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Bundesblatt

Bern, den 19. Januar 1968 120. Jahrgang

Bandi

Nr. 3 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahr, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postzustellungsgebùhr

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Botschaft

des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die finanzielle Unterstützung der Eidgenossenschaft an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (Vom 28.November 1967) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren !

Wir haben die Ehre, Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Erhöhung der finanziellen Unterstützung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz durch die Eidgenossenschaft zu unterbreiten. Die folgende Botschaft erläutert Ihnen die Gründe dieser Erhöhung.

Einleitung

Dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das 1967 auf 105 Jahre humanitärer Tätigkeit zurückblicken kann, ist von allem Anfang an die moralische Unterstützung der Eidgenossenschaft zuteil geworden. Wenn stets wieder hervorragende Diener unseres Landes - etwa zu Beginn General Dufour als dessen Mitglieder Grosses geleistet haben, so stellt umgekehrt die Entstehung des IKRK für die Schweiz selbst den eigentlichen Anfang ihrer Berufung zur internationalen Hilfstätigkeit dar.

Ein wichtiger Entscheid, an den wir uns so sehr gewöhnt haben, dass wir ihn kaum mehr beachten, hat diese Berufung international anerkannt und verankert, der Entscheid nämlich, das Kennzeichen der Sanitätsdienste der Armeen nach dem Vorbild des Schweizer Kreuzes zu gestalten. Dieser Beschluss wurde gewissermassen als Zeichen der Achtung gegenüber unserem Land im Jahre 1864 anlässlich der damals nach Genf einberufenen diplomatischen Konferenz von den Delegierten gefasst, bevor sie die Erste Genfer Konvention zur Verbesserung des Loses der verwundeten Soldaten der Armeen im Felde signierten und dem Bundesrat die Überwachung dieses Abkommens anvertrauten. Die Schweiz ihrerseits hat dem Roten Kreuz, gewissermassen als «Patengeschenk», Bundesblatt 120.Jatag.Bd.!.

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mit ihrer Neutralität eine wesentliche Stütze verliehen. Dies entspricht dem aufrichtigen Wunsch unseres Landes, zum Wohlergehen der Völker dadurch beizutragen, dass es die Freundschaft und die internationale Hilfstätigkeit fördert, die Gerechtigkeit sucht, ohne sich zum Richter aufzuschwingen, und körperliche und geistige Leiden ohne Ansehen der Partei zu lindern trachtet. Die Übereinstimmung zwischen den Prinzipien der Eidgenossenschaft und jenen der entstehenden Organisation hat das Engagement unserer Farben in jenem weltweiten Abenteuer, zu welchem das Rote Kreuz werden sollte, gerechtfertigt.

Während der kürzlichen Ereignisse im Nahen Osten, bei welchen das IKRK eine bemerkenswerte Aufgabe erfüllt hat und stets noch erfüllt, haben zahlreiche ausländische Zeitungen bei der Beschreibung seiner Leistungen zugunsten der Kriegsopfer die Tatsache hervorgehoben, - teils als ob dies eine Neuentdeckung wäre -, dass das «internationale» Komitee ausschliesslich aus Schweizerbürgern zusammengesetzt ist. Diese private Institution, die direkt mit den Regierungen verhandelt und ihre Entscheide souverän trifft, mag ob ihrer Eigenart Staunen zu erwecken, wiewohl sie schon ein Jahrhundert lang existiert, während dessen Dauer sich ihr Ansehen ständig gefestigt und vergrössert hat. - Wesentlich ist hierbei stets gewesen, dass die Bedingungen ihrer Wirksamkeit gewährleistet bleiben. Die erste dieser Bedingungen ist bekanntlich ihre Unabhängigkeit als Garant ihrer Unparteilichkeit. Das IKRK hat niemandem, namentlich keiner Regierung, Rechenschaft abzulegen; zudem hat es vor seinen Entschlüssen niemanden zu konsultieren. Diese ausserordentliche Handlungsfreiheit, die ihm erlaubt, gegebenenfalls sehr schnell Massnahmen zu ergreifen, stellt einen seiner grossen Vorteile dar. Was seine Wirksamkeit betrifft, die hiervon abhängt, so genügt es, auf die gegenwärtigen Konflikte hinzuweisen : Das IKRK hat zur Zeit im Fernen und Nahen Osten sowie in verschiedenen Ländern Afrikas, um nur die auffälligsten Beispiele zu nennen, höchst komplexe Aufgaben übernommen; zudem hat es im Jemen während der letzten Jahre eine schwierige Pionierrolle erfüllt, nämlich die Errichtung eines Feldspitals in der Wüste und die Hilfeleistung nicht nur an Kriegsverwundete, sondern an eine sich selbst überlassene Zivilbevölkerung, der keine
internationale Organisation bisher beizustehen vermochte.

Das IKRK wird nicht nur mit den Regierungen, welche die Genfer Konventionen unterzeichnet haben, konfrontiert, sondern notwendigerweise auch mit der Organisation der Vereinten Nationen. Angesichts des stetigen Aufschwungs sowie der Vergrösserung dieser Organisation hätte man glauben können, dass eine so kleine und vergleichsweise unbemittelte Institution wie das IKRK, die kein Stimmrecht in der Versammlung der Völker geltend machen kann, dazu verurteilt sei, machtlos ihrem Niedergang, der fortschreiten den Verminderung ihrer Bedeutung und ihres Prestiges, zusehen zu müssen.

Doch im Gegenteil: Das bedauerliche Wiederaufflackern von Konflikten, das nicht vermieden werden konnte, hat erneut die Intervention des IKRK in verschiedenen Kontinenten erheischt; zudem wurde es in den letzten Jahren verschiedentlich auch dazu aufgefordert, seine Dienste zu nichts Geringerem als der Aufrechterhaltung des Weltfriedens zur Verfügung zu stellen. Es besteht

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kaum ein Zweifel darüber, dass ein guter Teil des ihm zuerkannten moralischen Kredits heute wie gestern auf der Tatsache beruht, dass es von der Eidgenossenschaft gestützt wird.

Damit die Institution in der Lage ist, ihre Aufträge zu erfüllen, bedarf sie neben der juristischen und moralischen auch der finanziellen Unabhängigkeit.

Dieses Erfordernis hat das Internationale Komitee schon des öftern zum Gegenstand einer genauen Untersuchung gemacht. Vor vierzig Jahren wandte es sich zur Konstituierung einer Stiftung an die eidgenössischen Behörden. Im Jahre 1931 wurde eine entsprechende Stiftung x) gegründet, die zum Zwecke hatte, zusammen mit ändern Zuwendungen ein für allemal das Problem seiner Finanzierung zu regeln. Doch haben die dem Zweiten Weltkrieg folgenden Wirren diese Stiftung praktisch lahmgelegt : Wer hätte ihr das zusätzliche Kapital zur Verfügung gestellt, um den seit 1945 notwendigen jahrlichen Ertrag von mehreren Millionen Franken zu Gunsten des Komitees sicherzustellen? Wir werden später auf das finanzielle Problem, wie es sich z. Z. dem IKRK stellt, im einzelnen zurückkommen. Hier sei lediglich die prinzipielle Frage nach der Verantwortung gestellt, die unserem Land bei der Finanzierung des IKRK zukommt.

Seit etwa zwanzig Jahren hat sich der Kreis der internationalen Hilfswerke, denen die Eidgenossenschaft ihre Unterstützung gewahrt, erheblich erweitert.

Der Augenblick scheint gekommen zu sein, die Situation des IKRK aus einer Sicht neu zu überdenken, die dieser jüngsten Entwicklung Rechnung trägt.

