zu 13.478 Parlamentarische Initiative Einführung einer Adoptionsentschädigung Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 5. Juli 2019 Stellungnahme des Bundesrates vom 30. Oktober 2019

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 5. Juli 20191 betreffend die parlamentarische Initiative «Einführung einer Adoptionsentschädigung» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. Oktober 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 12. Dezember 2013 reichte Nationalrat Marco Romano die parlamentarische Initiative «Einführung einer Adoptionsentschädigung» ein (13.478). Sie verlangt die Einführung einer Erwerbsausfallentschädigung bei der Adoption eines Kindes.

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) prüfte die parlamentarische Initiative am 21. Januar 2015 vor und gab ihr mit 14 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) stimmte diesem Beschluss am 27. März 2015 mit 7 zu 5 Stimmen zu.

An den Sitzungen vom 25. Februar 2016 und 7. Juli 2016 diskutierte die SGK-N die Eckwerte für einen Erlassvorentwurf zur Änderung des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 19522 (EOG). In der Folge beauftragte sie die Verwaltung, auf der Basis der Eckwerte den Vorentwurf auszuarbeiten. An der Sitzung vom 22. Juni 2017 einigte sich die SGK-N mit 12 zu 12 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten auf einen konkreten Vorentwurf.

An ihrer Sitzung vom 25. Januar 2018 genehmigte die SGK-N den erläuternden Bericht und beschloss, die Vernehmlassung zu ihrer Vorlage zu eröffnen. Die Vorlage sieht für erwerbstätige Eltern einen über die Erwerbsersatzordnung EOG finanzierten Adoptionsurlaub von zwei Wochen innerhalb eines Jahres nach der Aufnahme eines unter vierjährigen Kindes zur Adoption vor. Keine Entschädigung sollen Eltern erhalten, die das Kind der Partnerin oder des Partners (Stiefkinder) adoptieren. Für den Anspruch auf die Entschädigung muss die Erwerbstätigkeit nicht komplett unterbrochen werden, eine Reduktion des Pensums um mindestens 20 Prozent soll genügen. Die Adoptiveltern sollen wählen können, wer von ihnen den Urlaub bezieht; sie können auch eine Aufteilung vornehmen.

Die Vernehmlassung dauerte bis zum 23. Mai 2018.

Am 15. November 2018 diskutierte die SGK-N die Ergebnisse der Vernehmlassung.

Sie nahm zur Kenntnis, dass ihr Vorschlag in der Vernehmlassung kontrovers aufgenommen wurde. Während einige Teilnehmende die Adoptionsentschädigung als unnötigen und nicht sachgerechten sozialpolitischen Ausbau grundsätzlich ablehnen, wird er von einer Mehrheit als erster Schritt in die richtige Richtung taxiert, der aber noch zu wenig weit gehe. Vorbehaltlos unterstützt wird die Vorlage nur von einem kleineren Teil der
Vernehmlassungsteilnehmenden. Diese weisen darauf hin, dass damit eine Lücke in der Familienpolitik geschlossen werde und die pragmatische Lösung nur eine geringe Belastung für die EO darstelle. Die SGK-N gelangte in ihrer Beurteilung mit 10 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung und Stichentscheid ihres Präsidenten zum Schluss, dem Nationalrat die Abschreibung der parlamentarischen Initiative zu beantragen. Der Nationalrat lehnte jedoch die Abschreibung am 22. März 2019 mit 102 zu 93 Stimmen ab.

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SR 834.1

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Nach nochmaliger Diskussion verabschiedete die SGK-N am 5. Juli 2019 schliesslich ihren Erlassentwurf sowie den erläuternden Bericht mit 12 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung zuhanden des Nationalrates. Sie lud den Bundesrat mit Schreiben vom 2. September 2019 zur Stellungnahme ein.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Generelle Beurteilung

Ein bezahlter Urlaub nach einer Adoption trägt zur Förderung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen bei und zählt somit zu den Massnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit. Solche Massnahmen erachtet der Bundesrat als wichtig.

