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Bundesblatt

Bern, den 6.September 1968

120.Jahrgang

Bandii

Nr. 36 ' Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36 - im Jahr, Fr. 20 - im Halbjahr, zuzüglich Nachnahmeund Postzustellungsgebuhr Inseratenverwaltung: Permedia, Publicitas AG, Abteilung für Penodika, Hirschmattstrasse 42, 6002 Luzern

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Revision des Nationalbankgesetzes (Vom 24. Juni 1968)

Einleitung Herr Präsident, hochgeehrte Herren, Wir beehren uns, Ihnen mit der vorliegenden Botschaft einen Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1953 über die Schweizerische Nationalbank zu unterbreiten ; er befasst sich im wesentlichen mit dem Ausbau des Instrumentariums unseres Noteninstitutes.

In diesem Zusammenhang sind folgende Postulate eingereicht worden : - Mit Postulat von Herrn Nationalrat W. Schmid und 11 Mitunterzeichnern vom 11. März 1963 (8725) wird der Bundesrat eingeladen, die Frage zu prüfen, ob nicht das Instrumentarium der Nationalbank zu erweitern und das Nationalbankgesetz entsprechend zu revidieren sei, und ob es nicht angezeigt wäre, die Währungsgesetzgebung zu vereinheitlichen und nach neueren Gesichtspunkten zu gestalten.

- Mit Postulat von Herrn Nationalrat Keller und 7 Mitunterzeichnern vom 22. März 1966 (9444) wird der Bundesrat ersucht, im Zusammenhang mit der Revision des Nationalbankgesetzes einen Bericht über die möglichen Auswirkungen der Einführung variabler Wechselkurse zu erstatten, der das Parlament in die Lage versetzen soll, sich ein Urteil über dieses Problem zu bilden.

Beide Postulate sind vom Nationalrat angenommen worden. In der vorliegenden Botschaft wird zu den darin aufgeworfenen Fragen Stellung genommen.

Der Bundesrat beantragt deshalb, die beiden Postulate abzuschreiben.

Am 9. Dezember 1965 haben ausserdem Herr Nationalrat Eisenring und 24 Mitunterzeichner folgende Motion (9389) eingereicht: Im Rahmen des Ausbaues des Instrumentariums der Nationalbank ist der Einführung von Mindestreserven erhebliche Bedeutung zuzumessen. Deren Verankerung würde zweckmässigerweise über das Instrument der AHgemeinverbindlicherklärung entsprechender Vereinbarungen zwischen der Nationalbank und den Banken erfolgen.

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254 a. Der Bundesrat wird ersucht, unter Zugrundelegung der Artikel 39 und 34ter der Bundesverfassung, die Regelung der Mindestreserven auf der Basis der Allgemeinverbindlicherklärung zu veranlassen.

b. Sollten sich zusätzliche oder allenfalls neue verfassungsrechtliche oder gesetzliche Normen für diese Allgemeinverbindlicherklärung als erforderlich erweisen, so wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament ohne Verzug eine entsprechende Vorlage zu unterbreiten.

Diese Motion ist inzwischen wegen Zeitablaufs vom Nationalrat abgeschrieben worden. Der Bundesrat hat indessen das Problem der Allgemeinverbindlicherklärung von Vereinbarungen zwischen der Nationalbank und den Banken näher geprüft und äussert sich dazu in der vorliegenden Botschaft.

I. Kapitel Aufgaben und Möglichkeiten der Notenbankpolitik A. Aufgaben der Notenbankpolitik

Gemäss Artikel 39 der Bundesverfassung hat die Schweizerische Nationalbank «die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln, den Zahlungsverkehr zu erleichtern und im Rahmen der Bundesgesetzgebung eine den Gesamtinteressen des Landes dienende Kredit- und Währungspolitik zu führen».

Der Nationalbank ist damit im wesentlichen die Aufgabe gestellt, die Geld- und Kreditversorgung des Landes so zu beeinflussen, dass das wirtschaftliche Gleichgewicht im Inland und gegenüber dem Ausland soweit möglich gewahrt werden kann.

Seit der vor mehr als sechs Jahrzehnten erfolgten Gründung der Schweizerischen Nationalbank haben sich nicht so sehr die notenbankpolitischen Zielsetzungen als vielmehr die Bedingungen verändert, unter denen sie zu erfüllen sind.

Das gilt namentlich für die Regelung des Geldumlaufes. In der Gründungszeit der Nationalbank bestand der Geldumlauf zur Hauptsache aus Edelmetallmünzen und Banknoten, die in Gold einlösbar waren. Hauptaufgabe der Notenbank war es, darüber zu wachen, dass der Notenumlauf in einem angemessenen Verhältnis zur Metalldeckung blieb. Der über den Goldbestand hinausgehende Betrag an zirkulierenden Noten musste - und muss auch heute noch - durch erstklassige kurzfristige Forderungen gedeckt sein. Im Interesse eines regelmässigen, raschen Rückflusses der Noten sollten vor allem Wechsel, denen ein kurzfristiges Handelsgeschäft zugrunde lag, diskontiert werden.

Durch Veränderung des Diskontsatzes konnte die Nationalbank in früheren Zeiten auf den Umfang der Wechseleinreichungen und damit des Notenumlaufes sowie auf das Ausmass des Zu- oder Abflusses von Gold über die Grenze Einfluss nehmen. Eine Heraufsetzung der offiziellen Rate verteuerte den Notenbankkredit und verminderte tendenziell die Diskontbegehren sowie die Ausgabe von Noten.

Gleichzeitig wirkte die Satzerhöhung einem Goldabfluss entgegen und förderte den Zufluss von Geld und damit auch von Gold aus dem Ausland. Durch Sen-

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kung des Diskontsatzes wurde der Kredit verbilligt, was die Ausweitung des Notenumlaufes erleichterte und unter Umständen zu einem Abfiuss von Geld ins Ausland und damit zu einer Verminderung des Goldbestandes führte. Massstab für die Diskontpolitik war vor allem die Entwicklung der Zahlungsbilanz, die sich in der Bewegung der Währungsreserven äusserte. Diese war auch ein Hinweis auf die Konjunkturentwicklung im Vergleich zum Ausland. Nahm als Folge einer passiven Zahlungsbilanz die Golddeckung des Notenumlaufes wesentlich ab, so war dies das Signal zu einer restriktiveren Kreditpolitik der Nationalbank. Nahm die Golddeckung wesentlich zu, so konnte die Kreditpolitik gelockert werden.

Mit der zunehmenden Ausbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs hat sich in den letzten Jahrzehnten die Zusammensetzung des Geldvolumens entscheidend verändert. Neben den Münz- und Notenumlauf trat in wachsendem Masse das Buchgeld, das in Forderungen gegenüber Banken besteht. Zwar können solche Forderungen grundsätzlich in Banknoten umgewandelt werden, doch wird von dieser Möglichkeit normalerweise inur in verhältnismässig geringem Umfang Gebrauch gemacht. Das Buchgeld zirkuliert durch Übertragung in den Büchern der Banken.

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Heute wird somit Geld nicht nur durch die Notenbank, sondern auch durch die Banken geschaifen. Diese leihen zwar scheinbar nur Gelder aus, die ihnen von den Sparern und der Wirtschaft zufliessen oder die sie am Kapitalmarkt aufgenommen haben. Aber diese Gelder entstehen zu einem erheblichen Teil durch die Verwendung der eröffneten Kredite. Der Kre^litempfänger verfügt in der Regel über den Kredit in Form von Überweisungsaufträgen zu Gunsten der Bankkonti seiner Gläubiger. Dem Mittelausgang auf einem Debitorenkonto steht somit ein Mitteleingang auf ändern Bankkonti gegenüber.

Über die komplexen Probleme der Geldschöpfung durch Banken besteht eine umfangreiche wissenschaftliche Literatur1). Für manche Bankleiter ist zwar dieser Vorgang auf Grund der Bilanz ihres eigenen Instituts nicht ohne weiteres ersichtlich, doch ist die Fähigkeit der Banken, Buchgeld zu schaffen, heute unbestritten. Ein schematisches Beispiel möge den Prozess veranschaulichen.

Die Bank X kauft von einem Exporteur Devisen im Gegenwert von 100000 Franken. Sie schreibt dem Exporteur diesen Betrag gut. Gleichzeitig wandelt
sie diese Devisen bei der Nationalbank gegen Gutschrift auf Girokonto in Franken um. Sowohl ihre Verbindlichkeiten als auch ihre Kasse haben also um 100000 Franken zugenommen. Die übliche Kassenhaltung betrage 10 Prozent der kurzfristigen Verbindlichkeiten. Die Bank muss daher von der Liquiditätsverbesserung von 100000 Franken nur 10000 Franken zur Verstärkung ihrer Kasse zurückbehalten. Sie ist somit in der Lage, aus den ihr zugeflossenen Mitteln einem Kunden A einen Kredit von 90000 Franken zu gewähren. Der Kunde A gibt der Bank X den Auftrag, diese Summe seinem Gläubiger B bei der Bank Y gutzuschreiben. Die Bank X lässt den Betrag ihrem Girokonto bei der Nationalbank *) vgl. etwa Lutz F. A. : Das Grundproblem der Geldverfassung, I. Kapitel, Stuttgart Berlin 1936 sowie Schneider E. : Einführung in die Wirtschaftstheorie, III. Teil, II.

Kapitel, Tübingen 1965.

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belasten und dem Girokonto der Bank Y gutschreiben. Die Bank Y behält ihrerseits wiederum 10 Prozent des ihr zugegangenen Geldes, d. h. 9000 Franken, zurück, um ihre Kassenhaltung zu verstärken, und gibt 81000 Franken als Kredit weiter. Derselbe Vorgang wiederholt sich bei weiteren Banken, bis dem mit der Devisentransaktion geschaffenen Betrag von 100000 Franken Notenbankgeld 900000 Franken Kredite und l Million Franken Verpflichtungen bei den Geschäftsbanken gegenüberstehen. Voraussetzung ist allerdings, dass keiner der Beteiligten Barabhebungen vorgenommen hat - was die Kassenhaltung der Banken und damit ihre Geldschöpfungsfähigkeit vermindern würde -, d. h. dass die Zahlungen nur durch Übertragungen in den Büchern der betreffenden Banken vorgenommen wurden. Das ist in der Praxis weitgehend der Fall.

Jede Vermehrung des Notenbankgeldes vei stärkt also das Kreditpotential der Banken um ein Mehrfaches. Halten die Banken, wie im vorstehenden Beispiel, eine Kassenhaltung von 10 Prozent der kurzfristigen Verbindlichkeiten für ausreichend, so können sie theoretisch bis zum zehnfachen Betrag Buchgeld schaffen.

Das Beispiel zeigt jedoch auch, dass sich die Buchgeldschöpfung nicht beliebig fortsetzen lässt. Sie findet ihre gesetzliche Grenze in der Pflicht der Banken, im Verhältnis zu ihren kurzfristigen Verbindlichkeiten (Guthaben anderer Banken und von Kunden) eine bestimmte Reserve in Form von Münzen, Noten sowie Sichtguthaben bei der Notenbank und beim Postcheck zu halten. Das ist die Kassenliquidität der Banken. In der Schweiz sind im Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen vom S.November 1934 und in der dazugehörigen Vollziehungsverordnung Mindestanforderungen für die Kassenliquidität festgesetzt. Diese Bestimmungen dienen ausschliesslich dem Gläubigerschutz und verfolgen keinerlei geldpolitische Zwecke.

Die Mindestliquidität gemäss Bankengesetz bestimmt sich nach dem Verhältnis der kurzfristigen zu den gesamten Verbindlichkeiten. Je grösser der Anteil der kurzfristigen Verbindlichkeiten, desto mehr Kasse wird verlangt. Die Anforderungen nehmen in drei Stufen von 5 Prozent auf 7 % Prozent und 10 Prozent zu.

Ende 1966 wurde von den Banken gemäss dieser Bestimmung im Durchschnitt eine Kasse von 7,4 Prozent der kurzfristigen Verbindlichkeiten gefordert; ausgewiesen wurden jedoch auf Jahresende
20,2 Prozent. Das heisst, dass die Banken es wohl insbesondere im Hinblick auf ihre grossen kurzfristigen Verpflichtungen gegenüber dem Ausland als angezeigt erachten, eine wesentlich höhere Kasse zu halten, als dies dem im Gesetz vorgesehenen Minimum entspricht.

Die Kasse der Banken besteht hauptsächlich aus Notenbankgeld, d.h. Banknoten und jederzeit verfügbaren Guthaben bei der Notenbank. Als Kasse gelten aber auch Goldbestände.

Die Entwicklung der Kassaliquidität hängt in der Schweiz im wesentlichen davon ab, in welchem Umfange die Notenbank Devisen aufnehmen oder abgeben muss. MUSS sie Devisen aufnehmen, so schafft sie Notenbankgeld, muss sie Devisen abgeben, so verringert sie die Notenbankgeldmengc. Die in der Beanspruchung von Notenbankkredit durch Diskont- und Lombardgeschâfte lie-

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gende weitere Quelle für Notenbankgeld wird in der Schweiz seit geraumer Zeit nur in geringem Umfange benützt.

Für den Devisenanfall oder -abgang ist die Entwicklung der Ertrags- und Kapitalbilanz massgeblich. Solange das Ausland Vertrauen in unsere Währung und Wirtschaft, d. h. in unsere Konkurrenzfähigkeit hat, kann die Kapitalbilanz von den Banken selbst entscheidend beeinflusst werden. Die Banken haben die Möglichkeit, Gelder ins Ausland zu verlegen, eigene Anlagen aus dem Ausland heimzuschaffen oder ausländische Gelder hereinzunehmen. Angesichts der Höhe der Auslandaktiven unserer Banken, die insbesondere durch den Zufluss ausländischer Gelder immer noch zunehmen, sind diese Einflussmöglichkeiten von erheblicher Bedeutung.

' Im Hinblick auf die zunehmende Verwendung des Buchgeldes und das in den wachsenden Devisenanlagen liegende Liquiditätspotential sind die von der Notenbankpolitik unabhängigen Geldschöpfungsmöglichkeiten grösser als in irgend einem anderen Industrieland. Dies erleichtert die Finanzierung eines Konjunkturaufschwunges in einer Weise, die zu einer übermässigen und daher inflatorischen Aufblähung der Geldmenge führen kann. Die Banken werden im Aufschwung durch die gegenseitige Konkurrenz veranlasst, ihre Kreditzusagen so zu steigern, dass die Kredite schliesslich über das Mass der verfügbaren langfristigen Ersparnisse hinausgehen, zumal die Investoren in der Hochkonjunktur unter dem Einfluss der optimistischen Stimmung zu einer Übersteigerung ihrer Investitionen und zu einer übermässigen Kreditbeanspruchung für deren Vorfinanzierung neigen. Die Marktwirtschaft enthält keinen Mechanismus, der die Buchgeldschöpfung in einem angemessenen Verhältnis zu den Möglichkeiten des realen Wirtschaftswachstums halten würde. Durch das geschilderte Verhalten wird deshalb die Geldwertstabilität gefährdet und die Möglichkeit rezessiver Entwicklungen erhöht.

Wenn die für Investitionen eingeräumten kurzfristigen Kredite konsolidiert werden müssen, kann es sich erweisen, dass die langfristigen Mittel hiefür nicht ausreichen, weil zusätzliche langfristige Ersparnisse langsamer und erst im Zuge der Ausdehnung der Geschäftstätigkeit und der Einkommen entstehen. Die Folge ist, dass das Angebot am Kapitalmarkt im Verhältnis zur Nachfrage zu gering ist. Je grösser die Buchgeldschöpfung im Vergleich
zu den Ersparnissen ist, desto grösser wird das Missverhältnis zwischen dem Konsolidierungsbedarf und den hiezu verfügbaren Mitteln. Dieses Missverhältnis wird in der Regel erst offenkundig, wenn es bereits einen beträchtlichen Umfang angenommen hat. Alsdann steigen die Zinssätze. Die Gewährung von kurzfristigen Krediten wird eingeschränkt. Investition und Wachstum stocken. An sich könnte die Konsolidierung durch Wertschriftenkäufe der Nationalbank, die Heranziehung langfristiger ausländischer Kapitalien oder die Heimschaffung inländischer Kapitalien aus dem Ausland erleichtert werden. In Zeiten konjunktureller Überhitzung würde aber dadurch die Buchgeldschöpfung weiter stimuliert und die Geldentwertung beschleunigt. Ein Abgleiten in eine immer grössere Inflation und schliesslich eine um so stärkere Rezession wäre dann erst recht unausweichlich.

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Eine wichtige Voraussetzung für ein regelmässiges Wachstum der Wirtschaft und für die Erhaltung des Geldwertes besteht somit darin, dass die Zunahme des Kreditvolumens in einem angemessenen Verhältnis zur Zunahme der langfristigen Ersparnisse bleibt. Die Notenbankpolitik hat die Aufgabe, die Vermehrung des Buchgeldes wenn nötig zu verlangsamen, um der Entstehung eines Missverhältnisses zwischen der Kreditexpansion und der Entwicklung der Ersparnisse entgegenzuwirken. Kann diese Aufgabe erfüllt werden, so wird zugleich auch eine massive Zinserhöhung vermieden, die sonst die unausweichliche Folge von Konsolidierungsschwierigkeiten bildet.

Indem eine wirksame Regelung der Buchgeldmenge geeignet ist, Wachstumsstockungen als Folge einer Übersteigerung der Kreditausweitung zu verhindern, trägt sie auch zur Depressionsabwehr bei.

Einem wirtschaftlichen Rückschlag muss bereits in der Hochkonjunktur vorgebeugt werden. Wohl kann die Notenbank in der Depression durch Senkung ihres Diskontsatzes oder durch Offenmarktoperationen auf eine Ausweitung des Geldvolumens hinwirken, um damit bessere Voraussetzungen für eine Konjunkturbelebung zu schaffen, doch ist sie nicht in der Lage, den Wiederaufschwung zu erzwingen, weil das Ausmass der Kreditgewährung nicht allein von der Liquidität der Banken, sondern auch von der Kreditnachfrage der Wirtschaft und der Bewältigung der Konsolidierungslücke abhängt.

Ebenso ist es für die Erhaltung des Geldwertes unerlässlich, die Geldmenge in einem angemessenen Rahmen zu halten. Eine im Verhältnis zum Angebot an Gütern und Dienstleistungen übermässige Ausweitung des Geldvolumens treibt die Preise in die Höhe und setzt den Teuerungsmechanismus in Gang, der die Preissteigerungen ohne Rücksicht auf Produktivitätsfortschritte auf die Löhne überträgt und dadurch neue Kosten- und Preiserhöhungen auslösen kann.

Häufig wird die Ansicht vertreten, ein gewisses Ausmass an fortlaufender Inflation müsse als Preis für die wirtschaftliche Expansion in Kauf genommen werden (Inflation auf kleinem Feuer). Dabei wird aber übersehen, dass die Inflation der ständigen Bekämpfung bedarf, denn die Geldentwertung hat die bedenkliche Tendenz, ihr Tempo zu beschleunigen, wenn die wirtschaftenden Menschen sich daran gewöhnen, mit der Inflation zu rechnen. Es wäre gefährlich, die Nachteile der Geldentwertung
zu unterschätzen. Die Tatsache, dass ein grosser Teil der Bevölkerung den eingetretenen Kaufkraftverlust durch Erhöhung des Nominaleinkommens laufend ersetzen kann, darf nicht über die schweren Schäden hinwegtäuschen, die eine fortgesetzte Inflation der wirtschaftlichen und sozialen Struktur eines Landes zufügt.

B. Notenbankpolitische Instrumente Der wachsende Anteil des Buchgeldes am gesamten Geldvolumen hat im Ausland schon vor längerer Zeit zur Schaffung neuer notenbankpolitischer Instrumente geführt, mit denen sich die Geldschöpfung der Banken wirksamer beeinflussen lässt als mit den Mitteln der Diskont- und der Offenmarktpolitik. In den meisten Industrieländern fanden Mindestreserven Eingang in das Instrumen-

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tarium der Notenbanken, in den Vereinigten Staaten schon in den dreissiger Jahren, in ändern Ländern nach dem Zweiten Weltkrieg. Mehr und mehr sind ausländische Notenbanken auch zur unmittelbaren Begrenzung der Kreditentwicklung übergegangen, um die Buchgeldschöpfung unabhängig von der Liquiditätslage der Banken beeinflussen zu können.

Demgegenüber ist das geltende Instrumentarium der Schweizerischen Nationalbank noch ganz auf die Regelung des Notenumlaufes zugeschnitten. Die Revision des Nationalbankgesetzes von 1953 trug den veränderten Verhältnissen nur in sehr beschränktem Masse Rechnung. Die Möglichkeiten für Offenmarktoperationen wurden zwar damals erweitert, indem die Nationalbank ermächtigt wurde, Schatzanweisungen und Schuldverschreibungen des Bundes sowie bestimmte andere Obligationen mit einer Verfallzeit von höchstens zwei Jahren in die Notendeckung einzubeziehen. Die praktische Bedeutung dieser Neuerung erwies sich aber in der Folge als gering. Die Einführung von Mindestreserven wurde zwar geprüft, jedoch als noch zu wenig abgeklärt zurückgestellt. Es darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass damals die meisten Währungen noch nicht konvertibel waren. Demzufolge war das Kapital international nicht sehr beweglich. Auch die Tendenz zur konjunkturellen Überhitzung war seit Ende der zwanziger Jahre wenig spürbar.

So stehen der Nationalbank heute an gesetzlichen Einflussmöglichkeiten nur die Diskont- und Lombardpolitik sowie begrenzte Massnahmen der Offenmarktpolitik zur Verfügung. Dazu kommen die im Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen niedergelegten Kompetenzen für die Einflussnahme auf den Zinssatz der Kassenobligationen von Banken sowie für die Bewilligung von Kapitalexporten in Form von bestimmten Bankenkrediten an das Ausland und ausländischen Anleihen in der Schweiz.

Für die Regulierung des Buchgeldvolumens reicht die Diskontpolitik indessen nicht aus ; die Liquidität der Banken lässt sich bei den in unserem Lande herrschenden Verhältnissen durch diskontpolitische Massnahmen nur wenig beeinflussen. Das hauptsächliche Hindernis besteht, wie bereits erwähnt, darin, dass die Banken ihre Kasse unabhängig vom Notenbankkredit aus ihren hohen Auslandanlagen alimentieren können und zudem eine Neigung zum Einströmen fremden Kapitals in die Schweiz besteht. Aus den
gleichen Gründen kann durch die Offenmarktpolitik, d. h. die Beeinflussung der Liquidität durch Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder kursgesicherten Devisen, die Geldmenge nur in beschränktem Masse beeinflusst werden.

Das Ungenügen ihres gesetzlichen Instrumentariums hat die Nationalbank immer wieder veranlasst, den Weg der Verständigung mit den Banken zu beschreiten, um Probleme der Geld- und Kreditpolitik zu lösen. Zum Teil beruhten Vereinbarungen mit den Banken auf der Überlegung, dass viele Probleme am zweckmässigsten durch Absprache geregelt werden können ; zum Teil bildeten sie lediglich einen Notbehelf.

Im Rückblick lässt sich feststellen, dass die Kooperation zwischen Noteninstitut und Banken zu positiven Ergebnissen geführt, aber oft wertvolle Zeit gekostet hat. Wesentliche Voraussetzungen für eine erspriessliche Zusammenarbeit

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waren vorhanden, so vor allem das gute Verhältnis zwischen den beiden Partnern und das Verständnis der Banken für gesamtwirtschaftliche Erwägungen.

Diese Vorbedingungen sind auch heute noch gegeben. Die Zusammenarbeit zwischen der Nationalbank und den Banken soll daher nicht nur weitergeführt, sondern unter dem Regime des neuen Instrumentariums noch vertieft werden.

Man muss sich jedoch darüber Rechenschaft geben, dass freiwillige Vereinbarungen keinen genügenden Ersatz für gesetzlich verankerte Notenbank-Instrumente bilden. Gerade unter schwierigen Umständen, wenn eine funktionsfähige Regelung am nötigsten gewesen wäre, haben sich Abmachungen auf rein freiwilliger Basis oft als zu wenig wirksam erwiesen. Das zeigte sich, um ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit herauszugreifen, bei dem im Sommer 1960 abgeschlossenen Gentlemen's Agreement über die ausländischen Gelder, dessen Weiterführung sich immer schwieriger gestaltete, weil angesichts des lebhaften ausländischen Interesses für zinstragende Anlagen in der Schweiz die Versuchung gross war, die Anlage- und Verzinsungsbeschränkungen zu umgehen. Bei freiwilligen Vereinbarungen muss ferner stets damit gerechnet werden, dass sie nur zustande kommen, wenn sie auf den kleinsten gemeinsamen Nenner ausgerichtet sind. Dies gibt keine genügerjde Gewähr für die Bewältigung schwieriger Probleme.

