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9863 VII. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Stand der Beschaffung von Kampfflugzeugen Mirage-HI (Vom 3I.Januar 1968)

Herr Präsident, Hochgeehrte Herren, In Ausführung des uns in Artikel 4 des Bundesbeschlusses vom 7. Oktober 1964 erteilten Auftrages beehren wir uns, Ihnen nachfolgend den VII. Bericht über die Beschaffung von Kampfflugzeugen Mirage-III zu unterbreiten. Er gibt, soweit nicht etwas anderes ausgeführt wird, den bis zum 3I.Dezember 1967 erreichten Stand wieder.

Diese Berichtsperiode ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass sich die Ablieferung der letzten Mirage-Flug/euge des Typs IIIS ihrer Endphase genähert hat und die Fabrikationstätigkeit sich nun auf den Aufklärer-Typ III RS verlagert.

1. Revision der Verträge infolge Reduktion des Lieferumfanges

Die Verhandlungen des Kommissärs mit den noch verbleibenden vier Zellenfabrikanten sind im Gang. Mit der Gesamtbereinigung kann für das erste Semester 1968 gerechnet werden.

2. Finanzielle Situation

Die finanzielle Situation bleibt unverändert. Obwohl noch einige Daten zur Ermittlung der Gesamtkosten ausstehen, kann gesagt werden, dass die Kosten für die gesamte Mirage-Beschaffung einschliesslich Teuerung unter den früher gemeldeten 1,3 Milliarden Franken bleiben werden. Aller Voraussicht nach wird es möglich sein, Sie im nächsten Bericht mit Stichtag 30. Juni 1968 über die definitiven Kosten der Mirage-Beschaffung zu orientieren.

3. Stand der Seriebeschaffung und Fabrikation

3. l Lizenzfabrikation der Zelle und Gesamtmontage der Flugzeuge in der Schweiz Die Fabrikation und die Montagearbeiten laufen weiterhin planmässig ab.

Der im Bericht VI genannte Engpass der Ablieferung der automatischen Steuer-

201 hilfen für die Piloten (Autocommande) konnte weitgehend behoben werden.

Wie bereits früher gemeldet, nimmt die Phase des Einfliegens immer noch etwas mehr Zeit in Anspruch als ursprünglich vorgesehen.

Am 31.Dezember 1967 waren von den 33 Flugzeugen des Typs III S aus den schweizerischen Werken 22 den Fliegertruppen abgegeben und 11 in der Phase des Einfliegens.

Von den 17 Aufklärern des Typs III RS sind programmgemäss die fünf ersten in der Phase der Endmontage im Flugzeugwerk Emmen.

3.2 Lizenzfabrikation des Triebwerkes in der Schweiz Die in der Berichtsperiode programmgemäss weitergeführte Fabrikation der Triebwerke in der schweizerischen Industriegruppe mit der Firma Sulzer als Kopfwerk hat folgenden Stand erreicht: Die bestellten Triebwerkeinheiten waren bis auf 6 abgeliefert und von diesen 6 weitere 5 fertig montiert und teilweise geprüft. Die Produktion der Hauptbaugruppen des Triebwerkes und der Einzelteile ist deshalb bereits seit einiger Zeit beendet. Vom bestellten Triebwerk-Ersatzmaterial waren per Ende 1967 ebenfalls bereits etwa 50% fabriziert. Damit nähert sich die industrielle Tätigkeit auf dem Triebwerksektor bald ihrem Abschluss.

In der Frage der optimalen Einregulierung der Lizenztriebwerke konnten auf Grund von Flügen in der Schweiz und in Zusammenarbeit mit dem französischen Lizenzgeber wertvolle Erfahrungen gewonnen und Verbesserungen erzielt werden.

3.3 Ersatzmaterial und Bodenausrüstungen für die Direktion der Militärflugplätze und die Fliegertruppen Das Reserve- und Ersatzmaterial ist bis auf einige Restanzen definiert und bestellt. Die Ablieferungen an die Nachschubmagazine der Fliegertruppen erfolgen laufend.

Die Bodenmaterial-Truppensortimente sind auf den Zeitpunkt der Umrüstung der betreffenden Formationen hin bereit und auf die entsprechenden Stützpunkte verteilt. Der im Mirage-Bericht III erwähnte Engpass in der Beschaffung der Schleppfahrzeuge, die gleichzeitig als Aussenbordstromquellen dienen, ist behoben; die Truppe wird somit rechtzeitig über diese Geräte verfügen.

