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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Änderung des Bundesbeschlusses über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker (Vom 25. November 1968)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die Änderung des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1957/19. Dezember 1963 (AS 1959,405 ; 1964,857) über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker zu berichten und gleichzeitig den Entwurf eines entsprechenden Bundesbeschlusses zu unterbreiten.

Die Notwendigkeit, den Zuckerbeschluss erneut zu revidieren, ergibt sich daraus, dass die heute geltende Ordnung am 30. September 1969 abläuft. Eine unveränderte Weiterführung würde den heutigen und für die nächste Zeit voraussehbaren Verhältnissen nicht mehr genügen, weshalb eine Anpassung notwendig ist, welche wir mit der vorliegenden Botschaft begründen.

1. Ziele, Inhalt und Auswirkungen der heute geltenden Gesetzesbestimmungen im Zuckersektor

1.1 Ziele und Mittel: Zusammenfassung Die Zuckergesetzgebung ist im Bundesbeschluss (BB) vom 20. Dezember 1957 über die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker und im BB vom 19. Dezember 1963 enthalten. Die Zuckerbeschlüsse verfolgen zwei Hauptziele, ein agrarpolitisches und ein versorgungspolitisches.

1.1.1 Die agrarpolitische Zielsetzung Der Anbau von Zuckerrüben soll dazu beitragen, eine Kulturpflanze zu fördern, die den klimatischen Verhältnissen im schweizerischen Ackerbaugebiet gut angepasst ist. Der Anbau erleichtert eine gesunde Fruchtfolge und trägt zu einem besseren Gleichgewicht zwischen tierischer und pflanzlicher Produktion bei.

806 Diesem zweitgenannten Ziel eines besseren Gleichgewichtes zwischen tierischer und pflanzlicher Produktion kommt heute im Hinblick auf die Überschussprobleme im Milchsektor besondere Bedeutung zu. Der Ackerbau bietet eine Möglichkeit, von der Milcherzeugung abzugehen. Wohl liefern die Zuckerrüben auch Viehfutter. Als Hackfrüchte erlauben sie aber im Fruchtwechsel eine doppelte Fläche an Futter- und Brotgetreide, wodurch im Gesamtergebnis der Anfall an Viehfutter reduziert wird. Bei Zucker besteht auch keine Gefahr der Überproduktion, da gegenwärtig nur etwa 20 Prozent des Eigenbedarfs an Zucker im Inland erzeugt werden.

Die Verhältnisse auf dem Milchsektor haben dazu geführt, bei der Behandlung der Revision des Milchwirtschaftsbeschlusses (Märzsession 1968) im sogenannten 7-Punkte-Programm eine Ausdehnung der Rübenfläche auf rund 10000 ha zu postulieren. Diese Fläche war bereits in der Botschaft vom 26. August 1957 in Aussicht genommen worden (BB11957, II, 405). Im Jahre 1968 betrug die Anbaufläche rund 9000 ha.

Im Zuckerbeschluss 1957 ist nun allerdings die Verarbeitungskapazität der beiden Fabriken auf 3800001 Zuckerrüben festgelegt. Infolge der höheren Flächenproduktivität im Rübenbau, aber auch wegen der technischen Entwicklung bei den Zuckerfabriken wird dieses Mengenziel mit 10000 ha Rübenfläche überschritten. Entsprechend der agrarpolitischen Zielsetzung wird deshalb der Zukkerbeschluss auch in diesem Punkt den veränderten Verhältnissen angepasst. Wir kommen später darauf zurück.

Am Endrohertrag der schweizerischen Landwirtschaft sind die Zuckerrüben mit knapp l Prozent beteiligt. Wohl ist dieser Anteil klein. In gewissen Gebieten ist die Zuckerrübe aber ein wichtiger Bestandteil des landwirtschaftlichen Einkommens. Wir erwähnen die Kantone Bern, Waadt, Zürich, Freiburg und Thurgau, wo sich rund 85 Prozent der schweizerischen Rübenfläche befinden.

1.1.2 Die versorgungspolitische Zielsetzung Auch heute muss damit gerechnet werden, dass unsere Einfuhren gefährdet oder gestört werden. Um dieser Gefahr zu begegnen, können wir die Inlandproduktion fördern, die Lagerhaltung unterstützen oder beides gleichzeitig tun.

Beim Zucker ermöglicht die Inlandproduktion eine Verbesserung der Eigenversorgung im Falle unterbundener Einfuhren. Sie begegnet auch dem grossen Nachteil aller Vorräte, die
nur einmal verbraucht werden können, während die Inlandproduktion Vorräte erneuern und den Verbrauch beliefern kann.

In der versorgungspolitischen Zielsetzung des Rübenanbaues ebenso wichtig wie die Verbesserung der Eigenversorgung mit Zucker ist die Erhöhung der Anbaubereitschaft. Bereits im vorangehenden Abschnitt wurde darauf hingewiesen, dass die Zuckerrübe im Fruchtwechsel zur Entlastung des tierischen Sektors eine wichtige Stellung einnimmt. Diese Bedeutung wird noch unterstrichen durch die Tatsache, dass die Landesversorgung durch eine Ausdehnung des Ackerbaues besser gewährleistet wird als durch die Tierhaltung. Dies ergibt sich daraus, dass die Kalorienproduktion für die direkte menschliche Ernährung pro Flächenein-

807 heit in der pflanzlichen Erzeugung höher ist als in der tierischen. Eine gewisse Anbaubereitschaft in Friedenszeiten ist deshalb für die Landesversorgung notwendig. Der Rübenanbau leistet hier einen wichtigen Beitrag. Überdies weist er unter sämtlichen landwirtschaftlichen Produkten den höchsten Kalorienertrag pro Hektare auf.

In der Botschaft des Bundesrates vom 26. August 1957 (BB11957, II, 405) wurde zur Begründung der versorgungspolitischen Zielsetzung u. a. ausgeführt : «Zur Sicherung der Landesversorgung mit Zucker sollen sich Import, Lagerhaltung und Inlandproduktion gegenseitig in einem gesunden und wirtschaftlich tragbaren Verhältnis ergänzen. Bei welchem Prozentsatz der Inlanderzeugung diese Forderung erfüllt ist, muss weitgehend als Ermessensfrage bezeichnet werden. Doch ist der heutige Anteil der Selbstversorgung von 15 Prozent des Verbrauches sicher als zu gering zu bezeichnen. Bei der in Aussicht genommenen Ausdehnung der heutigen Rubenfläche von knapp 6000 ha auf etwa 10000 ha könnte der Friedensbedarf doch wenigstens zu etwa 25 Prozent gedeckt werden.»

In der auf diese Art umschriebenen versorgungspolitischen Zielsetzung hat sich auch heute grundsätzlich nichts geändert.

l .1.3 Die Mittel der heutigen Zuckerordnung Bis zum Herbst 1963 gab es nur eine Zuckerfabrik, nämlich die Zuckerfabrik und Raffinerie Aarberg (ZRA). Sie besteht in der heutigen Form seit 1912, nachdem die «Helvetia»in Monthey (Wallis) nach drei Betriebsjahren 1895 wiederum aufgelöst worden war und die erste Zuckerfabrik in Aarberg (am 21. Oktober 1898 gegründet) im Jahre 1912 abbrannte.

Der Zuckerbeschluss vom 20. Dezember 1957 ermöglichte den Bau einer zweiten Fabrik. Diese wurde ohne Beteiligung des Bundes am Aktienkapital am 21. Mai 1959 gegründet und als Zuckerfabrik Frauenfeld (ZF) am 3. Oktober 1963 in Betrieb genommen.

Um die agrar- und versorgungspolitischen Ziele zu erreichen, sieht der Zukkerbeschluss vor, den Pflanzern einen Rübenpreis zu gewähren, der die mittleren Produktionskosten deckt. Er wird jährlich vom Bundesrat nach Anhören der Beratenden Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes festgesetzt (Art. 9, neu Art. 8) und von den Zuckerfabriken den Bauern ausbezahlt.

Gleichzeitig sind die Zuckerfabriken aber verpflichtet, den von ihnen erzeugten Zucker und seine Nebenprodukte zu Preisen zu verkaufen, die sich im Rahmen gleichwertiger Importware bewegen (Art. 10, neu Art. 9). Aus diesen beiden Verpflichtungen, feste Rohstoffkosten bezahlen zu müssen und aus dem Verkauf von Zucker nur Weltmarktpreise lösen zu können, entstehen je nach der Höhe der Weltmarktpreise mehr oder weniger grosse Verluste der Zuckerfabriken. Diese Verluste werden je nach dem Stand der Reserven der Fabriken vom Bund ganz oder teilweise gedeckt. Die Ausfallgarantie durfte im BB von 1957 6 Millionen Franken nicht überschreiten. Im BB von 1963 wurden die Zuwendungen des Bundes auf 15 Millionen Franken oder, in Kompetenz der Bundesversammlung bei außergewöhnlichen Verhältnissen, auf maximal 20 Millionen Franken pro Jahr erhöht(Art.!3).

808

Die Ausführungen zeigen, dass die finanzielle Lage der schweizerischen Zukkerwirtschaft von folgenden Faktoren bestimmt wird: - der Inlandproduktion und den Kosten des Zuckerrübenbaues, - den Gestehungskosten der Zuckerfabriken, - den Preisverhältnissen auf dem Weltmarkt.

1.2 Die inländische Zuckerrübenproduktion Zucker wird in der Schweiz aus Rüben hergestellt, deren Anbau von den natürlichen Bedingungen begünstigt wird. Tabelle l gibt einen Überblick über die Entwicklung in den letzten Jahren.

Tabelle 1: Die schweizerische Zuckerrübenproduktion Jahr

Zahl der Pflanzer

Anbaufläche Ertrag je ha ha q

Rubenproduktion Zuckergehalt total 1000 q Prozent

Prod. Konsumzucker t

1960 8144 5317 433 2302 16,40 33113 1961 7899 5052 443 2237 16,93 32339 1962 7 401 4 862 345 l 678 18,46 27 098 1963 !) 9647 6907 430 2969 16,62 41762 1964 9899 7570 478 3617 16,57 51,269 1965 10203 8448 352 2976 15,92 41215 1966 9547 8437 434 3660 16,20 53608 1967 9251 8674 488 4233 16,16 58900 (prov.)

*) Zuckerfabrik Frauenfeld nimmt am 3. Oktober den Betrieb auf; vorher waren die Rübenablieferungen kontingentiert.

Quelle: Bauernsekretariat Brugg: Statistische Erhebungen und Schätzungen.