C. Notenbankpolitik in einer auslandverbundenen Wirtschaft

Die bescheidene Ausstattung unseres notenbankpolitischen Instrumentariums macht sich besonders deshalb nachteilig bemerkbar, weil die Geld- und Währungspolitik in der Schweiz in verschiedener Hinsicht vor ungleich schwierigeren Problemen steht, als dies in anderen Ländern der Fall ist. Dafür ist in erster Linie die Tatsache verantwortlich, dass unser Land sowohl im wirtschaftlichen als auch im monetären Bereich mit dem Ausland eng verbunden ist und daher in starkem Masse ausländischen Einflüssen unterliegt.

Jede moderne Volkswirtschaft wild vom Konjunkturverlauf und Wachstumsrhythmus des Auslandes beeinflusst, wobei sich der Zusammenhang vor allem über den Export von Gutern und Leistungen ergibt. Zudem ist bei freier Konvertibilitàt der Wahrungen mit Kapitalzu- und -abflüssen zu rechnen, welche das einheimische Geldvolumen bald ausweiten, bald vermindern können. Durch die vom Ausland her wirksamen Einflüsse wird die gleichzeitige Aufrechterhaltung eines stabilen Geldwertes und eines festen Wechselkurses erschwert.

Für die schweizerische Notenbankpolitik sind namentlich die Probleme, die sich aus der Kapitalverflechtung mit dem Ausland ergeben, von Bedeutung.

Im Laufe der Jahrzehnte, vor allem aber seit Ende des Zweiten Weltkrieges, sind schweizerische Gelder bedeutenden Umfanges im Ausland angelegt worden.

Die Zinsen aus diesen Anlagen bilden einen namhaften Einnahmeposten unserer Ertragsbilanz. Die zeitweise oder dauernde Heimschaffung solcher Gelder in grossem Umfang führt jedoch zu einer beträchtlichen Ausweitung des Geldvolumens im Inland. Gleiches gilt für die Zuflüsse ausländischer Gelder, die oft zusammen mit Repatriierungen schweizerischer Anlagen erfolgen. Seit langem übt

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unser Land eine starke Anziehungskraft auf ausländisches Geld und Kapital aus.

Verschiedene Faktoren wirken dabei mit, vor allem die politische und wirtschaftliche Stabilität sowie die Vertrauenswürdigkeit und Leistungsfähigkeit des Bankwesens. Besonders seit der Einführung der Konvertibilität der führenden europäischen Währungen und der weitgehenden Aufhebung der Devisenbewirtschaftung im Jahre 1958 haben die Kapitalzuflüsse nach der Schweiz einen ausserordentlichen Umfang angenommen. Wann immer in den vergangenen Jahren Spannungen auf dem Gebiet der internationalen Politik, der Wirtschaft oder der Währungen auftraten, flössen unserem Lande Gelder zu. Teils schlugen sich diese Mittel in einer Zunahme der meist kurzfristigen ausländischen Guthaben bei schweizerischen Banken nieder, teils fanden sie Anlage in inländischen Aktien, Obligationen und Grundstücken. Zwar wurden solche Gelder in erheblichen Beträgen von den Banken wieder im Ausland angelegt, doch ist aus dem Anstieg der Währungsreserven um mehrere Milliarden seit 1959 zu schliessen, dass ausländische Gelder in beträchtlichem Umfang im Lande verblieben sind. Mit der Zunahme der Währungsreserven ging eine entsprechende Erhöhung der Notenbankgeldmenge einher, und zugleich veränderte sich dadurch das Geldschöpfungspotential der Banken um ein Vielfaches.

Die Kapitalkraft der Schweiz und ihre Rolle als Drehscheibe internationaler Geldbewegungen haben dazu geführt, dass unser Land in den Jahren seit Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem wichtigen internationalen Finanzzentrum herangewachsen ist. Die Bedeutung der Schweiz als internationaler Finanzplatz geht weit über das eigene wirtschaftliche Potential und den Anteil am internationalen Handel hinaus.

Die monetäre Verflechtung mit dem Ausland hat sich vor allem seit dem Entstehen eines europäischen Geldmarktes verstärkt. Die formelle Kurzfristigkeit der Euromarkt-Anlagen ermöglicht rasche und umfangreiche Geldverschiebungen von Land zu Land. Das Volumen dieses Euromarktes, an welchem hauptsächlich Dollars, in geringerem Masse aber auch andere Währungen kurz- und mittelfristig ausgeliehen werden, wurde für Ende 1967 auf rund 15 Milliarden Dollar geschätzt. Der Anteil der aus der Schweiz stammenden Gelder dürfte etwa ein Drittel betragen haben. Allein die Auslandguthaben der Banken beliefen sich
im gleichen Zeitpunkt auf fast 23 Milliarden Franken, denen Auslandverpflichtungen in gleicher Höhe gegenüberstanden. Die Wertschriftendepots von Ausländern, die schweizerischen Banken zur Aufbewahrung und Verwaltung anvertraut sind, übersteigen betragsmässig die ausländischen Bankguthaben in der Schweiz um ein Mehrfaches. Entsprechend hoch sind die Erträgnisse dieser Depots, die zur Wiederanlage im In- und Ausland zu Verfügung stehen.

Es gibt eine Reihe von Verfechtern der Ansicht, dass die inländische Wirtschaft durch den Übergang zu schwankenden Wechselkursen gegen nachteilige Einflüsse vom Ausland her abgeschirmt werden könnte. Die Anhänger dieser Auffassung glauben, dass es bei flexiblen Wechselkursen möglich wäre, den Geldwert im Inland selbst dann stabil zu halten, wenn im Ausland Inflation betrieben wird.

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In der Tat ist es für ein kleines Land wie die Schweiz, dessen Wirtschaft eng und vielfältig mit dem Ausland verbunden ist, ausserordentlich schwierig, in einer inflationierenden Umwelt das Preisniveau bei festen Wechselkursen und Vollbeschäftigung stabil zu halten. Die Frage ist, ob durch Einführung flexibler Wechselkurse das Ziel der Geldwertstabilität eher erreicht werden könnte.

Bei der Prüfung der Wechselkursfrage muss man sich darüber Rechenschaft geben, dass Angebot und Nachfrage am Devisenmarkt nicht nur durch Zahlungen im Aussenhandel und im internationalen Dienstleistungsverkehr bestimmt werden, sondern dass - namentlich im Falle unseres Landes - zeitweise Kapitalbewegungen die Kursbildung viel stärker beeinflussen. Würde der Wechselkurs dem Einfluss zufälliger, oft umfangreicher Geldbewegungen ohne Eingreifen der Notenbank frei ausgesetzt, so wären zeitweise kräftige Kursschwankungen die Folge. Dadurch würden die internationalen Geldverschiebungen, vor allem solche spekulativen Charakters, noch zusätzlich angeregt, so dass gerade die flexiblen Wechselkurse ein neues Element der Unstabilität in den Geldmarkt und die Wirtschaft hineintragen könnten. Für die Geldwerterhaltung wäre damit nichts gewonnen; die nachteiligen Folgen dagegen hätte vor allem der Aussenhandel zu tragen, weil die für ihn geltenden Wechselkurse letztlich durch kurzfristige, nicht selten spekulative Geldbewegungen bestimmt würden. Der Einwand, dass das Risiko grösserer Kursschwankungen durch Termingeschäfte am Devisenmarkt ausgeschaltet werden könnte, ist nicht stichhaltig, denn die Praxis zeigt, dass die Funktionsfähigkeit des Devisenterminmarktes an die Voraussetzung relativ stabiler Kurse gebunden ist. Andernfalls würden die Kurssicherungskosten zu stark ansteigen.

Die Politik fester Wechselkurse ist daher nicht einfach ein Dogma der Notenbanken, sondern sie ergibt sich aus dem Bedürfnis der mit dem Ausland verbundenen Wirtschaft nach einer verlässlichen Kalkulationsbasis und einer Verminderung des Risikos von Kursverlusten. Überdies lehrt die Erfahrung, dass schon relativ geringfügige Manipulationen am Wechselkurs in der Wirtschaft und bei den Kapitalbesitzern Reaktionen verursachen können, die völlig unberechenbar sind und oft äusserst schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.

Der Internationale Währungsfonds
sieht denn auch in seinen Satzungen eine Anpassung des Wechselkurses nur für den Fall eines fundamentalen Ungleichgewichtes in der Zahlungsbilanz vor. Der Wechselkurs soll nicht zum Spielball kurzfristiger konjunktureller Erwägungen und interessenpolitischer Auseinandersetzungen werden. Das Vertrauen in die Währung, eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Gedeihen der Wirtschaft, würde dadurch schwer beeinträchtigt.

Von flexiblen Wechselkursen ist somit kein dauernder Beitrag zur Stabilität zu erwarten. Wichtiger erscheint eine verstärkte internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Inflation. In diesem Sinne wirken die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Gruppe der zehn Industrieländer sowie die regelmässigen Zusammenkünfte der Notenbankleiter bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Den wirtschaftlich

263 führenden Ländern kommt für die Erhaltung des Geldwertes eine besonders grosse Verantwortung zu.

Neben der vom Ausland «importierten» Inflation sind jedoch auch im Inland Kräfte am Werk, die den Geldwert aushöhlen. Für unser Land dürfte die Bekämpfung dieser inneren Inflationskräfte in den nächsten Jahren im Vordergrund stehen, wozu kontinuierliche Wechselkursmanipulationen nicht geeignet sind.

D. Probleme der schweizerischen Zinspolitik Die Nationalbank verfolgt im Rahmen ihrer Einflussmöglichkeiten eine auf die Vermeidung extremer Ausschläge tendierende Zinspolitik. Konjunkturpolitisch hat das Zinsproblem zwei Aspekte : Einerseits können steigende Zinssätze die Investitionsneigung und damit den Konjunkturauftrieb dämpfen. Anderseits vermindert ein im Verhältnis zum Ausland tieferes Zinsniveau der Schweiz u. U.

den Zustrom von Geldern aus dem Ausland und erleichtert den Wiederabfluss zugeflossener Gelder ins Ausland, wodurch einer noch stärkeren Ausweitung der Geldmenge entgegengewirkt wird.

Aber auch die Bedeutung des Zinses als Kostenfaktor lässt sich nicht ohne weiteres ignorieren.

Die hypothekarische Verschuldung ist in der Schweiz ausserordentlich hoch ; sie dürfte 50 Milliaiden Franken übersteigen. Überdies ist sie zeitlich weitgehend unbegrenzt, indem die Mehrzahl der Hypothekardarlehen im ersten Rang, auf die der Hauprteil der Verschuldung entfällt, keiner Amortisationspflicht unterliegen. Dazu kommt, dass die Hypothekardarlehen in der Schweiz im Unterschied zu anderen Ländern, wo der bei der Gewährung des Kredites festgesetzte Satz bis zum Ablauf der vereinbarten Laufzeit gilt - normalerweise formell kurzfristig kündbar sind, was die Anpassung des Hypothekarzinsfusses an die gestiegenen Fremdgeldkosten der Banken erleichtert. Der Zinssatz für Hypotheken liegt in der Schweiz - nicht zuletzt dank den Eigenarten unserer Hypothekenfinanzierung - zwar tiefer als in anderen Ländern, doch wirkt sich das System insofern nachteilig aus, als sich ein Anstieg des allgemeinen Zinsniveaus nach kurzer Zeit auf den Flypothekarsatz überträgt und auf diesem Wege alsbald in einem Anstieg der Wohnungsmieten und der Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse seinen Niederschlag findet. Bei den Mieten ist eine rasche und vollständige Überwälzung der höheren Zinskosten natürlich nur bei angespanntem
Wohnungsmarkt möglich, doch war diese Voraussetzung in unserem Lande in den letzten Jahren gegeben. Bei den Agrarprodukten war bisher der Überwälzungsmechanismus gewissermassen institutionalisiert, indem das Landwirtschaftsgesetz grundsätzlich kostendeckende Preise gewährleistet und in der Vollziehungsverordnung ein Paritätsanspruch des landwirtschaftlichen Einkommens im Verhältnis zum Industriearbeiter-Einkommen festgelegt ist. Sowohl die Wohnungsmieten als auch die Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse fallen im Index der Konsumentenpreise stark ins Gewicht. Da der Hypothekarzinsfuss selbstverständlich aus der allgemeinen Zinsentwicklung nicht herausgelöst werden kann, muss die Zinspolitik diesen Problemen stets besondere Aufmerksamkeit widmen.

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Allerdings darf die Rücksichtnahme nicht so weit gehen, dass dadurch eine allfällige Konjunkturübersteigerung noch verstärkt wird.

Der Ausbau des Instrumentariums soll mithelfen, die Zinsentwicklung ausgeglichener zu gestalten. Der Keim zu extremen Zinshaussen, wie sie sich in den letzten Jahren im Ausland zeigten, wird durch eine im Missverhältnis zur Ersparnisentwicklung stehende Kreditcxpansion gelegt. Sobald die langfristigen Mittel zur Ablösung kurzfristiger Investitionskredite nicht mehr genügen, beginnen die Zinssätze rapid zu steigen. Die Verhinderung einer übermässigen Kreditexpansion bedeutet daher zugleich auch die Verhinderung übermässiger Zinshaussen.

Allerdings sind die Möglichkeiten einer autonomen Zinsentwicklung in den letzten Jahren, vor allem im Hinblick auf die wachsende Bedeutung des Eurogeldmarktes, beschränkter geworden. Ist das Zinsniveau auf dem Euromarkt bedeutend höher als in der Schweiz, so kann die Anziehungskraft dieses Marktes gross genug sein, um vom einheimischen Markt Mittel in einem Umfang abzuschöpfen, der die schweizerischen Zinssätze über das Niveau steigen lässt, das auf Grund der inländischen Verhältnisse gerechtfertigt wäre.

Der massigende Einfluss, den eine antiinflatorische Geldpolitik auf die Kreditnachfrage und damit auf die Zinsentwicklung ausüben kann, lässt sich durch eine konjunkturorientierte Fiskalpolitik, d. h. durch nachfragedämpfende Kaufkraftabschöpfung, wesentlich verstärken.

E. Die Notwendigkeit eines Ausbaus des notenbankpolitischen Instrumentariums

Im Frühjahr 1962 behandelte der Bundesrat ein von seiner Delegation für Finanz und Wirtschaft vorgelegtes konjunkturpolitisches Programm. Unter den vorgeschlagenen Massnahmen auf längere Sicht wurde der Erweiterung des notenbankpolitischen Instrumentariums ein bedeutender Platz eingeräumt. Das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement ersuchte hierauf die Nationalbank, diesen Fragenkomplex abzuklären und insbesondere Vorschläge für die Einführung gesetzlicher Mindestreserven sowie für die Erweiterung der offenmarktpolitischen Kompetenzen auszuarbeiten Ein erster Bericht der Nationalbank v/urde im Juli 1964 dem Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement und - in dessen Auftrag - der Schweizerischen Bankiervereinigung als Diskussionsbasis unterbreitet. Er enthielt konkrete Vorschläge für einen Ausbau der Offenmarktpolitik, die gesetzliche Verankerung von Mindestguthaben sowie eine Kompetenz zur Begrenzung des Kreditzuwachses.

Diese Vorschläge wurden zwischen dem Departement und der Nationalbank sowie mit der Schweizerischen Bankiervereinigung als Spit/enorganisation der Banken in einlässlichem Schriftwechsel und an zahlreichen Sitzungen erörtert. In einigen wichtigen Punkten konnte Übereinstimmung, in ändern eine wesentliche Annäherung der Standpunkte erzielt werden. Gewisse Fragen, wie namentlich die gesetzliche Verankerung einer Kreditbegrenzungskompetenz, blieben kontrovers.

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Auf Grund der Besprechungen mit den Banken und weiterer Abklärungen von Einzelfragen leitete das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement im Mai 1966 das Vernehmlassungsverfahren ein. Begrüsst wurden die Kantone, die politischen Parteien, die Bankenkommission, die Kartellkommission sowie die Kommission für Konjunkturfragen, die Spitzenverbände der Wirtschaft und weitere interessierte Kreise, darunter vor allem die Organisationen der Banken.

Rund 50 Vernehmlassungen gingen bis zum Abschluss des Verfahrens im Oktober 1966 ein. Als Gesamtergebnis kann festgehalten werden, dass ein Ausbau des notenbankpolitischen Instrumentariums in der überwiegenden Mehrheit der Stellungnahmen grundsätzlich befürwortet wurde. Die vorgeschlagenen Neuerungen haben jedoch im einzelnen, wie nicht anders zu erwarten war, keine einheitliche Beurteilung gefunden. Über die im Vernehmlassungsverfahren vorgebrachten Einwände und Anregungen wird bei der Darlegung der Revisionsvorschläge einlässlicher berichtet werden.

In verschiedenen Eingaben zum Vorentwurf wurde die Frage aufgeworfen, ob eine Erweiterung der notenbankpolitischen Möglichkeiten nicht in erster Linie durch eine noch engere Zusammenarbeit zwischen der Nationalbank und den Banken angestrebt werden sollte, wobei angesichts der erwähnten Schwächen der Gentlemen's Agreements an eine AUgemeinverbindlicherklärung von Vereinbarungen gedacht wird. Wie noch darzulegen sein wird, ist dieser Weg ohne Verfassungsänderung nicht gangbar. Mit der Möglichkeit der Allgemeinverbindlicherklärung wäre aber das Problem des Ausbaus des notenbankpolitischen Instrumentariums noch nicht völlig gelöst. Wohl könnten im Rahmen allgemeinverbindlicher Vereinbarungen auch jene Banken erfasst werden, die sich freiwillig zur Mitwirkung nicht bereit erklären, doch würde sich für die Notenbank zunächst das Problem stellen, eine Mehrheit von Banken für ihre Zielsetzungen zu gewinnen, um die Voraussetzung für die Allgemeinverbindlicherklärung zu schaffen. Bei kontroversen Fragen wäre dies in vielen Fällen nur möglich, wenn den Banken Konzessionen gemacht würden, die nicht unbedingt mit dem gesamtwirtschaftlichen Interesse in Einklang stünden.

Der Bundesrat ist daher überzeugt, dass eine Erweiterung der gesetzlichen Kompetenzen der Nationalbank nicht nur wünschenswert, sondern unumgänglich ist,
wenn Störungen im schweizerischen Geldwesen und in der gesamten Wirtschaft, wie sie in den vergangenen Jahren auftraten, in Zukunft verhindert oder doch wirksamer als bisher gemildert werden sollen. Der Zusammenarbeit zwischen der Nationalbank und den Banken wird nach wie vor eine beachtliche Bedeutung zukommen. Gerade die Existenz einer gesetzlichen Ermächtigung dürfte die Möglichkeit einer Verständigung erleichtern. Die Nationalbank wird bestrebt sein, ihre Ziele soweit wie möglich im Wege der Verständigung mit den Banken zu erreichen. Insbesondere für eine allenfalls notwendige Begrenzung des Kreditzuwachses soll zuerst versucht werden, diesen Weg zu beschreiten (Art. 16k, Abs. 2). Im weitein ist vorgesehen, dass sich die Nationalbank vor ihrem Entscheid über die Festsetzung von Mindestguthaben und Kreditzuwachsraten mit massgebenden Vertretern des Bankgewerbes bespricht und diese auch

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in der Folge zur Frage der Weiterführung dieser Massnahmen periodisch konsultiert (Art. 160, Abs.2).

F. Das Instrumentarium ausländischer Notenbanken Bevor auf die einzelnen Vorschläge zum Ausbau des Instrumentariums eingetreten wird, scheint es nützlich, einen Blick auf die ausländischen Notenbanken zur Verfügung stehenden geldpolitischeii Mittel zu werfen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die besonderen Verhältnisse unserer Geldwirtschaft, namentlich ihre ausgeprägte Verflechtung mit dem Ausland, eigene Lösungen erfordern.

Die folgende Darstellung der notenbankpolitischen Instrumentarien in einigen ausgewählten Ländern beschränkt sich auf die hier besonders interessierenden Gebiete der Mindestreserven und der Kreditbegrenzung.

1. Mindestreserven*) Die Vereinigten Staaten haben als erstes Land die Mindestreserven, die von den Banken zum Zwecke des Gläubigerschutzes zu halten waren, zu einem geldpolitischen Instrument ausgestaltet. Die Banking Act von 1935 gab dem Federai Reserve Board als oberster amerikanischer Notenbankbehörde die Befugnis, die Mindestreserve-Anforderungen an die Mitgliedbanken des Federai Reserve System innerhalb bestimmter Grenzen zu variieren. Als Ziel der Mindestreservepolitik wird im Gesetz die Verhinderung einer nachteiligen Kredit expansion oder -kontraktion genannt. Der Reservepflicht sind, nach der Bilanzsumme gemessen, etwa drei Viertel der amerikanischen Banken unterstellt. Für die übrigen Institute gelten einzelstaatliche Regelungen, die aber nach wie vor mehr den Charakter von Liquiditätsvorschriften haben.

Die Höhe der Mindestreserven bestimmt sich nach dem Umfang der Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken; das Ausmass der Verschuldung zwischen Banken hat daher keinen Einfluss auf die Mindestreserven. Für die Reservesätze sind im Gesetz untere und obere Limiten fixiert, die einerseits nach der Befristung der Verbindlichkeiten und anderseits nach der Bedeutung eines Platzes im Rahmen der Geldwirtschaft abgestuft sind. Da nach der angelsächsischen Praxis bei der Gewährung eines Kredites der betreffende Betrag sofort als Guthaben des Kreditnehmers verbucht wird, fallen nicht nur die tatsächlichen Einlagen, sondern auch die Kreditzusagen unter die Reservepflicht. Die gesetzlichen Limiten und die gegenwärtig (31. März 1968) in Kraft stehenden Reservesätze sind die folgenden :

*) Mindestreserven sind Gelder, welche die Banken gemàss gesetzlicher Vorschrift oder freiwilliger Vereinbarung in bestimmter Form - namentlich als Pflichtguthaben bei der Notenbank - zu halten haben.

267 gesetzliches Minimum Sichtverbindlichkeiten

(in

gesetzliches Maximum

Prozenten der Verbindlichkeiten)

Reserve city banks Countrybanks

10 7

22 14

Terminverbindlichkeiten Reserve city banks Country banks

3 3

10 10

*) Sichtverbindlichkeiten bis Sichtverbindlichkeiten über a s

) Sichtverbindlichkeiten bis Sichtverbindlichkeiten über ) Terminverbindlichkeiten bis Terminverbindlichkeiten über

geltende Sätze

lo'/z-l?1) 12-12y22) 3-63) 3-63)

5 Millionen Dollar : 161/2 Prozent, 5 Millionen Dollar: 17 Prozent; 5 Millionen Dollar: 12 Prozent, 5 Millionen Dollar : 121/2 Prozent ; 5 Millionen Dollar: 3 Prozent, 5 Millionen D oliar: 6 Prozent.

Die Mindestreserven sind hauptsächlich in Form von Sichtguthaben bei den Federai Reserve Banken (Notenbank) zu halten. Kassenmittel können auf die Reserven angerechnet werden. Die errechneten Reservebeträge der einzelnen Banken sollen -je nach Bankenkategorie - mindestens vom Wochen - oder Halbmonatsdurchschnitt der Einlagen bei den zuständigen Federai Reserve Banks erreicht werden. Die Guthaben werden nicht verzinst. Für Fehlbeträge ist ein Strafzins zu entrichten, der 2 Prozent über dem jeweiligen offiziellen Diskontsatz liegt.

In der Bundesrepublik Deutschland wurde das Instrumentarium der nach dem Zweiten Weltkrieg neu errichteten Notenbank durch das amerikanische Vorbild stark beeinflusst. Die Einführung von Mindestreserven lag deshalb nahe.

Nach dem Gesetz hat die Bundesbank das Recht, zur Beeinflussung des Geldumlaufes und der Kreditgewährung von den Banken Mindestreserven innerhalb festgelegter Limiten einzufordern.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, unterliegen alle Kreditinstitute der Reservepflicht. Grundlage für die Berechnung der Mindestreserven bilden sämtliche Verbindlichkeiten gegenüber Nichtbanken, nicht reservepflichtigen Kreditinstituten im Inland sowie gegenüber Banken im Ausland. Aufgenommene Gelder werden nur soweit erfasst, als ihre vereinbarte Laufzeit oder Kündigungsfrist weniger als vier Jahre beträgt.

Massgebend für die Berechnung des Reservesolls ist die durchschnittliche Höhe der reservepflichtigen Verbindlichkeiten einer Monatsperiode. Die tatsächliche Reservehaltung errechnet die Bundesbank als einfachen Monatsdurchschnitt der täglich bei ihr unterhaltenen Guthaben der Banken.

