AS 1952, 1060/1963,679), das sich auch auf ein internationales Abkommen stützt, Verordnung vom l. Juli 1930 über die Beförderung gefährlicher Stoffe auf dem Rhein zwischen der schweizerischen Landesgrenze und der Mittleren Rheinbrücke in Basel, Anlage I (BS 7,465) und Verordnung vom 29. April 1960 über die Beförderung gefährlicher Stoffe auf der Rheinstrecke zwischen Basel und Rheinfelden (AS 1960,435), Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge (Seeschiffahrtsgesetz) (AS 1956,1305), Bundesgesetz vom 4. Oktober 1963 über Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- oder Treibstoffe (Rohrleitungsgesetz) (AS 1964,99).

1441 anderen Eigenschaften mitbestimmte Gefährlichkeit der einzelnen Stoffe zugrunde gelegt werden. In besonderem Masse gefährlich sind z. B. die giftigen Gase oder die Stoffe, die auch durch die Haut in den Körper gelangen und vor denen man sich nur durch besondere Massnahmen schützen kann. Auch ist eine leicht verdampfende Flüssigkeit gefährlicher als ein seinen Aggregatzustand nur schwer änderndes festes oder flüssiges Gift. In Klasse l werden die gefährlichsten, in Klasse 5 die am wenigsten gefährlichen Gifte eingereiht. Die Klasseneinteilung ist von Bedeutung für die Berechtigung zum Verkehr mit Giften (Abschnitt III) und für die Schutzmassnahmen (Abschnitt IV).

Es werden nicht sämtliche Gifte in der Giftliste aufgeführt sein. Gifte, die ausschliesslich zu Forschungszwecken oder ausschliesslich als Ausgangsstoffe oder Hilfsstoffe für chemische Produktionsprozesse dienen oder als Zwischenprodukte bei diesen erscheinen, sind zum Verkehr zugelassen, ohne dass sie für die Aufnahme in die Giftliste anzumelden und in diese aufzunehmen sind. Dabei geht man von der Überlegung aus, dass Laboratorien und Betriebe, die chemische Produktionsprozesse durchführen, über Fachleute verfügen werden, weil sie ja im Besitze einer allgemeinen Bewilligung zum Verkehr mit Giften sein müssen (Art. 8, Abs. l und 2). Die Gifte, die hier in Frage kommen, zählen nach Tausenden, und bei verhältnismässig wenigen von ihnen ist die Toxizität genauer bestimmt. Dies ist auch nicht von Bedeutung, denn in den genannten Laboratorien und Betrieben gilt ohnehin der Grundsatz, dass jeder Stoff so lange als Gift betrachtet werden muss, bis,seine Ungefährlichkeit nachgewiesen ist.

Solange Gifte als Ausgangs- oder Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte nur in diesen Laboratorien und Betrieben verwendet werden und ebenfalls der übrige Verkehr mit ihnen-also auch der Handel - sich nur zwischen solchen Laboratorien und Betrieben abspielt, sind sie somit nicht in die Giftliste aufzunehmen.

Der Begriff «chemische Produktionsprozesse» soll dabei umfassen: von Inhabern einer allgemeinen Bewilligung zum Verkehr mit Giften durchgeführte Prozesse, bei denen - chemische Stoffumwandlungen stattfinden, - chemische Produkte durch Vermischen zweier oder mehrerer Komponenten hergestellt werden, - chemische Produkte zur Herstellung oder Veredlung geformter,
Materialien verwendet werden.

In bestimmten Gewerben und Industrien, deren Betriebe nicht im Besitze einer allgemeinen Bewilligung zum Verkehr mit Giften sein werden, beispielsweise in der Malerei und Lackiererei, werden Gifte ebenfalls in fast zahllosen Kombinationen gebraucht, so dass ihre individuelle Aufnahme in die Giftliste zu einer nicht zu bewältigenden Aufgabe würde. Es ist daher vorgesehen, diese Gifte wenn immer möglich als Giftgruppen aufzuführen und auch die Bewilligungen zu ihrem Bezug für die eigene Verwendung dementsprechend abzufassen (vgl.

Art. 9).

Für die Einreihung von Stoffen und Erzeugnissen in die Giftliste sollen folgende Grundsätze gelten :

1442 Die Toxizität eines Stoffes muss im Tierversuch bestimmt werden. Man wird sich bei der Beurteilung eines Giftes deshalb an die akute, orale Dl^1) aus Tierversuchen halten müssen und die in der Regel bekannten Werte aus Tierversuchen an der Ratte als Grundlage benützen, wobei selbstverständlich auch Beobachtungen an ändern Tierarten oder Versuche über chronische Toxizität berücksichtigt werden können. Liegen verwertbare Erfahrungen von Vergiftungen bei Menschen vor, so sind diese für die Einteilung der Gifte ausschlaggebend. Dabei muss auch die Giftigkeit und Gefährlichkeit bei Kleinkindern und Schwangeren berücksichtigt werden. Da jedoch nicht immer nur die orale Aufnahme eines Giftes gefährlich ist, wird bei der Einteilung auch die Gefährlichkeit einer Substanz bei anderen Aufnahmen, insbesondere durch die Haut oder die Atmung, zu beachten sein. Bei Produkten mit mehreren toxischen Substanzen wird die «Gesamttoxizität» auf Grund der Werte der einzelnen Wirkstoffe und deren Konzentration im fertigen Produkt nach einer dafür geeigneten Formel berechnet. Da bei dieser Berechnung allfällige syn- und antergistische Wirkungen nicht berücksichtigt werden können, soll bei Vorliegen bestimmter Verdachtsmomente eine experimentelle toxikologische Untersuchung des Produktes angeordnet werden können.

Als Grundlage für die Klassierung dient eine Skala der DL60, es sei denn, dass vorliegende Beobachtungen aus besonderen Toxizitätsuntersuchungen oder Erfahrungen am Menschen für eine wesentlich höhere oder geringere Gefährlichkeit sprechen. Stoffe mit einer DL50 von über 15 g/kg werden grundsätzlich nicht mehr als Gifte betrachtet. Da aber auch viele Stoffe mit einer DL^ unter 15 g/kg, z. B. wegen ihres Aggregatzustandes, als ungefährlich anzusehen sind, werden jene mit einer DL50 von über 5 g/kg nur dann als Gifte betrachtet, wenn Fachleute eine Vergiftungsgefahr als eindeutig gegeben erachten.

Über die Aufnahme in die Giftliste soll das Eidgenössische Gesundheitsamt auf Grund des Gutachtens eines Fachausschusses verfügen (vgl. Art. 24 und 25 Abs. 2). Dabei kann es gemäss Absatz 3 des vorliegenden Artikels die Aufnahme an Bedingungen oder Auflagen knüpfen, was insbesondere im Hinblick auf die gemäss Artikel 15 zu treffenden Schutzmassnahmen von Bedeutung ist.

Die Grundlagen und Richtlinien für die Einteilung
der Gifte in die Giftklassen sollen Interessenten auf Verlangen bekanntgegeben werden.

Es ist vorgesehen, die Giftliste in mehrere Verzeichnisse aufzuteilen : 1. das Verzeichnis der Grundstoffe, in dem die giftigen Stoffe namentlich auf geführt werden; 2. das Verzeichnis der gewerblichen Gifte, in dem diese Gifte wenn immer möglich in Giftgruppen zusammengefasst werden sollen; 3. das Verzeichnis der Publikumsprodukte (Haushaltprodukte, Schädlingsbekämpfungsmittel und ähnliche), in dem diese giftigen Produkte namentlich aufgeführt werden.

J

) Die DL50 ist die im Tierversuch innerhalb von 24 Stunden verabreichte Dosis, die bei der Hälfte der Tiere den Tod innert 5 Tagen verursacht.

1443 Die Verzeichnisse sollen die Gifte - von den bereits erwähnten Ausnahmen abgesehen - in alphabetischer Reihenfolge mit den gebräuchlichen Bezeichnungen aufführen und für jedes Gift die Giftklasse angeben, in der es eingeteilt ist.

Zubereitungsformen, die giftige Stoffe in einer ihre Gefährlichkeit verändernden Form oder Menge enthalten, können in eine andere Giftklasse eingeteilt werden als die betreffenden Stoffe selbst.

Die einzelnen Verzeichnisse sollen folgende Angaben enthalten : 1. Verzeichnis der Grundstoffe - chemische Bezeichnung - Giftklasse - gegebenenfalls Hersteller - besondere Bemerkungen 2. Verzeichnis der gewerblichen Gifte - chemische Bezeichnung oder Gruppenbezeichnung - gegebenenfalls Handelsname - gegebenenfalls Hersteller - Giftklasse - besondere Bemerkungen 3. Verzeichnis der Publikumsprodukte - Handelsname oder Sachbezeichnung - je nach der Gefährlichkeit Anteil der giftigen Wirkstoffe in Prozenten - Giftklasse - Kontrollnurnmer des Gesundheitsamtes - gegebenenfalls Kontrollnummer der landwirtschaftlichen Versuchsanstalt - Verwendung - Hersteller, Importeur oder Vertreter - besondere Bemerkungen (z. B. «Selbstbedienung zugelassen») Es ist vorgesehen, die einzelnen Verzeichnisse in Form von Ringbüchern zu führen, die allen Interessenten durch die Eidgenössische Drucksachen- und Materialzentrale zum Selbstkostenpreis abgegeben werden. Dazu sollen in kurzen Abständen Nachträge veröffentlicht werden (vgl. Art. 23, Abs. 3).

2. Wirkung der Aufnahme (Art. 5) Artikel 5 legt die Wirkung der Aufnahme in die Giftliste fest, die darin besteht, dass ein Gift erst von diesem Zeitpunkt an in den Verkehr gebracht werden darf. Dass ein Stoff nicht in der Giftliste figuriert, heisst nicht, dass er nicht als Gift anzusehen sei, da gemäss Artikel 4 nicht alle Gifte in der Giftliste figurieren werden.

1444 Bestehen Zweifel darüber, ob ein Produkt als Gift anzusehen ist, so soll es der Hersteller oder Importeur dem Eidgenössischen Gesundheitsamt vorlegen, das ihn auf Grund seiner Dokumentation über eine allfällige Anmeldepflicht unterrichten wird. Jedenfalls ist ein Gift solange vom Verkehr ausgeschlossen, als es nicht in die Giftliste aufgenommen ist.

Der Entscheid des Gesundheitsamtes über die Einreihung soll als Zeitpunkt der Aufnahme in die Giftliste gelten.

,

3. Anmeldung (Art. 6)

Artikel 6 stellt die wichtige Forderung auf, dass Gifte, die in den Verkehr gebracht werden sollen und noch nicht in der Giftliste aufgeführt sind, beim Eidgenössischen Gesundheitsamt unter Beilage geeigneter Prüfungsausweise über die Giftigkeit und Gefährlichkeit und soweit nötig eines Musters des Giftes und der erforderlichen Unterlagen für die Beurteilung der Schutzmassnahmen angemeldet werden müssen.

Das Gesundheitsamt wird den Herstellern und Importeuren, sofern erforderlich, Fragebogen zustellen, welche mit den für die Einreihung notwendigen Unterlagen, vor allem Prüfungsausweisen (z.B. wissenschaftlichen Berichten über akute und chronische Toxizitätsversuche an Tieren), aber wenn nötig auch weiteren Unterlagen (Muster, Originalpackung, Beschriftung und Kennzeichnung, Prospekten usw.) zurückgesandt werden müssen. Sind die Angaben und Unterlagen für die Beurteilung ungenügend, so kann das Gesundheitsamt eine Ergänzung der Unterlagen verlangen. Diese Ergänzung kann in weiterer Dokumentation oder auch in einer Expertise eines anerkannten Institutes bestehen. Werden die verlangten Ergänzungen nicht beigebracht, so wird das Gesundheitsamt - in Ermangelung eines besonderen toxikologischen Instituts - nötigenfalls an geeignete Institute gelangen, um Expertisen über gesundheitsschädigende Wirkungen oder Analysen zu erhalten.

Bei Publikumsprodukten werden Änderungen der Zusammensetzung dem Gesundheitsamt zu melden sein, wenn dadurch ihre Gefährlichkeit beeinflusst wird. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass die Gesundheit von Mensch und Tier mehr oder auch weniger gefährdet wird, als bei der Einteilung eines Giftes auf Grund der Unterlagen anzunehmen war, so kann das Gesundheitsamt ein Gift nachträglich in eine andere Klasse einreihen.

Der Anmelder ist vom Gesundheitsamt anzuhören. Der noch in der parlamentarischen Beratung befindliche Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren stellt übrigens den Grundsatz des Anspruchs der Parteien auf rechtliches Gehör auf und führt diesen näher aus (vgl. Botschaft vom 24. September 1965, BB11965, II, 1348, Erläuterungen zu den Art. 26-30).

Die eidgenössischen und kantonalen Kontrollorgane sollen berechtigt sein, Einsicht in die Unterlagen über die Herstellung und die Einfuhr von Giften zu nehmen, Proben zu erheben und die Betriebs- und Lagerräume zu kontrollieren (vgl. Art. 28).