Im internationalen Vergleich schneidet der schweizerische Zuckerrübenbau günstig ab. So steht die Schweiz im Durchschnitt der Jahre 1952/1966 sowohl im Rübenertrag als auch im Zuckerertrag pro ha an der Spitze der westeuropäischen Länder. Der Rübenertrag errechnet sich in diesem 15jährigen Zeitabschnitt auf 420,1 q/ha und der Zuckerertrag auf 65,5 q/ha.

Diese Zahlen zeigen, dass sich die Ausdehnung des Zuckerrübenbaues, welche die Inbetriebnahme der zweiten Zuckerfabrik ermöglichte, rechtfertigte. Ausserdem ist die Zuckerrübe - wie bereits erwähnt - fruchtfolgetechnisch eine Hackfrucht, welche die doppelte Fläche Getreide ermöglicht. Daraus geht ihre Bedeutung für die Erhaltung und Förderung des Ackerbaues hervor.

Nach Artikel 9 (neu Art. 8) des Zuckerbeschlusses wird der von beiden Zukkerfabriken zu entrichtende Preis für die laut Anbauvertrag zu übernehmenden Zuckerrüben jährlich vom Bundesrat festgesetzt. Dieser Preis soll die mittleren Produktionskosten der Zuckerrüben in rationell geführten und zu normalen Bedingungen übernommenen landwirtschaftlichen Betrieben decken. Dabei wird nicht auf die Ergebnisse eines einzelnen Jahres abgestellt, sondern der Durchschnitt von drei Jahren berücksichtigt. Über die vom Bundesrat in den letzten Jahren festgesetzten Rübenpreise gibt Tabelle 3 Auskunft.

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Bemerkenswert sind die Rationalisierungsförtschritte im schweizerischen Zuckerrübenbau in den letzten Jahren. So zeigen die Kostenerhebungen in der Ostschweiz eine starke Veränderung der Aufwandstruktur: Die Handarbeit ist innert vier Jahren von 614 auf 445 Stunden je Hektare (1967) gesenkt worden.

Gesamtschweizerisch betrugen die Handarbeitsstunden pro Hektare: 1946:1923 Stunden; 1953: 880 Stunden; 1960: 809 Stunden. Im Jahre 1968 wurde in der Kostenrechnung für die Festsetzung des Rübenpreises mit 450 Stunden pro Hektare gerechnet. Diese Zahlen weisen auf die technischen Umwälzungen hin, welche der schweizerische Rübenbau gegenwärtig durchläuft.

Im internationalen Vergleich sind die Rübenpreise der Schweiz nicht sehr stark überhöht, was ebenfalls auf die Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Rübenproduktion hinweist. Tabelle 2 enthalt einige Angaben, welche mit weiteren Kenndaten der Zuckerwirtschaft verschiedener europäischer Länder ergänzt wurden.

Tabelle 2: Preise für Zuckerrüben; Anbauflächen; Zuckerpreise ab Fabrik in einigen europäischen Ländern'-) Land

Rubenpreis Fr. jeq (16% Zucker) 1967/68 (1)

Prozent AnbauflaZuckerpreis (Schweiz = chen 1000 ha ab Fabrik 100 Prozent) 1967/68 Fr./q 1967/68 1967/68 (2) (3)

Belgien Dänemark Deutschland EWG3)

7.502) 6.462) 8.242) 7.37

83 72 92 82

78 50 298 --

13.042) 6.322) 7.862) 8.-- 9.202) 7.972) 6.402) 9.112) 9.--2)

150 70 87 89 102 89 71 101 100

-- 280 183 25 349 100 42 41 9

Finnland Frankreich Grossbritannien*) Irland Italien Niederlande Österreich Schweden Schweiz

90.--2) 69.462) 95.S92) 96.86 92.--5) 91 AI2) S6.722) 81.68 73.982) 115.932) 94.162) 91.182) 101.20 59.--

1) Mitgeteilt von der Zuckerfabrik und Raffinerie Aarberg AG.

2 ) Staatliche Preisfestsetzungen; ohne Steuern und Abgaben.

) Nach EWG-Zuckermarktordnung, die am I.Juli 1968 in Kraft trat; Mindestrübenpreis für sogenannte Grundquote.

4 ) 1966/67.

3

6

) Interventionspreis.

Wie sich die Produktionskosten des schweizerischen Zuckerrübenbaues weiter entwickeln werden, ist schwierig zu beurteilen. Die Erfahrungen der letzten Jahre weisen auf eine steigende Tendenz hin, obwohl - wie bereits erwähnt -

810 grosse Anstrengungen unternommen werden, den Rübenbau weiter zu rationalisieren. Ausschlaggebend für die wirtschaftlichen Folgen der Entwicklung werden sein, auf der Seite einer Kostensenkung: grössere Flächen pro Pflanzer, Monogermsaat, Vollmechanisierung der Ernte; auf der Seite einer Kostenerhöhung: teurere Arbeitskräfte und erhöhte Investitionen in Maschinen. Die Entwicklung wird anhand periodisch durchgeführter Erhebungen verfolgt. - Nach der Kostenlage der Fabriken in den Jahren 1963 bis 1966 verändern sich die Selbstkosten der Zuckerfabriken je 100 kg Kristallzucker um rund 70 Rappen, wenn der Rübenpreis um 10 Rappen je 100 kg Rüben verändert wird.

1.3 Die Gestehungskosten der Zuckerfabriken An den Gestehungskosten der Zuckerfabriken für die Kristallzuckerproduktion sind die Kosten für die Zuckerrüben mit rund 50 bis 60 Prozent beteiligt.

Die übrigen Kosten entfallen auf die Rübenfrachten, Zinsen, Amortisationen, Verarbeitungskosten usw.

Wie unter 1.1.3 dargelegt wurde, ergeben sich durch die Zuckerordnung Verluste aus der gesetzlichen Verpflichtung der Fabriken, feste Rohstoff kosten bezahlen zu müssen und beim Verkauf von Zucker nur Weltmarktpreise lösen zu können. Diese Verluste werden in den jährlichen Geschäftsberichten der Zuckerfabriken ausgewiesen. Über die Entwicklung der letzten Jahre gibt Tabelle 3 Auskunft, in welcher ebenfalls die vom Bundesrat jeweilen festgelegten Grundpreise für Zuckerrüben angeführt sind.

In der Kampagne 1966/67 betrugen die Selbstkosten in Aarberg rund 100 Franken und in Frauenfeld rund 119 Franken je 100 kg Kristallzucker. Dies sind vorläufige Berechnungen, da die Betriebsabrechnungen durch den Bund noch nicht vollständig überprüft worden sind. - Ein Vergleich nach Kostenstellen zeigt, dass die Zuckerfabrik Frauenfeld namentlich bei den Abschreibungen, der Verzinsung des Fremdkapitals, den allgemeinen Betriebskosten, den Betriebsstoffen wie Strom, Wasser, Chemikalien und den Rohstoff kosten (Rübenfrachten) höhere Kosten als Aarberg aufweist. Diese werden durch die höheren Kosten in Aarberg für Löhne und Gehälter, Unterhalt und Reparaturen sowie Verwaltungskosten nicht ausgeglichen, so dass sich die erwähnte Differenz in den Selbstkosten ergibt. - Wahrscheinlich ist indessen für das Jahr 1967/68 eine Annäherung der Kosten zwischen den beiden Fabriken
zu erwarten, da die Rübenernte 1967 eine bessere Ausnützung der Verarbeitungskapazität in Frauenfeld erlaubte.

Allgemein wird man festhalten dürfen, dass die Zuckerfabriken leistungsfähig sind, d.h. nicht nach den durch die Zuckerordnung verursachten Geschäftsverlusten beurteilt werden dürfen. Ein Vergleich der Kostenstruktur der Fabrik Frauenfeld mit dem Durchschnitt von 9 deutschen Zuckerfabriken zeigt, dass je 100 kg Zucker der Kostenanteil für Rüben und Kapital in Frauenfeld höher liegt, hingegen die entsprechenden Kosten für Personal, Betriebs- und Hilfsstoffe niedriger sind. Die Gesamtkosten belaufen sich in den deutschen Fabriken auf rund 113 Frankenie 100 kg Zucker.

811 Tabelle 3: Zuckerrübenpreise; durch die Zuckerordnung verursachte Verluste der Fabriken Jahr

Preis Zucker- Verlust ruhen 1) ZRA 2) Fr./q Millionen Franken

1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966

7.25 7.35 7.40 7.40 7.10 7.10 7.30 7.50 7.50 8.30 8.30 8.30

0 0 0 3,4 2,8 3,5 5,6 0 0 7,2 8,5 9,2

Davon vom Bund Verlust bezahlter Anteil ZF 2) Millionen Fran- Millionen ken Franken

0 0 0 1,7 1,4 1,75 2,8 0 0 3,4 4,0 6,9

-- -- -- -- -- -- -- -- 4,2 11,4 11,0 11,1

Davon vom Bund Bundesanteil bezahlter Anteil Total Millionen Fran- Millionen ken Franken

-- -- -- -- -- -- -- -- 4,2 11,4 11,0 10,9

0 0 0 1,7 1,4 1,75 2,8 0 4,2 14,8 15,0 17,8

*) Vom Bundesrat festgesetzter Grundpreis; hinzu kommen -^ l Rappen/q je 0,1 Prozent für von 15 Prozent Zuckergehalt abweichende Werte und die Früh- und Spätablieferungsprämien von 30 Rappen respektive 40 Rappen/q.

2 ) Für das im angeführten Kalenderjahr am I.Oktober beginnende Geschäftsjahr; die ZF nahm ihren Betrieb am 3. Oktober 1963 auf.

Einen weiteren Hinweis geben, international betrachtet, die Zahlen der Kolonne 3 von Tabelle 2, wo die Zuckerpreise ab Fabrik (ohne Steuern und Abgaben) in einigen europäischen Ländern dargestellt sind. Mit Ausnahme von Frankreich, Dänemark und Irland waren diese Preise im Jahr 1967/68 90 Franken oder höher je Zentner. Dem steht ein mittlerer Verkaufserlös der schweizerischen Zuckerfabriken im Betrag von 59 Franken gegenüber.

Mit Ausnahme von Schweden, England und der Schweiz werden die angeführten Preise ab Fabrik staatlich festgesetzt. Es ist anzunehmen, dass diese ausländischen Zuckerpreise, in Relation zum ebenfalls staatlich festgesetzten Rübenpreis, den Fabriken mindestens die Deckung der Verarbeitungskosten ermöglichten.