Die gesetzlich zulässigen Maximalsätze betragen 30 Prozent für Sichtverbindlichkeiten, 20 Prozent für befristete Verbindlichkeiten und 10 Prozent für Spareinlagen. Die Bundesbank stuft die Sätze jedoch nicht nur nach der Fälligkeit, sondern auch nach Bankplätzen und Nebenplätzen sowie nach der Grosse der Banken (Reserveklasse) ab. Sie kann ferner den Zuwachs der Verbindlichkeiten mit höheren Sätzen belegen als deren Bestand. In früheren Jahren wurde auch

268

von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ausländische Gelder stärker zu belasten als inländische Gelder.

Am 31. März 1968 galten die nachstehenden Reservesätze: Sichtverbindlichkeiten

Befristete Verbindlichkeiten

Spareinlagen

(in % der reservepflichtigen Verbindlichkeiten) Reserveklasse

Bankplätze

l

9.25

2 3 4

Nebenplätze

7.10 8.50 6.40 7.80 5.70 7.10 4.95

Bankplatze

6,.40 5 .70 4 .95 4 .25

Nebenplätze

4 .25 >)3. 551)

*) Nur ein Satz.

Dabei ist zu beachten, dass die Reservesätze vom Dezember 1966 an in mehreren Etappen kräftig reduziert wurden. Durch die Freigabe von Mindestreserven sollte ein Beitrag zur Überwindung der Rezession geleistet werden.

Wie im amerikanischen System gestattet das in der Bundesrepublik gebräuchliche Berechnungsverfahren den Banken, über die Mindestreserven zu disponieren, sofern der vorgeschriebene Durchschnittsbetrag eingehalten wird. Die Überschussreserven sind normalerweise gering, zumal die bei der Bundesbank unterhaltenen Guthaben unverzinslich sind. Reservefehlbeträge werden mit einem Strafzins belegt, der 3 Prozent über dem jeweiligen Lombardsatz liegt.

Für die Verhältnisse in Grossbritannien ist charakteristisch, dass die grossen Depositenbanken in bezug auf ihre Liquidität traditionsgemäss bestimmte Relationen beachten. So halten die sogenannten clearing banks liquide Mittel (Kasse und Guthaben bei der Notenbank, Sichtgelder, Schatz- und Handelswechsel) in der Höhe von mindestens 28 Prozent ihrer Bruttoverbindlichkeiten.

Grundsätzlich können die Währungsbehörden, soweit sie sich im konkreten Fall nicht für freiwillige Vereinbarungen entscheiden, mindestreservepolitische Massnahmen durch verbindliche Weisungen verfügen. Im Jahre 1960 wurden erstmals von den Clearingbanken und den schottischen Banken verzinsliche « Special Deposits » eingefordert. Seither bildete die Einforderung dieser Sondereinlagen wiederholt Bestandteil der englischen Geldpolitik. Die «Special Deposits » werden in Prozenten der in den Monatsbilanzen ausgewiesenen Bruttoeinlagen der Banken ausgedrückt; ihre Höhe bewegte sich in den bisherigen Anwendungsfällen zwischen J/2 bis 3 Prozent. Diese Sätze erscheinen nicht sehr bedeutend; es ist aber zu beachten, dass sie zu der erwähnten traditionellen Liquiditätshaltung hinzukommen.

In Italien fanden Mindestreserven als Instrument der Geldpolitik erstmals im Jahre 1947 Anwendung. Die Berechnung der Reservepflicht berücksichtigt nicht nur die Höhe der Verbindlichkeiten, sondern auch deren Veränderung sowie das Verhältnis zwischen eigenen und fremden Mitteln. Die Mindestreser-

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ven können zwischen 10 Prozent und 221/2 Prozent der Einlagen betragen. Der Minimalsatz von 10 Prozent des die Eigenmittel übersteigenden Einlagebetrages ist auf ein verzinsliches Konto bei der Notenbank einzuzahlen. Der Restbetrag kann in Form von Wertpapieren - in der Regel Schatzwechsel - hinterlegt werden. In den letzten Jahren wurden im Rahmen der Mindestreservepolitik sowohl die Reservesätze als auch die vorgeschriebene Zusammensetzung der Reserven verändert. Um bestimmte kreditpolitische Wirkungen zu erzielen, wurde den Banken gestattet, gemäss von Fall zu Fall festgelegten Bedingungen ausser Schatzwechseln auch andere Kapitalmarktpapiere zu hinterlegen.

In Frankreich wurde die Notenbank im Jahre 1960 ermächtigt, den Banken eine Mindestrelation zwischen ihren Verbindlichkeiten und ihren flüssigen Mittel vorzuschreiben. Dieser «coefficient de trésorerie» erhielt eine mindestreserveähnliche Funktion dadurch, dass die Banque de France ihn innerhalb bestimmter Grenzen variieren konnte. Zu Beginn des Jahres 1967 wurde der «coefficient de trésorerie» durch ein eigentliches Mindestreservesystem ersetzt. Die neue Regelung verpflichtet die Banken, bei der Zentralbank zinslose Mindestguthaben in einem bestimmten Verhältnis zu ihren Verbindlichkeiten zu halten.

In Belgien können seit 1962 Mindestreservevorschriften erlassen werden.

Grundsätzlich sind Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von bis zu 2 Jahren reservepflichtig. Die Mindestreserven können auf dem Bestand oder auf dem Zuwachs der reservepflichtigen Verbindlichkeiten berechnet werden. Auch eine Kombination von Bestandes- und Zuwachsreserven ist möglich.

In Schweden erhielt die Regierung im Jahre 1937 die gesetzliche Vollmacht, auf Empfehlung des Bankrates der Notenbank Vorschriften betreffend die Reservehaltung der Handelsbanken zu erlassen.

Diese Kompetenzen standen bis Mitte 1962 in Kraft. Sie wurden in der Folge durch eine Reihe von gesetzlichen Erlassen ersetzt, die neben Liquiditätsvorschriften für die Banken auch Anlagebestimmungen sowie Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Zinssatze und die Emission von festverzinslichen Wertpapieren zum Gegenstand haben.

Im Dezember 1967 forderte die Reichsbank erstmals auf Grund der neuen Kompetenzen Mindestreserven von den Handelsbanken ein.

In Norwegen wurde in den Jahren 1966 und 1967
vom Instrument der Mindestreserven Gebrauch gemacht, wobei der Zuwachs der Einlagen zeitweise zusätzlich belastet wurde.

Auch die Niederlande kennen das Instrument der gesetzlichen Mindestreserven. Auf dem Hintergrund dieser gesetzlichen Befugnis schloss das Noteninstitut im Jahre 1954 mit den Banken ein Gentlemen's Agreement ab, worin diese sich verpflichteten, bei der Notenbank Mindestreserven nach Massgabe ihrer Verbindlichkeiten zu unterhalten. Der Höchstsatz der Reserven wurde in der Vereinbarung festgelegt. Das Reservesoll wurde nach dem Stand der erfassten Verbindlichkeiten am Monatsende berechnet und war im Monatsdurchschnitt einzuhalten. Seit 1963 wurden die Mindestreserven nicht mehr aktiviert.

Bundesblatt. 120. Jahrg. Bd. II

17

270 2. Kreditbegrenzung

Da die Mindestreserven in bestimmten Situationen eine ungenügende und vor allem zu wenig rasche Wirkung auf die Kreditschöpfung der Banken und damit auf die Entwicklung des Geldvolumens haben, sind in verschiedenen Ländern Massnahmen zur direkten Begrenzung des Kreditzuwachses getroffen worden. Insbesondere seit mit der Wiederherstellung der Währungskonvertibilität die Geldbewegungen über die Grenzen zugenommen haben, findet das Mittel der Kreditbegrenzung in das Instrumentarium ausländischer Notenbanken immer häufiger Eingang.

In Grossbritannien stützt sich die Bank of England beim Erlass von Richtlinien für die Kreditgewährung auf die gleiche gesetzliche Ermächtigung wie für die Einforderung von Mindestreserven. Im Jahre 1965 wurden die Banken und eine Anzahl weiterer Finanzinstitute aufgefordert, ihre Ausleihungen an die private Wirtschaft in den folgenden zwölf Monaten um höchstens 5 Prozent ansteigen zu lassen und bei der Diskontierung von Handelswechseln entsprechend Zurückhaltung zu üben. Diese Richtlinie wurde im Frühjahr 1967 aufgehoben, doch verfügte die Bank of England schon im November desselben Jahres, dass die Banken ihre gesamte Kredittätigkeit in Sterling nicht weiter erhöhen dürften.

Dabei wurden Kredite an die öffentliche Hand und an gewisse Sektoren der Exportwirtschaft ausgeklammert.

In Belgien bildet der Erlass von Richtlinien an die Banken einen traditionellen Bestandteil des Notenbankinstrumentariums. Auf dem Gebiet der Kredittätigkeit gab das Noteninstitut den Banken seit 1963 verschiedentlich Direktiven, die sich teilweise auf gewisse Kreditprioritäten bezogen, teilweise eine eigentliche Kreditzuwachsbegrenzung zum Gegenstand hatten.

In den Niederlanden können auf Grund eines Gesetzes betreffend die Aufsicht über das Kreditwesen den Banken kreditpolitische Anweisungen erteilt werden. Zuvor hat das Noteninstitut jedoch abzuklären, ob die angestrebten Ziele nicht auch auf der Basis einer Vereinbarung mit den Banken erreicht werden können. In diesem Sinne schloss die Niederländische Bank im Jahre 1960 ein grundsätzliches Abkommen mit den Banken, das diesen die Pflicht auferlegte, die jeweiligen Kreditrichtlinien der Notenbank einzuhalten. Im Falle einer Überschreitung des zulässigen Kreditplafonds musste der Mehrbetrag auf unverzinslichem Konto bei der Notenbank deponiert
werden. Mitte 1967 wurde die Kreditbegrenzung ausser Kraft gesetzt.

In Norwegen basierte die Kreditpolitik von Mitte der fünfziger Jahre bis Ende 1965 auf Kreditvereinbarungen zwischen den Währungsbehörden (Notenbank und Finanzministerium) und den Kreditinstitutionen. 1965 erhielten die Währungsbehörden neue gesetzliche Vollmachten, die u. a. die direkte Begrenzung des Kreditzuwachses gestatten.

In Österreich bestehen seit den fünfziger Jahren Kreditkontrollabkommen.

Es handelt sich dabei um Vereinbarungen, die im Einvernehmen mit der Notenbank zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und den Kreditinstituten abgeschlossen werden. Inhalt solcher Abkommen bildet jeweils eine Überein-

271

kunft betreffend die Beachtung bestimmter Plafonds bei der Kreditexpansion.

Für die Festsetzung des massgebenden Prozentsatzes wird in der Regel von den vorhandenen Verpflichtungen ausgegangen, wobei die zulässige Expansionsrate von der konjunkturellen Lage abhängig ist.

In Finnland werden von der Notenbank seit einigen Jahren kreditpolitische Anweisungen an die Banken gerichtet. Sie stützt sich dabei auf ihren gesetzlichen Auftrag, ein stabiles Währungssystem aufrecht zu erhalten.

In Australien verfügt die Notenbank über die gesetzliche Kompetenz zur Einflussnahme auf die Kredittätigkeit der Banken im quantitativen und qualitativen Sinne. In den vergangenen Jahren wurde allerdings davon kein Gebrauch gemacht. Die Notenbank hat indessen auf dem Hintergrund der gesetzlichen Kompetenzen Richtlinien an die Banken über das Ausmass der zulässigen Kreditexpansion erlassen.

In der Bundesrepublik Deutschland war die Kreditbegrenzung Gegenstand eingehender Diskussionen. Zwei von der Regierung eingesetzte Gremien wiesen in ihren 1966 erstatteten Gutachten auf die Bedeutung der Kreditbegrenzung im Rahmen der Inflationsbekämpfung hin. So erklärte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dass die Inflationsrate in der Bundesrepublik reduziert werden könnte, wenn - unter anderem - « die Bundesbank im Zusammenwirken mit den Geschäftsbanken sicherstellen könnte, dass das Kreditvolumen zur Finanzierung der Privatinvestitionen um nicht mehr ausgedehnt wird als um die Rate der voraussichtlichen Steigerung des realen Sozialprodukts zuzüglich einer Marge von zwei Prozentpunkten»1). Die Kommission für die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland führte in ihrem Gutachten aus, es scheine ihr von besonderer Bedeutung zu sein, der Bundesbank künftig die gesetzliche Möglichkeit zu verschaffen, das Gesamtkreditvolumen zu begrenzen. «Die Erfahrungen im In- und Ausland» - so wurde im Gutachten ausgeführt - «haben in den letzten Jahren deutlich bewiesen, dass die sogenannten klassischen Mittel der Währungspolitik, nämlich Diskonterhöhung, die Offenmarktpolitik und die Handhabung der Mindestreserven nur indirekt und nur sehr langsam wirken, d. h. nur sehr langsam die Gesamtliquidität der Banken und der Wirtschaft beeinflussen, wenn es darauf ankommt, die Gesamtnachfrage zu drosseln
oder anzuregen. Da es sich bei der Kreditlimitierung um eine einschneidende, aber auch besonders wirksame Massnahme handelt, sollte ihre Anwendung auf Ausnahmelagen beschränkt bleiben, in denen eine schwere Gefahr für die Währungsstabilität mit anderen Mitteln nicht schnell und wirksam genug abgewendet werden kann.»2) In dem noch vom Kabinett Erhard im Frühsommer 1966 vorgelegten Entwurf zu einem Gesetz über die Förderung der wirtschaftlichen Stabilität wurde denn auch u. a. eine Kompetenzerteilung an die Bundesbank zur Anordnung der Kreditbegrenzung vorgesehen. Danach hätte die Bundesbank von den Kreditin*) Stabilisierung ohne Stagnation; Jahresgutachten 1965/1966, Stuttgart 1965, S. 111.

) Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1966, S. 144.

2

272 stituten verlangen können, dass die Summe der bei ihnen von Nichtbanken in Anspruch genommenen Kredite und ihre Wertpapierbestände bestimmte Höchstgrenzen nicht überschreiten. Dabei wäre nicht nur eine Begrenzung des Zuwachses an Krediten und Wertschriften, sondern die Erzwingung eines effektiven Abbaus um bis zu 10 Prozent des Bestandes bei Einführung der Kreditbegrenzung möglich gewesen. Die Massnahmen hätten höchstens für die Dauer eines Jahres angeordnet werden können ; eine Verlängerung um ein weiteres Jahr hätte vom Zentralbankrat mit Zweidrittelsmehrheit beschlossen werden müssen.

Die nachfolgende Koalitionsregierung brachte einen revidierten Gesetzesentwurf ein, der mit Bezug auf die Kreditbegrenzung die wesentliche Änderung enthielt, dass die Bundesbank für die Anordnung derartiger Massnahmen einer ausdrücklichen Ermächtigung der Bundesregierung bedürfe. Vor die Wahl zwischen einer teilweisen Preisgabe ihrer kreditpolitischen Handlungsfreiheit und der Verstärkung des Instrumentariums durch die Kreditbegrenzung gestellt, zog die Bundesbank es vor, auf das neue Mittel vorläufig zu verzichten. Sie konnte dies um so eher verantworten, als sie die Möglichkeit hat, hohe Bestandesreserven zu erheben. Überdies sind die Banken normalerweise in starkem Masse auf den Notenbankkredit angewiesen, und die Abschöpfungsmöglichkeiten durch Offenmarktoperationen sind bedeutend. Dazu kommt, dass in der Bundesrepublik eine antizyklische Finanzpolitik vorgesehen ist, wodurch die Notenbankpolitik entlastet werden kann. Schliesslich dürfte der vorläufige Verzicht auf die Kreditbegrenzung in einer Rezessionsphase weniger schwer gefallen sein als im Konjunkturaufschwung. Es ist allerdings zu erwarten, dass die Frage im Falle einer neuen Überhitzung wieder stärker in den Vordergrund treten wird.

II. Kapitel Vorschläge zum Ausbau des schweizerischen NotenbankInstrumentariums A. Offenmarktpolitik

L

Begriff

Unter Offenmarktpolitik im engeren Sinne versteht man den An- und Verkauf von Wertpapieren durch die Notenbank zum Zwecke der Beeinflussung des Geldvolumens und der Kassenliquidität der Banken. Wenn die Notenbank Papiere am offenen Markt kauft, vergrössert sie die Liquidität, wenn sie verkauft, schöpft sie liquide Mittel ab. Offenmarktpolitische Operationen haben sich in einigen Ländern als ein wirksames und geschmeidiges Mittel, insbesondere zur kurzfristigen Beeinflussung des Geldvolumens, erwiesen. Auch die Wissenschaft räumt der Offenmarktpolitik wegen ihrer Flexibilität einen bedeutenden Platz im modernen Instrumentarium ein.

273 2. Die bisherige Offenmarktpolitik der Nationalbank Die offenmarktpolitischen Operationen der Nationalbank beschränkten sich bisher im wesentlichen auf die Unterbringung von Schatzanweisungen des Bundes bei den Banken. In einem weiteren Sinne hatten auch die zum Zwecke der Mittelabschöpfung vorgenommenen Abtretungen von Gold an den Markt und die Placierung kursgesicherter Devisen bei den Banken den Charakter von Offenmarktoperationen.

Mit mittel- und längerfristigen Papieren wurde hingegen praktisch keine Offenmarktpolitik betrieben. Wohl ist die Nationalbank nach Artikel 14, Ziffer 2 des Nationalbankgesetzes befugt, Schatzanweisungen und Schuldverschreibungen des Bundes und der Bundesbahnen, eidgenössische Schuldbuchforderungen, Schuldverschreibungen der Kantone und der Kantonalbanken im Sinne des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen sowie Pfandbriefe der schweizerischen Pfaiidbriefzentralen ohne Rücksicht auf die Laufzeit dieser Papiere zu kaufen und zu verkaufen. Diese Befugnis findet jedoch in den Deckungsvorschriften eine Grenze. Artikel 19 des geltenden Nationalbankgesetzes bestimmt - entsprechend der grundsätzlichen Vorschrift von Artikel 39, Absatz 7 der Bundesverfassung, wonach die ausgegebenen Banknoten durch Gold und kurzfristige Guthaben gedeckt sein müssen -, dass nur Papiere mit einer Verfallzeit bis zu zwei Jahren deckungsfähig sind. Da die täglich fälligen Verbindlichkeiten jederzeit in Noten umgewechselt v, erden können, hat die Nationalbank bisher im Sinne einer vorsichtigen Geschäftspolitik darauf Bedacht genommen, dass nicht nur die Banknoten, für die eine Deckung ausdrücklich vorgeschrieben ist, sondern auch die genannten Verbindlichkeiten entsprechend gedeckt waren. Für den Erwerb mittel- und längerfristiger Papiere blieb unter diesen Umständen nur noch ein sehr beschränkter Spielraum. Abgesehen davon boten die zurückliegenden Jahre der Hochkonjunktur und grosser Geldflüssigkeit auch kaum eine Möglichkeil zur Anschaffung eines Portefeuilles an Offenmarktpapieren, da der Kauf von Titeln durch die Nationalbank dem Markt noch zusätzliche Liquidität zugeführt hätte.

3. Aktivierung der

Offenmarktpolitik

Im Rahmen einer Erweiterung des Instrumentariums erhält nun die Frage einer Aktivierung der Offenmarktpolitik vermehrtes Gewicht. Eine weitere Verlängerung der Verfallzeit der vom Gesetz als deckungsfähig anerkannten Papiere erscheint freilich im Hinblick auf Artikel 39, Absatz 7 der Bundesverfassung ausgeschlossen. Die massgebende Frist ist bereits anlässlich der Gesetzesrevision von 1953 von drei Monaten auf zwei Jahre erstreckt worden. Es lässt sich nun aber verantworten, die täglich fälligen Verbindlichkeiten künftig nicht mehr in vollem Umfange, sondern nur noch teilweise durch kurzfristige Guthaben zu decken.

Erfahrungsgemäss wird nämlich ein erheblicher Teil der täglich fälligen Verbindlichkeiten (zur Hauptsache Giroguthaben von Banken, Handel und Industrie) nie in Noten umgewandelt, sondern bleibt dauernd als Sichtguthaben bei der Nationalbank bestehen. So verfügen namentlich die Banken stets über hohe Girogut-

274

haben. Von den greifbaren Mitteln (Kasse, Giro- und Postcheckguthaben) entfallen 60 Prozent auf Giroguthaben beim Noteninstitut.

Es besteht kein gesetzliches Hindernis für die Nationalbank, einen Teil des Gegenwertes ihrer kurzfälligen Verbindlichkeiten für den Erwerb von mittel- und längerfristigen Schuldverschreibung zu verwenden, um so einen grösseren Spielraum für Offenmarktoperationen im eigentlichen Sinne des Begriffes zu gewinnen. Einer Änderung des Nationalbankgesetzes bedarf es hiefür nicht.

Ferner soll der Kreis der für Offenmarktoperationen zulässigen Papiere, der bisher, wie erwärmt, Schatzanweisungen und Schuldverschreibungen des Bundes und der Bundesbahnen, eidgenössische Schuldbuchforderungen, Schuldverschreibungen der Kantone, Pfandbriefe sowie Schuldverschreibungen der Kantonalbanken umfasst, um marktgängige Schuldverschreibungen anderer schweizerischer Banken erweitert werden (Art. 14, Ziff. 2).

4. Ausgabe eigener Geldmarktpapiere durch die Nationalbank Zum Zwecke der Mittelabschöpfung hat die Nationalbank schon im Jahre 1947 und dann wieder in den Jahren 1960 und 1964 Schatzanweisungen des Bundes bei den Banken plaziert, wobei sie die Verzinsungskosten übernahm. Ende 1967 waren solche Sterilisierungsreskriptionen im Gesamtbetrag von 600 Millionen Franken ausstehend. Der Bund musste zu diesen Aktionen lediglich deshalb hinzugezogen werden, weil die Nationalbank nicht ermächtigt ist, eigene Papiere auszugeben.

Die Gelegenheit der Revision des Nationalbankgesetzes soll nun benützt werden, diese Lücke zu schliessen. Da sich auch in Zukunft die Notwendigkeit ergeben kann, Geldmarktpapiere zu Sterilisierungszwecken auszugeben, wird vorgeschlagen, den in Artikel 14 des Nationalbankgesetzes umschriebenen Geschäftskreis durch die Ermächtigung der Nationalbank zur Ausgabe eigener verzinslicher Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von nicht mehr als zwei Jahren zu erweitern (Art. 14, Ziff. 2Ms).

Im Vernehmlassungsverfahren sind gegen den Ausbau der Offenmarktpolitik im vorerwähnten Sinne keine Einwendungen erhoben worden. Einige Eingaben machten hingegen auf das Problem der Verzinsungskosten aufmerksam, die der Nationalbank bei der Ausgabe eigener Geldmarktpapiere erwachsen. Der Hinweis ist begründet. Für die Nationalbank müssen Sicherheit und Liquidität ihrer Aktiven und nicht
der Zinsertrag im Vordergrund stehen. Immerhin gibt es immer wieder Anlagemöglichkeiten, die den Erfordernissen der Notenbank genügen, aber auch Zinsen abwerfen. So ist die Nationalbank seit 1964 in der Lage, die Verzinsungskosten für Sterilisierungsreskriptionen des Bundes zu übernehmen, weil sie gleichzeitig im Zuge der internationalen währungspolitischen Zusammenarbeit zinstragende Anlagen im Ausland tätigen konnte.

B. Mindestguthaben

L System Variable, von der Notenbank nach den Erfordernissen der Geldmarkt- und Kreditlage festzusetzende Mindestreserven oder Mindestguthaben bilden neben

275

der Diskont- und der Offenmarktpolitik eines der Hauptinstrumente im Arsenal einer zeitgemäss ausgerüsteten Notenbank. Aus den Vorschriften über die Haltung von Mindestbeständen an greifbaren Mitteln, die dem Schütze der Bankeinleger dienen, ist das Instrument der Mindestguthaben als Mittel zur Einwirkung auf die Kredittätigkeit der Banken herausgewachsen. Die Pflicht zur Haltung von Mindestguthaben bei der Notenbank beeinflusst die Liquidität der Banken und damit die Möglichkeit der Buchgeldschöpfung. Eine Erhöhung der Mindestguthaben soll den Spielraum für die Buchgeldschöpfung einengen, eine Herabsetzung soll ihn erweitern.

Im Vernehmlassungsverf ahren hat sich die stark überwiegende Mehrheit der begrüssten Behörden und Organisationen dafür ausgesprochen, dass der Nationalbank gesetzliche Kompetenzen zur Einforderung von Mindestguthaben-eingeräumt werden.