Die Ausrüstung der Reparaturstufe III wird auf Grund der Erfahrungen aus dem Betrieb laufend ergänzt. Sie soll nach Abschluss der Lizenzfabrikation durch Prüfstände aus der Industrie vervollständigt werden.

Für das Zusatzraketentriebwerk SEPR werden die Prüfstände auf Ende 1968 bereitstehen,
nachdem mit Bundesbeschluss vom 3. Oktober 1967 über militärische Bauten, Waffen- und Schiessplätze auch die Mittel für die baulichen Aufwendungen bewilligt worden sind.

202 3.4 Das Ablieferungsprogramm der Flugzeuge an die Fliegertruppen Im II. Bericht vom l O.August 1965 haben wir das Ablieferungsprogramm der Flugzeuge an die Fliegertruppen wie folgt angegeben : - 33 Kampfflugzeuge Mirage-III S zwischen Mitte 1966 und Anfang 1968, - 17 Aufklärer Mirage-III RS zwischen Mitte 1968 und Mitte 1969.

In den späteren Berichten konnten wir dieses Programm stets mit gewissen Vorbehalten bestätigen. Mit Rücksicht auf den in der vergangenen Berichtsperiode erreichten Stand der Fabrikation und Ablieferung sowie unsere Darlegungen unter Ziff. 3. l kommen wir heute zum Schluss, dass dieses Programm nicht ganz eingehalten werden kann. Die Ablieferung der letzten Flugzeuge des Typs III S dürfte sich in den Sommer 1968 erstrecken und ohne Unterbruch in diejenige der ersten Aufklärer des Typs Mirage-III RS übergehen. Die Ablieferungsprognose lautet demnach : - 33 Kampfflugzeuge Mirage-III S zwischen Mitte 1966 und Sommer 1968, - 17 Auf klärer Mirage-III RS zwischen Mitte 1968 und Sommer 1969.

3.5 Ergänzende Angaben Die Arbeiten am Waffensystem-Simulator für die Mirage-III S schritten in der Berichtsperiode weiter voran. Der erste Teil für die Flugsimulation wurde bereits für die Ausbildung eingesetzt. Der zweite Teil für die taktische Simulation traf kurz vor Jahresende in der Schweiz ein und wird nun mit dem ersten Teil funktioneil zusammengeschaltet. Damit wird es möglich sein, sämtliche im Fluge wie auch im Kampfe erheblichen Eigenschaften des Mirage-III S für die Ausbildung zu simulieren.

Die im Mirage-Bericht VI erwähnte Mehrzweck-Bombe soll im Jahre 1968 in Serieproduktion gehen.

In der Periode vom l I.September bis 13. Oktober 1967 führte die Kriegstechnische Abteilung Abnahme-Kontrollschiessen mit kriegsmässigen Luft-Boden-Lenkwaffen des beschafften Typs AS-30 auf einer Basis an der französischen Atlantikküste durch. Dabei ergab sich gleichzeitig eine einmalige Ausbildungsgelegenheit für eine Anzahl ausgewählter schweizerischer Mirage-Piloten und Bodenmannschaften, auf die in den Ziffern 4. l und 4.2 weiter eingetreten wird. Diese Schiessen verliefen erfolgreich.

Die Anwesenheit von schweizerischen Flugzeugen, Material und Personal auf der erwähnten französischen Basis wurde ferner dazu benützt, weitere Kontroll- und Ausbildungsschiessen mit den Kanonen im Einsatz
gegen Luftziele durchzuführen. Mangels geeigneter Schiessgelände kann im Inland die Schiessausbildung mit Kanonen und scharfer Munition nur gegen Erdziele geübt werden, während im Übungsluftkampf an Stelle des scharfen Schusses verschiedene Simulationsmittel treten müssen.

Die in Frankreich erreichten guten Schiessresultate mit den Kanonen in Verbindung mit dem TARAN-System sowie Luft-Boden-Schiessen in der Schweiz bestätigten den Erfolg der in früheren Berichten erwähnten und inzwischen durchgeführten Normalisationen an der Elektronik.

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Die mit Bundesbeschluss vom 3. Oktober 1967 bewilligte Beschaffung eines dritten Doppelsitzerflugzeuges Mirage-III BS wurde eingeleitet.