Wenn dadurch gewisse Parallelen mit ändern Organisationen aufgezeigt werden, vornehmlich mit den SpezialOrganisationen und Programmen der UNO, so muss man sich doch der grundlegenden Verschiedenheit der Aufgaben bewusst bleiben, die diesen Organisationen einerseits und dem IKRK andererseits zukommen. Allein, die Arbeitsbedingungen sowie die technischen Mittel, die den Organisationen in der heutigen Zeit zur Verfügung stehen sollten, sind für alle weitgehend dieselben, weshalb es uns angebracht erscheint, uns bei der Prüfung der Lage des Internationalen Komitees auch die finanziellen Anstrengungen zu vergegenwärtigen, die wir zugunsten anderer Empfänger im Sinne unserer internationalen Solidarität leisten. Dies um so mehr, als die übrigen Staaten, wenn überhaupt, das IKRK nicht in
gleicher Weise unterstützen wie die ändern internationalen Hilfsorganisationen.

Doch sei zunächst wiedergegeben, wie hoch bisher die finanzielle Unterstützung gewesen ist, welche die Eidgenossenschaft dem IKRK seit seiner Gründung gewährt hat : - im Jahre 1931 ein unveräusserliches Geschenk von 500000 Franken, wovon nur der Ertrag verwendet werden darf; - am 5. September 1939 eine Subvention von 200000 Franken; - am 15. Mai 1942 eine ausserordentliche Subvention von 3 Millionen Franken; - ein Vorschuss von 5 Millionen Franken, später auf 7 V4 Millionen erhöht, gemäss Bundesbeschluss vom 19. Dezember 1945 und 5. April 1946; l

) Nämlich die «Fondation en faveur du Comité international de la Croix-Rouge».

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- jährliche Beiträge (1952-1967) von insgesamt 11 Millionen Franken; - verschiedene Zulagen zu Lasten des Kredits für internationale Hilfswerke, vor allem die Gabe von 450000 Franken anlässlich der Nahost-Krise 1967.

- Die 1963 gewährte Zentenargabe an das Rote Kreuz betraf nicht nur das IKRK (mit Ausnahme des Kredits von 7 Millionen Franken zur Herrichtung und Vergrösserung seiner Gebäude). Dieser Kredit wurde noch nicht in Anspruch genommen (s. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom S.Juni 1967).

Was die - relativ späte - erste Zuwendung (1931) der Eidgenossenschaft an das IKRK betrifft, jenes unveräusserliche Kapital, welches die Gründung der «Stiftungfür das Internationale Komitee vom Roten Kreuz» ermöglichte, so ist zu sagen, dass das Komitee bemüht war, die finanzielle Hilfe der Eidgenossenschaft solange wie möglich nicht in Anspruch zu nehmen. Erst im Jahre 1927, nachdem es sich während 64 Jahren und besonders während des Ersten Weltkrieges in vorbildlicher Weise bewährt hatte, beschloss das IKRK, sich zur Erlangung einer finanziellen Hilfe an die Eidgenossenschaft zu wenden (s. Memorandum des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz an den Hohen Bundesrat vom 27. September 1927). Die Zeit der grossen privaten Zuwendungen schien vorbei zu sein. Diese Zurückhaltung in der Inanspruchnahme von Bundeshilfe zeigt, wie wirtschaftlich das IKRK mit seinen Mitteln umzugehen wusste.

Um auf die genannten Zuwendungen der Eidgenossenschaft an das IKRK zurückzukommen, so ist klar, dass sich diese heterogenen Beträge - teils Geschenke, teils Darlehen - nicht einfach summieren lassen. Wenn wir den Darlehenskredit vorläufig beiseite lassen und alle ändern Beträge inklusive die 500 000 Franken unveräusserliches Kapital, trotz deren Disparität, sowie die noch nicht ausbezahlten 7 Millionen Franken für die Gebäude des IKRK zusammenzählen, so kommen wir auf einen Totalbetrag von rund 22 Millionen Franken als Gesamtsumme der Zuwendungen, die dem IKRK seit seiner Gründung im Jahre 1863 bis heute von Seiten der Bundesbehörden gewährt wurden.

Im Zusammenhang mit dieser Summe nennen wir einige Beiträge unseres Landes an SpezialOrganisationen der Vereinten Nationen, die ihren Aufgaben nach humanitären Charakter haben: 14 Millionen Franken an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1948; 8,6
Millionen Franken an das Welternährungsprogramm (PAM) seit 1963 ; 30 Millionen Franken an den Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen (UNICEF) seit 1951. Ferner leisten wir momentan noch über 30 Millionen Franken im Jahr an ein anderes Werk der internationalen Solidarität, nämlich an unser Programm der technischen Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern.

Selbst wenn wir annehmen, der Bundeskredit von 71/2 Millionen Franken, den das IKRK im Sinne eines rückzahlbaren Darlehens in Anspruch nehmen kann, sei à fonds perdu überwiesen worden, so wäre die Finanzhilfe, die dem IKRK in den 104 Jahren seines ausserordentlich nützlichen Wirkens gewährt

45 worden ist, stets noch geringer als die Ausgaben des Bundes für andere internationale Hilfswerke. Eine entsprechende Anpassung dürfte hier am Platz sein.

Dennoch hat uns weniger die Ansicht, dass der Bund, verglichen mit seiner finanziellen Unterstütztung vor allem der UNO, mehr für das IKRK tun könnte, zu dieser Botschaft veranlasst, als vielmehr die zwingende Notwendigkeit, einer Institution zu Hilfe zu kommen, deren Reserven sich rasch erschöpfen, einer Institution aber auch, der sich unser Land in besonderer Art verbunden weiss.

II Der jährliche Beitrag Der Tätigkeitsbericht des IKRK für das Jahr 1966 weist zwei Rechnungen auf. Die eine, das sogenannte Jahresabschlusskonto, enthält den ordentlichen Haushaltsvoranschlag und bezieht sich auf die laufenden Aktionen. Die andere stellt ein Überschreitungskonto dar. Dieses betrifft vor allem umfängliche Sofortaktionen, deren Kosten das IKRK im Rahmen seines ordentlichen Voranschlags nicht zu übernehmen vermag, für die es aber die Verantwortung nicht ablehnen könnte, ohne seine humanitäre Aufgabe zu vernachlässigen. Auf dieses Konto kommen wir nach der Behandlung des ordentlichen Haushalts des IKRK zurück.

1. Das Programm Die laufenden Tätigkeiten des IKRK sind unter drei Haupttiteln zusammengefasst : auswärtige Tätigkeiten, humanitäres Recht und Information, Verwaltung. Unter den auswärtigen Tätigkeiten sind zu verstehen : die ständigen Delegationen des IKRK in den verschiedenen Erdteilen; die periodischen und speziellen Missionen, die jeweils von Genf aus in alle Richtungen entsandt werden; dazu die Ärztemissionen; das weitreichende Gebiet der Hilfeleistungen samt dem Problem des Sanitätsmaterials, dessen Transport - oft nach den entferntesten Weltgegenden - und dessen Einlagerung sowie schliesslich die Tätigkeit des Zentralen Suchdienstes. Die Kartei dieses Dienstes weist gegenwärtig über 45 Millionen Personenkarten auf; es gehen ihm im Monat noch durchschnittlich - wenn nicht in allen, so doch in sehr vielen Sprachen der ganzen Erde - 5000 neue Gesuche um Familiennachrichten und Bescheinigungen zu. Die Archive des Zentralen Suchdienstes (hauptsächlich für die Kriegsgefangenen) und diejenigen des Internationalen Suchdienstes in Arolsen (BRD), der dem IKRK zugeordnet ist (er betrifft im wesentlichen die Zivildeportierten des zweiten Weltkrieges), sind die einzigen der Welt, in denen Gefangenschaftsatteste für verschiedene Zwecke gültig ausgestellt werden können (z.B.

zur Erlangung oder Wiedergültigerklärung von Pensionsansprüchen, Auswanderungsrechten usw.). Mit dieser so vielfältigen wie umfangreichen Tätigkeit erfüllt das IKRK seinen universellen Auftrag, über die nicht einfache Anwendung der Genfer Abkommen zum Schütze der Kriegsopfer zu wachen. Im Sinn und Geist dieser Abkommen unterhandelt es oft mit den höchsten Stellen, be-

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sucht und betreut Gefangene, Internierte und Häftlinge, evakuiert und pflegt Verwundete, führt Angehörige auseinandergerissener Familien zusammen, lindert unendliches Leid, indem es Nachrichten sammelt und übermittelt; es gibt den verantwortlichen Behörden unmissverständlich und zugleich unter voller Wahrung der Verschwiegenheit die teils auch kritischen Beobachtungen seiner Delegierten bekannt; es pflegt freundschaftliche Beziehungen mit den nationalen Rotkreuzgesellschaften und den Regierungen. Für alle seine Initiativen ist ihm an der XX. Internationalen Rotkreuzkonferenz vom Oktober 1965 in Wien viel Anerkennung und Ermutigung zuteil geworden.