Diese Haltung hat der Bundesrat auch in seiner Stellungnahme vom 22. Mai 2019 zum indirekten Gegenvorschlag3 zur Volksinitiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub ­ zum Nutzen der ganzen Familie»4 vertreten. Gleichzeitig hat er in seiner Stellungnahme aber darauf hingewiesen, dass er den bedarfsgerechten Ausbau der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuungsangebote priorisiere. Deshalb hat er sich letztlich gegen einen zweiwöchigen, über die EO entschädigten Vaterschaftsurlaub ausgesprochen.

Das Parlament ist den Empfehlungen des Bundesrates zum zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub nicht gefolgt und hat in der Schlussabstimmung vom 27. September 2019 den indirekten Gegenvorschlag verabschiedet.5 Die Volksinitiative ist in der Zwischenzeit bedingt zurückgezogen worden. Die Referendumsfrist für den indirekten Gegenvorschlag läuft bis zum 23. Januar 2020. Sofern kein Referendum zustande kommt, wird die Vorlage zum zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub in Kürze in Kraft gesetzt.

Der Wille des Parlaments und die gesellschaftspolitischen Veränderungen, die darin zum Ausdruck kommen, sind auch im vorliegenden Geschäft zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund ist der Bundesrat der Ansicht, dass ergänzend zur Mutterschaftsentschädigung und Vaterschaftsentschädigung auch eine Adoptionsentschädigung eingeführt werden sollte. Denn die Herausforderungen der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit stellen sich für Eltern, die ein Kind zur Adoption aufnehmen, genauso wie für Eltern nach der Geburt eines eigenen Kindes. Die Aufnahme eines Adoptivkindes stellt für Eltern ein ebenso einschneidendes Ereignis dar wie die Geburt eines Kindes, auch wenn die Herausforderungen nicht in allen Punkten identisch sind. Ein Urlaub nach der Geburt oder der Adoption eines Kindes ­ sei es ein Mutterschafts-, ein Vaterschafts- oder ein Adoptionsurlaub ­ soll Eltern einen guten Start ins Familienleben ermöglichen. Nach der Geburt beziehungsweise nach der Aufnahme des Kindes benötigen Eltern und Kind ausreichend Zeit, um eine Beziehung aufzubauen. Mütter und Väter, insbesondere, wenn sie erstmals Eltern 3 4 5

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werden, haben neue Aufgaben und müssen neue Kompetenzen im Umgang mit ihrem Kind erwerben. Ein Urlaub für Mütter, die ein Kind geboren haben, dient zusätzlich der Erholung von Schwangerschaft und Geburt und ­ sofern die Mutter sich dafür entscheidet ­ der Erleichterung des Stillens in den ersten Wochen. Adoptiveltern sind hingegen stärker mit dem Aufbau ihrer Beziehung zum Kind gefordert, insbesondere wenn das adoptierte Kind aus einem anderen sozialen Umfeld oder Kulturkreis stammt.

Der Bundesrat anerkennt die Herausforderungen für Adoptiveltern, die vergleichbar sind mit den Herausforderungen für Eltern nach der Geburt ihres Kindes. Er ist sich bewusst, dass gute Rahmenbedingungen mitentscheidend sind für die Entwicklung des Kindes. Ein Adoptionsurlaub erleichtert den aufnehmenden Eltern die Familiengründung respektive -erweiterung.

Aus diesen Gründen unterstützt der Bundesrat die Einführung eines Urlaubs für Adoptiveltern nach der Aufnahme eines Kindes zur Adoption. Mit einer Regelung des Urlaubs auf Bundesebene würde eine familien- und gesellschaftspolitische Lücke geschlossen, da ein einheitlicher Mindestanspruch für die betroffenen Adoptiveltern garantiert würde.

Hinzu kommt, dass der Entwurf der SGK-N bereits einen Kompromiss darstellt.

Denn die parlamentarische Initiative 13.478 von Nationalrat Marco Romano, auf welche der Entwurf der SGK-N zurückgeht, verlangte eine Adoptionsentschädigung während 12 Wochen. Der Entwurf nimmt Rücksicht auf die Anliegen der Wirtschaft. Ein zweiwöchiger Adoptionsurlaub ist auch für KMU finanziell verkraftbar und organisatorisch umsetzbar. Mit jährlichen Kosten von rund 110 000 Franken für die EO (vgl. Ziff. 2.4) stellt er einen sozialpolitisch vertretbaren Beitrag zur Schaffung eines familienfreundlichen Arbeitsumfeldes dar.

