19.028 Botschaft zur Genehmigung der Änderungen vom 14. Dezember 2017 des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 29. Mai 2019

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung der Änderungen vom 14. Dezember 2017 des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Mai 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2019-0360

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Übersicht Ziel dieser Vorlage ist die Ratifikation von Änderungen des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs. Am 14. Dezember 2017 hat die Versammlung der Vertragsstaaten des Römer Statuts im Konsens entschieden, dass der Strafgerichtshof neu zuständig sein soll, die Verwendung folgender Waffen als Kriegsverbrechen zu ahnden: biologische Waffen, Waffen, die durch Splitter verletzen, die durch Röntgenstrahlen nicht entdeckt werden können, sowie blindmachende Laserwaffen.

Der Schweizer Gesetzgeber hat die Verwendung dieser drei Waffentypen bereits 2011 unter Strafe gestellt. Nicht zuletzt aufgrund des Engagements der Schweiz ist die Verwendung der Waffen auch im humanitären Völkerrecht untersagt. Die vorliegenden Änderungen stärken bestehende Verbote, indem sie die fraglichen Handlungen auch vor dem Internationalen Strafgerichtshof als Kriegsverbrechen unter Strafe stellen. Durch diese sinnvolle Erweiterung der Zuständigkeit des Strafgerichtshofs wird die internationale Strafjustiz gestärkt. Mit der Ratifikation der Änderungen leistet die Schweiz ihren Beitrag zur Prävention von Kriegsverbrechen sowie zum besseren Schutz sowohl von Zivilpersonen als auch von an den Kampfhandlungen beteiligten Personen. Die Schweiz sendet zudem ein wichtiges Signal, die Verwendung dieser Waffen über die Schweiz hinaus als Kriegsverbrechen strafbar zu machen und zu ahnden.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Römer Statut und Änderungen

Der Internationale Strafgerichtshof (in der Folge «Strafgerichtshof») ist eine ständige Institution mit Sitz in Den Haag. Er ist für die Beurteilung der schwersten Verbrechen zuständig, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren: Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Aggression. Die völkerrechtliche Grundlage der Institution ist das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 19981 (in der Folge «Römer Statut»). Die Schweiz ratifizierte das Römer Statut am 12. Oktober 2001, und dieses trat generell am 1. Juli 2002 in Kraft.2 Mittlerweile zählt das Römer Statut 122 Vertragsstaaten.3 Die Versammlung der Vertragsstaaten (in der Folge «Versammlung») kann Änderungen des Römer Statuts beschliessen. Diese müssen im Anschluss von den Vertragsstaaten ratifiziert werden. Im Juni 2010 beschlossen die Vertragsstaaten anlässlich der Überprüfungskonferenz in Kampala eine erste Ergänzung von Artikel 8 des Römer Statuts betreffend die Kriegsverbrechen. Sie dehnte die Strafbarkeit für die Verwendung bestimmter Waffentypen auf nicht internationale bewaffnete Konflikte aus. Die Schweiz ratifizierte diese Änderungen am 10. September 2015.4

1.2

Vorschlag für neue Änderungen

Zusätzliche Änderungsvorschläge betreffend die Kriegsverbrechen wurden im Rahmen der «Arbeitsgruppe Änderungen» der Versammlung (in der Folge «Arbeitsgruppe») weiterverfolgt. Insbesondere Belgien setzte sich dafür ein, dass die Verwendung folgender Waffentypen sowohl im internationalen wie auch im nicht internationalen bewaffneten Konflikt in das Römer Statut aufgenommen wird: biologische Waffen, Antipersonenminen, Waffen, die durch Splitter verletzen, die durch Röntgenstrahlen nicht entdeckt werden können, sowie blindmachende Laserwaffen.

1 2

3

4

SR 0.312.1 Vgl. allgemein zum Römer Statut die Botschaft vom 15. Nov. 2000 über das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof und eine Revision des Strafrechts (BBl 2001 391).