Daneben hat sich dem IKRK seit langem im humanitären Völkerrecht ein weites, bedeutsames Studien- und Aktionsgebiet eröffnet. Seit Jahrzehnten baut es, von einer internationalen Rotkreuzkonferenz zur ändern, diesen Rechtsbereich aus, um die Menschheit vor den wachsenden Schrecken des Krieges zu bewahren. Es ist der hauptsächlichste Urheber der vier Genfer Konventionen, ihrer revidierten Texte, der diesbezüglichen Kommentare und vieler massgebender Veröffentlichungen. Weniger bekannt sind gewisse von ihm angeregte Sonderstudien über Fragen von ausserordentlicher Wichtigkeit, zum Beispiel jene über die wissenschaftliche Erforschung von Mitteln gegen schädliche Gase, dies zu einer Zeit, als das Giftgas in Kriegen die grösste Gefahr darstellte und dessen Verwendung noch nicht (wie dies seit dem Protokoll von 1925 der Fall ist) verboten war. Seit Jahren weist das IKRK immer wieder auf die Gefahren des uneingeschränkten Krieges hin, der heute gesamte Bevölkerungen bedroht; es bemüht sich um die Ausarbeitung neuer Rechtsgrundlagen, welche zumindest die Auswirkungen eines solchen Krieges beschränken sollen. Wiederholt ist es von den Rotkreuzgesellschaften und von den Mitgliedstaaten der Genfer Abkommen beauftragt worden, diese auch die UNO interessierende, schwierige Aufgabe im Einvernehmen mit Sachverständigen aus verschiedenen Ländern fortzusetzen. Es bleibt auf juristischem Gebiet noch viel zu tun : rein wissenschaftliche Studien, daneben aber auch die Verbreitung des Gedankengutes auf weite Volksschichten. Denn wenn die Konventionen in Zukunft in ihrer Wirkung noch heilsamer sein sollen, als sie es in der Vergangenheit schon gewesen sind, so müssen sie all
jenen, die sie gegebenenfalls anzuwenden haben, bekannt sein.

Eine andere, wesentliche Tätigkeit ist die Information; diese ist in Anbetracht der Diskretion, die das IKRK zu wahren hat, besonders heikel. Zudem stellt der universelle Aufgabenkreis dem IKRK spezielle Sprachprobleme. Im Bereich der Information wie auch in jenem des Suchdienstes treten diese ständig in Erscheinung. Um eine weitere Öffentlichkeit zu erreichen, muss das IKRK seine Mitteilungen und Dokumente in vier, wenn möglich mehr Sprachen erscheinen lassen. - Die inhaltsreichen Beilagen seiner Monatsschrift werden in deutscher, englischer und spanischer Sprache herausgegeben. In manchen Fällen müssen Spezialisten des Russischen und Arabischen sowie der ändern orientalischen Sprachen beigezogen werden. Hierbei besitzt das IKRK nicht den Beamtenapparat, über den eine internationale Organisation (deren Personal international ist) üblicherweise verfügt.

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Zur Durchführung seines Programms benötigt das IKRK Personal, das nicht nur geeignet und zuverlässig, sondern auch nach beruflichen Fähigkeiten und Ausbildungsarten recht vielgestaltig ist. Es braucht Juristen, Ärzte, Techniker, Krankenschwestern und Pfleger, Diplomaten, Verwalter, Wissenschaftler, mutige und charaktervolle Männer und Frauen. Diese Qualitäten werden nicht nur von den ständigen Kadern verlangt sondern auch vom vorübergehend angestellten Personal, das jederzeit kurzfristig aufgeboten werden kann und um dessen Gewinnung sich das IKRK in besonderer Weise bemüht. Um sich solches Aushilfspersonal zu sichern, hat das IKRK eigens sogenannte Gruppen für internationale Missionen (GIM) ausgebildet. Zudem versucht es, Studenten schweizerischer Universitäten für die Erfüllung seiner Aufgabe zu gewinnen.

Für kurzfristige Missionen von geringerer Bedeutung können wohl Studenten, die noch nicht in ihrem zukünftigen Beruf eingespannt sind, rasch aufgeboten und erfolgreich eingesetzt werden. Diese neuste Initiative des Komitees hat denn auch grossen Anklang gefunden.

Weit schwieriger stellt sich das Problem bei jenen Gruppen für internationale Missionen, deren Mitglieder - und vor allem deren Chefs - über solide Berufskenntnisse und Erfahrungen, über geistige Reife und Verantwortungsgefühl verfügen müssen. Schon nur die Beurlaubung zu ermöglichen, die zum Zweck der Ausbildung von solchen Spezialisten erforderlich ist, bringt grosse Probleme mit sich. Ferner müssen die Mitglieder solcher Gruppen regelmässig zu ein- bis zweitägigen «Wiederholungskursen» aufgeboten werden. Der tatsächliche Einsatz dieser GIM-Mitarbeiter bringt dann vielfach weitere Schwierigkeiten. Bei unerwartet eintretenden Ereignissen müssen sie oft plötzlich für einen Einsatz von mehreren Wochen oder Monaten aufgeboten werden. Diese «Mobilisierung» umfasst Angehörige der freien Berufe, aber auch eidgenössische und kantonale Beamte. Hierbei sind familiäre Probleme sowie Fragen der Entschädigung, des Ersatzes u.a.m. zu regeln. Der Personaldienst des IKRK und das Sekretariat des Schweizerischen Roten Kreuzes (welches für das IKRK das medizinische Personal rekrutiert) müssen täglich derartige Schwierigkeiten meistern, hängt doch von der Lösung solcher Probleme primär die gesamte Einsatzfähigkeit des Internationalen Komitees ab,
2. Die Mittel Über welche Mittel verfügt das IKRK, um die Gesamtheit des ihm aufgegebenen, laufenden Aufgabenbereiches zu finanzieren? Es sind hauptsächlich drei Quellen, aus denen sein Haushalt gespiesen wird : die Spenden, die Beteiligungen der nationalen Rotkreuzgesellschaften und die Beiträge der Mitgliedstaaten der Genfer Abkommen.

a) Die Spenden sind ihrem Wesen nach nicht vorausberechenbar; sie hängen häufig von gefühlsmässigen, mithin zufälligen Faktoren ab. Ausserdem werj den viele mit einer bestimmten Zwecksetzung gewährt. So willkommen und notwendig sie auch sein mögen, sie können nicht die Grundlage einer regulären Finanzierung des IKRK bilden. Es sind nur die Beiträge der nationalen Gesell-

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Schäften und der Regierungen, welche die unerlässliche finanzielle Sicherstellung des Komitees gewährleisten können.

b) Die Beteiligung der nationalen Rotkreuzgesellschaften. Bis 1919 war das Internationale Komitee die einzige internationale Rotkreuz-Organisation. Um diese Grundorganisation herum bildeten sich alsdann die vom IKRK in aller Form anerkannten nationalen Gesellschaften. (Die Anerkennung neuer Gesellschaften stellt übrigens nach wie vor eine wesentliche Obliegenheit des IKRK dar.) Bald auch wurden regelmässig internationale Rotkreuzkonferenzen einberufen. Infolge eines verzweigten Wachstumsvorganges ist jedoch die Bewegung in ihrem Gefüge vielgestaltig geworden; es entstand nach dem Ende des Ersten Weltkrieges eine weitere internationale Organisation, die Liga der Rotkreuzgesellschaften. Seither hatten die nationalen Gesellschaften zwei internationale Institutionen des Roten Kreuzes zu finanzieren.

