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Bundesblatt

Bern, den 15. November 1968

120. Jahrgang

Band II

Nr. 46 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahr, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahmeund Postzustellungsgebuhr Inseratenverwaltung : Permedia, Publicitas AG, Abteilung für Penodika, Hirschmattstrasse 42, 6002 Luzern

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Botschaft

des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Änderung des Bundesbeschlusses über Bundesbeiträge an die vom Schweizerischen Roten Kreuz anerkannten Schulen der allgemeinen Krankenpflege (Vom 6. November 1968) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen die Botschaft und den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Änderung des Bundesbeschlusses vom 24. September 1962 über Bundesbeiträge an die vom Schweizerischen Roten Kreuz anerkannten Schulen der allgemeinen Krankenpflege zu unterbreiten.

I.Einleitung Der Bundesbeschluss vom 24. September 1962 über Bundesbeiträge an die vom Schweizerischen Roten Kreuz anerkannten Schulen der allgemeinen Krankenpflege (BB11962, II, 671) trat am l. Januar 1963 in Kraft und wird am 31. Dezember 1968 ablaufen. Der Bundesbeschluss, dessen Entwurf wir Ihnen hiermit unterbreiten, bezweckt die Änderung dieses gestützt auf Artikel 69 der Bundesverfassung und nach Einsicht in unsere Botschaft vom 5. März 1962 (BB11962,1, 521) gefassten Bundesbeschlusses im Sinne einer Verlängerung seiner Gültigkeitsdauer. Die vorliegende Botschaft beschränkt sich deshalb darauf, die Auswirkungen des Beschlusses von 1962, die Entwicklung der Lage hinsichtlich des Krankenpflegepersonals und die Gründe für die vorgesehene Verlängerung auseinanderzusetzen.

II. Der Bundesbeschluss vom 24. September 1962 a) Schulen der allgemeinen Krankenpflege Der Bundesbeschluss vom 24. September 1962 gewährt den Krankenpflegeschulen einen Bundesbeitrag für jede ausgebildete Krankenpflegeperson. Die Bundesblatt. 120.Jahrg.Bd.II

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630 Höhe des Beitrages richtet sich nach den von Dritten, d. h. von Kantonen, Bezirken, Gemeinden und Spitälern, an diese Schulen geleisteten Beiträge, soweit sie nicht als Entgelt für Arbeitsleistungen der Lernschwestern betrachtet werden können. Der Beschluss legt fest, dass der Bundesbeitrag in den zwei ersten Anwendungsjahren (1963-1964) höchstens gleich viel betragen darf wie die Beiträge Dritter; in den zwei nächsten Jahren (1965-1966) soll er höchstens zwei Drittel dieser Beiträge ausmachen, während er in den zwei letzten Jahren (1967-1968) höchstens einem Drittel entsprechen darf; in allen Fällen jedoch darf er für jede ausgebildete Pflegeperson 1000 Franken nicht überschreiten. Die folgende Tabelle zeigt diefinanziellenAuswirkungen des Beschlusses : Tabelle l 19681)

1963

1964

1965

1966

1967

35

35

35

35

35

den Hòchstbetrag haben erhalten

31

30

33

32

29

den Hòchstbetrag haben nicht erhalten

2

3

1

5

kein Gesuch haben eingereicht

2

2

2

2

1

Erteilte Diplome

670

716

763

815

882

897 2)

Beiträge der Kantone, Gemeinden, usw. Franken

3396845

3535825

4046906

4279329

7379559

Flanken

Gesamtbeitrage des Bundes . .

649828

650000

835000

814000

844913

Gesamtzahl der Schulen

J

_

-

) Die Angaben für 1968 werden erst im Laufe des Jahres 1969 bekannt sein.

) Zahl der Schülerinnen des 3.Lehrjahres am I.Januar 1968.

2

Aus der vorstehenden Tabelle dürfen auf keinen Fall Folgerungen in bezug auf die Gesamtleistungen gezogen werden, welche die Kantone, Bezirke, Gemeinden und Krankenanstalten den Krankenpflegeschulen gegenüber erbringen.

