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9964 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die weitere Gestaltung des schweizerischen Fernsehens (Vom 22. Mai 1968)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen über die weitere Gestaltung des schweizerischen Fernsehens wie folgt zu berichten :

Einleitung Seitdem wir Ihnen am 9. Juli 1957 letztmals eine Botschaft über Fragen des Fernsehens unterbreiteten, hat dieses Kommunikationsmittel eine gewaltige Entwicklung erfahren. Dementsprechend gross war die Anteilnahme der Öffentlichkeit an den Problemen grundlegender Natur, vor die sich die Verantwortlichen gestellt sahen und die auch von Ihrer Seite wiederholt aufgegriffen wurden.

Es handelt sich bei diesen Fragen, die heute dringend einer Lösung bedürfen, einmal um die Schaffung einer neuen und umfassenden Verfassungsgrundlage für Radio und Fernsehen und der anschliessenden Ausführungsgesetzgebung. Der bestehende Artikel 36 der Bundesverfassung, welcher das Post- und Telegraphenwesen als Bundessache erklärt, dabei aber auch Telephon, Radio und Fernsehen einbezieht, erfasst nur die technische Seite von Radio und Fernsehen. So ist der Bund Unbestrittenermassen zum Bau und technischen Btrieb der Sendeanlagen befugt und überhaupt in allen Belangen zuständig, die das Fernmeldewesen in technischer Hinsicht betreffen, wie z.B. die Verfügung über die Frequenzen oder die Bestimmung der Sendestärken. Der jeweils erforderliche Investitions-und Betriebsaufwand braucht entsprechend bloss in den jährlichen Voranschlag der PTT-Betriebe eingestellt zu werden.

Demgegenüber fehlt dem Bund, nach der Verwerfung der Verfassungsvorlage von 1956 nach wie vor die Zuständigkeit zur Ordnung des Programmbetriebes. Der Bundesrat hat daher anlässlich der grossen Rundspruchdebatte vom 15. März 1967 im Nationalrat das auf die Ausarbeitung eines neuen einschlägigen

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Verfassungsartikels zielende Postulat von Herrn Nationalrat Hackhofer entgegengenommen. Bereits am 4. September 1967 erstattete uns in der Folge Herr Prof. Dr. Hans Huber ein einlässliches Gutachten über die sich bei einer solchen Verfassungsrevision stellenden Rechtsprobleme. Die Botschaft über den neuen Radio- und Fernsehartikel der Bundesverfassung soll Ihnen sobald wie möglich unterbreitet werden ; noch in diesem Sommer soll vorerst der Entwurf des Verfassungsartikels mit Erläuterungen den Kantonsregierungen sowie den interessierten Organisationen des kulturellen Lebens und der Wirtschaft zur Stellungnahme unterbreitet werden.

Anlass zu lebhaften Erörterungen gab sodann seit langem auch ein Komplex von Fragen technischer und programmpolitischer Natur. Wir erinnern an dieser Stelle lediglich an parlamentarische Vorstösse der jüngsten Zeit, nämlich an die am 10. März und 4. Oktober 1966 behandelten Interpellationen der Herren Nationalräte Müller-Bern und Conzett oder die am 20. Dezember 1967 beantwortete Interpellation von Herrn Ständerat Borei, vor allem aber an die am 15. März 1967 in Form eines Postulates überwiesene Motion von Herrn Nationalrat Bibel und das am 19.Dezember 1967 erheblich erklärte Postulat von Herrn Nationalrat Kurzmeyer. Wir begrüssen die dadurch eröffnete Gelegenheit, Sie mit dem nachfolgenden Bericht über die für die Zukunft des schweizerischen Fernsehens entscheidenden Fragen, namentlich der Technik und des Programms, zu orientieren. Ihre Lösung ist wegen der raschen Entwicklung unaufschiebbar geworden und soll angesichts ihres in vielen Teilen ausgesprochen politischen Charakters nicht ohne Ihr Einvernehmen erfolgen.

I. Die allgemeine Entwicklung des Fernsehens A. Die bisherige Entwicklung des schweizerischen Fernsehens

Nachdem die letzte das Fernsehen betreffende Vorlage mehr als 10 Jahre zurückliegt, rechtfertigt es sich, vorerst in einem historischen Abriss die Hauptlinien der bisherigen Entwicklung nachzuzeichnen.

1. Der Fernseh-Versuchsbetrieb

Über die Zeit des Fernseh-Versuchsbetriebes, die von 1953 bis Ende 1957 dauerte, können wir uns kurz fassen, geben doch mehrere Botschaften des Bundesrates an die Bundesversammlung einlâsslichen Aufschluss.

- Die Botschaft vom 4. Juni 1951 über die Finanzierung des schweizerischen Fernseh-Versuchsbetriebes (BB11951, H, 317) sah folgende Entwicklungsstufen vor: Nach einleitenden technischen Übertragungsversuchen sollte ein Versuchsbetrieb von dreijähriger Dauer dazu dienen, die notwendigen Erfahrungen in technischer, organisatorischer und programmlicher Hinsicht für den anschliessenden regulären Fernsehbetrieb zu sammeln. Als Hauptaufgaben des Versuchsbetriebes nannte die Botschaft neben dem Bau und Betrieb

1586 der notwendigen Sende- und Empfangsanlagen die Vorbereitung der elektrischen Verkehrswege, welche die einzelnen Landesteile verbinden sowie die Beziehungen zu den Nachbarstaaten und gleichzeitig den Transit durch unser Land gewährleisten sollten. Dazu kam die fachliche Schulung der für das Fernsehen erforderlichen Kräfte, und endlich waren Erfahrungen in bezug auf Gestaltung, Auswahl und Kosten der Programme zu sammeln. Ausserdem war der Versuchsbetrieb dazu bestimmt, die Stellung der Öffentlichkeit zum Fernsehen abzuklären und die sich in kultureller, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht stellenden Probleme aufzuzeigen. Um mit möglichst geringen finanziellen Mitteln auszukommen, war der Versuchsbetrieb auf eine einzelne Landesgegend zu konzentrieren, wobei sich das Gebiet von Zürich der geographischen Verhältnisse und der Bevölkerungsdichte wegen als besonders günstig anbot. So wurde mit Bundesbeschluss vom 3I.Januar 1952 (BB1 1952,1,126) der in der Botschaf t nachgesuchte Kredit von 2,4 Mio Franken bewilligt und der Schweizerischen Rundspruchgesellschaft (später : Radiound Fernsehgesellschaft, SRG) am 28. Februar desselben Jahres eine provisorische Konzession für den Fernseh-Programmdienst erteilt. Später als vorgesehen konnte der Versuchsbetrieb erst im Herbst 1953 mit der Inbetriebnahme des Studios Bellerive in Zürich eröffnet werden.

· Die Botschaft vom 4. Mai 1954 über die Finanzierung eines westschweizerischen Fernseh-Versuchsprogrammes (BB11954,1, 851) trug den Begehren der welschen Schweiz Rechnung, schon während der Einf ührungsperiode in den Genuss eines französischsprachigen Programmes zu kommen. So sollten im Ranmen des bestehenden Versuchsbetriebes nicht nur die von Studio Bellerive in Zürich vermittelten Filme sowie weitere in der Deutschschweiz hergestellte Sendungen nach Bedarf französisch kommentiert werden, sondern es war auch ein westschweizerisches Fernsehzentrum mit Anlagen in Genf und Lausanne zu schaffen. Da die Anliegen der Westschweiz allgemein als berechtigt anerkannt wurden, Messen die eidgenössischen Räte das Vorhaben gut. Dieses bot zudem den Vorteil, schon während der Versuchsperiode zuverlässige Grundlagen für die programmliche Gesamtplanung zu liefern.

Mit Bundesbeschluss vom 24. Juni 1954 (BEI 1954, n, 10) wurde daher eine weitere Million Franken zur
Verfügung gestellt, so dass anfangs 1955, nach Errichtung des Senders La Dole, auch der westschweizerische Versuchsbetrieb seinen Anfang nehmen konnte.

Die Botschaft vom S.März 1955 über die Gestaltung des schweizerischen Fernsehens (BEI 1955,I, 377).

Da der Fernseh-Versuchsbetrieb Ende September 1955 beendigt sein sollte, war eine umfassende Standortbestimmung nötig. Sie zeigte programmliche, technische, finanzielle, organisatorische und rechtliche Probleme auf. Für ihre zeit- und sachgerechte Lösung fehlten allerdings noch wesentliche Voraussetzungen, da die bisherigen Erfahrungen nicht genügten und die Entwicklung - auch im Ausland - noch allzusehr im Fluss war. Es war daher unumgänglich, den Versuchsbetrieb bis Ende 1957 zu verlängern.

1587 Mit Bundesbeschluss vom 22. Juni 1955 (BB11955,1, 1168) wurden die für das Programm und die technische Durchführung des verlängerten Versuchsbetriebes sowie für den Bau von Sendern (namentlich in Kanton Tessin) erforderlichen Kredite von insgesamt 13,3 Mio Franken bewilligt ; der Bundesrat verlängerte dementsprechend auch die provisorische Konzession der SRG.

Die Botschaft vom S.Juli 1956 über die Ergänzung der Bundesverfassung durch einen Artikel 36Ws betreffend Rundspruch und Fernsehen (BEI 1956, I, 1504).

War die Zuständigkeit des Bundes von Anfang an unbestritten, sich gestützt auf Artikel 36 der Bundesverfassung über das Postregal der technischen Belange des Fernsehbetriebes anzunehmen, so sollte nunmehr auch für die Ordnung des Programmdienstes und allgemein für eine besondere Gesetzgebung über Rundspruch und Fernsehen eine ausdrückliche Verfassungsgrundlage geschaffen werden. Bei einer Stimmbeteiligung von rund 50 Prozent ist jedoch die Vorlage am 3.März 1957 mit 428080 gegen 319766 Stimmen, und von 10 ganzen und 3 halben Ständengegen 9 ganze und 3 halbe Stände verworfen worden.

Die Botschaft vom 9. Juli 1957 über die Gewährung eines verzinslichen Darlehens an die Schweizerische Rundspruch-Gesellschaft für die Weiterführung des Programmbetriebes des schweizerischen Fernsehens (BB1 II, 1957, 205).

Die Einstellung des Fernsehbetriebes auf Ende 1957 konnte ernstlich nicht in Betracht gezogen werden; wohl aber musste das Abstimmungsergebnis dahin verstanden werden, dass künftig auf Bundesbeiträge à fonds perdu zu verzichten sei. Bis das schweizerische Fernsehen selbsttragend würde, was ab 1964 angenommen wurde, schlug die Botschaft als letzte Förderungsmassnahme des Bundes ein verzinsliches Darlehen an die SRG von höchstens 8,4 Mio Franken vor. Dieser Betrag sollte zusammen mit einer Erhöhung der Empfangskonzessionsgebühren sowie jährlichen Leistungen des Zeitungsverlegerverbandes - gegen Verzicht auf Fernsehreklame - den mutmasslichen Finanzbedarf decken. Die eidgenössischen Räte stimmten der vorgesehenen Lösung zu und ermöglichten mit dem Bundesbeschluss vom I.Oktober 1957 (BEI 1957, II, 777), dass am I.Januar 1958 der reguläre Fernsehbetrieb aufgenommen werden konnte. Der Bundesrat seinerseits erhöhte mitBeschluss vom 27. Dezember 1957 (AS 1957 1054) die jährlichen Konzessionsgebühren
von 60 auf 84 Franken für den Heimempfang und von 120 auf 168 Franken für den öffentlichen Empfang. Ferner setzte er den Verteilungsschlüssel für die Teilnehmergebühren mit 70 Prozent für die SRG und 30 Prozent für die PTT-Betriebe fest. Gleichzeitig erhielt die SRG für 10 Jahre die Konzession für den definitiven Betrieb des Fernsehens. Am 4. März 1958 schliesslich kam der Vertrag zwischen der SRG und der vom Schweizerischen Zeitungsverlegerverband gegründeten «Vereinigung zur Förderung des schweizerischen Fernsehens» zustande, wonach der SRG bis zur

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Höchstdauer von 10 Jahren 2 Mio Franken jährlich zufliessen sollten. Während die SRG für jene 10 Jahre auf die Einführung der Fernsehreklame verzichtete, sollten die Beiträge der Vereinigung solange ausbezahlt werden, bis das Fernsehen selbsttragend würde, jedenfalls aber bei einem Bestand von 180000 Empfangskonzessionären wegfallen.

2. Der reguläre Fernsehbetrieb a. Die Entwicklung der Teilnehmerzahl Die Zunahme der Fernsehkonzessionäre übertraf schon in kurzer Zeit alle Erwartungen. Die nachfolgende Übersicht gibt ein aufschlussreiches Bild über die Entwicklung, welche das schweizerische Fernsehen in den rund 15 Jahren seines Bestehens genommen hat. Die Teilnehmerzahl betrug : 1953 920 1961 193819 1954 4457 1962 273894 1955 10507 1963 366129 1956 19 971 1964 491 843 1957 31374 1965 620783 1958 50304 1966 751695 1959 78700 1967 867951 1960 128 956 In den ersten Jahren des Versuchsbetriebes hatte sich die Zahl der Konzessionen noch in bescheidenen Grenzen gehalten, da vorerst die erheblichen Kosten für Apparate und Installationen, verbunden mit der Ungewissheit über die Zukunft des Fernsehens, das weithin skeptische Publikum zur Zurückhaltung veranlassten. Hemmend wirkte sodann auch der Umstand, dass wegen der sehr beschränkten finanziellen Mittel der notwendige technische und programmliche Ausbau lange nur schleppend vorankam. Grosse Bedeutung erlangte in dieser Anlaufsperiode das sogenannte Gaststätten-Fernsehen (Konzessionen der Klasse lia mit Erlaubnis zur öffentlichen Aufführung der Darbietungen). So machten diese Konzessionen etwa im Jahre 1955 mit 2580 Teilnehmern rund einen Viertel der Gesamtzahl an Fernsehempf angskouzessionen aus. Die Umstellung auf das Heimfernsehen und damit der Siegeszug des Fernsehens überhaupt zeichnete sich indessen schon bald nach der Aufnahme des regulären Fernsehbetriebes ab. So wurden bereits 1958 die Voraussagen über die vermutliche Zunahme des Teilnehmerbestandes übertroffen. 1961 war die Zuwachsquote beim Fernsehen erstmals höher als beim Radio. Die in der Botschaft vom 8. März 1955 für anfangs 1966 erwartete Zahl der Konzessionäre von 200000 (vgl. BEI 1955, 1,417) war schon zu Beginn des Jahres 1962 zurTatsache geworden. Ende 1967 schliesslich war der Gesamtbestand der Empfangskonzessionen auf 867 951 angewachsen, wovon noch 10074 auf das Gaststätten-Fernsehen
entfielen. In der Deutschschweiz zählte man zu diesem Zeitpunkt 615335, in der Westschweiz 210205 und in der Südschweiz 42411 Teilnehmer. Im Landesdurchschnitt kann damit eine Fernsehdichte von bereits rund 45 Prozent der Haushalte festgestellt werden.

1589 b. Der technische Ausbau Von den für unser Land gegebenen spezifischen Voraussetzungen ausgehend, hatte sich der technische Weiterausbau sowohl der nationalen wie der internationalen Entwicklung des Fernsehens anzupassen. Die technischen Belange, für welche die PTT-Betriebe zustandig sind, umfassen namentlich Planung, Bau, Betrieb und Unterhalt der Sendeanlagen und der Bild- und Tonverbindungen, daneben aber auch die Beschaffung der übertragungstechnischen Studioeinrichtungemind der Reportagewagen. Die notwendige Zusammenarbeit mit der SRG, welche neben der Programmgestaltung auch für Betrieb und Unterhalt der Programmbasen verantwortlich ist, wird dabei durch die 1958 ins Leben gerufene paritätische Kommission PTT/SRG gewährleistet; als konsultatives Organ befasst sie sich mit den technischen Problemen des gesamten Fernsehens, wobei sie besonders auch deren finanzielle Seite behandelt.

Von Anbeginn verfolgten die Fachleute der PTT-Betriebe die internationale Entwicklung und beteiligten sich an der internationalen Normung und Planung.

So schloss sich die Schweiz bereits 1951 der im «Comité consultatif international des radiocommunications» (CCIR) entwickelten 625-Zeilen-Norm für das Schwarzweissfernsehen an. Im folgenden Jahr beteiligte sie sich an der europäischen Rundspruchkonferenz in Stockholm, an der ein Plan über die Zuteilung der Meterwellen für Rundspruch und Fernsehen ausgearbeitet wurde. Der Stockholmer Vertrag von 1952 (vgl. BB11955|; 1,382) sicherte unserem Lande den Aufbau eines vollständigen Fernsehnetzes mit je einem Programm für die drei grossen Sprachgebiete. Die gemäss den damaligen Vereinbarungen gebauten Sender bilden auch heute noch das Rückgrat des schweizerischen Fernsehnetzes. Die im Jahre 1961 erneut in Stockholm abgehaltene Rundspruchkonferenz revidierte nicht nur Abkommen und Frequenzplan von 1952 über die Verwendung der Meterwellen, sondern führte auch zu einem neuen Vertrag mit entsprechenden Plänen über die Benützung von Bändern des Dezimeterwellenbereichs für das Fernsehen. Dieser zweite Stockholmer Vertrag, aufweichen noch eingehend zurückzukommen ist, erlaubt es der Schweiz, zu gegebener Zeit im ganzen Land zwei weitere Fernsehprogramme auszustrahlen. Erwähnung verdient schliesslich auch die Mitwirkung der PTT-Betriebe bei den jahrelangen internationalen
Bemühungen, eine gemeinsame europäische Norm für Farbübertragungen zu finden. Leider liessen politische und industrielle Interessen auch an der 1966 in Oslo durchgeführten Vollversammlung des CCIR keine Einigung mehr zu. Frankreich hatte bereits mit der Sowjetunion eine Vereinbarung zugunsten des SECAMSystems (Abkürzung für : séquentiel à mémoire) getroffen, während die Schweiz nach gründlichen Untersuchungen dem PAL-Verfahren (Phase Alternation Line) den Vorzug gab, das als für die in einem gebirgigen Land unvermeidlichen Empfangsstörungen besonders unempfindlich gelten darf. Dieselbe Wahl wie die Schweiz trafen die meisten westeuropäischen Staaten, namentlich auch die Bundesrepublik Deutschland und Österreich, die mit derselben Schwarzweissnorm arbeiten, während Italien seinen endgültigen Entscheid aus wirtschaftlichen Gründen vorerst noch zurückstellte.

1590 Auf nationaler Ebene galten die Bemühungen der PTT-Betriebe in den ersten Jahren nach der Einführung des Fernsehens vor allem dem Ausbau des Sendernetzes. Dessen Stationen lassen sich unterteilen in Hauptsender mit einer Strahlungsleistung von 10-100 Kilowatt, welche ausgedehnte Gebiete zu versorgen vermögen, und in Neben- oder Regionalsender mit einer Leistung bis zu 10 Kilowatt, welche verhältnismässig dichtbevölkerte Gegenden ausserhalb der Reichweite der Hauptsender bedienen und überdies als Muttersenderfür die umliegenden Lokalsender oder Umsetzer dienen.

Während des Versuchsbetriebes konnten lediglich 4 provisorische Sender erstellt werden, nämlich die Hauptsender Uetliberg, Bantiger (für das deutschschweizerische Programm) und La Dole, wozu noch der Regionalsender St. Chrischona kam. Immerhin war es damit bereits möglich, einen grossen Teil der bevölkerungsreichsten Gegenden des Landes zu erreichen, nämlich weite Gebiete des deutschschweizerischen Mittellandes, die Region Basel, das Genferseebecken und teilweise die Waadt.

Mit dem Anlaufen des regulären Fernsehbetriebes mussten die erst provisorisch erstellten Ausrüstungen allmählich konsolidiert und in definitive Anlagen umgebaut werden. Gleichzeitig wurde durch die Inbetriebnahme des Hauptsenders Säntis und der beiden Regionalsender Monte Ceneri und San Salvatore, für die bereits der Bundesbeschluss vom 22. Juni 1955 die Mittel bewilligt hatte, die Versorgung der Nordostschweiz und des Tessins vorangetrieben. So lagen Ende 1958 bereits rund 70 % der Gesamtbevölkerung in der Reichweite der schweizerischen Fernsehstationen.

Der weitere Ausbau der Haupt- und Regionalsender sei hier nur stich wortartig festgehalten: 1961 : La Chaux-de-Fonds und Niederhorn 1961 : Les Ordons und Valzeina 1964: Rigi (Hauptsender) und Bantiger (für das westschweizerische Programm) 1965: Celerina 1966 : Mont Pèlerin und Haute Nendaz.

Das Hauptsendernetz (mit 5 Stationen) war damit fertiggestellt, ebenso im we sentlichen dasjenige der Regionalsender (mit 10 Stationen), wo einzig noch die Oberwalliser Station Gebidem des definitiven Ausbaus harrt.

Trotz grösster Rücksichtnahme liess es sich leider nicht vermeiden, dass mit dem zunehmenden Netzausbau der Fernempfang ausländischer Sender mitunter erschwert oder gar verunmöglicht wurde. So löste z. B. die
Inbetriebnahme neuer Sender auf den Stationen Bantiger und Rigi unerfreuliche Reaktionen aus. Für viele Fernsehteilnehmer war es schwer verständlich, dass die nur beschränkt verfügbaren Sendefrequenzen sowohl im eigenen Land wie auch im benachbarten Ausland mehrfach benützt werden müssen. An diesen durch die besondere Eigenart der Wellenausbreitung bedingten Verhältnissen lässt sich leider nichts ändern, wenn man nicht auf eine einwandfreie eigene Fernsehversorgung verzichten will.