1445 Auf das Inkrafttreten des Gesetzes hin muss selbstverständlich schon eine Giftliste aufgestellt werden (vgl. die Ausführungen zu Artikel 38).

m. Berechtigung zum Verkehr mit Giften (Art. 7-13) 1. Grundsatz der Verkehrsbewilligung (Art. 7) Artikel 7 stellt den Grundsatz der Verkehrsbewilligung auf. Damit in jedem Fall eine Verantwortung für den Giftverkehr besteht, ist dieser grundsätzlich nur Inhabern einer Bewilligung gestattet (Abs. 1). Es ist dabei zu unterscheiden zwischen einer allgemeinen Bewilligung, die zu allen Verkehrsoperationen berechtigt (vgl. Art. 3, Abs. l und Art. 8), und einer Bezugsbewilligung, die nur zum Bezug zur eigenen Verwendung oder Verarbeitung berechtigt (vgl. Art. 9). Der Bezüger von Giften der Klassen l bis 3 hat sich über den Besitz der erforderlichen Bewilligung auszuweisen (Abs. 2). Mit dieser Regelung wird einerseits dem Abgeber eine gewisse Kontrollpflicht, anderseits dem Bezüger eine gewisse Ausweispflicht auferlegt, womit die Durchführung des Grundsatzes besser gewährleistet wird.

Um aber die Abgeber von Polizeifunktionen zu entheben und die administrativen Umtriebe auf ein Minimum zu beschränken, ist vorgesehen, die Bewilligung zum Verkehr mit Giften mit einer Kontrollnummer zu versehen, die mit der Bestellung dem Abgeber anzugeben ist und für diesen als Ausweis für die Bezugsberechtigung des Bezügers genügen soll. In den Bezugsbewilligungen (Giftbuch und Giftschein, Art. 9, Abs. 2) werden die Gifte, zu deren Bezug der Inhaber berechtigt ist, einzeln oder als Giftgruppen aufgeführt. Der Bezug anderer als der darin genannten Gifte ist mit einer solchen Bewilligung nicht gestattet.

Sämtliche Bewilligungen - mit Ausnahme derjenigen für die Bundesbetriebe - werden durch die zuständigen kantonalen Behörden erteilt, welche die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen des Gesuchstellers überprüfen (vgl.

Art. 21, Abs. 2).

2. Allgemeine Bewilligung (Art. 8) Artikel 8 regelt die allgemeine Bewilligung. Man versteht darunter eine Bewilligung, die zu allen Verkehrsoperationen berechtigt (Abs. 1).

Es liegt im öffentlichen Interesse, die starken Gifte nur absolut zuverlässigen und fachkundigen Personen in die Hände zu geben. Aus diesem Grunde wurde es als nötig erachtet, die allgemeine Bewilligung nur in jenen Fällen auszustellen, wo mindestens eine Person
vorhanden ist, die über die erforderlichen persönlichen und fachlichen Voraussetzungen verfügt (Abs. 2), und den Kreis, dem eine allgemeine Bewilligung zum Verkehr mit allen Giften gegeben werden darf, auf Firmen, höhere Lehranstalten, Hochschulen, amtliche Laboratorien usw. mit Toxikologen, Pharmakologen, Hochschulchemikern oder Chemikern HTL, auf Ärzte, Tierärzte und Apotheker und eventuell andere Naturwissenschaftler sowie auf Drogisten zu beschränken. Bei der Einreichung des Gesuches um Erteilung einer allgemeinen Bewilligung zum Verkehr mit allen Giften sind der oder die für den Giftverkehr Verantwortlichen namentlich zu nennen. Die Inhaber einer BeBundesblatt. 120.Jahtg Bd.I.

92

1446 willigung zum Verkehr mit allen Giften sollen in einem Verzeichnis veröffentlicht werden.

Da die Fälle häufig sind, in denen besondere Arten des Giftverkehrs in Frage kommen, gibt Absatz 3 die Möglichkeit, die Voraussetzungen an den Verantwortlichen je nach der Art des Verkehrs abzustufen. Der allgemeine Verkehr mit jenen Giften, die auch bei den oben erwähnten Fachleuten noch besondere Voraussetzungen verlangen (Giftgase usw.), soll nur unter der Verantwortung von geeigneten Spezialisten gestattet werden (Buchstabe ä). Da anderseits unter die Gifte der Klassen l und 2 auch solche fallen, die durch landwirtschaftliche Kreise für den Gebrauch in der Land- und Forstwirtschaft abgegeben werden (Parathion, Nikotin usw.), muss eine weitere Bewilligung vorgesehen werden, die ebenfalls diesen Kreisen den Verkehr mit Giften der Klassen l und 2, wenn auch nur in beschränktem Rahmen, gestattet. Das gleiche gilt für die Abgabe bestimmter Gifte, soweit sie für die Ausübung einzelner Gewerbe notwendig sind. Man wird solchen Personen, sofern sie die nötigen Voraussetzungen (Berufslehre oder bestandene Kurse usw.) besitzen, eine allgemeine Bewilligung zum Verkehr mit bestimmten Giften abgeben, in dei die Gifte oder Giftgruppen besonders bezeichnet werden (Buchstabe b, Ziff. 2). Grosshandelsbetriebe ohne Fachleute nach Absatz 2 können eine allgemeine Bewilligung zum Verkehr mit Giften in Originalpakkungen erhalten (Buchstabe b, Ziff. 1), wenn sie Gifte nur vermitteln, nicht ditekt mit ihnen in Berührung kommen und gewisse erleichterte Voraussetzungen erfüllen (z. B. bestandene Kurse).

Neben den fachlichen Voraussetzungen der Verantwortlichen, zu denen auch die Kenntnis der wichtigsten Bestimmungen der Giftgesetzgebung gehört, sind die persönlichen Verhältnisse ausschlaggebend. Man wird Bewilligungen zum Verkehr mit Giften nur an handlungsfähige Personen, ausnahmsweise auch an Minderjährige von 18 Jahren an, und nur an oder für Personen mit gutem Leumund erteilen. Ausserdem ist bei der Erteilung der Bewilligung Rücksicht auf die Art des Betriebes zu nehmen.

Apothekern und Drogisten soll die Bewilligung zum allgemeinen Verkehr mit Giften ohne besonderes Gesuch von den Kantonen gleichzeitig mit der Bewilligung zur Führung einer Apotheke oder Drogerie, Aerzten und Tierärzten gleichzeitig mit der Bewilligung
zur Ausübung ihres Berufes erteilt werden. Dabei ist als Drogist nur zu verstehen, wer mindestens eine Berufslehre als Drogist gemäss den Vorschriften der Bundesgesetzgebung über die Berufsbildung bestanden hat (vgl. das Bundesgesetz vom 20. September 1963 über die Berufsbildung, AS 1965, 321, und die entsprechenden Ausführungsbestimmungen).

3. Bezugsbewilligung, Empfangsbestätigung (Art. 9) In Artikel 9 ist von der Bezugsbewilligung und der Empfangsbestätigung die Rede. Dabei wird zwischen dem berufsmässigen und dem nicht berufsmässigen Bezug unterschieden (Abs. 2, Buchstaben a und b). Beim Bezug zum berufsmässigen Verbrauch muss man voraussetzen können, dass der Bezüger auf Grund seiner Berufskenntnisse die toxischen Wirkungen des Giftes kennt und mit ihm

1447 sachgemäss umzugehen versteht. Für den Bezug von starken Giften können zusätzliche Voraussetzungen verlangt werden (Abs. 3, Buchstabe a).

Als Voraussetzung für die Erteilung einer Bezugsbewilligung soll eine abgeschlossene Berufsausbildung, ein bestandener Kurs im betreffenden Sachgebiet oder die Bestätigung eines Fachverbandes über die Kenntnisse der Gifte verlangt werden. Will jemand jedoch mit hochgiftigen Gasen oder Nebeln Schädlinge bekämpfen, so soll er dazu einer besonderen Bewilligung bedürfen, die ihm nur nach bestandener, von einer speziellen Kommission abgenommenen Prüfung erteilt werden wird.

Um den wiederholten Bezug von Giften für die Bezugsberechtigten wie auch die Abgeber zu erleichtern, wird ein Giftbuch ausgestellt. Für den einmaligen Bezug dagegen genügt ein zeitlich befristeter Giftschein. Der Giftschein kann sowohl für den berufmässigen als auch den nicht berufsmässigen Bezug von Giften der Klassen l und 2 (im letzteren Fall nur der Klasse 2) verwendet werden, wobei Giftscheine für die Klasse 2 von der Gemeindebehörde, solche für die Klasse l jedoch nur vom Kantonschemiker, Kantonsapotheker oder Kantonsarzt ausgestellt werden sollten. Das Giftbuch wird auf einen Betrieb oder eine Einzelperson ausgestellt und darf nur von den darin genannten Verantwortlichen benützt werden. Der Giftschein wird auf eine Einzelperson ausgestellt.

Für den Bezug von Giften der Klasse 3 wird eine Empfangsbestätigung verlangt. Es soll dabei eine Lösung gefunden werden, die in allen Zweigen des Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft angewandt werden kann und die nicht zu viele administrative Umtriebe mit sich bringt. So ist gestützt auf Absatz 3, Buchstabe b als allgemeine Erleichterung vorgesehen, im Versandverkehr auf die Ausstellung von Empfangsbestätigungen zu verzichten. Die Annahme der Ware soll als Empfangsbestätigung gelten. Dagegen kann beim persönlichen Bezug von Giften der Klasse 3 auf die Ausstellung und Unterzeichnung einer Empfangsbestätigung nicht verzichtet werden.

4. Gültigkeitsdauer der Bewilligungen (Art. 10) Gemäss Artikel 10 ist es Sache des Bundesrates, Gültigkeitsdauer, Erlöschen oder Entzug der Bewilligungen zu regeln.

Was die Gültigkeitsdauer der Bewilligungen betrifft, so soll grundsätzlich von einer Befristung abgesehen werden ; eine solche dürfte nur für den
Giftschein nötig sein.

Ein automatisches Erlöschen kommt bei persönlichen Bewilligungen dann in Frage, wenn der Bewilligungsinhaber stirbt. Eine Bewilligung erlischt aber z. B.

auch bei Aufgabe des Betriebes.

Bei Zuwiderhandlung gegen eine Vorschrift oder in ändern begründeten Fällen soll die kantonale Behörde die Befugnis haben, die Bewilligung zu entziehen.

5. Freier Bezug (Art. 11) In Artikel 11 wird festgelegt, dass Bezug und Aufbewahrung von Giften der Klasse 4 frei sind, sofern diese nur zur eigenen Verwendung oder Verarbeitung dienen. Dies will besagen, dass für solche Gifte der Bezug keiner Kontrolle unter-

1448 steht; dagegen gelten auch für sie die Vorschriften über die Schutzmassnahmen (Art. 14 ff.) und die Abgabe (Art. 8).

6. Freier Verkehr (Art. 12) Artikel 12 gibt die Gifte der Klasse 5 für den gesamten Verkehr frei.

Ausser den Schutzmassnahmen unterliegen sie weder beim Bezug noch bei der Abgabe einer Kontrolle. Immerhin sollen nur vom Bundesrat zu bezeichnende Produkte auch zur Selbstbedienung freigegeben sein; sie sollen in der Giftliste besonders hervorgehoben werden (vgl. Art. 13, Abs. 2).

7. Verbot des Verkehrs (Art. 13) In Artikel 13 wird zunächst das Verbot bestimmter Arten der Abgabe statuiert (Abs. 1). Es sollen gemäss Absatz l, Buchstabe a Gifte nicht im Wanderhandel (durch Hausierer), an Automaten, durch Selbstbedienung - allerdings mit der Möglichkeit von Ausnahmen (vgl. Abs. 2 und die Ausführungen zu Art. 12) oder an offenen Verkaufsstellen (z.B. Kiosken, Marktständen) erhältlich sein.

Auch wäre es nicht zu verantworten, wenn Handelsreisende für Gifte private Haushaltungen aufsuchen könnten; sie dürfen nur bei Wiederverkaufern und in Betrieben Bestellungen aufnehmen (Abs. l, Buchstabe b). Damit der Verbraucher in jedem Fall von den auf der Verpackung angebrachten Vorsichts- und Schutzmassnahmen Kenntnis nehmen kann, ist es ferner verboten, dass Gifte, die in Originalpackungen erhältlich sind, durch den Verkäufer in noch kleineren Mengen « detailliert » und damit nicht mehr in Original-, sondern in neutralen Packungen abgegeben werden, bei denen leicht Verwechslungen vorkommen können (Abs. l, Buchstabe c).

Im übrigen kann der Bundesrat wenn nötig die Verwendung bestimmter giftiger Stoffe zu bestimmten Zwecken verbieten (Abs. 3). Ein solches generelles Verbot kommt nur für Grundstoffe in Frage, und nur dann, wenn Leben oder Gesundheit auf keine andere Weise zu schützen sind. Es sei z. B. auf das Verbot der Verwendung von Benzol oder Tetrachlorkohlenstoff als Lösungsmittel in gewerblichen Produkten oder Haushaltprodukten verwiesen. Da es sich um eine wichtige Befugnis handelt, soll sie dem Bundesrat zustehen.

Bei einem einzelnen Produkt wird die unangezeigte Verwendung dadurch verhindert werden können, dass dessen Aufnahme in die Giftliste an eine entsprechende Bedingung oder Auflage geknüpft wird (vgl. Art. 4, Abs. 3).

IV. Schutzmassnahmen (Art. 14-17) L Grundsatz (Art. 14)
Artikel 14 statuiert die allgemeine Verpflichtung, Schutzmassnahmen zu treffen. Da sich der Verkehr mit Giften in allen Schichten der Bevölkerung abspielt, ist eine allgemeine Verpflichtung zum Schütze von Leben oder Gesundheit notwendig.