Der Entwurf für das Vernehmlassungsverfahren sah vor, dass die Mindestguthaben nur auf dem Zuwachs der Verbindlichkeiten einer Bank, von einem bestimmten Zeitpunkt an berechnet, erhoben werden sollen. Die meisten ausländischen Systeme gehen vom Bestand der Verbindlichkeiten aus ; in einzelnen Ländern, z.B. in der Bundesrepublik Deutschland, ist die Zentralbank ermächtigt, Bestandes- mit Zuwachsreserven zu kombinieren.

Die Beschränkung auf Zuwachsreserven im Entwurf erfolgte im Hinblick auf die vorgeschlagene Kompetenz, nötigenfalls auch den Kreditzuwachs begrenzen zu können.

In mehreren Eingaben wurde eine andere Konzeption der Mindestguthaben angeregt. Diese Vorschläge gehen hauptsächlich in der Richtung von Bestandesreserven, von denen man sich einen grösseren Abschöpfungseffekt und mithin einen höheren Wirkungsgrad als im Falle von Zuwachsreserven verspricht ; in einer Vernehmlassung wurde ein Mindestguthaben-System, das auf den Zuwachs der Kredite abstellt, in Vorschlag gebracht. Eine Verstärkung des Mindestreservesystems wird vor allem als Alternative zu der - im Vernehmlassungsverfahren mehrheitlich abgelehnten - Kreditbegrenzungskompetenz gefordert.

Bundesrat und Nationalbank geben sich darüber Rechenschaft, dass Mindestguthaben auf dem Zuwachs allein zu wenig wirksam wären. Sie haben zwar unbestreitbare Vorzüge, denen aber auch Schwächen gegenüberstehen.

Ein Vorzug besteht darin, dass jede Bank entsprechend dem bei ihr festgestellten
Fremdgeldzufluss belastet wird. Tritt bei einem Institut kein Zugang ein, so hat es auch kein Mindestguthaben zu halten. Je expansiver eine Bank ist, desto stärker wird sie erfasst.

Anderseits besteht eine Schwäche der Zuwachsreserven darin, dass eine seit längerer Zeit bestehende Überschussliquidität nicht abgeschöpft werden kann.

Da die Banken es in diesem Falle in der Hand haben, die Expansion ihrer Kredittätigkeit auf der Basis der bereits vorhandenen überschüssigen Liquidität zu betreiben, werden sie durch die Anwendung von Zuwachsreserven in ihrer Kreditpolitik nicht stark behindert.

Im Falle von Repatriierungen ist das Instrument der Mindestreserven, wie noch zu zeigen sein wird, generell von beschränkter Wirksamkeit. Bei Zuwachsre-

276

serven tritt diese Schwäche deutlicher in Erscheinung als bei Bestandesreserven; sie zeigt sich vor allem dann, wenn die Wirtschaft mittel- und langfristige Anlagen aus dem Ausland heimschafft und diese Gelder im einheimischen Bankensystem mit entsprechenden Laufzeiten deponiert. Solche Repatriierungen führen ebenso zu einer Vermehrung des inländischen Geldvolumens wie eine Buchgeldschöpfung durch die Banken. Sie erhöhen die Liquidität und schaffen daher die Grundlage für eine weitere Buchgeldschöpfung. Soweit die repatriierten Gelder mittelund langfristig angelegt sind, können sie nur in geringem Masse durch Zuwachsreserven abgeschöpft werden.

Ein System von Zuwachsreserven bedarf daher der Ergänzung durch eine zweite Verteidigungslinie, weil sonst Gefahr besteht, dass der Geldschöpfungsprozess nicht genügend unter Kontrolle gebracht werden kann.

Eine im Vernehmlassungsverfahren vorgebrachte Anregung geht dahin, die Mindestguthabenpflicht nach den Bilanzaktiven einer Bank zu bemessen, um dadurch direkten Einfluss auf die Kreditgewährung zu gewinnen. In diesem Falle müssten aber die Mindestguthabensätze nach der Kreditverwendung differenziert werden. Damit hätten die Mindcstguthaben nicht mehr den Charakter eines Instruments zur Globalsteuerung der Buchgeldschöpfung, sondern sie würden zu einer eigentlichen Kreditlenkung führen.

Die zweite Alternative, die Zuwachsreserven durch Mindestguthaben auf dem Bestand der Verbindlichkeiten zu ergänzen, hat im Vernehmlassungsverfahren nicht wenige Befürworter gefunden.

Bestandesreserven haben gegenüber Zuwachsreserven den Vorteil eines wesentlich höheren Wirkungsgrades, weil der Bestand der Verbindlichkeiten naturgemäss grösser ist als deren Zuwachs innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.

Selbst bei Anwendung relativ niedriger Mindestguthabensätze können erhebliche Beträge abgeschöpft werden. Bestandesreserven wären demnach tatsächlich geeignet, die Wirksamkeit eines Systems von Mindestguthaben zu erhöhen.

Im Rahmen der Vorarbeiten für den Ausbau des Instrumentariums wurden die Fragen der Einführung von Bestandesreserven eingehend geprüft und konkrete Projekte ausgearbeitet. Hinsichtlich des Geltungsbereiches und der reservepflichtigen Fremdgeldpositionen würde sich ein System von Bestandesreserven von Zuwachsreserven nicht unterscheiden. Hingegen
könnten die Mindestguthabensätze auf den Beständen niedriger gehalten werden als die Sätze auf dem Zuwachs. Mit Bestandessätzen in der Höhe von einem Viertel der entsprechenden Maximalsätze auf dem Zuwachs wäre eine beträchtliche Mittelbindung zu erzielen.

Die Ergänzung von Zuwachsreserven durch Bestandesreserven wäre zweifellos eine wesentliche Verbesserung der Einflussmöglichkeiten. Aber auch mit Bestandesreserven liessen sich die Risiken, die sich aus der starken internationalen Verflechtung des schweizerischen Bankwesens ergeben, nicht vollständig ausschalten. Zahlreiche Banken wären dank ihrer hohen kurzfristigen Guthaben im Ausland in der Lage, Mindestreserven durch Heimschaffung von Anlagen zu konstituieren. Mit Bestandesreserven lassen sich zwar, wenn der gesetzlich festgelegte Spielraum noch nicht ausgenützt ist, auch im Repatriierungsfall liquide

277 Mittel absorbieren, doch erfolgt die Abschöpfung - anders als bei Zuwachsreserven - bei allen Banken und nicht nur bei jenen, die eigene Anlagen heimschafften oder denen aus Repatriierungen der Wirtschaft zusätzliche Gelder zuflössen.

Sind die gesetzlichen Maximalsätze aber einmal erreicht, so lässt sich auch mit Bestandesreserven gegen weitere Repatriierungen nicht mehr viel ausrichten. Erfahrungen im Ausland zeigen, dass die Einforderung zusätzlicher Mindestreserven geradezu die Heimschaffung von Anlagen provozieren kann, indem die Banken, die über kurzfristig realisierbare Guthaben im Ausland verfügen, zu Repatriierungen veranlasst werden, um den durch die Mindestguthabenerhöhung verursachten Liquiditätsentzug wettzumachen. Die auf Mittelabschöpfung ausgerichtete Politik der Notenbank könnte somit durch Repatriierungen der Banken - letztlich sogar durch die Hereinnahme von während einer gewissen Zeit gebundenen Auslandsgeldern mit relativ niedriger Mindestguthabenbelastung - durchkreuzt werden, womit der Eindämmung der inländischen Kreditexpansion entgegengewirkt würde.

Ferner darf nicht übersehen werden, dass die schweizerischen Banken heute über eine Kassenliquidität verfügen, die erheblich grösser ist, als das Bankengesetz vorschreibt. Ende 1966 betrugen die ausgewiesenen greifbaren Mittel (Kasse, Giroguthaben bei der Nationalbank und Postcheckguthaben) aller von der Bankenstatistik erfassten Institute 6 Milliarden Franken, während sich die gesetzlich geforderten greifbaren Mittel auf 2,2 Milliarden beliefen. Die Banken haben es deshalb grundsätzlich in der Hand, die Errichtung bzw. eine allfällige spätere Erhöhung von Mindestguthaben durch den Abbau von «Überschussreserven» zu bewerkstelligen, ohne ihre Kreditexpansion einschränken zu müssen.

Diese Überlegungen führen zur Erkenntnis, dass eine Kombination von Zuwachs- und Bestandesreserven zwar wesentlich besser wäre als Zuwachsreserven allein, jedoch nicht die erstrebenswerte Gewähr für eine wirksame Beschränkung der Geldschöpfung bietet.

Der Bundesrat ist daher, im Einklang mit der Nationalbank, zum Schluss gelangt, dass das Instrument der Mindestguthaben auf dem Zuwachs besser durch das Instrument der Kreditzuwachsbegrenzung als durch Mindestguthaben auf dem Bestand zu ergänzen sei.

2. Mindestguthaben als temporäres Instrument
Vom Instrument der Mindestguthaben soll nach dem vorgeschlagenen Gesetzestext nur Gebrauch gemacht werden, wenn andere Mittel nicht ausreichen, um nachteiligen Auswirkungen einer übermässigen Geldvermehrung zu begegnen. Ist diese Voraussetzung nicht mehr gegeben, so fällt die Grundlage für die Einforderung der Mindestguthaben dahin. Diese sind alsdann freizugeben.

Unter «anderen Mitteln» wird insbesondere an die Wiederableitung überschüssiger Gelder ins Ausland sowie an Offenmarktoperationen gedacht, die, wie die Mindestguthaben, eine Verminderung der Kassenliquidität im Bankensystem bewirken. Möglicherweise lässt sich das Ziel der Bindung flüssiger Mittel auch durch Abschluss einer freiwilligen Vereinbarung zwischen der Nationalbank und

278 den Banken erreichen, womit die Anwendung der gesetzlichen Kompetenzen unnötig würde.

Freilich kann die Bestimmung, wonach das Instrument der Mindestguthaben nur eingesetzt werden soll, wenn andere Mittel nicht ausreichen, nicht so ausgelegt werden, dass die Nationalbank erst dann Mindestguthaben einfordern darf, wenn sie alle anderen Mittel der Notenbankpolitik erfolglos angewandt hat.

Die Nationalbank wird in einer gegebenen Situation beurteilen, welche Mittel Erfolg versprechen; sie darf Mindestguthaben dann einfordern, wenn nach ihrer Beurteilung andere Mittel nicht ausreichen.

3. Mindestguthaben und Liquidität Aus dem Prinzip der nur temporären Anwendung von Mindestguthaben folgt, dass diese die im Bankengesetz und dessen Vollziehungsverordnung niedergelegten Liquiditätsvorschriften nicht gegenstandslos machen. In anderen Ländern, so in den USA und in Deutschland, haben die Mindestreserven gleichzeitig die Funktion von Liquiditätsreserven der Banken. Die Reservepflicht besteht dort daher permanent; die amerikanischen Notenbankbehörden haben für die Reservesätze ein gesetzlich fixiertes Minimum zu beachten.

Die Mindestguthaben, wie sie für unser Land vorgeschlagen werden, stellen ihrer Natur nach nicht frei verfügbare Gelder dar. Sie können daher weder als greifbare Mittel noch als leicht verwertbare Aktiven im Sinne des Bankengesetzes gelten. Konsequenterweise können somit die Mindestguthaben der durch Bankengesetz vorgeschriebenen Liquidität nicht zugerechnet werden.

4. Geltungsbereich Zur Haltung von Mindestguthaben sollen die dem Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen unterstellten Institute verpflichtet werden können. Bei der praktischen Anwendung dieses Instrumentes wird es indessen zweckmässig sein, die kleinsten Institute auszunehmen, da der durch die Erfassung dieser Banken erzielbare Abschöpfungseffekt in keinem angemessenen Verhältnis zum administrativen Aufwand stünde. Immerhin soll der Kreis der unterstellten Banken möglichst weit gezogen werden. Das entspricht auch den im Vernehmlassungsverfahren geäusserten Ansichten. Die Nationalbank soll deshalb lediglich Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 10 Millionen Franken von der Mindestguthabenpflicht befreien können (Art. 16a, Abs. 3). Es ist ihr aber unbenommen, die Bilanzgrenze nötigenfalls tiefer zu ziehen.
Die Bankstatistik der Nationalbank erfasste Ende 19661608 Banken, Sparkassen und Darlehenskassen, wobei die Privatbankiers, die bankähnlichen Finanzgesellschaften sowie die Filialen ausländischer Banken nicht mitgezählt sind. 407 der in der Statistik berücksichtigten Institute wiesen im genannten Zeitpunkt eine Bilanzsumme von 10 Millionen Franken und mehr auf. Auf diese 407 Institute entfielen jedoch über 97 Prozent des Bilanztotals der erfassten Banken.

279 Da die Bilanzsummen steigende Tendenz haben, wird sich der Geltungsbereich der Mindest guthaben mit der Zeit ausdehnen.

5. Mindest'guthaben^flichtige

Fremdgeldpositionen

Im Hinblick auf das Ziel der Mindestguthabenpolitik, die Geldschöpfung der Banken einzuschränken, sind für die Berechnung der Mindestguthaben grundsätzlich diejenigen Fremdgelder heranzuziehen, die aus der Geldschöpfung entstanden sind und für die Gewahrung von kurz- und mittelfristigen Krediten zur Vorfinanzierung von Investitionen verwendet werden. Längerfristige Mittel, denen echte Ersparnisse zu Grunde liegen und die hauptsächlich zur Konsolidierung von Krediten dienen, sollen im Prinzip nicht abgeschöpft werden. Zwischen Einlagen, die aus der Buchgeldschöpfung hervorgegangen sind, und echten Ersparnissen kann in der Praxis nicht immer eindeutig unterschieden werden. Die Mindestguthabenregelung muss in dieser Hinsicht auf ein einfaches Kriterium, nämlich die Laufzeit der Gelder, abstellen, wobei angenommen wird, dass mit zunehmender Laufzeit der Verbindlichkeiten deren Spargeldcharakter immer eindeutiger wird.

Von diesem Grundsatz ausgehend sind die für die Mindestguthaben massgebenden Passivpositionen der Bankbilanzen wie folgt zu beurteilen : a. Bankenkreditoren auf Sicht und auf Zeit: Das sind Gelder kurzfristiger Natur, die von anderen Banken entgegengenommen werden. Sie fallen unter die Mindestguthabenregelung.

b. Checkrechungen und Kreditoren auf Sicht: In dieser Bilanzposition sind die Sichteinlagen von Nicht-Banken enthalten; sie sind in die Mindestguthabenberechnung einzubeziehen. Auszunehmcn sind einzig Einzahlungen von Aktienkapital bei kantonalen Depositenstellen. Diese Gelder bleiben in der Regel nur wenige Tage bei der Bank und können ihrem Zweck entsprechend nicht im Kreditgeschäft eingesetzt werden.

c. Kreditoren auf Zeit: Darunter fallen von Kunden hereingenommene Gelder mit festem Verfalltermin oder schriftlich vereinbartem Kündigungstermin.

Die Festgelder können dabei mit Laufzeiten von mehreren Jahren ausgestattet sein (z.B. Darlehen des AHV-Fonds an Kantonalbanken). Für die Mindestguthabenregelung ist zwischen kürzer- und längerfristigen Kreditoren zu unterscheiden. Die Grenze soll bei 5 Jahren gezogen werden. Termingelder, die eine vereinbarte Laufzeit oder Kündigungsfrist von 5 Jahren und mehr aufweisen, unterliegen infolgedessen nicht der Mindestguthabenpfiicht.

d. Spareinlagen, Depositen- und Einlagehefte: Ihrer rechtlichen Natur nach handelt es sich bei den Einlagen
auf Spar-, Depositen- und Einlageheften um kurzfristige Gelder, da sie teils sofort, teils mit relativ kurzen Kündigungsfristen abruf bar sind. Wirtschaftlich haben sie allerdings zu einem wesentlichen Teil den Charakter einer längerfristigen Anlage von Ersparnissen. Mit den Mindestguthaben wird nicht der Zweck verfolgt, inländische Ersparnisse stillzulegen. Es geht darum, die Kreditexpansion in einem gewissen Gleichschritt mit der Ersparnis-

280

bildung zu halten, damit Konsolidierangsschwierigkeiten, Störungen am Kapitalmarkt und Geldentwertung vermieden werden können. Echte Spargelder sollten daher nicht mindestguthabenpflichtig sein.

Depositen- und Einlagehefte haben bei einigen Banken den Charakter von Sparheften, bei anderen werden sie dagegen wie Checkrechnungen verwendet.

Bei Depositen- und Einlageheften drängt sich daher eine Unterstellung unter die Mindestguthabenpflicht ohne Zweifel auf, da sonst mit vorübergehenden Umlagerungen von Sicht- und Terminguthaben auf solche Hefte zu rechnen wäre.

Diese Möglichkeit bestünde aber auch im Falle einer Freistellung der Sparhefte.

Ferner ist zu bedenken, dass sich im Falle von Repatriierungen erhebliche Beträge an heimgeschafften Geldern auf Sparheften niederschlagen können. Ein dadurch bedingter ausserordentlicher Zuwachs der Spareinlagen wirkt im Prinzip gleich wie eine Buchgeldschöpfung.

Aus diesen Erwägungen soll die Möglichkeit, Spar-, Depositen- und Einlagehefte in die Mindestguthabenregelung einzubeziehen, gewahrt bleiben, doch wird dem besonderen Charakter der Mehrheit dieser Gelder bei der Festsetzung des Maximalsatzes Rechnung getragen. Die grundsätzliche Unterstellung bedeutet aber nicht, dass für die betreffenden Positionen Mindestguthaben erhoben werden müssen. Wenn festgestellt wird, dass keine Umlagerung auf Spar-, Depositen- und Einlagehefte stattfindet, kann auf eine Belastung dieser Positionen verzichtet werden.

e. Kassenobligationen: Gelder, die den Banken aus der Abgabe von Kassenobligationen zufliessen, werden gleich wie die Spareinlagen zum Teil direkt für die Finanzierung von Krediten, zum Teil zu deren Konsolidierung eingesetzt. Auch hier könnten, wenn die Kassenobligationen nicht mit Mindestguthaben belastet würden, Verschiebungen, namentlich von Spar-, Depositen- und Einlageheften, eintreten. Entsprechend der für Kreditoren auf Zeit vorgesehenen Regelung sollen jedoch Kassenobligationen mit einer ursprünglichen Laufzeit von 5 Jahren und mehr bei der Berechnung derMindestguthaben nicht berücksichtigt werden.

Da im Durchschnitt aller Banken etwa zwei Drittel des Kassenobligationenbestandes auf längerfristige Titel entfallen, wird nur der kleinere Teil dieser Bilanzposition erfasst.

/. Obligationenanleihen und Pfandbriefdarlehen: Bei diesen beiden Kategorien
dürfte es sich hauptsächlich um langfristige Gelder aus echten Ersparnissen handeln, die nicht mit Mindestguthaben zu belasten sind.

g. Ausnahmen: Eine besondere Regelung ist für die von den einzelnen Darlehenskassen (System Raiffeisen) bei der Zentralkasse gehaltenen Gelder in Aussicht genommen. Die Verbandskassen sind verpflichtet, ihre überschüssigen liquiden Mittel an die Zentralkasse abzutreten. Dort erscheinen sie als Bankenkreditoren. Da sie jedoch praktisch vollumfänglich den Gegenwert von Spareinlagen darstellen, ist vorgesehen, in diesem besonderen Fall nur den jeweiligen Mindestguthabensatz für Sparhefte anzuwenden.

281 6. Mindestguthabensätze Für die Mindestguthabenbelastung sind im Gesetz obere Grenzen festzuset-

zen.

Aus der notenbankpolitischen Zielsetzung, die Buchgeldschöpfung zu beeinflussen, ergibt sich für die Belastung der einzelnen Bilanzpositionen das bereits erwähnte Prinzip, dass diejenigen Einlagen, die mit grosser Wahrscheinlichkeit aus dem Geldschöpfungsprozess stammen, also die Sichteinlagen, am stärksten zu belasten sind, während echte Ersparnisse grundsätzlich ausgenommen werden können.

Für die Festlegung der Belastungsskala gibt die Umschlagshäufigkeit der in Betracht fallenden Bilanzpositionen Anhaltspunkte. Sichtguthaben setzen sich wegen ihres Buchgeldcharakters wesentlich rascher um als Spargelder und Kassenobligationen. Einlässliche Bilanzuntersuchungen, in welchen auch die den einzelnen Banken erwachsende Mindestguthabenbelastung im Verhältnis zu ihrer traditionellen Kassenhaltung auf Grund der Bilanzzahlen früherer Jahre errechnet wurde, haben zu folgender Abstufung der Mindestguthabensätze für inländische Gelder geführt (Art. 16d, Abs. 1) : a. Bis zu 40 Prozent soll der Zuwachs der von anderen Banken hereingenommenen Gelder sowie der Kundengelder auf Sicht belastet werden können. Einer einzelnen Bank verbleiben somit selbst bei Anwendung des maximalen Mindestguthabensatzes 60 Prozent des Mittelzuflusses zur Bereitstellung der gesetzlich geforderten Liquidität. Dieser Spielraum ist in jedem Falle ausreichend, sowohl was die Kassenhaltung wie auch was die sog. zweite Liquidität, d. h. den Bestand an leicht verwertbaren Akth en, betrifft.

b. Weniger stark belastet als Bankengelder und Kundensichtgelder werden befristete Einlagen. Für Kreditoren auf Zeit mit vereinbarter Laufzeit oder Kündigungsfrist von l bis 3 Monaten ist ein Maximalsatz von 30 Prozent vorgesehen ; für solche von 3 Monaten bis l Jahr 20 Prozent, und für über l Jahr, aber weniger als 5 Jahre gebundene Gelder beträgt der Höchstsatz 10 Prozent. Längerfristige Kreditoren auf Zeit sind frei. Wie sich die Terminkreditoren auf die verschiedenen Kategorien verteilen, ist aus den Bankbilanzen nicht ersichtlich, doch lässt sich auf Grund der der Nationalbank zur Verfügung stehenden Informationen schliessen, dass der weitaus grösste Teil auf die kurzfristig gebundenen Gelder entfällt.

c. Die niedrigsten Mindestguthabensätze gelten für Spareinlagen, Depositen- und Einlagehefte sowie für Kassenobligationen mit einer vereinbarten
Laufzeit von weniger als 5 Jahren. Der vorgeschlagene Maximalsatz beträgt 5 Prozent.

Die genannten Sätze sind Höchstsätze, die nur dann Anwendung finden sollen, wenn dies unumgänglich ist. Innerhalb der gesetzlichen Limiten soll die Nationalbank frei sein, die Mindestguthabensätze so anzusetzen, wie die Verhältnisse es erfordern. Die für die Maximalsätze festgelegte Abstufung ist dabei nicht verbindlich. Je nach den Umständen kann sich eine etwas veränderte Differenzierung aufdrängen, wobei allerdings der Grundsatz, dass die kurzfristigen Gelder stärker zu belasten sind als die längerfristigen, nicht preisgegeben werden soll.

282 Hingegen ist es der Nationalbank anheimgestellt, auf die Belastung beispielsweise von Spareinlagen, Depositen- und Einlageheften sowie von Kassenobligationen zu verzichten, wenn sich dies verantworten lässt.

7. Ausländische Gelder Ein besonderes Problem der schweizerischen Geldpolitik bilden die Zuflüsse ausländischer Gelder. Sie können die Krediten!Wicklung entscheidend beeinflussen. Ein grosser Teil der Geldbewegungen über die Grenzen steht nicht mit wirtschaftlichen Transaktionen in Zusammenhang.

Durch die Festsetzung relativ hoher Mindestguthaben auf dem Zuwachs ausländischer Gelder kann dem Eindringen solcher Gelder in den inländischen Kreislauf entgegengewirkt werden. Nach dem Gesetzesvorschlag soll daher die Nationalbank ermächtigt werden, den Zuwachs der Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland bis zur doppelten Höhe der für inländische Gelder genannten Maximalsätze zu belasten (Art. 16e, Abs.2). Das gilt auch für ausländische Gelder, die über eine schweizerische Adresse geleitet werden, um den höheren Sätzen zu entgehen.

Für den Zuwachs der Guthaben ausländischer Banken sowie der Sichtguthaben ausländischer Kunden beträgt demnach der Höchstsatz 80 Prozent; für den Zuwachs ausländischer Terminguthaben je nach Laufzeit bzw. Kündigungsfrist 60,40 oder 20 Prozent ; für den Zuwachs auf ausländischen Spar-, Depositen- und Einlageheften 10 Prozent. Bei den Kassenobligationen, die auf den Inhaber lauten, kann nicht nach in- und ausländischem Besitz unterschieden werden.