1591 Als dritte Senderkategorie sind die Lokalsender oder Umsetzer zu erwähnen, mit deren Hilfe abgelegenere Gebiete, besonders in den Bergen, dem Fernsehen erschlossen werden. Sie übernehmen das Programm eines Haupt- und Regionalsenders (gegebenenfalls auch eines ändern Umsetzers), um es auf einen neuen Kanal umzusetzen und mit einer Leistung von bis zu einigen hundert Watt wieder auszustrahlen. Da in der Planung für den Ausbau des Fernsehnetzes die Errichtung von Lokalsendern im allgemeinen erst als spätere Etappe vorgesehen war, erteilten die PTT-Betriebe schon früh - erstmals 1957 - befristete Konzessionen für Privatumsetzer, um die Wartezeiten zu überbrücken; Voraussetzung war, dass solche Umsetzer gemäss den Pflichtenheften der PTT-Betriebe erstellt und betrieben wurden, um sie später ohne weiteres in das Landesnetz integrieren zu können. Die ersten Umsetzer der PTT-Betriebe selber wurden 1959 aufgestellt und erlaubten bereits, wichtige Versorgungslücken zu schliessen (St. Gallen, Mendrisiotto). Mit zunehmender Fertigstellung des Basisnetzes verlagerte sich das Gewicht immer mehr auf die Schliessung topographisch bedingter Empfangslücken vermittels Umsetzer. 1963 zählte man bereits deren 34 und einen Versorgungsgrad von ungefähr 90 % der Bevölkerung. In jüngster Zeit - erstmals 1966 wurde schliesslich noch eine zweite Art Privatumsetzer zugelassen. Sie ermöglichen den Fernsehempfang in schwach besiedelten Gebieten von geringer Ausdehnung, die von den PTT-eigenen Stationen auch in Zukunft nicht mit Sicherheit erreicht werden. Dabei sind die Qualitätsanforderungen an diese Kleinumsetzer auf das technisch Notwendigste beschränkt.

Ende 1967 bestand das schweizerische Fernsehnetz aus 107 Stationen mit insgesamt 112 Sendern. Davon waren deren 92 Umsetzer, 6 private miteingeschlossen. Das deutschsprachige Programm wurde von 52, das welsche von 32 und das italienischsprachige Programm von 28 Sendern ausgestrahlt. Damit waren alle Agglomerationen mit mehr als 2000 Einwohnern erfasst, und der gesamtschweizerische Versorgungsgrad hatte rund 95 % erreicht.

Bereits in die Zukunft weist die 1967 erfolgte versuchsweise Inbetriebnahme eines Fernsehsenders im Dezimeterwellenband, der von der Mehrrweckanlage Rigi aus das welsche Programm ausstrahlt. Die Anlage dient ausgedehnten Ausbreitungsmessungen und
Empfangsuntersuchungen, wodurch die Planungsunterlagen für den Dezimeterwellenbereich ergänzt und PTT-Personal wie Fachhandel mit der neuen Sende- und Empfangstechnik vertraut gemacht werden können. Auch für das Farbfernsehen sind nach dem Entscheid des Bundesrates vom 15.August 1967 zugunsten des PAL-Systems bereits Vorbereitungen getroffen worden. So musste das bestehende Sender- und Übermittlungsnetz «farbtüchtig» gemacht, d.h. den erhöhten Qualitätsanforderungen des Farbbetriebes angepasst und die Beschaffung der benötigten Ausrüstungen in die Wege geleitet werden. Anfang Februar 1968 schliesslich konnte bereits mit Versuchssendungen in Farbe begonnen werden.

Neben dem Ausbau des Sendernetzes muss auch derjenige des Richtstrahlnetzes erwähnt werden, welches den Haupt- und Regionalsendern der drei Sprachgebiete die Programme zuführt (Verteilverbindungen), den Verkehr zwischen den Programmbasen besorgt (Studioverbindungen) und dem Programm-

1592 austausch mit dem Ausland sowie dem Transit dient (internationale Verbindungen). Das schweizerische Richtstrahlnetz umfasst nunmehr rund 3600 km ständige Bildverbindungen, deren technische Qualität auch Farbübertragungen erlaubt.

Dazu kommen jährlich einige hundert temporäre Reportageverbindungen. So kommt der Schweiz, dank ihren direkten Verbindungen mit den vier grossen Nachbarländern, namentlich auch im internationalen Verkehr eine zentrale Bedeutung zu.

Auch in betrieblicher Hinsicht brachte der reguläre Fernsehbetrieb entscheidende Verbesserungen. Nicht nur wurden die anfänglich mit sehr beschränkten Mitteln erstellten Anlagen revidiert oder neu gebaut, sondern es wurden überdies praktisch alle Stationen doppelt ausgerüstet, womit trotz des Mangels an technischem Personal eine höchstmögliche Betriebssicherheit gewährleistet werden konnte. Demselben Zweck dient die weitgehende Automation und Fernsteuerung, wodurch man sich bei den oft schwer zugänglichen Anlagen auf periodische Kontrollen und Revisionen beschränken kann. So sind heute neben den Umsetzern die meisten Basisstationen automatisiert. Nur sechs Stationen bleiben wegen ihrer komplizierten Ausrüstung und ihrer besonders wichtigen Stellung im Netz dauernd besetzt. Von ihnen aus werden die nicht bemannten Stationen überwacht und teilweise ferngesteuert.

Lebhafte technische Auseinandersetzungen, mit denen auch bereits Programmfragen berührt wurden, entwickelten sich in den letzten Jahren um den «Plan Hochmann» und fanden in den Interpellationen der Herren Nationalräte Müller-Bern und Conzett sowie der Motion von Herrn Nationalrat Eibel auch im Parlament ein Echo. Herr Artur Hochmann in Zürich focht nämlich die Richtigkeit der auf den Stockholmer Abkommen beruhenden schweizerischen Netzplanung an und vertrat die Ansicht, unter Verzicht auf die vorgesehenen Hauptsender mit grosser Leistung, die ganze Schweiz allein durch ein Netz zahlreicher Kleinumsetzer mit bis zu 10 Fernsehprogrammen versorgen zu können, wobei es je Programm nur zweier Kanäle bedürfte. Um eine unvoreingenommene Beurteilung der Kontroverse zu ermöglichen, wurden verschiedene Gutachten von Fachleuten des In- und Auslandes eingeholt, auf die noch einlässlich zurückzukommen sein wird. Sie ergaben, dass die dem «Plan Hochmann» zugrunde liegenden Thesen einer
wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhielten, und bestätigten die Richtigkeit der PTT-Planung.

c. Der Programmdienst Die mit der Aufnahme des regulären Fernsehbetriebes in Kraft tretende neue Konzession der SRG knüpfte eng an die Organisationsform des Versuchsbetriebes an. Wie bisher war also die gesamte Leitung des Programmdienstes dem Generaldirektor der SRG anvertraut, dem eine Programmkommission mit Vertretern der verschiedenen kulturellen Kreise und Landessprachen zur Seite stand.

Den föderalistischen Belangen trug die Ordnung der Programmbasen Rechnung, wobei für jedes der drei grossen Sprachgebiete nur ein Fernsehstudio zugelassen wurde. Ausdrücklich verboten war schliesslich jede direkte oder indirekte Fernsehreklame.

1593 Hatte schon die Einführung des Fernsehens eine gewisse Neuverteilung der Aufgaben innerhalb der SRG notwendig gemacht, so liess seine rasche Ausbreitung bald erkennen, dass den wachsenden Anforderungen nur mit einer grundlegenden Reorganisation der Gesellschaft begegnet werden konnte. Der erste Schritt hierzu bezog sich noch allein auf das Radio, wo mit der Einführung des sogenannten Vorortssystems im Jahre 1958 eine bessere Koordination und Rationalisierung der Programmarbeit angestrebt wurde. Den letzten Anstoss zu den auch das Fernsehen erfassenden, tiefgreifenden Reorganisationsmassnahmen gab dann der Beschwerdeentscheid des Bundesrates vom 22. November 1960, mit welchem die Auseinandersetzungen über den endgültigen Standort der Fernsehstudios zugunsten von Zürich und Genf (neben dem nie umstrittenen Lugano) beendigt wurden. Der Bundesrat empfahl nämlich gleichzeitig, die Mitgliedgesellschaften der SRG möchten in je einer Dachgesellschaft pro Sprachregion für Radio und Fernsehen zusammengefasst werden, um so künftig eine intensivere Ausnützung der Programmquellen und einen rationelleren Einsatz der Einrichtungen und Mittel zu erreichen. Bei der Neuverteilung der Programmaufgaben sollte im weiteren darauf geachtet werden, dass die Radiostudios in den Städten, die nicht Standort eines Fernsehstudios waren, einen bedeutenderen Anteil an den Radiosparten erhielten.

Während sich die West- und Südschweiz bereits 1961 im Sinne der Empfehlungen des Bundesrates zu verständigen vermochten, kam eine Einigung unter den Mitgliedgesellschaften der deutschen und rätoromanischen Schweiz erst nach jahrelangem Ringen zustande. Am 10. Juni 1963 endlich konnte der Bundesrat den im Schosse der SRG erarbeiteten Reorganisationsplan in seinen Grundzügen gutheissen. Die SRG gab sich darauf am 20. Dezember 1963 neue Statuten, worauf ihr der Bundesrat am 27. Oktober 1964 die bis Ende 1974 befristete neue Konzession erteilte, welche die vorher für Radio und Fernsehen getrennt ergangenen Konzessionen aus den Jahren 1957 und 1959 ersetzte. Nachdem auch die Regionalgesellschaften für die drei Sprachgebiete gegründet, ihre Statuten angenommen und ihre Organe bestellt worden waren, war schliesslich die Reorganisation der SRG im Jahr 1965 abgeschlossen.

Nach der am I.November 1964 in Kraft getretenen Konzession ist es
nunmehr grundsätzlich Aufgabe der neugeschaffenen drei Regionalgesellschaften, den Programmdienst sowohl des Radios wie auch des Fernsehens zu besorgen, wozu ihnen Programmkommissionen zur Seite stehen. Die Gesamtverantwortung trägt der Generaldirektor der SRG, dem die allgemeine Leitung des Programmdienstes und die Sorge für eine rationelle Betriebsführung der Gesellschaft übertragen sind.

Als weitere Neuerung brachte das Jahr 1964 auch die Zulassung einer begrenzten direkten Fernsehwerbung gemäss besonderen Weisungen der Konzessionsbehörde. Wie erinnerlich, waren während des Versuchsbetriebes die Mittel äusserst knapp bemessen, weshalb die Studios mit einem Minimum an Personal und Programmaufwand hatten auskommen müssen. So war schon bei der Aufnahme des regulären Betriebes die Einführung von Reklamesendungen erwogen, dann aber zugunsten des Angebots der Zeitungsverleger verworfen worden, die

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jährlich 2 Mio Franken beizusteuern versprachen, bis das Fernsehen bei 180000 Teilnehmern als selbsttragend zu gelten hatte. Nach Überweisung von insgesamt 8,416 Mio Franken sahen sich die Zeitungsverleger unerwartet rasch schon 1961 von ihrer Zahlungspflicht befreit, wahrend das 10jährige Verbot der Fernsehwerbung weitergalt. Dabei blieb die finanzielle Lage des Fernsehens trotz der günstigen Entwicklung des Teilnehmerbestandes weiterhin kritisch, und es zeigte sich, dass die steigenden Anforderungen an das Programm, die notwendig werdende Verlängerung der Sendezeiten, die Beschaffung moderner Einrichtungen, die Einstellung von neuem Personal und dessen zeitgemässe Entlöhnung auch auf längere Dauer hin nicht mit dem Ertrag der Konzessionsgebühren zu bewältigen waren. Als zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit bot sich erneut die Werbung an, deren Einführung beim Fernsehen 1962 und 1963 verschiedene parlamentarische Vorstösse galten (Postulate der Herren Nationalräte Arthur Schmid und Grendelmeier, Interpellationen der Herren Nationalräte Schneider, Sauser und Siegmann). 1963 beantragten die SRG und die Zeitungsverleger mit gleichlautenden Eingaben an den Bundesrat die Einführung der Fernsehwerbung.

Da das Reklamefernsehen durch die aus dem Ausland einstrahlenden Sendungen ohnehin auch für die Schweiz zur Realität geworden war und sich die allgemeine Einstellung gegenüber Fernsehen und Werbung geändert hatte, ging es praktisch nur noch darum, für das unumgänglich gewordene eigene Werbefernsehen die notwendige eigenständige Ausgestaltung zu finden. Das bedeutete nach allgemeiner Auffassung, dass eine autonome Reklamekette oder auch nur eine Programmbeeinflussung durch kommerzielle Kreise strikte auszuschliessen waren, und für alkoholische Getränke, Rauchwaren und Heilmittel nicht geworben werden durfte. In diesem Sinne konnte der Bundesrat, nach erfolgreich verlaufenen Verhandlungen mit dem Zeitungsverlegerverband, mit Beschluss vom 24. April 1964 (der am 27. Oktober desselben Jahres in der neuen Konzession Aufnahme fand) der SRG das ausschliessliche Recht zu einer begrenzten direkten Fernsehwerbung erteilen. Mit ihrer Durchführung wurde nach den zugehörigen Weisungen die «Aktiengesellschaft für das Werbefernsehen» betraut, in welcher die SRG, die Zeitungsverleger (bzw. die «Fernseh-Holding AG»),
verschiedene Wirtschaftsverbände und der Verein der Schweizer Presse Einsitz nahmen.

Die Werbesendungen, deren tägliche Gesamtdauer anfänglich mit 12 Minuten festgesetzt wurde, begannen am I.Februar 1965. Im letzten Rechnungsjahr 1966/67 konnten aus den Werbeeinkünften 29,3 Mio Franken an die SRG ausgerichtet werden, während den PTT-Betrieben annähernd 2,4 Mio Franken für die Ausstrahlung der Werbesendungen und der Rahmenprogramme vergütet wurden. Von Anfang an war die Nachfrage nach Werbezeit bei weitem grösser als das verfügbare Angebot. Der Nachfrageüberhang, der neben Grossfirmen auch zahlreichen mittleren und kleineren Unternehmen zu verdanken ist, betrug für die deutsche Schweiz für die französische Schweiz für die italienische Schweiz

1965

1966

1967

132% 128% 70%

175% 170% 127%

198% 192% 160%

1595 Mit Zustimmung des Bundesrates wurde daher die Dauer der Werbeanzeigen zu Beginn des Jahres 1968 auf täglich 15 Minuten erhöht, mit der Ermächtigung, sie bei starker Nachfrage sogar auf 17 Minuten auszudehnen, sofern im Jahresdurchschnitt die erwähnten 15 Minuten eingehalten werden.

Der Erfolg der Werbung wirkte sich für das Fernsehen von Anfang an günstig aus. So konnte schon 1965 der bisher sendefreie Dienstag abgeschafft, die abendliche Sendezeit verlängert und ihr Beginn um eine volle Stunde früher angesetzt werden. Es wurde sogar möglich, dem seinerseits in Finanznöte geratenen Radio - ebenfalls 1965 - mit einem Darlehen von 3,5 Mio Franken beizustehen.

Im Jahr 1967 schliesslich war auch das mit Bundesbeschluss vom l. Oktober 1957 bewilligte Bundesdarlehen, welches die SRG nur bis zur Höhe von 6,8 Mio Franken beansprucht hatte, vollständig zurückbezahlt.

Besonders nachteilig hatte sich die lange Zeit prekäre Finanzlage des Fernsehens auf die Programmzentren ausgewirkt, deren Einrichtung und Betrieb mit grossen Aufwendungen verbunden sind. So verfügte die SRG jahrelang über keine eigenen Studiogebäude, sondern musste sich mit behelfsmässigen Mieträumen zufrieden geben, was den Betrieb ausserordentlich erschwerte. Als die Studiostandorte endgültig feststanden, konnte endlich die Planung eigener Studiokomplexe an die Hand genommen werden. Nachdem die Studiostädte und -kantone gewisse Beiträge zugesichert hatten, machte es die Einführung der Fernsehwerbung in der Folge möglich, die für Bauten und Einrichtungen erforderlichen Aufwendungen aus eigenen Mitteln zu finanzieren. So konnte bisher in Zürich die erste Bauetappe, welche Werkstätten und Lagerräume umfasst, bereits abgeschlossen werden, während in Genf 1967 mit dem Neubau begonnen wurde.

Auch in Lugano wurde schon ein besonderer Bau für den Sendekomplex erstellt, während die Projektierung für den eigentlichen Studioneubau im Gange ist. In allen drei Regionen sollten die Neubauten bis 1973 fertigerstellt und bezogen werden können. Die Kosten all dieser Bauvorhaben stellen sich auf rund 150 Mio Franken, wobei die SRG auch mit der Unterstützung der Kantone und Städte rechnen darf, in deren Gebiet die Studios ihren Sitz haben. In Genf und in Zürich wurde so der SRG das benötigte Land im Baurecht zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus
sicherten Kanton und Stadt Genf Kostenbeiträge von 5 Vi Mio Franken zu. Kanton und Stadt Zürich stellten die gleichen Leistungen wie Genf in Aussicht und haben für die erste Bauetappe bereits je l Mio Franken zugesprochen. Der Kanton Tessin seinerseits hat der SRG für das Bauvorhaben in Lugano ein zinsloses Darlehen von l Mio Franken gewährt. Erwähnt sei schliesslich in diesem Zusammenhang die am S.Oktober 1965 erfolgte Inbetriebnahme des Radio- und Fernsehzentrums im Bundeshaus anstelle des früheren Behelfsstudios, wodurch die Information über das innenpolitische Geschehen erleichtert und ausgebaut werden konnte.

Eine Bewertung des schweizerischen Programmschaffens kann nicht daran vorbeigehen, dass täglich Fernsehprogramme aus vier Nachbarländern weit ins Innere der Schweiz hineinstrahlen und zum Vergleich einladen. Dabei tnuss in Rechnung gestellt werden, dass die betreffenden ausländischen Gesellschaften über unvergleichlich grössere finanzielle Mittel, reichere Programmquellen und

1596 ein Mehrfaches an Mitwirkenden auf allen Gebieten verfügen. Überdies sind diese Länder einsprachig, während der Kleinstaat Schweiz in drei verschiedenen Sprachregionen Programmbetriebe zu unterhalten hat.

Trotz dieser Erschwerungen muss gerechterweise anerkannt werden, dass es den Programmschaffenden ein besonderes Anliegen war, die geistige, kulturelle und politische Eigenart der einzelnen Regionen wie des ganzen Landes zum Ausdruck zu bringen, und dass es ihnen mit zunehmendem Erfolg gelang, betont schweizerische Programme herzustellen, welche die Vielfalt der Eidgenossenschaft widerspiegeln. Die grosse Zahl von Sendungen, die aus der Schweiz von anderen Ländern übernommen wurden, beweist das Interesse, welches die eigene Programmproduktion auch über unsere Grenzen hinaus findet. Das Schweizer Fernsehen leistete damit zweifellos einen wertvollen Beitrag, um das Bild der Schweiz im Ausland zu vertiefen und Interesse und Verständnis für ihre Eigenart und ihre Anliegen zu fördern.

In den Jahren 1966 und 1967 hat z. B. die Eurovision vom Schweizer Fernsehen 100 Programmstunden sowie 108 Tagesschauberichte direkt übernommen.

In der gleichen Periode wurde ausländischen Fernsehgesellschaften aller Kontinente eine grosse Zahl von Filmbeiträgen zur Verfügung gestellt. Im einzelnen handelte es sich dabei um 523 Dokumentarberichte, 390 Jugendsendungen, 90 Sportfilme, 60 Unterhaltungs- und Musiksendungen und 33 Fernsehspiele. Ausserdem unterstützte das Schweizer Fernsehen 101 ausländische Filmequipen aus 17 Staaten bei ihren Dreharbeiten in der Schweiz mit technischer Hilfe und Beratung. Nicht zu vergessen sind schliesslich die Programme, welche die SRG Entwicklungsländern zu den blossen Kopierkosten zur Verfügung stellt. Als Empfänger sind hier z. B. Tunesien, Algerien, Marokko, die Elfenbeinküste und der Iran, ferner auch das Schulfernsehen von Israel und Singapur zu nennen.

Durch Beteiligung an zahlreichen Wettbewerben, die allein in den Jahren 1963-1967 insgesamt 15 Preise eintrugen, hat die schweizerische Fernsehproduktion ihren Wert ebenfalls unter Beweis gestellt. Besondere Verdienste hat sich das Schweizer Fernsehen mit der alljährlichen Durchführung von zwei internationalen Veranstaltungen erworben, nämlich dem Wettbewerb um die «Goldene Rose von Montreux » für Unterhaltungssendungen und
dem in Basel stattfindenden internationalen Seminar für das Schulfernsehen.

Die im Mai 1961 erstmals durchgeführte Veranstaltung in Montreux verdankt ihren zunehmenden Erfolg mehreren Faktoren. Einmal herrscht Mangel an guten Unterhaltungssendungen. Ohne dass der Wettbewerb von Montreux den Charakter einer eigentlichen Messe hätte, gibt er doch den Programmleitern zahlreicher Gesellschaften Gelegenheit, sich solche Programme zu beschaffen, zumal da die Möglichkeit besteht, zusätzlich Produktionen ausser Konkurrenz vorzuführen. So wurden z. B. im Jahre 1967 von 35 Fernsehorganisationen insgesamt 199 Übernahmen vereinbart. Besondern Wert erhält im weitern der Wettbewerb durch die Teilnahme von Fernsehkritikern und Fachpublizisten aus allen Ländern, welche einen eigenen Pressepreis verleihen und durch ihre Berichter-

1597 stattung dem Anlass ein weltweites Echo verschaffen. Schliesslich erlauben die gleichzeitig stattfindenden Kolloquien den anwesenden Fachleuten, sich unter kundiger Leitung mit den Problemen der Fernsehunterhaltung auseinanderzusetzen. So versammelten sich letztes Jahr 300 Fachleute aus 26 Ländern und 4 Kontinenten in Montreux; dazu waren 170 Journalisten anwesend. Die Jury hatte 24 Fernsehsendungen aus 22 Ländern zu beurteilen; zudem wurden weitere 29 Sendungen ausser Konkurrenz gezeigt.

Das seit 1962 jeweils im Februar von der SRC organisierte Seminar von Basel bezweckt, einerseits Regisseure und Produzenten von Sendungen des Schulfernsehens mit den Wünschen und Forderungen der Pädagogik und anderseits die Pädagogen mit den besonderen Gestaltungsproblemen des Fernsehens vertraut zu machen. Die in den Räumen der Mustermesse durchgeführte und bereits zur Tradition gewordene Veranstaltung dient als Treffpunkt für einen internationalen Erfahrungsaustausch und ist besonders für Organisationen von Nutzen, welche das Schulfernsehen einführen oder weiterentwickeln wollen. Dass dieses Bildungs- und Diskussionsforum einem weitverbreiteten Bedürfnis entspricht, zeigt z.B. die Tatsache, dass im Jahre 1967 42 Teilnehmer und 54 Beobachter aus 19 Landern am Seminar teilnahmen. Das besondere Interesse auch der Schule geht aus der Teilnahme an der im letzen Jahr zusätzlich eingeführten Wochenendveranstaltung hervor, an der sich rund 100 Pädagogen aus der ganzen Schweiz beteiligten.