Die Abrechnungen, die dem Eidgenössischen Gesundheitsamt vorgelegt werden, zeigen vielmehr, dass die Schulen meistens nicht ihre Gesamteinnahmen melden, sondern nur den zur Erlangung des höchstzulässigen Bundesbeitrages notwendigen und ausreichenden Beitrag Dritter. Aus der Tabelle l ergibt sich, dass die

631 Zahl der diplomierten Personen sich regelmässig jährlich um rund 50 erhöht hat.

Ausserdem befanden sich am l. Januar 1968 1167 Schülerinnen im 1. Ausbildungsjahr, 1026 Schülerinnen im 2. Ausbildungsjahr, 897 Schülerinnen im 3. Ausbildungsjahr.

Einige Schulen waren nicht in der Lage, die für die höchstmögliche Bundessubvention erforderlichen Minimalbeiträge Dritter auszuweisen. Daher konnte ihnen in den ersten 4 Jahren ein Betrag von 15 000 Franken, auf welchen sie nach der Zahl der Diplomierungen an sich Anspruch gehabt hätten, nicht ausgerichtet werden. Für das Jahr 1967, in dem das Verhältnis des Bundesbeitrages zu den anderen Subventionen zum erstenmal eins zu drei betrug, belauft sich diese Summe auf 37000 Franken (882 diplomierte Krankenschwestern, 845000 Franken Bundessubvention).

b) Fortbildungsschule für Krankenschwestern Gemäss Artikel 4 des Bundesbeschlusses wird dem Roten Kreuz jedes Jahr ein Bundesbeitrag in der Höhe von 50 Prozent des ausgewiesenen Defizites der Rotkreuz-Fortbildungsschule Zürich und Lausanne gewährt. Dieser Beitrag erreichte jedes Jahr das auf 50000 Franken festgesetzte Maximum, da die dem Roten Kreuz durch die Fortbildungsschule verursachten Defizite stetig, von 113 735 Franken im Jahre 1963 auf 199 833 Franken im Jahre 1967, anstiegen.

Tabelle 2 Jahr

Defizit Franken

Bundesbeurag Franken

1963 1964 1965 1966 1967

113755 139494 154446 168684 199833

50000 50000 50000 50000 50000

Die Fortbildungsschule bildet Schulschwestern, Oberschwestern und Abteilungsschwestern aus. Sie bereitet aber nicht nur das für einen sachgemässen Unterricht unerlässliche Lehrpersonal der Schulen und das Pflegekader der Spitäler auf ihre Aufgaben vor, sondern trägt indirekt auch zur Verbesserung der Rekrutierung des Nachwuchses bei, indem sie die begabtesten Elemente anzieht und am Berufe festhält; diese sehen in der Krankenpflege eine Tätigkeit, die JJmen ermöglicht, zu gehobenen Stellen und Posten mit grosser Verantwortung aufzusteigen.

Man könnte sich mit Recht fragen, ob der Beitrag von 50000 Franken, der ursprünglich etwa 50 Prozent des Defizites der Schule entsprechen sollte, bereits im Jahre 1967 aber gerade noch einen Viertel davon ausmachte, nicht erhöht werden sollte, wie dies das Rote Kreuz schon wiederholt beantragt hat. Es scheint uns

632 jedoch nicht angebracht, die gewünschte Erhöhung vorzuschlagen, da ein entsprechender Beschluss bereits eine neue Sachlage schaffen und so die zur grundsätzlichen Überprüfung der Beitragsleistung des Bundes sowie ihrer Modalitäten notwendige Handlungs- und Entscheidungsfreiheit einschränken würde. Diese Überprüfung soll nach Vorliegen der dazu erforderlichen, objektiven Angaben durchgeführt werden.

c) Auswirkungen des Beschlusses Wie Tabelle l zeigt, ist die Summe der ausgerichteten Bundesbeiträge fortschreitend von fast 650 000 Franken im Jahre 1963 auf 845 000 Franken im Jahre 1967 angestiegen. Der Betrag von 835 000 Franken im Jahre 1965 ergibt sich daraus, dass einzelne Schulen erst in diesem Jahr verspätet empfangene Beiträge anmelden konnten, die eigentlich schon für das vorhergehende Jahr fällig gewesen wären.