Diese Maximalsätze gelten unabhängig von den gleichzeitig für inländische Gelder vorgeschriebenen Sätzen. Die Belastung der Auslandsgelder beträgt also nicht automatisch das Doppelte der Belastung inländischer Gelder. Die Nationalbank soll vielmehr in besonderen Verhältnissen, z. B. bei massivem Mittelzustrom aus dem Ausland, die Möglichkeit haben, den Zuwachs der ausländischen Gelder mit Mindestguthaben zu belasten, ohne dass gleichzeitig auch Mindestguthaben für den Zuwachs an inländischen Geldern eingefordert werden.

Zur Neutralisierung ausländischer Gelder ist jedoch eine Blockierung bei der Notenbank kein unabdingbares Erfordernis. Grundsätzlich die gleiche Wirkung lässt sich erzielen, wenn die Banken von sich aus für die Neutralisierung eines Mittelzuflusses durch Wiederanlage im
Ausland sorgen. Der Geldimport wird in diesem Falle durch einen Geldexport kompensiert. Soweit die Wiederanlage in fremder Währung vorgenommen wird, erhöht sich die Nachfrage nach Devisen, d.h. in der Praxis Dollars, was zur Folge hat, dass die Nationalbank keine oder doch weniger Dollars, als dies sonst der Fall wäre, von den Banken zu übernehmen hat, oder dass sie bei wachsender Dollarnachfrage, die den Dollarkurs ansteigen lässt, Devisen an den Markt abgeben kann. Bezogen auf das inländische Geldvolumen bedeutet dies, dass die Nationalbank weniger Notenbankgeld infolge von Dollarübernahmen neu schaffen muss oder das Notenbankgeldvolumen durch Abgabe von Dollars an die Banken sogar vermindern kann. Frankenanlagen im Ausland oder bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich

283

in Basel können dieselbe Wirkung wie Fremdwährungsanlagen haben, nämlich dann, wenn der ausländische Frankenempfänger, bzw. die BIZ, die Franken umgehend in Dollars umwandelt, was meistens der Fall ist.

Deshalb soll den Banken nach dem Entwurf gestattet werden, vom Zuwachs an ausländischen Geldern den Betrag in Abzug zu bringen, um den sich während der gleichen Zeit die Auslandanlagen der Bank in ausländischer Währung sowie die im Ausland verwendeten Auslandanlagen in Schweizerfranken erhöht haben (Art. 16 e, Abs. 1). Kredite, die zwar nominell auf einen ausländischen Schuldner lauten, jedoch für Zahlungen in der Schweiz Verwendung finden, dürfen nicht zur Kompensation verwendet werden, da sie keinen eigentlichen Geldexport darstellen (Art. 16e, Abs. 3).

Die höheren Mindestguthabensätze für den Zuwachs ausländischer Gelder haben somit primär den Zweck, die Wiederableitung zugeströmter Gelder zu fördern. Immerhin soll den Banken ein angemessener Spielraum für die Erhöhung ihrer Liquidität verbleiben. Das Mindestguthaben darf daher zusammen mit der Erhöhung der Auslandanlagen 80 Prozent des Zuwachses an ausländischen Geldern nicht übersteigen (Art. 16e, Abs. 2). Werden 80 Prozent des Zuflusses wieder im Ausland angelegt, so entfällt die Mindestguthabenpflicht ; erreicht die Wiederanlage im Ausland 70 Prozent des Zuflusses, so darf das Mindestguthaben nicht höher sein als 10 Prozent. Der Bank verbleiben somit in jedem Falle mindestens 20 Prozent des Zuflusses für die Erhöhung ihrer Kassenliquidität.

Dieser Prozentsatz entspricht ungefähr der von den Banken im Durchschnitt der letzten Jahre beobachteten Relation zwischen ihren greifbaren Mitteln und den kurzfristigen Verbindlichkeiten. Die gesetzlichen Mindestanforderungen betragen knapp die Hälfte der effektiven Kassenhaltung. Die Erhöhung der liquiden Mittel zweiten Grades, d.h. der leichtverwertbaren Aktiven, bietet im Falle der Wiederanlage zugeströmter Auslandsgelder keine Schwierigkeiten, da Guthaben bei ausländischen Banken, ausländische Bankakzepte sowie ausländische Schatzwechsel leichtverwertbare Aktiven im Sinne des Bankengesetzes darstellen.

Derartige Placierungen bilden die hauptsächlichen Formen der Anlage kurzfristiger Gelder im Ausland. Wenn z. B. eine schweizerische Grossbank von ausländischer Seite ein Dreimonatsdepot von l Million
Franken erhält und davon 200000 Franken in die Kasse legt und 800000 Franken auf drei Monate bei einer ausländischen Bank anlegt, so ist der Gegenwert des ausländischen Depots vollumfänglich in liquiden Mittern ersten und zweiten Grades vorhanden.

Grundsätzlich die gleiche Kompensationsmöglichkeit wie für Verbindlichkeiten gegenüber Ausländern soll für den Zuwachs von Fremdwährungsverbindlichkeiten gegenüber Inländern gelten. Die Banken pflegen derartige Verbindlichkeiten durch Fremdwährungsguthaben abzudecken, um das Kursrisiko auszuschalten. Ist dies der Fall, so wird der inländische Geldkreislauf durch Veränderungen in den auf ausländische Währungen lautenden Verbindlichkeiten gegenüber Inländern nicht berührt. Ein Zuwachs solcher Verbindlichkeiten soll daher nur in dem Umfange unter die Mindesguthabenpflicht fallen, als er nicht durch eine Vermehrung der Fremdwährungsanlagen kompensiert wird.

284 8. Das Problem der repatriierten Gelder Es wurde bereits erwähnt, dass in Zeiten massiver Zuflüsse ausländischer Gelder häufig auch schweizerische Anlagen im Ausland heimgeschafft werden.

Die Wirkung dieser Repatriierungen auf die inländische Wirtschaft ist grundsätzlich dieselbe wie bei einem Zustrom von Auslandsgeldern. Die heirageschafften Mittel treten jedoch bei den Banken nicht als Verbindlichkeiten gegenüber Ausländern in Erscheinung. Soweit es sich um Repatriierungen schweizerischer Unternehmungen oder Privater handelt, kommen sie in einer Zunahme der inländischen Verbindlichkeiten zum Ausdruck. Repatriierungen von Anlagen der Banken dagegen bewirken lediglich eine Umlagerung von ausländischen zu inländischen Aktiven.

Angesichts der Bedeutung, die solchen Heimschaffungen zeitweise zukommen kann, liegt die Frage nahe, ob nicht Mittel und Wege zur wirksameren Erfassung repatriierter Gelder gefunden werden könnten, etwa in der Weise, dass ihr Zuwachs ebenso hoch belastet werden könnte, wie derjenige der ausländischen Gelder. Das ist indessen nicht möglich, da die einzelnen Repatriierungen nur in den seltensten Fällen als solche erkennbar sind und die Banken sich daher ausserstande erklären müssten, in ihren Aufstellungen für die Berechnung der Mindestguthaben die repatriierten Gelder gesondert auszuweisen. Würden die für den Zuwachs der inländischen Gelder vorgesehenen Sätze generell so kräftig erhöht, dass eine nahezu totale Abschöpfung im Falle umfangreicher Heimschaffungen vorgenommen werden könnte, so wären Verzerrungen in der Mindestguthabenbelastung die Folge. Diejenigen Institute, die keinen Zufluss aus Repatriierungen zu verzeichnen hätten, würden stark benachteiligt. Die Lücke im Mindestguthaben-System ist daher unvermeidbar; ihre Bedeutung kann jedoch nötigenfalls durch Massnahmen zur Kreditzuwachsbegrenzung vermindert werden.

9. Form, Berechnung und Überprüfung der Mindestguthaben a. Mindestguthabenkonten: Die Mindestguthaben sind bei der Nationalbank auf besonderen, von den Girorechnungen getrennten Konten zu unterhalten und werden von der Nationalbank auch separat ausgewiesen. Über die Mindestguthaben kann nicht verfügt werden, es sei denn, dass die monatliche Neuberechnung eine Verminderung des Mindestguthabensolls ergibt. In Ausnahmefällen, beispielsweise bei
Zahlungsschwierigkeiten einer Bank, kann die Nationalbank die freie Verfügung gestatten (Art. 16h).

Die Mindestguthaben werden nicht verzinst, da die Notenbank in ihrer Währungspolitik nicht durch die Pflicht, ertragbringende Anlagen zu tätigen, gebunden sein soll. Artikel 14, Ziffer 6 des Nationalbankgesetzes bestimmt denn auch, dass die bei der Nationalbank unterhaltenen Guthaben der Wirtschaft nicht verzinst werden dürfen.

Im Vernehmlassungsverfahren ist namentlich von Bankenseite eine Verzinsung der Mindestguthaben gefordert worden, jedenfalls soweit, als die Nationalbank diese Gelder ihrerseits zinstragend anlegt. Dieser letztere Gedanke beruht

285

offenbar auf einem Missverständnis. Der Nationalbank fliessen mit der Einforderung von Mindestguthaben an sich keine neuen Gelder zu ; es werden lediglich Beträge von den frei verfügbaren Girokonten auf die gebundenen Mindestguthaben-Konten übertragen. Zusätzliche Anlagen können daher von der Nationalbank nicht getätigt werden.

Dagegen bleibt die Möglichkeit offen, dass die Nationalbank den Banken zu Abschöpfungszwecken zinstragende Anlagen, sei es durch Abtretung kursgesicherter Devisen, sei es in Form von Geldmarktpapieren, im Sinne von Offenmarktoperationen anbietet. Je nach dem Betrag, der auf diesem Wege wirksam abgeschöpft werden kann, wird sich die Einf orderung von Mindestguthaben vermeiden oder doch in kleinerem Umfang halten lassen.

b. Stichtag: In einem Mindestguthabensystem, das auf dem Zuwachs der Verbindlichkeiten basiert, muss ein Stichtag festgesetzt werden, von dem an der Zuwachs berechnet wird. Dieser Stichtag darf nach dem vorgeschlagenen Gesetzestext im Zeitpunkt der Anordnung von Mindestguthaben nicht mehr als ein Jahr zurückliegen. Müssen die Mindestguthabensätze später erhöht werden, so kann dem erhöhten Satz der ganze Zuwachs seit dem ursprünglichen Stichtag unterworfen werden, unabhängig davon, ob dieser Stichtag mehr als ein Jahr zurückliegt oder nicht. Unter Umständen kann es wünschbar sein, einen Durchschnitt verschiedener Stichtage als Berechnungsbasis zu wählen, damit nicht zufällige Extremwerte als Grundlage für die Ermittlung des Mindestguthabens dienen. In diesem Falle darf der früheste Stichtag nicht weiter zurückliegen als ein Jahr (Art. 16d, Abs. 2).

c. Berechnung der Mindestguthaben: Der für die Höhe des Mindestguthabens massgebende Zuwachs der Verbindlichkeiten errechnet sich als Differenz zwischen dem Bestand der betreffenden Position am Anfangsstichtag (bzw. dem durchschnittlichen Bestand bei verschiedenen Stichtagen) und dem jüngsten Bestand. Die Mindestguthaben sollen jeden Monat auf Grund der von den Banken einzureichenden Meldungen neu berechnet werden, wobei stets der Nettozuwachs gegenüber dem Stichtag - also nicht die Veränderung im letzten Monat entscheidend ist. Weist eine Position seit dem Stichtag keinen Zuwachs, sondern eine Abnahme auf, so wird für die betreffende Position ein negativer Mindestguthabenbetrag errechnet, der bei der Ermittlung
des gesamten Mindestguthabensolls in Abzug gebracht wird. Ist in keiner Position ein Zuwachs eingetreten, so entfällt die Mindestguthabenpflicht.

d. Periodische Überprüfung der Mindestguthabensätze: Mindestguthaben sollen nur einverlangt werden, wenn die Verhältnisse es erfordern. Fallen die Gründe dahin, die zur Einforderung Anlass gegeben haben, so sind die Mindestguthaben, wie bereits erwähnt, freizugeben. Einer Veränderung der Verhältnisse kann durch Erhöhung oder Senkung der Mindestguthabensätze Rechnung getragen werden. Es ist vorgesehen, dass die Nationalbank zusammen mit den Banken mindestens halbjährlich die Sätze überprüft und gestützt auf die Aussprache ihren Entscheid trifft (Art. 16/, Abs. 2).

e. Nichterfüllung der Mindestguthabenpflicht: Banken, deren Mindestguthaben den errechneten Sollbetrag nicht erreicht, haben für den fehlenden Betrag Bundesblatt 120 Jahrg Bd.If '

18

286 der Nationalbank einen Sonderzins zu entrichten, der 3 Prozent über dem jeweiligen Lombardsatz liegt. Weitere Sanktionen sind für diesen Fall nicht vorgesehen ; die Höhe des Strafzinses dürfte genügen, um die unterstellten Banken zur rechtzeitigen Einzahlung des Mindestguthabens zu veranlassen (Art.16/, Abs.l).

C. Kreditbegrenzung

1. Allgemeines Mit dem Instrument der Mindestguthaben auf dem Zuwachs können die Geldschöpfungsmöglichkeiten der Banken vermindert werden. Die angestrebte Wirkung tritt allerdings u.U. erst nach einer gewissen Zeit ein. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Banken zunächst Überschussliquidität abbauen oder ihre liquiden Mittel durch Heimschaffung von bisher im Ausland angelegten Geldern ergänzen. Auch im Falle von Zuflüssen neuer Mittel aus dem Ausland, die aus Repatriierungen der übrigen Wirtschaft oder einer aktiven Ertragsbilanz stammen, sind Mindestguthaben nur beschränkt wirksam.

In solchen Fällen bleibt die Gefahr einer verstärkten Kreditexpansion und Geldentwertung bestehen.

Für ausserordentliche Situationen, in welchen die herkömmlichen Instrumente der Diskont- und Offenmarktpolitik nicht ausreichen und der Abschöpfungseffekt von Mindestguthaben auf dem Zuwachs ungenügend ist, sollte die Nationalbank die Möglichkeit haben, direkt auf das Volumen der Kreditgewährung einzuwirken. Der Bundesrat beantragt daher, der Nationalbank die Kompetenz zur globalen Begrenzung des Kreditzuwachses einzuräumen.

Im Vernehmlassungsverfahren ist die ursprüngliche Formulierung der Kreditbegrenzungsbestimmungen auf mehrheitliche Ablehnung gestossen. Ein wichtiger Einwand richtete sich gegen die Möglichkeit der Festsetzung unterschiedlicher Zuwachsraten für die einzelnen in Frage kommenden Kreditpositionen, die Bedenken wegen einer dirigistischen Handhabung dieses Instrumentes erweckte.

Ein zweiter Einwand bezog sich auf die Gefahr einer Erstarrung der BankenStruktur bei langdauernder Anwendung der Kreditbegrenzung. Das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement hat in seinem Bericht zum Vorentwurf darauf aufmerksam gemacht, dass die Kreditbegrenzung nur dann und nur so lange angewandt werden soll, als ausserordentliche Verhältnisse vorliegen.

Selbst in Eingaben, die sich negativ zu einer gesetzlichen Verankerung der Kreditzuwachsbeschränkung aussprechen, wird die allfällige Notwendigkeit einer Beschränkung des Kreditzuwachses nicht verneint. Doch wird hiefür der Abschluss freiwilliger Vereinbarungen empfohlen. Die Ablehnung richtet sich somit in vielen Fällen weniger gegen das Instrument an sich als gegen seine gesetzliche Verankerung. Nicht zuletzt wird diese Ansicht auch von grossen Kreisen vertreten,
die sich über den Kreditbeschluss vom IT.März 1964 beklagten. Dabei wird vergessen, dass der Kreditbeschluss im wesentlichen die Allgemeinverbindlichkeit der vorher abgeschlossenen freiwilligen Vereinbarung bedeutete.

287

Auch der Bundesrat und die Nationalbank sind der Auffassung, dass der Weg der freiwilligen Vereinbarung beschritten werden soll, soweit dies möglich ist. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass Gentlemen's Agreements auf diesem Gebiet in Zeiten starker Kreditnachfrage ihre besondere Problematik haben. Die Verhandlungen können eine geraume Zeit beanspruchen und finden schliesslich ihren Niederschlag in Vereinbarungen, die auf den geringsten gemeinsamen Nenner ausgerichtet sind. Auch ihre Durchsetzung ist schwierig. Unter dem Regime der vom April 1962 bis zum März 1964 in Kraft stehenden freiwilligen Vereinbarung über die Kreditbegrenzung wurde die Einhaltung der Plafonds in manchen Fällen dadurch unmöglich gemacht, dass Bankbehörden ungeachtet der von ihren Direktionen freiwillig eingegangenen Verpflichtungen Kredite beschlossen, welche die festgesetzten Limiten sprengten. Das galt vor allem für den Bereich der Kreditgewährung an öffentlich-rechtliche Körperschaften, weil sich hier der politische Druck - namentlich bei Kantonalbanken, aber auch bei Lokalbanken am stärksten geltend machte. In ausserordentlichen Situationen bedarf es daher eines kräftigeren Rückhaltes, als ihn eine freiwillige Vereinbarung allein zu gewähren vermag, um eine restriktive Kreditpraxis gegen politische Interessen durchsetzen zu können.

Bei Vorhandensein einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass von Beschränkungen dürften die Aussichten für eine raschere und wirksamere Verständigung sowie deren striktere Einhaltung wesentlich wachsen. Das Instrument der Vereinbarungen kann dadurch beträchtlich aufgewertet werden. Dies zeigen auch ausländische Erfahrungen.

Als Alternative zur Kreditbegrenzung steht die Ergänzung der Zuwachsreserven durch Mindestguthaben auf den Beständen im Vordergrund. Im Unterschied zu Bestandesreserven kann durch die Kreditzuwachsbegrenzung dem Einfluss von Repatriierungen und dem Abbau einer bisherigen reichlichen Liquiditätshaltung weit besser entgegengewirkt werden. Ferner ist der Bremsweg der Kreditbegrenzung kürzer als derjenige von Mindestreserven. Die Entstehung einer Konsolidierungslücke und der damit verbundenen Zinssteigerung kann eher vermieden werden. Diese Vorteile der Kreditzuwachsbegrenzung gilt es bei der Wahl zwischen beiden Alternativen in Rechnung zu stellen.

2. Die vorgeschlagene
Lösung a. Beschränkung des Gesamtzuwachses: Bei der Ausarbeitung des Kompetenzartikels über die Kreditbegrenzung wurden die im Vernehmlassungsverfahren erhobenen Haupteinwände berücksichtigt; gegenüber dem Vorentwurf ist daher die vorliegende Fassung in einigen wesentlichen Punkten geändert worden.

Wie im Falle der Mindestguthaben soll die Kreditzuwachsbegrenzung nur dann angeordnet werden können, wenn andere mildere Mittel nicht ausreichen, um nachteiligen Auswirkungen einer übermässigen Geldvermehrung zu begegnen (Art. 16«, Abs.l). Im Abschnitt über die Kreditbegrenzung wird zusätzlich hervorgehoben, dass die Nationalbank von dieser Kompetenz nur Gebrauch machen darf, wenn sie einer übermässigen Kreditausweitung mit Mindestgutha-

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ben und anderen Mitteln nicht entgegentreten kann (Art.löJk, Abs.l). Die Subsidiarität der Rreditbegren/ung gegenüber den Mindestguthaben wird in dieser Bestimmung somit unterstrichen.

Dass nur der Gesamtzuwachs der inländischen Kredite pro Bank begrenzt werden kann, ist in doppelter Hinsicht von Bedeutung.

Einmal bleibt die Möglichkeit einer Ausweitung der Kredite gewährleistet.

Sie bildet eine der Voraussetzungen für das Wachstum der Wirtschaft und für die Verwendung der sich bei den Banken ansammelnden Ersparnisse. Nur gegen eine übermässige Kreditexpansion sollen Vorkehren getroffen werden.

Sodann erhellt aus dem Ausdruck «Gesamtzuwachs», dass eine Festsetzung unterschiedlicher Zuwachsraten für einzelne Kreditkategorien nicht möglich ist.

Nur die Zunahme der inländischen Debitoren, Wechsel, Vorschüsse und Darlehen an öifentlich-rechtliche Körperschaften sowie Hypothekaranlagen insgesamt kann begrenzt werden. Die Gefahr einer Bevorzugung oder einer Zurücksetzung von Kreditarten entfällt damit. Die Banken bleiben im Rahmen des Plafonds in der Mittelverwendung frei. Bei den Kreditrichtlinien, die die Nationalbank den Banken für das Jahr 1967 bekanntgegeben hatte, war der Gedanke der Globalplafonierung bereits zur Anwendung gelangt und positiv beurteilt worden.

b. Primat der Vereinbarung: Im Gesetz soll statuiert werden, dass die Einflussnahme auf das Rreditvolumen wenn immer möglich im Wege der Verständigung mit den Banken erfolgen soll (Art.l6&, Abs.2). Dieser Grundsatz hat zwar Gültigkeit auch für andere Bereiche der Notenbankpolitik; er soll aber im Hinblick auf den ausserordentlichen Charakter der Kreditbegrenzung in diesem Zusammenhang besonders berücksichtigt werden. Durch diese Vorschrift wird auch zum Ausdruck gebracht, dass die subsidiäre Verfügungskompetenz die Aussichten für eine Verständigung über angemessene Regelungen verstärken sollte. Es ist insbesondere zu erwarten, dass das Gewicht jener Bankkreise, die für die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge ein besonderes Verständnis aufbringen, zunehmen wird.

c. Kreditentwicklung und Sozialprodukt: Die gesetzliche Regelung der Kreditbegrenzung erfordert einen Rahmen, ähnlich wie er bei den Mindestguthaben durch die Maximalsätze gezogen wird. In Einklang mit den bei der Ausgestaltung des Mindestguthabensystems beobachteten Richtlinien
soll den Banken und der Wirtschaft Gewähr dafür geboten werden, dass das Mittel der Kreditbegrenzung nicht deflatorisch, d.h. zur Kreditkontraktion, eingesetzt werden kann.

Die Festsetzung von Basisjahren im Gesetz, deren Kreditzuwachs, wie in der von 1962-1966 in Kraft stehenden Vereinbarung über die Kreditbegrenzung, den Massstab für die Festsetzung von Kreditzuwachsraten bilden wüide, kam von vornherein nicht in Betracht, weil nicht vorausgesagt werden kann, in welchem Zeitpunkt allfällige Massnahmen zur Kreditbegrenzung notwendig werden. Eine Basis, die viele Jahre zurückliegt, könnte zu völlig unrealistischen Kreditzuwachsraten führen, die der jüngsten Entwicklung der betreffenden Banken in keiner Weise gerecht würden.

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Wesentlich ist, dass eine gesamtwirtschaftlich angemessene Kreditausweitung, die sich in einem vernünftigen Verhältnis zur inländischen Ersparnisbildung hält, gesetzlich gewährleistet wird. Nach einlässlicher Prüfung verschiedener Möglichkeiten wurde als unterste Limite der Kreditexpansion der prozentuale Anstieg des realen Sozialproduktes gewählt. Der für ein bestimmtes Jahr zulässige Kreditzuwachs darf, in Prozenten ausgedrückt, nicht niedriger sein als das ebenfalls in Prozenten ausgedrückte reale Wachstum des Sozialproduktes im vorangegangenen Jahr. Selbstverständlich hat es nicht die Meinung, dass die Kreditzuwachsraten strikte nach der Entwicklung des Sozialproduktes im Vorjahr ausgerichtet sein müssen. Damit ist nur eine Garantie im Sinne der untersten Grenze für den Kreditzuwachs festgelegt. Andere Faktoren sind ebenfalls zu berücksichtigen, so dass in Wirklichkeit der Plafonds höher liegen -wird. Solange im Konjunkturaufschwung unausgenützte Kapazitätsreserven bestehen, ist eine grössere Kreditausweitung wünschbar. So wie der gesetzliche Einsatz der Kreditbegrenzung geplant ist, wird er erst erfolgen, wenn der Konjunkturaufschwung bereits in die inflatorische Phase eingetreten ist. Die Waclistumsziffern des Vorjahres dürften dann relativ hoch sein.

Da gerade im Falle der Schweiz bei zunehmender Beschränkung der Kreditexpansion gewisse Ausweichmöglichkeiten bestehen, wäre selbst bei strikter Anwendung der untersten gesetzlichen Grenze das Risiko eigentlicher deflatorischer Auswirkungen sehr gering. Solche Ausweichmöglichkeiten liegen u. a. in vermehrten Kapitalrepatriierungen der Wirtschaft und der Privaten, die es erleichtern würden, Kredite vermehrt zu konsolidieren. Damit würde der Spielraum für neue Kreditgewährungen im Rahmen einer gegebenen Zuwachsrate erweitert. Eine zu enge Beschränkung könnte eine vermehrte Kreditgewährung ausserhalb des Bankensystems provozieren. Insbesondere wäre eine verstärkte Verwendung des Wechsels als Zahlungsmittel möglich.