4. Truppenerfahrungen mit dem Mirage-III

4. l Wartung und Unterhalt In der Berichtsperiode vom I.Juli bis 3I.Dezember 1967 verfügte die Truppe über 2 Flugzeuge Mirage-HI BS, l Flugzeug Mirage-III RS, 22 Flugzeuge Mirage-III S, wovon 8 während der Berichtsperiode abgegeben wurden.

Die oben aufgeführten Flugzeuge wiesen per 3I.Dezember 1967 eine Gesamtflugleistung von 2504 Stunden auf. In der Berichtsperiode wurden davon geflogen: auf Mirage-III BS : 110 Stunden auf Mirage-III RS: 21 Stunden auf Mirage-III S: 675 Stunden Total

806 Stunden

Im Jahre 1967 wurden folgende durchschnittliche Flugstundenzahlen pro Flugzeug erreicht : Mirage-III BS : 110 Mirage-III RS: 35 Mirage-III S : 86 Die für die Einführung der Mirage-Piloten notwendigen Einsätze konnten in der Berichtsperiode nicht voll den Wünschen entsprechend geflogen werden.

Die Gründe dafür sind die folgenden : - Die im VI. Mirage-Bericht bereits erwähnte, zur Zeit noch relativ hohe Störanfälligkeit wirkt sich nach wie vor sehr arbeitsaufwendig aus und ergibt entsprechende Standzeiten der Flugzeuge; - Das Trainingsprogramm für die Piloten musste der unter Ziffer 3.4 dargelegten Verzögerung in der Ablieferung der Flugzeuge angepasst werden; - Das vorläufige Fehlen des inzwischen zur Beschaffung bewilligten dritten Doppelsitzers Mirage-III BS hemmt die Ausbildung.

Alle Bemühungen zur Verringerung der Störanf älligkeit werden auf Grund der im bisherigen Betrieb bereits erkannten Mängel intensiv fortgesetzt. Die Verbesserungen werden sich jedoch erst auswirken, wenn sie am Grossteil der Serie realisiert sein werden. Dabei handelt es sich im einzelnen meist um kleinere Arbeiten, die durch die Truppe selbst anlässlich der grösseren periodischen Kontrollen ausgeführt werden können. Nach den Erfahrungen mit früher beschafften Flugzeugserien war eine solche Übergangsphase am Anfang der Einführung bei der Truppe zu erwarten.

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Die jährlich von der Flugwaffe geflogene Gesamt-Flugstundenzahl blieb in den letzten Jahren ziemlich konstant. Mit der Einführung der Mirages findet nunmehr aber eine Verlagerung statt vom einfacheren Flugzeug, das nur einen relativ kleinen Arbeitsaufwand pro Flugstunde erfordert, auf den neuen Typ mit einem vergleichsweise mehrfachen Aufwand. Diese Verlagerung bedingt den Einsatz vermehrten Personals, das bisher aus verschiedenen Gründen, u. a. auch infolge der Personalplafonierung, nicht in der erforderlichen Zahl oder nicht auf den nützlichen Termin zur Verfügung stand.

Grössere Arbeiten innerhalb der Berichtsperiode Die Bearbeitung von Vorschriften aller Fachgebiete wurde soweit vorangetrieben, dass für die im Januar 1968 beginnenden Umschulungskurse der Bodentruppen die erforderlichen truppenreifen Unterlagen und Réglemente bereitgestellt werden können.

Im Rahmen des unter Ziffer 3.5 erwähnten Schiessprogramms der Kriegstechnischen Abteilung besorgte eine Personalequipe der Direktion der Militärflugplätze die Wartung und den Unterhalt von drei Flugzeugen Mirage-III S auf einer französischen Basis. Dabei konnten wertvolle Erfahrungen im Schiessbetrieb mit der Luft-Boden-Lenkwaffe ÂS-30 und mit den Kanonen gewonnen werden.

Vom 13.November bis 2.Dezember 1967 fand ein weiterer Einführungskurs für Instruktionsoffiziere und -Unteroffiziere der Flieger-Rekrutenschule auf den Typ Mirage-III S statt.

Das von der Direktion der Militärflugplätze zu stellende Instruktionspersonal für die Truppenumschulung wurde Ende 1967 in einem Kurs entsprechend vorbereitet.