Der Generalsekretär der UNO ist Depositar des Römer Statuts und führt eine aktuelle Liste der Vertragsstaaten unter https://treaties.un.org/ > Dépositaire > Chapitre XVIII > 10. Statut de Rome (letzter Zugriff am 17. Mai 2019).

SR 0.312.12

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1.3

Verlauf der Verhandlungen und Verhandlungsergebnis

Die Schweiz wirkte in der Arbeitsgruppe aktiv mit. Im Verlauf der Tagungen konnte eine breite Unterstützung für die belgischen Vorschläge generiert werden. Dennoch gab es auch vereinzelte Widerstände. Insbesondere wehrte sich Südkorea gegen die Aufnahme von Antipersonenminen in das Römer Statut.

Angesichts der insgesamt breiten Unterstützung reichte Belgien die vier Änderungsvorschläge im Juli 2017 nach Vorgaben des Römer Statuts (Art. 121) beim UNOGeneralsekretär (Depositar) ein. Im November 2017 verabschiedete die Arbeitsgruppe ihren Bericht zuhanden der Versammlung. Darin stellte die Arbeitsgruppe keinen Konsens, aber breite Unterstützung für die Vorschläge fest. Ebenfalls wurde der Versammlung ein Resolutionsentwurf mit den vier Änderungen unterbreitet.

Die Änderungsvorschläge wurden an der 16. Session der Versammlung vom 4. bis 14. Dezember 2017 in New York traktandiert. In den letzten Verhandlungen zur Resolution beharrte Südkorea auf seiner Position betreffend die Antipersonenminen und wurde zuletzt von Australien und Kanada unterstützt. Um die verbleibenden drei Änderungen dennoch per Konsens verabschieden zu können, wurde das Paket aufgeschnürt und die Änderung betreffend die Antipersonenminen entfernt. In der Folge verabschiedete die Versammlung im Konsens die Resolution ICC-ASP/16/ Res.45 mit den drei verbleibenden Ergänzungen der Tatbestände der Kriegsverbrechen.

1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 20166 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 20167 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt, da zu jenem Zeitpunkt die Verabschiedung der Änderungen des Römer Statuts noch nicht abzusehen war. Die Vorlage figuriert jedoch in den Zielen des Bundesrates für das Jahr 2019.

Eine Genehmigung und Ratifikation ausserhalb der Legislaturplanung ist insofern unproblematisch, als die Ratifikation keine Gesetzesänderung und keine spezifischen finanziellen und personellen Auswirkungen nach sich zieht.

Mit der Ratifikation der Änderungen von Artikel 8 betreffend die Kriegsverbrechen setzt sich die Schweiz für eine gerechte internationale Ordnung ein; und das Vorhaben steht im Einklang mit dem strategischen Schwerpunkt «Frieden und Sicherheit» der Aussenpolitischen Strategie für die laufende Legislaturperiode.

5

6 7

Der Text ist in seinen Originalsprachen erhältlich unter www.icc-cpi.int > Français > Etats Parties > Résolutions > 16ème session > 16/ Res.4 (letzter Zugriff am 17. Mai 2019).

BBl 2016 1105 BBl 2016 5183

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2

Verzicht auf eine Vernehmlassung

In Anwendung des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20058 (Art. 3a Abs. 1 Bst. b) wurde auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet. Die Positionen der interessierten Kreise sind aufgrund mehrerer Vernehmlassungen zum Gegenstand des Vorhabens wohlbekannt, und es sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.