Alle diese Faktoren führen zum Schluss, dass das Risiko eher in einer zu geringen als in einer zu starken Bremswirkung liegt.

d. Zeitliche Beschränkung: Den Bedenken wegen einer zu lange dauernden gesetzlichen Kreditbegrenzung wird durch eine zeitliche Limitierung Rechnung getragen. Das Instrument darf jeweils höchstens für die Dauer
von zwei Jahren verfügt werden (Art. 16£, Abs.4). Die vorgeschlagene Formulierung legt die Frage nahe, welcher Zeitraum zwischen zwei Anwendungsperioden eingehalten werden muss. Die Festlegung eines starren Intervalles im Gesetz wäre keine brauchbare Lösung, da die Dauer der Konjunkturphasen unterschiedlich ist und die Lage sich rasch ändern kann. Sicher ist, dass die Nationalbank die Kreditbegrenzung nicht wenige Monate nach ihrer Aufhebung erneut verfügen darf. In der Regel wird das Instrument der auf Grund des Gesetzes verfügten Kreditbegrenzung daher in einer Phase der Konjunkturüberhitzung nur einmal eingesetzt werden dürfen. Auch diese Befristung auf jeweils zwei Jahre gibt Gewähr dafür, dass die Nationalbank von den gesetzlichen Befugnissen zurückhaltend Gebrauch machen wird.

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e. Geltungsbreich: Wie bei der Einforderung von Mindestguthaben soll die Nationalbank auch bei Massnahmen zur Begrenzung des Kreditzuwachses die Möglichkeit haben, Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 10 Millionen Franken von den Vorschriften auszunehmen (Art. 16 a, Abs.3).

/. Periodische Überprüfung: Für die periodische Überprüfung der Kreditzuwachsraten gilt die gleich Bestimmung wie für die Mindestguthabensätze (Art. 16k, Abs.5). Über die Notwendigkeit der Weiterführung von Kreditbegrenzungsmassnahmen wird sich die Nationalbank ebenfalls mindestens halbjährlich mit den Banken beraten.

g. Meldungen: Die Grundlage für die Beurteilung der Kreditentwicklung und der Einhaltung der Kreditzuwachsraten bilden Bilanzangaben, aus denen die Entwicklung der inländischen Kredite hervorgeht. Die Nationalbank soll ermächtigt werden, hierüber von den Banken besondere Meldungen zu verlangen, und zwar schon vor der Anordnung von Kreditzuwachsraten (Art. 16 c).

h. Sanktionen: Als Sanktion für eine Überschreitung des festgesetzten Kreditplafonds ist die Einzahlung des entsprechenden Betrages auf ein Sonderkonto bei der Nationalbank vorgesehen. Der Betrag bleibt dort bis zum Ausgleich der Überschreitung, mindestens aber für die Dauer von drei Monaten, gebunden (Art.l6/,Abs.l).

Die Nationalbank kann jedoch, wo besondere Verhältnisse es rechtfertigen, auf die Einzahlung verzichten (Art. 167, Abs.2).

D. Überwachung der Emissionstätigkeit In verschiedenen Vernehmlassungen ist mit Nachdruck auf die Wünschbarkeit einer gesetzlichen Verankerung der Emissionskontrolle hingewiesen worden.

Das ist aus mehreren Gründen begreiflich. Einmal leuchtet es ein, dass die konjunkturregulierenden Wirkungen von Mindestguthaben und Kreditzuwachsraten nicht durch eine verstärkte Inanspruchnahme des Kapitalmarktes durchkreuzt werden sollten. Zudem werden die Erfahrungen mit der Regelung der Emissionstätigkeit, wie sie gestützt auf den Kreditbeschluss in den Jahren 1964-1966 in Kraft stand, im allgemeinen positiv beurteilt. Diese Ordnung hat zweifellos wesentlich dazu beigetragen, dass eine Überlastung des Marktes, die zu einem weit stärkeren Zinsauftrieb geführt hätte, vermieden werden konnte.

Der Bundesrat ist zum Ergebnis gelangt, dass sich die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Ordnung des Emissionsmarktes für
öffentlich aufgelegte Anleihen empfiehlt. Zwar eignet sich die in Frage stehende Materie ihrer Natur nach für eine Regelung auf freiwilliger Basis, da die Interessen der im Emissionsgeschäft tätigen Banken und diejenigen der Allgemeinheit normalerweise parallel laufen. Die nach dem Wegfall des Kreditbeschlusses abgeschlossene private Konvention der Schweizerischen Bankiervereinigung über die Weiterführung der Emissionsüberwachung hat denn auch wesentlich zur guten Ordnung am Anleihensmarkt beigetragen. Für eine rasch wirkende Regelung, wie sie sich unter Umständen aufdrängen kann, bietet aber eine rechtliche Basis bessere Gewähr.

291

Die vorgeschlagene Formulierung stellt den Grundsatz einer engen Zusammenarbeit zwischen der Nationalbank und den zuständigen Organisationen der Banken in den Vordergrund. Diese Kooperation wurde schon unter dem Regime des Kreditbeschlusses praktiziert. Die Kompetenz der Nationalbank wird in Zeiten übermässiger Beanspruchung des Kapitalmarktes auf die Beeinflussung des Gesamtbetrages der öffentlich aufgelegten Anleihensemissionen beschränkt. Die Festsetzung des Emissionsprogrammes im einzelnen soll den Banken überlassen bleiben (Art. 16 m).

E. Notenbankpolitik mit den neuen Instrumenten

Die vorgeschlagene Erweiterung des notenbankpolitischen Instrumentariums umfasst die gesetzliche Verankerung von Kompetenzen der Nationalbank zur Einforderung von Mindestguthaben auf dem Zuwachs der Verbindlichkeiten der Banken, zur Begrenzung des Zuwachses der von den Banken gewährten inländischen Kredite sowie zur Eiaflussnahme auf das Emissionsvolumen. Dazu kommt eine Erweiterung der offenmarktpolitischen Möglichkeiten der Nationalbank, einerseits durch eine in Zukunft weniger enge Interpretation der Vorschriften über die Notendeckung, anderseits durch die Ermächtigung zur Ausgabe eigener Schuldverschreibungen.

Der Einsatz dieser Instrumente in der Praxis wird durch die jeweils gesteckten währungs- und konjunkturpolitischen Ziele sowie durch die wirtschaftlichen und monetären Verhaltnisse im betreffenden Zeitpunkt bestimmt. Im Falle unseres Landes müssen insbesondere auch die möglichen Auswirkungen notenbankpolitischer Massnahmen auf die Geld- und Kapitalbewegungen über die Grenze erwogen werden.

Eine allgemeine Rangordnung der verschiedenen Instrumente in bezug auf ihre Bedeutung und Wirksamkeit aufzustellen, ist nicht möglich. Eine je nach den Verhältnissen gestaltete Kombination verschiedener monetärer Massnahmen dürfte den besten Erfolg versprechen.

Der Gesetzesentwnrf sieht vor, dass in erster Linie von den «klassischen» Instrumenten der Diskont- und Offenmarktpolitik Gebrauch gemacht werden soll. Drängen sich andere Vorkehren zur Abschöpfung überschüssiger Liquidität und zur Eindämmung der Kreditexpansion auf, so wird die Nationalbank versuchen, sich mit den Banken über die zu treffenden Massnahmen auf freiwilliger Basis zu verständigen. Nur wenn mildere Massnahmen oder freiwillige Vereinbarungen nicht die angestrebte Wirkung zeitigen können, sollen Mindestguthaben eingefordert werden. Wenn alle diese Mittel nicht genügen oder aller Voraussicht nach nicht zum Ziele führen, soll der Nationalbank die Begrenzung des Kreditzuwachses zur Verfügung stehen.

Im Vernehmlassungsverfahren ist verschiedentlich die Auffassung vertreten worden, dass eine Kombination von Diskontpolitik, Offenmarktpolitik und Mindestguthaben auf dem Zuwachs genüge, um der Nationalbank die Erfüllung der ihr durch Verfassung und Gesetz übertragenen Aufgaben zu ermöglichen.

Diese Auffassung verkennt die besonderen schweizerischen Verhältnisse. Da die

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schweizerischen Banken über wachsende Guthaben im Ausland verfügen und daher vom Notenbankkredit weitgehend unabhängig sind, dürfte die Diskontpolitik auch in Zukunft eine bescheidene Bedeutung haben.

In einer offenen Volkswirtschaft, die in hohem Masse Geld- und Kapitalbewegungen über die Grenze ausgesetzt ist, sind auch die Möglichkeiten der Offenmarktpolitik eng begrenzt. Die abgeschöpften Mittel können insbesondere bei steigenden Zinssätzen relativ leicht ersetzt werden. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Nationalbank über ein wichtiges Mittel zur Abschöpfung von Liquidität - nämlich ein angemessenes Wertschriftenportefeuille, aus dem in Zeiten der Inflation Titel verkauft werden können - noch nicht verfügt.

Die Mindestguthaben auf dem Zuwachs an Verbindlichkeiten bilden eine wertvolle Bereicherung des Instrumentariums. Dieses Mittel hat, wie alle ändern Instrumente, seine Schwächen und Lücken. Die im Falle der Schweiz besonders wichtigen Repatriierungen von Bankanlagen im Ausland können durch Mindestguthaben im Prinzip nicht erfasst werden. Auch bei anderen Liquiditätszuflüssen aus dem Ausland ist eine vollständige Neutralisierung durch Mindestguthaben nicht möglich. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Mittel bei den Banken auf Zeit deponiert oder zu Anlagezwecken in der Schweiz verwendet werden, oder wenn es sich um Repatriierungen von Nicht-Banken handelt. Die Wirksamkeit der Mindestguthaben Hesse sich verstärken, wenn neben den Zuwachsreserven Mindestguthaben auf dem Bestand an Verbindlichkeiten vorgeschrieben werden könnten. Diese Ausweitung der Mindestguthaben auf die Bestände würde es gestatten, der Liquiditätsvermehrung durch Repatriierungen und andere Mittelzuflüsse vermehrt entgegenzuwirken. Die Tatsache, dass die einzelnen Banken sehr ungleich von den Zuflüssen aller Art profitieren, setzt aber der Erhebung von Bestandesreserven Grenzen, die möglicherweise weit unter dem Abschöpfungsbetrag liegen, der volkswirtschaftlich angezeigt wäre.

Die Maximalsätze könnten wohl einen Viertel der Sätze für den Zuwachs nicht übersteigen und müssten mit Vorsicht angewandt werden. Nichtsdestoweniger läge in einer solchen Ergänzung eine beträchtliche Ausweitung der Wirksamkeit des Systems der Mindestguthaben. Sie lässt aber bei sehr massiven Geldund Kapitalzuflüssen, wie sie gerade
im Falle der Schweiz stets zu erwarten sind, immer noch zu grosse Lücken. Die Aktiven der Banken, d.h. die Kredite und Anlagen, mit Mindestreserven zu belasten, wäre im Hinblick auf die damit verbundene direkte Steuerung der Kreditgewährung wenig empfehlenswert.

Im Hinblick auf die Bedeutung des Geld- und Kapitalimportes für die schweizerische Geldwirtschaft dürfte daher eine Kompetenz zur Begrenzung des Kreditzuwachses ein wirksameres Instrument der Notenbankpolitik sein. Die Kreditbegrenzung hat den Vorteil eines relativ kurzen Bremsweges. Sie vermag das inländische Rreditvolumen besser vor einer Aufblähung durch den Zufluss von Liquidität aus dem Ausland zu schützen. Allerdings kann auch sie nicht alle Probleme allein bewältigen. Auch unter ihrem Regime sind Ausweichmöglichkeiten durch Kreditaufnahmen auf den internationalen Geldmärkten oder durch die Entwicklung eines Kreditmarktes ausserhalb der Banken denkbar. Auch die stärkere Kreditkonsolidierung auf einem durch Zuflüsse aus dem Ausland alimentier-

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ten Kapitalmarkt lässt sich kaum völlig unterbinden. Wie weit Ausweichmöglichkeiten benützt werden, hängt in erster Linie davon ab, wie stark die Kreditbremse angezogen wird. Sofern gemäss Vorschlag nur der Zuwachs des Kreditvolumens beschränkt wird, so dass eine gesamtwirtschaftlich angemessene Kreditexpansion weiterhin möglich ist, dürfte die Tendenz zu Finanzierungen ausserhalb der normalen Kanäle geringer sein. Je leichter sehr hohe Zinssätze dank einem wachsenden Nachfrageüberhang auf die Preise überwälzt werden können, desto grösser ist der Anreiz zu Finanzierungen ausserhalb der normalen Kanäle und desto langsamer und lückenhafter wirkt jede Art von Geldpolitik. Wichtig ist daher, dass diese durch Massnahmen fiskalpolitischer Natur, die direkt die Nachfrage nach Gütern und damit nach Krediten vermindern, unterstützt wird.

Bei Neigung zu übermässiger Buchgeldschöpfung ist die Fiskalpolitik vermehrt auf die Verminderung der öffentlichen Ausgaben und die stärkere Dekkung der öffentlichen Investitionen auf dem Steuerwege auszurichten. Dadurch liesse sich ein Teil des inflatorisch wirkenden Kaufkraft- bzw. Nachfrageüberhangs abschöpfen und neutralisieren. Der Auftrieb der Konsumnachfrage würde gemildert, entsprechend liesse auch die Neigung zu übermässigen Investitionen nach. Die Nachfrage nach Krediten bliebe geringer. Dies würde der Tendenz zu starken Zinssteigerungen und zur Umgehung der monetären Restriktionen entgegenwirken.

Nicht unwichtig ist auch, dass die Mittelaufnahme der öffentlichen Hand, soweit sie unvermeidbar ist, nicht auf dem Wege der Kreditschöpfung, sondern über den Kapitalmarkt erfolgt.

Der Bundesrai ist sich bewusst, dass im Hinblick auf die besonderen schweizerischen Verhältnisse bei der konjunkturellen Orientierung der Finanzpolitik wesentliche Schwierigkeiten zu überwinden sind. Er wird aber dieser Aufgabe in Zusammenarbeit mit den Kantonen seine volle Aufmerksamkeit schenken.

Auch in den übrigen Bereichen der Wirtschaftspolitik sind die Bemühungen zur Förderung eines regelmässigen, von konjunkturellen Störungen möglichst freien Wachstums weiter zu verfolgen. In diesem Zusammenhang sind auch die Einräumung einer Budgetpriorität für öffentliche Investitionen mit produktivitätsforderndem Charakter, dieBeseitigungvon öffentlichen Vorschriften, dieder Produktivitätsförderung
entgegenstehen und die Belebung des Wettbewerbs von Bedeutung, obwohl es sich dabei mehr um Daueraufgaben als um spezifisch konjunkturpolitische Massnahmen handelt.

Gegen die Erweiterung des notenbankpolitischen Instrumentariums ist gelegentlich das Argument angeführt worden, dass es anderen Ländern trotz des Einsatzes verschiedener monetärer Mittel in den letzten Jahren nicht gelungen sei, die Geldentwertung zu verhindern. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese ohne Massnahmen zur Eindämmung der Geldschöpfung grösser gewesen wäre. Es hätte aber mehr erreicht werden können, wenn auch die Fiskal- und übrige Wirtschaftspolitik stärker auf die Geldwertstabilität ausgerichtet worden wären. Eine rechtzeitige und wirksame Inflationsbekämpfung erscheint umso wichtiger, als die einmal in Schwung gekommene Preis-Kosten-Spirale auch nach Überwindung der konjunkturellen Überhitzung noch beträchtliche Zeit weiterläuft.

294 Entscheidend muss sein, ob der Ausbau des Instrumentariums geeignet sein kann, die Bestrebungen zur Erhaltung des wirtschaftlichen und monetären Gleichgewichts im Inland und gegenüber dem Ausland erfolgreicher zu gestalten, als dies mit den derzeit verfügbaren Instrumenten möglich ist. Diese Frage ist nach Auffassung des Bundesrates zu bejahen. Niemand wird bestreiten können, dass eine unkontrollierte Geldschöpfung in Zeiten konjunktureller Überhitzung diese verstärkt und damit auch die Geldentwertung beschleunigt. Der Bundesrat glaubt, aus der überwiegenden Mehrheit der Vernehmlassungen schliessen zu dürfen, dass die Geldwerterhaltung als eine der wichtigsten Zielsetzungen der Wirtschaftspolitik anerkannt und eine Verstärkung des notenbankpolitischen Instrumentariums im Hinblick auf dieses Ziel befürwortet wird.

F. Weitere Vorschläge aus dem Vernehmlassungsverfahren

1. Rücksichtnahme auf die besonderen Entwicklungsbedürfnisse einzelner Kantone Einige Kantonsregierungen haben in ihrer Vernehmlassung den Wunsch geäussert, dass bei der Anwendung der neuen notenbankpolitischen Instrumente den besonderen Verhältnissen der wirtschaftlich weniger entwickelten Kantone angemessen Rechnung zu tragen sei.

Die Probleme, die sich aus dem unterschiedlichen Entwicklungsgrad der einzelnen Landesteile ergeben, lassen sich nicht durch eine largere Dosierung des Geldvolumens lösen ; sie gehören in den grösseren Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Wachstumspolitik. Es wäre verfehlt, zu glauben, dass die Lage der betreffenden Kantone durch inflatorische Geldvermehrung erleichtert werden könnte.

Die wirtschaftlich schwächeren Gebiete würden im Gegenteil durch eine Politik des inflatorischen «laissez faire» am stärksten getroffen ; sie wären die Hauptleidtragenden des folgenden Rückschlages. Zum Beispiel würde der Fremdenverkehr, der für die Berggebiete eine wichtige Erwerbsquelle darstellt, auf eine Kostenüberhöhung im Vergleich zum Ausland besonders empfindlich reagieren.

Es liegt daher im Interesse der wirtschaftlich weniger entwickelten Gebiete, alle Vorkehren zu einer wirksameren Inflationsbekämpfung zu unterstützen.

Mit dem Begehren der betreffenden Kantone wird in erster Linie die Kreditbegrenzung anvisiert, in der Meinung, dass bei der Handhabung dieses Instrumentes gewisse Erleichterungen in Sonderfällen vorgesehen werden könnten, wie das unter dem Regime der allgemeinverbindlichen Vereinbarung über die Kreditbegrenzung in den Jahren 1964 bis 1966 der Fall war. Tatsächlich war damals die Nationalbank ermächtigt, bestimmte Ausnahmen zu bewilligen, insbesondere um Härten auszugleichen, die aus der Wahl der Basisjahre (1960 bzw. 1961) für die Berechnung der Kreditzuwachsraten resultierten. Für die Mehrzahl der beteiligten Institute waren diese Basisjahre ausserordentlich günstig, da sie die Periode der stärksten Kreditexpansion bildeten. Eine Minderheit von Banken, besonders in Gegenden, in welchen der Konjunkturaufschwung und die Kreditausweitung erst später einsetzten, wies geringere Zuwachsraten auf. Solchen Fällen trug die Nationalbank mittels flexibler Anwendung der Vorschriften Rechnung.

295 Für die Kreditbegrenzung gemäss dem vorliegenden Entwurf rechtfertigen sich Sonderbestimmungen hinsichtlich der Entwicklungsbedürfnisse einzelner Kantone nicht. Einerseits gibt die Gesamtplafonierung aller Kredite der einzelnen Bank ohnehin meta Spielraum als die frühere Regelung; anderseits wird die Zuwachsrate nicht mehr gestützt auf den Kreditzuwachs in bestimmten Stichjahren, sondern auf dem Gesamtbestand der Kredite berechnet, wodurch die Unterschiede zwischen den einzelnen Banken geringer werden.

Sollte sich in Ausnahniefällen eine spezielle Regelung aufdrängen, so ist die notwendige rechtliche Grundlage in Artikel 161 Absatz 2 gegeben.

2. Beiehnungsgrenzen Durch den Kreditbeschluss vom 13.März 1964 wurde der Bundesrat u.a.

ermächtigt, Beiehnungsgrenzen für die Gewährung von Baukrediten und Hypotheken festzusetzen. Er hat von dieser Kompetenz nicht Gebrauch gemacht, weil die damalige Verknappung des Kapitalmarktes dazu führte, dass übertriebene Bevorschussungen von Bauland und Bauten unterblieben.

Im Vernehmlassungsverfahren ist die Meinung vertreten worden, dass das Instrumentarium der Nationalbank durch eine Kompetenz zur Festsetzung von Beiehnungsgrenzen ergänzt werden sollte. Die Befürworter einer solchen Erweiterung denken namentlich an die Bevorschussung von Aktienkäufen sowie die Belehnung von Aktien und von unerschlossenem Bauland.

Die Gewährung von Krediten für Effektengeschäfte würde durch die Kreditbegrenzung erfasst. Eine generelle Eindämmung der Kreditexpansion dürfte wirsamer sein als gezielte Massnahmen gegen einzelne Kreditsparten, da im letzteren Falle Umgehungen möglich sind. Beispielsweise kann die Bevorschussung von Aktienkäufen über die Benützung eines Kontokorrentkredites erfolgen. Immerhin ist es nicht ausgeschlossen, dass die Banken, wie schon in früheren Jahren, unter sich eine Vereinbarung über die Belehnung von Aktien abschliessen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass derartige Regelungen zweckmässiger unter den Banken getroffen werden. Diese selbst sollten daran interessiert sein, dass die Bevorschussung von Wertpapieren nicht überbordet.

Grundsätzlich die gleiche Feststellung gilt für die Beiehnungsgrenzen in der Baufinanzierung. In den Jahren 1951-1957 stand zwischen der Nationalbank einerseits und den Banken, Versicherungsgesellschaften, Pensionskassen
und Fürsorgefonds anderseits ein Gentlemen's Agreement über die Baufinanzierung in Kraft, das die Belehnung von Grundstücken begrenzte. Die mit diesem Gentlemen's Agreement gemachten Erfahrungen haben gezeigt, dass auch auf diesem Gebiet Umgehungen leicht zu bewerkstelligen sind, etwa durch Höherbewertung des bevorschussten Baulandes oder wiederum durch Benützung eines Kontokorrentkredites. Eine Bestimmung, von der schon im \ oraus feststeht, dass sie ohne grosse Schwierigkeiten umgangen werden kann, sollte nicht in das Gesetz aufgenommen werden. Auch auf diesem Gebiet dürfte eine generelle Begrenzung des Kreditzuwachses die besseren Resultate ergeben.

296 3. Ausbau der Wirtschaftsstatistik Mit Recht ist in einigen Vernehmlassungen auf die Wünschbarkeit eines weiteren Ausbaus der schweizerischen Wirtschaftsstatistik hingewiesen worden.

Zuverlässige und möglichst umfassende wirtschaftsstatistische Daten bilden eine wesentliche Voraussetzung für die Beurteilung des Konjunkturverlaufes und die Bestimmung des wirtschaftspolitischen Kurses. In den letzten Jahren sind Fortschritte in dieser Hinsicht erzielt worden, doch bleiben noch Lücken offen (z.B.

Geldstromrechnung, Zahlungsbilanzstatistik, Konsumkreditstatistik, Ausbau der Preisstatistik, Produktionsstatistik und Beschäftigungsstatistik).

Der vorliegende Entwurf sieht im Bereich der Geldwirtschaft die Meldung zusätzlicher statistischer Angaben durch die Banken vor. Besondere Meldungen der Banken sind im Hinblick auf die Einforderung von Mindestguthaben und die Festsetzung von Kreditzuwachsraten vorgesehen (Art. 16 c) ; sie werden insbesondere über die Gliederung der Bankbilanzen nach in- und ausländischen Positionen Aufschluss geben. Die Nationalbank ist ferner gemäss Artikel 7 des Bankengesetzes ermächtigt, die Gliederung der ihr einzureichenden Bilanzen vorzuschreiben und dazu allfällig nötige Auskünfte zu verlangen. Ausserdem besteht die Möglichkeit, die Lieferung weiteren Zahlenmaterials im Wege der Vereinbarung mit den Banken zu regeln. Eine derartige Abmachung ist bereits im Frühjahr getroffen worden; die beteiligten Banken haben sich verpflichtet, der Nationalbank monatlich bzw. vierteljährlich den Stand ihrer inländischen Kredite zu melden.

Der Bundesrat wird dem Problem des Ausbaus unserer Wirtschaftsstatistik weiterhin seine Aufmerksamkeit widmen. Er bedarf hiezu jedoch der Unterstützung derjenigen Wirtschaftskreise, die an neuen statistischen Erhebungen mitzuwirken haben.

