1477

# S T #

9967

Botschaft des Schweizerischen Bundesrates an die Bundesversammlung über den Erwerb eines Grundstückes in Lancy bei Genf (Vom 29. Mai 1968)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, Wir haben die Ehre, Ihnen eine Botschaft über den Erwerb eines Grundstückes in Lancy bei Genf zu unterbreiten und begründen den dafür erforderlichen Objektkredit wie folgt.

I.

Mit Botschaft vom 26. Mai 1967 (BB11967,1, 965) über den Erwerb eines Grundstückes in Genf schlugen wir Ihnen den Erwerb einer Bauparzelle im Quartier Montbrillant zur Wohnungsfürsorge für das Bundespersonal vor. Am 4. Oktober 1967 (BB11967, II, 588) sind Sie unserem Antrage gefolgt und haben den anbegehrten Objektkredit von 1700000 Franken bewilligt.

In der Botschaft orientierten wir Sie ausführlich über den örtlichen Wohnungsmarkt und wiesen nach, dass der Landerwerb zur Deckung des unmittelbaren Bedarfes an 150 preislich günstigen Wohnungen für Bundesbedienstete in der Agglomeration Genf unerlässlich sei. Wir legten dar, dass entsprechend der stetig und stark ansteigenden Bevölkerung der Agglomeration Genf auch der Bestand des Bundespersonals sukzessive erhöht und grösstenteils weit ausserhalb des Stadt- und Kantons-Gebietes rekrutiert werden müsse, was ohne fortgesetzte, gezielte Massnahmen der Wohnungsfürsorge unmöglich wäre. Bei der Besichtigung des Kaufobjektes äusserte ein Kommissionsmitglied die Ansicht, dass der Bund nicht nur das gegenwärtig für den Bau von Wohnhäusern benötigte Land beschaffen, sondern auch für Landreserven sorgen sollte. Solchen Planungszielen scheint die kontinuierliche Aufwärtsbewegung in der demographischen Entwicklung recht zu geben. Die Bevölkerung des Kantons Genf nimmt jährlich um 8000-10000 Einwohner zu und erreichte im September 1967 den Stand von 313483 Personen.

Die nachstehende Tabelle vermittelt einen Begriff von der zu erwartenden Vermehrung der effektiven Bestände des PTT-Personals auf dem Platze Genf, das heute 4/5 des dort tätigen Bundespersonals ohne SBB-Bedienstete ausmacht.

Bundesblatt. 120.Jahrg. Bd.I.

94

1478 Jahr

1960 1966 1970 1980 2000

Post

Personalbestand

l 527 1959 -- -- --

Telephon

800 l 084 -- -- --

Total

2 327 3 043 3300 4 050 6 000

Vermehrung gegenüber dem Stand von 1960

+ + + +

716 973 l 723 3 673

Diese Schätzungen basieren auf der Annahme von 700000 Einwohnern in der Agglomeration Genf im Jahre 2000.

Die Einwohnerzahl der Stadt Genf bleibt bemerkenswert stabil. Dies ist die Folge der Umwandlung zahlreicher Wohnhäuser in Geschäfts- und Bürogebäude. Der sich dadurch ergebende Rückgang an Altwohnungen wird nach und nach aufgewogen durch entstehende Wohnungen eines gehobenen Standarts, die für den Grossteil der Wohnungssuchenden als Ersatzobjekte ausser Betracht fallen und deren Mietpreise insbesondere für die meisten Bundesbediensteten unerschwinglich sind. Deren unverändert starke Nachfrage nach relativ billigen Genossenschaftswohnungen erhält seit 1966 noch Auftrieb durch die Lockerung der Mietzinsbeschränkungen für Altwohnungen und den Übergang von der Mietzinskontrolle zur Mietzinsüberwachung. Zweifellos hat sich dadurch die grosse Spanne, die zwischen den Mietzinsen für Alt- und Neuwohnungen bestand, verringert. Dies hat der Wohnbaugenossenschaft des Bundespersonals «Le Carillon» in der letzten Zeit grossen Zuzug an neuen Mitgliedern gebracht, so dass sie demnächst ihr fünftes Bauvorhaben auf der 1967 erworbenen BundesparzeJle im Quartier MontbrilJant der Stadt Genf ausführen wird.

Diese Genossenschaft zahlte im Mai 1967 rund 600 Mitglieder, Ende November 1967 bereits deren 750 und im März 1968 800.

Am I.Dezember 1967 standen in der Agglomeration Genf 420 oder 0,35 Prozent des Gesamtbestandes an Wohnungen leer; davon entfallen auf die Stadt Genf 226 Wohnungen, die einen Leerwohnungsbestand von 0,28 Prozent aufwies. Von den 420 freien Wohnungen sind in den Baujahren 1966 und 1967 deren 272 erstellt worden, worunter 116 in der Stadt Genf selbst. Davon sind 110 Einzimmerwohnungen, sogenannte Studios, die nur als Unterkunft für eine Einzelperson in Frage kommen.