Von erheblichem Wert für das Schweizer Fernsehen war auch die Koproduktion von Fernsehprogrammen mit dem gleichsprachigen Ausland. Zwischen dem deutschen, österreichischen und deutschschweizerischen Fernsehen besteht eine «Koproduktionsgemeinschaft», die sowohl der Schweiz interessante Programme verschafft, wie auch anderseits schweizerische Programmquellen dem deutschsprachigen Ausland erschliesst. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit des westschweizerischen Fernsehens mit den Schwestergesellschaften in Belgien, Frankreich, Kanada und Luxemburg, die sich in den letzten Jahren stark entwikkelt hat.

Ganz allgemein war die SRG bemüht, dank ihren guten Beziehungen zu allen ausländischen Fernsehgesellschaften den schweizerischen Fernsehteilnehmern die reichen Programmquellen des Auslandes zugänglich zu machen. Über die Eurovision,
aber auch durch bilateralen oder multilateralen Programmaustausch übernehmen die drei regionalen Programme jährlich rund 900 Stunden ausländische Sendungen, darunter die populärsten aus den Nachbarstaaten. Die Kosten für diese Sendungen werden unter den verschiedenen Ländern nach einem Schlüssel aufgeteilt, der die Zahl der Fernsehabonnenten berücksichtigt.

Diese Regelung ist für unser Land äusserst günstig. Im Rahmen des direkten Eurovisionsaustausches übernimmt die «Tagesschau» täglich zwei bis drei aktuelle Sendungen. Die bereits erwähnte Koproduktion mit den gleichsprachigen Nachbarländern kommt im besonderen der Herstellung und Vermittlung von anspruchsvollen Programmen und Filmserien zugute, für welche die finanziellen und technischen Mittel der einzelnen Studios nicht ausreichen würden.

Bundesblatt. 120.Jahrg.Bd.I

102

1598 Es würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen, wollte man im einzelnen die Entwicklung und Gliederung der in den verschiedenen Landesgegenden ausgestrahlten Programme nachzeichnen. So sei hier, was die Zunahme der Sendedauer anbetrifft, nur angemerkt, dass 1957 im Wochendurchschnitt während 16 Stunden gesendet wurde, wahrend dieser Durchschnitt 1967 mehr als das Dreifache, nämlich rund 50 Stunden betrug (deutsche Schweiz: 52 Std. 25 Min., französische Schweiz: 52 Std. 47 Min., italienische Schweiz: 44 Std. 32 Min.). Ungefähr 50% der Sendungen wurden, in den entsprechenden Landessprachen, in allen drei regionalen Programmen ausgestrahlt.

An dieser Stelle kann schliesslich noch auf die Publikumsforschung hingewiesen werden, welche der SRG Unterlagen für die Programmgestaltung und die allgemeine Programmpolitik liefert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Programmgestaltung im Rahmen der SRG durch Konzession und Statuten der Gesellschaft auf allen Stufen klar umschrieben ist; sie wird durch die zahlreichen regionalen und nationalen Organe der SRG beurteilt, in denen die verschiedenen Kreise, welche die geistige, kulturelle und politische Eigenart des Landes verkörpern, vertreten sind.

Neben umfassenden repräsentativen Untersuchungen, welche die SRG selber von Zeit zu Zeit in Auftrag gibt, lässt die «Aktiengesellschaft für das Werbefernsehen» seit dem I.April 1965 regelmässige Teilnehmerbefragungen nach streng wissenschaftlichen Prinzipien in detaillierter Gliederung der Befragten nach Wohnsitz, Alter, Beruf, Geschlecht und Kaufkraft durchführen. Diese Erhebungen werden von unabhängigen, spezialisierten Instituten der Marktund Meinungsforschung durchgeführt. Die Daten, die dabei erhoben und ständig überprüft werden, betreffen die Reichweite der Fernseh-Sendeanlagen, die geographische Verteilung der Empfangsgeräte, die persönlichen Merkmale der Fernsehteilnehmer und die Zuschauergewohnheiten. Die täglichen ErhebunFernsehgeräte Fernsehhaushaltungen eingeschaltet

deutsche Schweiz

franzosische Schweiz

italienische Schweiz

deutschschweizerisches Programm 34,2%

Deutschland

Westschweizer Programm

Frankreich

42,2%

5,3%

Tessiner Programm 58,2%

Italien

8,9%

9 11 °/ A /o

andere Sender

(u. a. Westschweizerisches Programm) 3,6% (u. a. deutschschweizerisches Programm) 1,3%

--

1599 gen beziehen sich auf den Zeitraum von Programmbeginn bis 21.00 Uhr und dekken damit die entscheidende Zeit des abendlichen Fernsehempfangs. Eine Ausdehnung der Untersuchungen auf das ganze Abendprogramm steht bevor.

Die Ergebnisse der Befragungen sind von bemerkenswerter Konstanz und lauten für das Schweizer Fernsehen günstig, was ein Beispiel (vom Januar/Februar 1968) zeigen mag. Es ist aus den Angaben von mindestens einer Woche errechnet und gibt somit die Durchschnittswerte an; tägliche Schwankungen, die durch die verschiedene Beliebtheit einzelner Programme und den Unterschied in der Belegung der einzelnen Tage der Woche entstehen, wurden somit ausgeglichen (s. Tabelle S. 1598).

Es lässt sich somit feststellen, dass das Schweizer Fernsehen im Durchschnitt die Mehrzahl der schweizerischen Konzessionäre für seine eigenen Programme gewonnen hat.

B. Der Stand des Fernsehens im Ausland In den Botschaften des Bundesrates vom 8. März 1955 und vom 9. Juli 1957 wurde jeweils ein Überblick über den damaligen Stand des internationalen Fernsehens und die Pläne für seine weitere Zukunft gegeben. Seither ist die Ausbreitung des Fernsehens weiterhin rasch fortgeschritten. Gleichzeitig zeichnete sich eine zunehmende engere Verflechtung unter den Fernsehorganisationen aller Erdteile und im besonderen innerhalb der Kontinente selbst ab, in die auch die Schweiz einbezogen ist. Es sollen hier deshalb die Entwicklung der letzten 10 Jahre und der heute erreichte Stand in grossen Zügen dargelegt werden.

Nach den zuletzt veröffentlichten Angaben hat die Zahl der Fernsehempfänger in der ganzen Welt um die Mitte des Jahres 1967 insgesamt 196381000 erreicht, gegen rund 56000000 zu Beginn des Jahres 1957. Ihre Zahl hat sich demnach in der kurzen Zeitspanne nahezu vervierfacht. Dabei ist natürlich die Verbreitung des Fernsehens in den einzelnen Kontinenten je nach ihrem wirtschaftlichen und technischen Entwicklungsstand verschieden gross. Dies wird deutlich, wenn man den prozentualen Anteil der Fernsehteilnehmer an der gesamten Wohnbevölkerung betrachtet.

An erster Stelle steht hier Nordamerika mit 28,5 %, gefolgt von Ozeanien (einschliesslich Australien und Neuseeland) mit 19,5 % und Europa mit 13,6 %.

Wesentlich geringer dagegen ist die Teilnehmerdichte mit 4,9 % in Südamerika, l ,46 % in Asien und mit 0,27 %
in Afrika.

In Westeuropa gab es anfangs 1957 rund 8385000 Fernsehempfänger, anfangs 1967 dagegen bereits 55 887000, also ungefähr siebenmal mehr als 10 Jahre zuvor. Dieser rasche Anstieg ging Hand in Hand mit der Zunahme der in Betrieb stehenden Fernsehsender, deren Zahl sich im gleichen Zeitraum um das Achtzehnfache auf 3 370 erhöhte.

Über die Entwicklung des Teilnehmerbestandes und die heutige Teilnehmerdichte in einigen Staaten Europas gibt die folgende Tabelle Auskunft :

1600 Zahl der Fernsehempfanger

1957

Belgien .

150 000 Dänemark 44000 Bundesrepublik Deutschland . . . 682 000 Deutsche Demokratische Republik 60 000 -- Finnland Frankreich . 442 000 Grossbritannien . 6570000 Holland 99 000 Italien .

366 000 Luxemburg 1000 Österreich 4000 Schweden 17000 Schweiz 20000 3000 Spanien 75 000 Tschechoslowakei UdSSR . 1 300 000

1967

Teilnehmerdichte (Anzahl Empfanger pro 100 Einwohner) 1967

1 660 000 1 140 000 12 700 000

16,6 23,9 21,2

3 600 000 823 000 7 471 000 13900000 2 370 000 6 875 000 36000 835000 2160000 752 000 2 325 000 2 375 000 15700000

21,0 17,7 15,0 28,8 18,9 13,0 10,9 11,5 27,7 12,8 7,3 18,5 8,0

Zu diesen Zahlen ist zu bemerken, dass nur in den Ländern, in denen Teilnehmergebühren erhoben werden, genaue Statistiken bestehen, wobei auch hier die unangemeldeten Geräte nicht erfasst sind. In vielen Ländern, in denen sich das Fernsehen aus dem Ertrag der Werbung erhält, ist man auf Schätzungen der Industrie und der Behörden, gelegentliche Umfragen und andere Erhebungen angewiesen. Ferner muss in Landern mit hochentwickeltem Heimempfang mit rund 2-4 Zuschauern pro Apparat gerechnet werden, während in Landern, in denen der Gemeinschaftsempfang vorherrscht, die Zahl der Zuschauer noch wesentlich höher zu veranschlagen ist. Die Anzahl der das Fernsehen verfolgenden Menschen beträgt demnach ein Vielfaches der statistisch erfassten Apparatebesitzer.

In den meisten Ländern, in denen das Radio schon vorhanden war, als das Fernsehen eingeführt wurde, waren es die bestehenden Radioanstalten, die auch die Betreuung des Fernsehens übernahmen. Dies gilt im besonderen auch für Europa, wo nur in zwei grossen Staaten eine zweite Fernsehanstalt entstanden ist, nämlich die «Independent Télévision Authority» in Grossbritannien und das «Zweite Deutsche Fernsehen» in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Organisation des Fernsehens und die Regelung der Programmgestaltung, welche demnach im allgemeinen der für das Radio geltenden Ordnung entsprechen, sind je nach den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnissen in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich ausgestaltet. Trotz dieser nationalen Unterschiede bezüglich der rechtlichen Form der Fernsehorganisationen und der Ordnung des Programmdienstes hat sich aber in Europa nach dem Vorbild des Radios überall der Grundsatz durchgesetzt, der gesamten Bevölke-

1601 rung über Landesketten nationale Programme zu vermitteln, soweit dies technisch überhaupt durchführbar ist. Nach diesem sogenannten Prinzip der Vollversorgung eines Landes ist denn auch in den Abkommen von Stockholm die europäische Netzplanung verwirklicht worden, welche es jedem Land erlaubt, drei oder teilweise sogar vier Programme auf seinem Gebiet auszustrahlen. So wird heute fast überall neben der ersten Programmkette und noch während ihres Ausbaus eine zweite und sogar eine dritte Kette aufgebaut.

In programmlicher Hinsicht sei hier nur vermerkt, dass heute auf der ganzen Welt neben den herkömmlichen Programmen in vermehrtem Masse Bildungsprogramme ausgestrahlt werden. In verschiedenen Staaten wurden sogar nationale Fernsehnetze eingerichtet, die ausschliesslich dem Schulfernsehen und darüber hinaus dem zweiten Bildungsweg, der Erwachsenenbildung, dienen, wobei auch Spezialkurse für bestimmte Berufsgruppen vorgesehen sind. Diesen Weg gehen beispielsweise Japan mit seinem zweiten und die Sowjetunion mit ihrem dritten Programm. In den Vereinigten Staaten steht eine ganze Reihe sogenannter «educational stations» in Betrieb. In anderen Ländern werden die vorhandenen Netze zeitweise für Schulfernseh- und Fortbildungsprogramme verwendet.

Nach diesem allgemeinen Überblick sollen nun die Organisation und der Ausbau des Fernsehens in einigen Ländern Europas etwas näher betrachtet werden: Grossbritannien. In Grossbritannien, welches nach wie vor an der Spitze der europäischen Fernsehnationen steht, wird der Fernsehdienst von zwei Organisationen, nämlich der «British Broadcasting Corporation» (BBC) und der vorerwähnten «Independent Télévision Authority » (ITA) versehen.

Die BBC, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, welcher bereits 1937 das Recht verliehen wurde, neben Radio- auch Fernsehsendungen durchzuführen, besorgt sowohl den technischen Dienst als auch die Programmgestaltung. Heute werden von der BBC zwei Fernsehketten betrieben. Auf der ersten wird ein Programm nach der alten 405-Zeilen-Norm in Schwarzweiss ausgestrahlt, welches Ende 1967 von 99,48 % der Bevölkerung empfangen werden konnte. Auf der zweiten Kette dagegen wird im Dezimeterwellenbereich ein zweites Programm mit einer 625-Zeilen-Norm in Schwarzweiss und in Farben nach dem System PAL übertragen. Dieses zweite Netz, welches
noch weiter ausgebaut werden soll, versorgt rund 70 % des Landes.

Die im Jahre 1954 zwecks Herstellung von Informations-, Erziehungs- und Unterhaltungsprogrammen geschaffene ITA, die ursprünglich als rein privates Unternehmen vorgesehen war, heute aber eine öffentlich-rechtliche Anstalt bildet, betreibt ein Sendernetz, auf welchem ein Programm in Schwarzweiss ebenfalls nach der 405-Zeilen-Norm vermittelt wird, das 98 % der Bevölkerung erreicht. Der Programmdienst wird dabei von 14 regionalen Programmgesellschaften durchgeführt, die mit der ITA vertraglich verbunden sind.

Während der Betrieb der BBC aus den Fernsehgebühren und einem Teil der Radiogebühren finanziert wird, erfolgt die Finanzierung der ITA durch den Erlös aus der Werbung der einzelnen Programmgesellschaften, die jede Stunde eine Reklamesendung von höchstens 6 Minuten Dauer einschalten dürfen.

1602 Bundesrepublik Deutschland. In der Bundesrepublik liegt die Zuständigkeit zum Bau und Betrieb von Radio- und Fernsehanlagen grundsätzlich beim Bunde, wogegen die Ordnung des Programmdienstes und die Veranstaltung von Radiound Fernsehsendungen den Ländern zustehen. So zählt man neun Radio- und Fernsehorganisationen als Anstalten des öffentlichen Rechts der Länder. (Es sind dies der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, der Norddeutsche Rundfunk, der Süddeutsche Rundfunk, der Südwestfunk, Radio Bremen, der Saarländische Rundfunk, der Sender Freies Berlin und der Westdeutsche Rundfunk.) Die deutschen Radio- und Fernsehanstalten haben sich im Rahmen der «Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten» (ARD) zum Betriebe eines gemeinschaftlichen Fernsehprogrammes zusammengeschlossen. Daneben wurde durch Staatsvertrag der Länder vom 6. Juni 1961 als Träger eines zweiten Programms die Anstalt «Zweites Deutsches Fernsehen» (ZDF) geschaffen.

Die Bundesrepublik verfügt über ein sehr gut ausgebautes Fernsehnetz. Mit dem ersten Programm, d. h. mit dem über die Sender der Anstalten ausgestrahlten Gemeinschaftsprogramm der ARD, werden heute 98,5 % der Bevölkerung versorgt. Über das Netz der Bundespost wird ein zweites vom ZDF produziertes Programm vermittelt, welches 85 % der Bevölkerung erreicht. Schliesslich senden die Radio- und Fernsehanstalten einiger Länder bereits ein eigenes drittes Programm, welches durchschnittlich von 76% der Bevölkerung des betreffenden Landes empfangen werden kann. In Bayern wird in diesem dritten Programm das Bildungsfernsehen untergebracht. Das Farbfernsehen ist auf allen drei Ketten eingeführt.

Für die Werbung haben die Anstalten der Länder in privater Rechtsform organisierte regionale Werbefernsehgesellschaften geschaffen. Werbung betreibt auch das ZDF (täglich 20 Minuten), welches daneben durch einen Anteil von 30 % an den Gebühreneinnahmen, die den Anstalten der Länder zufallen, finanziert wird.

Frankreich. In Frankreich ist der Betrieb von Radio und Fernsehen Aufgabe des «Office de Radiodiffusion-Télévision Française» (ORTF), welches als staatliche Anstalt das Monopol für den gesamten Radio- und Fernsehbetrieb innerhalb des Staatsgebietes besitzt. Das ORTF untersteht der Aufsicht des Informationsministers sowie der für öffentliche Unternehmungen
vorgesehenen Wirtschafts- und Finanzkontrolle des Staates.

Ein erstes Programm wird in Schwarzweiss nach einem System von 819 Zeilen vermittelt, ein zweites Programm nach einem SpezialSystem von 625 Zeilen in Schwarzweiss und in Farben nach dem Verfahren SECAM III. In den Genuss des ersten Programmes gelangen 97,7 % der Bevölkerung. Über die zweite Kette, deren Ausbau rasch vorangetrieben wird, werden ungefähr 75 % der Bevölkerung erreicht. Sowohl die Sender der ersten als auch diejenigen der zweiten Kette werden vom ORTF selbst betrieben. Die Verwendung verschiedener Normen auf den zwei Ketten hat zur Folge, dass das Publikum - wie in Grossbritannien - Mehrnormenempfänger benützen muss, wenn es beide Programme empfangen will.

1603 Die finanziellen Mittel für den Fernsehbetrieb, die zum Teil aus den Teilnehmergebühren sowie dem Verkaufserlös von Veröffentlichungen, Schallplatten und Filmen stammen, werden dem ORTF vom Staat zugeteilt. Die Einführung der Fernsehwerbung steht gegenwärtig zur Diskussion.

Italien. Der Betrieb von Radio und Fernsehen in Italien obliegt der «Radiotelevisione Italiana » (RAI), einer Aktiengesellschaft, deren Aktien sich mehrheitlich in den Händen des staatlichen «Istituto per la Ricostruzione Industriale» befinden.

Die RAI, welche ihre Sender selbst betreibt, strahlt zwei Programme aus, wobei das erste von 98,3 % das zweite von 87 % der Bevölkerung empfangen werden kann. In Farbe wird noch nicht gesendet. Das zweite Programm enthält zahlreiche Bildungssendungen ; so wird z.B. mit Erfolg ein vollständiger Unterrichtskurs auf Primarschulstufe für abgelegene Gebiete vermittelt.

Die RAI ist berechtigt, Werbesendungen einzuschalten, wobei aber deren Dauer in der Regel nicht mehr als 5 % der gesamten Sendezeit betragen darf.

Der Ertrag dieser Werbung und die Teilnehmergebühren bilden die Einnahmen der Gesellschaft.

Österreich. In Österreich werden Radio und Fernsehen durch den « Österreichischen Rundfunk GmbH» (ORF) betrieben, dessen Gesellschafter die Republik Österreich und die Bundesländer sind. Der ORF betreibt auf der Grundlage der von der Bundesfernmeldeverwaltung erteilten Genehmigung seine Sender selbst. Über sein Netz, welches noch weiter ausgebaut wird, werden zwei Programme ausgestrahlt, wobei das erste 78 %, das zweite 47 % des Landes versorgt.

Im Rahmen seiner Programme kann der ORF Werbesendungen veranstalten, wobei aber ein Programm von Reklame frei bleiben muss. Im übrigen erhält der ORF seine finanziellen Mittel aus den Teilnehmergebühren.

Andere europäische Staaten. Auch die übrigen europäischen Staaten sind bestrebt, ihre nationalen Sendernetze voll auszubauen. So kamen Ende 1967 beispielsweise in Finnland 33 %, in Spanien 55 % und in Holland 99 % der Bevölkerung in den Genuss eines zweiten Programms, während Belgien, Dänemark und Schweden noch nicht in der Lage waren, neben dem ersten bereits ein zweites nationales Programm zu vermitteln.

Auf internationaler Ebene gehen die Bestrebungen dahin, Verbindungen für den Programmaustausch zwischen den einzelnen Kontinenten und
Staaten zu schaffen oder - soweit sie schon bestehen-auszubauen und zu erweitern. Im interkontinentalen Verkehr steht dabei die Übertragung von Fernsehprogrammen mittels Nachrichtensatelliten im Vordergrund. So ist der Anschluss Europas an das amerikanische und das japanische Netz bereits Wirklichkeit geworden. In Europa ist gleichzeitig mit den nationalen Fernsehnetzen ein engmaschiges Netz von ständigen Richtstrahlverbindungen entstanden, welches die europäischen Staaten nicht nur untereinander, sondern beispielsweise auch mit Marokko und Tunesien verbindet.

Die internationale Zusammenarbeit und die Koordination der verschiedenen Interessen der einzelnen Staaten sowie ihrer Rundfunkanstalten werden durch

1604 eine Reihe von Organisationen gewährleistet, die sich gleicherweise mit Radio und Fernsehen befassen. Als wichtigste und zugleich älteste dieser Organisationen ist hier vor allem die «Union internationale des Télécommunications » (UIT) zu nennen, der die meisten Staaten der Welt angehören. Sie hat ihren Sitz in Genf und ist von den Vereinten Nationen als die für das Fernmeldewesen zuständige Sonderorganisation anerkannt. Zu ihren Aufgaben gehörten namentlich die Verteilung der Sendefrequenzen und die Festlegung der international anwendbaren technischen Normen.

\ Für das westeuropäische Fernsehen massgebend und unentbehrlich ist sodann die «Union Européenne de Radiodiffusion» (UER), deren Geschäftsstelle und Eurovisionszentrum sich in Genf, das technische Zentrum sich in Brüssel befinden. Als privatrechtliche Dachorganisation umfasst die UER 28 Fernsehorganisationen in 25 Ländern Westeuropas, Vorderasiens und Afrikas als Aktivmitglieder, ferner 48 Rundfunkorganisationen in 34 Ländern in der ganzen Welt als ausserordentliche Mitglieder. Die UER besorgt die Organisation und die technische Überwachung der Eurovisionssendungen, sie betreut den täglichen Austausch gefilmter Nachrichten (News-Exchange) zwischen den nationalen Fernsehdiensten und den interkontinentalen Programmaustausch, sie vermittelt Programmangebote, unterstützt Programmwettbewerbe und fördert Schulungskurse für technische und Programm-Mitarbeiter der nationalen Rundfunk- und Fernsehanstalten und anderes mehr.