2.2

Würdigung des Entwurfs der Kommission

Art. 16i Abs. 1 Bst. d EOG Der Entwurf der SGK-N sieht vor, dass ein Anspruch auf die Entschädigung nur entstehen kann, wenn die betroffene Person innerhalb eines Jahres nach der Aufnahme des Kindes die Erwerbstätigkeit unterbricht oder den Beschäftigungsgrad um mindestens 20 Prozent reduziert (Art. 16i Abs. 1 Bst. d EOG). Die Möglichkeit, mit der Reduktion des Beschäftigungsgrades eine der Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen, wurde zu Beginn der parlamentarischen Beratungen in den Entwurf aufgenommen, als dieser noch eine Adoptionsentschädigung für 12 Wochen vorsah. Im Zuge der Beratungen wurde die Dauer, während der eine Adoptionsentschädigung ausgerichtet wird, allerdings auf 2 Wochen reduziert. Die Möglichkeit, mit der Reduktion des Beschäftigungsgrades eine der Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen, blieb aber bestehen.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass diese Voraussetzung gestrichen werden soll.

Stattdessen soll vorgesehen werden, dass der Adoptionsurlaub analog zum Vaterschaftsurlaub wochen- oder tageweise bezogen werden kann. Denn die Möglichkeit, einen Urlaub tageweise beziehen zu können, bietet mehr Flexibilität als die Mög7306

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lichkeit, den Beschäftigungsgrad für einen Urlaub zu reduzieren, der am Stück bezogen werden muss. Zudem wird eine Koordination mit der Vaterschaftsentschädigung erreicht.

Art. 16j EOG Diese Bestimmung soll an die entsprechende Bestimmung der Vaterschaftsentschädigung angepasst werden.

Die Rahmenfrist, die im Entwurf der SGK-N zwar in Artikel 16i Absatz 1 Buchstabe d geregelt, aber nicht so bezeichnet war, soll neu im Artikel 16j Absätze 1 und 2 aufgeführt werden. Bei der Vaterschaftsentschädigung beginnen die Rahmenfrist und der Anspruch mit dem Tag der Geburt des Kindes. In Analogie sollen die Rahmenfrist und der Anspruch auf die Adoptionsentschädigung mit dem Tag der Aufnahme des Kindes beginnen.

In Absatz 3 soll aufgelistet werden, in welchen Fällen der Anspruch endet. Die Buchstaben a, b und c von Absatz 3 werden im Entwurf der SGK-N geregelt in Artikel 16i Absatz 1 Buchstabe d sowie Artikel 16k Absätze 1 und 2 Buchstabe b.

Inhaltlich neu wäre somit einzig Buchstabe d von Absatz 3: Der Anspruch auf die Entschädigung soll auch erlöschen, wenn das Kind stirbt. Damit wäre wiederum die Analogie zur Vaterschaftsentschädigung hergestellt.

Art. 16k EOG In den Absätzen 1 und 2 soll geregelt werden, was im Entwurf der SGK-N in Artikel 16k Absatz 1 und Artikel 16l Absatz 1 enthalten ist.

Mit den Absätzen 3 und 4 soll wiederum die Analogie zur Vaterschaftsentschädigung hergestellt werden. Damit den Adoptiveltern die nötige Flexibilität gewährt werden kann, sollen sie den Urlaub wochen- oder tageweise beziehen können. Ein tageweiser Bezug kann auch für die Arbeitgeber sinnvoll sein.

Art. 16l EOG Die Absätze 1­3 sind im Entwurf der SGK-N in Artikel 16l Absatz 2 Buchstabe a und Absatz 3 geregelt.

Um zu verdeutlichen, dass die Einkommen der Eltern bei einer Aufteilung des Urlaubs nicht zusammengerechnet werden, wird ein Absatz 4 eingeführt. Dieser präzisiert, dass in solchen Fällen eine gesonderte Berechnung gestützt auf die jeweiligen Einkommen stattfindet.