Der Bundesbeitrag wurde den Schulen ausgerichtet, ohne dass seine Verwendung an Bedingungen geknüpft wurde. Die Schulen wurden jedoch eingeladen, über die Art und Weise seiner Verwendung Bericht zu erstatten: Ausser einer Teildeckung der Defizite konnten damit Schulgelder herabgesetzt, wenn nicht sogar aufgehoben, Räume ausgebaut oder unterhalten, bessere Unterkunftsmöglichkeiten geschaffen, vermehrtes und qualifizierteres Unterrichtspersonal angestellt, Unterrichtsmaterial angeschafft, eine wirksamere Werbetätigkeit und anderes mehr unternommen werden. Ausser seinen materiellen Auswirkungen hatte der Beschluss aber noch weitere wichtige Folgen : - Die Schulen wurden ermutigt, an alle Kantone, in denen ihre diplomierten Krankenpflegepersonen arbeiten, Beitragsgesuche zu richten und nicht nur an den Kanton, in dem sie ihren Sitz haben.

- Kantone, in denen keine Schulen bestehen und die folglich Krankenpflegepersonal beanspruchen, das aus Schulen in anderen Kantonen stammt, haben in ihr Budget Beiträge an von ihnen bisher nicht unterstützte Schulen aufgenommen.

- Während gewisse Kantone schon über gesetzliche Bestimmungen verfügten, schufen andere, veranlasst durch den Beschluss, solche, um kantonalen oder ausserkantonalen Schulen Beiträge auf lange Sicht gewährleisten zu können.

Einzelne haben sich allerdings damit begnügt, nur vorübergehende Budgetmassnahmen zu treffen, bei denen zu befürchten ist, dass sie mit dem Ablauf des Beschlusses wieder fallengelassen werden könnten.
Eine wichtige, unbestreitbare Auswirkung des Beschlusses ist, dass sich alle Kantone ihrer Solidarität auf dem Gebiet der Ausbildung von Krankenpflegepersonal bewusst wurden ; die sich daraus ergebende finanzielle Last obliegt allen, die dieses Personal benötigen, und nicht nur jenen, die über Schulen auf ihrem Gebiet verfügen und die meist schon reichlich zu deren Betrieb beitragen.

Im September 1967 wurde bei den kantonalen Sanitätsdirektionen eine Erhebung angestellt, bei der drei Fragen zu beantworten waren :

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1. Halten Sie den Bundesbeschluss vom 24. September 1962 über Bundesbeiträge an die vom Schweizerischen Roten Kreuz anerkannten Schulen der allgemeinen Krankenpflege für ein wirksames Mittel zur Bekämpfung des Mangels an Pflegepersonal ?

2. Halten Sie es für notwendig, dass die Bundeshilfe an die Schulen der allgemeinen Krankenpflege über den 31. Dezember 1968 hinaus fortgesetzt wird ?

3. Haben Sie weitere Bemerkungen zu dieser Frage vorzubringen ?

Auf die erste Frage haben alle Kantone mit Ja geantwortet, ausser einem, der die Ansicht vertrat, dass ein Bundcsbeitrag von 1000 Franken pro Krankenschwester, d. h. weniger als durchschnittlich 30 Franken im Monat, kaum eine merkbare Wirkung haben dürfte.

Bei der Beantwortung der zweiten Frage haben alle Kantone erklärt, dass die Fortsetzung der Bundeshilfe notwendig sei; ein Kanton verlangte jedoch die Überprüfung der Verfassungsgrundlage des Bundesbeschlusses.

Neun Kantone haben auf die dritte Frage geantwortet, wobei sie die Anwendung des Beschlusses auf bestimmte andere oder alle Pflegepersonalkategorien verlangten. Ein Kanton wünschte ausserdem, dass von den Schulen Rechenschaft über die Verwendung der gewahrten Beiträge verlangt werde.

III. Heutige Lage der Krankenpflege Das Schweizerische Rote Kreuz hat Ende 1967 die «Statistik der Pflegeberufe per 31. Dezember 1966» veröffentlicht. Diese statistische Erhebung, die 1956 zum erstenmal angestellt wurde und alle fünf Jahre wiederholt wird, bildete eine der wichtigsten Grundlagen für die Botschaft vom 5. März 1962, die den heute gültigen Bundesbeschluss erläuterte. Es ist deshalb folgerichtig, die Statistik auf 31. Dezember 1966 zum Vergleich der heutigen Lage mit derjenigen, die 1962 zum Bundesbeschluss führte, heranzuziehen, dies um so mehr als sie die ausführlichsten und genauesten Angaben enthält, die in unserem Lande zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Feststellungen können wie folgt zusammengefasst werden : Von 1956 bis 1966 wurden 6577 neue Diplome ausgestellt.