Die «Organisation Internationale de Radiodiffusion et Télévision» (OIRT) mit Sitz in Prag spielt für die Ostblockländer etwa die gleiche Rolle wie die UER für Westeuropa; als Gegenstück zur Eurovision führt sie den internationalen Programmaustausch unter dem Namen Intervision durch. UER und OIRT haben in den letzten Jahren begonnen, in zunehmendem Masse Programme auszutauschen oder über das Eurovisions- und Intervisionsnetz gemeinsam zu übertragen.

u. Der technische Weiterausbau des Fernsehens in der Schweiz A. Das Sendernetz 1. Der europäische Wellenplan von Stockholm 1961 Elektromagnetische Wellen, wie sie auch das Fernsehen benützt, folgen physikalischen Ausbreitungsgesetzen und unterliegen keiner Beeinflussung durch politische Staatsgrenzen. Damit sich die verschiedenen Sender nicht gegenseitig stören, ist eine gemeinsame
Frequenzplanung auf internationaler Ebene für alle drahtlosen Dienste unumgänglich. Diese wichtige Koordinierungsaufgabe erfüllt die «Union Internationale des Télécommunications» (UIT). In ihrem Rahmen wiesen die Vertreter der Fernmeldebehörden bereits 1947, anlässlich einer Weltkonferenz in Atlantic City, dem Fernsehen vier Wellenbänder zu, nämlich deren zwei auf Meterwellen und zwei weitere auf Dezimeterwellen.

Eine erste europäische Regionalkonferenz, die 1952 in Stockholm tagte, unterteilte in der Folge die beiden Meterwellen-Bänder in Fernseh-Sendekanäle und

1605 ordnete diese den verschiedenen Sendern Europas derart zu, dass jedem Staat ein störfreier Empfang seiner Fernsehprogramme auf seinem Territorium garantiert werden konnte. Die Schweiz und ihre Nachbarländer bauten auf diesem Frequenzplan mit den Kanälen 2-12 die Sendernetze für ihr erstes Fernsehprogramm auf.

Rückblickend kann festgestellt werden, dass der Plan von 1952 seinen Zweck voll erfüllte, nicht zuletzt deshalb, weil er von allen Staaten strikte eingehalten wurde. (Anders verhält es sich leider beim Kopenhagener Wellenplan von 1948 für das Radio, an den sich viele Partner nicht mehr halten, mit der Folge, dass der Empfang im Mittelwellenbereich weitgehend gestört ist.)

Nachdem in den USA anfangs der fünfziger Jahre auch die Dezimeterwellen für das Fernsehen technisch erschlossen und dort nach anfänglichen Schwierigkeiten mit gegenseitigen Störungen von Sendern einwandfreie Unterlagen für die Netzplanung ausgearbeitet worden waren, beschlossen die Fernmeldeverwaltungen Europas, auch auf unserem Kontinent die Dezimeterwellen dem Fernsehen zu öffnen.

So tagte 1961 eine Expertenkonferenz in Cannes, um die wissenschaftlichen Grundlagen zusammenzutragen und die technischen Probleme zu diskutieren, die vor der Ausarbeitung eines Frequenzplanes gelöst werden mussten. Die Schlussfolgerungen der 121 Spezialisten aus 19 Ländern erlaubten es hierauf, im folgenden Jahr an der zweiten Stockholmer Konferenz 1962 in einem weiteren Vertragswerk auch die vierzig Kanäle (21-60) auf Dezimeterwellen so auf die europäischen Sender zu verteilen, dass eine bestmögliche Nutzung des Frequenzspektrunis unter Vermeidung gegenseitiger Störungen gewährleistet wurde.

Da in allen Staaten Europas das Fernsehen als landesweiter, öffentlicher Dienst ausgestaltet ist, galt übereinstimmend der Grundsatz, jedem Land mehrere nationale Senderketten zu ermöglichen, deren Programme die ganze Bevölkerung bei zumutbarem Empfangsaufwand in einwandfreier Qualität erreichen sollen. Der zweite Frequenzplan von Stockholm, als Kernstück des Abkommens, sichert denn auch jedem Land eine Vollversorgung seines Gebietes 'mit mindestens zwei weiteren Fernsehprogrammen; einige Staaten entschieden sich sogar für drei Programme, wobei aber andere Dienste zusätzliche Kanäle an das Fernsehen abtreten mussten. Die technischen Gegebenheiten
erlaubten es hingegen leider nicht, auch überall den Empfang von Programmen zu garantieren, die von den Sendernetzen des Nachbarlandes (und, im Fall der Schweiz, der Nachbarregionen) ausgestrahlt werden. Eine solche Garantie hätte überall mit dem Verzicht auf landeseigene Programme erkauft werden müssen.

Ausgehend vom Prinzip der Vollversorgung ihrer drei Hauptsprachgebiete hat sich die Schweiz im Rahmen der europäischen Frequenzplanung eine den ändern Staaten gleichwertige Position sichern können. Ihre besondern topographischen und demographischen Verhältnisse fanden dadurch Berücksichtigung, dass auf dem Gebiet der Schweiz und ihrer Umgebung eine höhere Netzdichte für die Basissender vorgesehen wurde als im übrigen Europa. Nur so war es möglich, die nötige Anzahl Kanäle an geeigneten Standorten zu erhalten, um in jeder der

1606 drei Sprachregionen je zwei weitere Senderketten aufzubauen. International wurden damit der Schweiz tatsächlich die technischen Ansprüche von drei kleinen, unabhängigen Fernsehnationen zuerkannt.

Änderungen am Gefüge des Stockholmer Planes sind an sich möglich, wegen der engen Verzahnung über die Grenzen jedoch nur mit ausdrücklicher Zustimmung der von der Umstellung eventuell in ihren Versorgungsnetzen berührten Nachbarstaaten. Diese würden in erster Linie bestrebt sein, ihren Besitzesstand zu wahren, gäben somit ihr Einverständnis nur in den Fällen, die zu ihrem Vorteil gereichten. Eine vollständig von der europäischen Linie abweichende Konzeption dürfte international kaum Verständnis finden und müsste z.B. von der Schweiz im Alleingang durchgefochten werden.

Eine Abkehr von der im Plan festgelegten Netzstruktur käme mit anderen Worten einem Verzicht auf schweizerische Hauptsender gleich. Das Ausland würde sich nämlich die entstehende Situation sofort zunutzemachen, um die bei uns entstehenden Netzlücken für seine Zwecke zu verwenden. Dieser Prozess wäre, einmal eingeleitet, nicht mehr rückgängig zu machen. Der Verzicht auf landesweite Programmketten, die eine Vollversorgung unseres Territoriums erlauben, wäre damit endgültig.

Die Schweiz, als kleines Land im Zentrum Europas, ist auf das internationale Zusammenwirken unbedingt angewiesen, will sie nicht ihren eigenen Fernsehempfang und jenen der angrenzenden Länder empfindlich stören oder sogar verunmöglichen. Die uns international garantierten Frequenzpositionen für insgesamt 112 Hauptsender sind ein wertvolles Gut, das auf keinen Fall verschleudert werden darf.

In den Diskussionen über den Weiterausbau des Fernsehens in der Schweiz ist nun aber verschiedentlich diese Planungsgrundlage für die Sendernetze in Frage gestellt worden. Ausgehend vom Hinweis darauf, dass die im Vergleich zum Ausland doch sehr kleine Bevölkerungsbasis einer schweizerischen Sprachregion wohl kaum drei selbständige Fernsehprogramme finanziell werde tragen können, und geleitet vom Wunsch vieler Fernsehteilnehmer, die Programme des angrenzenden, gleichsprachigen Auslands in möglichst guter Qualität zu empfangen, wurden Pläne entwickelt, die zumeist auf Kleinsender- oder Umsetzernetze hinausliefen und der Bevölkerung eine oft beeindruckende Zahl von Fernsehprogrammen
versprachen.

Diese Gegenvorschläge zum europäischen Planungskonzept gaben, wie schon angedeutet, Anlass zu Auseinandersetzungen in Presse und Öffentlichkeit und zu parlamentarischen Vorstössen. Es soll deshalb hier zusammenfassend dargestellt werden, aus welchen Gründen der Bundesrat den international abgesprochenen technischen Rahmen unbedingt respektieren will. Er ist nämlich der Meinung, dass gerade die Konzeption der Vollversorgung des Landes mit unabhängigen Netzen für jedes Sprachgebiet die bestmögliche Lösung darstellt, weil sie die grösste Freizügigkeit, auch für die Zukunft, in der programmlichen Benützung garantiert.

1607 2. Die Rolle des Auslandempfangs In weiten Teilen unseres Landes können neben den schweizerischen Fernsehsendern auch ausländische Programme direkt empfangen werden; denn in der Schweiz als kleinem Binnenland ist kein Ort weiter als etwa 75 km von der Landesgrenze entfernt. Die Sicherstellung der störungsfreien Versorgung unserer Nachbarstaaten mit ihren Programmen führt zu grenzüberschreitenden Empfangszonen in der Schweiz. Die Grenzen dieser Gebiete sind ganz zufällig.

Einmal werden sie durch ein topographisches Hindernis, anderswo vielleicht aber durch Störungen eines ändern Senders gezogen, da der massgebende Stockholmer Plan auf der Grundlage nationaler Netze aufbaut und dementsprechend einen Schutz vor Störungen nur für das Gebiet des Ursprungslandes einschliesst.

Die Folge davon ist, je nach lokalem Standort, eine Ungleichheit des Auslandempfangs.

Diejenigen Schweizer, denen kein direkter Auslandempfang möglich ist, fühlen sich verständlicherweise benachteiligt und erwarten vom Weiterausbau des Fernsehens in der Schweiz in erster Linie eine Gleichstellung mit dem ändern Teil der Bevölkerung. Dieses Anliegen gab Anlass zu Begehren nach lokalen Umsetzern zur Verbreitung ausländischer Programme in Gebieten ohne direkten Auslandempfang. Da aber solche Umsetzer notwendigerweise auf dieselben Sendefrequenzen hätten greifen müssen, die unserem Land bei der internationalen Planung für seine Programmnetze zugeteilt worden waren und ein Nebeneinanderbestehen von Umsetzern und eigenen Sendern auf gleichen Frequenzen zum vorneherein ausgeschlossen ist, mussten diese Gesuche abgelehnt werden.

3. Alternativen der Netzplanung a. Der «Plan Hochmann» Da somit den Anhängern von Auslandumsetzern in unserem Land der geplante Ausbau der schweizerischen Sendernetze im Weg stand, wurden die von den PTT-Betrieben angewendeten Planungsprinzipien für die Fernseh-Sendernetze in der Folge auf das heftigste kritisiert. Besonders Herr Artur Hochmann in Zürich trat als Wortführer dieser Opposition hervor. Er war überzeugt, dass die Ablehnung einer Konzessionierung von Auslandumsetzern ausschliesslich aus politischen Gründen erfolge, und dass die angeführten technischen Argumente lediglich einen Vorwand darstellten, um der schweizerischen Bevölkerung eine Verbesserung des Empfangs ausländischer Programme
vorzuenthalten. In zahlreichen Zeitungsartikeln versuchte er hierfür den Beweis anzutreten. So war im «Tagesanzeiger» vom 19.März 1965 zu lesen: «Die Lösung des Problems der Versorgung aller Schweizer (sogar aller europäischen) Fernsehteilnehmer, beispielsweise mit zehn Fernsehprogrammen und einer praktisch unbegrenzten Zahl von Radioprogrammen in bester Qualität, sehen wir in der Errichtung eines Netzes von Sendestationen, die für jedes übertragene Fernsehprogramm je einen sog.

Umsetzer (Kleinsender) enthalten, sowie für alle Radioprogramme zusammen einen weiteren solchen Sender. » Er behauptete, die Gefahr der gegenseitigen Stö-

1608 rangen dieser Stationen durch deren «bewusst begrenzte Reichweite von etwa 20 Kilometern» umgehen zu können, indem er sie «auf niedrigen Geländepunkten plazieren» und deren Sendeleistung auf 100 Watt beschränken würde. «Eine Erhöhung der Leistung auf das Zehntausendfache - wie es die PTT plant und wie es im umgebenden Ausland praktiziert wird - bringt bloss eine Erhöhung der Reichweite auf das vielleicht Drei- bis Fünffache Die Sinnlosigkeit solcher Planung liegt also klar zutage. » Zur Abklärung der aufgeworfenen Streitfragen wandte sich das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement zunächst an einen schweizerischen Fachmann, Herrn Prof. Dr. Ernst Baumann von der ETH. Er betonte, die Konzeption von Herrn Hochmann weiche dermassen von den auf der ganzen Welt üblichen Systemen für die öffentliche Verbreitung von Fernsehsignalen ab, dass grösste Bedenken hinsichtlich ihrer allgemeinen Realisierbarkeit bestünden.

Nachdem dann die Diskussion über diese Probleme mit der Interpellation von Herrn Nationalrat Müller-Bern ins Parlament vorgetragen worden war, holte der Vorsteher des zuständigen Departementes im April 1966 zwei weitere wissenschaftliche Expertisen ein, um eine umfassende Beurteilung der von Herrn Hochmann vertretenen Auffassungen zu erhalten. Wenn sich dabei das Departement an ausländische Autoritäten wandte, so deshalb, weil es sich hier um ein ausgesprochenes technisches Spezialgebiet handelt und ausserdem diese Fragen offensichtlich nicht bloss die nationale Fernsehversorgung berühren, sondern auch mit dem internationalen Planungsverfahren eng verquickt sind. Bei der Wahl der Experten war zudem zu beachten, dass womöglich nicht ausländische Schwesterverwaltungen beigezogen werden durften, da diese als Mitunterzeichner des Stockholmer Vertragswerks möglicherweise der Befangenheit bezichtigt worden wären.

In diesem Sinn wurden das technische Zentrum der UER in Brüssel und das «Institut für Rundfunktechnik» (IRT) in Hamburg mit den Gutachten betraut.

Beide Stellen verfügen über einen Stab technischer Spezialisten auf dem in Frage stehenden Gebiet und sind von den PTT-Verwaltungen unabhängig. Diese technischen Institutionen der europäischen bzw. deutschen Programmgesellschaften haben denn auch sogar zur Aufgabe, die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber den PTT-Behörden zu
vertreten.

Anlässlich der Beantwortung der Interpellation von Herrn Nationalrat Conzett wurde über die Schlussfolgerungen der inzwischen eingetroffenen Gutachten Aufschluss gegeben. Beide hatten einhellig festgestellt, dass eine Vollversorgung des Landes durch das vorgeschlagene Kleinsendernetz unmöglich sei, da im überwiegenden Teil des Empfangsgebietes mit langandauernden, unzumutbaren Störungen zu rechnen wäre. Höchstens 15% der Fläche kämen in den Genuss eines Fernsehempfangs, wie er den in allen Ländern Europas festgelegten Qualitätsnormen entspricht.

Der Irrtum von Herrn Hochmann besteht darin, dass er in seinem Netzplan insbesondere die Tatsache der troposphärischen Wellenausbreitung überhaupt nicht berücksichtigt. Entgegen einer immer noch häufig verbreiteten Ansicht geht nämlich die Reichweite der für das Fernsehen verwendeten Meter- und Dezimeterwellen über den Horizont hinaus, weil sie in der Troposphäre gebrochen und

1609 teilweise wieder zum Erdboden zurückgeführt werden. Sie wirken dort, wenn auch mit geringer Feldstärke, als Störquellen für Fernsehsendungen, die auf dem gleichen oder unmittelbar benachbarten Kanal empfangen werden. Diese Erscheinung ist der Fachwelt bekannt und wurde an einer Vielzahl von Sendern in aller Welt genau erforscht, so dass den Planern darüber längst einwandfreie Unterlagen zur Verfügung stehen.

Es kann hier besonders auf die bereits erwähnten praktischen Erfahrungen in den USA hingewiesen werden. Als nämlich die Zahl der dortigen Fernsehsender 108 erreicht hatte und auf Grund der damals geltenden Kanalverteilung weitere 526 Gesuche vorlagen, sah sich die verantwortliche Bundesbehörde, die «Federai Communications Commission» (FCC) 1948 genötigt, sämtliche neuen Bewilligungen vorübergehend einzustellen. Um die mit der wachsenden Anzahl Stationen rasch zunehmenden gegenseitigen Störungen zu vermeiden, erwies sich eine bessere Abklärung der Ausbreitungseigenschaften der Wellen als unumgänglich.

Die Sperre («Freeze») der Neuzulassungen dauerte ganze zweienhalb Jahre, bevor die FCC auf Grund ausgedehnter Messungen und einer neuen Frequenzplanung den Weiterausbau des nordamerikanischen Sendernetzes freigeben konnte.

Wegen der festgestellten troposphärischen Ausbreitung der Wellen musste die Distanz zwischen den Sendern beträchtlich erhöht werden. Gerade die in den US A am praktischen Beispiel gewonnenen Messergebnisse bildeten dann aber den Grundstock an Daten, auf die die europäischen Planer in Stockholm ihr Werk aufbauten.

Bereits vor der Orientierung im Nationalrat zogen die Initianten der Kleinsender-Thesen die Unvoreingenommenheit der Experten in Zweifel und sprachen von Gefälligkeitsgutachten. Mit einer umfangreichen Pressekampagne forderten sie die Durchführung von eigenen Messungen und Versuchen zur Abklärung der Verhältnisse. Bei dieser Gelegenheit wurde wiederholt auch ein Beizug von Professoren der schweizerischen Hochschulen gewünscht. Im gleichen Sinn reichte Herr Nationalrat Eibel am 20. September 1966 eine Motion ein, welche den Bundesrat ersuchte : a. die Möglichkeiten des systematischen Einsatzes von Kleinumsetzern in der Fernsehplanung im Meter- und Dezimeterbereich durch unabhängige Fachleute (z. B. das Institut für Hochfrequenztechnik an der ETH) untersuchen
zu lassen.

b. unter der Aufsicht dieser Fachleute Messungen zu veranlassen, welche die Frage der Durchführbarkeit der neuen Pläne eindeutig abklären; c. zu den Untersuchungen und Messungen unter a. und b. die Hauptinitianten des Kleinumsetzersystems einzuladen und anzuhören; d. bis zur restlosen Abklärung dieser Fragen den Ausbau der sogenannten «zweiten Programmkette» auf Dezimeterwellen zu sistieren, um die künftige Entwicklung nicht durch kostspielige Investitionen zulasten der Fernsehteilnehmer und der PTT zu präjudizieren;

e. Praktische Versuche zur Erprobung lokaler Empfangsverhältnisse und gegebenenfalls den Bau einer Versuchsanlage zur Erprobung der Verbesserungsvorschläge zu ermöglichen. Für eine solche Anlage eignet sich der Raum Zürich infolge seiner Bewohnerdichte besonders gut; jedoch sind auch Versuche in anderen Landesteilen erwünscht; /. den vollen Wortlaut der bisher ergangenen Gutachten, samt den Fragen, die sie zu beantworten hatten, zu veröffentlichen;

1610 g. vom Institut für Hochfrequenztechnik an der ETH eine fachtechnische Stellungnahme zu den bisher ergangenen Gutachten einzuholen und zu veröffentlichen.» Das Departement unterbreitete die beiden Expertisen der UER und des IRT sowie eine Replik von Herrn Hochmann hierzu, den Herren Prof. Dr. Fritz Borgnis (ETH) und Roger Dessoulavy (EPUL) zu einer weiteren, unabhängigen Begutachtung der Angelegenheit.

Die beiden Professoren gelangten in ihren Untersuchungen wiederum einhellig zur Ansicht, dass die Thesen für eine landesweite Versorgung mit 10 oder mehr Fernsehprogrammen durch Kleinsender einer wissenschaftlichen Begutachtung nicht standhielten und deshalb nicht befürwortet werden könnten.

Die Professoren unterzogen sich darüber hinaus der Aufgabe, abzuklären, ob im Rahmen der internationalen Planungskonzeption nicht doch noch Möglichkeiten bestünden, um den schweizerischen Fernsehteilnehmern mehr als die vorgesehenen zwei weiteren Programme auf Dezimeterwellen ins Haus zu bringen.

Sie kamen zum Schluss, dass dies nicht der Fall sei, sofern eine Vollversorgung des Landes mit diesen Programmen gewährleistet werden solle. Lediglich in gewissen Gegenden, besonders in Gebirgstälern, dürfe erwartet werden, dass einzelne Kanäle unbelegt blieben, die alsdann lokal zur Verbreitung zusätzlicher Programme verwendet werden könnten. Bei deren Freigabe dürfe aber nicht etwa eine gleichmässige Berücksichtigung verschiedener Ortschaften und Gebiete erwartet werden, da Ort und Ausdehnung dieser «Frequenzlücken» ausschliesslich durch die topographischen Verhältnisse bestimmt seien.

Eindeutiges Ergebnis all dieser Abklärungen war die Feststellung, dass die gesamtschweizerische und international in einem Vertragswerk verankerte Planung der PTT-Betriebe die bestmögliche Ausnützung des Frequenzbandes für eine landesweite Versorgung der Bevölkerung mit Fernsehprogrammen gewährleistet. Die vorgeschlagenen Kleinsender- oder Umsetzernetze können weder eine grössere Auswahl an Programmen zur Verfügung stellen noch den Empfang verbessern. Anhand des umfangreichen statistischen Materials über die Wellenausbreitung, das auf einer sehr grossen Zahl internationaler Messungen und Versuchsreihen unter den verschiedensten topographischen Bedingungen basiert, ist schlüssig zu beweisen, dass ein dichtes Netz von Kleinsendern
im Sinne der Vorschläge für die Verbreitung eines Programmes sogar mehr Kanäle beansprucht. Dies bedeutet mit ändern Worten, dass der von den Initianten geforderte Verzicht auf ein Basisnetz von Sendern mit grosser Leistung und hohem Standort dazu führen müsste, dass nicht einmal mehr eine Versorgung der ganzen Bevölkerung mit zwei zusätzlichen Programmen gewährleistet werden könnte.

