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Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Engros-Möbelindustrie # S T #

(Vom 5. April 1968)

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 7 Absatz l des Bundesgesetzes vom 28. September 1956 über die Allgemeinverbmdlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen, beschliesst:

Art. l 1

Die im Anhang wiedergegebenen Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages vom 20. Januar 1967 für die schweizerische Engros-Möbelindustrie werden allgemeinverbindlich erklärt.

2 Zwingende Vorschriften des Bundes und der Kantone sowie für den Arbeitnehmer günstigere vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

Art. 2 1

Die Allgemeinverbmdlicherklärung wird für die ganze Schweiz ausgesprochen, mit Ausnahme des Kantons Freiburg.

1

Die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages finden Anwendung auf die Dienstverhältnisse zwischen Inhabern von Betrieben, die Grossmöbel, Kleinmöbel, Tische, Sitzmöbel, Polstergestelle oder Polstermöbel herstellen, mindestens acht Arbeitnehmer beschäftigen und ihre Erzeugnissein der Hauptsache an Wieder verkauf er absetzen und ihren gelernten, angelernten sowie ungelernten Arbeitnehmern, mit Ausnahme der Lehrlinge im Sinne der Bundesgesetzgebung über die Berufsbildung.

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Art. 3 Dieser Beschluss tritt am 29. April 1968 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 1970.

Bern, den 5. April 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident Spühler

Der Bundeskanzler : Huber

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Anhang

Gesamtarbeitsvertrag fiir die schweizerische Engros-Mobelindustrie abgeschlossen am 20. Januar 1967 zwischen dem Schweizerischen Engros-Mdbelfabrikantenverband, einerseits, und dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverband, dem Christlichen Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz sowie dem Schweizerischen Verband evangelicsher Arbeiter und Angestellter, anderseits

Allgemeinverbindlich erklarte Bestimmungen

i

Art. 2

2

Den vertragsschliessenden Verbanden steht im Sinne von Artikel 323ter des Obligationenrechts ein gemeinsamer Anspnlch auf Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages gegeniiber den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu....

i 2

Vertragsgemeinschaft

Art. 3

Die Paritatische Berufskommission der Schweizerischen Engros-Mobelindustrief iihrt Kontrollen liber die Einhaltung dieses Vertrages durch. Stellt sie fest, dass den Arbeitnehmern vertraglich geschuldete Leistungen nicht erbracht worden sind, so hat sie den Arbeitgeber aufzufordern, diese sofort nachzuzahlen oder nachzugewahren. Nachzahlungen an die Arbsitnehmer haben in die Kasse der Paritatischen Berufskommission zu erfolgen und werden von dieser an die Anspruchsberechtigteii weitergeleitet.

3 Die Paritatische Berufskommission ist befugt, Konventionalstrafen gemass Artikel 4 auszuf alien und sie, allenfalls auf gerichtlichem Wege, einzuziehen.

Paritatische Berufskommission

4

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Art. 4 Konventionalstrafen

1

Besteht eine Widerhandlung gegen den Vertrag in der Nichterfüllung geldlicher Leistungen, so wird dem Arbeitgeber eine Konventionalstrafe von 25 Prozent des geschuldeten Betrages auferlegt.

2 Die Paritätische Berufskommission hat die Konventionalstrafen zur Deckung der Kosten des Vertragsvollzuges zu verwenden.

Art. 9 Anstellung und Kündigung

Arbeitszeit

1

Die ersten zwei Wochen nach der Arbeitsaufnahme gelten als Probezeit, während welcher das Arbeitsverhältnis jederzeit aufgelöst werden kann.

2 Nach der Probezeit beträgt die gegenseitige Kündigungsfrist 14 Tage, auch bei überjährigem Dienstverhältnis. Die Kündigung kann nur auf einen Zahltag oder auf den letzten Arbeitstag der Woche erfolgen.

Art. 10 1

Die normale Arbeitszeit beträgt 45 Stunden pro Woche. Die Einteilung bleibt den einzelnen Betrieben überlassen; in der Regel soll eine Mittagspause von wenigstens einer Stunde eingehalten werden.

2 Das Aufräumen des Arbeitsplatzes und Versorgen des Werkzeuges erfolgt, sofern der betreffende Arbeitnehmer dies zu besorgen hat, innerhalb der Arbeitszeit.

3 Überzeit-, Nacht- und Sonntagsarbeit sowie Arbeit an gesetzlichen Feiertagen sind nur ausnahmsweise und in dringenden Fällen zulässig. Für die Abgrenzung der Tagesarbeit ist Artikel 10 des Arbeitsgesetzes vom 13. März 1964 massgebend. Ferner gelten die arbeitsgesetzlichen Vorschriften über die Einreichung von Gesuchen um Erteilung von Arbeitszeitbewilligungen.