III. Kapitel Die Kompetenz zur Handhabung der neuen Instrumente Der vorgeschlagene Ausbau des Instrumentariums soll der Notenbank die Erfüllung ihrer verfassungsmässigen Aufgabe erleichtern, eine dem Gesamtinteresse des Landes dienende Kredit- und Währungspolitik zu führen. Es ist daher gegeben, die Anwendung der neuen Instrumente in die Hand der Nationalbank zu legen. Da die Politik der Mindestguthaben und Massnahmen zur Begrenzung des Kreditzuwachses Bestandteile der gesamten Notenbankpolitik bilden und mit
anderen Vorkehren koordiniert sein müssen, hat die Nationalbank über Zeitpunkt und Umfang eines Einsatzes dieser Mittel zu bestimmen.

Angesichts der Bedeutung, die der Mitwirkung der Banken auf dem Gebiet der Kredit- und Währungspolitik zukommt, erachten es Bundesrat und Nationalbank als angezeigt und gerechtfertigt, den Banken die Möglichkeit einer Mitsprache bei der Einforderung und Erhöhung von Mindestguthaben sowie bei der Festsetzung von Kreditzuwachsraten einzuräumen. Für die Verwirklichung dieses Postulats sind verschiedene Varianten denkbar.

297

Der im Vernehmlassungsverfahren unterbreitete Vorentwurf sah vor, dass das Direktorium der Nationalbank vor einem Entscheid über Mindestguthaben oder Kreditzuwachsraten die Stellungnahme einer ständigen, von der Schweizerischen Bankiervereinigung zu bestellenden Kommission von neun Mitgliedern einzuholen hätte. Würde die Kommission den vom Direktorium vorgesehenen Massnahmen mehrheitlich zustimmen, so könnten diese mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzt werden. Andernfalls hätte der Bankausschuss der Nationalbank nach Anhören des Direktoriums und der Kommission der Banken in letzter Instanz zu entscheiden.

In seinem Bericht zum Vorentwurf wies das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement auf eine andere Lösung hin, wonach der Bankausschuss und die Kommission der Banken sich nur gutachtlich zu äussern hätten und der letzte Entscheid beim Direktorium der Nationalbank liegen würde. Diese Lösung - so wurde ausgeführt - entspräche mit Bezug auf den Bankausschuss der Regelung, wie sie für die Festsetzung des Diskont- und Lombardsatzes gilt; das Direktorium sei nach Gesetz die oberste geschäftsleitende und ausführende Behörde der Bank. Da die Kompetenzen zur Festsetzung von Mindestguthaben und Kreditzuwachsraten vom Gesetz ohnehin eng begrenzt seien, bestehe kein Anlass, die bisherige Kompetenzordnung zu durchbrechen.

Wenn dennoch im Vorentwurf die erste Variante in den Vordergrund gestellt wurde, so geschah dies im Bestreben, die weitere Zusammenarbeit zwischen der Nationalbank und den Banken, die auf ein weitgehendes Mitspracherecht bei der Anwendung der neuen Instrumente grossies Gewicht legten, nicht zu beeinträchtigen. Freilich konnte sich die Schweizerische Bankiervereinigung auch mit der vorgeschlagenen Lösung nicht formell einverstanden erklären, da die Meinungen der Banken über das einzuschlagende Entscheidungsprocedere nicht einhellig waren.

Im Vernehmlassungsverfahren zeigte sich, dass die in den Vordergrund gestellte Lösung mehrheitlich auf Bedenken stiess. Mehrheitlich wurde die Kompetenzerteilung an das Direktorium der Nationalbank als klare Regelung empfohlen. Einige Eingaben verlangten die Einschaltung einer politisch verantwortlichen Behörde, wobei vor allem der Bundesrat als Konsultationsorgan oder oberste Entscheidungsinstanz erwähnt wurde. Ein weitgehendes Mitspracherecht der
Banken wurde überwiegend abgelehnt. ( Im Blick auf die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens hat der Bundesrat die Frage der Kompetenzordnung nochmals reiflich erwogen und ist dabei zum Schlüsse gelangt, dass die Kompetenz zur Handhabung der neuen Instrumente dem Direktorium der Nationalbank übertragen werden sollte (Art. 16 b, Abs. 1). Damit ist die beste Gewähr dafür geboten, dass die Massnahmen auf Grund einer sachkundigen, objektiven und von direkten politischen Einflüssen freien Beurteilung der Lage getroffen werden. Der Bundesrat würde es als verfehlt erachten, wenn Entscheidungen im Bereich der Geldpolitik in die Hand einer politischen Instanz gelegt würden. Wie bis anhin werden Bundesrat und Nationalbank in den hier in Frage stehenden Belangen in engster Fühlungnahme bleiben (vgl.

Kap. IV, Buchstabe A).

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Das Mitspracherecht der Wirtschaft ist durch die Einschaltung des Bankausschusses als Konsultationsorgan gesichert (Art. 166, Abs.2). Neben dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten, deren Wahl dem Bundesrat zusteht, zählt der Bankausschuss acht Mitglieder, welche vom vierzigköpfigen Bankrat aus seiner Mitte bestimmt werden. Im Bankausschuss sind Wirtschaft und Sozialpartner repräsentativ vertreten.

Neben dem Bankausschuss vermag eine ständige Delegation der Banken als zweites Konsultationsorgan ohne Zweifel wertvolle Dienste zu leisten (Art. 160, Abs. 2). Sie ist geeignet, die Zusammenarbeit zwischen der Nationalbank und den Banken noch fruchtbarer zu gestalten. Die Bestimmung, wonach die verschiedenen Bankengruppen nach Massgabe ihrer Bilanzsumme in der Kommission vertreten sein sollen, gibt auch hier Gewähr für eine repräsentative Zusammensetzung. Indem die Stellungnahme dieser Kommission dem Bankausschuss vorgelegt werden muss, wird dafür gesorgt, dass sie voll gewürdigt wird.

Das Direktorium der Nationalbank nimmt überdies in Aussicht, vor wichtigeren geldpolitischen Entscheidungen massgebende Vertreter der Wirtschaftswissenschaft zu konsultieren.

Um den Banken und der Wirtschaft gegenüber zu dokumentieren, dass die Notenbankleitung nicht etwa die Absicht hat, sich leichthin über allfällige Bedenken der Konsultativgremien hinwegzusetzen, soll im Gesetz verankert werden, dass für eine von der Haltung des Bankausschusses abweichende Stellungnahme des Direktoriums die einstimmige Beschlussfassung erforderlich ist. Das in der Geschäftsordnung des Direktoriums vorgeschriebene Verfahren für die Festsetzung des Diskontsatze soll somit für die Mindestguthaben und die Kreditbegrenzung im Gesetz niedergelegt werden.

IV. Kapitel Andere Revisionspunkte A. Koordination der Konjunkturpolitik

Im Vernehmlassungsverfahren ist auf die Wünschbarkeit einer Koordination zwischen der Konjunkturpolitik des Bundes und der Notenbankpolitik, soweit sie von konjunkturpolitischer Tragweite ist, hingewiesen worden. Voraussetzung hiefür bildet die laufende gegenseitige Orientierung.

Dieser Anregung stehen wir positiv gegenüber ; sie deckt sich zudem mit der bisherigen Praxis. Die Nationalbank hat bisher vor der Entscheidung wichtiger Fragen auf dem Gebiet der Währungs- und Kreditpolitik mit dem Bundesrat oder seinen zuständigen Departementen Fühlung genommen. Daran soll auch in Zukunft festgehalten werden.

Über die gegenseitige Orientierung hinaus ist anzustreben, dass die staatliche Wirtschaftspolitik, insbesondere die Fiskalpolitik, und die Notenbankpolitik aufeinander abgestimmt werden. Der Bundesrat schlägt daher vor, in Artikel 2 des Nationalbankgesetzes, nach der Umschreibung der Hauptaufgabe der Natio-

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nalbank, eine Bestimmung aufzunehmen, wonach sich Bundesrat und Nationalbank vor Entscheidungen von wesentlicher jkonjunkturpolitischer Bedeutung über ihre Absichten unterrichten und für eine gegenseitige Abstimmung ihrer Massnahmen sorgen.

| B. Ermächtigung der Nationalbank zum Abschluss von Devisentermingeschäften

Nach der geltenden Fassung von Artikel 14, Ziffer 3 des Nationalbankgesetzes ist die Nationalbank befugt, Wechsel und Checks auf das Ausland sowie Schuldverschreibungen ausländischer Staaten mit einer Verfallzeit bis zu drei Monaten zu kaufen und zu verkaufen, während sie ausländische Valuten in Form von Buchguthaben nur erwerben darf, wenn sie auf Sicht zahlbar sind. Diese Regelung hat sich als zu eng erwiesen und vermag den Bedürfnissen der heutigen Zeit nicht mehr zu genügen. Um über eine ausreichende Aktionsfreiheit im Devisenverkehr und namentlich auch auf dem Gebiete der währungspolitischen Zusammenarbeit mit anderen Notenbanken zu verfügen, muss die Nationalbank in der Lage sein, Guthaben in ausländischer Währung nicht nur auf Sicht, sondern auch auf Termin kaufen und verkaufen zu können. Dabei soll freilich die Laufzeit solcher Termingeschäfte mit Rücksicht auf das Erfordernis der Liquidität drei Monate nicht übersteigen. In Artikel 14, Ziffer 3 des Revisionsentwurfes wird dementsprechend die Nationalbank ermächtigt, Guthaben auf das Ausland mit einer Verfallzeit von höchstens drei Monaten zu kaufen und zu verkaufen.

C. Deckungsvorschriften

Das geltende Nationalbankgesetz anerkennt alle in Artikel 14, Ziffer 2 aufgeführten Offenmarktpapiere als deckungsfähig, soweit ihre Verfallzeit zwei Jahre nicht übersteigt. Da der Revisionsentwurf vorsieht, den Kreis der Offenmarktpapiere durch Aufnahme der «marktgängigen Schuldverschreibungen anderer schweizerischer Banken» zu erweitern, erscheint es angezeigt, die Aufzählung der deckungsfähigen Papiere in Artikel 19, Absatz l entsprechend zu ergänzen, um die Übereinstimmung mit Artikel 14, Absatz 2 wieder herzustellen.

Bei dieser Gelegenheit empfiehlt es sich, gleichzeitig noch zwei redaktionelle Versehen des bisherigen Gesetzestextes zu beheben.

a. In der Klammer der fünften Zeile von Artikel 19, Absatz l sollte es heissen «Artikel 14, Ziffer l und 3» statt «Artikel 14, Ziffer l bis 3».

b. Am Schluss von Artikel 19, Absatz l sollte durch eine Ergänzung von Buchstabe a deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass auch die Forderungen aus der Belehnung von Wechseln deckungsfähig sind, was von jeher die Meinung war, aber bei der Redaktion des Gesetzes von 1953 nicht ausdrücklich erwähnt wurde.

Nach Artikel 19, Absatz 2 des geltenden Gesetzes ist die vorgeschriebene Mindestgolddeckung im Inland aufzubewahren. Eine starre Anwendung dieser

300

Regel kann die Nationalbank unter Umständen zwingen, Gold in einem Zeitpunkt aus dem Ausland heimzuschaffen, in welchem eine Aufbewahrung im Ausland vom Standpunkt der Sicherheit aus vorzuziehen wäre oder die Heimschaffung mit unverhältnismässig grossen Umtrieben und Kosten verbunden ist.

Damit solchen besonderen Verhältnissen künftig Rechnung getragen werden kann, erachten wir es als zweckmässig, Artikel 19 des Nationalbankgesetzes durch einen Zusatz zu ergänzen, der den Bundesrat ermächtigt, die Nationalbank soweit nötig von der Pflicht zur Aufbewahrung der Mindestgolddeckung im Inland zu entbinden, wenn triftige Gründe es rechtfertigen.

D. Einlösung zurückgerufener Banknoten nach Ablauf der Umtauschfrist

Zurückgerufene Banknoten sind nach Artikel 24, Absatz 3 des geltenden Gesetzes von der Nationalbank noch während zwanzig Jahren, von der ersten Bekanntmachung des Rückrufes an gerechnet, zum Nennwert umzutauschen.

Wiewohl diese Frist reichlich bemessen ist, gibt es gelegentlich Fälle, in denen die Ablehnung eines nachträglichen Umtausches eine Härte bedeutet, weil es dem Inhaber nicht möglich war, die Noten rechtzeitig vorzulegen. Der Revisionsentwurf sieht deshalb vor, dass zurückgerufene Noten in derartigen Fällen auch nach Ablauf der zwanzigjährigen Frist noch zum Umtausch eingereicht werden können, sofern der Einreicher glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden an der fristgerechten Vorlegung verhindert war. Um der Bank die nötigen Mittel für den nachträglichen Umtausch der Noten zur Verfügung zu stellen, ist Artikel 24, Absatz 4 des Nationalbankgesetzes entsprechend anzupassen. Nach bisheriger Regelung hatte die Nationalbank den Gegenwert der nicht rechtzeitig zum Umtausch vorgelegten Noten in vollem Umfange dem Schweizerischen Fonds für nicht versicherbare Elementarschäden zuzuweisen. Künftig ist von diesem Betrag eine Rückstellung von 5 Prozent in Abzug zu bringen, die der Bank für den nachträglichen Umtausch zurückgerufener Noten zur Verfügung steht.

E. Steuerbefreiung der Nationalbank

Nach Artikel 12 des Nationalbankgesetzes ist die Bank von den kantonalen Steuern befreit, nicht aber von den Steuern des Bundes. Die vorgesehene Erweiterung der Offenmarktpolitik und namentlich auch die Ausgabe eigener verzinslicher Schuldverschreibungen werden die finanzielle Leistungskraft der Nationalbank möglicherweise in erhöhtem Masse beanspruchen. Es drängt sich deshalb eine fiskalische Entlastung der Bank auf, damit sie die bisher für Steuerzahlungen benötigten Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben einsetzen kann. Auch lässt die wachsende Bedeutung dei internationalen währungspolitischen Zusammenarbeit eine weitere Stärkung der Bank geboten erscheinen. Der vorliegende Entwurf sieht daher vor, die Steuerbefreiung der Bank auf die direkten Steuern des Bundes sowie auf die Stempelabgaben für notenbankeigene Schuldverschreibungen zu erstrecken, soweit diese zu währungspolitischen Zwecken ausgegeben und in die Form wechselähnlicher Papiere gekleidet werden.

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F. Sitzungen des Bankausschusses Artikel 48, Absatz 3 des geltenden Gesetzes bestimmt, dass der Bankausschuss wenigstens einmal im Monat zusammenzutreten hat. Diese Vorschrift gestattet es nicht immer, den Bedürfnissen der Praxis in genügendem Masse Rechnung zu tragen. So kann es z.B. im Hinblick auf die zu behandelnden Geschäfte zweckmässig erscheinen, eine auf Ende des Monats angesetzte Sitzung des Bankausschusses auf den Beginn des nächsten Monates zu verschieben. Es empfiehlt sich daher, die genannte Vorschrift durch den Zusatz «in der Regel» etwas flexibler zu gestalten.

V. Kapitel Die Verfassungsgrundlage A. Grundlage der materiellen Bestimmungen Der Gesetzesentwurf stützt sich auf die Artikel Sinter un(j 39^ f ur die straf_ bestimmungen ferner auf Artikel 64Ws der Bundesverfassung.

Nach Artikel Blatter der Bundesverfassung ist der Bund befugt, über das Bankwesen Bestimmungen aufzustellen. Nach Artikel 39 der Bundesverfassung sodann hat die mit dem Notenmonopol ausgestattete Bank die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln, den Zahlungsverkehr zu erleichtern und im Rahmen der Bundesgesetzgebung eine dem Gesamtinteresse des Landes dienende Kredit- und Währungspolitik zu führen; die Bundesgesetzgebung hat das Nähere über die Ausführung dieses Artikels zu bestimmen.

Die vorgeschlagenen Bestimmungen über Mindestguthaben, Kreditbegrenzung und Überwachung der Emissionstätigkeit betreffen das Bankwesen und sollen die Nationalbank in die Lage versetzen, ihre verfassungsmässige Hauptaufgabe unter den heutigen Verhältnissen besser zu erfüllen. Die Vorlage ist also jedenfalls durch den Wortlaut der genannten Verfassungsbestimmungen gedeckt.

Es fragt sich indessen, ob sie auch mit dem in Artikel 31 der Bundesverfassung niedergelegten Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbar sei, bzw.

ob die Artikel 31auater und 39 der Bundesverfassung allenfalls erlauben, von diesem Grundsatz abzuweichen.

Diese Frage ist unter Beizug unabhängiger, anerkannter Experten von der Nationalbank und in der Folge auch vom Bundesrat selbst eingehend geprüft worden, wobei auch die im Vernehmlassungsverfahren von verschiedenen Seiten geäusserten Bedenken sorgfältig erwogen wurden. Der Bundesrat bejaht die Verfassungsmässigkeit des Entwurfes aus den folgenden Überlegungen : l. Vor der Revision der
Wirtschaftsartikel fand das noch heute geltende Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 seine verfassungsmässige Grundlage in Artikel 34ter der Bundesverfassung, der den Bund zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Gewerbewesens ermächtigte. Bei dieser Bestimmung war kontrovers, ob der Bund an die Handels- und Gewerbefreiheit gebunden sei. Bei der Revision der Wirtschaftsartikel sollte nicht zuletzt diese Unklarheit beseitigt werden. Der alte Artikel 34ter der Bundesverfassung wurde Bundesblatt. 120. Jahrg. Bd. U

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deshalb aufgehoben und durch Artikel 31bls Absatz 2 ersetzt. Dieser bestimmt nun ausdrücklich, dass der Bund bei der Gesetzgebung über die Ausübung von Handel und Gewerbe an den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit gebunden sei. Für die Gesetzgebung über das Batikwesen wurde nun eine besondere Verfassungsgrundlage als notwendig erachtet wegen der der Nationalbank zustehenden Befugnis, den Kapitalexport im Interesse des schweizerischen Geld- und Kapitalmarktes zu beschränken. Aus diesem Grunde ist Artikel 31«u>»ter m ,jje Verfassung aufgenommen worden. Der Bund sollte befugt sein, die Banken gleich wie die Versicherungsgesellschaften zu beaufsichtigen und sie den im Landesinteresse liegenden Beschränkungen zu unterwerfen, nicht aber etwa sie zu verstaatlichen oder die Krediterteilung im Interesse einzelner Kreditnehmer zu lenken oder das Geschäftsrisiko zu übernehmen. Grundsätzlich sollte das Bankgewerbe also unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit bleiben. Anträge, die darauf abzielten, dem Artikel Sl«TM1'61 der Bundesverfassung einen Zusatz beizufügen, der erlaubt hätte, bei der Gesetzgebung über die Banken ganz allgemein von der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen, sind bei der parlamentarischen Behandlung ausdrücklich verworfen worden. Gleichzeitig ist aber auch vorn Bundesrat und von der vorberatenden Kommission erklärt worden, es bedürfe eines solchen Zusatzes nicht, um Vorschriften zu erlassen, wie sie die Bankengesetzgebung oder bezüglich der Versicherungsgesellschaften die Gesetzgebung über die Versicherungsaufsicht vorsah. In der vorgeschlagenen Fassung erlaube der Artikel 31«uater all die Massnahmen zu ergreifen, die zum Schütze der Wirtschaft gegen drohende Gefahren nötig seien.

2. Dieser kurze Blick auf die Entstehungsgeschichte zeigt, dass die Bundesaufsicht über die Banken, wie sie Artikel 31quater ermöglichen sollte, nie rein gewerbepolizeilich im herkömmlichen Sinne verstanden war. Dazu hätte es dieser Bestimmung ja auch nicht bedurft; denn wie erwähnt ist der Bund schon auf Grund von Artikel 31bl3 Absatz 2 der Bundesverfassung befugt, unter Wahrung des Grundsatzes der Handels- und Gewerbefreiheit Vorschriften über die Ausübung von Handel und Gewerbe zu erlassen. Bei Artikel 3lifter stand dagegen die Aufsicht zum Schütze der Landeswährung, des Geld- und
Kapitalmarktes und der wirtschaftlichen Landesinteressen im Vordergrund. Er sollte Grundlage sein für kredit- und währungspolitische Befugnisse der Nationalbank. Es war dabei nie zweifelhaft, dass diese nötigenfalls auch die Erwerbsfreiheit der Banken einschränken könnten. Schon das Bankengesetz verpflichtet ja die Banken nicht nur, ihre Jahresrechnungen der Nationalbank einzureichen und ihr auf Verlangen weitere Auskünfte zu erteilen, sondern auch für Kapitalexporte die Bewilligung der Nationalbank einzuholen und ihr beabsichtigte Zinssatzerhöhungen für Kassenobligationen zur Prüfung zu unterbreiten.

Zwischen den Artikeln 3laua'er und 39 der Bundesverfassung besteht somit sachlich ein enger Zusammenhang. Der Artikel 39 weist der Nationalbank die Aufgabe zu, den Geldumlauf des Landes zu regeln, den Zahlungsverkehr zu erleichtern und im Rahmen der Bundesgesetzgebung eine dem Gesamtinteresse des Landes dienende Kredit- und Währungspolitik zuführen. Artikel siauater dagegen ist als Grundlage für die Verpflichtungen geschaffen worden, welche der pri-

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vaten Bankentätigkeit auferlegt werden müssen, soll die Nationalbank ihre Aufgabe voll erfüllen können.

Für die Auslegung ergibt sich damit, dass Artikel 31 iuttter der Bundesverfassung nicht beliebige Abweichungen von der Handels- und Gewerbefreiheit zulässt. Diese Bestimmung ist keine Grundlage für eine Verstaatlichung des Bankwesens oder auch nur für die Einführung einer Bedürfnisklausel. Sie gestattet auch keine Bevorzugung oder Zurücksetzung einzelner Kreditarten. Unter Wahrung dieser Prinzipien aber erlaubt sie, die zum Schütze der Währung und des Geld- und Kapitalmarktes erforderlichen währungspolitischen Bestimmungen aufzustellen.

3. Die vorgeschlagenen Massnahmen (Mindestreserven, Kreditbegrenzung und Überwachung der Emissionstätigkeit) bleiben in diesem Rahmen. Sie erlauben zwar, die Geldschöpfung seitens der Banken zu begrenzen und den Kapitalmarkt funktionsfähig zu erhalten. Aber das Bankgewerbe bleibt frei zugänglich und dem Leistungswettbewerb unterstellt. Innerhalb des gesteckten Rahmens bleiben die Banken in der Ausübung ihres Gewerbes frei; die Kreditgewährung wird flicht zugunsten bestimmter Kreditnehmer gelenkt. Die Banken werden in ihrer Wirtschaftsfreiheit vielmehr nur dort beschränkt, wo sie den Geldumlauf beeinflussen und damit die Stabilität der Währung gefährden können, wo sie also durch ihre Tätigkeit mit der verfassungsmässigen Hauptaufgabe der Nationalbank in Konflikt geraten können. Die Beschränkungen gehen nicht weiter als nötig ist, um der Nationalbank zu ermöglichen, den Geldumlauf des Landes zu regehi und eine dem Gesamtinteresse dienende Kredit- und Währungspolitik zu führen.

Damit erweisen sich auch die Bedenken als unbegründet, die Vorlage sei verfassungswidrig, weil sie in die Handels- und Gewerbefreiheit der Banken eingreife. Zwar lässt Artikel 3lauater nicht beliebige Beschränkungen der Erwerbsfreiheit der Banken zu, doch erlaubt er - wie wir gezeigt haben - gerade dort einzugreifen, wo eine dem wirtschaftlichen Gesamtinteresse dienende Kredit- und Währungspolitik dies erfordert.

4. Im Vernehmlassungsverfahren ist teilweise die Auffassung vertreten worden, Grundlage für die Vorlage könne nur Artikel 39, nicht aber Artikel 3 l
Aus den dargelegten Gründen halten wir dafür, die beiden Artikel zusammen bildeten die Grundlage. Der
Artikel 39, indem er die Aufgaben der Nationalbank umschreibe und der Artikel 31 <>uater, weil er geschaffen worden sei, um den Banken die zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlichen währungspolitischen Verpflichtungen aufzuerlegen. Die Frage ist indessen zweitrangig und braucht nicht weiter verfolgt zu werden. Entscheidend ist, dass die Vorlage ihre verfassungsmässige Grundlage hat.

5. Endlich ist geltend gemacht worden, die Vorlage unterscheide sich nicht wesentlich vom seinerzeitigen Bundesbeschluss über die Bekämpfung der Teuerung durch Massnahmen auf dem Gebiete des Geld- und Kapitalmarktes und des Kreditwesens vom 13. März 1964, für welchen der Bundesrat ausdrücklich anerkannt habe, er könne sich nicht auf die Verfassung stützen.