Zu den vorliegenden Tatbeständen konnten sich die interessierten Kreise im Jahr 2005 in einem früheren Vernehmlassungsverfahren äussern, bevor diese ins nationale Strafrecht aufgenommen wurden. Die nationale Pönalisierung der Tatbestände war in der Vernehmlassung9 und im parlamentarischen Prozess10 weitestgehend unbestritten. Eine politische Entwicklung, die seither eine erneute Vernehmlassung erforderlich machen würde, ist nicht zu erkennen. Die fraglichen Tatbestände unterstehen zudem der Bundesgerichtsbarkeit ­ die Kantone sind nicht betroffen. In der früheren Vernehmlassung haben die betroffenen Gerichte des Bundes die materiellen Tatbestände oder ihre Zuständigkeit nicht in Frage gestellt. Die drei Waffentypen sind seit Jahrzehnten völkerrechtlich ausdrücklich verboten, wobei die Schweiz zwei dieser Verbote auf internationaler Ebene angeregt hatte (siehe entsprechende Erläuterungen unter Ziff. 4).

Internationale Strafgerichte sind bei den interessierten Kreisen als Mittel zur Durchsetzung des humanitären Völkerrechts breit anerkannt. Das Römer Statut und seine bisherigen Änderungen stiessen in den früheren Vernehmlassungen und parlamentarischen Prozessen stets auf grosse, überparteiliche Unterstützung. Im Jahr 2000 wurde im Vorfeld der Ratifikation des Römer Statuts eine Vernehmlassung durchgeführt, bei der sich die Teilnehmer zur Zuständigkeit des Strafgerichtshofs für Kriegsverbrechen äussern konnten. Die Vorlage wurde von allen teilnehmenden Kantonen, politischen Parteien und allen Organisationen bis auf eine begrüsst.11 In der Folge genehmigte die Bundesversammlung das Römer Statut praktisch einstimmig.12

8 9

10 11

12

SR 172.061 Botschaft vom 23. April 2008 über die Änderung von Bundesgesetzen zur Umsetzung des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BB1 2008 3863, hier 3872­3873); vgl. auch Vernehmlassungsbericht unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2005 > EJPD.

Ständerat einstimmig, Nationalrat 135:54, vgl. Geschäft 08.034.

Botschaft vom 15. Nov. 2000 über das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof und eine Revision des Strafrechts (BBl 2001 391 S. 406­407); vgl. auch Vernehmlassungsbericht unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2000 > EDA.

Ständerat einstimmig, Nationalrat 181:8, vgl. Geschäft 00.090.

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3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Überblick über die Änderungen

Konkret wird Artikel 8 Absatz 2 Buchstaben b und e des Römer Statuts um jeweils drei Ziffern erweitert. Dies bewirkt, dass der Strafgerichtshof neu zuständig ist, folgende Handlungen sowohl im internationalen als auch im nicht internationalen bewaffneten Konflikt als Kriegsverbrechen zu ahnden: ­

die Verwendung von Waffen, die mikrobielle oder andere biologische Agenzien oder Toxine verwenden, ungeachtet ihres Ursprungs oder ihrer Herstellungsmethode (Bst. b Ziff. xxvii und Bst. e Ziff. xvi)

­

die Verwendung von Waffen, deren Hauptwirkung darin besteht, durch Splitter zu verletzen, die im menschlichen Körper durch Röntgenstrahlen nicht entdeckt werden können (Bst. b Ziff. xxviii und Bst. e Ziff. xvii)

­

die Verwendung von Laserwaffen, die eigens dazu entworfen sind, sei es als ihre einzige Kampfaufgabe oder als eine ihrer Kampfaufgaben, die dauerhafte Erblindung des unbewehrten Auges, das heisst des blossen Auges oder des Auges mit Sehhilfe, zu verursachen (Bst. b Ziff. xxix und Bst. e Ziff. xviii)

Gemäss Römer Statut (Art. 121 Abs. 5) treten die Änderungen für einen Vertragsstaat ein Jahr nach dessen Ratifikation in Kraft.