Die Kostenentwicklung der beiden Zuckerfabriken für die nächsten Jahre ist anhand der heutigen Unterlagen schwierig zu beurteilen. Kostensenkend könnte sich eine weitere Ausdehnung des Rübenbaues auswirken. Kostenerhöhend würden namentlich auf ällige Lohnsteigerungen und höhere Abschreibungen wirken.

Die sich zuwiderlaufenden Tendenzen dürften aber im Ergebnis eher eine Steigerung als eine Senkung der Kosten mit sich bringen. Dies würde sich zusammen mit einer höheren Produktion an Zucker in einer Erhöhung der notwendigen Ausfallgarantie auswirken. Bereits seit 1966 (Kalenderjahr) muss die Ausfallgarantie des Bundes von 20 Millionen Franken als gesetzlich zulässiges Maximum beansprucht werden.

812 1.4 Die Weltmarktverhältnisse; Einfuhren und Selbstversorgung Die landeseigene Zuckerproduktion vermag einen normalen Jahresverbrauch zu etwa 20 Prozent zu decken. Rund 80 Prozent des Bedarfes müssen daher eingeführt werden. Der Grad der Selbstversorgung zählt mit wenigen Ausnahmen zu den niedrigsten aller zuckerproduzierenden Länder der Welt. Der Verbrauch wird durch eine freiheitliche Einfuhrregelung und niedrige Detailverkaufspreise begünstigt.

Unsere Zuckerordnung ist freiheitlich gestaltet, sie kennt keine mengenmässigen Einfuhrbeschränkungen. Die Bewilligung zur Einfuhr von Zucker wird einzig vom Abschluss und der Erfüllung eines Pflichtlagervertrages abhängig gemacht. Die Preisbildung auf dem Inlandmarkt ist frei. Sowohl für den importierten als auch indirekt für den im Inland erzeugten Zucker sind gegenwärtig folgende Faktoren massgebend : - der Preis der Importware franko Schweizergrenze; - der Zollansatz, der gegenwärtig für Rohzucker l8, für Kristallzucker 22, für Stampfzucker 25 und für Würfelzucker 27 Franken je 100 kg Verzollungsgewicht beträgt; - die kleinen Grenzspesen (je nach Zuckerart 55-80 Rappen je 100 kg Verzollungsgewicht) ; - der für die Finanzierung der Pflichtlager zu erhebende Garantiefondsbeitrag, der zur Zeit 8 Franken j e 100 kg Kristall- und Würfelzucker und 7 Franken je 100 kg Rohzucker beträgt; - die Transportkosten ab Schweizergrenze; - die Margen des Gross- und Detailhandels.

Für die Erlöse der Zuckerfabriken sind die Preisnotierungen franko Basel verzollt massgebend. Die nachstehende graphische Darstellung gibt einen längerfristigen Überblick.

Die Preisserie der graphischen Darstellung zeigt die starken und häufigen Preisschwankungen, denen der sogenannte freie Weltzuckermarkt unterworfen ist. Diese sind vor allem darauf zurückzuführen, dass auf diesem Markt nur zwischen 15 und 20 Prozent der Weltproduktion an Zucker umgesetzt werden. Die grösseren Mengen werden in den Produktionsländern (zu meist staatlich festgesetzten Preisen) verbraucht oder durch spezielle Abkommen zu Vorzugspreisen verkauft. Ein Marktbericht aus dem Jahre 1966 charakterisierte die besondere Lage auf dem sogenannten freien Weltmarkt wie folgt : «Die Baisse am internationalen Zuckermarkt hält an, und die Weltmarktpreise werden auch weiterhin unter den Produktionskosten bleiben, solange
die Erzeugerländer nicht zu drastischen Produktionseinschränkungen bereit sind, dem einzigen Mittel zum Abbau der Bestände und damit zur Preisfestigung. Ihre starre Haltung ist teilweise dadurch bedingt, dass ein grosser Teil der Produktion auf Sondermärkten zu höheren Preisen abgesetzt werden kann, z.B. Exporte nach den USA und innerhalb des Commonwealth sowie Lieferungen Kubas an den Ostblock. Nicht zuletzt sind die meisten Erzeugerländer wegen ihres Devisenmangels gezwungen, um jeden Preis Zucker zu exportieren. Zu dieser Prognose und Beurteilung kommt das Hamburgische Welt-

813 Wirtschafts-Archiv nach einer Untersuchung des internationalen Zuckermarktes. Nach dieser Untersuchung hat sich die Lage auf dem Zuckermarkt für die Produzenten in den letzten Monaten nicht verbessert. Die Baisse der Zuckerpreise dürfte auch in der nächsten Zeit anhalten, denn zu gewichtige Faktoren stehen einem Wiederanstieg der Preise entgegen.»1)

Ein weiteres Beispiel der eigenartigen Verhältnisse auf dem sogenannten freien Weltmarkt sind die Ausfuhrerstattungen der EWG, welche gemäss Entscheid der EWG-Kommission vom 19. April 1968 für die Zeit vom 20. April bis 30. Mai mit folgenden Höchstbeträgen ausgerichtet wurden : Land

Ausfuhrerstattung je 100 kg Zucker Franken

Belgien Deutschland Frankreich Italien Niederlande

78.25 74.-- 72.35 95.25 73.60

Ende August 1968 wurde Zucker franko Schweizergrenze verzollt zu 54.50 Franken per 100 kg offeriert, dieser Preis fiel Ende September auf 49 Franken und hat sich Mitte Oktober auf rund 55 Franken erholt.

Es ist unter diesen Umständen verständlich, dass bis vor kurzem die Bemühungen erfolglos waren, ein wirksames internationales Zuckerabkommen zustande zu bringen. Nun ist aber in allerletzter Zeit eine Wende eingetreten, indem es anlässlich der zweiten Phase der Internationalen Zuckerkonferenz 1968 (23. September bis 24. Oktober) gelungen ist, die jahrelangen Bestrebungen um das Zustandekommen einer internationalen Zuckerübereinlcunft abzuschliessen.

Dieser Erfolg ist allerdings insofern nur partiell, als, jedenfalls bis auf weiteres, die USA und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft dem Abkommen fernbleiben werden. Die Haltung der Schweiz zum internationalen Zuckerabkommen, das unter gewissen Voraussetzungen provisorisch bereits am l. Januar 1969 in Kraft treten soll, wird noch eingehend zu prüfen sein. Wie sich der Abschluss dieses Abkommens auf die Preise des sogenannten freien Weltmarktes auswirken wird, lässt sich heute noch nicht beurteilen; aller Voraussicht nach wird in nächster Zeit eher mit steigenden Preisen zu rechnen sein.

Nutzniesser tiefer Weltmarktpreise sind ohne Zweifel die Konsumenten und in einem gewissen Grad auch die zuckerverarbeitende Industrie. Die schweizerischen Gross- und Detailhandelspreise zählen zu den niedrigsten der Welt. Auch der Pro-Kopf-Konsum ist hoch. Tabelle 4 fasst die Zahlen einiger Länder zusammen. Sie wird ergänzt durch eine Kolonne über den Selbstversorgungsanteil.

Der Selbstversorgungsanteil der schweizerischen Inlandproduktion ist absolut und relativ klein. Diese Situation wird sich auch bei einer Ausdehnung des Zuckerrübenbaues auf 10000 ha nicht wesentlich ändern, da der Gesamtverbrauch durch das Bevölkerungswachstum immer noch steigt.

1

) Agence Cosmographique, Kolonialwaren-Märkte, Sonderbulletin vom 22. August 1966.

Bundesblatt. 120. Jahrg. Bd. n

47

H8 P R E I S E für Feinkristallzucker per IOO kg, franko Grenze verzollf, Jewells am Monatsende P R I X du sucre crlstallise" fin gar IOO kg, merchandise rendue de'douane'e franco fronriere, a la fin de chague mo is

1948

49

1950

51

52

53

54

55

56

57

58

59

I960

61

62

63

64

65

66

67

68

815 Tabelle 4: Detailhandelspreise, Pro-Kopf- Verbrauch und Selbstversorgungsanteil an Zucker in einigen europäischen Ländern V Land

DetailProzent Pro-Kopfhandelspreis (Schweiz = Verbrauch Franken/kg») 100Prozent) kg 3)

Anteil Selbst\ersorgung 4 ) Prozent

Belgien Dänemark Deutschland Frankreich Grossbritannien Italien Niederlande Österreich Schweden Schweiz

1.32 1.14 1.28 1.09 -.92 1.61 1.50 1.25 1.28 -.71

164 163 113 168 35 76 118 115 84 22

....

186 161 180 154 130 227 211 176 180 100

28,7 52,0 31,0 31,8 49,4 25,2 46,6 38,1 37,4 42,8

x

) Quellen: Zuckerfabrik und Raffinerie Aarberg AG.; International Sugar Council, Sugar Year Book 1965.

Grundsorte im 50-kg-Sack, einschliesslich Steuern, 1967/68.

) Kristallzucker 1965; Schweiz: (Angaben der TSL).

2 ) 3 4

) 1964/65; über 100 Prozent bedeutet Exportüberschuss.

In Notzeiten vermöchte die Inlandproduktion bei 6 Millionen Verbrauchern eine Pro-Kopf-Ration von 11,3 kg jährlich zur Verfügung zu stellen. Der Zuckerrübenbau müsste dabei von heute rund 9000 ha auf rund 11250 ha ausgedehnt werden. Zusätzlich könnten die Pflichtlager dem Verbrauch zugeführt werden.

1.5 Notwendigkeit, den Zuckerbeschluss abzuändern Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigten, hat seit der Revision im Jahre 1963 der sogenannte freie Weltmarkt für Zucker eine sehr starke Hausse (Höhepunkt Oktober 1963 mit 160 Franken für 100 kg Kristallzucker Basel verzollt) und eine sehr starke Baisse (bisheriger Tiefstpunkt September 1968 mit 49 Franken/q) erlebt. Seither haben sich die Preise wieder etwas erholt. Die meisten längerfristigen Prognosen lauten indessen eher auf Überschüsse und tiefe Preise auf dem sogenannten freien Weltmarkt, der für die Preisbildung in der Schweiz ausschlaggebend ist.

Seit 1963 sind die Kosten für die Rüben gestiegen. Der Rübenpreis der Ernte 1966 und 1967 hätte auf Grund der ermittelten Kosten etwas erhöht werden können. Dies war nicht möglich, da für die Kalenderjahre 1966 und 1967 die Ausfallgarantie des Bundes im vollen Betrag von 20 Millionen Franken in Anspruch genommen werden müsste.