Bis jetzt konnte die «Carillon» als Bauherrin dem auf preislich günstige Unterkünfte angewiesenen Bundespersonal etwas mehr als 300 Neuwohnungen zur Verfügung stellen. Für die 500 Wohnungsanwärter sollen weitere Wohnbauprojekte realisiert werden. Nicht alle Interessenten erfüllen die Bedingungen, die zum Bezüge von Wohnungen in genossenschaftlichen Wohnhäusern, die mit tiefverzinslichen Bundesdarlehen finanziert werden, berechtigen. Immerhin ist die Zahl der Genossenschafter, die neuerdings mit stichhaltigen Gründen Neuwohnungen zu tragbaren Mietzinsen suchen, beträchtlich.

1479 Durch unsere bisherigen Aktionen der Wohnungsfürsorge in der Agglomeration Genf konnten immer nur die dringendsten Bedürfnisse befriedigt werden.

In den Jahren 1960-1967 wurden im Kanton Genf 38000 Wohnungen erstellt, wovon 13095 in der Stadt und 25705 in der Agglomeration Genf, was im Mittel einer jährlichen Zunahme um 4850 Wohnungen entspricht. Von den insgesamt 38800 Wohnungen wurden in diesem Zeitraum durch den Kanton 14774 subventioniert. Die Stadt Genf ihrerseits hat in der gleichen Periode auf eigenen Grundstücken 933 Wohnungen erstellen lassen. Weitere 240 stadteigene Wohnungen sind gegenwärtig in Ausführung begriffen.

Gestützt auf den Bundesbeschluss über Massnahmen zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues vom 31. Januar 1958 und auf das Bundesgesetz vom 19. März 1965 über Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaues hat der Bund in den Jahren 1963-1967 für 573 Wohnungen im Kantonsgebiet Beitragsleistungen für Kapitalverzinsungen zugesichert.

Das starke Wachstum der Stadt hat zur Folge, dass trotz der grossen Anstrengungen der öffentlichen Hand der Wohnungsmangel nicht behoben werden konnte. Allein in der Stadt fehlen heute über 3000 Wohnungen.

Die Abgabe subventionierter Wohnungen ist durchwegs an die Bedingung geknüpft, dass sich das Einkommen der Mietanwärter in bestimmten Grenzen hält. Auch das in mittleren und untern Besoldungsklassen eingereihte Bundespersonal erreicht und überschreitet erfahrungsgemäss nach wenigen Jahren die statuierten Einkommensgrenzen. Dies hat zur Folge, dass diese Mieter die subventionierten Wohnungen wieder aufgeben müssen und dann erneut vor einem Wohnungsproblem stehen. Kanton und Stadt Genf begrüssen auch deshalb eine weitere Bauetappe der Wohnbaugenossenschaft «Le Carillon » zugunsten des Bundespersonals.

II.

Es bietet sich nun dem Bund Gelegenheit zu einem vorsorglichen Landerwerb als Grundlage zur künftigen, rechtzeitigen Bereitstellung weitern Wohnraumes. Durch Kaufvertrag vom 16. Februar 1968 hat sich der Bund baulich restlos erschlossenes Bauland (Parzelle 2675 im Halte von 123,21 Aren) im Tivoli-Quartier in der Vorortsgemeinde Lancy gesichert. Verkäuferin ist die Brauerei Cardinal in Freiburg. Auf der angrenzenden Stammparzelle wird gegenwärtig ein grosses, 16geschossiges Wohn- und Geschäftshaus erstellt. Die Brauerei ermöglicht der
Eidgenossenschaft, auf dem Kaufgrundstück zu gegebener Zeit ein ähnliches Baulos zu verwirklichen. Obwohl südlich von Genf jenseits der Arve gelegen, gehört das Bauterrain praktisch zur Stadt Genf. Die Distanz zum Stadtzentrum beträgt nur 2 km. Die Gemeindegrenze berührt die Kaufparzelle, die den Vorzug einer erhöhten Lage mit Aussicht auf Berge und See geniesst und im Norden direkt an das Bois de la Bâtie anlehnt. Dieser öffentliche, unveräusserliche Schutzwald bildet eine für die Nachbarschaft sehr wertvolle Grünzone und ein Parkgebiet, das Kindern zum Spiel und Eltern zur

1480 Erholung offensteht. Unweit der künftigen Bundesparzelle stehen im Quartier des Vernets leicht erreichbare, moderne Sportanlagen zur Verfügung.

Gute Strassen und eine Trolleybus-Linie verbinden die in Aussicht genommene Liegenschaft mit dem Stadtzentrum. Die im Bau befindliche Expressstrasse zwischen La Praille und Cornavin wird es den Bewohnern des Tivoli ermöglichen, den Bahnhof Cornavin in wenigen Minuten zu erreichen. Die PTT beabsichtigen, zwei bedeutende Postbetriebszentren in Cornavin und La Praille zu errichten. Die Lage des Kaufgrundstückes halbwegs zwischen diesen Zentren wird für die PTT-Bediensteten verkehrsmässig sehr vorteilhaft sein.

