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Ablauf der Referendumsfrist: 31. März 1969

Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren # S T #

(Vom 20. Dexember 1968) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 103 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 24. September 19651), beschliesst: Erster Abschnitt:

Geltungsbereich und Begriffe Art. l

A. GeitungsÎ^GÎundsatz

1

Dieses Gesetz findet Anwendung auf das Verfahren in Verwaltungssachen, die durch Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde zu erledigen sind.

2 Als Behörden im Sinne von Absatz l gelten : a. der Bundesrat; b. seine Departemente, die Bundeskanzlei und die ihnen unterstellten Dienstabteilungen, Betriebe, Anstalten und anderen Amtsstellen der Bundesverwaltung; c. die autonomen eidgenössischen Anstalten oder Betriebe; d. die eidgenössischen Kommissionen; e. andere Instanzen oder Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung, soweit sie in Erfüllung ihnen übertragener öffentlichrechtlicher Aufgaben des Bundes verfügen.

3 Auf das Verfahren letzter kantonaler Instanzen, die gestützt auf öffentliches Recht des Bundes nicht endgültig verfügen, finden lediglich Anwendung die Artikel 34 bis 38 und 61, Absätze 2 und 3 über die Eröffnung von Verfügungen und Artikel 55, Absätze 2 und 4 über den Entzug der aufschiebenden Wirkung.

^BBl 1965, II, 1348.

1223 Art. 2 1

Auf das Steuerverfahren finden die Artikel 12 bis 19 und 30 bis 33 keine Anwendung.

TT. Ausnahmen 1. Teilweise Anwendbatkeit

2

Auf das Verfahren der Abnahme von Berufs-, Fach- und anderen Fahigkeitspriifungen finden die Artikel 4 bis 6,10,34,35, 37 und 38 Anwendung.

3 Auf das Verfahren der Schatzungskommissionen f iir die Enteignung finden die Artikel 20 bis 24 Anwendung.

Art. 3 Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf: a. das Verfahren von Behorden im Sinne von Artikel 1, Absatz 2, Buchstabe e, soweit gegen ihre Verfugungen die Beschwerde unmittelbar an eine Bundesbehorde unzulassig ist;

2. Unanwendbarkeit

b. das erstinstanzliche Verfahren der erstmaligen Begriindung des Dienstverhaltnisses von Bundespersonal, der Beforderung von Bundespersonal, der Dienstbefehle an Bundespersonal und das Verfahren der Ermachtigung zur Strafverfolgung gegen Bundespersonal; c. das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren und das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren; d. das Verfahren der Militarstrafrechtspflege einschliesslich der Militardisziplinarrechtspflege, das militarische sanitarische Untersuchungsverfahren, das erstinstanzliche Verfahren in anderen militarischen Kommandosachen, soweit es sich nicht um Verfugungen im Sinne von Artikel 17 bis 19 der Militarorganisation oder um ahnliche verwaltungsrechtliche Sanktionen handelt, das erstinstanzliche militarische Schatzungsverfahren; e. das Verfahren der Zollabfertigung; /. das erstinstanzliche Verfahren in anderen Verwaltungssachen, wenn deren Natur die Erledigung auf der Stelle durch sofort vollstreckbare Verf iigung erfordert.

Art. 4 Bestimmungen des Bundesrechts, die ein Verfahren eingehender regeln, finden Anwendung, soweit sie den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht widersprechen.

III. Erganzende Bestimmungen

1224 Art. 5 B. Begriffe I. Verfügungen

1

Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben: a. Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten; b. Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten; c. Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten, oder Nichteintreten auf solche Begehren.

2 Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art.41, Abs. l, Buchstaben a und b), Zwischenverfügungen (Art.45), Einspracheentscheide (Art. 30, Abs. 2, Buchstabe b, Art. 46, Buchstabe b und Art. 74, Buchstabe b), Beschwerdeentscheide (Art. 61 und 70), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und die Erläuterung (Art. 69).

3 Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen.

Art. 6 II. Parteien

Als Parteien gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht.

Zweiter Abschnitt: Allgemeine Verfahrensgrundsätze

Art. 7 A. Zuständigkeit I. Prüfung

1

Die Behörde prüft ihre Zuständigkeit von Amtes wegen.

2 Die Begründung einer Zuständigkeit durch Einverständnis zwischen Behörde und Partei ist ausgeschlossen.

Art. 8 II. Überweisung und Meinungs» austausch

1

Die Behörde, die sich als unzuständig erachtet, überweist die Sache ohne Verzug der zuständigen Behörde.

2 Erachtet die Behörde ihre Zuständigkeit als zweifelhaft, so pflegt sie darüber ohne Verzug einen Meinungsaustausch mit der Behörde, deren Zuständigkeit in Frage kommt.

1225 Art. 9 Die Behörde, die sich als zuständig erachtet, stellt dies durch ni. streitigVerfügung fest, wenn eine Partei die Zuständigkeit bestreitet.

2 Die Behörde, die sich als unzuständig erachtet, tritt durch Verfügung auf die Sache nicht ein, wenn eine Partei die Zuständigkeit behauptet.

3 Kompetenzkonflikte zwischen Behörden, ausgenommen Kompetenzkonflikte mit dem Bundesgericht, dem Eidgenössischen Versicherungsgericht oder mit kantonalen Behörden beurteilt die gemeinsame Aufsichtsbehörde, im Zweifel der Bundesrat.