Der Anteil der Mutterhausschwestern (Ordensschwestern und Diakonissen) ging von 29,2 Prozent der Gesamtzahl der Krankenschwestern im Jahre 1956 auf 12,1 Prozent im Jahre 1966 zurück. In steigendem Masse sichern die freien Schwestern den Nachwuchs, was aber die Stabilität dieses Nachwuchses vermindert.

Die Zunahme der
neudiplomierten Krankenpflegepersonen entspricht jener der weiblichen Bevölkerung zwischen 20 und 24 Jahren. Die Vermehrung des Pflegepersonals besteht somit in Wirklichkeit nur in absoluten Zahlen, nicht aber im Verhältnis der Zahl des Pflegepersonals zur Zahl der Gesamtbevölkerung, wie dies der Fall sein sollte, um den vermehrten Anforderungen der Medizin und dem wachsenden Bedarf der Spitaler zu genügen. Im Jahrzehnt 1956-1966 haben beinahe 37 Prozent aller Pflegerinnen wegen Heirat ihre Berufstätigkeit aufgegeben, was 42 Prozent der freien Schwestern entspricht. Mit der Zunahme der Zahl der

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freien Schwestern gegenüber den Mutterhausschwestern wird diese Erscheinung inskünftig noch ausgesprochener werden. Dagegen ist der Verlust an Krankenpflegepersonal infolge Berufswechsels gering. Berücksichtigt man ausserdem die Todesfälle und den Berufswechsel aus Gesundheits- oder Altersgründen (besonders bei den Mutterhausschwestern) sowie die Abwanderung ins Ausland, so bleiben schliesslich nur noch 40 Prozent der diplomierten Krankenschwestern, insgesamt 9371 Personen, vollberuflich in der Krankenpflege tätig. Wenn im Laufe der letzten fünf Jahre 3076 Diplome erteilt wurden, so hat sich somit die Zahl der aktiven Schwestern nur um 232 vermehrt.

Der Bedarf an Spitalpflegepersonal wächst ständig (70 % aller diplomierten Schwestern waren im Jahre 1956 und 78 % im Jahre 1966 in den Spitälern tätig).

Dies erklärt sich aus zahlreichen Gründen : allgemeine Überalterung der Bevölkerung, Rückgang der Heimpflege wegen Platzmangels und der Schwierigkeit, privates Pflegepersonal zu finden, Technisierung der Medizin sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie, allgemeine Verbreitung der Sozialversicherungen, Normalisierung der Arbeitsstunden des Pflegepersonals usw.

Aus diesen verschiedenen Feststellungen geht hervor, dass trotz vermehrter Rekrutierung die Zahl der aktiven Schwestern kaum genügt, um den Ersatz der Abgänge zu sichern, wobei aber der Bedarf ständig wächst. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass zur Zeit 20 bis 30 Prozent des in den schweizerischen Spitälern tätigen Pflegepersonals, d.h. 2500 bis 3500 Krankenschwestern, Ausländerinnen sind.

Seit der Abfassung der Botschaft vom 5. März 1962 zum Bundesbeschluss, dessen Gültigkeit 1968 ablaufen wird, sind zahlreiche Wandlungen im Aufbau der Krankenpflege eingetreten. Bis jetzt war nur von den Schwestern der allgemeinen Krankenpflege die Rede, die als einzige vom Bundesbeschluss vom 24. September 1962 berührt werden.

Unter dem Drucke des bedrohlichen Mangels an Krankenpflegepersonal erliess die Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz im Jahre 1960 «Richtlinien für den Beruf und die Ausbildung der Hilfspflegerinnen». Die Richtlinien umschreiben die Aufgabe der neuen Berufskategorie, die in 18 Monaten, gleichfalls unter der Überwachung des Roten Kreuzes, ihre Ausbildung für die Pflege von Betagten und chronisch
Kranken erhält. Bis Ende 1967 waren vier Schulen endgültig und neun vorläufig anerkannt; zwei weitere waren eben erst eröffnet worden und befanden sich im Anerkennungsverfahren. Ende 1966 waren 483 Hilfspflegerinnen und Hilfspfleger diplomiert, aber nur 377 übten ihren Beruf voll und in der Schweiz aus. Auch hier hatten 16 Prozent den Beruf wegen Heirat und 6 Prozent wegen Berufswechsels aufgegeben, und dies innerhalb einer Periode von nur fünf Jahren.