Art. 20 EOG Der Anspruch auf die Entschädigung soll nicht unmittelbar nach dem Bezug des Urlaubs geltend gemacht werden müssen. Das wird heute auch bei der Mutterschaftsentschädigung so gehandhabt. Aus diesem Grund soll Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe c präzisiert werden. Somit wäre klargestellt, dass die Anmeldung für die Entschädigung auch erst dann eingereicht werden kann, wenn der Adoptionsurlaub bereits bezogen worden ist. Die Anmeldung müsste aber spätestens vor Ablauf von 7307

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fünf Jahren nach Ende des Entschädigungsanspruchs eingereicht werden. Für das Ende des Entschädigungsanspruchs wäre Artikel 16j Absatz 3 massgebend.

Art. 329b Abs. 3 Bst. b OR Die Formulierung im Entwurf der SGK-N erweckt den Eindruck, dass die Ferien nur dann nicht gekürzt werden dürfen, wenn die Adoptiveltern einen Adoptionsurlaub beziehen, der über das EOG entschädigt wird. Es kann somit fälschlicherweise der Eindruck entstehen, dass die Ferien gekürzt werden dürfen, wenn die betroffene Person einen Adoptionsurlaub bezieht, ohne Anspruch auf die EO-Entschädigung zu haben.

Bezieht eine Arbeitnehmerin den Mutterschaftsurlaub oder ein Vater den Vaterschaftsurlaub, dürfen die Ferien nicht gekürzt werden. Das soll auch beim Bezug des Adoptionsurlaubs gelten. Mit der Anpassung von Artikel 329b Absatz 3 Buchstabe b OR ist gewährleistet, dass die Ferien beim Bezug des Adoptionsurlaubs nicht gekürzt werden dürfen, unabhängig davon, ob ein Anspruch auf die Adoptionsentschädigung besteht oder nicht.

Art. 329g Abs. 2­4 OR Die Anpassung der Absätze 2 und 3 wird notwendig, weil Artikel 16i Absatz 1 Buchstabe d EOG (Reduktion des Beschäftigungsgrads) gestrichen werden soll.

Soll die Möglichkeit eines tageweisen Bezugs eingeführt werden, so muss zusätzlich ein Absatz 4 eingeführt werden, der dies explizit vorsieht.

Art. 8 Abs. 3 erster Satz BVG Sinkt der Jahreslohn wegen Mutterschaft, so behält der bisherige koordinierte Lohn mindestens bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs weiterhin seine Gültigkeit, es sei denn, die versicherte Person verlangt dessen Herabsetzung. Damit wird ausserdem die Analogie zur Vaterschaftsentschädigung hergestellt.

Art. 16 Abs. 3 UVG Beim Bezug einer Adoptionsentschädigung der EO sollte nicht gleichzeitig ein Taggeld der Unfallversicherung bezogen werden können. Das gilt heute auch beim Bezug der Mutterschaftsentschädigung. Damit wird ausserdem die Analogie zur Vaterschaftsentschädigung hergestellt.

Art. 10 Abs. 4 FLG Während des Adoptionsurlaubs soll wie während des Mutterschaftsurlaubs weiterhin Anspruch auf Familienzulagen bestehen. Damit wird ausserdem die Analogie zur Vaterschaftsentschädigung hergestellt.

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2.3

Finanzielle Auswirkungen auf den Bund und die Kantone

Die EO wird mit Beiträgen der Arbeitgeber und Erwerbstätigen finanziert. Der Bund beteiligt sich nicht an der Finanzierung der EO. Somit wäre der Bund von der Einführung einer Adoptionsentschädigung nur als Arbeitgeber betroffen. Da der EOBeitragssatz im Rahmen dieser Vorlage nicht erhöht werden muss und der Bund als Arbeitgeber gemäss geltendem Recht bei der Adoption bereits eine Lohnfortzahlung während zwei Monaten vorsieht (Art. 17a Abs. 4 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 20006 i.V.m. Art. 61 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 20017), hat die Vorlage keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund. Ebenso wenig hat sie personelle Auswirkungen.