Gemäss dem vom Staatsrat des Kantons Genf Ende März 1966 genehmigten Bauzonenplan kann die Parzelle mit einem mehrgliedrigen, 14geschossigen Wohnblock überbaut werden. Es können 150 bis 160 Wohnungen zu 4 l/z Zimmern erstellt werden, dazu eine unterirdische Einstellhalle mit 100 Garageplätzen und 45 oberirdische Abstellplätze. Dieses Bauvolumen entspricht einem Ausnützungskoeffizienten von 1.22. Der geforderte Landpreis von Franken 2850000.- oder 231.30 Franken je m2 netto ist den gegebenen Überbauungsmöglichkeiten angemessen.

III.

Die Eidgenossenschaft erhält das Grundstück durch Vermittlung einer angesehenen Architektur- und Ingenieurfirma auf dem Platze Genf, die das ihr von der Brauerei Cardinal eingeräumte Kaufrecht kostenlos an den Bund abtrat unter der Bedingung, dass die Finanzverwaltung namens der Eidgenossenschaft folgenden Vertrag abschloss : - Kauf-Vorvertrag mit der Grundeigentümerin. Dieses Kauf- und Vorkaufversprechen ist am 16. Februar 1968 öffentlich beurkundet worden und enthält eine Klausel, wonach der endgültige Kaufvertrag zwischen der Brauerei Cardinal und dem Bund spätestens Ende September 1968 notariell verschrieben und unterzeichnet werden muss ; die Kaufsumme ist auf diesen Termin fällig.

IV.

Der Kreditbedarf für den Landerwerb berechnet sich wie folgt : Franken

- Kaufpreis für die Gesamtfläche von 12321 ma 2 850 000.-- - Notariats- und Handänderungskosten gemäss Kostenvoranschlag, zusammen etwa 106 000.-- - Entschädigung an die Verkäuferin für von ihr aufgebrachte Kosten von Strassenbauten und Kanalisationsanlagen . . . .

26 500.-- oder aufgerundet

2 982 500.-- 3 000 000.--

Da das Kaufangebot bis 30. September 1968 befristet und der Kaufpreis am Tage des definitiven Kaufabschlusses zur Zahlung fällig wird, sollte die im

1481 Kauf-Vorvertrag vorbehaltene Kreditbewilligung der Eidgenössischen Räte in den ersten Wochen der Herbstsession behandelt werden.

Der Landerwerb ist pfandfrei. Die Zugangswege zur Kaufparzelle sind durch Servituten gesichert. Der Bund als Grundeigentümer wird im Verhältnis seines Interesses an den Wegunterhalt beizutragen haben und diese Last auf die bauberechtigte Genossenschaft überwälzen. Von der Kaufparzelle ist ein Teilstück von etwa 4800 ma mit einer persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Kantons Genf belastet, wodurch dieser Landabschnitt als Grünzone bestimmt wird.

Ein Bruchteil von etwa 3200 m2 der Servitutenfläche wird für die Erstellung eines Kindergartens benötigt und muss vom Bund später unentgeltlich abgetreten werden. Diese öffentlichen Anlagen, deren Bau, Einrichtung und Unterhalt zu Lasten des Gemeinwesens gehen, wird in erster Linie dem dort wohnenden Personal zugutekommen, ohne dass der Bund oder die Wohnbaugenossenschaft zur Kostendeckung beitragspflichtig werden. Durch diese Regelung wird die Dienstbarkeitslast und die spätere unentgeltliche Landabgabe voll abgegolten. Ungeachtet dieser Eigentumsbeschränkung und künftigen Zurverfügungstellung von Terrain wird die gesamte Kaufparzelle für den Wohnungsbau baulich restlos ausgenützt.

V.

Das vorliegende Kreditbegehren stützt sich auf den Bundesbeschluss vom T.Oktober 1947/27. Januar 1958 (BS 10, 964, AS 1958, 93) über die Wohnungsfürsorge für das Bundespersonal. Unter den heutigen Verhältnissen bedarf es keines weitern Beweises, dass die Wohnungsfürsorge weiterhin eine Notwendigkeit für den geordneten Gang der Verwaltung ist. Für die Kreditbewilligung ist nach Artikel 85, Ziffer 10 der Bundesverfassung die Bundesversammlung zuständig.

Wir empfehlen Ihnen die Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes und versichern Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 29. Mai 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Spühler

Der Bundeskanzler : Huber

1482

Entwurf

Bundesbeschluss über den Erwerb eines Grundstückes in Lancy bei Genf Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 29. Mai 1968, beschliesst:

Art. l Für den Erwerb eines Grundstückes im Tivoli in der Gemeinde Lancy wird ein Objektkredit von 3000000 Franken bewilligt.

Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

0181

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Schweizerischen Bundesrates an die Bundesversammlung über den Erwerb eines Grundstückes in Lancy bei Genf (Vom 29. Mai 1968)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1968

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

25

Cahier Numero Geschäftsnummer

9967

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.06.1968

Date Data Seite

1477-1482

Page Pagina Ref. No

10 044 025

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.