Die Ausbildung der Wochen-, Säuglings- und Kinderschwestern wurde 1966 unter die Kontrolle des Schweizerischen Roten Kreuzes gestellt. Die Verhandlungen zwischen dem Schweizerischen Roten Kreuz und der Schweizerischen Zentralstelle für praktische Psychiatrie, die darauf abzielten, dem Schweizerischen Roten Kreuz auch die Anerkennung der Ausbildung der Psychiatrieschwestern und Psychiatriepfleger zu übertragen, wie dies künftig bereits bei den Wochen-,

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Säuglings- und Kinderschwestern der Fall sein wird, haben zwar am 3. April 1968 zu einem Übereinkommen geführt, aber das Verfahren zur Anerkennung der Schulen wird sich auf mehrere Jahre erstrecken. Der Mangel an Pflegepersonal ist wahrscheinlich auf dem Gebiete der Psychiatrie am bedrohlichsten.

Diese drei Hauptkategorien von Pflegepersonal konnten im Bundesbeschluss vom 24. September 1962 wegen ihrer oft ungleichen und ungenügend geregelten Ausbildungsart nicht berücksichtigt werden. Es wäre zu befürchten gewesen, dass der Bundesbeitrag, der an die noch häufig mit Lehrverträgen arbeitenden und deshalb auch finanziell untrennbar mit einem Spital oder einer Klinik verbundenen Ausbildungsstätten gegangen wäre, sein eigentliches Ziel nicht erreicht hätte, zu einer indirekten Spitalsubvention geworden und so auf ein Gebiet gelangt wäre, das der kantonalen Souveränität vorbehalten ist. Aus diesem Grunde war es bisher noch nicht möglich, dem am 13. Juni 1962 vom Bundesrat entgegengenommenen Postulat der ständerätlichen Kommission vom 9. Mai 1962 Folge zu geben, das die Ausweitung der auf Grund des Bundesbeschlusses vom 24. September 1962 gewährten Bundesbeiträge auf andere Pflegepersonalkategorien fordert.

IV. Studie über das Pflegewesen in der Schweiz Die verschiedensten Kreise haben sich seit langem mit der Lage der Krankenpflege in unserem Lande beschäftigt, die nach dem im vorhergehenden Kapitel Gesagten einerseits kaum den bisherigen Bedürfnissen zu genügen vermag, während anderseits immer grössere Anforderungen an sie gestellt werden. Eine Reihe von Auswegen wurden vorgeschlagen : Einführung der Hilfspflegerinnen, deren Ausbildung statt drei Jahre nur 18 Monate dauert, Erleichterung der Bedingungen für die Aufnahme in die Krankenpflegeschulen, Herabsetzung des Eintrittsalters sowie der Anforderungen an die Schulbildung, Einschränkung der Ausbildungsprogramme usw. Es wurden Untersuchungen angestellt und Versuche in der Schweiz wie im Ausland unternommen, aber keiner hat die gehegten Erwartungen wirklich erfüllt.

Um die möglichen Ursachen des Mangels wissenschaftlich und objektiv abzuklären, beispielsweise um festzustellen, ob und in welchem Masse ein echter Mangel herrscht oder ob nicht eher die vorhandenen Arbeitskräfte unangemessen eingesetzt werden, also Verschwendung von qualifizierten
Arbeitskräften vorliegt, um sodann Art, Umfang und Niveau der Ausbildungsprogramme des Pflegepersonals der verschiedenen Kategorien dementsprechend anpassen zu können, entschlossen sich 1965 das Schweizerische Rote Kreuz, der Schweizerische Verband diplomierter Krankenschwestern und Krankenpfleger und das Eidgenössische Gesundheitsamt, mit Hilfe eines von der Weltgesundheitsorganisation zur Verfügung gestellten Experten eine eingehende und umfassende Untersuchung über das Spitalpflegewesen zu unternehmen. Die Kosten wurden zuerst zwischen dem Schweizerischen Roten Kreuz, dem Schweizerischen Verband diplomierter Krankenschwestern und Krankenpfleger und dem Eidgenössischen Gesundheitsamt, später auch dem Verband Schweizerischer Krankenanstalten