1

Art. 10 1

Personen, die eine Verfügung zu treffen oder diese vorzube- B. Ausstand reiten haben, treten in Ausstand, wenn sie : a. in der Sache ein persönliches Interesse haben; b. mit einer Partei in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder verschwägert oder durch Ehe,Verlobung oder Kindesannahme verbunden sind; c. Vertreter einer Partei sind oder für eine Partei in der gleichen Sache tätig waren; d. aus anderen Gründen in der Sache befangen sein könnten.

2 Ist der Ausstand streitig, so entscheidet darüber die Aufsichtsbehörde oder, wenn es sich um den Ausstand eines Mitgliedes einer Kollegialbehörde handelt, diese Behörde unter Ausschluss des betreffenden Mitgliedes.

Art. 11 Auf jeder Stufe des Verfahrens kann die Partei sich, wenn sie c. Vertretung nicht persönlich zu handeln hat, vertreten oder, soweit die Dring- jj^^61" lichkeit einer amtlichen Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen; der Vertreter oder Beistand muss in bürgerlichen Ehren und Rechten stehen.

2 Die Behörde kann den Vertreter auffordern, sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen.

3 Solange die Partei die Vollmacht nicht widerruft, macht die Behörde ihre Mitteilungen an den Vertreter.

1

Art. 12 Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und °e's^^dluns bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel : Verhaltes I.Grundsatz

1226 a.

b.

c.

d.

e.

Urkunden; Auskünfte der Parteien; Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen ; Augenschein; Gutachten von Sachverständigen.

Art. 13 II. Mitwirkung der Parteien

1

Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken : a. in einem Verfahren, das sie durch ihr Begehren einleiten; b. in einem anderen Verfahren, soweit sie darin selbständige Begehren stellen; c. soweit ihnen nach einem anderen Bundesgesetz eine weitergehende Auskunfts- oder Offenbarungspflicht obliegt.

2 Die Behörde braucht auf Begehren im Sinne von Absatz l, Buchstaben a oder b nicht einzutreten, wenn die Parteien die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.

Art. 14 III. Zeugeneinvernahme 1. Zuständigkeit

1

Lässt sich ein Sachverhalt auf andere Weise nicht hinreichend abklären, so können folgende Behörden die Einvernahme von Zeugen anordnen: a. der Bundesrat und seine Departemente; b. die Justizabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements ; c. die eidgenössischen Rekurs- und Schiedskommissionen.

2 Die Behörden im Sinne von Absatz l, Buchstaben a und b beauftragen mit der Zeugeneinvernahme einen dafür geeigneten Beamten.

3 Die Behörden im Sinne von Absatz l, Buchstabe a können Personen ausserhalb einer Behörde, die mit einer amtlichen Untersuchung beauftragt sind, zur Zeugeneinvernahme ermächtigen.

Art. 15 2. Zeugnispflicht

Jedermann ist zur Ablegung des Zeugnisses verpflichtet.

Art. 16 3. Zeugnisverweigerungsrecht

1

Das Recht der Zeugnisverweigerung bestimmt sich nach Artikel 42, Absätze l und 3 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 *) über den Bundeszivilprozess.

2 Der Träger eines Berufs- oder Geschäftsgeheimnisses im Sinne von Artikel 42, Absatz 2 des Bundeszivilprozesses kann das Zeugnis !) AS 1948, 485.

1227 verweigern, soweit ihn nicht ein anderes Bundesgesetz zum Zeugnis verpflichtet.

3 Handelt es sich nicht um die Abklärung des Sachverhaltes in einem Verfahren auf dem Gebiete der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, so können folgende an der Veröffentlichung von Informationen beteiligte Personen das Zeugnis über Inhalt und Quelle ihrer Informationen verweigern : a. Redaktoren, Mitarbeiter, Verleger und Drucker periodischer Druckschriften sowie ihre Hilfspersonen; b. Redaktoren, Mitarbeiter und Programmverantwortliche von Radio und Fernsehen sowie ihre Hilfspersonen.

Art. 17 Wer als Zeuge einvernommen werden kann, hat auch an der Erhebung anderer Beweise mitzuwirken; er hat insbesondere die in seinen Händen befindlichen Urkunden vorzulegen.

Art. 18 Die Parteien haben Anspruch darauf, den Zeugeneinvernahmen beizuwohnen und Ergänzungsfragen zu stellen.

2 Zur Wahrung wesentlicher öffentlicher oder privater Interessen kann die Zeugeneinvernahme in Abwesenheit der Parteien erfolgen und diesen die Einsicht in die Einvernahmeprotokolle verweigert werden.

3 Wird ihnen die Einsicht in die Einvernahmeprotokolle verweigert, so findet Artikel 28 Anwendung.

1

4. Andere Verpflichtungen von Zeugen

5. Rechte der Parteien

Art. 19 Auf das Beweisverfahren finden ergänzend die Artikel 37, 39 rv. Ergänzende bis 41 und 43 bis 61 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 19471) B«tunn"u>sen über den Bundeszivilprozess sinngemäss Anwendung; an die Stelle der Straffolgen, die der Bundeszivilprozess gegen säumige Parteien oder Dritte vorsieht, tritt die Straffolge nach Artikel 60 dieses Gesetzes.

Art. 20 1

Berechnet sich eine Frist nach Tagen und bedarf sie der Mit- E. Fristen teilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Mitteilung i. Berechnung folgenden Tage zu laufen.

2 Bedarf sie nicht der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Auslösung folgenden Tage zu laufen.

*) AS 1948, 485.

1228 3

Fällt der letzte Tag auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen am Wohnsitz oder Sitz der Partei oder ihres Vertreters vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag, so endigt die Frist am nächsten Werktag.