3.2

Würdigung

Der Bundesrat begrüsst die Ergänzungen von Artikel 8 des Römer Statuts und die Erweiterung der Zuständigkeit des Strafgerichtshofs. Die Verwendung der drei Waffentypen ist auch aufgrund des Engagements der Schweiz in weltweit breit ratifizierten Übereinkommen bereits ausdrücklich untersagt (siehe entsprechende Erläuterungen unter Ziff. 4). Die Schweiz hat die entsprechenden Übereinkommen ratifiziert. Mittlerweile haben überdies sämtliche dieser Verbote den Status von allgemein gültigem Völkergewohnheitsrecht erlangt. Die Änderungen des Römer Statuts stärken also bestehende Verbote, indem sie die fraglichen Handlungen vor dem Strafgerichtshof als Kriegsverbrechen unter Strafe stellen. Durch diese sinnvolle Erweiterung der Zuständigkeit des Strafgerichtshofs wird die internationale Strafjustiz gestärkt. Mit der Ratifikation der Änderungen leistet die Schweiz ihren Beitrag zur Prävention von Kriegsverbrechen sowie zum besseren Schutz sowohl von Zivilpersonen als auch von an den Kampfhandlungen beteiligten Personen.

Innerstaatlich wurde anlässlich der Änderung von Bundesgesetzen zur Umsetzung des Römer Statuts die seit 1968 im Schweizer Recht geltende generelle Strafbarkeit von Kriegsverbrechen präzisiert. Dabei hat der Schweizer Gesetzgeber im Jahr 2011 die Verwendung der drei Waffentypen sowohl im internationalen als auch im nicht internationalen bewaffneten Konflikt im Strafgesetzbuch13 sowie im Militärstrafge-

13

SR 311.0

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setz vom 13. Juni 192714 unter Strafe gestellt. Mit einer Ratifikation der vorliegenden Änderungen sind in der Schweiz entsprechend keine Gesetzesänderungen verbunden. Die Schweiz sendet mit der Ratifikation jedoch ein wichtiges Signal, die Verwendung dieser Waffen auch über die Schweiz hinaus als Kriegsverbrechen strafbar zu machen und zu ahnden. Sie kann damit weitere Vertragsstaaten ermutigen, ihrerseits diesen Schritt zu vollziehen.

3.3

Sprachfassungen der Änderungen

Wie auch beim Grundtext des Römer Statuts ist der arabische, chinesische, englische, französische, russische und spanische Wortlaut der Änderungen gleichermassen verbindlich. Mit dem französischen Text liegt somit eine Originalfassung in einer Amtssprache des Bundes vor.

4

Erläuterungen zu den Ergänzungen von Artikel 8 des Römer Statuts betreffend die Kriegsverbrechen

Die Verwendung von Waffen, die mikrobielle oder andere biologische Agenzien oder Toxine verwenden, ungeachtet ihres Ursprungs oder ihrer Herstellungsmethode (Art. 8 Abs. 2 Bst. b Ziff. xxvii und Bst. e Ziff. xvi) Der Einsatz dieser Waffen ist aufgrund des Protokolls vom 17. Juni 192515 über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege sowie des Übereinkommens vom 10. April 1972 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen seit vielen Jahren verboten. Das Protokoll zählt 140 Vertragsstaaten und ist für die Schweiz am 12. Juli 1932 in Kraft getreten. Das Übereinkommen zählt 182 Vertragsstaaten und ist für die Schweiz am 4. Mai 1976 in Kraft getreten.16 Das Verbot ist Teil des Völkergewohnheitsrechts.17 In der Schweiz ist die Verwendung von biologischen Waffen sowohl im internationalen wie auch im nicht internationalen bewaffneten Konflikt seit 2011 im Strafgesetzbuch (Art. 264h Abs. 1 Bst. b) und im Militärstrafgesetz (Art. 112d Abs. 1 Bst. b) explizit pönalisiert. Für detaillierte Erläuterungen zu diesem Tatbestand kann auf die entsprechende Botschaft verwiesen werden.18 14 15 16

17

18

SR 321.0 SR 0.515.105 SR 0.515.07; vgl. auch positive Würdigung des Abkommens in der Botschaft vom 17. Jan. 1973 betreffend zwei Abkommen gegen Massenvernichtungswaffen auf und unter Meeresgrund und biologische und Toxinwaffen (BB1 1973 I 295).