Art. 11 Löhne

l

Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf folgende Mindeststundenlöhne (einschliesslich der Lohnerhöhung von 30 Rappen ab I.Januar 1968): Ledige Verheiratete 18-20 Jahre über 20 Jahre Franken Franken Franken a. Arbeiter: Gelernte, selbständige 5.11 Berufsarbeiter 5.07 5.18 4.82 4.88 Angelernte Arbeiter -. -- 4.58 4.64 Handlanger 4.54

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Franken b. Arbeiterinnen: Angelernte Arbeiterinnen Ungelernte Arbeiterinnen

Ledige und Verheiratete 18-20 Jahre über 20 Jahre Franken Franken

4.22 4.02

4.07

2

In den obigen Mindestlöhnen sind die folgenden, um 20 Rappen erhöhten Teuerungszulagen Inbegriffen : Fr. 2.25 für verheiratete Arbeiter ; Fr. 2.19 für ledige Arbeiter und alle Arbeiterinnen, die das 20. Altersjahr vollendet haben; Fr.2.15 für ledige Arbeiter und Arbeiterinnen von 18-20 Jahren.

3

Für jugendliche Arbeitnehmer unter 18 Jahren beträgt der Mindestlohn die Hälfte des gemäss Absatz l, Buchstabe a für Handlanger von 18 bis 20 Jahren geltenden Lohnsatzes. Der Lohn des jugendlichen Arbeitnehmers ist bis zur Erreichung der Altersgrenze von 18 Jahren im Verhältnis der vermehrten Leistung und des fortschreitenden Alters allmählich aufzubessern.

6

Als angelernter Arbeiter oder angelernte Arbeiterin gilt, wer normalerweise während zwei Jahren eine Maschine bedient oder handwerkliche Berufsarbeiten ausgeführt hat und mindestens 20 Jahre alt ist....

Art. 12 1

Schwächliche und minderleistungsfähige Arbeitnehmer fallen bezüglich der Mindestlohnansetzung ausser Betracht; sie haben dagegen Anspruch auf teuerungsbedingte Lohnerhöhungen.

Besondere Lohnverhaltnisse

2

Für Arbeitnehmer, die im Akkord beschäftigt werden, wird der festgesetzte Stundenlohn garantiert. Massgebend ist das durchschnittliche Lohnbetreffnis zweier aufeinanderfolgender Zahltagsperioden.

Art. 13 Für die Arbeitszeitverkürzungen von 48 auf 45 Stunden pro Woche ist ein Ausgleich von je 2,2 Prozent, zusammen 6,6 Prozent des Bruttolohnes und der Akkordverdienste gewährt worden. Dieser Zuschlag ist bei den Lohnerhöhungen ab l. Januar 1967 nicht mehr anzuwenden. Der frühere Ausgleich muss auf Grund der Lohnabrechnungen nachgewiesen werden können.

Lohnausgleich für die Arbeitszeitverkürzung

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Lohnzuschlage

Art. 14 Es sind folgende Lohnzuschlage zu bezahlen : f iir Uberzeitarbeit f iir Nachtarbeit f iir Sonntagsarbeit und Arbeit an gesetzlichen Feiertagen

25 Prozent 50 Prozent 100 Prozent

Art. 15 Lohnrahlung

Ferien

1

Die Lohnzahlung, welche innerhalb der festgesetzten Arbeitszeit zu erfolgen hat, findet regelmassig alle 14 Tage statt....

2 Mehr als fiinf Taglohne diirfen nicht als Standgeld zuriickbehalten werden.

Art. 16 1 Die erwachsenen Arbeitnehmer haben je nach Dienstalter Anspruch auf bezahlte Ferien.

Diese betragen nach Ablauf des 1. ]Dienstjahres 2 Wochen des 8. ]Dienstjahres 2 1/2 Wochen des 13. ]Dienstjahres oder nach Vollendung des 50. Altersjahres und 5 Dienstjahren 3 Wochen des 21. Dienstjahres oder nach Vollendung des 55. Altersjahres und 5 Dienstjahren 31/2'Wochen 2 Als Stichtagf iir dieBerechnung der Dienstjahre gilt der 30. Juni.

Im ersten Dienstjahr haben die Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlte Ferien im Ausmass eines Werktages pro Monat der Beschaftigungsdauer.

3 Bei Betriebseinschrankungen oder bei Arbeitsausfall durch Selbstverschulden von mehr als zwei Monaten besteht nur ein Prorata-Anspruch auf Ferien. Entsteht durch Krankheit oder Unfall ein Arbeitsausfall \ on mehr als 2 Monaten, so kann eine anteilmassige Kiirzung des Ferienanspruches erfolgen. Bei Auflosung des Dienstverhaltnisses hat der Arbeitnehmer einen Prorata-Anspruch vom 1. Juli an.

4 Ein Ferientag wird zu 71/2 Stunden berechnet. Fiir Arbeitnehmer, die im Akkord beschaftigt werden, ist das durchschnittliche Lohnbetrefmis der drei letzten Zahltagsperioden und bei monatlicher Lohnabrechnung der zwei letzten Monate vor dem Ferienantritt massgebend.

