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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Bewilligung eines Objektkredites für den Erwerb des Gebäudes der Galeries du Commerce SA in Lausanne (Vom 16. Dezember 1968)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Bewilligung eines Objektkredites für den Erwerb des Gebäudes der Galeries du Commerce SA in Lausanne vorzulegen. Mit Rücksicht auf die von der Verkäuferschaft verlangten Termine für die Kaufpreiszahlung wird Ihnen dieses Objektkreditbegehren ausserhalb der ordentlichen Sammelbotschaften unterbreitet.

Durch Vertrag vom 8./19. April 1907 hat die Schweizerische Eidgenossenschaft, vertreten durch das Eidgenössische Departement des Innern, ein ihr gehörendes, südlich des Hôtel des Postes im Zentrum von Lausanne gelegenes Grundstück von rund 3700 m 2 an die in Gründung begriffene Galeries du Commerce SA «vermietet » mit dem Recht, darauf ein Gebäude zu errichten. Als Gegenleistung der Gesellschaft wurde ein jährlicher « Mietzins» von 6500 Franken vereinbart.

Der Vertrag wurde mit Zustimmung der Eidgenossenschaft am 11 ./2A. April 1908 auf die Galeries du Commerce SA übertragen, wobei ihn der Gesamtbundesrat ausdrücklich genehmigte. Im Sommer 1909 wurde das inzwischen errichtete Gebäude auf Begehren beider Vertragsparteien als Eigentum der AG anerkannt und die Vereinbarung in den «Registres des droits réels» von Lausanne eingetragen.

Der Vertrag wurde für eine Dauer von 50 Jahren abgeschlossen. Der Bund sollte aber erstmals nach 25 Jahren und von diesem Zeitpunkt an alle 5 Jahre das Recht haben, das Gebäude unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist zu kaufen. Dieses Recht sollte ihm auch nach Ablauf der Vertragsdauer zustehen.

Die Parteien einigten sich nach Vertragsabschluss brieflich über die Auslegung die-

1188 ser Abmachung in dem Sinne, dass der Bund nur zwischen den zwei Möglichkeiten sollte wählen können, entweder das Gebäude zurückzukaufen oder aber den Vertrag um weitere 5 Jahre zu verlängern. Für den Fall des Rückkaufs wurde vereinbart, dass der vom Bund zu bezahlende Preis zu ermitteln sei durch Kapitalisierung des gesamten jährlichen Zinsertrages im Durchschnitt der letzten vier Jahre (vor dem Kauf) zu einem Satz von 4 Prozent abzüglich einer jährlichen Abschreibungsquote von 0,75 Prozent der ursprünglichen Baukosten.

Die für dieses Geschäft verantwortlichen Organe des Bundes waren sich damals nicht bewusst, wie unvorteilhaft sich dieser Vertrag für den Baurechtgeber, d. h. für die Eidgenossenschaft auswirken würde. Während der Baurechtszins von 6500 Franken immer gleichblieb, nahm der Rückkaufswert ständig zu; denn die für die Berechnung massgebenden Mietzinse beruhen nicht nur auf dem Gebäudewert, sondern noch in vermehrtem Masse auf dem stets steigenden Bodenwert.

Anfangs der Dreissigerjahre gab sich die Generaldirektion PTT Rechenschaft, welch ungünstige Folgen die Vertragsbestimmung über den Rückkauf hatte. Sie versuchte deshalb, auf dem Prozessweg eine Korrektur herbeizuführen.

Die Klage beim Bundesgericht wurde jedoch später auf Weisung des Departementschefs zurückgezogen, da sich im Verlaufe des Verfahrens gezeigt hatte, dass mit einer Abweisung gerechnet werden musste. Ende der Vierzigerjahre leiteten die PTT ein Enteignungsverfahren gegen die Galeries du Commerce SA ein.

Nachdem das Bundesgericht in letzter Instanz entschieden hatte, dass die PTT ausser dem Zustandswert des Gebäudes als Entschädigung für weitere Nachteile noch die gesamte Differenz zwischen diesem Wert und dem Rückkaufswert im Sinne der erwähnten Vertragsklausel zu vergüten hätten, verzichtete die Generaldirektion PTT auf den Vollzug der Enteignung. Sie glaubte, es sei unter diesen Umständen vorteilhafter, von der Benützung des Gebäudes zu PTT-Zwecken endgültig abzusehen, denn ein Kaufantrag an die eidgenössischen Räte schien nicht verantwortbar.

II

Nach der Erstellung des Postgebäudes Lausanne-Gare konnten die Lokale des Postcheckamtes im Galeries-Gebäude gekündigt werden. Es war vorgesehen, nach dem Bezug des Telephonverwaltungsgebäudes, das in den nächsten Jahren erstellt werden soll, ebenfalls die von der Kreistelephondirektion gemieteten Räume zu kündigen. Wegen der überdurchschnittlichen Zunahme des Telephonverkehrs im Bereich der Netzgruppe Lausanne - wir verweisen auf unsere Ausführungen in der Botschaft vom 16. September 1968 (BEI 1968, II, 459) zum Fernmeldegebäude Lausanne-Préville - mussten die Telephonbetriebsanlagen im PTT-Gebäude St-François in den letzten Jahren ständig erweitert werden. Die Kreistelephondirektion Lausanne war deshalb gezwungen, nicht nur die bisherigen Checkamtslokale, sondern auch noch weitere Büros im Galeries-Gebäude /u mieten. Heute ist fast die gesamte Kreistelephondirektion mit Ausnahme des

1189 Bau- und Materialdienstes dort untergebracht. Sie wird dort bis zum Bezug des geplanten Verwaltungsgebäudes, d.h. voraussichtlich noch 6 bis 7 Jahre, verbleiben.