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(VESKA) und - auf Empfehlung der Schweizerischen Sanitätsdirektorenkonferenz - den Kantonen geteilt. Diese «Studie über das Pflegewesen in der Schweiz» begann im Jahre 1966. Im Januar und Februar 1967 registrierten 200 Beobachterinnen - alles diplomierte Krankenschwestern - während einer Woche die Tätigkeit des Pflegepersonals verschiedener Abteilungen (Medizin, Chirurgie, chronisch Kranke) in einer Gruppe von 24 auf dem Gebiet des ganzen Landes verteilten Spitälern aller Grossen. Diese Spitäler bildeten ein nach statistischen Methoden ausgewähltes Muster und umfassten Universitätsspitäler, städtische Spitäler, Landspitäler und private Kliniken, unter Berücksichtigung der Art des Pflegepersonals (freie Schwestern oder Mutterhausschwestern, qualifiziertes oder unqualifiziertes Hilfspersonal), der Art der Leitung (ärztlicher Direktor oder Verwalter usw.) und des Systems der ärztlichen Betreuung (freie Arztwahl oder Chefarztsystem usw.). Während der Beobachtungswoche standen über 450 Personen, die 12300 auf 58 Pflegeeinheiten verteilte Kranke pflegten, unter Beobachtung. Von den 200 Beobachterinnen wurden mehr als 120000 Daten erhoben, deren Auswertung von den Statistikern und dem elektronischen Rechenzentrum der Weltgesundheitsorganisation übernommen wurde.

In einer späteren Phase der Untersuchung sollen die Ergebnisse dieses ersten Teils der Studie auf die Probe gestellt und durch praktische Anwendung in Form einer Neuverteilung der Aufgaben der verschiedenen Pflegepersonalkategorien an zwei Spitalabteilungen erhärtet werden. Gestützt daraufist 1969 eine umfassende Untersuchung über Bedarf und Ressourcen an Pflegepersonal in der Schweiz vorgesehen. Die Ergebnisse der Studie, die 1970 bekannt sein sollen, werden ein sehr wertvolles Mittel zur Beurteilung der Lage in unserem Lande auf diesem Gebiet darstellen.

Die aus den Neuerungen wie der Anerkennung der Wochen-, Säuglings- und Kinderpflegerinnen und des psychiatrischen Pflegepersonals durch das Schweizerische Rote Kreuz sowie der Entwicklung der Hilfspflegerinnen entstandenen Verhältnisse werden zusammen mit den Ergebnissen der Studie und den Erhebungen des Roten Kreuzes ein objektives Bild über den gesamten Komplex der Krankenpflege gewinnen lassen. Es wird alsdann möglich sein, den Nutzen oder auch die Notwendigkeit einer Bundeshilfe für die
Ausbildung des Pflegepersonals wieder von Grund auf zu überprüfen. Ebenso wird leichter festzustellen sein, welcher Art eine allf allige Hilfe sein und welchen Kategorien sie zugute kommen soll, und gegebenenfalls sind Prioritäten festzulegen. Diese eingehende Überprüfung wird auch erkennen lassen, inwiefern die Möglichkeit besteht, dem Postulat der ständerätlichen Kommission vom 9. Mai 1962 Folge zu geben.

V. Antrag auf eine dreijährige Verlängerung der Bundeshilfe Wie wir festgestellt haben, verläuft die Rekrutierung des Pflegepersonals in einer aufsteigenden Kurve, die mit der Zunahme der weiblichen Bevölkerung zwischen 20 und 24 Jahren parallel geht. Diese Zunahme genügt nicht, um die ständig wachsende Nachfrage zu decken, sondern reicht wegen der vielen Abgänge nur knapp aus, um den heutigen Bestand der Krankenschwestern aufrechtzuerhalten.

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Die Lage unserer Krankenpflege ist somit ernst und würde katastrophal, wenn zum Beispiel im Falle einer internationalen Krise die 2500 bis 3500 ausländischen Krankenschwestern unser Land massenweise in einem Augenblick verliessen, wo der Bedarf der Armee sowie der Zivilbevölkerung schnell zunehmen würde.