Art. 21 II. Einhaltung

1

Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tage der Frist der Behörde eingereicht oder zu deren Händen der schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden.

2 Gelangt die Partei rechtzeitig an eine unzuständige Behörde, so gilt die Frist als gewahrt.

Art. 22

UT. Erstreckung

1

Eine gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden.

2 Eine behördlich angesetzte Frist kann aus zureichenden Gründen erstreckt werden, wenn die Partei vor Ablauf der Frist darum nachsucht.

Art. 23

IV. Säumnisfolgen

Die Behörde, die eine Frist ansetzt, droht gleichzeitig die Folgen der Versäumnis an; im Versäumnisfalle treten nur die angedrohten Folgen ein.

V. Wiederherstellung

Wiederherstellung einer Frist kann erteilt werden, wenn der Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldet abgehalten worden ist, innert der Frist zu handeln, binnen zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses ein begründetes Begehren um Wiederherstellung einreicht und die versäumte Rechtshandlung nachholt; vorbehalten bleibt Artikel 32, Absatz 2.

Art. 24

Art. 25 F. Feststellungsverfahren

1

Die in der Sache zuständige Behörde kann über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlichrechtlicher Rechte oder Pflichten von Amtes wegen oder auf Begehren eine Feststellungsverfügung treffen.

2 Dem Begehren um eine Feststellungsverfügung ist zu entsprechen, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse nachweist.

3 Keiner Partei dürfen daraus Nachteile erwachsen, dass sie im berechtigten Vertrauen auf eine Feststellungsverfügung gehandelt hat.

1229 Art. 26 1

Die Partei oder ihr Vertreter hat Anspruch darauf, in ihrer Sache folgende Akten am Sitze der verfügenden oder einer durch diese zu bezeichnenden kantonalen Behörde einzusehen : a. Eingaben von Parteien und Vernehmlassungen von Behörden ; b. alle als Beweismittel dienenden Aktenstücke; c. Niederschriften eröffneter Verfügungen.

2 Die verfügende Behörde kann eine Gebühr für die Einsichtnahme in die Akten einer erledigten Sache beziehen ; der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühr.

G. Aktenemsicht T. Grundsatz

Art. 27 Die Behörde darf die Einsichtnahme in die Akten nur ver- n. Ausnahmen weigern, wenn: a. wesentliche öffentliche Interessen des Bundes oder der Kantone, insbesondere die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft, die Geheimhaltung erfordern ; b. wesentliche private Interessen, insbesondere von Gegenparteien, die Geheimhaltung erfordern; c. das Interesse einer noch nicht abgeschlossenen amtlichenUntersuchung es erfordert.

2 Die Verweigerung der Einsichtnahme darf sich nur auf die Aktenstücke erstrecken, für die Geheimhaltungsgründe bestehen.

3 Die Einsichtnahme in eigene Eingaben der Partei, ihre als Beweismittel eingereichten Urkunden und ihr eröffnete Verfügungen darf nicht, die Einsichtnahme in Protokolle über eigene Aussagen der Partei nur bis zum Abschluss der Untersuchung verweigert werden.

Art. 28 1

Wird einer Partei die Einsichtnahme in ein Aktenstück ver- m. Massgebweigert, so darf auf dieses zum Nachteil der Partei nur abgestellt Jjjjlj.'^tln1**' werden, wenn ihr die Behörde von seinem für die Sache wesentlichen Inhalt mündlich oder schriftlich Kenntnis und ihr ausserdem Gelegenheit gegeben hat, sich zu äussern und Gegenbeweismittel zu bezeichnen.

Art. 29 Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.

Art. 30 Die Behörde hört die Parteien an, bevor sie verfügt.

2 Sie braucht die Parteien nicht anzuhören vor :

1

H. Rechtliches Gehör I. Grundsatz II. Vorgangige Anhörung

1230

IH. Anhören der Gegenpartei

IV. Prüfung der Parteivorbringen

a. Zwischenverfügungen, die nicht selbständig durch Beschwerde anfechtbar sind; b. Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind; c. Verfügungen, in denen die Behörde den Begehren der Parteien voll entspricht; d. Vollstreckungsverfügungen; e. anderen Verfügungen in einem erstinstanzlichen Verfahren, wenn Gefahr im Verzüge ist, den Parteien die Beschwerde gegen die Verfügung zusteht und ihnen keine andere Bestimmung des Bundesrechts einen Anspruch auf vorgängige Anhörung gewährleistet.

Art. 31 In einer Sache mit widerstreitenden Interessen mehrerer Parteien hört die Behörde jede Partei zu Vorbringen einer Gegenpartei an, die erheblich erscheinen und nicht ausschliesslich zugunsten der anderen lauten.

Art. 32 1 Die Behörde würdigt, bevor sie verfügt, alle erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen der Parteien.

3 Verspätete Parteivorbringen, die ausschlaggebend erscheinen, kann sie trotz der Verspätung berücksichtigen.

Art. 33 V. Beweisanerbieten

J. Eröffnung I. Schriftlichkeit

1. Grundsatz

1

Die Behörde nimmt die ihr angebotenen Beweise ab, wenn diese zur Abklärung des Sachverhaltes tauglich erscheinen.

2 Ist ihre Abnahme mit verhältnismässig hohen Kosten verbunden, und ist die Partei für den Fall einer ihr ungünstigen Verfügung kostenpflichtig, so kann die Behörde die Abnahme der Beweise davon abhängig machen, dass die Partei innert Frist die ihr zumutbaren Kosten vorschiesst; eine bedürftige Partei ist von der Vorschusspflicht befreit.