Die Einführung einer Adoptionsentschädigung könnte für die Kantone als Arbeitgeber nur dann geringfügige finanzielle Folgen nach sich ziehen, wenn sie während des Adoptionsurlaubs eine grosszügigere Lösung als die EO vorsehen.

Es ist davon auszugehen, dass die Einführung einer Adoptionsentschädigung für die Kantone keine personellen Auswirkungen hat. Denn in Ergänzung zum Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft könnte ein bereits funktionierendes und eingespieltes administratives System übernommen und dessen Anwendungsbereich auf Adoptiveltern erweitert werden.

Wie für die bestehende Mutterschaftsentschädigung wären die Ausgleichskassen für die Auszahlung der Adoptionsentschädigung zuständig. Für die Festsetzung der Entschädigung müssten die Arbeitgeber Angaben zum bezogenen Urlaub und Lohn melden. In Anbetracht der wenigen Fälle (vgl. Ziff. 2.4) würde dies bei den Durchführungsstellen und den Arbeitgebern nur zu einem sehr geringen Verwaltungsaufwand führen.

2.4

Finanzielle Auswirkungen auf die Erwerbsersatzordnung

In der Schweiz hat die Zahl der Adoptionen im Laufe der Jahre kontinuierlich abgenommen. So wurden im Jahr 2011 221 Kinder adoptiert, die weniger als vier Jahre alt waren. Die Zahl sank im Jahr 2016 auf 82 und 2018 auf 58 Adoptionen. Bei diesen 58 Adoptionen handelt es sich um fünf Stiefkindadoptionen und 53 NichtStiefkindadoptionen. Für diese Entwicklung gibt es verschiedene Gründe: Schon länger werden immer weniger Schweizer Kinder zur Adoption freigegeben (besseres Hilfsangebot für ledige Mütter), aber auch der Boom der Auslandadoptionen ist zu Ende (erhöhte Hürden aufgrund des Haager Adoptionsübereinkommens8 seit 2003).

Zudem haben Paare mit Kinderwunsch heute mit der Fortpflanzungsmedizin mehr Möglichkeiten, leibliche Eltern eines Kindes zu werden. Mit einer Zunahme von Adoptionen von Kindern, die nicht Kinder der Partnerin, des Partners, der Ehefrau oder des Ehemanns sind, ist daher künftig nicht zu rechnen. Allenfalls kann die Zahl 6 7 8

SR 172.220.1 SR 172.220.111.3 SR 0.211.221.311

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leicht zunehmen, wenn künftig den gleichgeschlechtlichen Paaren der Zugang zur gemeinschaftlichen Adoption ermöglicht wird.9 Eine leichte Zunahme gibt es aktuell nur bei den Stiefkindadoptionen, was auf das revidierte Adoptionsrecht (seit dem 1. Januar 2018 in Kraft) zurückzuführen ist; seither sind Stiefkindadoptionen auch für Personen in eingetragener oder faktischer Partnerschaft möglich. Diese Zunahme wirkt sich allerdings nicht auf diese Vorlage aus, da diese bei der Stiefkindadoption keinen Anspruch auf eine Adoptionsentschädigung vorsieht.

Auf der Basis von 53 Adoptionen von Nicht-Stiefkindern von unter vier Jahren (im Jahr 2018) würde ein zweiwöchiger, über die EO finanzierter Adoptionsurlaub jährlich rund 110 000 Franken kosten. Dieser Betrag stellt für die EO nur eine geringe Belastung dar.

Die vom Parlament in der Schlussabstimmung vom 27. September 2019 verabschiedete Vaterschaftsentschädigung wird in der EO jährliche Kosten von 230 Millionen Franken zur Folge haben und eine Erhöhung des EO-Beitragssatzes von heute 0,45 auf 0,5 Prozent erfordern. Wenn in der EO nebst einer Vaterschaftsentschädigung auch eine Adoptionsentschädigung eingeführt würde, wären die EO-Einnahmen noch knapp ausreichend.

Allerdings laufen auf Initiative des Parlaments oder des Bundesrates derzeit weitere Gesetzgebungsprojekte, die Zusatzkosten im Bereich der EO zur Folge hätten:

9 10 11

­

Die Botschaft zur Änderung des EOG, die eine länger dauernde Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen vorsieht10, wurde dem Parlament am 30. November 2018 zur Beratung überwiesen.