Diese Sachlage begünstigte einerseits die Entwicklung mancher nationaler Gesellschaft, erschwerte aber anderseits die Beteiligung am Finanzhaushalt des IKRK. Dies um so mehr, als das von der Liga vorgeschlagene Entwicklungsprogramm die Gesellschaften unmittelbar betraf und auf der Vorstellung einer Welt im Zustand des von allen Völkern gewünschten Friedens beruhte. Die Teilung musste sich deshalb fast unvermeidlich zugunsten der neuen Institution vollziehen. In Friedenszeiten, da der Verzicht auf den Gebrauch der Waffen, ja die immerwährende Harmonie zwischen Nationen und Menschen in Reichweite zu sein scheinen, wird leicht in den Hintergrund gedrängt, was irgendwie an Schlachtfeld, Blutvergiessen, Bruderkrieg und an die bei solchen Ereignissen geleistete Fürsorge erinnert. In solchen Zeiten gilt vielfach sogar die Neutralität in all ihren Formen als überlebt: Welche Funktion könnte ihr in einer Welt, wo alles dauernd zum besten steht, noch zukommen ? Wie utopisch solche Friedenillusionen auch gewesen sind, das neutrale IKRK hat ihre Wirkungen doch erfahren müssen. - Als einem möglichen Vermittler in Streitigkeiten und bewaffneten Konflikten, aber auch als dem Theoretiker und Förderer des humanitären Völkerrechts und dem obersten Hüter der Rotkreuz-Grundsätze wurden ihm dauernd schwere Aufgaben übertragen. Für deren Verwirklichung aber musste sich das IKRK verständlicherweise an erstklassige
Kräfte werden. Seine Bemühungen um die Verbreitung der Genfer Abkommen, seine unentwegte Arbeit zur Ausgestaltung der humanitären Konventionen und Verträge schreiten bis auf den heutigen Tag ständig voran. Allein, die Materie bleibt schwierig, und so dringend deren Bearbeitung auch sein mag, ist sie es - in der Reihenfolge der unmittelbaren Notwendigkeiten - doch weniger als die ärztliche Pflege selbst und die Hilfe bei Unglücksfällen. Die Liga tritt im alltäglichen Leben sichtbarer in Erscheinung als das IKRK, bei der Verbesserung seiner Spital- und Fürsorgedienste etwa, oder überhaupt im Bereich der persönlichen Begegnung, mit dem Auftreten der Krankenschwester und dem Samariter, die sich zur Hilfeleistung am einzelnen bereithalten. Zudem verbindet die Liga ihr Programm mit Projekten der Entwicklungshilfe. - Hierbei sind es jeweils die nationalen Gesellschaften, die über die Verwendung der Gelder, die sie der Liga zur Verfügung stellen,

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sowie über deren Programme entscheiden, während sie an der Programmgestaltung des IKRK keinen Anteil haben.

Aus all diesen Gründen sind denn auch sehr bald die Beiträge der nationalen Gesellschaften erheblich stärker der Liga als dem IKRK zugeflossen. Im Jahre 1966 haben von insgesamt 106 Gesellschaften deren 95 der Liga ordentliche Beiträge von insgesamt 2305174 Franken entrichtet, d.h. einige tausend Franken über die ordentlichen Beitragsanteile hinaus. 18 Gesellschaften haben ihr ausserdem für ihr Entwicklungsprogramm zusätzliche Beiträge von total rund 500000 Franken gewährt. Für das gleiche Rechnungsjahr aber haben sich nur 63 nationale Gesellschaften (6 mehr als 1965) am Budget des IKRK betei* ligt, nämlich insgesamt mit einem Betrag von 559627 Franken. Im Jahre 1966 betrugen die ordentlichen Ausgaben des IKRK indessen 4752213 Franken; der dem Internationalen Komitee von den nationalen Gesellschaften überwiesene Betrag deckt somit kaum einen Neuntel davon.

c) Freiwillige Regierungsbeiträge. Anlässlich der diplomatischen Rotkreuz-Konferenz, die im Sommer 1949 zur Revision und Erweiterung der Genfer Konventionen einberufen worden war, wurde beschlossen, dem IKRK durch regelmässige Beiträge der Unterzeichnerstaaten eine angemessene finanzielle Unterstützung zu sichern (Entschliessung Nr. XI der Schlussurkunde der Genfer Konferenz vom 12. August 1949). Dies entsprach, wie aus den vorhergehenden Erläuterungen hervorgeht, einer dringenden Notwendigkeit.

Die Schweiz war der erste Staat, der dieser Entschliessung Folge leistete.

Durch Bundesbeschluss vom 7. Juni 1951 gewährte sie dem IKRK erstmals eine jährliche Subvention. Ihr Betrag wurde auf 500000 Franken festgesetzt. Angesichts der allgemeinen Teuerung und der vermehrten Aufgaben, die der Genfer Institution übertragen wurden - diese sind ein kennzeichnendes Abbild der weltpolitischen Entwicklung - beschlossen Sie, diesen Beitrag auf eine Million Franken im Jahr zu erhöhen (BB vom 27. September 1962). Im Jahre 1966 haben ausser der Schweiz 68 Staaten zur Finanzierung des IKRK beigetragen. Aber ihre Leistungen, Beträge von einigen hundert bis zu rund 200000 Franken, haben im gesamten nur wenig über 1500000 Franken ergeben. Zusammen mit der schweizerischen Beteiligung ist die Summe auf etwas über 2 500 000 Franken gestiegen.

In Anbetracht der
gespannten Weltlage ist die Frage berechtigt, weshalb die Regierungsbeiträge relativ niedrig geblieben sind. Eine Kommission aus Vertretern von fünf nationalen Rotkreuzgesellschaften (gegenwärtig denjenigen der Niederlande, Grossbritanniens, Indiens, Mexikos und der Tschechoslowakei), der sog. Ausschuss zur Finanzierung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, sucht dessen finanzielle Mittel sicherzustellen und hierbei u. a. auch bei den Regierungen in diesem Sinne zu wirken. Auf Anregung dieses Ausschusses nahm die XX. Internationale Rotkreuzkonferenz im Oktober 1965 einstimmig folgende Entschliessung an: «Nachdem die XX.Internationale Rotkreuzkonferenz (diese besteht u.a. aus Regierungsvertretern der Staaten der Genfer Abkommen)