Die oben geschilderte Entwicklung zeigt eindeutig, dass die Krankenpflege nicht mehr Angelegenheit einer einzigen Personalkategorie sein kann. Dies ist keinesfalls lediglich eine Folge des Schwesternmangels mit seinem Zwang zu Notlösungen, sondern vielmehr das Ergebnis der funktioneilen Entwicklung der Spitäler. Einerseits hat sich der haushaltmässige Teil der Krankenpflege unter dem Einfluss der technischen Fortschritte (fliessendes Wasser, Elektrizität, Rationalisierung in den Bau- und Organisationsgrundsätzen, Wäsche und Geräte aus synthetischen Stoffen usw.) eher vereinfacht, anderseits erfordern die Vielfalt und Vervollkommnung der Technik in der medizinischen Diagnostik und Behandlung (Abteilungen für Intensivpflege mit zahlreichen hochspezialisierten Pflegerinnen für wenige Kranke, Zentren für postoperative Wiederbelebung mit komplizierten Apparaturen, Unfallabteilungen usw.) sowie die Vergrösserung der Spitäler ein immer zahlreicheres und qualifizierteres Personal. Mehr und mehr wird die Pflege der Kranken einem Personal mit differenzierter Ausbildung und Qualifikation anvertraut werden müssen und nicht mehr Aufgabe einer Krankenschwester sein, sondern eines Teams von Fachleuten, in dem die Krankenschwester die koordinierende oder leitende Rolle zu spielen haben wird. Nach Überprüfung der Lage und der Mittel zu ihrer Verbesserung dürfte es nicht mehr angängig sein, eine auf älh'ge Bundeshilfe einzig auf die Kategorie der Schwestern der allgemeinen Krankenpflege zu beschränken; die Hilfe hätte sich vielmehr auf alle Kategorien zu erstrecken, aus welchen sich die Pflegeequipe zusammensetzt. Ein solches Vorgehen würde übrigens dem von der ständerätlichen Kommission in ihrem Postulat vom 9. Mai 1962 ausgedrückten Wunsche entsprechen.

Die neue Beurteilung der Lage wird jedoch nur auf Grund von Angaben möglich sein, über die wir heute noch nicht verfügen und die zu einem grossen Teil durch die Studie über das Pflegewesen in der Schweiz zu liefern sein werden. Sollte diese Beurteilung die
Notwendigkeit ergeben, dem Parlament einen neuen Subventionsbeschluss vorzuschlagen, dann wäre die Zeitspanne zwischen dem Ausserkrafttreten des Bundesbeschlusses von 1962 im Jahre 1968 und der Inkraftsetzung eines allfälligen neuen Beschlusses, der nicht vor 1971 erwartet werden kann, aus mehreren Gründen nachteilig. Wir erwähnen die wichtigsten : - Während dreier Jahre würde den Schulen plötzlich eine Bundeshüfe von zur Zeit fast 900000 Franken im Jahr fehlen.

- Eine wenn auch nur vorübergehende Einstellung der Bundeshilfe würde weitherum den Eindruck erwecken, die Lage sei schliesslich gemeistert worden , da der Bund selbst seine Hilfe für überflüssig halte.

- Es bestünde die Gefahr, dass die finanzielle Bürde wiederum auf diejenigen Kantone zurückfallen würde, die Schulen unterhalten und damit eine Last tragen, aus der alle Vorteil ziehen.

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- Ein neuer Bundesbeschluss, der nicht von vornherein ausgeschlossen ist, würde sodarm einen neuen Beginn bedeuten, und der vom Bundesbeschluss von 1962 ausgegangene Impuls käme ihm nicht mehr zugute.

Um die Lücke zu vermeiden, die Ende 1968 unweigerlich entstehen und so lange bleiben würde, bis alle zur neuen Beurteilung der Lage notwendigen Elemente zusammengestellt sind, aber auch angesichts der für die Ausarbeitung eines neuen Bundesbeschlusses nötigen Zeit scheint uns die einzige richtige Lösung in einer Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Bundesbeschlusses von 1962 zu bestehen, wobei wir uns seiner Unzulänglichkeiten unter den gegebenen neuen Umständen bewusst sind.

Der Bundesbeschluss von 1962 ist dementsprechend abzuändern : In Artikel 6 ist seine Gültigkeitsdauer von 6 auf 9 Jahre zu erstrecken. Während der zusätzlichen drei Jahre seiner Gültigkeitsdauer, von 1969 bis 1971, soll der Bundesbeitrag gleich wie im fünften und sechsten Jahr (1967 und 1968) höchstens einen Drittel der von Seiten der Kantone, Bezirke, Gemeinden und Krankenanstalten gewährten Beiträge ausmachen. Artikel 3, Absatz 2, Buchstabe c («im fünften und sechsten Jahr») ist deshalb zu erweitern («imfünften bis neunten Jahr»). Die anderen Artikel bleiben unverändert.