1449 Zu dieser allgemeinen Verpflichtung gehören neben den in den nachstehenden Artikeln besonders aufgeführten Schutzmassnahmen z.B. auch die Massnahmen zur Verhütung von Schäden durch Schädlingsbekämpfungsmittel und andere Stoffe, deren Anwendung die unmittelbare Umgebung gefährden kann.

Ferner fallen darunter die Massnahmen bei Diebstahl oder Verlust. Der Bestohlene oder Verlierer muss verpflichtet sein, Massnahmen zu ergreifen, die den Dieb oder den Finder und eventuell weitere Kreise, wozu auch die Tiere gehören, vor Schaden bewahren.

Innerhalb und zwischen Betrieben der chemischen Industrie kann die Einhaltung der im nachfolgenden Artikel 15 verlangten Verpackung»-, Beschriftungs- und Kennzeichnungsvorschriften nur teilweise verlangt werden. Auch solche Betriebe werden aber durch den Artikel 14 verpflichtet, die übrigen in ihrem Bereich zum Schütze von Leben oder Gesundheit notwendigen Massnahmen zu ergreifen.

Obschon man einer Hausfrau kaum vorschreiben kann, wo sie ihre giftigen Haushaltprodukte aufzubewahren hat, kann man doch verlangen, dass diese für die Kinder unerreichbar aufzubewahren sind. So wird der Aufbewahrung von Giften in der Vollziehungsverordnung ziemlich viel Raum eingeräumt werden müssen. Es geht dabei nicht nur um die Aufbewahrung der Gifte in Handel, Industrie und Gewerbe, sondern um die Aufbewahrung allgemein. Die immer wieder gemeldeten Vergiftungsfälle durch Trinken von Säuren und Laugen aus Bier-, Limonade- und Weinflaschen, durch Verwechslung von pulverförmigen Giften mit Mehl, Backpulver und dergleichen zeigen deutlich, wie sorglos mit solchen Stoffen oft umgegangen wird. Die Vorschriften sollen zum Zwecke haben, den Kontrollbeamten die Möglichkeit zu geben, bei unsachgemässer Aufbewahrung einzuschreiten und nötigenfalls Anzeige zu erstatten.

2. Verpackungen und Behälter im besondern (Art. 15) Artikel 15 ist einer der wichtigsten Artikel. Er regelt die zum Schütze von Leben oder Gesundheit notwendige Beschaffenheit von Verpackungen und Behältern (Abs. 1), deren Beschriftung (Abs. 2) sowie die Kennzeichnung der Gifte (Abs. 3). Wie die Praxis bis heute gezeigt hat, können weder durch ein Bewilligungssystem noch durch die grundsätzliche Beschränkung der Abgabe und des Bezuges von Giften auf Bewilligungsinhaber Vergiftungen im privaten Haushalt und besonders bei
Kindern immer -s erhütet werden. Aus diesem Grunde kommt den Schutzmassnahmen, die sich auf Verpackungen und Behälter beziehen, grösste Bedeutung zu.

Grundsätzlich müssen die Verpackungen und Behälter so beschaffen sein, dass das ungewollte Verstäuben, Verdampfen oder Ausfliessen nach Möglichkeit verhindert wird. Daneben ist auch der Form grösste Beachtung zu schenken. Die Form der Verpackungen und Behalter darf keinen Anlass zu Verwechslungen geben (Abs. 1). So sollen flüssige Gifte der Klassen l und 2 im Detailverkauf nur in den dafür bestimmten Behältern abgegeben werden; Flaschen, die normalerweise der Aufbewahrung anderer Flüssigkeiten dienen, dürfen dazu nicht verwendet werden.

1450 Ein wichtiges Erfordernis zur Vermeidung von Verwechlsungen ist die Farbe der Verpackungen. Sie muss so gewählt werden, dass die besonderen Kennzeichnungen, z. B. vorgeschriebene farbige Bänder, welche die wichtigen Angaben enthalten, sich abheben und nicht mit der übrigen Farbe der Verpackung verschmelzen. So wird die Vollziehungsverordnung Angaben über die Gestaltung der farbigen Bänder und der Beschriftung enthalten müssen. Als Hauptmerkmal soll das rund um die Packung geführte farbige Band dienen, das schon durch seine Farbe einen Hinweis auf die Giftigkeit gibt. Auf diesem Band sollen die Aufschriften über die Art des Giftes gegebenenfalls den prozentualen Gehalt an giftiger Wirksubstanz, die Giftklasse und die wichtigsten Schutzmassnahmen aufgedruckt sein.

Zudem haben aus der Beschriftung gegebenenfalls noch die Massnahmen der ersten Hilfe für den Fall der Vergiftung, ferner immer der Verkäufer, Hersteller oder Importeur sowie wenn möglich ein Hinweis auf die Verwendung hervorzugehen (Abs. 2). Für den Verbraucher sind die Angaben auf den farbigen Bändern insbesondere deshalb sehr wichtig, da er durch sie erfährt, mit welchem Stoff er es zu tun hat und welche Vorsichtsmassnahmen er bei der Verwendung ergreifen muss.

Wie auch die in der Schweiz festgestellten Fälle zeigen, kommt ein grosser Teil der Vergiftungen bei Kleinverbrauchern und besonders im Haushalt vor.

Damit bei solchen Vergiftungen nicht wertvolle Zeit für Nachforschungen nach der Art des Wirkstoffes verloren geht, sollen starke Gifte mit der Angabe des prozentualen Giftgehaltes versehen sein. Dagegen kann bei Produkten, die nur Gifte der Klassen 4 und 5 enthalten, gegebenenfalls von der Deklaration des prozentualen Gehaltes an aktiver Wirksubstanz ganz oder teilweise abgesehen werden. Das Eidgenössische Gesundheitsamt wird von Fall zu Fall entscheiden müssen, ob eine Angabe des prozentualen Gehaltes an aktiver Wirksubstanz notwendig ist, oder ob die Angabe der Art des Giftes genügt.

Was die Kennzeichnung der Gifte selbst betrifft (Abs. 3), so müssen Gifte der Klassen l, 2 und 3 vergällt, gefärbt oder mit einem Warngeruch versehen werden, wenn sie an den Verbraucher gelangen.

Der ständige Fluss im Fabrikationsgang der chemischen Industrie macht es unmöglich, für diese die gleichen Vorschriften über die Beschriftung und
Kennzeichnung sowie die Färbung, Vergällung und den Warngeruch aufzustellen. Innerhalb der chemischen Industrie gilt die Regel, dass alle verwendeten Stoffe, deren Ungefährlichkeit nicht einwandfrei feststeht, grundsätzlich als Gifte anzusehen sind. Das Fehlen der Beschriftung und Kennzeichnung auf den Behältern in den Fabrikanlagen sowie das Fehlen eines Warngeruchs oder einer oft überflüssigen oder sogar undurchführbaren Färbung oder Vergällung der Gifte selbst sollte daher hier keinen Anlass zu fatalen Verwechslungen geben. Beim Verkehr innerhalb oder zwischen solchen Betrieben und - sofern diese die gleichen Anforderungen erfüllen - auch Betrieben des Chemikalien-Grosshandels oder in bestimmten Betrieben des Grossverbrauchs kann somit auf gewisse Verpflichtungen betreffend Beschriftung und Kennzeichnung der Behälter verzichtet werden (Abs. 4).

Ganz allgemein kommen aber Erleichterungen hinsichtlich der Beschriftung und Kennzeichnung sowie der Färbung, des Warngeruchs und der Vergällung nur für

1451

Betriebe in Frage, die der obligatorischen Unfallversicherung gemäss dem Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung (BS 8,281) unterstehen. So kann z. B. bei den Anstrichstoffen der berufsmässige Verbraucher mit einem besonderen Kennzeichnungssystem auf den Gefährlichkeitsgrad des Inhaltes eines Behälters aufmerksam gemacht werden. Selbstverständlich muss dafür gesorgt werden, dass das Kennzeichnungssystem beim Verbraucher bekannt ist; diese Kenntnis kann z. B. in der Berufslehre der Maler vermittelt werden. Ein besonderes System für die Kennzeichnung der Anstrichstoffe ist aus diesem Grunde auch nur bei der Abgabe an die berufstätigen, gelernten Maler anwendbar, nicht jedoch bei den in den Detailhandel gelangenden Anstrichstoffen, wo eine lückenlose Beschriftung und Kennzeichnung verlangt werden muss.

Da für die Beschriftung und Kennzeichnung viele Detailvorschriften nötig sind, sollen im Gesetz nur die hauptsächlichsten Punkte festgelegt und im übrigen die Einzelheiten soweit möglich in der Vollziehungsverordnung geregelt werden.

So wird es nötig sein, die Warnaufschriften zum Schütze des Verbrauchers, für den Schutz der wildlebenden Tiere, der Vögel und der nützlichen Insekten, Angaben über die erste Hilf e und alle anderen auf den Packungen erforderlichen Angaben für die verschiedenen Fälle festzulegen und irreführende oder unklare Texte wie «nicht giftig», «nur wenig giftig» usw. zu verunmöglichen. Dasselbe gilt auch für die Aufmachung der Packung, welche keinen Anlass zu Verwechslungen und Täuschungen geben darf.

3. Unschädlichmachung (Art. 16) Neben der Bezeichnung und Kennzeichnung von Verpackungen und Behältern giftiger Stoffe und Produkte ist die sachgemässe Unschädlichmachung von Giften, d.h. vor allem von Giftresten, eine weitere wichtige Schutzmassnahme.

Gifte, die der Besitzer nicht mehr aufbewahren will oder nicht mehr vorschriftsgemäss aufbewahren kann, sind unschädlich zu machen (Abs l. und 2). Da der Besitzer die im Kleinverkauf bezogenen Gifte normalerweise nicht selbst sachgemäss unschädlich machen kann, wird ihm die Verpflichtung auferlegt, nicht verbrauchte Gifte dem Verkäufer zurückzugeben (Abs. 3). Kann der zur Unschädlichmachung verpflichtete Besitzer, z. B. der Inhaber einer Drogerie, eines Gewerbe- oder Industriebetriebes, die Gifte nicht selbst unschädlich
machen, so haben dafür die Kantone zu sorgen, nötigenfalls unter Mitwirkung des Bundes und in Zusammenarbeit mit den Fachverbänden (Abs. 4). Die kantonalen Behörden sollen nur für die Unschädlichmachung von aus Industrie und Gewerbe übergebenen Giften Gebühren erheben dürfen, die sich nach dem verursachten Zeitaufwand und den angewendeten technischen und materiellen Mitteln richten werden. Es sollen ihnen jedoch von Gewerbe- und Industriebetrieben keine Gifte übergeben werden, die diese selbst vernichten können. In Absatz 5 wird schliesslich der Grundsatz aufgestellt, dass die Unschädlichmachung ohne Verunreinigung von Wasser, Luft oder Boden zu geschehen hat.

Auch für die Unschädlichmachung wird die Vollziehungsverordnung präzisierende Bestimmungen enthalten. So soll z. B. festgelegt werden, dass unter

1452 «unschädlich» entweder ein Zustand verstanden wird, in dem der Stoff keine die Gesundheit schädigende Wirkung mehr besitzt, oder eine Aufbewahrung in der Weise, dass der Stoff keinen Schaden anrichten kann. Das bedeutet, dass ein Gift nicht einfach fortgeworfen, vergraben oder in ein Gewässer geschüttet werden darf. Damit der Besitzer eines im Kleinverkauf bezogenen Giftes weiss, dass er Giftreste an den Verkäufer zurückgeben muss, wenn er sie nicht mehr aufbewahren will oder nicht mehr vorschriftsgemäss aufbewahren kann, soll auf den Giftscheinen und Empfangsbestätigungen sowie im Giftbuch ein entsprechender Hinweis angebracht werden. Ausserdem kann auf den Packungen angegeben werden, was mit einem Giftrest zu geschehen hat oder wem er zurückgegeben werden muss.

4. Besondere Schutzmassnahmen in Betrieben (Art. 17) Die Bestimmungen des Entwurfs über die Giftliste, über die Berechtigung zum Verkehr mit Giften wie auch über die oben erläuterten allgemeinen Schutzmassnahmen - Beschaffenheit der Verpackungen, Beschriftung usw. - dienen dem Schutz der Allgemeinheit und damit auch dem Schutz der Arbeitnehmer. Sie stellen geradezu die notwendigen Voraussetzungen für einen wirksamen Arbeitnehmerschutz dar. Nun leuchtet aber ohne weiteres ein, dass sich für Betriebe, die mit Giften verkehren, noch besondere Schutzmassnahmen aufdrängen. Ihre Arbeitnehmer kommen durch die berufliche Tätigkeit mit Giften besonders eng in Berührung und müssen deshalb auch zusätzlich geschützt werden.

Für die dem Arbeitsgesetz und dem Kranken- und Unfallversicherungsgesetz unterstehenden Betriebe besteht seit Jahren eine besondere Arbeitnehmerschutz-Gesetzgebung des Bundes (AS 1966, 57; BS 8, 281). Gestützt auf sie sind Verordnungen des Bundesrates, Verfügungen von Departementen und Weisungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt erlassen worden, die den Schutz der Arbeitnehmer vor Vergiftungen oder Berufskrankheiten zum Gegenstand haben. Diese klassische Arbeitnehmerschutz-Gesetzgebung soll durch das Giftgesetz in keiner Weise tangiert werden. Hingegen wird sie dank den allgemeinen Schutzbestimmungen des Giftgesetzes bedeutend wirksamer sein als bisher.