Art. 34 Die Behörde eröffnet Verfügungen den Parteien schriftlich.

2 Zwischenverfügungen kann sie anwesenden Parteien mündlich eröffnen, muss sie aber schriftlich bestätigen, wenn eine Partei dies auf der Stelle verlangt ; eine Rechtsmittelfrist beginnt in diesem Falle erst von der schriftlichen Bestätigung an zu laufen.

1

Art. 35 2. Begründung und Rechtsmittelbelehrung

1

Schriftliche Verfügungen sind, auch wenn die Behörde sie in Briefform eröffnet, als solche zu bezeichnen, zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.

1231 2

Die Rechtsmittelbelehrung muss das zulässige ordentliche Rechtsmittel, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist nennen.

3 Die Behörde kann auf Begründung und Rechtsmittelbelehrung verzichten, wenn sie den Begehren der Parteien voll entspricht und keine Partei eine Begründung verlangt.

Art. 36 Die Behörde kann ihre Verfügungen durch Veröffentlichung n. Amtliche in einem amtlichen Blatte eröffnen : Publikation a. gegenüber einer Partei, die unbekannten Aufenthaltes ist und keinen erreichbaren Vertreter hat; b. gegenüber einer Partei, die sich im Ausland aufhält und keinen erreichbaren Vertreter hat, wenn die Zustellung an ihren Aufenthaltsort unmöglich ist; c. in einer Sache mit einer grossen Anzahl von Parteien, die sich ohne unverhältnismässigen Aufwand nicht vollzählig bestimmen lassen.

Art. 37 Bundesbehörden eröffnen Verfügungen in der Amtssprache, in m. Sprache der die Parteien ihre Begehren gestellt haben oder stellen würden, letzte kantonale Instanzen in der nach kantonalem Recht vorgeschriebenen Amtssprache.

Art. 38 Aus mangelhafter Eröffnung darf den Parteien kein Nachteil rv. Mangelerwachsen.

hafteEröffnung

Art. 39 Die Behörde kann ihre Verfügungen vollstrecken, wenn : K. voiistrekkung a. die Verfügung nicht mehr durch Rechtsmittel angefochten L voraussetzun en werden kann; s b. die Verfügung zwar noch angefochten werden kann, das zulässige Rechtsmittel aber keine aufschiebende Wirkung hat; c. die einem Rechtsmittel zukommende aufschiebende Wirkung entzogen wird.

Art. 40 Verfügungen auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung sind n.zwangsauf dem Wege der Schuldbetreibung nach dem Bundesgesetz über ï"schuidSchuldbetreibung und Konkurs zu vollstrecken; sie stehen voll- betreibung streckbaren Urteilen im Sinne von Artikel 80 jenes Gesetzes gleich, sobald sie in Rechtskraft erwachsen sind.

1232 Art. 41 2. Andere Zwangsmittel

1

Um andere Verfügungen zu vollstrecken, ergreift die Behörde folgende Massnahmen : a. Ersatzvornahme durch die verfügende Behörde selbst oder durch einen beauftragten Dritten auf Kosten des Verpflichteten ; die Kosten sind durch besondere Verfügung festzusetzen ; b. unmittelbaren Zwang gegen die Person des Verpflichteten oder an seinen Sachen; c. Strafverfolgung, soweit ein anderes Bundesgesetz die Strafe vorsieht; d. Strafverfolgung wegen Ungehorsams nach Artikel 292 des Schweizerischen Strafgesetzbuches, soweit keine andere Strafbestimmung zutrifft.

2 Bevor die Behörde zu einem Zwangsmittel greift, droht sie es dem Verpflichteten an und räumt ihm eine angemessene Erfüllungsfrist ein, im Falle von Absatz l, Buchstaben c und d unter Hinweis auf die gesetzliche Strafdrohung.

3 Im Falle von Absatz l, Buchstaben a und b kann sie auf die Androhung des Zwangsmittels und die Einräumung einer Erfüllungsfrist verzichten, wenn Gefahr im Verzüge ist.

Art. 42 3. Verhältnismässigkeit

Die Behörde darf sich keines schärferen Zwangsmittels bedienen, als es die Verhältnisse erfordern.

m. Rechtshilfe

Die Kantone leisten den Bundesbehörden in der Vollstreckung Rechtshilfe.

Art. 43

Dritter Abschnitt: Das Beschwerdeverfahren im allgemeinen Art. 44 A. Zulässigkeit der Beschwerde I. Grundsatz

Die Verfügung unterliegt der Beschwerde.

Art. 45 H. Beschwerde gegen Zwischenverfügungen

1

Verfahrensleitende und andere Zwischenverfügungen in einem der Endverfügung vorangehenden Verfahren, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können, sind selbständig durch Beschwerde anfechtbar.

1233 2 Als selbständig anfechtbare Zwischenverf ügungen gelten insbesondere Verfügungen über : a. die Zuständigkeit (Art. 9) ; b. den Ausstand (Art. 10); c. die Sistierung des Verfahrens ; d. die Auskunfts-, Zeugnis- oder Editionspflicht und den Ausschluss einer Partei von der Zeugeneinvernahme (Art. 13 bis 18) ; e. die Verweigerung der Akteneinsicht (Art. 27) ; / die Ablehnung von Beweisanerbieten (Art. 33); g. vorsorgliche Massnahmen (Art. 55 und 56) ; h. die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 65).