, 5 Eine Barentschadigung anstelle der Ferien ist nicht gestattet.

Vorbehalten bleibt die Abgeltung bei Beendigung des Dienstverhaltnisses. Wahrend der Ferien und der Freizeit diirfen keine Berufsarbeiten fur Drittpersonen ausgefiihrt werden.

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Absatz 1 ist nicht anwendbar in den Kantonen, deren Feriengesetzgebung fiir den Arbeitnehmer gleichwertig oder giinstiger ist als der vorliegende Gesamtarbeitsvertrag. Solche gesetzliche Ferienregelungen bestehen insbesondere in den Kantonen Aargau, Baselland, Basel-Stadt, Genf, Luzern, Neuenburg, Schaffhausen, Tessin Wallis, Waadt, Zug und Zurich.

Art. 17 1

Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf Entschadigung von jahrlich hochstens sechs Feiertagen, die auf einen Arbeitstag fallen.

2 Die Feiertage, fiir welche eine Entschadigung bezahlt werden soil, sind im voraus durch Verstandigung zwischen Arbeitgeber und Belegschaft festzulegen.

3 Als Feiertagsentschadigung ist der voile Lohn, der an diesen Tagen hatte verdient werden konnen, zu bezahlen, und zwar jeweils mit dem laufenden Zahltag.

Art. 18 Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf folgende Entschadigung wahrend des obligatorischen schweizerischen Militardienstes (Wiederholungs- und Erganzungskurse, einschliesslich Kadervorkurse): Verheiratete Arbeitnehmer und ledige Arbeitnehmer mit Unterstutzungspflichtigen 100 Prozent Ledige Arbeitnehmer ohne Unterstutzungspflichten 50 Prozent des Lohnes 2 Die gesetzliche Erwerbsausfallentschadigung ist in den vorstehenden Ansatzen inbegriffen.

3 Der Anspruch auf Entschadigung gemass Absatz 1 entsteht nur, wenn das Dienstverhaltnis 12 Monate gedauert hat und nach dem Militardienst in ungekiindigtem Zustand fortgesetzt wird.

4 Die vorstehende Regelung gilt nicht fiir die Dauer eines allfalligen Aktivdienstes.

1

Art. 19 Der versicherungsfahige Arbeitnehmer muss einer Krankengeldversicherung angehoren. Die Wahl der Versicherungstragers ist Sache der direkten Verstandigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

2 Die Krankengeldversicherung hat ein Taggeld von mindestens 50 Prozent des auf der Basis einer wochentlichen Arbeitszeit von mindestens 45 Stunden berechneten Bruttolohnes vorzusehen.

Die Genussrechtsdauer muss 720 Tage innerhalb von 900 aufein1

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Bezahlte Feiertage

Lohnzahlung bei Militardienst

Kiankengeldversicherung

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anderfolgenden Tagen und bei Erkrankung an Tuberkulose mindestens 1800 Tage innerhalb von 7 aufeinanderfolgenden Jahren betragen. Die Karenzzeit darf nicht länger als drei Monate und die Wartezeit nicht länger als zwei Tage dauern.

3 Die Prämie der Krankengeldversicherung gemäss Absatz 2 geht zu Lasten des Arbeitgebers. Dadurch ist die ihm gemäss Artikel 335 des Obligationenrechts obliegende Lohnzahlungspflicht im Krankheitsfalle abgelöst. Soweit der Arbeitnehmer infolge Krankheitsanlagen bei Versicherungseintritt von der Krankengeldversicherung ausgeschlossen worden ist, gilt im Krankheitsfall Artikel 335 des Obligationenrechts.

4 Versicherungsfähige Arbeitnehmer, die sich weigern, die Krankengeldversicherung im vorerwähnten Umfang abzuschliessen haben weder Anspruch auf die Versicherungsprämie noch auf Lohnzahlung im Krankheitsfall.

5 Jeder Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Krankengeldversicherung gemäss Absatz 2 um die Hälfte des Ansatzes zu seinen Lasten zu erhöhen.

6 Der Arbeitgeber hat periodisch das Bestehen einer genügenden Krankengeldversicherung zu überprüfen.

Art. 20 Absenz

entschadigung

1

Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf folgende Entschädigungen : 1/2 Tagesentschädigung bei militärischer Inspektion; l Tagesentschädigung bei Todesfall des Ehegatten, der Eltern oder eigener Kinder; ferner bei Todesfall von Schwiegereltern oder Geschwistern, sofern sie mit dem Arbeitnehmer in Familiengemeinschaft lebten; l Tagesentschädigung bei Geburt eigener ehelicher Kinder.

2 Als Tagesentschädigung ist der volle Lohn, der hätte verdient werden können, zu bezahlen, und zwar mit dem laufenden Zahltag.

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26.04.1968

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