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den vom Ausschuss zur Finanzierung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz vorgelegten Bericht zur Kenntnis genommen hat, stellt sie das ständig mangelnde Gleichgewicht fest, das zwischen den dem IKRK zur Verfügung gestellten Finanzmitteln und den Bedürfnissen besteht, die sich aus den im Rahmen der Genfer Abkommen zu erfüllenden Tätigkeiten ergeben, konstatiert zudem, dass es an erster Stelle den Regierungen der Teilnehmerstaaten der Genfer Abkommen obliegt, dem IKRK die finanziellen Mittel zu beschaffen, die es unbedingt benötigt, um seinen Verpflichtungen nachzukommen, erinnert an die von der Diplomatischen Konferenz von 1949 angenommene Resolution, derzufolge die auf dieser Konferenz vertretenen Regierungen die Notwendigkeit anerkannt haben, dem IKRK eine regelmässige finanzielle Unterstützung zu sichern, richtet an alle Regierungen der Teilnehmerstaaten der Genfer Abkommen den dringenden Aufruf, in ihrem Budget einen freiwilligen Jahresbeitrag für das IKRK einzusetzen. Diese Beiträge müssten so festgesetzt oder erhöht werden, dass sie einen angemessenen Teil der Gesamtausgaben des IKRK darstellen, die gegenwärtig den Betrag von fünf Millionen Schweizer Franken jährlich übersteigen. » Das Internationale Komitee selbst scheut keine Mühe, um von den Mitgliedstaaten der Genfer Konventionen (1966 waren es 114) eine grössere und angemessenere Beteiligung an seiner Finanzierung zu erlangen. Insbesondere wendet es sich an Staaten, die seit jeher die internationalen Hilfswerke in grosszügiger Weise unterstützt haben. Dabei fällt auf, dass Regierungen, die z.B.

dem Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge im vergangenen Rechnungsjahr eine sehr grosszügige Unterstützung gewahrt haben, im gleichen Jahr dem IKRK weit geringere Beträge zukommen Hessen und dass andere Regierungen, die das Programm des Hochkommissariates unterstützen, nicht auf der Liste der Staaten stehen, die dem IKRK finanziell beistehen.

Hier muss berücksichtigt werden, dass eine Regierung, die zur Finanzierung einer zwischenstaatlichen Organisation beiträgt - sei es im Rahmen der Vereinten Nationen oder anderswo - in der Geschäftsführung dieser Organisation normalerweise mitzureden hat. Demgegenüber besteht das IKRK, dessen Organisationsweise und Aufgabe besonders geartet sind, gegenüber allen Staaten, auch der
Schweiz, auf seiner Unabhängigkeit. Sind die legitimen Gründe hierfür auch zur Genüge bekannt, so lässt diese Haltung doch zuweilen den Eindruck entstehen, der «Gute Samariter» wirke, wenn er nicht gerade seine Aufgabe bei den leidenden Massen erfülle, zu sehr in der Zurückgezogenheit. Doch ist nicht zu vergessen, dass dieses Verhalten dem IKRK seit einem Jahrhundert in anerkennenswerter Weise ermöglicht hat, rasch Entschlüsse zu fassen, unparteiisch zu bleiben und äusserste Verschwiegenheit zu wahren. Dennoch erschwert diese notwendige Isolierung seine Beziehungen gegen aussen; ihr mag

51 die Schwierigkeit des IKRK zuzuschreiben sein, eine seiner bedeutsamen Verantwortung entsprechende finanzielle Unterstützung zu erhalten.

Für 1966 haben 69 Regierungen dem IKRK im ganzen 2578793,06 Franken überwiesen. Für das gleiche Rechnungsjahr betrugen seine laufenden Ausgaben wie erwähnt 4752213 Franken. Mit der Beteiligung der nationalen Rotkreuzgesellschaften, einer Anzahl Spenden, die dem ordentlichen Budget des IKRK gutgeschrieben wurden, und den bescheidenen Einkünften der Stiftung zugunsten des IKRK schliesst die Rechnung für das genannte Jahr mit einem Defizit von 480158 Franken ab. Für 1967 wird dieser Fehlbetrag auf 550000 Franken berechnet, und wir wissen schon jetzt, dass die notwendige Anpassung der Löhne, der Sozialleistungen und Ruhegehälter des Personals an die erhöhten Lebenskosten für das IKRK 1968 eine zusätzliche Ausgabe von einer Million Franken bringen wird.

3. Das Defizit Fehlbeträge sind Ausdruck einer Unausgeglichenheit, eines Bruchs mit der Regel, wonach bei einer gesunden Geschäftsführung die verfügbaren Mittel die Grenzen der Ausgaben bestimmt. Bezogen auf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz bedarf dieser Tatbestand einiger Erläuterungen.

Einmal erlauben es heute die soziale Entwicklung und die wirtschaftlichen Verhältnisse selbst humanitären Unternehmungen immer weniger, auf unentgeltliche Mitarbeit zu zählen. Zudem muss das IKRK noch mehr als andere Organisationen von seinem Personal hohe berufliche Fähigkeiten verlangen. Es ist folglich recht und billig, dass das Personal normal entschädigt und dass das bisher unzulängliche Fürsorgesystem auf einen angemessenen Stand gebracht wird. Diese elementaren Ansprüche auf eine gesicherte und würdige Existenz schliessen keineswegs jene Hingabe zum Dienst aus, die man von Angehörigen des Roten Kreuzes erwartet. Das IKRK verfügt gegenwärtig in der Schweiz und im Ausland über etwas mehr als 200 Mitarbeiter, wobei die medizinischen Equipen und das an Ort und Stelle angestellte Personal nicht mitgezählt sind. Diese Zahl stellt ein Minimum dar.

Nur wenige hundert Meter vom Genfer Sitz des IKRK entfernt befinden sich die Büros verschiedener SpezialOrganisationen und anderer Ämter der Vereinten Nationen. Die dem IKRK räumlich sowie auch wegen ihres humanitären Programms und dem verhältnismässig bescheidenen Umfang am
nächsten stehende Organisation arbeitet mit etwa gleich viel Personal, aber mit vier- bis fünfmal grösserem Budget. Dagegen nehmen sich die Mittel, über die das IKRK zur Bewältigung seiner Aufgabe verfügt, bescheiden aus. Ist es erstaunlich, wenn das Defizit für 1967 auf 550000 Franken geschätzt wird und sich im nächsten Jahr sogar auf mindestens eine Million Franken erhöht, wenn sich inzwischen nichts ändert?

Ja, man kann sich fragen, ob das eigentliche Defizit des IKRK tatsächlich in diesen Beträgen enthalten ist, die sich im Vergleich zu den Ausgaben der UNO, an denen auch die Schweiz beteiligt ist, bescheiden ausnehmen. Liegt es

52 nicht eher darin, dass gewisse Aktionen nicht durchgeführt oder verzögert werden, weil das IKRK sie nicht zu übernehmen vermag! Ganz abgesehen von den Sofortaktionen, auf die wir im letzten Teil dieser Botschaft zurückkommen werden, schliesst das laufende Programm des IKRK eine Reihe von Verpflichtungen und Mandaten in sich, die es mit so wenigen ständigen Mitarbeitern und begrenzten Mitteln nicht in der gewünschten Weise erfüllen kann. So hat das Komitee während Monaten gezögert, ein von seinen Dienststellen ausgearbeitetes kleines Handbuch zu veröffentlichen, das die Genfer Abkommen in Afrika bekanntmachen sollte : es fehlten die Kredite zu seiner Herausgabe und Verbreitung. Schliesslich überwand es seine Bedenken und ersuchte den Bund um einen Vorschuss von 210000 Franken. Diese Veröffentlichung hätte im Rahmen der laufenden Geschäfte und der ordentlichen Rechnung des IKRK möglich sein sollen. So muss das IKRK auch bereits geplante Missionen aufschieben, weil ihm die Mittel dazu fehlen, und die Vorbereitung wichtiger Zusammenkünfte stellen es vor gewaltige Finanzierungsprobleme. Besteht das wahre Defizit nicht in diesen unfreiwilligen Verzögerungen, diesem erzwungenen Fernbleiben, darin, dass das IKRK trotz den Empfehlungen unserer diplomatischen Vertreter und trotz seiner Unersetzlichkeit keine Regionalbüros in besonders gefährdeten Gegenden gewisser Kontinente eröffnen kann ? Ist das Defizit nicht in den Schwierigkeiten enthalten, denen das IKRK bei der Herausgabe von Informationsmaterial und populären Schriften begegnet, die letztlich der allgemeinen Verständigung und dem Weltfrieden dienen sollten, ferner in der Vertagung von Beratungen, weil diese kostspielige Reisen mit sich bringen ? Mit einem Wort : liegt es nicht an diesen ungenützten Möglichkeiten, wenn dem IKRK schliesslich nicht die ihm unentbehrliche finanzielle Unterstützung gewährt wird ?