Anderseits wurde erneut bestätigt, dass, auch bei bestmöglicher Ausnützung des vorhandenen Frequenzbandes, an irgendeiner Stelle der Schweiz nicht mehr als zwei weitere Programme mit Sicherheit störfrei vermittelt werden können.

(Die später eventuell übrigbleibenden «Frequenzlücken» bilden die Ausnahme.)

Spezielle Programmwünsche einzelner Gebiete müssen deshalb notwendigerweise mit einem der beiden Sender, die der Frequenzplan für das in Frage stehende Gebiet vorsieht, erfüllt werden.

1611 b. Freigabe einer Programmkette In Anbetracht dieser Sachlage wurde deshalb auch einfach die Freigabe der Kanäle einer der beiden neuen Senderketten für Auslandumsetzer gefordert.

Wie bereits einleitend erwähnt wurde, hätte das Abweichen vom internationalen Plankonzept einen unwiederbringlichen Verzicht auf diese Senderkette und damit für alle Zeiten auch der Bedienungsmöglichkeit unserer Bevölkerung mit einem eigenen Programm zur Folge. Abgesehen davon stellt dieser Vorschlag aber auch eine technisch schlechte Lösung für die angestrebte Erweiterung des Empfangsbereiches eines ausländischen Programms in der Schweiz dar.

Umsetzer sind nämlich nicht nur auf eine Sendefrequenz, sondern zudem auf den direkten Empfang des gewünschten Programms an ihrem Standort angewiesen, das siedann auf einenneuen Kanal umsetzen und abstrahlen. Diese Bedingung des direkten Empfangs kann nun niemals überall als erfüllt betrachtet werden, wo die Versorgung die Aufstellung eines Umsetzers verlangt. Je weiter in die Alpentäler eingedrungen werden muss, desto seltener werden die Standorte, die sowohl für den Empfang des ausländischen Senders wie auch für die angestrebte Versorgung durch den Umsetzer gleich geeignet sind. Dazu kommt, dass, je grösser die Distanz zum ausländischen Muttersender ist, der Empfang desto unsicherer und schlechter wird. Er kann, wie bereits erwähnt, gegen Störungen durch andere Sender nicht sicher geschützt werden. Eine Weitergabe des ausländischen Programms von Umsetzer zu Umsetzer ist an sich auch möglich, findet aber an der bei jeder Umsetzung sich summierenden Qualität seinbusse ihre Grenzen.

An eine Vollversorgung einer ganzen Sprachregion mit einem ausländischen Programm allein über Umsetzer kann deshalb nicht gedacht werden. Die Ausnützung der vorhandenen Sendefrequenzen wäre im Gegenteil äusserst schlecht und das Opfer einer ganzen Programmkette deshalb nicht zu verantworten.

Im Zusammenhang mit den Gutachten zu den vorgeschlagenen Kleinsendernetzen wurde seinerzeit den Initianten bescheinigt, dass Umsetzerstationen für die Versorgung eines einzelnen Gebietes, z. B. einer Stadt mit einer Vielzahl von Fernsehprogrammen technisch an sich möglich sind. Je mehr Programme an einem Ort gesendet werden sollen, desto weiter auseinander liegen aber die Gebiete, in denen dasselbe getan
werden könnnte. Dazwischen kämen ausgedehnte Regionen zu liegen, in welchen ein Fernsehempfang wegen der gegenseitigen Störungen kaum bis gar nicht möglich wäre. Im übrigen hätten diese Stationen zu verschwinden, sobald die Landesnetze in Betrieb kommen, da letztere die verfügbaren Sendefrequenzen benötigen.

Damit war klargestellt, dass jeder Anspruch einer Gegend auf eine Versorgung mit mehr als zwei Programmen auf Dezimeterwellen durch lokale Sender unweigerlich auf Kosten der umliegenden Regionen geht, die dann überhaupt nicht mehr bedient werden können.

Einzig geleitet von der technischen Möglichkeit derartiger Einrichtungen und dem Vorteil, den diese einer ausgewählten Bevölkerungsgruppe bringen könnten, waren die Promotoren indessen bereit, die Idee der Gleichberechtigung aller Schweizer zu opfern. Sie bezeichneten ihre Mehrprogramm-Unisetzer als

1612 «drahtlose Gemeinschaftsanlagen» und wiesen auf das amerikanische Beispiel hin, wo in einzelnen Grossstädten eine grosse Anzahl von Fernsehprogrammen zu empfangen ist. Demgegenüber erscheine das Angebot der PTT-Betriebe von insgesamt nur drei Programmen sehr dürftig.

Die Unterschiede zu den USA sind zum kleineren Teil technisch, zur Hauptsache jedoch politisch bedingt.

Die amerikanische Fernsehnorm benötigt wegen der geringeren Bildschärfe auch einen kleineren Anteil des Frequenzspektrums pro Kanal. Zudem wurde in den USA ein grösserer Teil des Spektrums dem Fernsehen zugeteilt, als es die europäischen Staaten für notwendig erachteten. Deshalb stehen den amerikanischen Frequenzplanern insgesamt 83 Kanäle zur Verfügung gegenüber den 51 in Europa.

Im Gegensatz zu Europa ist in den USA das Fernsehen ausserdem nicht als landesumfassender öffentlicher Dienst konzipiert, sondern es wird lokal dem privatwirtschaftlichen Bereich überlassen. Die Finanzierung der Betriebs- und Programmkosten geschieht durch den Verkauf von Sendezeit an Firmen, die darin ihre Reklame unterbringen. Da Sendekanäle in grossen Bevölkerungszentren kommerziell besonders wertvoll sind, währenddem in ländlichen Gebieten ein Sender nur eine beschränkte Empfängerzahl erreicht, wird das Staatsgebiet in drei Zonen unterschiedlicher Bevölkerungsdichte eingeteilt. Grossstädte erhalten eine grösstmögliche Zahl von Senderkanälen und damit von Programmen auf Kosten der kleineren Städte und der Landbezirke.

In Europa gibt es auch Gebiete mit grösseren Möglichkeiten der Programmauswahl. Diese werden aber nicht etwa nach kommerziellen Gesichtspunkten ausgewählt, sondern ergeben sich durch die Überschneidung der Landesoder Regionalnetze. Die Stadt Basel an einer Dreiländerecke ist deshalb besonders bevorzugt, wie aber auch etwa das Gebiet des oberen Bodensees. Im Rahmen des europäischen Frequenzplanes ist es deshalb ganz aussichtslos, alle Schweizer hinsichtlich der Programmauswahl etwa den meistbegünstigten Baslern gleichstellen zu wollen. Selbst die Bevorzugung einzelner grosser Städte allein bedeutete die Preisgabe der nationalen Ketten. Der Grundsatz des gleichen Nutzens für alle am nationalen Frequenzgut verbietet es, auf solche Vorschläge einzutreten.

c. Schlussfolgerungen Die genaue Betrachtung all der Folgen, die eine Abkehr
von der europäischen Netzplanung haben müsste, überzeugt den Bundesrat von der Richtigkeit der Senderplanung der PTT-Betriebe. Er hat seine Gründe dafür im wesentlichen bereits am 15. März 1967 bei der Behandlung der Motion von Herrn Nationalrat Eibel dargelegt. In Beantwortung der damals als Postulat überwiesenen Motion lassen sich die Erwägungen des Bundesrates wie folgt zusammenfassen.

Alle Gegenvorschläge beschränken sich - zu Ende gedacht - ausschliesslich auf die Verbesserung örtlicher Empfangsverhältnisse. Sie geben damit nicht nur den Grundsatz der Gleichberechtigung der ganzen Bevölkerung an einem öffentlichen Dienst preis, sondern verwenden die vorhandenen Kanäle denkbar unra-

1613

tionell. Ihre Verwirklichung hätte einen unwiederbringlichen Verlust nationalen Frequenzgutes zur Folge.

Der Netzaufbau nach den in allen Ländern Europas anerkannten Methoden, wie sie im Stockholmer Vertragswerk ihren Niederschlag fanden, stellt die bestmögliche Lösung dar, um die ganze Bevölkerung unseres Landes mit Fernsehprogrammen zu versorgen. Im Gegensatz zu Umsetzern für ausländische Programme besitzen die in der PTT-Planung vorgesehenen Sendernetze drei wesentliche Vorzüge : a. Ihre Programme werden überall nach denselben Qualitätskriterien vermittelt. Sie wären deshalb auch nur für die Verbreitung des Programms eines Nachbarlandes weit besser geeignet als Auslandumsetzer, da sie auch jene Fernsehteilnehmer zu befriedigen vermöchten, die von den ausländischen Sendern schlecht bedient werden. Zonen mit unbefriedigendem Auslandempfang bestehen bekannterweise schon in unmittelbarer Nähe der Landesgrenzen.

b. Der Aufbau autonomer Sendernetze mit getrennter Programmzuführung bietet zudem vollständige Unabhängigkeit bezüglich der Herkunft der Programme. Sie sind nicht wie Umsetzer für alle Zeiten auf diejenigen der Nachbarländer beschränkt, sondern stehen über das internationale Richtstrahlnetz in Verbindung mit den Fernsehstudios der ganzen Welt. Zudem können die Sender jederzeit weitere Programme aus inländischen Quellen vermitteln. Es ist nicht einmal unbedingt notwendig, alle Sender einer Sprachregion dauernd mit denselben Programmen zu speisen ; im Rahmen des Netzplanes wäre auch eine gewisse Unterteilung in kleinere Einheiten möglich.

c. Bei der Übernahme ausländischer Programme mit abweichenden Sendenormen besteht die Möglichkeit, am Richtstrahl-Übergabeort Normwandler zwischenzuschalten und damit diese Programme über die schweizerischen Sender in unserer eigenen Norm auszustrahlen. Umsetzer, die ausländische Sender direkt empfangen, könnten diese Sendungen nur in ihrer ursprünglichen Norm wiedergeben.

Der Bundesrat ist deshalb der Ansicht, dass diese von den PTT-Betrieben in internationaler Zusammenarbeit geschaffene Konzeption verwirklicht werden soll. Technisch gewährleistet sie für die Programmversorgung des Landes die grösstmögliche Freizügigkeit. Sie lässt im weiteren alle Teile des Landes in gleicher Weise am Weiterausbau des Fernsehens teilnehmen und berücksichtigt damit ein
in der Schweiz unumstössliches staatspolitisches Prinzip.

4. Die zeitliche Verwirklichung Die umfangreichen Abklärungen des sendetechnischen Ausbaukonzepts verzögerten naturgemäss den Bau der neuen Sender in der Schweiz, während unterdessen unsere Nachbarn zum Teil schon ein zweites oder gar drittes Programm erhielten. Um den Rückstand aufzuholen, beauftragte das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement die PTT-Betriebe, einen Zeitplan für die raschestmögliche Erstellung der zwei neuen Senderketten aufzustellen. Dabei Bundesblatt. 120. Jahrg.Bd.I

103

1614 sollte vorerst auch der Endausbau der Anlagen für das erste Programm beschleunigt zum Abschluss gebracht werden. Als weitere Auflage wurde festgelegt, dass besondere Sofortmassnahmen zu treffen seien, um den Gebieten ohne Auslandempfang bereits in der ersten Ausbauphase den Empfang eines zweiten Programms zu ermöglichen.

Das Interesse der Öffentlichkeit an einer baldigen Programmvermehrung fand auch in parlamentarischen Vorstössen seinen Niederschlag. So reichte Herr Nationalrat Kurzmeyer am 26. September 1967 ein Postulat des folgenden Inhalts ein : «Für viele Fernsehabonnenten unseres Landes besteht zufolge der örtlichen Lage keine Möglichkeit, alle schweizerischen und die in den wöchentlichen Programmen aufgeführten ausländischen Sendungen zu empfangen.

Der Bundesrat wird daher eingeladen, die Frage zu prüfen, wie in absehbarer Zeit die technischen Massnahmen auf Vermehrung der sogenannten Ketten getroffen werden können, damit der Fernsehempfang möglichst umfassend wird. » Auch im Ständerat interpellierte Herr Borei in ähnlichem Sinne, was dem Bundesrat Gelegenheit gab, übsr den Ausbauplan der PTT-Betriebe kurz zu orientieren.

Es ist demnach vorgesehen, die noch fehlenden 230 Umsetzerstationen für die Schliessung der Versorgungslücken im ersten Programm bis 1972 zu erstellen.

Nach den Berechnungen der PTT-Betriebe werden dann 98,8 % der Bevölkerung in der Lage sein, das Programm ihrer Sprachregion in einwandfreier Qualität zu empfangen. Um dieses Ziel erreichen zu können und jährlich 50 weitere Umsetzer einzurichten, ist das benötigte Personal von den PTT-Betrieben eingestellt worden. Es wird nach Beendigung der ersten Kette sofort für die Umsetzer des zweiten und dritten Programms eingesetzt werden können, da bis dahin die entsprechenden Hauptsender den Betrieb aufgenommen haben werden.

Nach dem Vollausbau werden somit mehr als 350 Stationen das erste Programm, nach Sprachregionen aufgeteilt, übermitteln. Viele dieser Stationen werden auch ändern Zwecken dienen. So werden sie oft auch die für Radio und drahtlose Téléphonie erforderlichen Apparaturen aufnehmen; denn die Zusammenfassung all dieser Dienste ermöglicht einen rationelleren Betrieb und beträchtliche Einsparungen bei den Investitionen.

Es ist im allgemeinen vorgesehen, jede dieser Stationen mit zwei zusätzlichen Fernsehsendern
auszurüsten, die das zweite und dritte Programm auf Dezimeterwellen ausstrahlen werden. Zu diesem Zweck sehen die PTT-Betriebe vor, innerhalb von acht Jahren ein Ausbauprogramm zu verwirklichen, dank welchem 92 % der Bevölkerung in den Genuss der zwei neuen Programme gelangen sollen. Dieser Plan richtet sich, auf der Grundlage der geltenden Hochbauordnung, nach den Lieferfristen für die Ausrüstungen und strebt eine gleichmässige zeitliche Staffelung der Arbeiten an. Danach wird am Ende jedes Jahres folgender Versorgungsgrad erreicht sein : Jahr

Programmll Programmili

1969

45 35

1970

1971

1972

1973

1974

1975

50 38

59 42

68 61

75 75

80 80

88 88

1976

92% 92%

1615 Der Bau der neuen Ketten sollte logischerweise mit der Ausrüstung der Basisstationen beginnen, die das Mittelland bedienen, um mit den Nebensendern in den Bergen zu enden, die von den ersteren abhängen. Dabei müsste aber die Bergbevölkerung, die ja weitgehend keine ausländischen Programme empfangen kann, noch längere Zeit auf ein zweites Programm warten.

Die PTT-Betriebe haben deshalb ein Sofortprogramm für die vorzeitige Ausrüstung von 59 Bergstationen mit Sendern für das zweite Programm innerhalb von zwei Jahren ausgearbeitet. Dank provisorischer Verbindungen werden diese Stationen das Programm eines ändern Sprachgebietes übertragen können.

Die Sender des Sofortprogramms werden sich später mit dem Fortschreiten des Ausbaus gemäss dem vorerwähnten allgemeinen Plan organisch in die zweite Kette einfügen. Nach ihrem Einbau in die zweite Kette werden sie selbstverständlich das betreffende Programm übernehmen.

Aus rein technischen Gründen (nämlich wegen der für die Lieferung, den Bau und die Einrichtung erforderlichen Fristen) kann das Sofortprogramm nicht in allen Alpentälern verwirklicht werden. Es beschränkt sich auf folgende Gebiete : - Zentralschweiz: -

Kanton Uri sowie die Versorgungslücken des Rigisenders.

Ostschweiz: Rheintal von Disentis bis zum Bodensee samt einigen Seitentälern.

Tessin: Leventina, Bedrettotal, Maggiatal, Misox sowie wichtige Gebiete des Sotto-Ceneri.

Engadin: Ganze Talschaft sowie das Bergellund das Puschlav.

Wallis: Rhonetal oberhalb Martigny sowie die wichtigsten Seitentäler.

Berner Oberland : Aaretal oberhalb Bern, Simmental sowie einige benachbarte Gebiete.

Gesamthaft werden die Stationen des Sofortprogramms 10-12 % der Bevölkerung des Landes und nahezu 90 % der Bergbevölkerung bedienen.

5. Die Kosten der PTT-Betriebe

Seit der Einführung des Fernsehens haben die PTT-Betriebe bisher 70 Mio Franken für Fernsehanlagen ausgegeben. Bis 1975 müssen zur Verwirklichung der aufgeführten Projekte insgesamt weitere 170 Millionen investiert werden.

Diese Summe verteilt sich wie folgt : 1. Kette (Fertigstellung und Erneuerung) 15 Mio Franken 2. Kette 40 Mio Franken 3. Kette 40 Mio Franken Studioausrüstungen (davon 48 Mio Franken für die Farbe) 75 Mio Franken

1616 Die Betriebskosten, einschliesslich der Amortisation, dürften voraussichtlich von den PTT-Betrieben aus ihrem SOprozentigen Anteil an den Konzessionsgebühren bis etwa 1974 gedeckt werden. Diese Annahme stützt sich auf einen geschätzten Teilnehmerbestand von 1,67 Millionen im Jahre 1974, bei gleichbleibenden Gebührenansätzen. Dabei kann auch das Betriebsdefizit aus der Versuchsperiode von ursprünglich 24,5 Mio Franken voll abgetragen werden.

Unter diesen Voraussetzungen erscheint der Ausbauplan der PTT-Betriebe auch finanziell als gesichert. Um die Vorarbeiten für eine sofortige Inangriffnahme des Netzausbaus nicht länger zu verzögern, wurden die Mittel für die dringendsten Materialbestellungen über Nachtragskreditbegehren für 1967 (II. Teil) und durch Einstellung in den Voranschlag für 1968 anbegehrt und bewilligt.

B. Das Farbfernsehen Die Übertragung farbiger Fernsehbilder erfolgt technisch dadurch, dass dem schwarzweissen Bild ein zusätzliches Element beigegeben wird, das auf einem entsprechend ausgerüsteten Empfänger dieses Bild in Farben erscheinen lässt. Farbfernsehen stellt deshalb nicht etwa eine grundsätzlich neue Technik dar, sondern ist als eine natürliche Vervollständigung der schwarzweissen Bildübertragung aufzufassen. Dadurch ist auch sichergestellt, dass die beiden Systeme «kompatibel» sind, d. h., dass man mit Schwarzweissempfängern Farbbilder und mit Farbempfängern auch schwarzweisse Sendungen empfangen kann.

1. Fragen der Übertragungsnormen Das schwarzweisse Bild stellt überall die Grundlage des Farbfernsehens dar.

Europa ist jedoch bereits geteilt, was die Schwarzweissnorm anbetrifft; es gibt hier nicht weniger als acht verschiedene Systeme. Die Mehrheit der Länder, darunter die Schweiz, verwendet auf ihren Sendern die «europäische» Norm mit 625 Zeilen. Frankreich betreibt seine erste Kette mit 819 Zeilen und die zweite mit einem eigenen System von 625 Zeilen, das sich in mannigfacher Beziehung von unserer Norm unterscheidet.

Die Industrie hat sich dieser Situation angepasst und bietet Mehrnormenempfänger an, die allerdings etwas teurer sind als die einfachen Geräte für den Empfang von nur einem System. Jene Geräte sind auch in der Schweiz sehr verbreitet und werden überall da verwendet, wo neben unseren Programmen auch diejenigen Frankreichs empfangen werden können.

Die Fachleute Europas hatten ursprünglich die Hoffnung gehegt, zumindest für die neuen Senderketten auf Dezimeterwellen die Norm in ganz Europa vereinheitlichen zu können. Das Farbfernsehen hätte darauf ebenfalls nach einem Einheitssystem eingeführt werden können. Das Scheitern dieser Bestrebungen ist bedauerlich, doch dürfen die Auswirkungen auch nicht überbewertet werden.

1617

2. Die Wahl des Farbsystems Nachdem es nicht möglich war, auch nur für die schwarzweisse Grandlage des Fernsehbildes eine Einigung zu erzielen, oblag es den einzelnen Ländern zu entscheiden, auf welche Weise sie auf ihrem Gebiet die Farbkomponente mitübertragen wollten. Zwei Verfahren standen hierfür im Vordergrund : - PAL, eine in Deutschland entstandene Weiterentwicklung des seit Jahren in den USA verwendeten Systems NTSC, - SECAM, eine französische Entwicklung mit grundsätzlichen Abweichungen.

Auf Vorschlag der PTT-Betriebe entschied der Bundesrat am 15. August 1967, die Farbe im schweizerischen Fernsehen nach dem PAL-Verfahren einzuführen.

Bei der Wahl des zweckmässigsten Systems hatte der Bundesrat sowohl technische wie auch wirtschaftliche und allgemein politische Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Objektive technische Vergleichsmessungen, welche die PTT-Betriebe durchführten, haben für das PAL-System eindeutig die besten Übertragungsresultate ergeben. Die europäische Staaten mit derselben Schwarzweissnorm wie die Schweiz haben im allgemeinen dem PAL-Verfahren den Vorzug gegeben. So ergab sich eine zentrale Staatengruppe mit einheitlichen Empfängernormen, innerhalb welcher dank des grossen Absatzmarktes mit günstigen Preis- und Qualitätsbedingungen gerechnet werden kann.

Die PAL-Farbnorm macht zudem im grössten Teil der schweizerischen Grenzgebiete den direkten Auslandempfang mit einem Einnormengerät möglich.

Im Empfangsbereich französischer Sender allerdings ist für den Auslandempfang ein Mehrnormengerät nötig. Insofern sind die Fernsehteilnehmer der französischsprechenden Schweiz zweifellos benachteiligt, was auch dem Bundesrat nicht entging. Entgegen einer in der Öffentlichkeit weitverbreiteten Auffassung wäre mit einem Entscheid zugunsten von SECAM allein ihre Lage nicht verbessert worden. Ausschlaggebend ist nämlich, dass bereits das französische Schwarzweissbild wesentlich von unserer Norm abweicht. Man hätte also gleichzeitig auch die schweizerische Schwarzweissnorm ändern müssen. Damit wäre aber ein Ersatz der bestehenden Empfangsapparate unumgänglich geworden, von der kostspieligen Umstellung unseres Sendernetzes ganz zu schweigen. Wie immer im einzelnen der Entscheid auch ausgefallen wäre, so hätte sich die Verwendung von Mehrnormengeräten in unserem Lande
nicht vermeiden lassen.