Die Gestehungskosten der Zuckerfabriken werden nach den neuesten Berechnungen - wie erwähnt -für die Kampagne 1966/67 in der Zuckerfabrik Aarberg mit rund 100 Franken und in der Zuckerfabrik Frauenfeld mit rund 119 Franken pro q Kristallzucker angegeben. Diesen Kosten steht nach den Erfahrungen der letzten Jahre im Jahresdurchschnitt ein Zuckererlös von 60 Franken

816 bis 70 Franken je 100 kg gegenüber. Hält dagegen die gegenwärtige Baisse auf dem Weltmarkt an, würde der durchschnittliche Zuckererlös unter 60 Franken sinken.

In dieser Situation stellt sich die Frage, wie der Zuckerbeschluss auf die am 30. September 1969 ablaufende Geltungsdauer revidiert werden soll, da eine unveränderte Weiterführung der bisherigen Ausfallgarantie von 15 bzw. 20 Millionen Franken den heutigen und noch zu erwartenden Gegebenheiten des Weltmarktes und einer gewissen Ausdehnung des Rübenanbaues sowie der Kostenentwicklung der Rübenproduktion und der Zuckerfabriken zu wenig Rechnung trägt. Es werden zusätzliche Mittel notwendig sein, um die agrar- und versorgungspolitischen Ziele des Zuckerbeschlusses vom 20. Dezember 1957 zu erfüllen.

2. Entwürfe zu einem geänderten Bundesbeschluss

2.1 Möglichkeiten für eine Revision Etne Revision kann verschiedene Interessen tangieren, die sich, in die einzelnen Interessengruppen aufgeteilt, wie folgt zusammenfassen lassen : Gruppe

Wichtige Interessen

- Rübenproduzenten

Förderung des Ackerbaues, kostendeckender Preis Deckung und Ausweisen der Defizite Freiheit in Handel und Preispolitik

- Zuckerfabriken - Zuckerhandel - Zuckerverarbeitende Industrie - Zuckermühle Rupperswil - Konsumenten - Bund

Preis eines Rohstoffes Konkurrenzverhältnisse, Importhandel Lebenshaltungskosten, Verbesserung der Landesversorgung Belastung der Bundeskasse durch die Zuckerordnung; Sicherung der Landesversorgung.

Die Zusammenstellung zeigt, dass die Interessenlage mannigfaltig und unterschiedlich ist. Verschiedene Einzelziele stehen zueinander im Gegensatz. Es ist deshalb kaum möglich, alle Seiten vollständig zufriedenzustellen. Dagegen wird mit der Revision eine Lösung gefunden werden müssen, welche abgewogen, allseitig tragbar und zweckmässig in der Durchführung ist. Wir gehen dabei davon aus, dass die agrar- und versorgungspolitischen Ziele einer schweizerischen Zukkerordnung nach wie vor gelten müssen. Es fällt damit ausser Betracht, die Zukkerfabriken ganz oder teilweise stillzulegen und den Rübenbau ganz oder teilweise aufzugeben. Übrigens haben Berechnungen ergeben, dass auch eine Stilllegung mit hohen Kosten verbunden wäre.

In Stichworten kommentiert gäbe es folgende Möglichkeiten, den Zuckerbeschluss im Sinne der Beschaffung zusätzlicher Mittel abzuändern :

817

a. Erhöhung der Ausfallgarantie Bei dieser Variante wäre Artikel 13 des Zuckerbeschlusses abzuändern.

Vorteil : das gegenwärtige Gleichgewicht der privaten Interessen würde nicht tangiert ; Nachteil : die Bundeskasse würde anstatt wie bisher mit 20 Millionen Franken mit 30 bis 40 Millionen Franken belastet.

b. Leistungssystem Ein Leistungssystem bedingte eine grundlegend neue Zuckerordnung. Das System Ausfallgarantie würde hinfällig. Der im Inland produzierte Zucker (etwa 20 % des jährlichen Verbrauches) wäre vom Grosshandel zu behördlich festgesetzten Preisen zu übernehmen. Die Abgabe an den Detailhandel erfolgte zu einem Mischpreis Inland/Import. Das System könnte mit einer landesinternen Ausgleichskasse kombiniert werden. Statt der behördlich festgelegten Übernahmequote könnte eine Ersatzabgabe geleistet werden ; bei Überbezug von Inlandzucker würde eine Preisrückerstattung erfolgen.

Vorteile: die Bundesfinanzen würden vollständig entlastet; die Produzenten erhielten kostendeckenden Preis ; Nachteile : starker Eingriff in den Handel ; Konsumenten würden belastet ; administrative Durchführung bedeutend komplizierter als heutige Ordnung; schwierig, eine wettbewerbsneutrale Durchführung zu finden.

c. Schaffung einer Ausgleichskasse Zucker auf freiwilliger Basis Mit oder ohne Beibehaltung der gegenwärtigen Ausfallgarantie des Bundes könnten durch Erhebung einer zweckgebundenen Abgabe zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Notwendig wäre die Mitwirkung aller Importeure.

Vorteile: neue Mittel würden verfügbar, ohne dass die Bundeskasse zusätzlich belastet würde ; Lösung kann wettbewerbsneutral gestaltet werden ; Nachteile: grosse Unsicherheiten für Rübenproduzenten und Zuckerfabriken wegen Freiwilligkeit ; Konsumenten und zuckerverarbeitende Industrie würden je nach der Höhe der Abgabe belastet; keine unbedingte Gewähr, dass agrar- und versorgungspolitische Ziele erfüllt würden.

d. Erhebung einer zweckgebundenen Importabgabe Diese Möglichkeit ist der Ausgleichskasse ähnlich. Sie weist aber die Unsicherheiten für Rübenproduzenten und Zuckerfabriken nicht auf und gewährleistet die agrar- und versorgungspolitischen Ziele der heutigen Zuckerordnung.

Eine Importabgabe wäre dann zu erheben, wenn die voraussichtlichen Rechnungsabschlüsse der Zuckerfabriken eine Ausfallgarantie von über 20 Millionen
Franken verlangten. Sie wäre möglichst langfristig festzusetzen, um den Handel nicht mit einem zusätzlichen Unsicherheitsmoment zu belasten. Die Erträgnisse der Abgabe und die den Betrag von 20 Millionen Franken übersteigen-

818

den zusätzlichen Mittel müssten sich ausgleichen. Die Importabgabe dürfte nicht als zusätzliche Einnahmequelle des Bundes benützt werden.

Vorteile: einfache, übersichtliche und voraussehbare Mechanismen; zusätzliche Mittel würden verfügbar (bei l Rp./kg rund 2 Millionen Franken pro Jahr) ; nur geringfügige Änderungen an der bestehenden Zukkerordnung notwendig; Nachteile: Belastung der Konsumenten und der zuckerverarbeitenden Industrie.

Die Variante «d. zweckgebundene Importabgabe» wurde den Kantonsregierungen und Wirtschaftsorganisationen zur Vernehmlassung unterbreitet. Bevor wir deren Einzelheiten zusammenfassen, sei zur grundsätzlichen Frage Stellung genommen, ob eine Importabgabe überhaupt eingeführt werden soll und, bejahendenfalls, welche Höhe tragbar wäre.

2.2 Einführung einer zweckgebundenen Importabgabe auf importiertem Zucker Eine Importabgabe belastet die Konsumenten und Verarbeiter von Zucker.

Für beide Gruppen dürfte die Höhe der Abgabe entscheidend dafür sein, ob der Vorschlag tragbar ist.

Ein Rappen Importabgabe pro Kilo eingeführten Zucker wirft bei den bei einer Ausdehnung der Rübenfläche auf 10 000 ha zu erwartenden Einfuhrmengen jährlich rund 2 Millionen Franken ab. Der Index der Konsumentenpreise würde bei einem Rappen um 0,0066 Punkte steigen. 5 Rappen würden den Index um 0,03 Punkte erhöhen. - Beim heutigen Pro-Kopf-Konsum von rund 43 kg pro Jahr würde l Rappen eine Verteuerung von 43 Rappen pro Kopf und Jahr bedeuten. Ob und in welchem Umfang die Importabgabe auf die Detailhandelspreise überwälzt wird, lässt sich allerdings nicht voraussagen.

Bei den zuckerverarbeitenden Betrieben wird die Belastung je nach dem Anteil des Zuckers an den Fertigprodukten ausfallen. Dieser Anteil beträgt 5 Prozent bei gewissen Konditoreiwaren und kann bis 80 Prozent in Schmelzmassen (Fondants) betragen. Die Höhe der Abgabe spielt hier wohl die entscheidende Rolle. Durch eine Rückerstattung bei den Ausfuhren könnte eine Erleichterung geschaffen werden. Wir äussern uns ausführlicher zum Problem der zuckerverarbeitenden Industrie auf Seite 826 der Botschaft.

Nach dem Kriterium «Tragbarkeit» beurteilt, betrachten wir eine Belastung von l bis 5 Rappen je kg Zucker als verantwortbar. Die täglichen Preisschwankungen allein können nämlich diesen Betrag übersteigen.

Wohl kann eingewendet werden,
die Behörden hätten bei der Einführung der heutigen Zuckerordnung im Jahre 1957 und bei der Revision im Jahre 1963 zugesichert, die inländische Zuckerproduktion würde keine Verteuerung bringen.

Diesem Einwand kann entgegengehalten werden, dass sowohl 1957 als auch 1963 grundsätzlich andere Voraussetzungen herrschten als heute. Wir erwähnen die allgemeinen Preis- und Lohnniveaus in der schweizerischen Wirtschaft, die Struktur des Weltmarktes für Zucker und das Preisniveau für Zucker auf dem Weltmarkt.

819 Das letzte Moment fällt besonders ins Gewicht. Der durchschnittliche Preis franko Grenze verzollt pro 100 kg Feinkristallzucker betrug in den fünf Jahren vor 1957 (1952/56) rund 81 Franken und 1957 sogar rund 99 Franken. In den darauffolgenden Jahren sank der Preis allerdings, erreichte dann jedoch 1963 sogar 123 Franken. Im Gegensatz dazu lag der Durchschnitt der Jahre 1965 bis 1967 um rund 63 Franken, d. h. wesentlich tiefer. Er sank dieses Jahr zum Teil sogar bis auf 49 Franken.

Die damaligen Zusicherungen sind heute im Lichte dieser Entwicklungen zu beurteilen, welche niemand voraussehen konnte.