4.2 Flugdienst Im zweiten Halbjahr 1967 wurde ein weiterer Umschulungskurs für Staffelpiloten durchgeführt. Damit ist der in der ersten Ausbauphase angestrebte Bestand an Piloten erreicht. Neben der Einführung neuer Piloten wurde in beschränktem Rahmen die fliegerische und technische Ausbildung der früher Timgeschult en Besatzungen weiter gefördert. In einzelnen Fällen sind bereits Mirage-Verbände in taktischen Übungen der Flugwaffe eingesetzt worden.

Die in früheren Kursen erarbeiteten Ausbildungsmethoden und Lehrmittel haben sich bewährt, was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass bisher keine Flugzeugbeschädigungen durch Pilotenfehler verursacht wurden. Es zeigt sich, dass die bisher ausgewählten Piloten den umfangreichen Stoff gut verarbeiten
und mit verhältnismässig wenig Flugstunden ein beachtliches Resultat erzielen.

Die in Ziffer 4. l dargestellten Umstände erlaubten jedoch nicht, die Ausbildung entsprechend den Möglichkeiten der Piloten voranzutreiben.

Der allgemeine Mangel an Lehrpersonal und Berufspiloten wirkt sich auch auf die Kontinuität der Ausbildung auf Mirage aus. Neu umgeschulte Piloten müssen, früher als dies für ihre Kampffähigkeit tunlich ist, als Fluglehrer in ändern Schulen und Kursen der Fliegertruppen eingesetzt werden.

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Mit dem Schiessen von kriegsmässigen Luft-Boden-Lenkwaffen AS-30 ab Mirage haben mehrere Piloten ihre Ausbildung als Lenkwaffenschützen gegen Erdziele abgeschlossen. Die Schiessausbildung verlief ohne Zwischenfälle und die erzielten Treffer entsprachen den hohen Erwartungen. Es zeigte sich, dass die vorangegangene Schulung mit Simulatoren und Übungslenkwaffen zu einem guten Resultat geführt hat und nun für die bevorstehende Ausbildung des Gros der Kampfpiloten übernommen werden kann.

Der gesamte Flugdienst in der Berichtsperiode verlief wiederum ohne Unfälle. Erwähnung verdienen einzig drei Triebwerkstörungen im Flug, bei denen die Flugzeuge aber dank günstiger Begleitumstände durch die Piloten sicher zur Landung geführt werden konnten.

5. Zusammenfassung

Bei der Revision der Verträge konnten weitere Fortschritte erzielt werden.

Mit der Gesamtbereinigung kann für das erste Halbjahr 1968 gerechnet werden.

Die finanzielle Situation bleibt unverändert. Die Ausweisung der definitiven Kosten der Mirage-Beschaffung kann aller Voraussicht nach mit dem nächsten Bericht erwartet werden.

Die Lizenzfabrikation in der Schweiz nähert sich nun ihrem Abschluss.

Demgegenüber wird die gegenwärtige Spitzenbelastung bei der Endmontageund Einflugtätigkeit im Eidgenössischen Flugzeugwerk bis auf weiteres noch anhalten.

Die Ablieferung der Seriekampfflugzeuge des Typs IIIS an die Fliegertruppen wird sich über eine etwas längere Zeitperiode, d.h. bis in den Sommer 1968, erstrecken, ohne dass dadurch das Ablieferungsprogramm der nachfolgenden Aufklärer des Typs III RS wesentlich beeinträchtigt werden dürfte.

Die Truppenerfahrungen erstrecken sich nun bereits auf 2504 Flugstunden und entsprechende Arbeiten der Bodenorganisation. Die Eingliederung des neuen Materials bei den Fliegertruppen vollzieht sich weiterhin ohne wesentliche Störungen oder unerwartete Überraschungen. Hingegen haben die bis heute gemachten Erfahrungen erkennen lassen, dass das neue Flugzeug mit Waffen und Ausrüstung in bezug auf Unterhalt und Betrieb grosse Anforderungen stellt.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns, Ihnen zu beantragen, vom vorliegenden VII. Mirage-Bericht Kenntnis zu nehmen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 31. Januar 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Sptihler Der Bundeskanzler: Huber

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VII. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Stand der Beschaffung von Kampfflugzeugen Mirage-III (Vom 31.Januar 1968)

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