Immerhin besteht die Möglichkeit, durch das Giftgesetz Lücken auszufüllen'. Zu denken ist einmal an bestimmte Bedingungen oder Auflagen zum Schütze der Arbeitnehmer,
die sich für die Betriebe aufdrängen im Zusammenhang mit der Aufstellung der Giftliste oder mit der Anmeldung neuer Gifte. Ferner ist an die in der Arbeitnehmerschutz-Gesetzgebung nicht generell enthaltene Vorschrift, dass Betriebe Hinweise für die erste Hilfe bekannzumachen haben, zu denken.

Besondere Schutzmassnahmen sind aber vor allem auch für jene Betriebe notwendig, die den genannten Gesetzen nicht unterstehen (Landwirtschaftsbetriebe, Gartenbaubetriebe usw.). Nach Artikel 100 des Landwirtschaftsgesetzes (AS 1953,1073) ist zwar der Arbeitnehmerschutz ganz allgemein vorgeschrieben, ohne dass aber bis jetzt spezielle Bestimmungen zum Schütze der Arbeitnehmer gegen Vergiftungen oder Berufskrankheiten erlassen worden wären oder demnächst erlassen werden dürften.

1453 Der in Absatz 2 aufgenommene Vorbehalt hält einerseits die Priorität der klassischen Arbeitnehmerschutz-Gesetzgebung des Bundes und anderseits die Subsidiarität des Giftgesetzes für den Arbeitnehmerschutz fest. Dadurch, dass dieser Vorbehalt in Artikel 17 und nicht in Artikel l aufgenommen ist, wird unmissverständlich dargetan, dass er ausschliesslich für den besonderen Arbeitnehmerschutz gilt und nicht auch für andere Bestimmungen des Giftgesetzes, die dem Schutz der Allgemeinheit und damit ebenfalls dem Arbeitnehmerschutz dienen ; für diese Bestimmungen gilt ausschliesslich das Giftgesetz.

V. Förderung der Kenntnisse über Gifte und Vergiftungen (Art. 18-20)

1. Dokumentationsstelle (Art. 18) Der Vorentwurf von 1961 hatte eine Bestimmung enthalten, wonach am Eidgenössischen Gesundheitsamt ein toxikologisches Laboratorium für die bei der Durchführung des Gesetzes notwendigen experimentellen Arbeiten hätte errichtet werden sollen. Gegen diesen Vorschlag hatten sich im Vernehmlassungsverfahren zahlreiche Widerstände erhoben, so dass die Expertenkommission nach eingehender Diskussion davon absah, ihn noch weiter zu verfolgen. Sie sprach sich aber für die Errichtung einer toxikologischen Dokumentationsstelle aus ; damit über die Aufnahme eines Stoffes oder Produktes in die Giftliste befunden werden könne, müsse das Gesundheitsamt über eine leistungsfähige Stelle dieser Art verfügen. Wir haben uns dieser Auffassung angeschlossen.

Neben den aus Tierversuchen resultierenden und errechneten tödlichen Dosen sind insbesondere die Tatsachen aus Vergiftungen am Menschen wichtig, wobei ausser der akuten Toxizität auch die chronischen und kanzerogenen Wirkungen eine wesentliche Rolle spielen. Die Dokumentationsstelle ist eine Sammel- und Registraturstelle für Angaben, welche für die Klassierung der Gifte und Produkte und für die Festlegung der Schutzmassnahmen benötigt werden. Aufgabe der Dokumentationsstelle wird es auch sein, die Ergebnisse von Expertisen zu sammeln, zu registrieren und auszuwerten und neben den in Fachzeitschriften und Fachbüchern sowie anderen Publikationen veröffentlichten Angaben dem Fachausschuss für die Beurteilung von Grundstoffen und Produkten vorzulegen.

2. Giftauskunftsstellen (Art. 19) Artikel 19 bestimmt, dass Giftauskunftsstellen unter den in der Vollziehungsverordnung festzulegenden Bedingungen Beiträge an ihre Kosten gewährt und Angaben über die Zusammensetzung von Erzeugnissen zum Zwecke der Auskunftserteilung gemacht werden können.

Giftauskunftsstellen sind ärztlich geleitete Informationszentren, die den Zweck verfolgen, Spitälern und Ärzten alle notwendigen Auskünfte zu erteilen, um ein Gift zu identifizieren und dessen Wirkung innert kürzester Frist zu bekämpfen, sowie das Publikum über die Gefahren der giftigen Produkte und über die zu ergreifenden Massnahmen im Falle einer Vergiftung zu orientieren. Um einen Bundesbeitrag zu erhalten, sollen diese Stellen vor allem die Forderung des

1454 24-Stunden-Betnebes sowie die Bedingung erfüllen, dass nur Ärzte Auskünfte erteilen dürfen. Auf privater Basis geschaffene Auskunftsstellen sollen Beiträge nur erhalten, sofern sie auf gemeinnütziger Grundlage betrieben werden. Der Bund wird seine Hilfe nur einer beschränkten Zahl von Stellen zukommen lassen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass neben dem zur Zeit bestehenden toxikologischen Informationszentrum in Zürich, das vom Schweizerischen Apothekerverein gegründet wurde, noch weitere Auskunftsstellen errichtet werden, ist übrigens gering, weil der Betrieb mit erheblichen Kosten verbunden ist. Es ist möglich, dass ausser dem Zentrum in Zürich einmal ein solches in der welschen Schweiz entstehen könnte; dagegen ist kaum damit zu rechnen, dass auch in der italienischen Schweiz eine Giftauskunftsstelle errichtet wird, da Aufwand und Bedarf in einem Missverhältnis stehen würden. Der Bund wird sich daher darauf beschränken, seine Hilfe bei Bedarf zwei, allerhöchstens drei Giftauskunftsstellen zu gewähren.

Die Giftauskunftsstellen sollen vom Eidgenössischen Gesundheitsamt Angaben über die Zusammensetzung von giftigen Produkten nur zum Zwecke der Erteilung von Ratschlägen für die Behandlung von Vergiftungsfällen erhalten.

Insbesondere dürfen sie keine Auskünfte über die Zusammensetzung von Produkten an Privatpersonen, Betriebe und nichtärztliche Stellen geben.

Gemäss Artikel 29 unterstehen die Organe der Giftauskunftsstellen und die Empfänger von Auskünften der Giftauskunftsstellen der Schweigepflicht; diese bezieht sich selbstverständlich nicht auf Angaben über die Therapie.

3. Lehre und Forschung (Art. 20) Artikel 20 gibt dem Bund den Auftrag, die wissenschaftliche Lehre und Forschung auf dem Gebiete der Toxikologie zu fördern.

In diesem Zusammenhang sei auf das Postulat von Herrn Nationalrat Lang vom 9. Dezember 1965 betreffend Errichtung und Betrieb eines zentralen toxikologischen Institutes, z.B. an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, hingewiesen, das vom Nationalrat am 1. Juli 1966 angenommen wurde.

Um jedoch das Giftgesetz nicht durch umfangreiche und zeitraubende Abklärungen noch weiter hinauszuzögern, verzichtete die Expertenkommission darauf, die Frage eines toxikologischen Institutes im Gesetz selbst zu regeln, und liess es beim allgemein gehaltenen Auftrag an den
Bundesrat, die Lehre und Forschung auf dem Gebiete der Toxikologie zu fördern, bewenden. Der Bundesrat hat sich dieser Auffassung angeschlossen, umsomehr, als der Bund die allgemeine Förderung der kantonalen Hochschulen eingeleitet hat und ferner den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung finanziert. Es wird zu prüfen sein, ob über diese Massnahmen hinaus spezifische Anstrengungen auf dem Gebiete der toxikologischen Lehre und Forschung, und allenfalls welche, am Platze sind.

Im Hinblick auf allfällige spätere Auseinandersetzungen über die Bedeutung des Wortes «fördert» in Artikel 20 sei festgehalten, dass mit dieser Bestimmung keine selbständige Finanzierungsbasis für die Förderung der wissenschaftlichen

1455 Lehre und Forschung auf dem Gebiete der Toxikologie geschaffen wird. So würde auch das Projekt eines toxikologischen Instituts, von dem vorstehend die Rede ist. einen besondern Bundesbeschluss erheischen.

VI. Behörden und Verfahren (Art. 21-31)

1. Kantone und Bundesaufsicht (Art. 21 und 22) Gemäss Artikel 69Ms, Absatz 2 der Bundesverfassung haben die Kantone grundsätzlich die gesetzlichen Bestimmungen über den Giftverkehr zu vollziehen, und zwar unter der Aufsicht und mit der finanziellen Unterstützung des Bundes.

Nach Artikel 21, Absatz l des Entwurfs sind die Kantone zunächst gehalten, die zuständigen Vollzugsbehörden zu bezeichnen und die notwendigen organisatorischen Bestimmungen zu erlassen. Die Expertenkommission hat dabei dem dringenden Wunsche Ausdruck gegeben, die Kantone möchten ihre Sanitätsbehörden (Kantonschemiker, Lebenmittelinspektoren usw.) mit dem Vollzug des Gesetzes betrauen. Wir schliessen uns diesem Wunsche an.

Die von den Kantonen zu erlassenden organisatorischen Bestimmungen sind dem Bundesrat zur Genehmigung zu unterbreiten, wobei es sich hier um eine Ordnungsvorschrift handelt. Da die Regelung des Giftverkehrs durch den Bund eine abschliessende sein soll, werden die Kantone dagegen keine materiellrechtlichen Vorschriften aufzustellen haben (vgl. Art. 39, Abs. 3).

Weiter müssen nach Artikel 21, Absatz 2 die zuständigen kantonalen Behörden den Giftverkehr auf ihrem Gebiet überwachen, was durch die Erteilung der Bewilligungen gemäss den Artikeln 8 und 9 sowie die Kontrolle der Durchführung der Schutzmassnahmen gemäss den Artikeln 14 bis 17 geschieht. Mit Bezug auf den Vorbehalt zugunsten der Artikel 25, Absatz l und 27 sei auf die Ausführungen zu diesen Bestimmungen verwiesen.

Was die Gebührenerhebung durch die Kantone betrifft (Abs. 2, Satz 2), so wollte die Expertenkommission diese, abgesehen von der Gebührenerhebung für die Unschädlichmachung von Giften gemäss Artikel 16, Absatz 4, auf die Bewilligungserteilung beschränken. Für andere Amtshandlungen, wie die Durchführung von Kontrollen und Proben-Entnahmen, sollten keine Gebühren erhoben werden können. Der Bundesrat vertritt demgegenüber - in Anlehnung an Artikel 34, Absatz 3 des Betäubungsmittelgesetzes (AS 7952, 241) - die Auffassung, dass für besondere Kontrollen die Befugnis zur Gebührenerhebung statuiert werden sollte. Eine solche Lösung rechtfertigt sich umsomehr, als der Bundesrat mit Bezug auf den Umfang der Beitragsleistung des Bundes an die Kantone die Ansicht der Expertenkommission nicht teilen kann (vgl. die Ausführungen zu Art. 21, Abs. 3). Im
übrigen wird mit dem Inkrafttreten des Gesetzes die bisherige Befugnis der Kantone, für das Inverkehrbringen von Giften eine Gebühr zu erheben, entfallen, da die Zulassung von Giften zum Verkehr in der Kompetenz des Bundes steht (vgl. Art. 25, Abs. l in Verbindung mit Art. 4-6). Um eine möglichst einheitliche Gebührenerhebung durch die Kantone zu gewährleisten, soll der Bundesrat einen Rahmen für die Gebühren festsetzen.

1456 Die Oberaufsicht des Bundes über den kantonalen Vollzug des Gesetzes wird in Artikel 22 ausdrücklich festgehalten, wobei auch auf seine Weisungsbefugnis hingewiesen wird.

Die Beitragsleistung des Bundes an die Kantone (Art. 21, Abs. 3) soll nach der Finanzkraft der Kantone abgestuft werden, wobei die Ansätze von 30 bis 50 Prozent denjenigen des Bundesgesetzes vom S.Dezember 1905 betreffend den Verkehr mit LebensmitteltL und Gebrauchsgegenständen entsprechen (vgl.

Art. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über den Finanzausgleich unter den Kantonen, AS 1959, 931). Die Expertenkommission vertrat dabei die Auffassung, dass - entgegen dem im Bundesgesetz vom 23.Dezember 1953 über besondere Sparmassnahmen (AS 1954, 559) angewendeten Grundsatz - auch die Personalausgaben subventioniert werden sollten, da diese die Hauptrolle spielten und von den kleinen Kantonen nicht würden aufgebracht werden können, so dass der einwandfreie Vollzug des Gesetzes in Frage gestellt wäre. Der Bundesrat konnte aber aus grundsätzlichen und rechtlichen Erwägungen einer solchen Ausnahmeregelung nicht beipflichten.

2. Bundesbehörden (Art. 23-27) a. Bundesrat (Art. 23) Die Hauptaufgabe des Bundesrates, der Erlass der notwendigen Ausführungsbestimmungen, ist im Abschnitt «VIII. Übergangs- und Schlussbestimmungen» (Art. 39, Abs. 2) festgehalten. Im vorliegenden Artikel (Abs. 3 und 4) wird der Bundesrat speziell mit der Regelung gewisser organisatorischer Fragen, d. h. der Form der Veröffentlichung der Giftliste (vgl. die Ausführungen zu Art. 4 a. E.) und der Festlegung der für Anmeldung und Prüfung der Gifte zu entrichtenden Gebühren sowie der Zusammenarbeit zwischen der Zollverwaltung und dem Eidgenössischen Gesundheitsamt bei der Überwachung der Gifteinfuhr, beauftragt.