Regel 73 der Gewohnheitsrechtsstudie des IKRK: Jean-Marie Henckaerts / Louise Doswald-Beck / ICRC (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law: Volume I: Rules (2005).

Botschaft vom 23. April 2008 über die Änderung von Bundesgesetzen zur Umsetzung des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BB1 2008 3863, hier 3944­3945 und 3961­3962).

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Die Verwendung von Waffen, deren Hauptwirkung darin besteht, durch Splitter zu verletzen, die im menschlichen Körper durch Röntgenstrahlen nicht entdeckt werden können (Art. 8 Abs. 2 Bst. b Ziff. xxviii und Bst. e Ziff. xvii) Der Einsatz dieser Waffen ist im Übereinkommen vom 10. Oktober 198019 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, und insbesondere seinem Protokoll I über nichtentdeckbare Splitter20 verboten. Dieses Übereinkommen zählt 125 Vertragsstaaten, das Protokoll I 118 Vertragsstaaten.

Beide sind für die Schweiz am 2. Dezember 1983 in Kraft getreten. Die Schweiz hatte sich in den Verhandlungen des Übereinkommens stark engagiert. Insbesondere das Protokoll I geht auf eine schweizerische Anregung zurück. 21 Mittlerweile hat dieses Verbot auch völkergewohnheitsrechtliche Geltung.22 In der Schweiz ist die Verwendung von Splitterwaffen sowohl im internationalen wie auch im nicht internationalen bewaffneten Konflikt seit 2011 im Strafgesetzbuch (Art. 264h Abs. 1 Bst. d) und im Militärstrafgesetz (Art. 112d Abs. 1 Bst. d) explizit pönalisiert. Für detaillierte Erläuterungen zu diesem Tatbestand kann auf die entsprechende Botschaft verwiesen werden.23 Die Verwendung von Laserwaffen, die eigens dazu entworfen sind, sei es als ihre einzige Kampfaufgabe oder als eine ihrer Kampfaufgaben, die dauerhafte Erblindung des unbewehrten Auges, das heisst des blossen Auges oder des Auges mit Sehhilfe, zu verursachen (Art. 8 Abs. 2 Bst. b Ziff. xxix und Bst. e Ziff. xviii) Der Einsatz dieser Waffen ist ebenfalls im Rahmen des Übereinkommens vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, verboten. Konkret verbietet dessen Protokoll IV vom 13. Oktober 1995 über blindmachende Laserwaffen explizit den Einsatz von Laserwaffen, «die eigens dazu entworfen sind, sei es als ihre einzige Kampfaufgabe oder als eine ihrer Kampfaufgaben, die dauerhafte Erblindung des unbewehrten Auges, das heisst des blossen Auges oder des Auges mit Sehhilfe, zu verursachen». Das Protokoll IV zählt 108 Vertragsstaaten und ist für die Schweiz am 24. September 1998 in Kraft getreten.24 Bereits 1986 hatte die Schweiz zusammen mit Schweden ein Zusatzprotokoll über die Einschränkung des Einsatzes von Laserwaffen gefordert. Während der 19 20

21

22

23

24

SR 0.515.091 Der einzige Artikel des Protokolls I verbietet es, «eine Waffe zu verwenden, deren Hauptwirkung darin besteht, durch Splitter zu verletzen, die im menschlichen Körper durch Röntgenstrahlen nicht entdeckt werden können» (SR 0.515.091).

Botschaft vom 16. Sept. 1981 betreffend das Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, und der dazugehörigen Protokolle (BB1 1981 II, 301, hier 303­306 und 311­312).

Regel 79 der Gewohnheitsrechtsstudie des IKRK: Jean-Marie Henckaerts / Louise Doswald-Beck / ICRC (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law: Volume I: Rules (2005).