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Diese Argumentation übersieht die verfassungsrechtlich entscheidenden Unterschiede : Der sogenannte Kreditbeschluss betraf nicht nur die Banken, sondern auch blosse Vermögensverwalter und die Versicherungsgesellschaften. Damit überschritt er den Rahmen von Artikel Blister far Bundesverfassung. Er sah neben Massnahmen zur Einschränkung der Geldschöpfung durch die Banken auch solche zur Lenkung der Kreditgewährung zugunsten bestimmter Kreditnehmer vor, indem er Kreditprioritäten vorschrieb. Derartige Lenkungsmassnahmen zugunsten bestimmter Kreditnehmer können sich nicht auf Artikel 3 l«ua'er <}er gun.

desverfassung stützen. Endlich ermöglichte der Kreditbeschluss Vereinbarungen zwischen den Banken und der Nationalbank allgemeinverbindlich zu erklären.

Die Verfassung kennt indessen die Allgemeinverbindlicherklärung nur für Gesamtarbeitsverträge und andere gemeinsame Vorkehren von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden zur Förderung des Arbeitsfriedens (Artikel 34ter, Abs. l, Buchstabe c der Bundesverfassung). Bei der Revision der Wirtschaftsartikel wurde schliesslich entgegen einer ersten Fassung bewusst die Rechtsetzung durch Allgemeinverbindlicherklärung von Vereinbarungen auf ändern Gebieten als dem Arbeitsrecht abgelehnt. Für Massnahmen, die sich auf die Wirtschaftsartikel und damit speziell auch auf Artikel 31iuater der Bundesverfassung stützen, folgt das auch aus Artikel 32 der Bundesverfassung, der ausdrücklich das ordentliche Gesetzgebungsverfahren vorschreibt.

Die heutige Vorlage unterscheidet sich also in verfassungsrechtlicher Hinsicht wesentlich vom seinerzeitigen Kreditbeschluss und bleibt im Rahmen der geltenden Verfassung.

B. Kompetenzen der Nationalbank

Die Befugnis, gegebenenfalls Mindestguthaben einzufordern, den Kreditzuwachs zu begrenzen und die Emissionstätigkeit zu überwachen, soll dem Direktorium der Nationalbank übertragen werden. Dieses hat vor seinem Entscheid die Vernehmlassung einer ständigen Verhandlungsdelegation der Banken einzuholen und die Angelegenheit dem Bankausschuss der Nationalbank zur Begutachtung zu unterbreiten. Ferner wird vorgeschrieben, dass Bundesrat und Nationalbank Entscheidungen von wesentlicher konjunkturpolitischer Bedeutung gegenseitig aufeinander abstimmen.

Diese Ordnung ist verfassungsrechtlich zulässig und sachlich geboten. Wir haben bereits im vorangehenden Abschnitt dargelegt, dass der Bankenartikel 31 quater m erster Linie als Grundlage für die hoheitlichen Befugnisse, welche das Bankengesetz der Nationalbank einräumt, in die Verfassung aufgenommen worden ist. Bei der Beratung der Wirtschaftsartikel ist auf diese Kompetenzen der Nationalbank hingewiesen worden. Der Verfassungsgesetzgeber ging davon aus, die Handhabung der Vorschriften zum Schütze unseres Geld- und Kapitalmarktes und der Währungsordnung sei in die Hände der Nationalbank zu legen. Das nämliche ergibt sich auch aus Artikel 39 der Bundesverfassung in der Fassung vom 15. April 1951. Danach hat die Nationalbank die Hauptaufgabe, den Geldumlauf des Landes zu regeln und eine dem Gesamtinteresse dienende Kredit-und Wäh-

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rungspolitik zu führen. Die Führung der Kredit- und Währungspolitik ist dabei neu als Auf gäbe der Nationalbank in dieVerfassung aufgenommen worden,um den im Laufe der Zeit eingetretenen Wandlungen Rechnung zu tragen. In der Führung der Währungspolitik sei der Notenbank eine Aufgabe erwachsen, die das klassische Notenbankgeschäft der Diskontierung und Lombardierung an Bedeutung überrage.Die Neuformulierung bezweckte, wie der Berichterstatter im Nationalrat ausführte, die Stellung der Notenbank als selbständiges Institut festzulegen, das im Rahmen der Bundesgesetzgebung die Kredit- und Währungspolitik zu führen habe. Nach der Verfassung ist die Notenbank, auch wenn sie die äussere Form einer zentralen Aktienbank aufweist, ein mit einer öffentlichen Aufgabe betrautes staatliches Organ. Daher wird sie auch unter Mitwirkung und Aufsicht des Bundes verwaltet.

Für diese Ordnung bestehen gute Gründe. Indem die Führung der Kreditund Währungspolitik einer selbständigen, unpolitischen Anstalt übertragen ist, wird die Gefahr vermindert, dass der Staat sie seinen eigenen Bedürfnissen dienstbar macht. Die Nationalbank soll für eine gesunde Geldverfassung sorgen und die Wirtschaft vor Störungen aus dem monetären Sektor schützen. Dazu bedarf sie eines hohen Masses von Unabhängigkeit. Dazu kommt, dass die Nationalbank mit den Banken in engem Kontakt steht und so am ehesten die Entwicklung des Geldmarktes und des Kreditwesens mit Sachkenntnis zu beurteilen vermag.

Sie kann am besten ermessen, in welchem Zeitpunkt die herkömmlichen Mittel der Diskontpolitik, der Offenmarktpolitik und der Devisenpolitik nicht mehr ausreichen, so dass Mindestreserven eingefordert oder die Kreditausweitung begrenzt werden müssen.

Demgegenüber ist die Auffassung vertreten worden, es sei nicht zulässig, der Nationalbank hoheitliche Befugnisse zu übertragen. Nach Artikel 95 der Bundesverfassung sei der Bundesrat die oberste vollziehende und leitende Behörde und Artikel 103 der Bundesverfassung erlaube wohl, Geschäfte an die Departements und die ihnen unterstellten Amtsstellen zu delegieren, nicht aber an ausserhalb der Bundesorganisation stehende Gebilde.

Diese Auffassung übersieht, dass ja die Verfassung selbst die Nationalbank mit der Führung der Kredit- und Währungspolitik beauftragt hat und dass auch Artikel 3lauster a^s Grundlage
für die Übertragung hoheitlicher Befugnisse an die Nationalbank geschaffen worden ist. Die Übertragung hoheitlicher Aufgaben an besondere Institutionen, die ausserhalb des hierarchischen Verwaltungsaufbaues stehen, gilt überdies im Bunde seit langem als zulässig, selbst wenn sie nicht -, wie hier - durch die Verfassung ausdrücklich vorgesehen ist. In der Befugnis zur Gesetzgebung auf einem bestimmten Gebiet ist auch die Befugnis eingeschlossen, die dafür zuständige Behörde zu schaffen und zu organisieren. So sind denn seit Beginn dieses Jahrhunderts durch die Bundesgesetzgebung zahlreiche ausserhalb der ordentlichen Verwaltung stehende Institutionen geschaffen und mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben betraut worden. Wir erinnern hier z. B. an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, die Schweizerische Verrechnungsstelle, die Schweizerische Genossenschaft für Getreide und Futtermittel sowie die Butyra.

Das Bundesgesetz über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behör-

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demitglieder und Beamten vom 14. März 1958 enthält denn auch einen besondern Abschnitt über die Verantwortlichkeit der mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betrauten und ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehenden Organisationen und ihres Personals.

Die Übertragung hoheitlicher Funktionen an Institutionen, die ausserhalb der ordentlichen Verwaltung stehen, ist mithin zulässig und üblich. Gerade auf dem Gebiet der Währungspolitik ist zudem mehrfach betont worden, wie wichtig die Unabhängigkeit der Nationalbank sei. Wir halten aber auch die Befürchtungen für unbegründet, die vorgeschlagene Ordnung führe zu einer Verwischung der Kompetenzen und der wirtschaftspolitischen Verantwortlichkeiten zwischen dem Bundesrat und der Nationalbank. Auch wenn die Nationalbank nach dem Willen der Verfassung die Kredit- und Währungspolitik selbständig führen soll, ist das Primat der politischen Gewalt hinlänglich gesichert. Die Nationalbank wird nach Artikel 39 der Bundesverfassung unter Mitwirkung und Aufsicht des Bundes verwaltet und sie führt die Kredit- und Währungspolitik im Rahmen der Bundesgesetzgebung. Von den 40 Mitgliedern des Bankrates werden 25 vom Bundesrat gewählt, worunter der Präsident und der Vizepräsident. Der Bundesrat wählt auch die drei Mitglieder des Direktoriums. Sie können vom Bundesrat jederzeit abberufen werden. Geschäftsbericht und Jahresrechnung sowie die vom Bankrat erlassenen Réglemente bedürfen der Genehmigung des Bundesrates. Im übrigen betont der Entwurf, dass sich Bundesrat und Nationalbank vor Entscheidungen von wesentlicher konjunkturpolitischer Bedeutung über ihre Absichten zu unterrichten und für eine gegenseitige Abstimmung ihrer Massnahmen zu sorgen haben. Dem Schütze des Einzelnen endlich dient die vorgesehene Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen über die Einforderung von Mindestguthaben oder die Festsetzung der Kreditzuwachsrate.

Aus den dargelegten verfassungsrechtlichen und sachlichen Gründen halten wir dafür, richtigerweise sei das Direktorium der Nationalbank mit der Handhabung auch des neuen Instrumentariums zu betrauen.

Wir beehren uns, Ihnen auf Grund vorstehender Ausführungen den beiliegenden Gesetzesentwurf betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Schweizerische Nationalbank zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr
Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 24. Juni 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Spühler Der Bundeskanzler : Huber

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(Entwurf)

Bundesgesetz betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Schweizerische Nationalbank Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 31 an»*^ 39 und 64Ws der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 24. Juni 1968, beschliesst:

I.

Das Bundesgesetz vom 23 .Dezember 19531) über die Schweizerische Nationalbank wird wie folgt geändert :

Art. 2, Abs. 2 (neu) und 3 2

Vor Entscheidungen von wesentlicher konjunkturpolitischer Bedeutung unterrichten sich Bundesrat und Nationalbank über ihre Absichten und sorgen für eine gegenseitige Abstimmung ihrer Massnahmen.

3 Die Nationalbank besorgt die ihr vom Bunde übertragenen Aufgaben auf dem Gebiete des Kassenverkehrs, des Münzdienstes, der Verwaltung von Geldern und Wertschriften, der Anlage von Staatsgeldern, der Staatsschuldenverwaltung und der Begebung von Anleihen.

Art.12 1

Die Nationalbank ist von den direkten Steuern des Bundes befreit. Die Schuldverschreibungen, die sie nach Artikel 14, Ziffer 2bl8, in der Form wechselähnlicher Papiere ausgibt, unterliegen keiner eidgenössischen Stempelabgabe.

2 Die Nationalbank darf in den Kantonen keiner Besteuerung unterzogen werden ; vorbehalten bleiben die kantonalen und kommunalen Händänderungsgebühren sowie andere Gebühren für besondere Leistungen von Kantonen und Gemeinden.

Art. 14, Ziffer 2,2bl9 (neu) und 3 2. An- und Verkauf von Schatzanweisungen und Schuldverschreibungen des Bundes und der *) AS 1954,599.

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Bundesbahnen sowie von eidgenössischen Schuldbüchforderungen, von Schuldverschreibungen der Kantone, von Pfandbriefen der schweizerischen Pfandbriefzentralen, von Schuldverschreibungen der Kantonalbanken im Sinne des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen sowie von marktgängigen Schuldverschreibungen anderer schweizerischer Banken; 2Ws Ausgabe und Rückkauf von eigenen, verzinslichen Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von nicht mehr als zwei Jahren zur Durchführung von Operationen am offenen Markt ; 3. An- und Verkauf von Wechseln und Checks auf das Ausland mit mindestens zwei als zahlungsfähig bekannten und voneinander unabhängigen Unterschriften und mit einer Verfallzeit von höchstens drei Monaten, von leicht realisierbaren Schuldverschreibungen ausländischer Staaten mit einer Verfallzeit von höchstens drei Monaten, von Guthaben auf das Ausland mit einer Verfallzeit von höchstens drei Monaten.

jpis Mindestguthaben und Kreditbegrenzung (neu) 1. Grundsatz

Art.löa Wenn andere Mittel nicht ausreichen, um nachteiligen Auswirkungen einer übermässigen Geldvermehrung zu begegnen, kann die Nationalbank die Banken verpflichten, nach Massgabe der folgenden Bestimmungen bei ihr Mindestguthaben zu unterhalten und die Gewährung von Krediten einzuschränken.

2 Als Banken gelten die dem Bundesgesetz vom S.November 1934 über die Banken und Sparkassen unterstellten Unternehmen.

3 Die Nationalbank kann gegenüber Banken, deren Bilanzsumme 10 Millionen Franken nicht erreicht, auf die Einforderung von Mindestguthaben und die Festsetzung von Kreditzuwachsraten verzichten.

1

2. Verfahren

Art.160 Die Festsetzung von Mindestguthaben Und von Kreditzuwachsraten obliegt dem Direktorium der Schweizerischen Nationalbank.

2 Das Direktorium holt vor seinem Entscheid die Vernehmlassung einer ständigen, von der Schweizerischen Bankiervereinigung bestellten Kommission von neun Mitgliedern ein, in der die verschiedenen Bankengruppen nach Massgabe ihrer Bilanzsumme vertreten sind. Hierauf unterbreitet es die Angelegenheit mit der Vernehmlassung der Kommission dem Bankausschuss zur Begutachtung.

3 Für einen vom Gutachten des Bankausschusses abweichenden Entscheid des Direktoriums ist die einstimmige Beschlussfassung erforderlich.

1

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Art.lôc Die Nationalbank kann von den Banken periodische Meldungen über die massgebenden Passivposten der Bilanz und den Stand der inländischen Kredite verlangen. Sie setzt die Frist für die Einreichung dieser Meldungen fest.

3. Mindestguthaben

Art. 16 d Die Mindestguthaben werden auf dem Zuwachs der nachstehenden Passivposten der Bilanz berechnet, wobei folgende Prozentsätze nicht überschritten werden dürfen: - Bankenkreditoren auf Sicht und auf Zeit 40 Prozent des Zuwachses - Checkrechnungen und Kreditoren auf Sicht (ausgenommen Einzahlungen von Aktienkapital bei kantonalen Depositenstellen) 40 Prozent des Zuwachses - Kreditoren auf Zeit mit vereinbarter Laufzeit oder Kündigungsfrist von a. l bis 3 Monaten 30 Prozent des Zuwachses b. über 3 Monaten bis l Jahr 20 Prozent des Zuwachses c. über l Jahr, aber weniger als 5 Jahren 10 Prozent des Zuwachses - Spareinlagen, Depositen- und Einlagehefte . . . 5 Prozent des Zuwachses - Kassenobligationen mit einer vereinbarten Laufzeit von weniger als 5 Jahren 5 Prozent des Zuwachses 2 Die Nationalbank setzt den Stichtag fest, von dem an der Zuwachs berechnet wird. Anstelle eines Stichtages kann sie einen Durchschnitt verschiedener Stichtage als Berechnungsbasis wählen. Der früheste Stichtag darf im Zeitpunkt der Anordnung der Mindestguthaben nicht weiter zurückliegen als ein Jahr.

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Art. 16 e 1

Vom Zuwachs der Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland kommt für die Berechnung der Mindestguthaben der Betrag in Abzug, um den sich während der gleichen Zeit die Auslandanlagen der Bank in ausländischer Währung erhöht haben; den Auslandanlagen in ausländischer Währung sind Auslandanlagen in Schweizerfranken gleichgestellt, wenn sie im Ausland verwendet werden.

2 Für den nach Absatz l verbleibenden Zuwachs der Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland können die Mindestguthaben bis auf das Doppelte der in Artikel 16 d genannten Ansätze erhöht werden ; sie dürfen jedoch zusammen mit den in Abzug gebrachten Auslandanlagen 80 Prozent des Gesamtzuwachses der Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigem mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland nicht übersteigen.

310 3

Als Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland gelten auch Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz, die zum Zwecke der Umgehung der Vorschriften über die Mindestguthaben eingeschaltet werden.

4 Die Nationalbank kann Absatz l sinngemäss auch für die auf ausländische Währung lautenden Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern mit Wohnsitz oder Sitz im Inland anwendbar erklären.

Art.16/ 1

Die Nationalbank setzt innerhalb des Rahmens von Artikel 16 d und Artikel 16 e die massgebenden Sätze für die Berechnung der Mindestguthaben fest.

2 Diese Sätze sind mindestens einmal halbjährlich im Verfahren gemäss Artikel 166 zu überprüfen.

Art. 16g Die Mindestguthaben werden jeden Monat neu berechnet.

2 Die Nationalbank setzt die Frist für die Einzahlung der Mindestguthaben

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fest.

Art.lo/z Die Mindestguthaben sind bei der Nationalbank auf besonderen unverzinslichen Konten zu unterhalten.

2 Die Banken können über die Mindestguthaben nicht verfügen; die Nationalbank kann jedoch im Einzelfall Ausnahmen bewilligen, wenn besondere Verhältnisse es rechtfertigen.

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Art. 16z Die Nationalbank erhebt von Banken, deren Mindestguthaben den vorgeschriebenen Stand nicht erreichen, für den fehlenden Betrag einen Sonderzins von 3 Prozent über dem jeweiligen Lombardsatz.

2 Gegen den Entscheid der Nationalbank ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss dem Fünften Titel des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege zulässig.

3 Rechtskräftige Entscheide der Nationalbank stehen vollstreckbaren Gerichtsurteilen im Sinne von Artikel 80 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs gleich.

1

4. Kreditbegrenzung

ArUofc Lässt sich einer übermässigen Kreditausweitung mit Mindestguthaben und anderen Mitteln nicht begegnen, so kann die Nationalbank den Gesamtzuwachs der Banken an inländischen Krediten begrenzen.

1

311 2

Die Nationalbank kann von dieser Befugnis Gebrauch machen, wenn sich das angestrebte Ziel nicht durch eine Vereinbarung mit den Banken erreichen lässt.

3 Der zulässige Rreditzuwachs darf nicht niedriger sein als der prozentuale Anstieg des realen Sozialproduktes im vergangenen Jahr.

* Die Kreditbegrenzung darf nur für eine beschränkte Zeitdauer von jeweils höchstens zwei Jahren angeordnet werden.

5 Mindestens halbjährlich sind die Kreditzuwachsraten gemäss dem in Artikel 166 festgelegten Verfahren zu überprüfen.

Art. 16 / Banken, die die Kreditzuwaclisraten überschreiten, haben den Betrag der Überschreitung bei der Nationalbank auf ein Sonderkonto einzuzahlen, das bis zum Ausgleich der Kreditüberschreitung, mindestens während drei Monaten, gebunden bleibt.

2 Die Nationalbank kann, wo besondere Verhältnisse es rechtfertigen, auf die Einzahlung verzichten.

3 Artikel 16 i ist sinngemäss anwendbar.

1

Ijter Überwachung der Emissionstätigkeit (neu)

Art. 16 m Wird der Kapitalmarkt übermässig beansprucht und können sich die für das Emissionsgeschäft massgebenden Organisationen der Banken über eine den Umständen entsprechende Beschränkung der öffentlichen Emission von Anleihen nicht verständigen, so kann die Nationalbank den zulässigen Gesamtbetrag für die in einem bestimmten Zeitraum öffentlich aufzulegenden Anleihen festsetzen.

Art. 19 1

Der Gegenwert der im Umlauf befindlichen Noten soll vorhanden sein : in Goldmünzen und Goldbarren; in Wechseln und Checks auf die Schweiz und das Ausland mit einer Verfallzeit von höchstens drei Monaten sowie in Sichtguthaben auf das Ausland (Art. 14, Ziffer l und 3); in Schatzanweisungen und Schuldverschreibungen des Bundes und der Bundesbahnen, eidgenössischen Schuldbuchforderungen, Schuldverschreibungen der Kantone, Pfandbriefen der schweizerischen Pfandbriefzentralen, Schuldverschreibungen der Kantonalbanken im Sinne des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen sowie in marktgängigen Schuldverschreibungen anderer schweizerischer Banken mit einer Verfallzeit von höchstens zwei Jahren ; in Forderungen in laufender Rechnung aus Belehnung : a. von Wechseln, Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen gemäss den Vorschriften des Artikels 14, Ziffer 4;

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b. von Gold (Art. 14, Ziffer 4).

2 Die Golddeckung muss wenigstens 40 Prozent der im Umlauf befindlichen Noten betragen.

s Die Mindestgolddeckung ist im Inland aufzubewahren; wenn triftige Gründe es rechtfertigen, kann der Bundesrat hievon vorübergehend Ausnahmen bewilligen.

Art. 24, Abs. 3 und 4 3 Die Nationalbank ist während zwanzig Jahren, von der ersten Bekanntmachung des Rückrufes an gerechnet, verpflichtet, die zurückgerufenen Noten zum Nennwert umzutauschen. Macht der Einreicher glaubhaft, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, die Noten innerhalb dieser Frist vorzuweisen, so tauscht die Nationalbank die Noten auch spater noch um,,sofern sie ihr innert zwei Jahren nach Wegfall des Hindernisses eingereicht werden.

1 Der Gegenwert der innert der Frist von zwanzig Jahren nicht zum Umtausch vorgewiesenen Noten fällt nach Abzug einer Rückstellung von 5 Prozent, die der Nationalbank zum Umtausch nachträglich eingereichter Noten verbleibt, an den Schweizerischen Fonds für Hilfe bei nicht versicherbaren Elementarschäden.

Art. 48, Abs. 3 3

Der Bankausschuss tritt nach Bedarf, in der Regel einmal im Monat zusammen. Zu gültigen Verhandlungen ist die Anwesenheit der Mehrheit der Mitglieder erforderlich. Bei Gleichheit der Stimmen zählt diejenige des Vorsitzenden doppelt.

Art. 49, Abs. l 1 Dem Bankausschuss liegt die Vorberatung aller vom Bankrat zu behandelnden Geschäfte ob. Er wirkt begutachtend mit bei der Festsetzung der Mindestguthaben und der Kreditzuwachsraten sowie des offiziellen Diskontsatzes und des Zinsfusses für Darlehen.

Art. 52, Abs. l Das Direktorium ist die oberste geschäftsleitende und ausführende Behörde. Ihm liegen, unter Vorbehalt der Bestimmungen der Artikel 43 und 49, gemäss den Reglementen alle Vorrichtungen zur Verwirklichung der Aufgaben und Zwecke der Nationalbank, insbesondere die Festsetzung von Mindestguthaben und Kreditzuwachsraten gemäss Artikel 16 b, ob ; ferner setzt es, nach Einholung des Gutachtens des Bankausschusses und der Vernehmlassungen der Direktionen der hauptsächlichsten Zweiganstalten, den offiziellen Diskontsatz und den Zinsfuss für Darlehen fest.

1

Art. 63, Ziffer 2, Buchstabe cbls (neu) 2. Vom Bundesrat : c bis durch vorübergehende Befreiung der Nationalbank von der Verpflichtung zur Aufbewahrung der Mindestgolddeckung im Inland (Art. 19, Abs. 3) ;

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Art. 65 a (neu) Wer der Nationalbank in den Meldungen nach Artikel 16 c oder in ergänzenden Auskünften unwahre Angaben macht oder erhebliche Tatsachen verschweigt oder dabei unwahre Belege über erhebliche Tatsachen vorlegt, wird, wenn er vorsätzlich handelt, mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bis zu 50 000 Franken bestraft ; handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 30000 Franken.

2 Wer vorsätzlich oder fahrlässig die von der Nationalbank nach Art. 16 c verlangten Meldungen nicht einreicht, wird mit Busse bis zu 5000 Franken bestraft.

3 Wird die Widerhandlung im Geschäftsbetrieb von einer juristischen Person, einer Kollektiv- oder einer Kommanditgesellschaft oder einer Einzelfirma begangen, so finden die Straf bestimmungen auf diejenigen Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen. Fällt nicht mehr als 2000 Franken in Betracht, so wird die juristische Person, die Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder die Einzelfirma als solche bestraft und von einer Verfolgung der nach dem ersten Satz strafbaren Person Umgang genommen.

4 Verfolgung und Beurteilung der Übertretungen obliegen nach Massgabe des Fünften Teils des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über die Bundesstrafrechtspflege (Art. 321 ff.) dem Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement.

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Art. 69, Abs. l bls (neu) l Ws Das Bundesgericht beurteilt als Verwaltungsgericht Beschwerden gegen Entscheide der Nationalbank über die Einforderung von Sonderzinsen gemäss Artikel 16 i und Zahlungen gemäss Artikel 16 /.

II.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

0260

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Revision des Nationalbankgesetzes (Vom 24. Juni 1968) Einleitung

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1968

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06.09.1968

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