Ferner hat der Bundesrat die vor allem für den Vollzug des Gesetzes notwendige beratende Kommission, die Eidgenössische Giftkommission, zu bestellen (Abs. 1). Diese Kommission soll aus Vertretern der zuständigen eidgenössischen und kantonalen Amtsstellen, der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt, der Wissenschaft und der interessierten Wirtschaftskreise gebildet werden. Ihre Aufgabe besteht darin, zuhanden der Bundesbehörden Fragen der Rechtssetzung und grundsätzliche Fragen des Vollzugs zu begutachten. Sie wird insbesondere beim
Erlass von Ausführungsbestimmungen (Art. 39, Abs.2) sowie z.B. bei der Lösung von grundsätzlichen Problemen, die sich im Zusammenhang mit der Führung der Giftliste stellen - wie der Festlegung von Einteilungsgrundsätzen (Art. 25 und 24), mitzuwirken haben. Es wird im übrigen ausdrücklich ihre Befugnis, Anregungen zu machen, festgehalten.

Schliesslich ist es Aufgabe des Bundesrates, die in Artikel 31, Absatz 2 vorgesehene Expertenkommission zu bestellen (Abs. 2); diese soll vom Eidgenössischen Departement des Innern vor der Beurteilung von Beschwerden, die sich gegen Verfügungen betreffend die Aufnahme von Giften in die Giftliste richten, auf Begehren des Beschwerdeführers angehört werden.

1457 b. Eidgenössisches Departement des Innern (Art. 24) In die Zuständigkeit des Departements des Innern fallt die Einsetzung des sogenannten Fachausschusses, dessen Aufgabe in der Begutachtung der Gifte, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme in die Giftliste, besteht, wozu auch die Einteilung in die Giftklassen und die Festlegung allfälliger Bedingungen oder Auflagen gehört (vgl. Art. 4). Der Fachausschuss soll vor allem dem Eidgenössischen Gesundheitsamt als beratendes Gremium dienen (Art. 25) ; er wird ferner gewisse grundsätzliche Fragen des Vollzugs vor der Behandlung in der Eidgenössischen Giftkommission zu bearbeiten haben (vgl. die Ausführungen zu Art. 23, Abs. l und Art. 13, Abs. 3). Aus dem Aufgabenkreis des Fachausschusses ergeben sich auch dessen Zusammensetzung und Umfang : es sollen darin die zuständigen eidgenössischen und kantonalen Amtsstellen (Arbeitsärztlicher Dienst des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit, eidg. landwirtschaftliche Versuchsanstalten, Eidg. Gesundheitsamt, Kantonschemiker), die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und die Wissenschaft, dagegen nicht die interessierten Wirtschaftskreise vertreten sein, und er soll nur eine kleine Anzahl von Mitgliedern umfassen. Die Verbindung zur Eidgenössischen Giftkommission wird dadurch gewährleistet werden können, dass der Vorsitzende und ein weiteres Mitglied des Fachausschusses dieser angehören.

c. Eidgenössisches Gesundheitsamt (Art.25) In Absatz l des vorliegenden Artikels werden die Aufgaben des Gesundheitsamtes im allgemeinen umschrieben. Die Hauptaufgabe des Gesundheitsamtes besteht in der Führung der Gifiliste, wozu in erster Linie die Aufnahme von Giften in die Giftliste gehört; es sei auf die Ausführungen zu den Absätzen 2 bis 5 verwiesen. Eine unerlässliche Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgabe bilden Aufbau und Unterhalt der toxikologischen Dokumentationsstelle gemäss Artikel 18. Ferner hat das Gesundheitsamt mit Bezug auf die Betriebe des Bundes die Bewilligungen zu erteilen und hier für die Durchführung der Schutzmassnahmen zu sorgen. Soweit es sich aber um den Vollzug der Arbeitnehmerschutzmassnahmen in Betrieben handelt, die dem Arbeitsgesetz oder der obligatorischen Unfallversicherung gemäss dem Kranken- und Unfallversicherungsgesetz unterstehen, sind die Bestimmungen dieser Gesetze
massgebend (vgl. die Darlegungen zu Art.27). Schliesslich hat das Gesundheitsamt die Aufgaben zu erfüllen, die sich aus der Oberaufsicht des Bundes (Art.22) und aus der Zusammenarbeit mit der Zollverwaltung hinsichtlich der Überwachung der Gifteinfuhr (Art.26) ergeben.

In den Absätzen 2 bis 5 wird speziell das Verfahren der Aufnahme von Giften in die Giftliste geregelt. Das Gesundheitsamt hat für die Aufnahme angemeldeter Stoffe oder Erzeugnisse in die Giftliste grundsätzlich das Gutachten des Fachausschusses einzuholen und seiner Verfügung zugrunde zu legen (Abs. 2 so wie Art. 4-6 und Art. 24). Ein vereinfachtes Verfahren wird für die Aufnahme von sogenannten Publikumsprodukten vorgesehen (vgl. die Ausführungen zu Abs. 3). Das Gesundheitsamt kann auch, ohne dass eine Anmeldung vorliegt,

1458 Stoffe oder Erzeugnisse von Amtes wegen auf ihre Giftigkeit prüfen oder prüfen lassen und ihre Aufnahme in die Giftliste verfügen (Abs. 5).

Da die sogenannten Publikumsprodukte, wozu vor allem Haushaltsprodukte und Schädlingsbekämpfungsmittel gehören, in grosser Zahl und oft in ähnlicher, ja gleicher Zusammensetzung in den Verkehr gebracht werden, vertraten bei den Schlussberatungen der Expertenkommission insbesondere die Kreise der Wirtschaft die Auffassung, dass für diese Produkte das ordentliche Anmelde- und Aufnahmeverfahren nicht angewendet werden könne, was zur Formulierung von Minderheitsanträgen im Expertenbericht führte. In späteren Verhandlungen konnte aber mit diesen Kreisen die Kompromisslösung eines vereinfachten Aufnahme Verfahrens gefunden werden. Das Gesundheitsamt hat nun bei Publikumsprodukten grundsätzlich binnen zwei Monaten seit der Anmeldung über die Aufnahme in die Giftliste zu entscheiden, ohne dass es das Gutachten des Fachausschusses einholt. Dies hat nur im Zweifelsfalle zu geschehen, wobei das Gesundheitsamt dem Fachausschuss unverzüglich die Anmeldung zur Prüfung überweist; die Prüfung der Publikumsprodukte geniesst den Vorrang (Abs. 3). Im übrigen ist es Sache des Bundesrates, zu bestimmen, welche Erzeugnisse als Publikumsprodukte gelten (Abs. 4).

d. Zollverwaltung (Art. 26) Die Kontrolle der Gifteinfuhr, die gemäss Art. 69WB, Absatz 3 der Bundesverfassung dem Bund obliegt, ist von der Zollverwaltung im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Gesundheitsamt durchzuführen. Die Zollverwaltung wird unter anderm darüber zu wachen haben, dass der Importeur Inhaber einer Bewilligung ist (vgl. Art. 8).

e. Vollzugsbehörden für Arbeitsgesetz und Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (Art. 27) Für den Vollzug der Arbeitnehmerschutzmassnahmen in Betrieben, die dem Arbeitsgesetz oder der obligatorischen Unfallversicherung gemäss dem Kranken- und Unfallversicherungsgesetz unterstehen, besteht gestützt auf diese Gesetze bereits eine gut ausgebaute Kontrollorganisation (AS 1966, 57; BS 8, 281).

Es soll diesen Instanzen auch der Vollzug der spezifischen Arbeitnehmerschutzmassnahmen gemäss Giftgesetz übertragen werden, der grundsätzlich den kantonalen Vollzugsbehörden für das Giftgesetz obliegen würde (Art. 21, Abs. l und 2).

Dadurch kann vermieden werden, dass ein Betrieb mit
Bezug auf den Arbeitnehmerschutz von zwei Instanzen kontrolliert wird. Selbstverständlich wird sich die Durchführung der Kontrollen nach den Bestimmungen des Arbeitsgesetzes und des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes richten.

Für die Kontrolle von Betrieben, die sowohl dem Arbeitsgesetz als auch der obligatorischen Unfallversicherung gemäss dem Kranken- und Unfallversicherungsgesetz unterstehen, ist die Koordination zwischen den Vollzugsinstanzen dieser beiden Gesetze geordnet. Mit Bezug auf die Betriebe, die nur dem Arbeitsgesetz unterstehen, wird noch zu prüfen sein, inwieweit eine gewisse Mitwirkung der Vollzugsbehörden des Giftgesetzes erwünscht wäre. Für die Kontrolle von

1459 Betrieben, die auch nicht dem Arbeitsgesetz unterstehen (Landwirtschaftsbetriebe, Gartenbaubetriebe usw.), sind ausschliesslich die Vollzugsbehörden des Giftgesetzes zuständig.

3. Auskunftspflicht und Schweigepflicht (Art. 28 und 29) Vor allem im Hinblick auf die Kontrolle des Giftverkehrs wurde es als notwendig erachtet, die Auskunftspflicht der am Giftverkehr beteiligten Personen festzulegen (Art. 28). Diese haben den Vollzugs- und Aufsichtsorganen, soweit es für die Durchführung des Gesetzes und der Ausführungsbestimmungen erforderlich ist, Auskunft zu erteilen, Einsicht in die Unterlagen zu gewähren und Zutritt zu den Betriebs- und Lagerräumen sowie Proben-Entnahmen zu gestatten. Die Bestimmung lehnt sich an die Regelung im Lebensmittelgesetz (Art. 11) wie auch an diejenige im Arbeitsgesetz (Art. 45) an.

Mit Bezug auf die Schweigepflicht erwies es sich als zweckmässig, alle in Frage kommenden Geheimnisträger zu erfassen (Art. 29). Für die Vollzugs- und Aufsichtsorgane, die Mitglieder der Eidgenössischen Giftkommission, der Expertenkommission nach Artikel 31, Absatz 2 und des Fachausschusses ergibt sich diese Pflicht allerdings schon aus der Eigenschaft als Beamter oder Mitglied einer Behörde (vgl. Art. 320 und 110 des Strafgesetzbuches, BS 3, 203). Für die Organe der Giftauskunftssteilen (Art. 19) und die Empfänger von Auskünften dieser Stellen dagegen ist, sofern diese nicht etwa Beamteneingenschaft haben, die ausdrückliche Statuierung der Schweigepflicht im Giftgesetz notwendig; die Pflicht zur Geheimhaltung des Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisses, um die es sich hier grundsätzlich handelt, muss nämlich gesetzlich oder vertraglich festgelegt sein, damit eine Verletzung strafrechtlich geahndet werden kann (vgl.

Art. 162 des Strafgesetzbuches). Die Schweigepflicht der Organe der Giftauskunftsstellen ist von besonderer Bedeutung für die Hersteller von Giften.

Anderseits ist es klar, dass diese Organe die Schweigepflicht nicht verletzen, soweit sie auf Grund der vom Bundesrat gemäss Artikel 19, Absatz 2 festgelegten Bedingungen zur Auskunftserteilung ermächtigt sind. Was die Schweigepflicht der Empfänger von Auskünften der Giftauskunftsstellen betrifft, so wird diese sich grundsätzlich nur für Fachleute, dagegen nicht auch für Laien auswirken, da an diese keine Auskünfte über die
Zusammensetzung von Giften erteilt werden dürfen. Es sei im übrigen auf die Ausführungen zu Artikel 19, Absatz 2 verwiesen.

4. Verfügungen der Vollzugsbehörden (Art. 30) Der Klarheit halber wird die Verfügungsbefugnis der Vollzugsbehörden (vgl. Art. 21, Abs. 2 und Art. 25) ausdrücklich im Gesetz festgelegt. Die Vollzugsbehörde hat, sofern jemand einer ihm auf Grund des Gesetzes oder der Ausführungsbestimmungen obliegenden Verpflichtung nicht nachkommt (es handelt sich vor allem um die Verpflichtung betreffend Schutzmassnahmen gemäss Art.

14-17), eine entsprechende Verfügung zu erlassen, wobei sie den Beteiligten vorher anhören muss.

1460 5. Verwaltungsrechtspflege (Art. 31) Die Formulierung dieses Artikels nimmt den Rechtszustand vorweg, wie er sich im Hinblick auf den gegenwärtigen Stand der parlamentarischen Beratungen der bundesrätlichen Entwürfe vom 24. September 1965 zu einem Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren und zu einem Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege ergibt (BB1 1965,11,1348 und 1265).

Gestützt auf den vorliegenden Giftgesetz-Entwurf sind drei Kategorien von Verfügungen für das Beschwerderecht wichtig: Verfügungen des Eidgenössischen Gesundheitsamtes über die Aufnahme von Stoffen und Erzeugnissen in die Giftliste (Art. 25), Verfügungen der zuständigen kantonalen Behörden betreffend die Bewilligungen und Verfügungen dieser Behörden bezüglich der Durchführung der Schutzmassnahmen (Art. 21, Abs. 2). Die Verfügungen des Gesundheitsamtes können zunächst an das Eidgenössische Departement des Innern (Abs. l, l. Satzhälfte), diejenigen der ersten kantonalen Instanz in der Regel an die Kantonsregierung weitergezogen werden.