Botschaft vom 23. April 2008 über die Änderung von Bundesgesetzen zur Umsetzung des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BB1 2008 3863, hier 3945­3946 und 3961­3962).

SR 0.515.091.1

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Verhandlungen engagierte sich die Schweiz aus humanitären Überlegungen für möglichst umfassende und strenge Vorschriften und erklärte anlässlich der Annahme des Instruments, dass sie dessen Bestimmungen «unter allen Umständen anwenden wird».25 Mittlerweile hat dieses Verbot auch völkergewohnheitsrechtliche Geltung.26 In der Schweiz ist die Verwendung dieser blindmachenden Laserwaffen sowohl im internationalen wie auch im nicht internationalen bewaffneten Konflikt seit 2011 im Strafgesetzbuch (Art. 264h Abs. 1 Bst. e) und im Militärstrafgesetz (Art. 112d Abs. 1 Bst. e) explizit pönalisiert. Für detaillierte Erläuterungen zu diesem Tatbestand kann auf die entsprechende Botschaft verwiesen werden. 27

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund

Die wesentlichen Auswirkungen finanzieller und personeller Art sind mit dem Beitritt der Schweiz zum Römer Statut im Jahr 2001 und ­ in geringerem Masse ­ den Änderungen von Bundesgesetzen im Jahr 2009 zur Umsetzung des Römer Statuts entstanden, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen in den entsprechenden Botschaften verwiesen werden kann.28 Die Ratifikation der vorliegenden Änderungen betreffend die Kriegsverbrechen dürften demgegenüber keine unmittelbaren Auswirkungen haben.

Der Strafgerichtshof kann nur tätig werden, wenn die für die Strafverfolgung zuständigen innerstaatlichen Behörden nicht willens oder nicht in der Lage sind, eines der Kriegsverbrechen, das auf ihrem Hoheitsgebiet oder von einem ihrer Staatsangehörigen begangen wird, ernsthaft zu verfolgen (Art. 17 Römer Statut). Durch die vorliegende Ergänzung von Artikel 8 des Römer Statuts ist es folglich möglich, dass der Strafgerichtshof in Zukunft zusätzliche Fälle behandelt, was zu Kosten führen könnte, welche die Schweiz aufgrund ihrer Beitragspflicht an das Gesamtbudget anteilsmässig mittragen müsste. Diese Kosten können jedoch unabhängig von der Ratifikation der Änderungen durch die Schweiz anfallen, nämlich dann, wenn der Strafgerichtshof mit einem Fall aus einem anderen Staat befasst ist, der die Änderungen ratifiziert hat.

25

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27

28

Botschaft vom 14. Mai 1997 betreffend das revidierte Protokoll II und das Protkoll IV zum Übereinkommen von 1980 über konventionelle Waffen (BB1 1997 IV, 1, hier 4­5 und 19­23).

Regel 86 der Gewohnheitsrechtsstudie des IKRK: Jean-Marie Henckaerts / Louise Doswald-Beck / ICRC (Hrsg.), Customary International Humanitarian Law: Volume I: Rules (2005).

Botschaft vom 23. April 2008 über die Änderung von Bundesgesetzen zur Umsetzung des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BB1 2008 3863, hier 3946 und 3961­3962).

Botschaft vom 15. Nov. 2000 über das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof und eine Revision des Strafrechts (BBl 2001 391, hier 481­482) und Botschaft vom 23. April 2008 über die Änderung von Bundesgesetzen zur Umsetzung des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (BB1 2008 3863, hier 3965­3967).

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Was die Zentralstelle für die Zusammenarbeit mit dem Strafgerichtshof im Bundesamt für Justiz angeht, könnten allfällige zusätzliche Ersuchen des Strafgerichtshofs mit den bereits vorhandenen personellen Ressourcen behandelt werden. Es ist nicht mit Mehrkosten im Bereich der Zusammenarbeit der Schweiz mit dem Strafgerichtshof zu rechnen. Auch hier gilt, dass zusätzliche Ersuchen unabhängig von der Ratifikation der Änderungen des Römer Statuts durch die Schweiz entstehen könnten.