Wa s schliesslich die verfassungsrechtliche Grundlage des vorgesehenen Bundesbeschlusses betrifft, so verweisen wir auf die entsprechenden ausführlichen Darlegungen in der bundesrätlichen Botschaft vom 5. März 1962 zum Bundesbeschluss vom 24. September 1962 (Ziff. VII, S. 16-19). Da durch den im Entwurf vorliegenden Bundesbeschluss lediglich die Gültigkeitsdauer des Bundesbeschlusses vorn 24. September 1962 verlängert werden soll, hat er sich gleich wie dieser auf Artikel 69 der Bundesverfassung zu stützen.

VI. Finanzielle Auswirkungen In finanzieller Beziehung wurde bereits oben erwähnt, dass die Summe der Bundesbeiträge von 649828 Franken für die 1963 diplomierten Krankenschwestern auf 844913 Franken für 1967 angestiegen ist, wobei der Beitrag von 50000 Franken, der jedes Jahr der Fortbildungsschule für Krankenschwestern gewährt wird und unverändert bleibt, nicht inbegriffen ist.

Der Bundesbeitrag 1967 belief sich zum erstenmal nur noch auf einen Drittel der Beiträge von anderer Seite. Nicht alle Schulen konnten daher den höchstzulässigen Bundesbeitrag
erhalten. Trotzdem war die Gesamtsumme der Bundesbeiträge höher als in den vorhergehenden Jahren und wird für 1968 noch höher sein, wenn sich die Schulen den für die dritte Phase des Beschlusses festgesetzten Bedingungen angepasst haben werden. Ohne allzu optimistisch zu sein, darf man annehmen, dass die Zahl der verliehenen Diplome weiterhin wie seit 1963 ansteigen wird. Die Zunahme der Diplome gegenüber dem Vorjahr betrug 1964: 46, 1965: 47, 1966: 52 und 1967: 67. Unter der Voraussetzung einer zukünftigen gleichbleibenden Zunahme und in Berücksichtigung der derzeitigen Zahl der Lernschwestern - wobei erfahrungsgemäss ein Abgang von 15 Prozent während

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der Ausbildungszeit einzurechnen ist - lassen sich für das Jahr 1968 etwa 900, für 1969 etwa 950, für 1970 etwa 1000 und für 1971 etwa 1050 Diplomierungen erwarten. Die Ausrichtung des maximalen Bundesbeitrages von 1000 Franken für jede ausgebildete Krankenpflegeperson würde somit 1969 einem Gesamtbetrag von ungefähr 900000 Franken und 1971 von 1050000 Franken entsprechen. Es ist natürlich unmöglich, genauer vorauszusehen, wie viele der 1968 in die Krankenpflegeschulen aufgenommenen jungen Leute drei Jahre später ihr Diplom erwerben werden; die oben aufgeführten Zahlen können somit nur eine annähernd richtige Angabe darstellen. Zu den genannten Summen kämenoch die jährlich für die Fortbildungsschule für Krankenschwestern bestimmte Subvention von 50000 Franken.

Gestützt auf diese Darlegungen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen, den nachfolgenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss gutzuheissen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 6. November 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Spühler

Der Bundeskanzler: Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Änderung des Bundesbeschlusses über Bundesbeiträge an die vom Schweizerischen Roten Kreuz anerkannten Schulen der allgemeinen Krankenpflege Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 69 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 6. November 1968, beschliesst: I.

Der Bundesbeschluss vom 24. September 19622) über Bundesbeiträge an die vom Schweizerischen Roten Kreuz anerkannten Schulen der allgemeinen Krankenpflege wird wie folgt geändert : Ar t. 3, Abs. 2, Buchstabe c c. im fünften bis neunten Jahr ein Drittel dieser Beiträge.

Art. 6 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich. Er tritt am l. Januar 1963 in Kraft und gilt für die Dauer von 9 Jahren.

II.

Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich. Er tritt rückwirkend auf I.Januar 1969 in Kraft.

0421

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