Eingehende Untersuchungen und Berechnungen über den künftigen Telephonverkehr der Netzgruppe Lausanne haben ergeben, dass nach der Inbetriebnahme des Fernbetriebszentrums Préville, das lediglich für den Fernverkehr eine grosse Ausbaureserve aufweisen wird, später auch die Anlagen in St-François ergänzt werden müssen, da dort wichtige Dienste mit umfangreichen Betriebsausrüstungen verbleiben werden (Betriebsdienst, Netzgruppenhauptamt, Störungsdienst, Telegraph, Verstärkeramt). Auf längere Sicht werden die durch die Verlegung von Ämtern und Diensten nach Préville frei werdenden Räume nicht mehr genügen, um diese Einrichtungen entsprechend dem Verkehrszuwachs zu erweitern. Auch für den Ersatz der veralteten Anlagen wird in einigen Jahren der erforderliche Platz nicht mehr vorhanden sein. Langfristig muss deshalb eine geeignete Liegenschaft zur Erstellung eines weitern Fernmeldegebäudes sichergestellt werden. Aus kabel- und übertragungstechnischen Gründen eignet sich dafür der Standort des heutigen Galeries-Gebäudes am besten, denn jede andere Lösung hätte äusserst kostspielige Anpassungen der Kabelanlagen zur Folge.

III

Die Generaldirektion PTT hat aus diesen Gründen bereits 1966 beschlossen, mit den Eigentümern der Galeries du Commerce Verhandlungen über den Kauf des Gebäudes aufzunehmen. Um vorerst alle rechtlichen und eventuell prozessualen Möglichkeiten abzuklären, wurde Prof. H. Merz, Muri BE, beauftragt, über die Frage einer auf älligen Revision des Miet- bzw. Baurechtsvertrages von 1907 ein Rechtsgutachten zu erstatten. Der Gutachter kam zum Schluss, die umstrittene Vertragsbestimmung bewirke ein derart krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung der Vertragspartner, dass dies nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausreichen würde, um einen Eingriff in den Vertrag zu rechtfertigen.

Gestützt auf das Gutachten wurden alsdann direkte Verhandlungen mit den Beauftragten der beiden Hauptaktionäre geführt. Um eine objektive Grundlage für die weiteren Preisdiskussionen zu besitzen, wurde auf Antrag beider Parteien das Galeries-Gebäude durch einen neutralen Experten geschätzt, der einen Zustandswert von 4231000 Franken ermittelte.

Nicht zuletzt unter dem Eindruck des Gutachtens Merz erklärten sich die Verkäufer schliesslich bereit, das Gebäude zum Preise von 5 Millionen Franken zu verkaufen, sofern diese Summe spätestens Ende März 1969 ausbezahlt wird. Die Handänderung müsste in der Form der Abtretung von Aktien erfolgen.

Bei der Beurteilung dieser Offerte muss berücksichtigt werden, dass die Galeries du Commerce SA Anspruch hat nicht bloss auf den Zustandswert des Gebäudes, sondern auch auf eine angemessene Entschädigung für den Verzicht auf ihre vertraglichen Rechte, die ihr als Folge der immer weitergehenden Mietpreis-

1190 Steigerungen und der sich daraus ergebenden Kaufsumme immer grössere Vorteile versprechen. Auf Grund des Mieterträgnisses pro 1967 von rund 309400 Franken ergäbe sich bereits eine Kauf summe von über 7 Millionen Franken, die sich bei weiterem Ansteigen der Mieterträgnisse noch beträchtlich erhöhen würde.

Demgegenüber sind die Chancen eines Prozesses abzuwägen. Auch wenn das Gericht im Sinne des Gutachtens Merz die Vertragsbestimmung korrigieren würde, ist es doch äusserst fraglich, dass der Entscheid wesentlich unter der gütlichen Offerte von 5 Millionen Franken liegen würde. In Würdigung dieser Umstände scheint es uns vertretbar, das Galeries-Gebäude zu diesem Preis zu kaufen.

Von den 1600 Aktien konnten die PTT 22 freihändig erwerben, so dass der Objektkredit einschliesslich Nebenkosten 4980000 Franken beträgt.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen, den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss zu genehmigen.

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage ergibt sich aus der Zuständigkeit der Bundesversammlung gemäss Artikel 13, Buchstabe / des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1960 (AS 1961, 17) über die Organisation der Post-, Telephon- und Telegraphenbetriebe, das sich seinerseits auf Artikel 36 der Bundesverfassung stützt.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 16. Dezember 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident: Spühler Der Bundeskanzler: Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über die Bewilligung eines Objektkredites für den Erwerb des Gebäudes der Galeries du Commerce SA in Lausanne Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 16. Dezember 1968, beschliesst:

Art. l Für den Erwerb des Gebäudes der Galeries du Commerce SA in Lausanne wird ein Objektkredit von 4980000 Franken bewilligt, 1 2

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Art. 2 Dieser Beschluss ist nicht allgemein verbindlich und tritt sofort in Kraft.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt.

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1968

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31.12.1968

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