Das Defizit für 1966 ist aus der allgemeinen Reserve gedeckt worden. Wie aus dem letzten Geschäftsbericht hervorgeht, betrug diese Reserve zu Ende des Jahres 1966 aber mir noch 4262000 Franken. Diese Summe wird bald erschöpft sein, wenn es nicht möglich ist, durch zusätzliche Einnahmen die künftigen Budgets der Institution ins Gleichgewicht zu bringen.

4. Notwendigkeit der Erhöhung der jährlichen Subvention Das einzige Mittel zur Überwindung
dieser kritischen Situation ist eine gemeinsame Anstrengung aller, die dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz regeknässige Beiträge leisten, d.h. der nationalen Rotkreuzgesellschaften und der Mitgliedstaaten der Genfer Abkommen. Indessen haben wir gesehen, wie schwierig es für das IKRK ist, von diesen Gesellschaften und Staaten angemessene Zahlungen zu erhalten. Was die Rotkreuzgesellschaften betrifft, so werden diese zur Zeit auch von ihrer Vereinigung, der Liga der Rotkreuzgesellschaften, eingeladen, ihre Beiträge an deren Budget um 35 Prozent zu erhöhen.

Dieser im September 1967 vom Gouverneursrat der Liga gefasste Beschluss wird für viele Gesellschaften eine fühlbare Mehrbelastung darstellen, da sie bereits die für ihre eigene Tätigkeit erforderlichen Gelder kaum beschaffen können. Man darf daher von ihnen nicht unbedingt eine zusätzliche Unterstützung

53 des IKRK erwarten. Da übrigens die Liga ausser den Mitgliederbeiträgen keine Einnahmen zu verzeichnen hat, ist es verständlich, dass sie sich zur Deckung der erhöhten Kosten an ihre Mitglieder wandte. Somit liegt es in erster Linie an den Unterzeichnerstaaten der Genfer Abkommen, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz finanziell zu unterstützen (gemäss Entschliessung Nr. 13 der XX. Internationalen Rotkreuzkonferenz). Wir haben bereits die Gründe aufgezählt, weshalb diese Unterstützung immer noch unzureichend ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die meisten Staaten als Mitglieder der UNO Verpflichtungen zu übernehmen haben, die unser Land nicht oder nicht in gleichem Masse belasten.

Umgekehrt scheint man allgemein der Ansicht zu sein, die Schweiz trage dem IKRK gegenüber eine weitergehende Verantwortung als die ändern Staaten ; eine Ansicht, die ohne weiteres auch in finanzieller Hinsicht gelten kann.

Wer könnte es dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz verargen, dass es den grössten Teil seiner Mittel von jenem Staate empfängt, der ihm seine Neutralität gewährleistet? Das IKRK seinerseits akzeptiert angesichts seiner finanziellen Notlage, dankbar eine solche Regelung, sofern die Eidgenossenschaft seine volle Autonomie wie bisher respektiert und es ihm überlässt, selbständig über diese Gelder zu verfügen. Wir sind uns des Wertes der Institution zu sehr bewusst, um ihren Erfordernissen nicht Rechnung zu tragen. Obwohl bereits jetzt ein bedeutender Unterschied zwischen unseren Jahresleistungen und jenen der ändern Regierungen besteht, schlagen wir Ihnen daher vor, den schweizerischen Beitrag zu erhöhen. Er beläuft sich gegenwärtig auf eine Million Franken. Wir halten es für angebracht, ihn auf 2 Vi Millionen Franken festzusetzen. Hierbei wissen wirj dass sich das IKRK seinerseits weiterhin bemühen wird, die ändern Regierungen zu einer Erhöhung der Beiträge zu veranlassen.

Ein jährlicher Beitrag von 2 YÏ Millionen Franken ist sicher nicht übermässig hoch. Manchen mag er sogar bescheiden vorkommen, doch ist dies für die Eidgenossenschaft nicht die einzige Möglichkeit, das IKRK zu unterstützen.

III.

Die Vorschüsse des Bundes Wir gelangen nun zu dem bereits erwähnten «Überschreitungskonto» des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz.

1. Historisches Im Jahre 1945 ersuchte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz die Eidgenossenschaft um einen rückzahlbaren Kredit, da es seine finanziellen Mittel während der sechs Jahre des Zweiten Weltkrieges für seine Hilfsaktionen an allen Fronten aufgebraucht hatte. Damals bestand das System der Finanzierung des IKRK durch freiwillige Regierungsbeiträge noch nicht. Das Gesuch des Internationalen Komitees war Gegenstand eines ersten Bundesbeschlusses vom

54

19. Dezember 1945, der den Bundesrat ermächtigte, dem IKRK Vorschüsse bis zu einem Gesamtbetrag von 5 Millionen Franken zu gewähren. Mit einem zweiten Bundesbeschluss vom S.April 1946 wurde dieser Kredit auf 7 Vi Millionen Franken erhöht. Die nachstehende Tabelle zeigt den Kapitalverkehr im Rahmen dieser Vorschüsse. Dabei sind zwei Perioden zu unterscheiden: die erste dauerte von 1945 bis 1961, die zweite hat 1961 begonnen.

Die erste Periode ging mit der vollen Rückzahlung der drei Millionen Franken zu Ende, welche der Bund dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz im Jahre 1946 geliehen hatte. Inzwischen hatte das IKRK von einigen Staaten beträchtliche Summen erhalten; dies als Zeichen der Dankbarkeit dafür, was es zugunsten der Millionen von Kriegsgefangenen dieser Staaten während und nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu deren vielfach erst spät erfolgten Rückkehr geleistet hat. Ebenfalls zu dieser Zeit, vor allem nach der Genfer Konferenz von 1949 und dank den persönlichen Anstrengungen seines damaligen Präsidenten, begannen dem Internationalen Komitee finanzielle Beiträge der Mitgliedstaaten der Genfer Konventionen zuzufliessen. Dennoch erkannte das IKRK bereits 1961, als es der Eidgenossenschaft die Vorschüsse zurückzahlen konnte, wie ungenügend diese Unterstützung war; sie entwickelte sich nicht erwartungsgemäss und trug den ausserordentlichen Diensten, zu welchen die Organisation jederzeit in jedem Teil der Welt aufgerufen werden könnte, zu wenig Rechnung.

Deshalb lag es dem IKRK daran, sich für alle Fälle zu versichern, dass ihm der Kredit des Bundes stets offen bleibe. Zwischen der ersten und zweiten Periode dieser Kreditgewährung steht ein Entscheid des Bundesrates vom 5. Juni 1961, wonach die Bundesbeschlüsse vom 19.Dezember 1945 und S.April 1946 unverändert weiter gelten sollen.

In der Tat musste das IKRK die Eidgenossenschaft seit 1962 erneut um Vorschüsse bitten. Es hatte eine Reihe von weiteren dringlichen Aufgaben zu übernehmen, die nur von ihm durchgeführt werden konnten; einige dieser Aufgaben erheischten Interventionen in Ländern der Dritten Welt, wo das Rote Kreuz bis heute noch vielfach unbekannt ist. Es versteht sich, dass das Internationale Komitee die Möglichkeit eines weitern Bundesdarlehens nur mit Bedenken in Betracht gezogen hat. Aber als Alternative, der keinesfalls
der Vorzug gegeben werden konnte, wäre nur der Verzicht auf die ihm aufgegebene Mission in Frage gekommen. So entschloss sich das IKRK, vorwärtszugehen und die eidgenössische Finanzhilfe in dieser Form dankbar anzunehmen. Die obere Grenze des Kredites ist heute fast erreicht ; der verfügbare Restbetrag beläuft sich noch auf 1153862 Franken. Wahrscheinlich wird sich das Internationale Komitee bald gezwungen sehen, auch um diesen Rest nachzusuchen.