Weiter kann darauf hingewiesen werden, dass es schwer verständlich ist, wenn zur Beurteilung der «Verteuerung» ein Preisniveau herangezogen wird, das überhaupt in keiner Beziehung zu den Herstellungskosten des ausländischen Zukkers steht. Ein solches Niveau liegt aber vor, wenn Zucker (franko Grenze verzollt) unter 70 Franken oder sogar unter 60 Franken je q angeboten wird. Alle die in Tabelle 2, Kolonne 3, enthaltenen Preise ab Fabrik stehen weit über diesem Niveau. Wir erwähnen Deutschland mit rund 96 Franken, Belgien mit 90 Franken, Grossbritannien mit rund 82 Franken, Finnland mit rund 91 Franken. Die gleichen Länder offerieren uns die Ware zu den extrem tiefen Preisen, wie sie die graphische Darstellung enthält und wie sie oben angegeben wurden.

2.3 Der Entwurf zu einem abgeänderten Bundesbeschluss vom 10. April 1968; Ergebnis der Vernehmlassungen und weiterer Konsultationen Der Vorschlag, den das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement am 10. April 1968 den Kantonsregierungen und Wirtschaftsorganisationen unterbreitete, lässt sich inhaltlich in den wesentlichsten Punkten wie folgt zusammenfassen : a. Ausfallgarantie des Bundes 20 Millionen Franken jährlich, b. Einsatz aufälliger Reserven der Fabriken, c. Erträgnis aus einer Importabgabe auf den Zolltarif-Nummern 1701.20 bis 50 von l bis 5 Franken je 100 kg Verzollungsgewicht, d. Rückerstattung der Importabgabe bei Ausfuhren, e. Verlustbeteiligung der Produzenten, wenn Erträgnisse a. bis c. oben nicht ausreichen, und/oder Übertragen auf neue Rechnung, /. Festsetzung der Importabgabe nach Anhören der interessierten Wirtschaftskreise, g. Mitwirkung von privater Organisation (z. B. Treuhandstelle der Schweizerischen Lebensmittelimporteure TSL)
beim Vollzug, h. Befristung des Beschlusses auf 5 Jahre, i. Ausdehnung der Rübenfläche auf rund 10000 ha.

Das Vernehmlassungsverfahren wurde vor den Sommerferien abgeschlossen. Wir fassen nachstehend die wichtigsten Punkte zusammen.

820 Kantone: - Eine Importabgabe lehnen ab : BS, AG, SH.

Als Alternative schlagen diese Kantone eine Erhöhung der Ausfallgarantie des Bundes vor und zwar: BS («mit Zurückhaltung»), AG (etwa 30 Mio.), SH (25 Mio.).

- Eine Importabgabe von 5 Rappen (nach Vorwegleistung des Bundes im Betrag von 20 Mio.) befürworten : ZH, LU, OW, GL, ZG, TI, VS, GE.

- Eine Importabgabe von 10 Rappen befürworten : BE, UR, SZ, NW, FR, SO, BL, AR, SG, GR, TG, NE.

- Schwellenpreis mit variabler Abgabe : VD.

85 Prozent der schweizerischen Rübenfläche befinden sich in den Kantonen BE (30 %), VD (25 %), ZH (14 %), FR (9 %) und TG (7 %).

Sämtliche Kantone sprechen sich dagegen aus, die Importabgabe mit einer Verlustbeteiligung der Produzenten zu verbinden.

Die Zusammenstellung zeigt, dass die Kantonsregierungen mit überwiegender Mehrheit dem Grundsatz der Einführung einer Importabgabe zustimmen.

Wirtschaftsorganisationen : Zur Vorlage des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes äusserten sich etwa 30 Wirtschaftsorganisationen und an der Vorlage direkt Interessierte.

Die Stellungnahmen waren sehr unterschiedlich. In 12 derselben wird eine Importabgabe abgelehnt. Davon schlagen 5 Befragte eine Erhöhung der Ausfallgarantie als Alternative vor. Genannt wurden 30 Millionen Franken jährlich; aber auch keine obere Begrenzung wurde empfohlen. Unter diesen 5 Gegenvorschlägen sprechen sich 3 für eine Verlustbeteiligung der Produzenten aus. 4 der ablehnenden Stimmen sprechen sich dafür aus, den Bundesbeschluss entweder unveiändert oder mit einer Verlustbeteiligung der Produzenten zu verlängern. Unter den ablehnenden Stellungnahmen befinden sich vor allem die Grossverteiler und die zuckerverarbeitende Industrie.

In 19 Stellungnahmen wird eine Importabgabe als tragbar erachtet, wovon 10 eine solche von 10 Rappen je kg Zucker als vertretbar betrachten. 5 Stimmen sprechen sich dafür aus, eine Verlustbeteiligung der Produzenten in Aussicht zu nehmen, sobald die Importabgabe erhoben wird. In der Gruppe der befürwortenden Stimmen sind vor allem die Vertreter der landwirtschaftlichen Kreise, die Zuckerfabriken, Vertreter des Importhandels und der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins zu nennen. Die letztgenannte Organisation will allerdings die zuckerverarbeitende Industrie ausgeklammert sehen.

Die Vernehmlassungen haben gezeigt, dass der Widerstand gegen eine Importabgabe am stärksten bei den Konsumentenorganisationen und der zukkerverarbeitenden Industrie ist.

821 Nach Artikel 19, Absatz l, des Kartellgesetzes war der revidierte Zuckerbeschluss auch der Kartellkommission zur Prüfung der Wettbewerbsaspekte zu unterbreiten. Diese führte sogenannte Hearingssitzungen durch und erstattete ihr Gutachten ani 26. März 1968. Die Kommission hat wettbewerbspolitisch gegen die Revisionsvorlage nichts einzuwenden.

Auf Grund dieser Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens führte das Eidgenössische VolkswirtschaftsdepartementEnde August mit den zur Vernehmlassung eingeladenen Wirtschaftsorganisationen in Bern eine Konferenz durch.

Diese brachte keine grundsätzlich neuen Gesichtspunkte. Sie zeigte aber die Bereitwilligkeit, einen Kompromiss zu suchen mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Die Abteilung für Landwirtschaft wurde beauftragt, die Vorlage in diesem Sinne weiter zu bearbeiten. Sie führte eine weitere Konferenz durch, an der die in der Fachkommission Zucker der Treuhandstelle der Schweizerischen Lebensmittelimporteure vertretenen Kreise (Importeure, zuckerverarbeitende Industrie, Grossverteiler, Zuckermühle Rupperswil, Zuckerfabriken), der Schweizerische Bauernverband sowie die Rübenpflanzerorganisationen teilnahmen. Es wurden verschiedene Varianten eines Kompromissvorschlages diskutiert, welcher - den Bund, - die Konsumenten, - aber auch die Produzenten an «Verlusten», welche 20 Millionen Franken übersteigen, beteiligt.

Die Beratende Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes beriet an der Sitzung vom 14. Oktober über die Zuckervorlage. Sie hatte zu verschiedenen Varianten Stellung zu nehmen, welche die Verluste unter Bund, Konsumenten und Produzenten nach verschiedenen Schlüsseln aufteilten. - Die Beratungen ergaben im wesentlichen die gleichen Gesichtspunkte und Stellungnahmen wie das Vernehmlassungsverfahren.

Die ursprünglichen Differenzen sind daher auch nach dem Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens und weiterer Konsultationen verblieben. Der Ihnen mit dieser Botschaft unterbreitete Entwurf zu einem Bundesbeschluss ist deshalb ein Kompromissvorschlag, den wir indessen als allseitig tragbar und ausgewogen betrachten.

2.4 Revision des Zuckerbeschlusses durch Erhöhung der Ausfallgarantie des Bundes, Importabgabe und Verlustbeteiligung der Produzenten 2.4.1 Grundsätzliche Erwägungen zu einer Verlustbeteiligung der
Produzenten Über die Verlustbeteiligung der Produzenten sind einleitend einige grundsätzliche Erwägungen am Platz.

Der Zuckerbeschluss will die Möglichkeit geben, eine Rübenfläche von 10000 ha zu erreichen. Dazu sollen kostendeckende Preise gewährt werden. Wird von der Kostendeckung abgewichen, schafft man einen inneren Widerspruch zur

822

Zielsetzung des Zuckerbeschlusses, der den Anbau von Zuckerrüben fördern will.

Weiter ist daraufhinzuweisen, dass die Inlandproduktion den jährlichen Bedarf an Zucker nur zu rund 20 Prozent zu decken vermag. Die Gefahr von Überschüssen besteht daher beim Zucker nicht.

Wenn nun trotz dieses inneren Widerspruches der Vorschlag gemacht wird, die Rübenproduzenten schon bei 20 Millionen Franken übersteigenden Defiziten an den Verwertungsverlusten zu beteiligen, so geschieht dies nur unter der Voraussetzung, dass vom Grundsatz kostendeckender Preise nur bei tiefen Weltmarktpreisen abgewichen wird und die Höhe der Abzüge tragbar ist.

Die im folgenden Abschnitt enthaltenen Berechnungsgrundlagen und Vorschläge tragen diesem Grundsatz Rechnung. Sie knüpfen an die vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement im Frühjahr 1968 gemachten Vorschläge an und berücksichtigen die durch das Vernehmlassungsverfahren entstandene Lage.

2.4.2

Deckung der durch die Zucker Ordnung verursachten Verluste durch eine Erhöhung der Ausfallgarantie des Bundes, Importabgabe und Verlustbeteiligung der Produzenten In den wesentlichsten Punkten lässt sich der Inhalt des Beschlussesentwurfes wie folgt zusammenfassen : a. Einsatz allfälliger Reserven der Fabriken (wie bisher) ; b. Ausfallgarantie des Bundes als Vorwegleistung, 20 Millionen Franken jährlich; c. Wenn a. und b. nicht ausreichen: - Erhöhung der Ausfallgarantie des Bundes um l bis 5 Millionen Franken, gekoppelt mit - dem Ertrag aus einer Importabgabe bei Zucker auf den Zolltarif-Nummern 1701.20 bis 50 von l bis 5 Franken je 100 kg Verzollungsgewicht, gekoppelt mit - einer Verlustbeteiligung der Produzenten von 8 bis 40 Rappen je q Rüben (für l kg Zucker braucht es zirka 8 kg Zuckerrüben) ; l Million Franken des Bundes wird mit l Franken Importabgabe pro 100 kg Zucker und mit 8 Rappen Abzug pro Zentner Rüben gekoppelt ; d. Reichen diese Mittel nicht aus, ist das ungedeckte Defizit auf das folgende Rechnungsjahr zu übertragen ; e. Volle Rückerstattung der Importabgabe bei Ausfuhren ; / Festsetzung der Importabgabe nach Anhören der interessierten Wirtschaftskreise; g. Mitwirkung von Firmen und Organisationen (z.B. TSL) beim Vollzug ; h. Befristung des Beschlusses auf 5 Jahre ; i. Ausdehnung der Rübenfläche auf maximal 10000 ha; Festsetzung der Fläche unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Beschränkung der Ablieferungsmengen auf 4500001 mit der Möglichkeit zur Erhöhung auf 500000t.