Was den weiteren Beschwerdeweg anbelangt, so vertrat die Expertenkommission einhellig die Auffassung, dass, um jede Abhängigkeit von der Verwaltung auszuschliessen, in allen Fällen in letzter Instanz die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig sein müsse. Wir haben die Konzeption der Expertenkommission übernommen, umsomehr, als sie auch den bisherigen Beschlüssen der eidgenössischen Räte zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege entspricht (Abs. l, 2.Satzhälfte).

Zunächst war die Expertenkommission auch der Ansicht gewesen, dass gegen Verfügungen des Gesundheitsamtes über die Aufnahme von Giften in die Giftliste als erste Beschwerdeinstanz nicht das Departement des Innern, sondern eine Rekurskornmission angerufen werden sollte. Im Hinblick auf die vom Bundesrat in der Botschaft vom 24. September 1965 über den Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bunde verfolgte Politik, «die Zahl der eidgenössischen Rekurskommissionen nicht noch mehr aufzublähen» (vgl. die Ausführungen zu Art.103 a. E.), konnte sie sich aber mit einer Kompromisslösung, d.h. der Einsetzung einer vom Departement des Innern anzuhörenden unabhängigen Expertenkommission
einverstanden erklären. Wir haben uns dieser Lösung, obschon sie aussergewöhnlichist, angeschlossen, da sie uns angesichts der Wichtigkeit der Giftliste gerechtfertigt zu sein scheint (Art. 31, Abs. 2). Die Expertenkommission wird nur auf Begehren des Beschwerdeführers konsultiert werden, wobei dieser im Falle des Unterliegens die entsprechenden Kosten zu tragen hat. Im übrigen soll sie nur drei Mitglieder (und zwei Ersatzleute) umfassen.

Vn. Straf bestimmungen (Art. 32-37) 1. Widerhandlungen (Art. 32-34) In Artikel 32 werden die schwereren Widerhandlungen gegen das Gesetz angeführt und als Vergehen ausgestaltet. Die Strafandrohung laut et bei vorsätzlicher

1461 Begehung auf Haft oder Busse bis zu fünftausend Franken; in schweren Fällen kann auf Gefängnis bis zu sechs Monaten erkannt und damit Busse bis zu zwanzigtausend Franken verbunden werden (Ziff. 1). Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu zweitausend Franken (Ziff. 2).

Zu den Vergehenstatbeständen (Ziff. l, Abs. 1-6) gehören: - Inverkehrbringen eines noch nicht in die Giftliste aufgenommenen Giftes (vgl. Art. 5), - Verkehr mit Giften der Klassen l bis 4 ohne Bewilligung (vgl. Art. 3, Art. 8 und Art. 9, Abs. 2, Buchstabe a, Ziff. l und Buchstabe b, Ziff. l sowie Abs. 3), - Abgabe von Giften der Klassen l bis 3 an Bezüger ohne Bewilligungsausweis oder unbefugte Abgabe von Giften der Klasse 3 ohne Empfangsbestätigung (vgl. Art. 7-9), - Erschleichung einer Bewilligung oder Verwendung einer erschlichenen Bewilligung, - Unterlassung der vorgeschriebenen Schutzmassnahmen (vgl. Art. 15-17), - Verletzung der Schweigepflicht, sofern keine schwerere strafbare Handlung vorliegt (vgl. Art. 29).

Was die Erschleichung einer Bewilligung oder Verwendung einer erschlichenen Bewilligung betrifft, so ist die Aufnahme dieses Tatbestandes im Hinblick auf die grosse Zahl von Giftbüchern, die ausgestellt werden müssen, notwendig (vgl.

Art. 9, Abs. 2, Buchstabe a, Ziff. 1) ; das Strafgesetzbuch (BS 3.203) kennt keinen solchen Tatbestand.

Mit Bezug auf die Verletzung der Schweigepflicht sei auf folgendes hingewiesen: Die Bestimmung hat einen kleinen Anwendungsbereich, da sie nur zur Anwendung gelangt, sofern keine schwerere straf bare Handlung vorliegt. Eine solche ist einmal bei Verletzung des Amtsgeheimnisses gegeben (Art. 320 des Strafgesetzbuches). Unter diesen Tatbestand fallen, wie schon zu Artikel 29 ausgeführt wurde, die Vollzugs- und Aufsichtsorgane, die Mitglieder der Eidgenössischen Giftkommission, der Expertenkommission nach Artikel 31, Absatz 2 und des Fachausschusses. Weiter liegt eine schwerere strafbare Handlung bei Verletzung des Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisses vor (Art. 162 des Strafgesetzbuches). Dieser Tatbestand kommt für die Organe der Giftauskunftsstellen und Empfänger von Auskünften dieser Stellen in Frage, soweit sie nicht Beamteneigenschaft haben, wobei es sich um ein Antragsdelikt handelt. Somit verbleiben für den Anwendungsbereich der vorliegenden Bestimmung
höchstens die Organe von Giftauskunftsstellen und Empfänger von Auskünften, sofern sie nicht Beamte sind und in irgendeiner ändern Weise die Schweigepflicht verletzen sollten.

Artikel 33 enthält eine Generalklausel für weitere Widerhandlungen gegen das Gesetz oder die gestützt darauf erlassenen Ausführungsbestimmungen oder gegen Einzelverfügungen gemäss Artikel 30, wobei diese Widerhandlungen als Übertretungen ausgestaltet sind. Die Strafandrohung lautet bei vorsätzlicher Begehung auf Haft oder Busse bis zu fünftausend Franken, bei fahrlässiger Begehung auf Busse bis zu tausend Franken (Abs. l und 2). Anstelle der ordentlichen Bundesblatt. 120. Jahrg. Bd.I.

93

1462 Verjährungsfrist von einem Jahr gemäss Artikel 109 des Strafgesetzbuches wird, da diese kurz bemessen ist, eine solche von zwei Jahren vorgesehen (Abs. 3).

In Artikel 34 wird noch die Verantwortlichkeit der juristischen Personen, Gesellschaften und Einzelfirmen geregelt; bei ihnen sind die Straf bestimmungen auf diejenigen Personen anwendbar, welche die Tat verübt haben. Die gleiche Regelung gilt für Widerhandlungen, die sonst in Ausübung geschäftlicher oder dienstlicher Verrichtungen für einen ändern begangen werden. Die Formulierung entspricht der für das Bundesgesetz vom 13. Oktober 1965 über die Verrechungssteuer gewählten Fassung (vgl. Art. 66, Abs. 2, AS 1966, 371).

2. Übrige Bestimmungen (Art, 35-37) Die Artikel 35 bis 37 lehnen sich an die Artikel 24 ff. des Betäubungsmittelgesetzes (AS 1952, 241) an.

Artikel 3 5 legt fest, dass bei Vorliegen eines unrechtmässigen Vermögensvorteils der Richter den Täter zur Bezahlung des entsprechenden Betrages an den Staat zu verurteilen hat. Da die Strafverfolgung Sache der Kantone ist (vgl.

Art. 37), verfallen solche Beträge dem zuständigen Kanton.

Artikel 36 ordnet die Einziehung und Beschlagnahme von Giften und der dazugehörigen Behälter, die zur Begehung einer Widerhandlung gedient haben oder bestimmt waren oder durch eine solche hervorgebracht worden sind (instrumenta oder producta sceleris).

Die Bestimmung über die richterliche Einziehung ist in Anlehnung an Artikel 58 des Strafgesetzbuches formuliert, aber in die Kann-Form gekleidet, da die Einziehung nicht in jedem Fall gerechtfertigt ist. Eingezogene Gifte und Behälter gehen in das Eigentum des Staates über; ein allfälliger Erlös kann dem früheren Eigentümer je nach dessen Verschulden ganz oder teilweise zurückerstattet werden (Abs.l). Die Einziehung durch eine kantonale Verwaltungsbehörde auf Grund kantonalen Rechts bleibt ausdrücklich vorbehalten (Abs. 3).

Im übrigen werden die kantonalen Vollzugsbehörden ermächtigt, als vorsorgliche Massnahme die Beschlagnahme zu verfügen; sie können zu deren Durchführung die Hilfe der örtlichen Polizeiorgane in Anspruch nehmen (Abs. 2).

In Artikel 37 wird noch festgehalten, dass die Strafverfolgung in die Zuständigkeit der Kantone fällt. Was die Einsendung der Urteile, Strafbescheide der Verwaltungsbehörden und Einstellungsbeschlüsse an die
Bundesanwaltschaft zuhanden des Bundesrates gemäss Artikel 265, Absatz l des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege (BS5,303) betrifft, so soll diese in den Ausführungsbestimmungen geregelt werden.

VU!. Übergangs- und Schlussbestimmungen (Art. 38 und 39) 1. Übergangsbestimmung (Art. 38) Da die Giftliste die Grundlage für den Giftverkehr bildet (vgl. Abschnitt II), ist es wichtig, dass auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes eine solche

1463 Liste bereits vorliegt. Damit das Eidgenössische Gesundheitsamt die Liste möglichst umfassend und sachgemäss aufstellen kann, ist es notwendig, dass ihm schon für diese Aufgabe Experten zur Verfügung stehen. Dabei wird es zweckmässig sein, auch einen oder zwei Vertreter der interessierten Wirtschaftskreise beizuziehen, soweit es sich um die Aufstellung des Verzeichnisses der Grundstoffe und zum Teil auch des Verzeichnisses der gewerblichen Gifte handelt; bei der Aufstellung des Verzeichnisses der Publikumsprodukte und zum Teil auch des Verzeichnisses der gewerblichen Gifte dagegen werden diese Vertreter - im Hinblick auf die Wahrung des Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisses - in Ausstand treten müssen. Die Experten werden gestützt auf Artikel 104 der Bundesverfassung eingesetzt werden und, soweit sie nicht Vertreter der interessierten Wirtschaftskreise sind, nach dem Inkrafttreten des Gesetzes den Fachausschuss gemäss Artikel 24 bilden (Abs. l, Satz 1).

Es wird ferner bestimmt, dass die Giftliste als beschwerdefähige Verfügung gelte und dass dagegen eingereichte Beschwerden - abweichend von den bisherigen Beschlüssen der eidgenössischen Räte zu Artikel 50, Absatz l des Entwurfes zu einem Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren - keine aufschiebende Wirkung haben. Die letztere Bestimmung hat zur Folge, dass die angefochtenen Einreibungen bis zum Beschwerdeentscheid in Kraft bleiben (Abs. l, S atz 2).

Mit Rücksicht darauf, dass es auch bei sorgfältiger Aufstellung der ersten Giftliste nicht möglich sein dürfte, alle im Verkehr befindlichen Gifte zu erfassen, wird eine Übergangslösung in dem Sinne vorgesehen, dass die noch nicht aufgenommenen Gifte innert einer Frist von sechs Monaten beim Gesundheitsamt anzumelden sind. Für diese Anmeldung soll keine Gebühr erhoben werden (vgl.

Art. 23, Abs. 3). Die Widerhandlung gegen die Anmeldepflicht ist gemäss Artikel 32 ff. strafbar (Abs. 2). Selbstverständlich gilt die Anmeldepflicht nicht für die nach Artikel 4, Absatz l von der Aufnahme in die Giftliste ausgenommenen Gifte (Abs. 3).

Im übrigen haben die Kreise der chemischen Industrie und des ChemikalienGrosshandels in den Beratungen der Expertenkommission mit Bezug auf die erste Giftliste grossen Wert darauf gelegt, dass den betroffenen Firmen genügend Zeit zur Wahrung ihrer Interessen,
insbesondere zur Vorbereitung allfälliger Beschwerden, eingeräumt werde. Das Gesundheitsamt wird dieser Frage die nötige Aufmerksamkeit schenken.

2. Schlussbestimmungen (Art. 39) Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes soll vom Bundesrat bestimmt werden. Für den Fall, dass sich gewisse Schwierigkeiten für die Inkraftsetzung des ganzen Gesetzes zeigen sollten, vor allem wegen der Aufstellung der ersten Giftliste (vgl. Art. 38), wird ausdrücklich auf die Möglichkeit der schrittweisen Inkraftsetzung hingewiesen (Abs. 1).

Der Bundesrat hat ferner die Ausf ührungsbestimmungen zu erlassen. Er wird dazu Experten beiziehen müssen, die ebenfalls gestützt auf Artikel 104 der Bundesverfassung einzusetzen sein werden. Diese Expertenkommission wird in ähnlicher Weise wie die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zu bestellende Eidgenös-

1464

sische Giftkommission zusammengesetzt werden (vgl. Art. 23, Abs. 1). Im übrigen hat der Bundesrat den Kantonen und zuständigen Organisationen der Wirtschaft Gelegenheit zur Meinungsäusserang zu geben (Abs. 2).

Da das Giftgesetz eine abschliessende materielle Regelung des Giftverkehrs darstellen soll, wird in Absatz 3 noch bestimmt, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes die entsprechenden kantonalen Vorschriften aufgehoben sind.