3 Im übrigen sind Zwischenverfügungen nur durch Beschwerde gegen die Endverfügung anfechtbar.

Art. 46 Die Beschwerde ist unzulässig gegen : B. unzuiäs& sigVeit der a. Verfügungen, die durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde an Beschwerde das Bundesgericht oder das Eidgenössische Versicherungsgericht anfechtbar sind; b. Verfügungen, die durch Einsprache anfechtbar sind; c. Verfügungen der militärischen Schatzungsorgane über die Abschätzung von Land- oder Sachschäden mit Schadenersatzforderungen unter 1000 Franken und über die Einschätzung gemieteter oder requirierter Objekte; d. Verfügungen, die nach anderen Bundesgesetzen endgültig sind; e. Zwischenverfügungen, wenn die Endverfügungen nicht mit Beschwerde anfechtbar sind.

Art. 47 1

Beschwerdeinstanzen sind: c. BeschwerdeInstanz a. der Bundesrat nach Artikel 72 ff; b. andere Instanzen, die das Bundesrecht als Beschwerdeinstanzen bezeichnet; c. die Aufsichtsbehörde, wenn das Bundesrecht keine Beschwerdeinstanz bezeichnet.

2 Hat eine nicht endgültig entscheidende Beschwerdeinstanz im Einzelfalle eine Weisung erteilt, dass oder wie eine Vorinstanz verfügen soll, so kann der Beschwerdeführer die Verfügung unmittelbar an die nächsthöhere Beschwerdeinstanz weiterziehen; er ist darauf in der Rechtsmittelbelehrung aufmerksam zu machen.

Bundesblatt. 120. Jahrg. Bd. II

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1234 3

Als nächsthöhere Beschwerdeinstanzen im Sinne von Absatz 2 gelten auch das Bundesgericht und das Eidgenössische Versicherungsgericht ; sie überprüfen die Rüge der Unangemessenheit, wenn die übersprungene Vorinstanz sie hätte überprüfen können.

4 Weisungen, die eine Beschwerdeinstanz; erteilt, wenn sie in der Sache entscheidet und diese an die Vorinstanz zurückweist, gelten nicht als Weisungen im Sinne von Absatz 2.

Art. 48 D. Beschwerdeegumaion

Zur Beschwerde ist berechtigt : ^ we]_ durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat; b. jede andere Person, Organisation oder Behörde, die das Bundesrecht zur Beschwerde ermächtigt.

Art. 49 E. Beschwerde"

e me

Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen : a. Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; b. unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes ; c. Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat.

Art. 50 F. Beschwerde-

frlst

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, gegen eine Zwischenverf ügung innert 10 Tagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen.

Art. 51 x

G. BeschwerdeDie Beschwerdeschrift ist der Beschwerdeinstanz im Doppel schrift.

einzureichen.

I Einreichung

2

Fehlt die zweite Ausfertigung oder benötigt die Beschwerdeinstanz nach Artikel 57, Absatz l mehr als zwei Ausfertigungen, so kann sie den Beschwerdeführer auffordern, ihr diese Ausfertigungen sofort nachzuliefern.

3 Sie verbindet diese Aufforderung mit der Androhung, sonst auf Kosten des Beschwerdeführers Abschriften anfertigen zu lassen.

1235 Art. 52 1

Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat.

2 Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht, oder lassen die Begehren des Beschwerdeführers oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so räumt die Beschwerdeinstanz dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Verbesserung ein.

3 Sie verbindet diese Nachfrist mit der Androhung, nach unbenutztem Fristablauf auf Grund der Akten zu entscheiden oder, wenn Begehren, Begründung oder Unterschrift fehlen, auf die Beschwerde nicht einzutreten.

H. Inhalt und Form

Art. 53 Erfordert es der aussergewöhnliche Umfang oder die besondere Schwierigkeit einer Beschwerdesache, so gestattet die Beschwerdeinstanz dem Beschwerdeführer, der darum in seiner sonst ordnungsgemäss eingereichten Beschwerde nachsucht, deren Begründung innert einer angemessenen Nachfrist zu ergänzen; in diesem Falle findet Artikel 32, Absatz 2 keine Anwendung.

III. Ergänzende BeschwerdeSchrift

Art. 54 Die Behandlung der Sache, die Gegenstand der mit Beschwerde H. übriges angefochtenen Verfügung bildet, geht mit Einreichung der Be- JJf^01 schwerde auf die Beschwerdeinstanz über.

Beschwerdeentscheid

Art. 55 1

Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung.

Hat die Verfügung nicht eine Geldleistung zum Gegenstand, so kann die Vorinstanz darin einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen; dieselbe Befugnis steht der Beschwerdeinstanz oder, wenn es sich um eine Kollegialbehörde handelt, ihrem Vorsitzenden nach Einreichung der Beschwerde zu.

3 Die Beschwerdeinstanz oder ihr Vorsitzender kann die von der Vorinstanz entzogene aufschiebende Wirkung wiederherstellen; über ein Begehren um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist ohne Verzug zu entscheiden.

2

I. Grundsatz

II. Vorsorgliche Massnahmen 1. Aufschiebende Wirkung

1236 4

Wird die aufschiebende Wirkung willkürlich entzogen oder einem Begehren um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung willkürlich nicht oder verspätet entsprochen, so haftet für den daraus erwachsenden Schaden die Körperschaft oder autonome Anstalt, in deren Namen die Behörde verfügt hat.