823 Auswirkungen Ein Zuckerbeschluss dieses Inhaltes hat für Konsumenten, Rübenproduzenten und Bund die Auswirkungen, welche in Tabelle 5 dargestellt sind. Den Berechnungen liegen folgende Annahmen zugrunde: - Rübenfläche 10000ha - Ertrag pro ha = 470 q, ergibt 4700001 Rüben - Ausbeute 14 Prozent, ergibt 660001 Inlandzucker - Zuckerverbrauch in der Schweiz 2500001, abzüglich Inlandproduktion, ergibt 1840001 Nettoeinfuhren - Mittlere Selbstkosten der Inlandproduktion 112 Franken/q Kristallzucker.

Berechnung der Totalverluste Bei Zucfcerpreis franko Grenze verzollt Franken/q

Franken/q

Verlust bei Inlandproduktion von 66000 t Zucker Total Millionen Franken

45 50 55 60 70 80

67 62 57 52 42 32

44 41 38 34 28 21

Tabelle 5: Deckung der Verluste der Zuckerordnung1) Zuckerpreis franko Grenze verzollt

Fr./q

45.--

50.--

55.--

60.--

70.--

80.--

Aufwendungen total

Mio.Fr.

44

41

38

34

28

21

Bund Konsument «Verbesserung» durch Abgabe2) Produzent Total Ungedecktes Defizit

Mio.Fr.

Mio.Fr.

25,0 25,0 9,2 9,2

Mio.Fr.

Mio.Fr.

Mio.Fr.

Mio.Fr.

3,3 3,3 3,1 2,4 1,3 0,2 1,9 1,9 1,8 1,4 0,8 0,1 39,4 39,4 38,0 34,0 28,0 21,0 4,6 1,6

24,6 23,6 22,1 20,2 8,5 6,6 3,8 0,5

*) Auf-, bzw. abgerundete Zahlen.

2 ) Entspricht dem durch die Importabgabe verbesserten Rechnungsabschluss der Zuckerfabriken.

Wie sich die Belastung auf Konsumenten und Produzenten verteilt, ergibt sich aus folgender Zusammenstellung · Beitrag der Konsumenten und Produzenten

- 6 Mio. Einwohner - 9000 Rübenpflanzer

824 Konsument

Total Ertrag Millionen Franken

Belastung1) pro Konsumen Franken

Importabgabe l Rp./kg Importabgabe 5 Rp./kg

1,84 9,20

--.40 2.10

Produzent

Total Ertrag Millionen Franken

Belastung pro Produzent Franken

Bei l Rp. Importabgabe : Abzug am Rübenpreis 8 Rp./q

0,38

42.--

Bei 5 Rp. Importabgabe : Abzug am Rübenpreis 40 Rp./q

1,9

211.--

*) Auf Importen sowie Inlandproduktion.

2.5

Weitere Fragen

2.5.1 Begrenzung der Rübenproduktion und-Verarbeitung Wie weiter vorn ausgeführt wurde, soll der Landwirtschaft die Möglichkeit gegeben werden, 10000 ha Zuckerrüben anzubauen.

In der gegenwärtigen Lage auf dem Weltzuckermarkt kann man sich indessen fragen, ob das Ziel einer Rübenfläche von 10000 ha sofort erreicht werden sollte oder erst dann, wenn sich die Preisverhältnisse verbessern. Wir sprechen uns für das zweite Vorgehen aus, möchten uns aber nach Würdigung und Abwägung aller Umstände die Kompetenz geben lassen, darüber zu entscheiden, welche Rübenfläche jährlich bis zum Maximum von 10000 ha in den zwei Zuckerfabriken verarbeitet werden soll. Die Kriterien, welche wir berücksichtigen, sind neben den Weltmarktpreisen insbesondere die Ziele der landwirtschaftlichen Produktionslenkung Milch/Ackerbau, die Einkommensverhältnisse in der Landwirtschaft, die volkswirtschaftlichen Kosten und die technischen Möglichkeiten der Zuckerfabriken.

Entsprechend den höheren Rübenerträgen pro Flächeneinheit ist auch die zu verarbeitende Menge an Rüben neu zu umschreiben. Diese soll maximal so festgelegt werden, dass die Kapazitäten der Fabrikanlagen voll ausgenützt werden können, was sich auf die Verteilung der fixen Kosten günstig auswirkt. Die Verarbeitungskapazität der Fabriken beträgt heute bei voller Ausnützung 4500001 Rüben, das ist etwas mehr als im heutigen Zuckerbeschluss enthalten ist (380000t). - Mit einer auf neu 450000 t fixierten Verarbeitungsmenge sollte jedoch nicht der technische Fortschritt in den nächsten Jahren aufgehalten werden. Rechtfertigt es sich wirtschaftlich, die Verarbeitungskapazität der Fabriken beim normalen Erneuerungsbedarfetwas zu vergrössern, sollte es in unsere Kompetenz gegeben werden, die Zuckerrübenmenge bis auf 5000001 zu erhöhen.

Artikel 4 des heute geltenden Zuckerbeschlusses wird entsprechend den obigen Ausführungen neu zu fassen sein.

Im Vernehmlassungsverfahren und in den seitherigen Diskussionen wurde verschiedentlich die Befürchtung laut, der Bund beabsichtige, eine dritte Zucker-

825

fabrik zu errichten oder deren Bau zu ermöglichen. Wir erklären hiermit, dass eine solche Absicht nicht besteht.

2.5.2 Stellung der Zuckerfabriken In den Vorbereitungen zur vorliegenden Revision wurden auch die Begehren der Zuckerfabriken geprüft, einen Abrechnungsmodus zu finden, der sie davon entbinden würde, die Bundesbeiträge als Defizite ausweisen zu müssen. Es wurde darauf verzichtet, entsprechende Abänderungsvorschläge in die vorliegende Revision aufzunehmen, weil man sich auf das absolut Notwendige beschränken wollte. Bei allem Verständnis für das Anliegen der Zuckerfabriken konnte auch nicht übersehen werden, dass in der Vernehmlassung zur Revision des Zuckerbeschlusses 1957 im Jahre 1962 ein ähnlicher Vorschlag bei den Wirtschaftsorganisationen auf starken Widerstand gestossen ist und deshalb fallengelassen werden musste.

Neu soll der Zuckerbeschluss in Artikel 14, Absatz l, die Bestimmung enthalten, den Zuckerfabriken angemessene Betriebskredite durch den Bund zu erteilen.

Der Bund hat im Rahmen der voraussichtlichen Verluste den beiden Zuckerfabriken seit jeher Vorschüsse gewährt. Er liess sich dabei von den gleichen Grundsätzen leiten, nach denen er z. B. auch der Schweizerischen Käseunion AG, der Butyra sowie anderen vergleichbaren Organisationen Vorschüsse gewährt.

Diese Praxis soll nun im Bundesbeschluss verankert werden. Der Vorschlag geht aber noch weiter. Zu Beginn der Rübenkampagne benötigen die beiden Zuckerfabriken regelmässig zusätzliche Kredite, um die Zuckerproduktion vorfinanzieren zu können (Rübengelder, Löhne, Energiekosten usw.). Erst während und zur Hauptsache nach der Kampagne gehen die Erlöse aus den Zuckerverkäufen ein.

Es musste nun festgestellt werden, dass für diese Betriebskredite teils recht hohe Zinsen entrichtet werden müssen, die über den Selbstkosten des Bundes für Fremdgelder liegen. Um Kosten einzusparen, erscheint es daher angezeigt, den Zuckerfabriken angemessene Betriebskredite zur Verfügung zu stellen. Entsprechend der bei ähnlichen Organisationen herrschenden Praxis hätten die Fabriken hiefür einen Zins zu entrichten. Dieser könnte jedoch namentlich im Hinblick auf die tieferen Selbstkosten des Bundes etwas ermässigt werden.

Neu ist ferner die Bestimmung in Artikel 14, Absatz 2, wonach das Finanzdepartement sowie das Volkswirtschaftsdepartement
je einen Vertreter in die Verwaltungsräte der Zuckerfabriken abordnen können. Auf Grund des Zuckerbeschlusses können die Zuckerfabriken eine Reihe von wirtschaftlichen und finanziellen Fragen nur in Verbindung mit den Bundesbehörden entscheiden.

Ferner obliegt dem Bund allgemein die Aufsicht über das Geschäftsgebaren der Fabriken (vgl. z. B. Art. 9, Abs. l und 3, Art. 10 und 12). Die bisherigen Erfahrungen bei den Zuckerfabriken und insbesondere auch bei anderen ähnlichen Organisationen zeigen nun, dass dank einer Vertretung des Bundes in den Verwaltungsräten die verschiedenen Probleme im allgemeinen viel unmittelbarer erkannt und sodann leichter gelöst werden können. Eine Mitsprache der Bundesvertreter

826 ist aber nur soweit erforderlich, als es das öffentliche Interesse verlangt. Inwieweit der Bund von dieser neuen Kompetenz Gebrauch machen wird, soll sich nach den jeweiligen Verhältnissen richten.

2.5.3 Zuckermühle Rupperswil Die Verhältnisse zur Zuckermühle Rupperswil werden in Artikel 5 (neu Art. 4) des heutigen Zuckerbeschlusses geregelt. Dieser Artikel bleibt unverändert bestehen.

Die Revision des 1957er Zuckerbeschlusses hatte im Jahre 1963 u.a. dazu geführt, dass die am 31. Januar 1958 abgegebene Erklärung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes bestätigt wurde, wonach die Zuckerfabrik Frauenfeld in den ersten fünf Jahren nach Aufnahme ihres Betriebes keine Abfüllanlage für Kleinpackungen (Packungen unter 5 kg) erstellen werde. Weiter wurde 1963 festgelegt, dass in Frauenfeld während den erstenfünf Jahrennachlnbetriebnahme keine Einrichtungen für die Herstellung von Würfelzucker und von Mahlprodukten installiert werden.