55 Erste Periode

Fr.

- Kredit gemäss Bundesbeschluss vom 19.Dezember 1945 - Vorschüsse an das IKRK Januar 1946 Februar 1946 März 1946 - Verfügbarer Restbetrag Ende März 1946

5 000 000 l 000 000 l 000 000 l 000 000 2 000 000

5 000 000 - Anfänglicher Kredit - Zusätzliche Kreditmarge gemäss Bundesbeschluss vom S.April 1946 - Neuer verfügbarer Restbetrag im April 1946 - Rückzahlung durch das IKRK am 24. Mai 1961 ..

Bilanzsumme

Fr.

5 000 000

5 000 000 2 500 000 4 500 000 3 000 000 7 500 000

7 500 000

Zweite Periode

Fr.

Fr.

- Bilanzsumme - Vorschüsse an das IKRK 1962 (Nepal) 1963 (Jemen) 1964 (Jemen) 1964 (Jemen) 1965 (Jemen) 1967 (Vietnam) 1967 (Jemen) 1967 (Naher Osten) 1967 (Schulbuch für Afrika) 1967 (Naher Osten)

7 500 000 l 500 000 750000 800000 600000 750000 300 000 500000 500 000 210 000 625000

Total der Vorschüsse 6 535 000 *) Rückzahlung Technische Zusammenarbeit (1966) 188 862 Total der Vorschüsse netto 6346138 - Verfügbarer Restbetrag zugunsten des IKRK

6346138 l 153 862 7 500 000

7 500 000

*) Bezieht sich auf die Aktion des IKRK in Nepal, die später vom Dienst für Technische Zusammenarbeit übernommen wurde, und betrifft den Rückkauf von Material, welches das IKRK mit Vorschüssen des Bundes erworben hatte.

56

2. Dringlichkeitskredit Die vorstehende Tabelle, auf der die Verwendungen der dem IKRK gewährten Vorschüsse aufgezählt sind, zeigt, dass ausser den neulich bewilligten 210000 Franken zur Herausgabe eines kleinen Werkes über das Rote Kreuz und zur Förderung von dessen Verteilung in Afrika alle Beträge für praktische Dringlichkeitsaktionen an Ort und Stelle angefordert worden sind : für die Hilfe an die tibetanischen Flüchtlinge in Nepal und für die Errichtung eines Feldspitals in der Wüste von Jemen und die Entsendung medizinischer Equipen (diese Operation, die den Nomaden der arabischen Halbinsel das Hoheitszeichen des Roten Kreuzes vertraut macht, dauert nun schon vier Jahre, ohne dass eine andere Organisation in der Lage wäre, das IKRK abzulösen) ; ferner Beträge für die Erweiterung der Aufgaben seiner Delegation in Südvietnam; schliesslich Beträge für die Entsendung von mehr als 30 Delegierten innert kürzester Frist in die Länder des Nahen Ostens, die an den Feindseligkeiten vom Juni 1967 beteiligt waren (wobei diese Mission die Hilfe sowohl an Verwundete wie an Gefangene und Flüchtlinge umfasst).

Andere Organisationen, die dringliche Interventionen durchzuführen haben - z. B. das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge oder das Welternährungsprogramm (PAM), das sich auf die Organisation der Vereinten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) stützt - verfügen zu diesem Zweck über ausserordentliche Fonds oder Spezialkredite. So wurde etwa die Kreditmarge für Dringlichkeitsoperationen des PAM für das Jahr 1967 auf 15 Millionen Dollar erhöht, während sie normalerweise 10 Millionen Dollar (43 Millionen Schweizerfranken) beträgt. Trotz diesen bedeutenden Beträgen ist eine zeitgemässe Intervention vielfach nicht gewährleistet. Es ist deshalb im Nahostkonflikt wiederum das IKRK gewesen, welches die Aufgabe übernehmen niusste, der unter den Kriegsfolgen leidenden Bevölkerung im Rahmen seiner Mittel solange Hilfe zu leisten, bis die Unterstützungsaktionen des Welternährungsprogramms und der FAO ausgeführt werden können. Dabei arbeitet das Komitee mit zahlenmässig ungenügendem Personal; sein ordentliches Budget ist defizitär und verfügt über keine für dringliche Operationen bestimmte Reserven.

Die einzigen dem IKRK gehörenden Mittel, die es für solche Aufgaben verwenden kann,
bestehen aus Schenkungen, die es zu freier Verfügung erhält. An deren Spitze steht der Ertrag der jährlich beim Schweizervolk durchgeführten nationalen Sammlung, die der Bevölkerung Gelegenheit bietet, sich direkt hinter die dringendsten Hilfswerke des IKRK zu stellen. Im Jahre 1966 hat diese Kollekte 837556 Franken eingebracht. Der Ausbruch von Feindseligkeiten oder schweren Krisen - wie auf einem ändern Gebiet die Naturkatastrophen - bringen zudem fast immer mehr oder weniger bedeutende Spenden ein ; ihre Verwendung ist aber von den Spendern vorgeschrieben. Ferner kommt es vor, dass Regierungen oder Rotkreuzgesellschaften bereit sind, die Kosten der einen oder ändern Aktion zu übernehmen. Daher stehen gewisse kürzlich unternommene

57

Aktionen nicht auf der Liste jener Unternehmungen, für welche die Eidgenossenschaft um Vorschuss ersucht worden ist. Aber die dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz bei solchen Gelegenheiten gewährte finanzielle Unterstützung erfolgt aus einer emotionalen Spannung heraus und nimmt mit ihr ein Ende. Selbst wenn eine solche Sammlung grosse Beträge einbringt, ist deren Verwendbarkeit begrenzt, da sie auf einen einzigen Gegenstand ausgerichtet ist.

Wir möchten hier eine Stelle aus dem bereits erwähnten Memorandum an den Bundesrat vom 27. September 1927 zitieren, mit welchem das IKRK die Eidgenossenschaft erstmals um Hilfe ersucht hat: «Wenn das Internationale Komitee», schrieben sein Präsident und dessen Kollegen, «sich auf die Erfüllung derjenigen Mandate beschränken müsste, die ihm durch die Hilfe der Subventionen seiner Mandanten ermöglicht werden, sänke es zu einem gewöhnlichen Verwaltungsmechanismus herab und verlöre jede Fähigkeit zur Initiative. Nun sind es aber gerade die vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz ergriffenen Initiativen, die seine moralische Autorität ausmachen...». Ohne die Hilfe der Eidgenossenschaft, d.h. ohne den uns hier beschäftigenden Spezialkredit, hätte das IKRK im Laufe der letzten Jahre nur jene Mandate ausüben können, die subventioniert wurden, und das Entscheidende, die Fähigkeit zur Initiative, wäre in den Hintergrund getreten. Wie gefährlich solche Aussichten wären, versteht sich von selbst. In Wirklichkeit erfüllen die Bundesvorschüsse an das IKRK die Aufgabe eines Dringlichkeitskredits.