Art. 56 2. Ändere Massnahmen

Nach Einreichung der Beschwerde kann die Beschwerdeinstanz von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei andere vorsorgliche Massnahmen ergreifen, um einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand einstweilen unverändert zu erhalten.

Art. 57 ]U. SchriftenWechsel

1

Die Beschwerdeinstanz bringt eine nicht zum vornherein unzulässige Beschwerde ohne Verzug der Vorinstanz und allfälligen Gegenparteien des Beschwerdeführers oder anderen Beteiligten zur Kenntnis, setzt ihnen Frist zur Vernehmlassung an und fordert gleichzeitig die Vorinstanz zur Vorlage ihrer Akten auf.

2 Sie kann die Parteien auf jeder Stufe des Verfahrens zu einem weiteren Schriftenwechsel einladen oder eine mündliche Verhandlung mit ihnen anberaumen.

Art. 58 rv.Nene Verfügung

1

Die Vorinstanz kann bis zu ihrer Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen.

2 Sie eröffnet eine neue Verfügung ohne Verzug den Parteien und bringt sie der Beschwerdeinstanz zur Kenntnis.

3 Die Beschwerdeinstanz setzt die Behandlung der Beschwerde fort, soweit diese durch die neue Verfügung der Vorinstanz nicht gegenstandslos geworden ist; Artikel 57 findet Anwendung, wenn die neue Verfügung auf einem erheblich veränderten Sachverhalt beruht oder eine erheblich veränderte Rechtslage schafft.

Art. 59 v. Ausstand

Die Beschwerdeinstanz darf mit der Behandlung der Beschwerdesache weder Personen im Dienste der Vorinstanz noch andere Personen betrauen, die sich an der Vorbereitung der angefochtenen Verfügung beteiligt haben; beruht die angefochtene Verfügung auf einer Weisung der Beschwerdeinstanz, so findet ausserdem Artikel 47, Absätze 2 bis 4 Anwendung.

1237 Art. 60 Die Beschwerdeinstanz kann Parteien oder deren Vertreter, vi verfandie den Anstand verletzen oder den Geschäftsgang stören, mit Ver- rensdisziplin weis oder mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen.

Art. 61 Die Beschwerdeinstanz entscheidet in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück.

2 Der Beschwerdeentscheid enthält die Zusammenfassung des erheblichen Sachverhalts, die Begründung (Erwägungen) und die Entscheidungsformel (Dispositiv).

3 Er ist den Parteien und der Vorinstanz zu eröffnen.

1

I. Beschwerdeentscheid I. Inhalt und Form

Art. 62 Die Beschwerdeinstanz kann die angefochtene Verfügung zu- H. Änderung der angefochtegunsten einer Partei ändern.

nen Verfügung 2 Zuungunsten einer Partei kann sie die angefochtene Verfügung ändern, soweit diese Bundesrecht verletzt oder auf einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes beruht; wegen Unangemessenheit darf die angefochtene Verfügung nicht zuungunsten einer Partei geändert werden, ausser im Falle der Änderung zugunsten einer Gegenpartei.

3 Beabsichtigt die Beschwerdeinstanz, die angefochtene Verfügung zuungunsten einer Partei zu ändern, so bringt sie der Partei diese Absicht zur Kenntnis und räumt ihr Gelegenheit zur Gegenäusserung ein.

4 Die Begründung der Begehren bindet die Beschwerdeinstanz in keinem Falle.

1

Art. 63 Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei.

Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.

2 Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdef ührenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt ; anderen als Bundesbehörden, die Beschwerde führen und unterliegen, werden Verfahrenskosten auferlegt, soweit sich der Streit um vermögensrechtliche Interessen von Körperschaften oder autonomen Anstalten dreht.

3 Einer obsiegenden Partei dürfen nur Verfahrenskosten auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat.

1

III. Vcrfahrenskosten

1238 4

Die Beschwerdeinstanz kann einen Beschwerdeführer ohne festen Wohnsitz, mit Wohnsitz im Ausland oder im Verzug mit der Bezahlung früherer Verfahrenskosten unter der Androhung, auf die Beschwerde nicht einzutreten, zu einem Vorschuss an die Verfahrenskosten verpflichten und setzt zu dessen Leistung eine angemessene Frist an.

5 Der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühren.

IV. Parteientschädigung

V. Unentgeltliche Rechtspflege

Art. 64 Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen.

2 Die Entschädigung wird in der Entscheidungsformel beziffert und der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, soweit sie nicht einer unterliegenden Gegenpartei auferlegt werden kann.

s Einer unterliegenden Gegenpartei kann sie je nach deren Leistungsfähigkeit auferlegt werden, wenn sich die Partei mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt hat.

4 Die Körperschaft oder autonome Anstalt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, haftet für die einer unterliegenden Gegenpartei auferlegte Entschädigung, soweit sich diese als uneinbringlich herausstellt.

5 Der Bundesrat regelt die Bemessung der Entschädigung.

1

Art. 65 Die Beschwerdeinstanz oder, wenn als Beschwerdeinstanz eine Kollegialbehörde entscheidet, ihr Vorsitzender kann nach Einreichung der Beschwerde eine bedürftige Partei, deren Begehren nicht zum vornherein aussichtslos erscheinen, auf Gesuch davon befreien, Verfahrenskosten zu bezahlen.

2 Ist die bedürftige Partei nicht imstande, ihre Sache selbst zu vertreten, so kann die Beschwerdeinstanz ausserdem der Partei einen Anwalt beigeben.