F. Finanzielle Auswirkungen Die finanziellen Auswirkungen des Giftgesetzes lassen sich nur ungefähr abschätzen.

Die jährlichen Kosten für die dem Bund obliegenden Aufgaben, die vorwiegend vom Eidgenössischen Gesundheitsamt durchzuführen sind, werden sich, unter Berücksichtigung der Einnahmen aus den Gebühren für die Aufnahme von Giften in die Giftliste, vorläufig auf etwa 256000 Franken belaufen. Davon sind im Voranschlag 1968 für die bereits bestehende und im Ausbau begriffene Sektion für Giftverkehr schon rund 165000 Franken für Personalkosten enthalten. An Mehrkosten werden sich somit für die Zukunft noch etwa 90000 Franken ergeben.

Die Gesamtkosten setzen sich ungefähr wie folgt zusammen : Franken

-

Personalkosten (Art. 25) Dokumentationsstelle (Art. 18) Prüfungsaufträge an Dritte (Art.25, Abs. 5) Oberaufsicht des Bundes (Art. 22) Kommissionen (Art. 23, Abs. l, 24 und 31, Abs. 2)

abzüglich Gebühren für die Aufnahme von Giften in die Giftliste (Art. 4-6 und 23, Abs. 3) verbleiben

Franken

275 000 4 000 5 000 5 000 17 000 306 000 50 000

256 000

An Bundesbeiträgen kommen in erster Linie solche an die Kantone für die ihnen aus dem Gesetzes Vollzug entstehenden Auslagen in Frage (Art. 21); sie dürften mindestens 50000 Franken im Jahr betragen. Was die Beiträge an Giftauskunftsstellen betrifft (Art. 19, Abs. 1), so ist für den Anfang höchstens mit der Beitragsleistung an eine Stelle zu rechnen, wofür ein Betrag von ungefähr 25 000 Franken einzusetzen wäre.

In diesen Berechnungen sind nicht berücksichtigt die Mehraufwendungen, die der Zollverwaltung und den Vollzugsbehörden für das Arbeitsgesetz aus der Durchführung des Giftgesetzes erwachsen werden (Art. 26 und 27).

Die jährlichen Kosten für den Vollzug des Giftgesetzes dürften sich somit vorläufig in einem Rahmen von 300000 bis 400000 Franken bewegen.

Im übrigen werden sich an einmaligen Kosten beim Gesundheitsamt für Büroausrüstung rund 30 000 Franken ergeben.

1465 Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Gesetzesentwurfs zu beantragen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 22. Mai 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Spöhler

Der Bundeskanzler : Huber

1466

(Entwurf)

Bundesgesetz über de» Verkehr mit Giften (Giftgesetz)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 31Ms, Absatz 2, 34"8, 34ter, 64bi3 und 69 ti» der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 22. Mai 1968, beschliesst: I. Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

Geltungsbereich

Art. l Der Verkehr mit Giften unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes.

2 Auf den Verkehr mit Stoffen, die den Körper ausschliesslich durch ionisierende Strahlen zu schädigen vermögen, ist dieses Gesetz nicht anwendbar.

3 Auf den Verkehr mit Giften, die als landwirtschaftliche Hilfsstoffe dienen, sind ausser diesem Gesetz die Bestimmungen über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Hilfsstoffen und auf den Verkehr mit Giften, die der Schädlingsbekämpfung dienen, ausserdem die Bestimmungen über den Natur- und Heimatschutz anwendbar.

4 Vorbehalten bleiben die eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die Heilmittel sowie den Verkehr mit Lebensrnitteln und Gebrauchsgegenständen.

1

Art. 2 Begriff der Gifte

Als Gifte gelten unbelebte Stoffe und daraus hergestellte Erzeugnisse, die, vom Körper aufgenommen oder mit ihm in Berührung gebracht, schon in verhältnismässig geringen Mengen durch

1467 chemische Wirkung das Leben oder die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden können und deren Handhabung daher besondere Vorsicht verlangt.

Art. 3 1 Als Verkehr gilt insbesondere das Herstellen, Verarbeiten, Aufbewahren, Verwenden, Einführen, Abgeben, Beziehen, Anpreisen, Anbieten oder Beseitigen.

2 Als Inverkehrbringen gilt das erstmalige Herstellen oder Einführen sowie das erstmalige Anpreisen oder Anbieten zum Zwecke des Verkaufs im Inland.

3 Beförderung im Inland, Durchfuhr und Ausfuhr gelten nicht als Verkehr im Sinne dieses Gesetzes ; sie richten sich nach der Bundesgesetzgebung über den Post-, Eisenbahn-, Strassen-, Luft- und Schiffsverkehr und die Rohrleitungsanlagen.

Begriffe des Verkehrs und des Inverkehrbringens

II. Giftliste

Art. 4 Die zum Verkehr zugelassenen Gifte werden in einer Giftliste Aufnahme namentlich oder als Giftgruppen aufgeführt, mit Ausnahme jener, die ausschliesslich zu Forschungszwecken oder ausschliesslich als Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Produktionsprozesse dienen.

2 In der Giftliste werden die Gifte in 5 Klassen eingeteilt, wobei die Klasse l dem höchsten, die Klasse 5 dem niedrigsten Gefährlichkeitsgrad entspricht.

3 Die Aufnahme in die Giftliste kann an Bedingungen oder Auflagen geknüpft werden.

Art. 5 Ein Gift darf erst in den Verkehr gebracht werden, wenn es in Wirkung der ... .-..-.,.

,. , Aufnahme die Gifthste aufgenommen ist.

1

Art. 6 Wer ein noch nicht in die Giftliste aufgenommenes Gift in den Verkehr zu bringen beabsichtigt, hat es beim Eidgenössischen Gesundheitsamt anzumelden. Ausgenommen sind die Gifte, die ausschliesslich zu Forschungszwecken oder ausschliesslich als Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Produktionsprozesse dienen.

2 Mit der Anmeldung sind geeignete Prüfungsausweise über die Giftigkeit und Gefährlichkeit des Stoffes oder Erzeugnisses und soweit nötig ein Muster des Giftes und die erforderlichen Unterlagenfür die Beurteilung der Schutzmassnahmen beizubringen.

1

Anmeldung

1468 III. Berechtigung zum Verkehr mit Giften

Grundsatz der Verkehrsbewilligung

Allgemeine Bewilligung

Bezugsbewüllgung, Empfangsbestätigung

Art. 7 Der Verkehr mit Giften bedarf, unter Vorbehalt der Ausnahmen in Artikel 9, Absatz 2, Artikel l1 und 12, einer Bewilligung.

2 Gifte dürfen nur abgegeben werden, wenn der Bezüger sich über den Besitz der erforderlichen Bewilligung ausweist.

1

Art. 8 Der Verkehr mit Giften der Klassen l bis 4 sowie mit Giften, die ausschliesslich zu Forschungszwecken oder ausschliesslich als Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Produktionsprozesse dienen, ist, unter Vorbehalt von Artikel 9, nur Inhabern einer allgemeinen Bewilligung erlaubt.

2 Die allgemeine Bewilligung ist Personen zu erteilen, die über die nötigen persönlichen und fachlichen Voraussetzungen für den Verkehr mit Giften verfügen, oder Firmen, Betrieben, Anstalten und Instituten, in denen diese Voraussetzungen erfüllende Personen für den Verkehr mit Giften verantwortlich sind.

3 Der Bundesrat kann die Bewilligung a. an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen für den Verkehr mit Giften der Klasse l, deren Handhabung besondere Kenntnisse erfordert; b. an erleichterte Voraussetzungen knüpfen 1. für den Grosshandel, 2. für den Verkehr mit bes timmten Arten von Giften der Klassen l bis 4.

Art. 9 1 Wer lediglich einzelne bestimmte Gifte der Klassen l bis 3 zur eigenen Verwendimg oder Verarbeitung beziehen will, bedarf für deren Bezug, Verwendung oder Verarbeitung und Aufbewahrung keiner allgemeinen Bewilligung gemäss Artikel 8.

1

2

Er kann beziehen a. für Gewerbe, Industrie, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Unterricht und Wissenschaft 1. Gifte der Klassen l und 2 mit Bewilligung zum einmaligen Bezug(Giftschein)oder zum wiederholten Bezug(Giftbuch), 2. Gifte der Klasse 3 gegen Empfangsbestätigung ; b. im übrigen 1. Gifte der Klasse 2 mit Bewilligung zum einmaligen Bezug (Giftschein), 2. Gifte der Klasse 3 gegen Empfangsbestätigung.

1469 3

Der Bundesrat kann a. für Gifte der Klasse l die Bezugsbewilligung an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen; b. bei besonderen Arten des Grossverbrauchs für Gifte der Klasse 2 Erleichterungen bei der Erteilung der Bezugsbewilligung festsetzen und unter besonderen Voraussetzungen für Gifte der Klasse 3 die Empfangsbestätigung erlassen.

Art. 10 Der Bundesrat regelt Gültigkeitsdauer, Erlöschen oder Entzug Guiugkeitsj T-.

-n · dauer der der Bewilligungen.

Bewilligungen Art. 11 Bezug und Aufbewahrung von Giften der Klasse 4 zur eigenen Freier Bezug Verwendung oder Verarbeitung sind frei.

Art. 12 Der Verkehr mit Giften der Klasse 5 ist frei ; vorbehalten bleibt Freier verkehi Artikel 13.

Art. 13 Folgende Arten des Verkehrs mit Giften sind verboten : verbot des Verkehrs a. die Abgabe im Wanderhandel, durch Automaten, durch Selbstbedienung oder in offenen Verkaufsstellen; b. die Aufnahme von Bestellungen durch Handelsreisende, soweit der Besteller die Gifte nicht wiederverkauft oder im eigenen Betrieb verwendet; c. der Kleinverkauf von giftigen Markenartikeln in anderen als Originalpackungen.

2 Der Bundesrat kann die Abgabe von Giften der Klasse 5 durch Selbstbedienung gestatten, wenn dies den Schutz von Leben oder Gesundheit nicht beeinträchtigt.

3 Er kann die Verwendung bestimmter giftiger Stoffe zu bestimmten Zwecken verbieten, wenn Leben oder Gesundheit auf keine andere Weise zu schützen sind.

1

IV. Schutzmassnahmen

Art. 14 Wer mit Giften verkehrt, ist verpflichtet, alle zum Schütze von Grundsatz Leben oder Gesundheit notwendigen Massnahmen zu treffen.

1470

Verpackungen und Behalter im besondern

Art. 15 Verpackungen und Behälter von Giften müssen so beschaffen, bezeichnet und gekennzeichnet sein, dass eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit, insbesondere durch Verwechslung mit Lebensmitteln, anderen ungiftigen Stoffen oder Heilmitteln, nach Möglichkeit ausgeschlossen ist.

2 Aus der Beschriftung von Verpackungen und Behältern, in denen Gifte abgegeben werden, müssen hervorgehen : a. die Art des Giftes; b. je nach der Gefährlichkeit des Giftes der prozentuale Giftgehalt; c. die Giftklasse; d. die Schutzmassnahmen bei der Verwendung des Giftes ; e. je nach der Gefährlichkeit des Giftes und soweit zweckmässig die Massnahmen der ersten Hilfe für den Fall der Vergiftung ; /. der Verkäufer, Hersteller oder Importeur.

3 Gifte der Klassen l bis 3 sind überdies durch Färbung, Warngeruch oder Vergällung zu kennzeichnen, sofern dies nötig und im Hinblick auf ihre chemischen Eigenschaften und ihre Verwendung möglich ist.

4 Der Bundesrat kann, soweit der Schutz von Leben oder Gesundheit nicht beeinträchtigt wird, die Verpflichtungen nach Absatz l bis 3 für bestimmte Arten des Verkehrs oder für den Verkehr mit bestimmten Giften erleichtern, insbesondere für den Verkehr innerhalb oder zwischen Betrieben der chemischen Industrie, des Chemikalien-Grosshandels und des Grossverbrauchs, die der obligatorischen Unfallversicherung gemäss dem Bundesgesetz über die Kranken- und Unfallversicherung1) unterstehen.

1

Art. 16 Unschädlichmachung

1

Gifte, die der Besitzer nicht mehr aufbewahren will oder die er nicht mehr vorschriftsgemäss aufbewahren kann, sind unschädlich zu machen.

2 Die Unschädlichmachung obliegt, unter Vorbehalt der Absätze 3 und 4, dem Besitzer der Gifte.

3 Der Besitzer von im Kleinverkauf bezogenen Giften hat diese dem Abgeber zurückzugeben. Rückgabe und Rücknahme sind unentgeltlich.

4 Soweit der Besitzer selbst die Gifte nicht unschädlich machen kann, sorgen dafür die Kantone, nötigenfalls unter Mitwirkung des Bundes und in Zusammenarbeit mit den Fachverbänden. Sie kön^BS 8,281,319.

1471 nen Gebiihren erheben, soweit es sich nicht um Gifte im Sinne von Absatz 3 handelt.

5 Die Gifte sind in einer Weise unschadlich zu machen, die eine Verunreinigung von Wasser, Luft oder Boden ausschliesst.

Art. 17 Die Inhaber von Betrieben, die mit Giften verkehren, sind ausserdem verpflichtet, alle anderen nach der Erfahrung notwendigen, nach dem Stande der Technik anwendbaren und den Verhaltnissen des Betriebes angemessenen Schutzmassnahmen gegen Vergiftungen der Arbeitnehmer zu treffen und Hinweise fur die erste Hilfe bekanntzumachen.

2 Vorbehalten bleibt die eidgenossische Gesetzgebung ilber den Schutz der Arbeitnehmer und die Kranken- und Unfallversicherung.

1

Besondere Schutzmassnaiunen in Betrieben

V. Forderung der Kenntnisse fiber Gifte und Vergiftungen

Art. 18 Der Bund errichtet im Eidgenossischen Gesundheitsamt eine toxikologische Dokumentationsstelle.