5.2

Auswirkungen auf die Aussenpolitik

Die Ratifikation der Änderungen des Römer Statuts entspricht langjährigen aussenpolitischen Prioritäten der Schweiz als Verfechterin des humanitären Völkerrechts sowie der Rüstungskontrolle und Abrüstung. Die Schweiz engagiert sich gegen Massenvernichtungswaffen und dafür, dass der Einsatz von Waffen geahndet wird, die keinen Unterschied zwischen Zivilisten und direkt am Konflikt beteiligten Personen machen können oder überflüssige Verletzungen und unnötiges Leiden verursachen. So hatte sich die Schweiz teilweise bereits proaktiv für die Verbote der hier betroffenen Waffentypen eingesetzt, die durch die vorliegende Pönalisierung im Römer Statut weiter gestärkt werden.

Den Kampf gegen die Straflosigkeit bei schwersten Verbrechen auf internationaler Ebene und die Gerechtigkeit für die Opfer erachtet die Schweiz als zentrale Voraussetzungen für eine nachhaltige Friedenssicherung und die Stabilität. Gemäss den verfassungsmässigen Zielen ihrer Aussenpolitik leistet die Schweiz damit einen wichtigen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben der Völker, zur Achtung der Menschenrechte und zur Linderung von Not und Armut in der Welt (Art. 54 Abs. 2 der Bundesverfassung, BV29).

Mit der Ratifikation der vorliegenden Änderungen signalisiert die Schweiz somit Kontinuität und stärkt die Glaubwürdigkeit und damit die Gestaltungskraft ihrer Aussenpolitik in prioritären Bereichen. Es ist zudem davon auszugehen, dass eine Ratifikation durch die Schweiz andere Staaten dazu bewegen kann, ihrerseits die Änderungen zu ratifizieren, was die Position der Schweiz weiter stärkt.

5.3

Auswirkungen auf weiter Bereiche

Es ist offensichtlich, dass die Ratifikation der Änderungen des Römer Statuts durch die Schweiz keine Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete erwarten lässt, genauso wenig wie Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, die Gesellschaft, oder die Umwelt. Die entsprechenden Fragen wurden daher nicht geprüft.

29

SR 101

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Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Absatz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung genehmigt nach Artikel 166 Absatz 2 BV völkerrechtliche Verträge; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist. Vorliegend ist die Bundesversammlung für die Genehmigung der Änderungen von Artikel 8 des Römer Statuts zuständig.

6.2

Erlassform

Die Änderungen des Römer Statuts erweitern die Gerichtsbarkeit des Strafgerichtshofs betreffend die Kriegsverbrechen. Nach deren Ratifikation wäre es theoretisch möglich, dass der Strafgerichtshof seine Gerichtsbarkeit über diese Verbrechen ausübt, wenn sie in der Schweiz oder von einer Schweizerin oder einem Schweizer begangen werden (Art. 12 Abs. 2 Römer Statut) und die Schweiz nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Strafverfolgung ernsthaft durchzuführen (Art. 17 Abs. 1 Bst. a Römer Statut). Als Bestimmungen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, handelt es sich bei den Änderungen somit um rechtsetzende Normen nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200230. Sie sind zudem als wichtig einzustufen, weil es sich um strafrechtliche Bestimmungen handelt; die Bestimmungen müssten deshalb nach Artikel 164 Absatz 1 BV in Form eines Bundesgesetzes erlassen werden.

Die Ergänzungen von Artikel 8 des Römer Statuts gelten folglich als wichtige rechtsetzende Bestimmungen. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Änderungen vom 14. Dezember 2017 des Römer Statuts ist deshalb nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem fakultativen Referendum zu unterstellen.

30

SR 171.10

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