Nach der Wahl von PAL befindet sich die Westschweiz in der gleichen Lage wie die übrigen an Frankreich angrenzenden Länder. Für den dort überall benotigten Mehrnormenempfänger darf ein grosses Absatzgebiet erwartet werden, und die Industrie ist denn auch daran, einen solchen Empfänger auf den Markt zu bringen.

3. Die Einführung der Farbe Seit dem Entscheid des Bundesrates haben die PTT-Betriebe die Anpassung der Sender und des Zubringernetzes für die Farbübertragung an die Hand ge-

1618 nommen. Der Grossteil dieser Arbeiten konnte im Januar 1968 bereits abgeschlossen werden, um versuchsweise Farbsendungen aus dem Ausland auszustrahlen. Die PTT-Betriebe haben auch bereits eine Farb-Grundausrüstung in Auftrag gegeben, die es den Studios erlauben wird, ab Herbst 1968 mit eigenen Beiträgen in Farben zu beginnen.

Die Erfahrungen der ersten Monate des Farbfernsehens in Europa zeigen, dass trotz der höheren Empfängerpreise das Farbfernsehen bei vielen Fernsehzuschauern Zuspruch finden wird. Überall wird heute schon vorgesehen, den Anteil der Farbsendungen rascher als ursprünglich beabsichtigt zu vergrössern. In diesem Sinne haben die PTT-Betriebe und die SRG die Ausrüstungspläne für die neuen Studiokomplexe in Zürich, Genf und Lugano vorbereitet, die nach ihrer Fertigstellung (1971/72) die Produktion eines namhaften Anteils an Farbprogrammen erlauben werden. In der Zwischenzeit werden bereits Farbreportagewagen angeschafft.

Es ist selbstverständlich, dass auch die zwei neuen Sendernetze von Anfang an auf das Farbfernsehen hin ausgelegt werden. Die Kostenaufstellung der PTT-Betriebe auf Seite 1615 umfasst denn auch alle Aufwendungen für das Farbfernsehen bis 1975.

C. Die örtliche Programmvermehrung

1. Die technischen Möglichkeiten Mit dem geplanten Sendernetz ist der technische Bereich abgesteckt, soweit er die Interessen der Allgemeinheit am Ausbau des Fernsehens berührt. Es soll hier aber auch erwähnt werden, welche Möglichkeiten die Technik darüber hinaus der privaten Initiative noch offenhält, um die Fernsehbedienung durch eine erweiterte Programmauswahl zu verbessern.

Für die Vermehrung der Programme kommt in erster Linie der Empfang ausländischer Sender oder derjenigen der schweizerischen Nachbarregionen in Frage. Normalerweise wird der direkte Fernsehempfang über die Grenzen nicht in derselben Qualität gefordert werden können, wie er von den einheimischen Sendern geboten wird. Je weiter man sich vom Sender entfernt, desto unsicherer wird der Empfang; zunächst, weil er schwächer wird, dann aber auch, weil er durch andere Sender gestört werden kann. Wie bereits erwähnt, kann der europäische Frequenzplan nur eine Sicherheit vor Störungen innerhalb eines gewissen Umkreises eines Senders gewährleisten. Ausserhalb dieser Versorgungszone müssen andere, näherliegende Sender geschützt werden, d. h. letztlich die in der eigenen Fernsehregion aufgestellten Stationen.

Die Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Empfangs sind deshalb durch die Topographie des Geländes zwischen Sender und Empfangsort, wie aber auch durch die Einwirkungsmöglichkeit aller ändern Sender der nähern und weitern Umgebung bestimmt. Ein wesentlicher Einfluss kommt hierbei der örtlichen Empfangslage zu, besonders in hügeligem Gebiet.

Gewisse Befürchtungen, dass ein heute möglicher Fernsehempfang durch den zunehmenden Ausbau der schweizerischen Sender auf Dezimeterwellen ge-

1619 stört oder sogar verunmöglicht werden könnte, sind deshalb nicht ganz unbegründet. Dabei ist jedoch im voraus festzustellen, dass die neuen Sender den bestehenden Empfang auf Meterwellen (Kanäle 2-12) nicht beeinträchtigen können, da sie in einem ganz anderen Band arbeiten. Der Ausbau zweier neuer Senderketten schränkt deshalb den heute bestehenden Empfang der ersten Programme unserer Nachbarländer zum vornherein in keiner Weise ein. Gewisse Probleme ergeben sich höchstens für die Programme auf Dezimeterwellen (Kanäle 21-60), insoweit sie bereits heute nur in ungenügender Qualität empfangen werden können (z. B. Deutschland II und III, Frankreich II oder Italien II).

Wie dies bereits beim Aufbau des Sendernetze auf Meterwellen für das erste Programm geschah, werden die PTT-Betiiebe auch bei der Feinplanung der neuen Netze wenn immer möglich Rücksicht auf bestehenden Auslandempfang nehmen. Die Grenzen der Rücksichtnahme liegen aber notgedrungen dort, wo die Vollversorgung mit den eigenen neuen Programmen nicht mehr gewährleistet werden könnte.

An sich besteht bei günstiger Empfangslage auch einige Sicherheit bezüglich des künftigen Fernempfangs. Zudem können mit besonderen antennentechnischen Hilfsmitteln oft auch Störungen abgeschwächt werden; doch wird der entsprechende Aufwand recht bald ziemlich hoch. Es ist deshalb naheliegend, dass Mittel und Wege gesucht werden, den bestmöglichen Empfang an einer ausgesuchten Lage einem grösseren Kreis von Empfängern der Gegend zukommen zu lassen. Anlagen dieser Art, die eine örtliche Verbesserung des Fernsehempfangs und eine Vermehrung der Programmauswahl zum Ziele haben, ergänzen das landesweite Sendernetz der PTT-Betriebe auf lokaler Ebene. Errichtung, Betrieb und Finanzierung fallen in den Bereich der privaten Initiative, doch bedürfen sie einer Konzession der PTT-Betriebe.

Dabei müssen zwei technisch grundverschiedene Systeme für die Verteilung der empfangenen Programme an die Heimempfänger unterschieden werden, nämlich diejenige über Kabel (Drahtfernsehen) und die drahtlose Versorgung.

- Drahtgebundene Versorgung Die Weiterleitung der Programme von der kollektiven Empfangsantenne über ein Kabelnetz bis zu den einzelnen Empfängern in den Häusern führt zu der sogenannten Gemeinschaftsantennen-Anlage. Da eine solche Anlage den individuellen Empfang
der schweizerischen Programme nicht beeinträchtigt, stehen ihrer freizügigen Zulassung keine Hindernisse im Wege. Grössere Anlagen, die bis zur Versorgung ganzer Ortschaften oder Städte erweitert werden können, gewinnen denn auch in unserem Land zunehmend an Bedeutung. Ende 1967 hatten die PTT-Betriebe bereits über 230 Ortsantennenanlagen, darunter vier grosse Stadtnetze, konzessioniert.

Die Anhänger der drahtlosen Versorgung haben verschiedentlich behauptet, das Drahtsystem sei technisch erledigt und überholt.

Diese Behauptung kann wohl durch die Tatsachen widerlegt werden : In den Vereinigten Staaten sind heute über 3 Millionen Wohnungen an rund 1900 grosse Drahtempfangsanlagen angeschlossen. In Grossbritannien zählt man in grosse-

1620 ren Städten über eine Million Abonnenten, und auch in anderen Ländern, wie Belgien, Deutschland, Frankreich, Holland, Kanada und Schweden, nimmt das Drahtfernsehen zusehends an Verbreitung zu, um nur diese wenigen Beispiele anzuführen.

- Drahtlose Versorgung Das Aufkommen kleiner privater Umsetzer für die Zuführung schweizerischer Programme in wenig besiedelte Gebiete führte zu der Überlegung, mittels solcher Einrichtungen auch ausländische Programme dorthin zu vermitteln, wo sie nicht direkt empfangen werden können. Daraus entstand der Begriff der «drahtlosen Gemeinschaftsantenne». Dass diese Bezeichnung jedoch sachlich nicht zutrifft und irreführen kann, geht schon daraus hervor, dass bei der drahtlosen Wiederausstrahlung auf Heimempfangsantennen letztlich nicht verzichtet werden kann. Eine « drahtlose Gemeinschaftsantenne » ist deshalb nichts anderes als ein lokaler Umsetzer.

Jedes Programm, das drahtlos weitervermittelt werden soll, ist auf die Zuteilung einer eigenen Sendefrequenz angewiesen. Solche Sendefrequenzen sind aber notwendigerweise dieselben, die unserem Land für die drei Sendernetze zur Verfügung stehen. Eine Zulassung solcher Anlagen kann deshalb nur dann in Frage kommen, wenn am jeweiligen Ort ein freier Sendekanal zur Verfügung steht, der mit Sicherheit nirgends den Empfang der PTT-Sender stören kann. Dabei ist zu beachten, dass die Störreichweite auch des kleinsten Umsetzers normalerweise ein Vielfaches seiner Nutzreichweite erreicht. Privatumsetzer müssen somit frequenztechnisch in das Gesamtnetz eingeplant werden.

Wie schon näher ausgeführt, reichen die vorhandenen Kanäle gerade für die drei Sendernetze. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass nach ihrem Ausbau örtlich noch Positionen für Sender kleiner Leistung oder Umsetzer übrigbleiben, die dann privaten Anlagen zugeteilt werden können. Die örtlichen Verhältnisse sind jedoch erst dann voll überblickbar, wenn alle Stationen sowohl bei uns wie auch im Ausland in Betrieb sind.

Falls zu gegebener Zeit in einem Gebiet diese Bedingungen erfüllt sind, ist der Bundesrat bereit, auch private Sender oder Umsetzer zuzulassen. Vorzeitigen Gesuchen um Konzessionierung von Auslandsumsetzern auf Zeit, d.h. bis ihre Kanäle für die nationalen Ketten benötigt werden, kann aber nicht entsprochen werden.

Gegenüber Drahtnetzen sind
die Möglichkeiten der Programmvermehrung durch Umsetzer wegen der Störgefahr dieser Einrichtungen sehr stark eingeschränkt. Während mit Kabelnetzen überall alle empfangbaren Programme vermittelt werden können, begrenzt die Frequenzplanung Anzahl und Ort von Umsetzern auf einige wenige Restpositionen. Diese werden deshalb für die lokale Programmvermehrung nur eine unbedeutende Rolle spielen können.

Die Erfahrungen mit privaten Umsetzern zeigen im übrigen, dass deren Finanzierung oft auf Schwierigkeiten stösst. Während bei Drahtnetzen der angeschlossene Teilnehmerkreis bekannt ist, fehlt es den Umsetzerunter-

1621 nehmern an einem bestimmbaren Nutzniesserkreis, auf den sie für die Deckung ihrer (oft unterschätzten) Kosten zurückgreifen könnten. Aus diesem Grund lassen sich Umsetzer praktisch nicht als wirtschaftlich selbsttragende Anlage betreiben.

2. Die konzessionsrechtliche Behandlung Nach Artikel l des Bundesgesetzes betreffend den Telegraphen- und Telephonverkehr vom 14. Oktober 1922 haben die PTT-Betriebe das ausschliessliche Recht, Sende- und Empfangseinrichtungen sowie Anlagen jeder Art, die der elektrischen oder radioelektrische Zeichen-, Bild- oder Lautübertragung dienen, zu erstellen und zu betreiben. Artikel 3 des gleichen Gesetzes bestimmt, dass zur Erstellung und zum Betrieb von Einrichtungen für elektrische und radioelektrische Zeichen-, Bild- und Lautübertragung Konzessionen erteilt werden können.

Gestützt auf diese Bestimmungen konzessionieren die PTT-Betriebe auf dem Gebiete des Radios und Fernsehens Gemeinschaftsantennen-Anlagen, die den Empfang der Radio- und Fernsehprogramme an einem bestimmten Ort verbessern und die unschönen Antennenwälder beseitigen sollen. Die PTT-Betriebe schufen dabei zwei Konzessionsformen : die Gemeinschaftsantennen-Konzessionen I und II. Während die Konzession I dazu berechtigt, eine Gemeinschaftsantenne mit Verteilleitungen innerhalb des gleichen Grundstucks zu erstellen und zu betreiben, ist eine Konzession II notwendig, wenn sich die Verteilleitungen auf verschiedene Grundstücke eines oder mehrerer Eigentümer erstrecken. Daneben besteht noch eine Sonderkonzession, die es der Rediffusion S.A. in Neuenburg erlaubt, schweizerische und ausländische Rundspruch- und Fernsehsendungen über Leitungen oder radioelektrisch zu empfangen und über ein Leitungsnetz an die Teilnehmer weiterzugeben und in beschränktem Umfang eigene Darbietungen ab Ton- und Bildträgern zu verbreiten.

Diese geschichtlich zu erklärende Regelung ist insofern unbefriedigend, als sie Konzessionären, die gleiche Bedingungen erfüllen, verschiedene Rechte verleiht. Künftig soll es deshalb nur noch eine einzige, im wesentlichen technisch konzipierte Konzession für Drahtverteilanlagen geben. Die Ausübung des Konzessionsrechts soll auf örtlich begrenzte Gebiete beschränkt werden und nicht mehr im Sinne eines eigentlichen öffentlichen Dienstes ausgestaltet sein. Damit wird keinem Konzessionär mehr
eine Sonderstellung zukommen.

Bei der Neuordnung des Konzessionsrechtes wird darauf Rücksicht zu nehmen sein, dass die Rediffusion S.A. für die Verbreitung ihrer bisherigen eigenen Rundspruchprogramme erhebliche Investitionen getätigt hat. Aus Gründen der Billigkeit werden solche Darbietungen weiter gestattet, im Sinne rechtsgleicher Behandlung jedoch auch den übrigen Konzessionären erlaubt werden müssen.

Dagegen hat die Rediffusion S. A. von ihrer Berechtigung, eigene Fernsehprogramme zu verbreiten, nie Gebrauch gemacht. Mit der Neuordnung werden eigene Fernsehprogramme wie auch Reklamesendungen nicht zulässig sein. Im weitern werden die Konzessionäre aus staatspolitischen Gründen verpflichtet sein, in erster Linie die schweizerischen Programme der betreifenden Sprachregionen zu vermitteln.

1622 Möglichst gleich und nur aus technischen Gründen verschieden werden die Bedingungen für die Konzessionierung privater Umsetzer sein. Da jeder Umsetzer Frequenzen benötigt, die primär für den Ausbau des nationalen Netzes bestimmt sind, können Konzessionen nur erteilt werden, wenn unter dem Gesichtspunkt der Frequenzzuteilung keine Einwände bestehen und sich eine Konzessionierung nach dem Stande der Planung und des Ausbaues der PTT-Netze rechtfertigen lässt. Dabei müssen wie bisher von den Konzessionären finanzielle Sicherheiten gefordert werden, um Gewähr dafür zu erhalten, dass der Betrieb der Anlagen nicht schon nach kurzer Zeit wieder eingestellt werden muss.

D. Ausblick Mit der Erschliessung der Dezimeter wellen und der Farbübertragung für das Fernsehen wird dessen technische Entwicklung nicht abgeschlossen sein. Bereits wurde auf internationaler Ebene die Verwendung der Zentimeterwellen geregelt und davon ein Teil für Radio und Fernsehen reserviert.

Die Technologie für eine breite Anwendung dieser sehr hohen Frequenzen in Geräten der Konsumgüterindustrie ist heute noch nicht entwickelt. Bereits wurden aber erste Ausbreitungs- und Empfangsversuche auch in Europa durchgeführt, um die Verhältnisse in bezug auf einen praktischen Einsatz abzuklären. Es ist schwierig, heute schon Schätzungen über den Zeitpunkt ihrer praktischen Verwendung für die Ausstrahlung von Radio- und Fernsehprogrammen anstellen zu wollen. Die Intensität der Entwicklungsarbeiten wird auch hier nicht zuletzt von wirtschaftlichen Überlegungen und der Bedürfnisfrage diktiert. Der rasch zunehmende Informationsaustausch in der Welt lässt den Einsatz der Zentimeterwellen in Zukunft durchaus erwarten.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Anwendung von Zentimeterwellen im Verein mit der Satellitentechnik dem Fernsehen neue Horizonte erschliessen wird.

Heute noch haben Nachrichtensatelliten nur bescheidene elektrische Leistungen zur Verfügung, die sie aus Sonnenzpllen gewinnen. Deshalb ist der technische Aufwand, der in den Bodenstationen zum Senden und Empfangen betrieben werden muss, auch beträchtlich. Trotzdem bedient sich das Fernsehen heute schon fast täglich der Satelliten für den interkontinentalen Programmaustausch.

Bereits wird daran gedacht, Satelliten auch für eine kontinentale Verteilung von Programmen vom Studio
zu den Sendern einzusetzen. Derartige Projekte bestehen für die Versorgung der grossen Sendernet/e in den USA; doch auch in Europa könnte ein derartiger Fernseh-Verteilsatellit für die Verbindung der Ländernetze untereinander gute Dienste leisten. Die Pläne der «Conférence Européenne de Télécommunications par Satellites», die sich auf Regierungsebene die Entwicklung des europäischen Potentials in dieser Technik zum Ziel gesetzt hat, und an deren Arbeiten sich auch die Schweiz beteiligt, befassen sich dementsprechend in erster Linie mit der Verwendung eines europäischen Versuchssatelliten im Dienste der Eurovision.

1623

Sobald einmal die Sendeleistung von Erdsatelliten wesentlich erhöht werden kann, was wohl die Anwendung von atomaren Energiequellen im Satelliten voraussetzt, werden die Empfangsanlagen einfacher und kleiner. Es wird der Zeitpunkt kommen, an dem mit Dachantennen Fernsehempfang direkt von Satelliten möglich sein wird. Ein solcher Satellit benötigt natürlich wiederum Sendefrequenzen, für die sich die Zentimeterwellen als geeignet anbieten. Da ein Satellitensender aus 35000 km Höhe ein gutes Drittel der ganzen Erdoberfläche versorgt, können seine Programme über alle Landesgrenzen hinaus empfangen werden. Im Hinblick auf ein solches internationales Fernsehen ist es durchaus möglich, dass die nationalen Netze auf Meter- und Dezimeterwellen dereinst zur Verbreitung der eigenen Programme eine ganz neue Bedeutung erhalten.

IH. Der programmliche Weiterausbau des Schweizer Fernsehens Die Bereitstellung von zwei neuen nationalen Fernsehsender ketten durch die PTT-Betriebe schafft in unserem Lande die Voraussetzungen, um zu dem schon bestehenden Programm noch zwei zusätzliche Fernsehprogramme zu senden, und auf diese Weise den schweizerischen Fernsehkonzessionären eine willkommene Auswahlmöglichkeit zu bieten.

Auf der Grundlage der von den PTT-Betrieben in Aussicht gestellten technischen Möglichkeiten hat die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft einen Plan ausgearbeitet, der die Billigung ihrer Organe gefunden hat. Diesen Plan hat die SRG anlässlich einer Pressekonferenz am 30. November 1967 veröffentlicht und erläutert. Er erfuhr in der Folge in der Schweizer Presse eine eingehende Diskussion, wobei auch Kritiken geäussert wurden.

Der Bundesrat hat den Plan sowie die vorgebrachten Einwände gründlich geprüft und ist zum Schluss gekommen, dass der Vorschlag der SRG die Forderungen, die an einen Ausbau der Fernsehprogramme in der Schweiz gestellt werden müssen, bestens erfüllt, dass er realistisch ist und finanziell verantwortet werden kann.

A. Der Plan zur Verwendung der drei Fernsehketten

1. Erste Programmkette Über die bereits bestehende Programmkette wird in jeder der drei Sprachregionen ein eigenes Programm ausgestrahlt. Die Struktur dieses ersten Programms wird keine grundlegende Änderung erfahren. In erster Linie ist die Qualität der Programme zu steigern, während die tägliche Sendedauer nur so weit verlängert werden soll, als dies einem wirklichen Bedürfnis entspricht. Besonderes Gewicht soll auf die Anteilnahme an schweizerischen Ereignissen und auf das schweizerische Schaffen in allen Bereichen gelegt werden. Auf solche Weise können einheimische Autoren, Künstler und Wissenschafter noch mehr als bisher beigezogen werden.

1624 2. Zweite Programmkette Sie dient dazu, in jedem Landesteil ein vollständiges, anderssprachiges Schweizer Fernsehprogramm zu übernehmen und den Teilnehmern zugänglich zu machen.

Die Übertragung eines anderssprachigen Schweizer Programms entspricht einem immer wieder geäusserten Wunsch zahlreicher Fernsehteilnehmer ; er wird auch von massgebenden kulturellen Institutionen unseres Landes nachhaltig unterstützt und ist in der Presse oft zustimmend zur Sprache gekommen. Der Grund dazu liegt in der zunehmenden Binnenwanderung in der Schweiz, die vielfach über die Sprachgrenzen hinwegführt und in vielen Zuschauern das Verlangen weckt, die schweizerischen Programme aus ihrer früheren Heimat in der Muttersprache zu empfangen. Darüber hinaus werden die zahlreichen Schweizer, die einer zweiten Landessprache kundig sind, es begrüssen, am kulturellen Leben der anderssprachigen Miteidgenossen unmittelbar teilnehmen zu können.

Anlässlich der Behandlung des Geschäftsberichts der PTT-Betriebefür 1965 wurde hervorgehoben, dass die Radio- und Fernsehprogramme zur Verbindung unter den verschiedenen Landesteilen beitragen sollten. Der Vorsteher des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartementes räumte in seiner Antwort der Verbreitung der schweizerischen Programme im ganzen Lande Priorität ein. Auch in der Beantwortung der Interpellation von Herrn Ständerat Alfred Borei legte der zuständige Departementschef am 20. Dezember 1967 dar, dass die Vermittlung des Programms eines anderssprachigen Landesteils in der Zukunft ein staatspolitisch sehr wichtiges Element für die vertiefte Verbindung unter unseren Sprachgebieten sein könne.