Dokumentationsstelle

Art. 19 Unter den vom Bundesrat festzulegenden Bedingungen ge- Giftauskunftsstellen wahrt der Bund Beitrage an die Kosten von Giftauskunftsstellen.

2 Der Bundesrat legt die Bedingungen fest, unter denen diesen Stellen vom Eidgenossischen Gesundheitsamt zum Zwecke der Auskunftserteilung Angaben iiber die Zusammensetzung von Erzeugnissen gemacht werden konnen.

1

Art. 20 Der Bund fordert die wissenschaftliche Lehre und Forschung auf dem Gebiete der Toxikologie.

Lehre und Forschung

VI. Behorden und Verfahren

Art. 21 Der Vollzug des Gesetzes obliegt, unter Vorbehalt der Artikel 22 bis 26, den Kantonen. Diese bezeichnen die zustandigen Vollzugsbehorden; sie erlassen die notwendigen organisatorischen Bestimmungen, die der Genehmigung durch den Bundesrat bediirfen.

2 Die zustandigen kantonalen Behorden iiberwachen den Giftverkehr auf ihrem Gebiet; sie erteilen die Bewilligungen gemass Artikel 8 und 9 und sorgen fur die Durchfiihrung der Schutzmass1

Kantone

1472 nahmen gemäss Artikel 14 bis 17, unter Vorbehalt der Artikel 25, Absatz l und 27. Sie können für die Erteilung der Bewilligungen sowie für besondere Kontrollen innerhalb eines vom Bundesrat festzusetzenden Rahmens Gebühren erheben.

3 Der Bund ersetzt den Kantonen 30 bis 50 Prozent der ihnen aus dem Vollzug des Gesetzes entstehenden Auslagen. Für die Berechnung des Bundesbeitrages scheiden die Personalausgaben aus.

Bundesaufsicht

Art. 22 Der Bund übt die Oberaufsicht über den kantonalen Vollzug des Gesetzes aus. Er kann den Kantonen Weisungen erteilen.

Art. 23 Der Bundesrat bestellt eine Eidgenössische Giftkommission aus Vertretern der zuständigen eidgenössischen und kantonalen Amtsstellen, der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt, der Wissenschaft und der interessierten Wirtschaftskreise. Die Kommission begutachtet zuhanden der Bundesbehörden Fragen der Rechtssetzung und grundsätzliche Fragen des Vollzugs. Sie ist befugt, Anregungen zu machen.

2 Der Bundesrat bestellt ausserdem die in Artikel 31, Absatz 2 vorgesehene Expertenkommission.

3 Der Bundesrat bestimmt, in welcher Form die Giftliste und ihre Nachträge zu veröffentlichen sind und regelt die für Anmeldung und Prüfung zu entrichtenden Gebühren.

4 Der Bundesrat regelt die Zusammenarbeit zwischen der Zollverwaltung und dem Eidgenössischen Gesundheitsamt bei der Überwachung der Gifteinfuhr.

1

Eidgenossisches Departement des Innern

Art. 24 Das Eidgenössische Departement des Innern setzt einen Fachausschuss aus Vertretern der zuständigen eidgenössischen und kantonalen Amtsstellen, der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt und der Wissenschaft ein, der sich mit der Begutachtung der Gifte, insbesondere hinsichtlich der Aufnahme in die Giftliste, der Einteilung in die Giftklassen und der daran zu knüpfenden Bedingungen oder Auflagen, befasst.

Art. 25 Das Eidgenössische Gesundheitsamt führt die Giftliste, erteilt die Bewilligungen für Betriebe des Bundes und sorgt, unter Vorbehalt von Artikel 27, für die Durchführung der Schutzmassnahmen in diesen Betrieben; ausserdem erfüllt es die Aufgaben im Sinne von Artikel 22 und 26.

1

Eidgenossisches Gesundheitsamt

1473 2

Es verfügt über die Aufnahme angemeldeter Stoffe oder Erzeugnisse in die Giftliste, gestützt auf das Gutachten des Fachausschusses.

3 Handelt es sich bei den angemeldeten Erzeugnissen um Publikumsprodukte, so entscheidet das Gesundheitsamt binnen zwei Monaten über die Aufnahme in die Giftliste, ohne das Gutachten des Fachausschusses einzuholen. Im Zweifel überweist es die Anmeldung unverzüglich dem Fachausschuss zur Prüfung; die Prüfung der Publikumsprodukte geniessen den Vorrang.

4 Der Bundesrat bestimmt, welche Stoffe oder Erzeugnisse als Publikumsprodukte gelten.

5 Das Gesundheitsamt kann nicht angemeldete Stoffe oder Erzeugnisse von Amtes wegen auf ihre Giftigkeit prüfen oder prüfen lassen und die Aufnahme in die Giftliste verfügen.

Art. 26 Die Gifteinfuhr wird von der Zollverwaltung im Einverneh- zoiiVerwaltung men mit dem Eidgenössischen Gesundheitsamt überwacht.

Art. 27 Der Vollzug der Massnahmen zum Schütze der Arbeitnehmer voiizugsfür in Betrieben, die dem Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, behorden Arbeitsgesetz KrankenGewerbe und Handel (Arbeitsgesetz)1) oder der obligatorischen und und UnfallUnfallversicherung gemäss dem Bundesgesetz über die Kranken- versicherungs2 und Unfallversicherung ) unterstehen, richtet sich nach den Be- gesetz stimmungen dieser Gesetze.

Art. 28 Wer mit Giften verkehrt, ist verpflichtet, den Vollzugs- und Aufsichtsorganen, soweit es für die Durchführung des Gesetzes und der Ausführungsbestimmungen erforderlich ist, Auskunft zu erteilen, Einsicht in die Unterlagen, Zutritt zu den Betriebs- und Lagerräumen sowie Proben-Entnahmen zu gestatten.

Art. 29 Die Vollzugs- und Aufsichtsorgane, die Mitglieder der Eidgenössischen Giftkommission, der Expertenkommission nach Artikel 31, Absatz 2 und des Fachausschusses sowie die Organe der Giftauskunftsstellen, soweit sie nicht auf Grund der vom Bundesrat gemäss Artikel 19, Absatz 2 festgelegten Bedingungen zur Auskunftserteilung ermächtigt sind, und die Empfänger von Auskünften der Giftauskunftsstellen unterstehen der Schweigepflicht.

!) AS 1966, 57.

2 )BS 8,281,319.

Auskunftspflicht

Schweigepflicht

1474

Verfügungen behördenUgs"

Verwaltungsrechtspflege

Art. 30 Kommt jemand den Verpflichtungen nicht nach, die ihm auf Grund dieses Gesetzes oder seiner Ausführungsbestimmungen obliegen, so trifft die zuständige Behörde nach Anhören des Beteiligten die nötigen Verfügungen.

Art.31 Gegen Verfügungen des Eidgenössischen Gesundheitsamtes, die sich auf dieses Gesetz oder dessen Ausführungsbestimmungen stützen, ist zunächst die Beschwerde an das Eidgenössische Departement des Innern nach Artikel 40 ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren1), gegen Entscheide des Departements des Innern und letzter kantonaler Instanzen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht nach Artikel 97 ff. des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege2) zulässig.

2 Das Departement des Innern hört vor der Beurteilung von Beschwerden, die sich gegen Verfügungen betreffend die Aufnahme in die Giftliste richten, auf Begehren des Beschwerdeführers und, wenn dieser unterliegt, auf seine Kosten eine unabhängige Expertenkommission an.

1

VII. Strafbestimmungen Widerhandlungen: Vergehen

Art. 32 Wer ein noch nicht in die Giftliste aufgenommenes Gift, das nicht ausschliesslich zu Forschungszwecken oder nicht ausschliesslich als Ausgangsstoff, Hilfsstoff oder Zwischenprodukt für chemische Produktionsprozesse dient, in den Verkehr bringt (Art. 5), wer mit Giften der Klassen l bis 4 verkehrt, ohne im Besitze der erforderlichen Bewilligung zu sein (Art. 3, Art.8 und Art. 9, Abs. 1, Buchstabe a, Ziff. l undBuchstabe b, Ziff. l sowie Abs. 3), wer Gifte der Klassen l bis 3 an einen Bezüger abgibt, der sich nicht über den Besitz der erforderlichen Bewilligung ausweist, oder wer unbefugt Gifte der Klasse 3 ohne Empfangsbestätigung abgibt (Art. 7 bis 9), wer, um sich oder einem ändern Gifte zu verschaffen, eine Bewilligung erschleicht oder eine erschlichene Bewilligung verwendet, wer die vorgeschriebenen Schutzmassnahmen ganz oder teilweise unterlässt (Art. 15 bis 17), 1

*) Der mit Botschaft vom 24. September 1965 vorgelegte Gesetzesentwurf ist noch nicht verabschiedet ; siehe BEI 1965, II, 1348.

2 ) BS 3, 531. Der mit Botschaft vom 24. September 1965 vorgelegte Entwurf zur Gesetzesänderung ist noch nicht verabschiedet ; siehe BB1 1965, II, 1265.

1475 wer die ihm auferlegte Schweigepflicht verletzt, sofern keine schwerere strafbare Handlung vorliegt (Art. 29), wird, wenn er vorsätzlich handelt, mit Haft oder mit Busse bis zu fünftausend Franken bestraft. In schweren Fällen kann auf Gefängnis bis zu sechs Monaten erkannt werden; mit Gefängnis kann Busse bis zu zwanzigtausend Franken verbunden werden.

2 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu zweitausend Franken.

Art. 33 1 Wer in anderer Weise den Vorschriften dieses Gesetzes oder Übertretungen den gestützt darauf erlassenen Ausführungsbestimmungen oder einer entsprechenden unter Hinweis auf die Strafandrohung an ihn gerichteten Einzelverfügung (Art. 30) vorsätzlich zuwiderhandelt, wird mit Haft oder mit Busse bis zu fünftausend Franken bestraft.

2 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu tausend Franken.

3 Die Verjährung tritt in zwei Jahren ein.

Art. 34 Wird eine Widerhandlung im Geschäftsbetrieb oder bei Besor- Juristische gung der Angelegenheiten einer juristischen Person, einer Kollek- Personen, Gesellschaften tiv- oder Kommanditgesellschaft oder einer Einzelfirma oder sonst TM^mzel" in Ausübung geschäftlicher oder dienstlicher Verrichtungen für einen ändern begangen, so finden die Straf bestimmungen auf diejenigen Personen Anwendung, welche die Tat verübt haben.

Art. 35 Hat der Täter durch eine Widerhandlung gemäss Artikel 32 unrechtoder 3 3 einen unrechtmässigen Vermögens vorteil erlangt, so hat ihn vermögen».

der Richter zur Bezahlung des entsprechenden Betrages an den vorteil Staat zu verurteilen.

Art. 36 1

Der Richter kann ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer Richterliche bestimmten Person die Einziehung von Giften, soweit sie zur Bege- Einziehung; Beschlagnahme hung einer Widerhandlung gemäss Artikel 32 oder 33 gedient haben oder bestimmt waren oder durch eine solche Widerhandlung hervorgebracht worden sind, und nötigenfalls der dazugehörigen Behälter verfügen. Der Erlös aus eingezogenen Giften und deren Behältern kann dem früheren Eigentümer je nach dessen Verschulden ganz oder teilweise zurückerstattet werden.

2 Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden können als vorsorgliche Massnahme die Beschlagnahme verfügen;

1476 sie können zu deren Durchf ührung die Hilfe der örtlichen Polizeiorgane in Anspruch nehmen.

3 Die Einziehung durch eine kantonale Verwaltungsbehörde auf Grund kantonalen Rechts bleibt vorbehalten.

Art. 37 Strafverfolgung

Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.

VIII. Übergangs- und Schlussbestimmungen

Übergangsbestimmung

Inkrafttreten, eidgenossische Ausfuhrungsbestimmungen und Aufhebung

kantonaler

Vorschriften

Art. 38 Das Eidgenössische Gesundheitsamt stellt auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach Anhören von Experten erstmals die Giftliste auf. Diese Giftliste gilt als beschwerdefähige Verfügung; dagegen eingereichte Beschwerden haben keine aufschiebende Wirkung.

2 Wer im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes Gifte in den Verkehr gebracht hat, die noch nicht in die Giftliste aufgenommen sind, hat diese innert einer Frist von sechs Monaten beim Gesundheitsamt anzumelden. Für diese Anmeldung wird keine Gebühr erhoben. Die Widerhandlung ist gemäss Artikel 32 ff. strafbar.

3 Von der Anmeldung ausgenommen sind die Gifte, die ausschliesslich zu Forschungszwecken oder ausschliesslich als Ausgangsstoffe, Hilfsstoffe oder Zwischenprodukte für chemische Produktionsprozesse dienen.

1

Art. 39 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt, in dem dieses Gesetz in Kraft tritt. Er kann es schrittweise in Kraft setzen.

2 Er erlässt die notwendigen Ausführungsbestimmungen nach Anhören der Kantone und der zuständigen Organisationen der 1

Wirtschaft

3

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes sind die kantonalen Vorschriften, die vom Gesetz geregelte Sachgebiete betreffen, aufgehoben.

0097

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den Verkehr mit Giften (Giftgesetz) (Vom 22. Mai 1968)

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1968

Année Anno Band

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25

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9965

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.06.1968

Date Data Seite

1429-1476

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