Der letzte Vorschuss, um den das IKRK die Bundesbehörden ersucht hat, jener vom 20. September 1967, beläuft sich auf 625000 Franken und ist für seine Aktionen im Nahen Osten bestimmt ; davon sollen 125 000 Franken für die Deckung der Kosten verwendet werden, welche die Miete des von den Delegierten benützten Flugzeuges im vierten Monat seines Einsatzes verursacht. Die bemerkenswerten Resultate dieser Mission sind nicht zuletzt dieser Maschine zu verdanken - oder genauer diesen nacheinander eingesetzten Maschinen, über welche der auf Zypern stationierte Generaldelegierte des IKRK seit Juni 1967 verfügt hat. Diese Flugzeuge haben es ihm ermöglicht, selbst während der grössten Spannung den Kontakt zwischen den beglaubigten Delegationen auf beiden Seiten ununterbrochen
aufrecht zu erhalten, in den Wochen nach Gefechtsabbruch den raschen Austausch der Schwer verwundeten zu planen und durchzuführen sowie die Verteilung der dringenden Hilfe an Tausende von Flüchtlingen sicherzustellen. Schliesslich passierten im Einverständnis mit den Behörden über 200000 auf Formularen des IKRK abgefasste Familienbotschaften Grenzen, welche die ordentliche Post bisher nie zu überschreiten vermochte. Es ist zweifelhaft, ob die Mission des IKRK ohne das zu seiner freien Verfügung stehende Flugzeug angesichts der Schwierigkeit der Verhandlungen erfolgreich gewesen wäre. Dennoch bleibt dem Internationalen Komitee die Sorge, wie die ausserordentlichen Kosten dieser Maschine gedeckt werden sollen. Die französische Regierung hat während einiger Wochen die Finanzierung übernommen.

Alsdann konnte der Bundesrat 200000 Franken zur Verfügung stellen, damit für einige weitere Wochen ein neues Flugzeug gemietet werden konnte. (Dieser

58 Betrag wurde mit der Kreditreserve von 43 Millionen Franken verrechnet, die für internationale Hilfswerke bis Ende 1969 bestimmt ist.) Diese Hilfe hat jedoch das IKRK nur zeitweise entlastet; seine Tätigkeit musste fortgesetzt werden, und wenig später hatte es zugleich mehrere nicht minder dringliche Aktionen in Afrika zu übernehmen. Die im Rahmen der Aufgaben des Internationalen Komitees an Ort und Stelle erforderlichen Operationen sind heute ohne den Einsatz modernster technischer Mittel, vor allem ohne Flugzeuge, kaum mehr denkbar. Zudem müssen seine Delegationen selbständig z. T. auch die Funkverbindungen sicherstellen; dies ein Beispiel mehr für die dauernd steigenden Sachausgaben, denen sich das IKRK gegenübersieht.

3. Vorgeschlagene Massnahmen a) Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, wie unerlässlich es gewesen ist, die Geldmittel des IKRK durch den Kredit der Eidgenossenschaft zu ergänzen, und wie massvoll das Komitee zur gleichen Zeit diesen Kredit in Anspruch nimmt; es greift nur dann auf ihn zurück, wenn es keine andere Wahl hat. Wie wäre es sonst zu erklären, dass der Kredit, der dem IKRK im Jahre 1946 eröffnet wurde, nicht schon längst erschöpft ist? Dieser schon erwähnte Wille zur Sparsamkeit, den das IKRK nur durch das humanitäre Gebot seiner Mission begrenzt und der seine ehrliche Bemühung zeigt, nicht leichtfertig auf den Kredit des Bundes zu greifen, dieser Wille zum Masshalten verdient nochmals besonders hervorgehoben zu werden. Wenn das Internationale Komitee, wie vorauszusehen, spätestens innerhalb der ersten sechs Monate des Jahres 1968 um den Restbetrag nachsuchen muss, wird es die ihm vor mehr als 20 Jahren zur Verfügung gestellten 71/2 Millionen Franken - nach der Rückzahlung von 1961 - im Laufe einer Periode von fast acht Jahren (1961-1968) aufgebraucht haben.

Mit ändern Worten, die dem IKRK bewilligten Vorschüsse haben durchschnittlich pro Jahr weniger als eine Million ausgemacht, was verglichen mit dem Umfang seiner Aufgaben nicht als unmässig bezeichnet werden kann.

Wir sind überzeugt, Ihre volle Zustimmung zu finden, wenn wir Ihnen vorschlagen, den dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz vom Bund gewährten Vorschuss in eine Subvention von 7 !/2 Millionen umzuwandeln.

b) Wenn sich dieser Vorschlag verwirklichen lässt, so werden die Bundesbeschlüsse vom
19. Dezember 1945 und vom 5. April 1946 hinfällig. Alsdann müssten diese unseres Erachtens durch einen neuen Bundesbeschluss ersetzt werden : Denn wie könnte das IKRK, das der Eidgenossenschaft die gewährten Vorschüsse nicht zurückzuzahlen vermag und auf verschiedenen Kontinenten gleichzeitig einzugreifen hat, unter den gegenwärtigen Umständen auf einen Kredit verzichten, der ihm die Reserven garantiert, die zur Durchführung unvorhergesehener grosser Aktionen unerlässlich sind ? Wie könnte auf der ändern Seite die Eidgenossenschaft auf die wirkungsvolle Unterstützung einer Organisation verzichten, mit der sie sich solidarisch fühlt und deren Tätigkeit, auf einem ihr wesentlichen Gebiet, sie so sehr zu schätzen weiss ?

59

Bei der Erwägung einer solchen Krediterneuerung stellt sich die Frage, ob nicht ein Darlehen in Betracht gezogen werden müsste, welches der Geldentwertung der letzten zwanzig Jahre Rechnung trüge und gleichzeitig dem IKRK eine grössere Bewegungsfreiheit verliehe. Entsprechend müsste sich ein solcher Betrag unseres Erachtens auf etwa 10 Millionen Franken beziffern. Hierbei sind wir überzeugt, dass das Internationale Komitee ihn, seiner Gewohnheit gemäss, nur mit Vorbedacht in Anspruch nehmen und der Eidgenossenschaft alle oder einen Teil der ausbezahlten Vorschüsse womöglich zurückerstatten würde.

Schlussfolgerung

Im Anhang dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, die gesamte Angelegenheit zusammenfassend, den Entwurf eines einzigen Bundesbeschlusses. Dieser betrifft einerseits die vorgeschlagene Erhöhung der jährlichen Subvention der Eidgenossenschaft an das IKRK und anderseits die Umwandlung des Vorschusses von 7 Yz Millionen Franken in eine Subvention und dessen Ersetzung durch einen neuen Vorschuss von 10 Millionen Franken.

Die eidgenössischen Räte haben sich seit jeher das Recht vorbehalten, den Pflichten der Eidgenossenschaft, vornehmlich auf finanziellem Gebiet, auch dann nachzukommen, wenn hierfür keine ausdrücklichen verfassungsmässigen Bestimmungen vorliegen. Es seien hier als Präzedenzfälle die verschiedenen Bundesbeschlüsse betreffend die Hilfe an Entwicklungsländer genannt. Das vorliegende Projekt bestätigt die früheren diesbezüglichen Beschlüsse, mit welchen die Notwendigkeit der Finanzhilfe zugunsten des IKRK schon anerkannt worden ist ; zugleich passt es diese Beschlüsse der gegenwärtigen Situation an. Die Finanzhilfe, die dem IKRK gewährt werden soll, stützt sich auf die Zuständigkeit des Bundes im Rahmen jener Aufgaben, welche die Verwirklichung der internationalen Solidarität bezwecken. Infolgedessen steht die zu erneuernde finanzielle Unterstützung des IKRK durch die Eidgenossenschaft im Einklang mit der Bundesverfassung.

Wir beantragen Ihnen deshalb, den beiliegenden Entwurf eines Bundesbeschlusses gutzuheissen, und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 28.November 1967.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Bonvin Der Bundeskanzler: Ch. Oser

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die finanzielle Unterstützung der Eidgenossenschaft an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (Vom 28. November 1967)

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