Tatsächlich vermag ein derartiges zweites Programm innerhalb der Schweiz das Verständnis und den Brückenschlag zwischen den Sprach- und Kulturkreisen und ihren Bewohnern zu fördern. Das Fernsehen übernimmt damit in geeigneter Weise eine Aufgabe von hervorragender staatspolitischer Bedeutung. Es wird auch richtig sein, dass die drei regionalen Radio- und Fernsehgesellschaften nach gründlicher Abklärung bestimmen, welches andere Schweizer Programm parallel zu ihrem eigenen in ihren Regionen ausgestrahlt werden soll.

Wie ebenfalls schon ausgeführt wurde, ist als erste Etappe in der Verwirklichung der zweiten Programmkette ein Sofortprogramm vorgesehen. Es stellt gleichzeitig
den Beginn für die Einführung des zweiten Programms überhaupt dar. Dem Wunsche der drei regionalen Radio- und Fernsehgesellschaften der SRG entsprechend, wird vorläufig im OberwaJlis, im Berner Oberland und in der Zentralschweiz die Ausstrahlung des französischsprachigen Programms vorgesehen. Das deutschschweizerische Programm soll dagegen im Unterwallis und in den italienischsprachigen Gebieten vermittelt werden, während das italienischsprachige Programm als zweites Programm im Engadin und im Rheintal gesendet wird. Das Sofortprogramm der PTT-Betriebe wird somit programmlich den Grundstein für den Aufbau des zweiten nationalen Fernsehnetzes bilden.

1625 3. Dritte Programmkette Über die dritte Programmkette wird ein weiteres Programm in der Sprache der Region ausgestrahlt, das vor allem ausgewählte ausländische Programme umfasst ; diese können ergänzt werden durch Filme und weitere Fernsehproduktionen, wenn angezeigt später auch durch Eigenproduktionen der SRG.

Die SRG will im Einvernehmen mit ausländischen Fernsehorganisationen und den Rechtsinhabern ausländische Programme, besonders auch solche, die in der Schweiz nicht oder nur schwer zu empfangen sind, in den Sprachen des jeweiligen Landesteils entweder unmittelbar oder zeitverschoben ausstrahlen. Die Auswahl wird von der SRG besorgt, wie dies schon heute klaglos für den Telephonrundspruch geschieht. Dabei sollen die regionalen und nationalen Programmkommissionen das Schema der vorgesehenen ausländischen Programme prüfen, wodurch eine umsichtige Auslese gewährleistet wird.

Die SRG sieht auch vor, die dritte Kette für die Ausstrahlung von Bildungsprogrammen zu verwenden, und zwar an Werktagen bis zum Beginn des Abendprogramms. Allerdings werden das erste und das zweite Programm ebenfalls Dokumentarsendungen und Informationen über kulturelle, technische und wissenschaftliche Themen bieten, doch handelt es sich bei den beabsichtigten Bildungsprogrammen im dritten Programm um eine künftige Aufgabe besonderer Art, die von Jahr zu Jahr an Bedeutung gewinnt.

Zu den Bildungsprogrammen zählt vorab das Schulfernsehen, das bereits auch in der Schweiz ein wertvolles, ergänzendes Unterrichtsmittel in der Hand des Lehrers zu werden beginnt. Schulfernsehsendungen werden vorwiegend am Vormittag und am frühen Nachmittag ausgestrahlt und lassen sich deshalb bis auf weiteres in der sonst sendefreien Zeit des ersten Programms unterbringen. Es ist aber denkbar, dass die Schulfernsehsendungen so vermehrt werden, dass eines Tages die erste und die dritte Programmkette für diesen Zweck gleichzeitig benützt werden müssen.

Die Erwachsenenbildung stellt ein weiteres Feld für den Einsatz des Bildungsfernsehens dar. Nachdem durch den Zusammenschluss aller sich der Erwachsenenbildung widmenden Institutionen in unserem Lande diese Bildungsarbeit eine zielgerichtete Vertiefung erfahren hat, ist man am Beitrag des Fernsehens sehr interessiert. Versuche, die Bildungsarbeit von Volkshochschulen mit Sendereihen des
Schweizer Fernsehens zu koordinieren, sind bereits erfolgreich durchgeführt worden.

Die Fortbildung und der sogenannte zweite Bildungsweg finden auch in unserem Lande im Fernsehen ein wirkungsvolles Hilfsmittel. Hier sind vor allem Erfahrungen im Ausland wegleitend, so die Erfolge des «Telekolleg» in Bayern, der «Telescuola» in Italien, der Stiftung «Fernseh-Akademie» in Holland, des «Radio-Télé-Bac» in Frankreich und die Fernsehkurse in mehreren Oststaaten, wie z.B. in der Deutschen Demokratischen Republik, in Polen und in Ungarn.

Solche Fernsehkurse erlauben es Schülern und Studenten, ihr Studium ganz oder teilweise daheim zu absolvieren, wobei sie in der Regel unterstützt werden durch Lehrhefte, durch Korrektur von Aufgaben auf dem Korrespondenzwege und

1626 durch regelmässige Teilnahme an Arbeitsgruppen unter Aufsicht geschulter Lehrpersonen. Die Zeugnisse der Schlussprüfungen werden öffentlich anerkannt.

Für bestimmte Sparten des Bildungswesens dürfte das Fernsehen neue Lösungen bieten, die bei geringstem Aufwand grösste Wirkung versprechen. Es ist zu hoffen, dass es gelingen wird, im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden, den Politikern und Pädagogen, die Möglichkeiten des Bildungsfernsehens auszuschöpfen.

Eine derart gestaltete dritte Programmkette, die dem bereits in vielen Ländern bestehenden zweiten nationalen Programm entspräche, bringt folgende Vorteile : - Sie vermittelt dem Schweizer Fernsehpublikum eine Auswahl ausländischer Programme, darunter auch Sendungen, die sonst nur in geringem Masse oder gar nicht direkt empfangen werden können.

- Sie erlaubt, ein neues Programm mit eigenem Charakter zu gestalten, das mit der ersten Programmkette in Wettbewerb tritt und somit jeder Region in ihrer eigenen Sprache ein weiteres Programm von grossem Interesse anzubieten vermag.

- Sie öffnet der Ausbildung der Jugend, der Fortbildung und der Erwachsenenbildung neue, bisher nicht gangbare Wege.

Zusammengefasst lässt sich der Plan zur Verwendimg der drei Fernsehketten wie folgt charakterisieren : Er berücksichtigt die Bedürfnisse der Sprachregionen unseres Landes ; denn von den vorgesehenen drei Programmketten zerfallen die erste und die dritte in regionale Programme in deutscher, französischer und italienischer Sprache. Dazu kommen im ersten Programm die regelmässigen, in die drei regionalen Programme eingefügten Sendungen in rätoromanischer Sprache.

Die zweite Kette hingegen soll die Übernahme des integralen Programms einer anderen Sprachregion besorgen.

Der Plan trägt damit besonders zwei Wünschen Rechnung, die in der Öffentlichkeit immer wieder geäussert werden, indem er die zweite Kette für die Verbindung unter den verschiedenen Landesteilen einsetzt und auf der dritten Kette vor allem ausgesuchte ausländische Programme vorsieht.

B. Das Problem der Übertragung vollständiger ausländischer Programme

In der öffentlichen Diskussion über die Verwendung der künftigen zweiten und dritten Sendekette wurde auch der Wunsch laut, man solle auf einer der Ketten in jedem der drei grossen Sprachgebiete ein vollständiges gleichsprachiges Auslandprogramm übernehmen. Es ist an sich verständlich, dass die Zuschauer in Gegenden, die wegen ihrer geographischen und topographischen Lage nicht mehr in den Genuss eines befriedigenden direkten Auslandempfangs kommen, nach Massnahmen rufen, die ihnen diesen Auslandempfang gewährleisten könnten, und von den neuen Sendern eine Verbesserung ihrer Lage erwarten. Der Bundesrat ist sich dieser Problematik bewusst, doch hat er triftige Gründe gegen den

1627 Einsatz schweizerischer Sender für die integrale Übertragung ausländischer Programme.

1. Der bestehende intensive Programmaustausch Die SRG pflegt bereits heute einen regen Programmaustausch mit dem Ausland. Das Interesse für die Übernahme solcher Sendungen geht schon auf die Zeit der Gründung des Schweizer Fernsehens zurück. So hat eine schweizerische Initiative 1954 zur Verwirklichung der Eurovision geführt. Auf den Programmaustausch der SRG im Rahmen der Eurovision und die Bedeutung der Programmübernahmen auf bilateraler und multilateraler Ebene wurde an anderer Stelle bereits hingewiesen. Tatsache ist, dass die drei bestehenden Schweizer Fernsehprogramme heute rund 30 Prozent der Sendungen aus dem Ausland beziehen, die entweder direkt oder zeitverschoben von den befreundeten Fernsehorganisationen übernommen oder von Produzenten angekauft werden. Es handelt sich um Programme, die sich für eine Übernahme unter programmlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten besonders eignen.

2. Die gegenwärtigen Möglichkeiten des Auslandempfangs Weiter darf auch nicht vergessen werden, dass gegenwärtig über 82 Prozent der Teilnehmer in der deutschen Schweiz, rund 70 Prozent in der französischen und rund 78 Prozent in der italienischen Schweiz in Reichweite der gleichsprachigen Fernsehsendungen aus den Nachbarstaaten wohnen und demnach nicht auf den Umweg der Übertragung aus dem Ausland angewiesen sind. Würde eine der neuen Programmketten ein Fernsehprogramm aus dem benachbarten Ausland unverändert übernehmen, so würde ein beträchtlicher Teil der Konzessionäre mit einem Programm bedient, das schon auf andere Weise zugänglich ist. Im übrigen sei auf die vorangegangenen Ausführungen über den technischen Weiterausbau verwiesen, wo namentlich auch dargelegt wurde, dass die drahtgebundene Versorgung durch grössere Gemeinschaftsantennenanlagen einen erweiterten und verbesserten Auslandempfang ermöglicht ; offen ist bei ihnen (wie bei den Umsetzern) allerdings noch die Frage der Übertragungsrechte.

3. Die Probleme der Übertragungsrechte Für jede Fernsehproduktion müssen eine Unzahl von Rechten, insbesondere Urheber- und Leistungsschutzrechte, erworben werden. Wohl sehen die Verträge mit den Rechtsinhabern die Möglichkeit einer Weitergabe an andere Fernsehorganisationen vor, jedoch müssen für jede zu übernehmende
Produktion die Rechte jedes einzelnen Beteiligten vertraglich erworben und die daraus resultierenden finanziellen Ansprüche abgegolten werden.

In einem zu dieser Frage erstellten Gutachten kam die UER zu folgendem Schluss : «Man kann davon ausgehen, dass das schweizerische Unternehmen für die Wiederausstrahlung aus technischen Gründen nur Programme von Ländern, die an die Schweiz grenzen, übernehmen könnte, so vor allem aus Deutschland, Frankreich und Italien.

1628 Im allgemeinen sind die Gagen und Entschädigungen, die die Fernsehanstalten dieser grossen Länder ihren Künstlern und Produzenten, ihren Musikverlegern, Sportveranstaltern, Nachrichtenagenturen, Filmverleihern usw. bezahlen, ungefähr 4-5 mal höher als die entsprechenden Zahlungen, die die SRG für ihre eigenen Sendungen entrichtet.

Folglich steUen die Zuschläge, die auf Grund der in den Ursprungsländern zu bezahlenden Gagen und Entschädigungen berechnet werden und die zwischen 20 und 25% schwanken, grossomodo 100% der Entschädigungen der SRG dar. Man darf deshalb annehmen, dass das schweizerische Wiederausstrahlungs-Unternehmen, das ja keine eigenen Programme gestaltet, schliesslich genau so hohe Kosten aufbringen müsste, wie sie im Budget «Programme» der SRG enthalten sind. Natürlich wird es zweifellos weniger Personal beschäftigen und keine Kosten für niederfrequente Einrichtungen (Studios) brauchen; doch wird es, wie bereits gesagt, für die Programme jährlich eine gleich grosse Summe ausgeben müssen wie die SRG unter der Rubrik «Programme.»

Hierzu sei in Erinnerung gerufen, dass im Jahre 1967 die SRG für reine Programmkosten (Honorare, Autorenrechte, Filmmieten und dergleichen) rund 30 Millionen Franken aufgewendet hat.

Selbstverständlich wird auch die SRG für die Übernahme ausländischer Programme auf der dritten Kette zusätzliche Kosten und rechtliche Entschädigungen zu tragen haben. Dabei kann sie aber die Höhe dieser Ausgaben durch Programmaustausch vermindern und dank ihren ständigen und freundschaftlichen Beziehungen zu anderen Gesellschaften grösseren Nutzen aus dem Angebot der Eurovision und aus der Zusammenarbeit mit Organisationen anderer Länder ziehen. Die SRG wird also in der Lage sein, durch Ausnützung aller Möglichkeiten des bilateralen und multilateralen Programmaustausches gegenüber einer Übernahme vollständiger Programme erhebliche Einsparungen zu erzielen.

4. Das Hindernis der Filmzensur Die vollständige Übertragung von drei ausländischen Programmen in der Schweiz wirft das Problem der Zensur über Spielfilme auf, die von den ausländischen Organisationen gesendet und in der Schweiz neuerlich ausgestrahlt würden. In der Schweiz sind die kantonalen Behörden für die Filmzensur zuständig.

Die SRG hat sich verpflichtet, sich an die kantonalen Bestimmungen und Entscheide zu halten. Sie zeigt daher keine Filme, für die in einem oder mehreren Kantonen Beschränkungen gelten. Es wäre nicht zu verantworten, dass eine Firmzensur zwar für das eigene Fernsehen bestehen, sich aber nicht auch auf jene Spielfilme erstrecken sollte, die bei der Übernahme ganzer Auslandprogramme über das Sendernetz der Schweiz ausgestrahlt würden.

5. Das Problem der Werbesendungen Die vollständige Übernahme eines ausländischen Programms würde auch dessen Werbesendungen einschliessen. Nun hat aber der Bundesrat im Jahre 1964 Weisungen über die Fernsehreklame erlassen, die vor allem auch von der Sorge um die Erhaltung der schweizerischen Presse getragen sind. Die Übernahme ausländischer Werbesendungen könnte auf Grund dieser Weisungen nicht gestattet werden.

Ein zusätzliches Hindernis ist die Tatsache, dass gewisse ausländische Fernsehanstalten, denen wir offiziell freie Bahn auf Schweizer Boden gewähren wür-

1629 den, für Tabak, alkoholische Getränke und Arzneimittel werben. Es ist kaum anzunehmen, dass man dem Ausland gestatten würde, was man der SRG in den genannten Weisungen verbietet, ganz zu schweigen vom Widerstand der Institutionen und Vereinigungen, die sich gegen jede Werbung im Schweizer Fernsehen für Alkohol, Tabak und Arzneimittel mit Erfolg eingesetzt haben.

Es wurde gelegentlich der Vorschlag gemacht, die ausländischen Werbesendungen auszublenden und durch ein anderes Programm zu ersetzen. Damit würde aber die Organisation für die direkte Übernahme ausländischer Programme wesentlich verteuert, weil man einen eigenen technischen und programmlichen Dienst für die Füllung solcher Pausen einrichten müsste.

6. Staats- und kulturpolitische Überlegungen Die politischen und kulturellen Folgen einer vollständigen, regelmässigen und unkontrollierbaren Übertragung ausländischer Programme über Schweizer Sender, die den PTT-Betrieben und damit dem Bund gehören, dürfen nicht verkannt werden. Der Bundesrat ist nicht bereit, auf diese Weise ein so wirksames Kommunikationsmittel wie das Fernsehen auf Schweizer Boden dem Ausland auszuliefern.

Ein solches Vorgehen würde dereinst als schwerwiegender, kaum mehr rückgängig zu machender Fehlentscheid gewertet, umsomehr, als er in Zeiten erhöhter Spannungen unvorhersehbare politische Konsequenzen haben könnte. Bei der Übernahme ausländischer Programme wäre es auch nicht möglich, den allgemeingültigen Grundsätzen nachzuleben, wie sie in den einlässlichen Programmrichtlinien der SRG-Konzession ihren Ausdruck gefunden haben.

In diesem Zusammenhang sei auch auf den Bericht des Bundesrats vom 13. Januar 1953 über die Ordnung des Schweizerischen Rundspruchdienstes hingewiesen (BB1 1953,1, 25), wo am Beispiel der Übernahme ausländischer Sendungen durch den Telephonrundspruch gezeigt wurde, wie sorgfältig solche Programme während des letzten Weltkrieges geprüft werden mussten und welch überaus heikle Probleme sich daraus ergaben.

Es ist von eminent staatspolitischer Bedeutung, dass wir angesichts der bereits heute und auch inskünftig bestehenden Gelegenheiten zum Auslandempfang (von Satellitenempfang wird noch die Rede sein) die uns zur Verfügung stehenden technischen und programmlichen Möglichkeiten ausnützen, um die Kommunikation in unserem eigenen Lebensraum
sicherzustellen und weiter zu fördern.

Der Bundesrat ist aus diesen Gründen überzeugt, dass es nicht angeht, eine schweizerische Fernsehkette für die integrale Übertragung von Auslandprogrammen herzugeben. Die Schweiz wäre das einzige Land in der ganzen Welt, das sich bereit fände, einen Teil der ihm anvertrauten Fernsehkanäle dem Ausland ohne jede Kontrolle zu überlassen, seine Sender auf eigene Kosten als blosse Relaisstationen zu errichten und zu betreiben und allfällige Propaganda und Reklame des Auslandes gar noch mitzufinanzieren.

Bundesblatt. 120.Jahrg.Bd.I

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1630 C. Die Frage der Konzessionierung einer weiteren Programmgesellschaft

Einzelne Interessentenkreise haben schon wiederholt die Idee vorgebracht, die zweite oder dritte Fernsehkette sei einer anderen Gesellschaft als der SRG zu überlassen. Konkrete und detaillierte Angaben, wie der Betrieb gewährleistet werden soll, wurden jedoch nicht bekannt.

Das Problem ist schon anlässlich der Einführung des Fernsehens in der Schweiz aufgeworfen worden. Die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Gestaltung des schweizerischen Fernsehens vom 8. März 1955 führte hierzu (BB11955,1,431/2) folgendes aus : «Die Übertragung der Konzession auf eine private Gesellschaft wäre nur möglich, wenn dieser gleichzeitig weitgehende Freiheit in der Ausstrahlung von Reklame gewährt würde... Die an das schweizerische Fernsehen gestellten hohen Anforderungen können wohl nur durch eine gemischtwirtschaftlich organisierte Gesellschaft ohne Erwerbszweck und mit entsprechender Einflussnahme des Bundes in befriedigender Weise erfüllt werden. Eine neue Gesellschaft mit entsprechender Zielsetzung müsste dabei zwangsläufig zu Doppelspurigkeiten und Friktionen mit der bestehenden Schweizerischen Rundspruchgesellschaft fuhren... Finanzielle und organisatorische Überlegungen sprechen ebenfalls gegen die Gründung einer neuen Gesellschaft.»

Die im Ausland gewonnenen Erfahrungen haben diese Überlegungen seither bestätigt.

Es gibt in Europa nur zwei grosse Staaten, in denen zwei Fernsehorganisationen bestehen: Grossbritannien mit 14,9 Mio Fernsehteilnehmern (Ende 1967) und die Bundesrepublik Deutschland mit 13,8 Mio Fernsehteilnehmern (Ende 1967). Es ist bezeichnend, dass sowohl die nichtkommerzielle Organisation in Grossbritannien wie die länger bestehenden öffentlich-rechtlichen Anstalten der Bundesrepublik Deutschland infolge der Konkurrenz der beiden anderen Fernsehbetriebe über finanzielle Schwierigkeiten klagen und die Erhöhung der Konzessionsgebühren verlangen. Dabei handelt es sich bei den genannten Ländern um Staaten mit den höchsten Teilnehmerzahlen in Europa, deren Fernsehprogramme zudem nur in einer einzigen Sprache ausgestrahlt werden. Demgegenüber weist die Schweiz noch keine Million Fernsehabonnenten auf, während die Programme in drei Landessprachen gesendet werden. Das Schweizer Fernsehen hatte also von Anfang an drei verschiedene Programme zu gestalten. Schon aus dieser Gegenüberstellung geht unverkennbar hervor, dass die Verhältnisse in unserem Lande in jeder Hinsicht zu klein sind, um die Möglichkeit einer zweiten Programmgesellschaft ernsthaft in Betracht zu ziehen.

1. Die Auswirkungen einer zweiten Fernsehgesellschaft in der Schweiz In einem kleinen Land wie der Schweiz würden sich zwangsläufig Unzukömmlichkeiten einstellen, die mit dem gleichzeitigen Betrieb zweier in Wettbewerb stehender Fernsehorganisationen verbunden sind und schwerwiegende Folgen hätten: - Da die Schweiz ein kleines Land ist, ist das Reservoir an fähigen Mitarbeitern begrenzt;

1631 - da die beiden Gesellschaften auf den Ertrag der Werbung angewiesen sein würden, müssten sie Konzessionen an den Geschmack eines anspruchslosen Publikums machen, um den Inserenten den Nachweis einer grossen Zahl von Zuschauern zu erbringen ; - Fazit: Verteuerung auf der einen, Qualitätsverlust der Programme auf der anderen Seite.

Ein solcher Wettbewerb müsste sich zum Nachteil der Aufgaben auswirken, die einem nationalen Programm gestellt sind. Demgegenüber berücksichtigt die Behauptung, eine unabhängige Programmkette würde den Eifer des Wettbewerbes stärken und damit die Leistungen erhöhen, nicht den Umstand, dass das Schweizer Fernsehen von vielen Konzessionären der Nachbarländer verglichen und an ihnen gemessen wird.

2. Tätigkeit und Finanzbedarf einer zweiten Fernsehgesellschaft Wenn eine weitere Gesellschaft mit der Betreuung einer neuen Kette beauftragt werden müsste, sollte aus staatspolitischen Gründen jedes Sprachgebiet mit einem Programm berücksichtigt werden. Demgemäss könnte sich die Tätigkeit dieser Gesellschaft auf zwei Gebiete erstrecken, nämlich die integrale Ausstrahlung ausländischer Programme in deutscher, französischer und italienischer Sprache, oder die Gestaltung von drei vollständigen Programmen in diesen Landessprachen. In beiden Fällen müsste die neue Gesellschaft über ganz beträchtliche finanzielle Mittelfür ihre Betriebsführung verfügen.