Grundsätzlich können diese Zusicherungen für die Dauer des abgeänderten Beschlusses wiederum erneuert werden. Der Bundesrat muss sich jedoch vorbehalten, diese erneuerten Zusicherungen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen wesentlich veränderten Verhältnissen anzupassen. Er hätte dabei die interessierten Kreise anzuhören. In diesem Zusammenhang darf daran erinnert werden, dass nie die Absicht bestand, der Zuckerfabrik Frauenfeld auf ewige Zeiten Nebenzweige zu verbieten. Im Schreiben des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 31. Januar 1958 an den Regierungsrat des Kantons Aargau wurde auf diese Einschränkung der Zusicherungen ausdrücklich hingewiesen.

2.5.4 Zuckerverarbeitende Industrie Die für eine Importabgabe vorgesehenen Zollpositionen 1701.20 bis 50 umfassen insbesondere Kristallzucker, Stampfzucker, Zucker in Hüten, Blöcken oder Platten, Zucker in Würfeln, Stangen oder Pulverform. Nicht vorgesehen sind die ungefähr 40 Zollpositionen der zuckerhaltigen Produkte.

Im Vernehmlassungsverfahren wurde nun von verschiedener Seite darauf aufmerksam gemacht, dass durch dieses Vorgehen die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Inlandmarkt für zuckerhaltige Waren ungünstig beeinflusst werden könnten. Die Importabgabe wurde daher abgelehnt, oder es wurde vorgeschlagen, entweder die zuckerhaltigen Produkte ebenfalls zu belasten oder für die Zukkerverarbeitung
auf der Importabgabe einen Revers zu gestatten.

Das Problem der zuckerverarbeitenden Industrie wird nicht verkannt. So wurde bereits im Beschlussesentwurf vom April 1968 auf den Ausfuhren die volle Rückerstattung der Abgabe vorgesehen. Weiter wurde daraufhingewiesen, dass hier wohl die Höhe der Abgabe, d. h. die Tragbarkeit eine entscheidende Rolle spielt.

Die Vorschläge einer Importbelastung der zuckerhaltigen Produkte und die Gewährung eines Revers wurden ebenfalls geprüft. Beide Wege sind leider nicht

827 gangbar. Einer Importbelastung stehen in den meisten Fällen handelsvertragliche Bindungen entgegen; die Einführung eines Revers brächte bedeutende Komplikationen und Umtriebe (zirka 40 Produkte; Abgrenzung der Betriebe; Konkurrenzverhältnisse für die Zuckerfabriken beim Verkauf der Inlandware).

Was schliesslich das Begehren für volle Zollrückerstattung bei Ausfuhr von zuckerhaltigen Produkten anbelangt, ist zu sagen, dass eine solche Rückerstattung im Rahmen des Gesamtproblems des sogenannten Rohstoff handicaps zu beurteilen ist. Eine Änderung der heutigen Rückerstattung müsste Gegenstand eines besonderen Beschlusses bilden und könnte nicht in die Revision des Zuckerbeschlusses einbezogen werden.

2.5.5

Verfahrensfragen Bundesanteil, Importabgabe und Verlustanteil der Produzenten würden auf Grund eines Zuckerbudgets im Sommer vor der jeweiligen Rübenkampagne (erstmals 1970) festgelegt. - Für die Höhe der Abgabe würden die interessierten Kreise angehört. - Die Abgabe würde durch die TSL erhoben; sie wäre stabil über eine längere Zeitdauer, mit der Möglichkeit zum sofortigen Aufheben, durch den Bundesrat festzusetzen. - Die Erträgnisse der Abgabe wären absolut zweckgebunden zur Deckung der Defizite der Zuckerfabriken. - Bei Ausfuhren von Zucker oder zuckerhaltigen Produkten würde die Abgabe vollumfänglich rückerstattet.

2.5.5

Gültigkeitsdauer Der neue Zuckerbeschluss soll ab I.Oktober 1969 auf fünf Jahre, d.h. bis zum 30. September 1974, beschränkt werden. Die Gründe, welche im Jahre 1963 für eine Befristung sprachen, gelten auch heute noch, so insbesondere die Verhältnisse auf dem internationalen Zuckermarkt und die integrationspolitische Lage.

Die Einzelheiten der EWG-Zuckerordnung und deren mögliche Auswirkungen auf den schweizerischen Markt können heute noch nicht genügend beurteilt werden. Festzustehen scheint lediglich, dass die Konsumenten des EWG-Raumes mit höheren Preisen rechnen müssen, als der Schweizerkonsument auch nach der erneuten Revision zu bezahlen haben wird.

3. Bemerkungen zu einzelnen Beschlussesbestimmungen Titel : unverändert.

Ingress : In den Ingress werden neben Artikel 31bls neu Artikel 32 und 28 der Bundesverfassung aufgenommen. Nach einem Rechtsgutachten von Bundesrichter Dr. O. K. Kaufmann können vermehrte Mittel zugunsten der schweizerischen Zuckerrübenproduktion durch eine auf Artikel 28 (Zollartikel) und Artikel 31bl9, Absatz 3, Buchstabe b (Wirtschaftsartikel), der Bundesverfassung abgestützte, zweckgebundene Importabgabe beschafft werden. - Artikel 32, Absatz 3, ermöglicht die Mitwirkung einer privaten Organisation, z. B. der Treuhandstelle der Schweizerischen Lebensmittelimporteure, beim Vollzug. - Die Verfassungsmässigkeit des Bundesbeschlusses ist somit gegeben.

828

Artikel l : unverändert.

Artikel 2 wird redaktionell den heutigen Verhältnissen angepasst, indem insbesondere die Zuckerfabrik Frauenfeld ausdrücklich erwähnt wird.

Artikel 3, Absatz l, enthält die Vorschrift über die Festsetzung der Rübenfläche.

Absatz 2 entspricht dem bisherigen Artikel 4, Absatz 1. Die Menge wurde den heutigen Verhältnissen angepasst.

Absatz 3 entspricht dem bisherigen Artikel 4, Absatz 2.

Der alte Artikel 3 betreffend die Gründung der zweiten Zuckerfabrik entfällt, weil er durch die heutigen Verhältnisse überholt ist.

Artikel 4 bis 7 entsprechen den bisherigen Artikeln 5 bis 8.

Artikel 8 : Gegenüber dem bisherigen Artikel 9 wird in Absatz 2 der letzte Satz gestrichen und neu ein Abweichen vom Grundsatz der Kostendeckung bei tiefen Weltmarktpreisen ermöglicht.

Artikel 9 bis 11 entsprechen den bisherigen Artikeln 10 bis 12.

Artikel 12 enthält in Absatz l die Neuregelung der Verlustdeckung, wie sie vorne in der Botschaft dargelegt wurde.

Absätze 2 bis 4 entsprechen Artikel 13, Absätze 2,4 und 5 des bisherigen Beschlusses.

Artikel 13 entspricht dem bisherigen Artikel 14.

Artikel 14 ist neu. Er sieht vor, den Zuckerfabriken angemessene Betriebskredite durch den Bund und diesem die Ermächtigung zu einer Zweiervertretung in den Verwaltungsräten der Zuckerfabriken zu erteilen.

Artikel 15 bis 18 : unverändert.

Artikel 19 beschränkt die Gültigkeit des Beschlusses bis 30. September 1974.

Artikel 20 ist neu. Er bildet die gesetzliche Grundlage, Firmen und Organisationen beim Vollzug heranzuziehen.

Artikel 21 entspricht dem heutigen Artikel 20. Er regelt den Vollzug und unterstellt den neuen Zuckerbeschluss dem fakultativen Referendum.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes zu beantragen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 25. November 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Spühler Der Bundeskanzler: Huber

829

(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 28, 31Ms, Absatz 3, Buchstaben b und e sowie Absatz 4 und Artikel 32, Absatz 3 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 25. November 1968, beschliesst:

Art. l Zur Erhaltung einer Ackerfläche, welche die Anpassung der inländischen landwirtschaftlichen Produktion an die Absatzmöglichkeiten erleichtert, eine vielseitige landwirtschaftliche Erzeugung erlaubt und bei Störung der Zufuhr vom Ausland die rechtzeitige Ausdehnung des Ackerbaues ermöglicht, sowie im Interesse einer vermehrten Sicherung der Landesversorgung mit Zucker fördert der Bund gemäss den Bestimmungen dieses Beschlusses den Anbau und die Verwertung der Zuckerrüben.

Art. 2 Der Bund gewährt der Zuckerfabrik und Raffinerie Aarberg AG sowie der Zuckerfabrik Frauenfeld AG Zuwendungen zur Deckung allfälliger Verluste gemäss Artikel 12 und 13 und knüpft daran die in den Artikeln 3 ff. aufgeführten Bedingungen und Auflagen.

Art. 3 1

Die Anbaufläche für Zuckerrüben ist auf höchstens 10 000 ha pro Kampagne begrenzt. Die Rübenfläche und die Aufteilung der Rübenproduktion werden jährlich durch den Bundesrat unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse festgelegt.

Bundesblatt. 120. Jahrg. Bd. n

48

830 2

An die beiden Fabriken dürfen jährlich höchstens rund 450000 t Rüben abgeliefert werden. Der Bundesrat kann die Menge bis auf 500000 t erhöhen, wenn der technische Fortschritt im Rahmen des normalen Erneuerungsbedarfs diese Kapazitätserweiterung gestattet.

3 Die beiden Zuckerfabriken haben technisch und wirtschaftlich zusammenzuarbeiten. Sie ordnen die Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit in einem Vertrag, der vom Bund zu genehmigen ist.

Art. 4 Der Bundesrat trifft die notwendigen Massnahmen, um eine ungerechtfertigte Konkurrenzierung schweizerischer Unternehmen durch die beiden Zuckerfabriken zu verhindern. Insbesondere darf die Zuckerfabrik Frauenfeld AG keinen importierten Rohzucker raffinieren, die Zuckerfabrik Aarberg pro Jahr höchstens 30000 Tonnen.

Art. 5 Von aUfälligen Geschäftsgewinnen, die dank der Rohzuckerraffination von der Zuckerfabrik Aarberg erzielt werden, hat diese einen vom Bundesrat festzusetzenden Anteil der Zuckerfabrik Frauenfeld AG zur Verlustdeckung zur Verfügung zu stellen, sofern letztere andernfalls Zuwendungen des Bundes im Sinne von Artikel 12 in Anspruch nehmen müsste.