3 Die Haftung für Kosten und Honorar des Anwalts bestimmt sich nach Artikel 64, Absätze 2 bis 4.

4 Gelangt die bedürftige Partei später zu hinreichenden Mitteln, so ist sie verpflichtet, Honorar und Kosten des Anwalts an die Körperschaft oder autonome Anstalt zu vergüten, die sie bezahlt hat.

5 Der Bundesrat regelt die Bemessung von Honorar und Kosten.

1

1239 Art. 66 1

Die Beschwerdeinstanz zieht ihren Beschwerdeentscheid von K- ReTM10" Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei in Revision, wenn ihn L Grunde ein Verbrechen oder Vergehen beeinflusst hat.

2 Ausserdem zieht sie ihn auf Begehren einer Partei in Revision, wenn die Partei : a. neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel vorbringt oder b. nachweist, dass die Beschwerdeinstanz aktenkundige erhebliche Tatsachen oder bestimmte Begehren übersehen hat, oder c. nachweist, dass die Beschwerdeinstanz die Bestimmungen von Artikel 10,59 oder 76 über den Ausstand, von Artikel 26 bis 28 über die Akteneinsicht oder von Artikel 29 bis 3 3 über das rechtliche Gehör verletzt hat.

3

Gründe im Sinne von Absatz 2 gelten nicht als Revisionsgründe, wenn die Partei sie im Rahmen des Verfahrens, das dem Beschwerdeentscheid voranging, oder auf dem Wege einer Beschwerde, die ihr gegen den Beschwerdeentscheid zustand, geltend machen konnte.

Art. 67 1

Das Revisionsbegehren ist der Beschwerdeinstanz innert n. Begehren 90 Tagen seit Entdeckung des Revisionsgrundes, spätestens aber innert zehn Jahren seit Eröffnung des Beschwerdeentscheides schriftlich einzureichen; Artikel 51 findet Anwendung.

2 Nach Ablauf von zehn Jahren seit Eröffnung des Beschwerdeentscheides ist ein Revisionsbegehren nur aus dem Grunde von Artikel 66, Absatz l zulässig.

3

Auf Inhalt, Form, Verbesserung und Ergänzung des Revisionsbegehrens finden Artikel 52 und 53 Anwendung; die Begründung hat insbesondere den Revisionsgrund und die Rechtzeitigkeit des Revisionsbegehrens darzutun. Dieses hat auch die Begehren für den Fall eines neuen Beschwerdeentscheides zu enthalten.

Art. 68 1 Tritt die Beschwerdeinstanz auf das Revisionsbegehren ein in. Entscheid und erachtet sie es als begründet, so hebt sie den Beschwerdeentscheid auf und entscheidet neu.

2

Im übrigen finden auf dieBehandlungdes Revisionsbegehrens die Artikel 56, 57 und 59 bis 65 Anwendung.

1240

L. Erläuterung

M. Besondere Beschwerdearten I. Rechtsverweigerungsund Rechtsverzogerungsbeschwerde

H. Aufsichtsbeschwerde

Art. 69 Die Beschwerdeinstanz erläutert auf Begehren einer Partei den Beschwerdeentscheid, der unter Unklarheiten oder Widersprüchen in seiner Entscheidungsformel oder zwischen dieser und der Begründung leidet.

2 Eine Rechtsmittelfrist beginnt mit der Erläuterung neu zu laufen.

3 Redaktions- oder Rechnungsfehler oder Kanzleiversehen, die keinen Einfluss auf die Entscheidungsformel oder auf den erheblichen Inhalt der Begründung ausüben, kann die Beschwerdeinstanz jederzeit berichtigen.

Art. 70 1 Eine Partei kann jederzeit gegen die Behörde, die eine Verfügung unrechtmässig verweigert oder verzögert, Beschwerde wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung an die Aufsichtsbehörde führen.

2 Heisst diese die Beschwerde gut, so weist sie die Sache mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück.

3 Die Artikel 51, 57, 59, 60, Artikel 61, Absätze 2 und 3 und Artikel 63 finden auf dieses Beschwerdeverfahren sinngemäss Anwendung.

Art. 71 1 Jedermann kann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen Interesse ein Einschreiten gegen eine Behörde von Amtes wegen erfordern, der Aufsichtsbehörde anzeigen.

2 Der Anzeiger hat nicht die Rechte einer Partei.

1

Vierter Abschnitt: Das Verfahren vor dem Bundesrat

A. Als Beschwerdeinstanz I. Zulassigkeit der Beschwerde 1. Im allgemeinen

Art. 72 Die Beschwerde an den Bundesrat ist zulässig gegen Verfügungen: a. seiner Departemente und der Bundeskanzlei; b. anderer Bundesbehörden, deren unmittelbare Aufsichtsbehörde der Bundesrat ist; c. letzter Instanzen autonomer eidgenössischer Anstalten oder Betriebe, soweit das Bundesrecht die Beschwerde an den Bundesrat vorsieht; d. letzter kantonaler Instanzen nach Artikel 73.

1241 Art. 73 Die Beschwerde an den Bundesrat ist zulässig gegen Verfü- 2. Kantonale gungen letzter kantonaler Instanzen und gegen kantonale Erlasse Und Erfasse" wegen Verletzung : a. folgender Bestimmungen der Bundesverfassung und entsprechender Bestimmungen der Kantonsverfassungen: 1. Artikel 18, Absatz 3 über die unentgeltliche Ausrüstung der Wehrmänner; 2. Artikel 27, Absatz 2 und 3 über das kantonale Schulwesen; 3. Artikel 51 über das Jesuitenverbot ; 4. Artikel 53, Absatz 2 über die Begräbnisplätze; b. von Bestimmungen über Handels- und Zollverhältnisse, Patentgebühren, Freizügigkeit und Niederlassung in Staatsverträgen mit dem Ausland; c. anderer weder privat- noch strafrechtlicher Bestimmungen des Bundesrechts.