Im ersten Falle wäre eine neue Gesellschaft kaum in der Lage, ohne grössere finanzielle Mittel die Schweiz durch Übernahme von drei ausländischen Programmen |zur Zufriedenheit aller Sprachregionen zu versorgen. Sie hätte vorerst mit den Urheberrechten zu rechnen und ausserdem einen kostspieligen administrativen und technischen Apparat aufzubauen. Ferner würden die Kosten hinzukommen, die den ausländischen Programmgebern und den schweizerischen PTT-Betriebenfür den technischen Übermittlungs- bzw. den Sendedienst zu entrichten wären. Wie schon gezeigt, wäre es - abgesehen von den Kosten - nicht möglich, eine Gesellschaft mit der integralen Ausstrahlung ausländischer Programme zu betrauen. Was die Variante eines aus verschiedensten Quellen gestalteten Programms betrifft, könnte die SRG die Aufgabe mit geringerem Kostenaufwand besorgen, da sie bereits über eine eingespielte Betriebsorganisation verfügt.

Im zweiten Falle würde die
Gestaltung und Übertragung eigener täglicher Programme durch eine weitere Gesellschaft neben den notwendigen technischen Installationen den Bau und die Einrichtung von Studios und den dazugehörigen Arbeitskomplexen erfordern. Die von der neuen Gesellschaft benötigten Mittel für einen derartigen Betrieb dürften den Voranschlag der SRG, der heute für das Fernsehen 93 Millionen Franken im Jahr beträgt, infolge der gegenseitigen Konkurrenz erheblich übersteigen.

In den beiden genannten Fällen müssten demnach hohe Beträge aufgebracht werden.

1632 3. Die Finanzierung einer zweiten Fernsehgesellschaft

Für die Beschaffung dieser Mittel stünden grundsätzlich zwei Wege offen : Die erste Möglichkeit würde in der Fernsehwerbung bestehen. Die neue Gesellschaft, der eine oder zwei Senderketten zur Benützung überlassen würden, müsste die Genehmigung für zusätzliche, umfangreiche Fernsehwerbung erhalten. Es wurde bereits dargelegt, dass mit Rücksicht auf die Schweizer Presse eine Ausdehnung der Fernsehreklame höchst unerwünscht wäre; denn abgesehen von der Frage, ob es wirtschaftlich überhaupt tragbar wäre, in unserem kleinen Lande den Werbemarkt derart zu erweitern und gleichzeitig zwei Fernsehgesellschaften durch Werbung ganz oder teilweise zu finanzieren, hätte dies auf die finanzielle Lage zahlreicher Schweizer Zeitungen sehr einschneidende Auswirkungen. Die Zukunft vieler Zeitungen, die im Interesse unserer föderalistischen Struktur lebensfähig bleiben sollen, gibt den Zeitungsverlegern ohnehin schon jetzt zu grosser Besorgnis Anlass. Es wäre deshalb nicht zu verantworten, auf Kosten der Presse eine private Fernsehgesellschaft zu finanzieren. Dies gilt auch für den Fall, dass man nur über Drahtfernsehnetze lokale Programme verbreiten wollte ; denn dadurch würde die Lokalpresse ganz empfindlich bedroht.

Eine weitere Möglichkeit für die Finanzierung einer zweiten Gesellschaft bestünde in der Beteiligung am Ertrag aus den Fernseh-Konzessionsgebühren.

Diese müssten zweifellos ganz beträchtlich erhöht werden, damit sowohl die SRG, die um einen Teil ihres Einkommens gebracht wäre, wie auch die neue Gesellschaft in der Lage wären, ihre Aufgaben zu erfüllen, wobei - wie erwähnt diese neue Gesellschaft die Finanzierung ihrer Programme in allen drei Sprachgebieten sicherstellen müsste.

Alle diese Überlegungen veranlassen den Bundesrat, wie schon im Jahre 1955, den Gedanken an die Konzessionierung einer zweiten Fernseh-Programmgesellschaft zu verwerfen. Aus den gleichen Gründen lehnt er jene Vorschläge ab, die darauf hinzielen, Lokalprogramme durch private Gesellschaften über Drahtfernsehnetze zu verbreiten.

D. Die SRG als Trägerin der Konzession für die drei Programmketten

Es liegt im Interesse des schweizerischen Fernsehens und seiner Konzessionäre, die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft mit der Konzession für sämtliche drei schweizerischen Programmketten zu betrauen.

Für diesen Entscheid gibt es eine Reihe von überzeugenden Gründen, die sich vor allem in den Feststellungen zusammenfassen lassen, dass die SRG in ihrem Aufbau der demokratischen und föderalistischen Struktur unseres Landes entspricht und somit Gewähr bietet, seinen Interessen zu dienen, dass sie über eine ausgebaute Betriebsorganisation und über eine reiche praktische Erfahrung verfügt, und dass sie sich auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit grosses Vertrauen erworben und eine geachtete Stellung errungen hat. Diese Gründe seien im folgenden erläutert :

1633 1. Die Struktur der SRC Die SRG ist ein Verein im Sinne der Art. 60ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches und besteht aus den folgenden Regionalgesellschaften : a. Radio- und Fernsehgesellschaft der deutschen und rätoromanischen Schweiz.

Sie setzt sich zusammen aus den nachstehenden Mitgliedgesellschaften : - Radio- und Fernsehgenossenschaft in Zürich, - Radio- und Fernsehgenossenschaft Bern, - Radio- und Fernsehgenossenschaft Basel, - Ostschweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, - Innerschweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, - Cumünanza Radio Rumänisch.

b. Société de radiodiffusion et de télévision de la Suisse romande.

Sie setzt sich zusammen aus den nachstehenden Mitgliedgesellschaften : - Fondation de Radiodiffusion et de Télévision, Lausanne, - Fondation de Radiodiffusion et de Télévision, Genève.

e. Società cooperativa per la radiotelevisione nella Svizzera italiana.

Die der SRG vom Bundesrat erteilte Konzession weist den regionalen Radiound Fernsehgesellschaften folgende Aufgabe zu : «Die Regionalgesellschaften besorgen den Programmdienst von Radio und Fernsehen. - Die Regionalgesellschaften treffen die notwendigen Massnahmen, damit in ihren Organen und im besonderen in der Programmkommission die verschiedenen Kreise, welche die geistige und kulturelle Eigenart des Landes verkörpern, die verschiedenen Radiohorer- und Fernsehteilnehmerschichten und die verschiedenen Gebietsteile vertreten sind. Sie ziehen die ihnen unterbreiteten Wahlvorschläge in Erwägung. - Die Regionalgesellschaften haben in ihrem Programmgebiet den kantonalen und kommunalen Behörden, den kulturellen Verbänden sowie den Radiohörern und Fernsehteilnehmern oder ihren Organisationen die Teilnahme an ihrer Tätigkeit zu erleichtern.» Die Mitgliedgesellschaften ihrerseits haben nach den Statuten der SRG insbesondere folgende Aufgaben : «Radio und Fernsehen zu fördern und deren Interessen zu wahren; enge Kontakte mit den Hörern und Fernsehteilnehmern zu pflegen ; die Interessen der verschiedenen Gruppen der Bevölkerung zu vertreten; an den Programmarbeiten der Region mitzuwirken; dafür zu sorgen, dass Wesen und Eigenart ihres Tätigkeitsgebietes in Radio und Fernsehen Ausdruck finden ; ihre Meinung über die Radio- und Fernsehprogramme mitzuteilen, Anregungen für die Programme zu machen und ihre Feststellungen
und Vorschläge der Regionalgesellschaft zu unterbreiten. » Jede Regionalgesellschaft wie auch die SRG selber verfügen zur Erfüllung ihrer Aufgaben über Programmkommissionen. Die regionalen Programmkommissionen haben statutengemäss folgende Aufgaben : «Die Radio- und Fernsehsendungen zu beurteilen und ihre Wünsche vorzubringen ; die allgemeinen Richtlinien für den Programmdienst zu prüfen ; darüber zu wachen, dass die Programmquellen der ganzen Sprachregion benützt werden; den Vorstand der Regionalgesellschaft über ihre Feststellungen zu orientieren und ihre Vorschläge zu unterbreiten.»

1634 Die nationale Fernsehprogrammkommission hat zur Aufgabe, «die Sendungen zu beurteilen und die allgemeinen Richtlinien für den Programmdienst zu prüfen; je nach Bedürfnis den Zentralvorstand oder die Vorstände der Regionalgesellschaften über ihre Feststellungen zu orientieren und ihnen Vorschläge zu unterbreiten.»

Oberstes Verwaltungsorgan der SRG ist der Zentralvorstand, der aus 17 Mitgliedern besteht. Die Regionalgesellschaften wählen 9 Mitglieder und ihre Ersatzmitglieder, das heisst aus jeder ihrer Mitgliedgesellschaften, auf deren Vorschlag, je ein Mitglied und dessen Ersatzmitglied. Der Bundesrat als Konzessionsbehörde bezeichnet den Zentralpräsidenten, 7 Mitglieder und 3 Ersatzmitglieder. Oberstes Organ der SRG ist schliesslich die Generalversammlung, bestehend aus 103 Delegierten, die von den Regional- und Mitgliedgesellschaften und den Programmkommissionen bezeichnet werden.

In allen diesen Organen der SRG sind die verschiedenen Kreise vertreten, welche die geistige, kulturelle und politische Eigenart der einzelnen Regionen oder des ganzen Landes verkörpern, sowie die Begehren der verschiedenen Radiohörer- und Fernsehteilnehmerschichten zur Geltung bringen. Die Vertreter werden in solcher Weise ausgesucht, dass sie die Wünsche und Auffassung jedes Gebietsteils möglichst umfassend und mit Erfolg darlegen können. Der Bundesrat seinerseits hat die Ernennung seiner Delegierten seit jeher im Sinne der genannten Grundsätze vorgenommen und dabei Kreise berücksichtigt, die in den betreffenden Organen noch nicht oder zu wenig vertreten waren. Die Delegierten des Bundesrates erhalten überdies keinerlei Instruktionen für ihre Mitarbeit in den Gremien der SRG und haben darüber keine Rechenschaft abzulegen.

Um auf allen Ebenen keine Interessensphären zu vernachlässigen, sind die Mitgliedgesellschaften über die Regionalgesellschaften bis hinauf in den Zentralvorstand vertreten.

Die Struktur der SRG ist das Ergebnis jahrzentelanger Bemühungen um eine Organisation von Radio und Fernsehen, die dem demokratischen und föderalistischen Aufbau unseres Staatswesens Rechnung trägt. Es steht jedem Hörer und Zuschauer offen, in der SRG mitzumachen, um seine Meinung an zuständiger Stelle zurr Ausdruck zu bringen.

Die Frage des Fernsehausbaus ist von allen zuständigen Gremien der verschiedenen Stufen behandelt worden. Der Vorschlag der SRG wurde in den Programmkommissionen und Vorständen der Regionalgesellschaften wie auch im Zentralvorstand diskutiert und gebilligt und schliesslich auch der Generalversammlung der SRG unterbreitet und von dieser genehmigt.

Die Überlassung einer oder beider der neuen Ketten an eine andere
Gesellschaft hätte zur Folge, dass für das ganze Land kostspielige parallele und durchstrukturierte Organisationen geschaffen werden müssten, wollte man diese Gesellschaft der gleichen bewährten föderalistischen Ordnung unterstellen, wie sie für die SRG verbindlich ist. In einem kleinen Lande wie der Schweiz ist dies nicht denkbar.

1635 2. Die ausgebaute Betriebsorganisation Die SRG ist in der Lage, mit den beschränkten finanziellen und personellen Mitteln, die in der Schweiz für das Fernsehen verfügbar sind, ein Höchstmass an Wirksamkeit zu erzielen. Der Produktionsapparat ist bereits vorhanden; die Fernsehstudios, welche die Provisorien in Zürich,Genf und Lugano nach und nach ersetzen, sind im Bau und werden bis 1970/72 fertiggestellt sein ; die Mitarbeiterstäbe sind eingespielt und verfügen über praktische Erfahrung, so dass neu einzustellendes Personal in den Studios von ausgewiesenen Fachleuten ausgebildet werden kann; überdies kann ein nicht zu verantwortender Wettbewerb und die Einstellung geschulter Mitarbeiter für Programm und Technik vermieden werden.

Während alle diese Vorteile in rationeller Weise ausgenützt werden sollen, beabsichtigt die SRG anderseits, alle geeigneten Mittel einzusetzen, um den künftigen Programmen eigenständigen Charakter zu geben. So wird auch erwogen, für die erste und dritte Programmkette getrennte Programmleitungen einzusetzen, um auf diese Weise einen echten wechselseitigen Wettbewerb zu erreichen, der sich auf die Qualität der Sendungen stimulierend auswirken wird.

3. Die SRG und die internationale Zusammenarbeit Die langjährigen Beziehungen zu den ausländischen Fernsehanstalten und internationalen Organisationen, die sich hinsichtlich der Übernahme ausländischer Programme, des bilateralen und multilateralen Programmaustausches, der Koproduktion von Programmen, sowie infolge des zunehmenden Angebots der Eurovisionssendungen entwickelt haben, werden allen Fernseh-Programmketten der SRG zur Verfügung stehen. Um die Koproduktion zu fördern, die eine beträchtliche, für das Schweizer Fernsehen sogar ausschlaggebende Verbilligung anspruchsvoller Programme ermöglicht, haben sich die bereits früher erwähnten zwei Arbeitsgemeinschaften der französischsprachigen und der deutschsprachigen Fernsehorganisationen gebildet. In beiden Organisationen führen gegenwärtig die Fernsehdirektoren der deutschen bzw. französischen Schweiz den Vorsitz.

Abschliessend lässt sich feststellen, dass sich aus der Betrauung der SRG mit den drei schweizerischen Programmketten zahlreiche ins Gewicht fallende Vorteile ergeben, nicht zuletzt die Gewähr, dass die Programme nach schweizerischen Gesichtspunkten gestaltet werden.
E. Die Verwirklichung der Pläne ,]. Das zweite Programm Das zweite Programm kann unverzüglich entsprechend dem sogenannten Sofortprogramm und dem weiteren Ausbau des Sendernetzes durch die PTTBetriebe schrittweise eingeführt werden. Schon heute wird über den Sender Rigi versuchsweise das Westschweizer Fernsehprogramm ausgestrahlt. Angaben über die fortschreitende Zunahme der Versorgung sind im Kapitel über den techni-

1636 sehen Weiterausbau enthalten. Das zweite Programm wird der SRC keine zusätzlichen Programmkosten verursachen, da die Senderechte in der Regel schon jetzt jeweils für die ganze Schweiz abgegolten werden.

2. Das dritte Programm Das dritte Programm wird 1971/72 eingeführt werden können, wenn die notwendigen Einrichtungen zur Verfügung stehen, um aus den neuen Studios ein zusätzliches Programm auf die Sender zu leiten. Nach Angaben der PTT-Betriebe wird zu diesem Zeitpunkt rund die Hälfte der Bevölkerung das dritte Programm empfangen können. Für das dritte Programm schätzt die SRG die zusätzlichen jährlichen Aufwendungen für den Beginn auf rund 20 Millionen Franken, wobei die Programmkosten rund 17 Millionen und die Betriebs- und Personalkosten rund 3 Millionen Franken betragen werden. Die SRG rechnet damit, dass sich durch die Zunahme der Fernsehkonzessionäre und durch die Erträgnisse der Werbung ihre Einnahmen in den nächsten 7 bis 8 Jahren verdoppeln werden.

Unter der Voraussetzung im wesentlichen gleichbleibender Lebenshaltungskosten und in der Annahme, dass die Personal-, Honorar- und Betriebskosten in angemessenem Rahmen bleiben, wird es daher voraussichtlich möglich sein, die Aufwendungen für das dritte Programm aus den normalen Einnahmen der SRG zu bestreiten.

3. Die Farbprogramme Im Rahmen dieses Berichtes soll auch die Einführung des Farbfernsehens in der Schweiz kurz behandelt werden.

Es ist durchaus begründet, dass die SRG zu einem Zeitpunkt, da verschiedene unserer Nachbarländer bereits Farbfernsehprogramme ausstrahlen oder solche einzuführen im Begriffe sind, mit der internationalen Entwicklung Schritt hält.

Auch hier besteht ein legitimes Interesse, jenen Zuschauern, die Farbsendungen sehen wollen, schweizerische Programme anzubieten. Zudem wäre es ein kostspieliges Unterfangen, in einigen Jahren erst das nachholen zu wollen, was man heute der normalen Entwicklung folgend bereits verwirklichen kann. In dieser Hinsicht war es von Vorteil, dass die SRG aus finanziellen Gründen erst verhältnismässig spät mit dem Bau der neuen Studiohäuser beginnen konnte und sie deshalb schon während der Planung den Anforderungen der Farbsendungen anzupassen vermochte.

Die SRG sieht im Einvernehmen mit den PTT-Betrieben für die Einführung des schweizerischen Farbfernsehens folgenden Zeitplan vor.
- Im Januar 1968 begannen netzinterne Farbübertragungen sowie technische Versuche, ergänzt durch Übernahme aus dem Ausland, wie z. B. die Olympischen Spiele in Grenoble.

- Im Mai 1968 setzte der Programm-Versuchsbetrieb ein mit einzelnen Filmen, Ansagen, sowie der Übernahme von farbigen Programmen aus dem Ausland.

1637 Am I.Oktober 1968 soll der offizielle Betrieb des Farbfernsehens beginnen mit Ansagen, eigenproduzierten Filmen und Übernahmen aus dem Ausland, wobei mit durchschnittlich sechs Programmstunden in der Woche zu rechnen ist. Anschliessend wird der wöchentliche Anteil der Farbsendungen am Programm allmählich verlängert werden, bis zur Zeit, da die neuen Fernsehstudios fertiggestellt und mit den nötigen elektronischen Anlagen ausgerüstet sind.

- Ab September 1969 wird es möglich sein, farbige Werbespots zu senden.

- Ab 1970 werden die ersten Reportagewagen für farbige Ausstrahlungen für die ganze Schweiz einsatzbereit sein. Es ist zu erwarten, dass bis zu diesem Zeitpunkt der Anteil der Farbprogramme auf 15 Stunden in der Woche ansteigen wird.

- Ab 1971/72 können eigene Farbproduktionen aus den Studioneubauten gesendet werden, womit das reguläre, vollständige Farbprogramm in Kraft treten wird. Doch wird auch in weiterer Zukunft ein Teil der Sendungen schwarzweiss ausgestrahlt. Es ist heute noch keineswegs zu überblicken, ob das Farbfernsehen einmal die schwarzweisse Wiedergabe vollständig verdrängen wird.

Die Produktion von Farbfernsehsendungen stellt die Studios vor neue Aufgaben. Die Mitarbeiter wurden vorerst von Fachleuten der PTT-Betriebe mit den technischen Bedingungen vertraut gemacht.Des weiteren müssen Erfahrungen in ausländischen Sendebetrieben gesammelt und ausländische Experten für die Schulung in der Schweiz herangezogen werden. Auf diese Weise ist zu erwarten, dass die schweizerischen Farbfernsehprogramme den ausländischen Produktionen ebenbürtig sein werden.

Die SRG rechnet nach der Einführung des Farbfernsehens mit zusätzlichen Betriebskosten von 20 bis 30 Prozent zu Lasten der normalen Rechnung, die in ihren Schätzungen bereits berücksichtigt worden sind.

F. Fernsehempfang über Satelliten

In der Diskussion über die künftige Ausgestaltung des Schweizer Fernsehens spielt der Auslandempfang über Satelliten eine gewisse Rolle. Der Bundesrat beschäftigt sich schon seit langem mit diesem Problem, weil er sich der unerfreulichen Auswirkungen im Falle des passiven Verhaltens der Schweiz in dieser Angelegenheit bewusst ist.

Es ist unerlässlich, dass man auch in unserem Lande mit Aufmerksamkeit die Möglichkeiten verfolgt, die sich voraussichtlich unserem Fernsehen bieten werden; denn es ist anzunehmen, dass in Zukunft auch der direkte Empfang mit dem Heimapparat via Sendesatelliten möglich wird. Der sich daraus ergebende Konkurrenzkampf wird die Fernsehanstalten zwingen, erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um die Präsenz ihres Landes zu gewährleisten und sich bei einem derart intensiven Wettbewerb ihren Zuschauerkreis zu erhalten.

1638 Die SRG befasst sich heute schon mit der Möglichkeit, Schweizer Programme über Satelliten zu übertragen, wie das von ändern nationalen Fernsehanstalten beabsichtigt wird. Andernfalls wäre zu befürchten, dass die Gelegenheit endgültig verpasst würde, über dieses Kommunikationsmittel, dem unzweifelhaft die Zukunft gehört, der Schweiz den ihr zustehenden Platz zu sichern.

Aus diesem Grunde bemüht sich die SRG, an einer international günstigen Lösung im Rahmen der UER mitzuwirken. Für kleinere Länder ist dies die einzige Möglichkeit, sich an den künftigen Satellitensendungen zu beteiligen. Es kommt der SRG dabei zustatten, dass sie in der UER einen ständigen Sitz im Verwaltungsrat und das Präsidium der Fernseh-Programmkommission innehat. Die Bedeutung dieser internationalen Organisation im Bereich der Satellitenübertragungen ist nicht zu unterschätzen.

Für Fernsehkonzessionäre, die sich für den integralen Empfang ausländischer Programme interessieren, sind diese Zukunftsaussichten insofern von Belang, als es ihnen in einem grossen Teil der Schweiz möglich sein wird, nicht nur ein, sondern voraussichtlich mehrere Auslandprogramme über Satelliten zu empfangen.

Im Hinblick auf die sehr rasche Entwicklung gerade in diesem Bereich scheint dem Bundesrat die in diesem Bericht dargelegte Konzeption für den Ausbau des schweizerischen Fernsehens richtig zu sein.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen, vom vorliegenden Bericht Kenntnis zu nehmen und die Postulate des Nationalrates vom 15. März 1967 und vom 19.Dezember 1967 (Nr.9553 und 9788) abzuschreiben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 22. Mai 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Spühler

Der Bundeskanzler: Huber 0170

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die weitere Gestaltung des schweizerischen Fernsehens (Vom 22. Mai 1968)

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28.06.1968

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