Art. 6 Die beiden Zuckerfabriken führen die Massnahmen durch, welche der Bund ihnen zum Schutz der Hartkäsefabrikation vorschreibt. Insbesondere dürfen sie die Rübenpflanzer in den Siloverbotszonen nicht zur Rücknahme von nassen Rübenschnitzeln, Melasse und Melassefutter verpflichten.

Art. 7 Die beiden Zuckerfabriken haben jährlich mit den Rübenpflanzern einheitliche Anbauverträge über die ihren Verarbeitungsmöglichkeiten entsprechenden Ablieferungsmengen an Zuckerrüben und über die weiteren Abnahmebedingungen abzuschliessen; vorbehalten bleiben die laut Artikel 6 vorgesehenen Einschränkungen betreffend Rübenpflanzer in der Siloverbotszone.

Art. 8 1

Der von den beiden Zuckerfabriken zu entrichtende Preis für die laut Anbauvertrag zu übernehmenden Zuckerrüben sowie die übrigen wesentlichen Abnahmebedingungen werden jährlich vom Bundesrat festgesetzt.

2 Der Preis soll die mittleren Produktionskosten der Zuckerrüben in rationell geführten und zu normalen Bedingungen übernommenen landwirtschaftlichen Betrieben im Durchschnitt mehrerer Jahre decken. Bei tiefen Weltmarktpreisen bleibt Artikel 12, Absatz l, Buchstabe c vorbehalten.

831 3 Vor der Preisfestsetzung durch den Bundesrat ist die in Artikel 3 des Landwirtschaftsgesetzes vorgesehene Beratende Kommission anzuhören.

Art. 9 1

Die beiden Zuckerfabriken sind zu rationeller Betriebsführung verpflichtet.

Sie verkaufen den von ihnen erzeugten Zucker und dessen Nebenprodukte zu Preisen, die sich im Rahmen derjenigen gleichwertiger Importware bewegen.

In Zeiten aussergewöhnlicher Preissteigerungen auf dem Weltzuckermarkt sollen die Preise nicht höher festgesetzt werden, als dies zur vollen Deckung der Gestehungskosten und einer angemessenen Reservebildung notwendig ist.

3 Über den laufenden Unterhalt hinausgehende Neuanlagen, die Eröffnung weiterer Betriebszweige und die Festsetzung der Amortisationen unterliegen der Bewilligung des Bundes.

Art. 10 1 Die beiden Zuckerfabriken stellen dem Bund jährlich ihren Geschäftsbericht, die Jahresrechnung und den Revisionsbericht ihrer Kontrollstelle zur Verfügung. Dieser lässt die Buchführung und den Jahresabschluss überprüfen.

2 Die beiden Zuckerfabriken haben den Organen oder Beauftragten des Bundes auf Verlangen Einsicht in die Geschäftsbücher, die Belege und übrigen Unterlagen zu gewähren, vollständig Auskunft zu erteilen und den Zutritt zu ihren Fabrikations- und Lagerräumen zu gestatten.

3 Die vom Bund mit der Aufsicht und Kontrolle Beauftragten sind verpflichtet, über ihre Feststellungen und Wahrnehmungen das Amtsgeheimnis zu wahren . Sie dürfen nur den vom Bundesrat bezeichneten Stellen Auskunft erteilen.

2

Art. 11 Die an die Aktionäre der beiden Zuckerfabriken aus einem allfälligen Reingewinn auszuschüttende Bruttodividende darf fünf Prozent des einbezahlten Grundkapitals nicht überschreiten.

2 Ein nach Ausrichtung der Dividende allfällig verbleibender Gewinnsaldo ist einem Speziaireservefonds zuzuweisen, über welchen, unter Vorbehalt von Artikel 12, nur mit Bewilligung des Bundesrates verfügt werden darf.

1

Art. 12 Ergeben sich, gestützt auf die Überprüfung gemäss Artikel 10, trotz sorgfältiger Geschäftsführung und vorgängiger Anwendimg von Artikel 5, bei einer der beiden Zuckerfabriken oder bei beiden Verluste, so hat deren Deckung in einem für jede Fabrik jeweils vom Bundesrat festzulegenden Verhältnis zu erfolgen : a. aus ihren vorhandenen Reserven; b. durch eine Vorwegleistung des Bundes, die für beide Fabriken insgesamt den Betrag von 20 Millionen Franken nicht übersteigen darf.

1

832

c. Wenn die finanziellen Mittel gemäss Buchstaben a und b nicht ausreichen : durch eine Erhöhung der Vorwegleistung des Bundes um l Million bis höchstens 5 Millionen Franken, gekoppelt mit dem Ertrag einer Abgabe auf eingeführtem Zucker der Nummern 1701.20 bis 50 des Generaltarifs (Einfuhrtarif) von l bis höchstens 5 Franken je 100 kg Verzollungsgewicht und einer Verlustbeteiligung des Produzenten von 8 bis höchstens 40 Rappen je 100 kg Zuckerrüben. Je l Million Franken des Bundes entspricht einer Importabgabe von l Frankenje 100 kg Zucker und einem Abzug von 8 Rappen je 100 kg Zuckerrüben.

2 Über die Aufteilung der finanziellen Mittel gemäss Absatz l, Buchstabe b und c unter die beiden Zuckerfabriken beschliesst je nach den Geschäftsergebnissen und je nach den verfügbaren Reserven der Bundesrat.

3 Kann ein Verlust auf diese Weise nicht ganz gedeckt werden, so wird der Rest auf neue Rechnung vorgetragen. Dieser auf neue Rechnung vorgetragene Verlust ist, sofern er im nachfolgenden Geschäftsjahr nicht oder nur teilweise aus dem Geschäftsergebnis gedeckt werden kann, ebenfalls nach Massgabe der Absätze l und 2 zu decken.

4 Genügen alle diese Deckungsmöglichkeiten nicht und droht deswegen ein Kapitalverlust Oder eine Überschuldung im Sinne von Artikel 725 des Obligationenrechts, so ist, ausser den dort vorgeschriebenen Vorkehren, dem Bundesrat unverzüglich davon Kenntnis zu geben.

5 Bei der Ausfuhr von Waren, zu deren Herstellung mit der Abgabe belasteter Zucker verwendet wurde, kann der Bundesrat die Rückerstattung der Abgabe gewähren.

Art. 13 Ist ein Verlust infolge Verletzung der Pflichten einer sorgfältigen Geschäftsführung entstanden und kann er nicht aus den verfügbaren Mitteln der Gesellschaft gedeckt werden, so hat die Gesellschaft beim Bundesrat um die Bewilligung nachzusuchen, den Speziaireservefonds (Art. 11, Abs. 2) heranziehen zu dürfen. Die Ansprüche der Gesellschaft gegenüber ihren verantwortlichen Organen und Angestellten bleiben vorbehalten.

2 Kann ein Verlust auf diese Weise nicht ganz gedeckt werden, so wird der Rest auf neue Rechnung vorgetragen. Droht deswegen ein Kapitalverlust oder eine Überschuldung im Sinne von Artikel 725 des Obligationenrechts, so prüft der Bundesrat, ob und zu welchen Bedingungen nach Erfüllung der ordentlichen Aufwendungen gegenüber der ändern Zuckerfabrik (Art. 12) das Gesamtinteresse dennoch eine Zuwendung im Rahmen dieses Beschlusses rechtfertigt.

1

Art. 14 Der Bund kann den beiden Zuckerfabriken Vorschüsse im Rahmen der zu erwartenden Verluste gewähren sowie angemessene Betriebskredite einräumen.

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833 2

Zur Wahrung der öffentlichen Interessen können das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement und das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement je einen Vertreter in die Verwaltungsräte der Zuckerfabriken abordnen.

Art. 15 1

Zuwendungen können zurückgefordert werden, wenn sie zu Unrecht ausbezahlt wurden oder wenn der Empfänger die ihm auferlegten Bedingungen trotz Mahnung nicht erfüllt.

2 Die Rückerstattung kann nur insoweit gefordert werden, als der Empfänger zur Zeit der Rückforderung noch bereichert ist, es sei denn : a. er habe zur Erlangung der Zuwendung vorsätzlich oder fahrlässig unwahre, irreführende oder unvollständige Angaben gemacht, b. er habe die ihm auferlegten Bedingungen schuldhaft nicht erfüllt, oder c. er habe sich der Bereicherung entäussert, obwohl er mit der Rückforderung rechnen musste.

3

Der Bundesrat bestimmt die Amtsstellen, die den Anspruch gegen den Empfänger geltend machen und nötigenfalls mit einer Klage nach Artikel 110 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 *) über die Organisation der Bundesrechtspflege durchsetzen.

Art. 16 Die Ansprüche des Bundes auf Rückerstattung von Zuwendungen verjähren mit Ablauf von fünf Jahren, nachdem die zuständigen Orga ne des Bundes vom Entstehungsgrund des Anspruches Kenntnis erlangt haben, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren seit Entstehen des Anspruches. Wird der Anspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so gilt diese.

2 Die Verjährung wird durch jede Einforderungshandlung unterbrochen.

1

Art. 17 Das Bundesgericht beurteilt als einzige Instanz gemäss Artikel 110 und 111, Buchstaben i und ff. des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege Streitigkeiten über die Rückforderung von Zuwendungen.

Art. 18 Alle Streitigkeiten der beiden Zuckerfabriken unter sich, namentlich auch aus Verträgen gemäss Artikel 3, Absatz 3, sowie Streitigkeiten einer der beiden Zuckerfabriken mit ihren Organen, Aktionären, Gläubigern, Rübenpflanzern und ändern Dritten unterstehen der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Vorbehalten bleiben Schiedsgerichts- oder Gerichtsstandsklauseln.

^BSS.SSl.

Bundesblatt. 120. Jahrg. Bd. H

49

834

Art. 19 Dieser Beschluss gilt bis 30. September 1974.

Art. 20 Der Bund kann Firmen und Organisationen in geeigneter Weise zur Mitwirkung beim Vollzug des Beschlusses heranziehen.

Art. 21 1

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlus-

ses.

2

Er wird mit dessen Vollzug beauftragt.

Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüssse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

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0438

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Änderung des Bundesbeschlusses über die Förderung des Anbaues von Zuckerrüben und die vermehrte Sicherung der Landesversorgung mit Zucker (Vom 25. November 1968)

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Jahr

1968

Année Anno Band

2

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49

Cahier Numero Geschäftsnummer

10091

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.12.1968

Date Data Seite

805-834

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10 044 166

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