2 Die Beurteilung einer Beschwerde im Sinne von Absatz l, Buchstabe b oder c steht jedoch dem Bundesgerichte zu, soweit der Beschwerdeführer die Verletzung rügt : a. von Artikel 2 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung; b. von Bestimmungen über die Abgrenzung der sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit von Behörden; c. von Bestimmungen, die Ausländern einen Anspruch auf Bewilligungen der Fremdenpolizei einräumen.

1

Art. 74 Die Beschwerde an den Bundesrat ist unzulässig gegen : n. unzuiässiga. Verfügungen, die durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde an Beschwerde das Bundesgericht oder das Eidgenössische Versicherungsgericht anfechtbar sind; b. Verfügungen, die durch Beschwerde an eine andere Bundesbehörde oder durch Einsprache anfechtbar sind; c. Verfügungen der eidgenössischen Rekurs- und Schiedskommissionen ; d. Verfügungen des Eidgenössischen Militärdepartementes in Ausübung seiner militärischen Kommandogewalt, soweit es sich nicht um Verfügungen im Sinne von Artikel 17 bis 19 der Militärorganisation oder um ähnliche verwaltungsrechtliche Sanktionen handelt;

1242 e. Verfügungen, die nach anderen Bundesgesetzen endgültig sind.

Art. 75 III. Instruktion dei Beschwerde

iv. Ausstand

V. Ergänzende Verfahrensbestimmungen

1

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement besorgt die Instruktion der Beschwerde.

2 Der Bundesrat betraut mit der Instruktion von Beschwerden, die sich gegen das Justiz- und Polizeidepartement richten, ein anderes Departement.

3 Das instruierende Departement stellt dem Bundesrat Antrag und übt bis zum Entscheid die dem Bundesrat als Beschwerdeinstanz zustehenden Befugnisse aus.

Art. 76 Das Mitglied des Bundesrates, gegen dessen Departement sich die Beschwerde richtet, hat in der Beschlussfassung über den Antrag des instruierenden Departementes nur beratende Stimme.

Art. 77 Im übrigen finden Artikel 45 bis 70 Anwendung.

Art. 78

B. Als einzige oder erste Instanz

1

Verfügt der Bundesrat als einzige oder als erste Instanz, so stellt ihm das in der Sache zuständige Departement Antrag.

2 Es übt die Befugnisse aus, die dem Bundesrat bis zur Verfügung zustehen.

3 Im übrigen finden Artikel 7 bis 43 Anwendung.

Art. 79 C. Beschwerde an die Bundesversammlung

1

Die Beschwerde an die Bundesversammlung ist zulässig gegen Beschwerdeentscheide des Bundesrates nach Artikel 73, Absatz l, Buchstaben a oder b und gegen andere Beschwerdeentscheide oder Verfügungen, gegen die ein Bundesgesetz die Beschwerde an die Bundesversammlung zulässt.

2 Die Beschwerde ist der Bundesversammlung innert 30 Tagen seit Eröffnung des Beschwerdeentscheides oder der Verfügung einzureichen.

3 Die Beschwerde hat ohne entsprechende vorsorgliche Verfügung des Bundesrates keine aufschiebende Wirkung.

1243

FiinfterAbschnitt: Schluss- und Ubergangsbestimmungen Art. 80 1

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind aufgehoben: a. Artikel 23bls des Bundesgesetzes vom 26. Marz 19141) iiber die Organisation der Bundesverwaltung; b. Artikel 124 bis 134,158 und 164 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 19432) iiber die Organisation der Bundesrechtspflege; c. widersprechende Bestimmungen des Bundesrechts; vorbehalten bleiben erganzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 4.

Art. 81 Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf die im Zeitpunkte seines Inkrafttretens vor Behorden der Verwaltungsrechtspflege hangigen Streitigkeiten und auf Beschwerden oder Einsprachen gegen vor diesem Zeitpunkt getrofFene Verfiigungen; in diesem Falle bleiben die friiheren Verfahrens- und Zustandigkeitsbestimmungen anwendbar.

A. Aufhebung und Anpassung von Bestimmungen

B. Obergangsbestimmung

Art. 82

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt, in dem dieses Gesetz in Kraft tritt.

Also beschlossen vom Nationalrat, Bern, den 20.Dezember 1968.

Der President: M.Aebischer DerProtokollfiihrer: F. Koehler Also beschlossen vom Standerat, Bern, den 20.Dezember 1968.

Der Prasident: C. Clavadetscher

Der Protokollf iihrer: Sauvant

1) BS 1, 261.

2

)BS3, 531; AS 1959, 902.

C. Inkrafttreten

1244 Der Schweizerische Bundesrat beschliesst:

Das vorstehende Bundesgesetz ist gemäss Artikel 89, Absatz 2 der Bundesverfassung und Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Bern, den 20. Dezember 1968.

Im Auftrag des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundeskanzler : Huber 8454

Datum der Veröffentlichung: 31. Dezember 1968.

Ablauf der Referendumsfrist: 31. März 1969.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (Vom 20. Dezember 1968)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

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Foglio federale

Jahr

1968

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

52

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

31.12.1968

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1222-1244

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10 044 187

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