Die Kosten für die längere Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung werden für das Jahr 2022 auf rund 6 Millionen Franken geschätzt.

­

Die Botschaft zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung11 wurde im Mai 2019 zuhanden des Parlaments verabschiedet. Sie sieht insbesondere einen über die EO finanzierten Betreuungsurlaub von höchstens 14 Wochen für die Betreuung gesundheitlich schwer beeinträchtigter Kinder vor. Die Kosten eines solchen Urlaubs werden auf rund 70 Millionen Franken im Jahr 2022 geschätzt. Das Parlament berät derzeit über die Vorlage. Eine Erhöhung des EO-Beitragssatzes ist darin gegenwärtig nicht vorgesehen.

Projekt Pa.Iv. 13.468, Ehe für alle.

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2.5

Fazit

Der Bundesrat ist der Meinung, dass die jüngsten Entscheide des Parlaments zum Vaterschaftsurlaub berücksichtigt werden müssen und deshalb ergänzend zur Mutterschaftsentschädigung und zur Vaterschaftsentschädigung auch eine Adoptionsentschädigung eingeführt werden sollte. Ein bezahlter Urlaub nach einer Adoption ist ein Beitrag zur Förderung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen und zählt somit zu den Massnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit.

Aus diesen Gründen spricht sich der Bundesrat für einen zweiwöchigen, über die EO entschädigten Adoptionsurlaub aus.

3

Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt Eintreten auf die Vorlage und Zustimmung zum Antrag der Kommissionsmehrheit. Im Weiteren stellt er folgende Anträge 12:

Bundesgesetz vom 25. September 195213 über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft (Erwerbsersatzgesetz, EOG) Art. 16i Abs. 1 Bst. d 1

...

d.

Art. 16j

Streichen Rahmenfrist, Beginn und Ende des Anspruchs

1

Für den Bezug der Adoptionsentschädigung gilt eine Rahmenfrist von einem Jahr.

2

Die Rahmenfrist und der Anspruch beginnen am Tag der Aufnahme des Kindes.

3

Der Anspruch endet:

12

13

a.

nach Ablauf der Rahmenfrist;

b.

nach Ausschöpfung der Taggelder;

c.

wenn die anspruchsberechtigte Person stirbt; oder

d.

wenn das Kind stirbt.

Die Anträge basieren auf dem geltenden Recht. Gegenwärtig absehbar ist ein Koordinationsbedarf mit der von der Bundesversammlung am 27. September 2019 beschlossenen Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (BBl 2019 6855).

SR 834.1

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Art. 16k

Form der Entschädigung und Anzahl der Taggelder

Die Entschädigung für den bezogenen Adoptionsurlaub wird als Taggeld ausbezahlt.

1

2

Es besteht Anspruch auf höchstens 14 Taggelder.

Wird der Urlaub wochenweise bezogen, so werden pro Woche 7 Taggelder ausgerichtet.

3

Wird der Urlaub tageweise bezogen, so werden pro 5 entschädigte Tage zusätzlich 2 Taggelder ausgerichtet.

4

Art. 16l

Höhe und Bemessung der Entschädigung

Das Taggeld beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, das vor dem Beginn des Anspruchs auf die Adoptionsentschädigung erzielt wurde.

1

Für die Ermittlung des Einkommens ist Artikel 11 Absatz 1 sinngemäss anwendbar.

2

3

Für den Höchstbetrag gilt Artikel 16f sinngemäss.

Teilen die Eltern den Adoptionsurlaub auf, so wird die Entschädigung für jeden Elternteil gesondert berechnet.

4

Art. 20 Abs. 1 Bst. c EOG 1

...

c.

bei Adoption fünf Jahre nach Ende des Anspruchs nach Artikel 16j Absatz 3.

Obligationenrecht14 Art. 329b Abs. 3 Bst. b 3

...

b.

eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer einen Adoptionsurlaub nach Artikel 329g bezogen hat.

Art. 329g Abs. 2­4 Der Adoptionsurlaub muss innerhalb des ersten Jahres nach Aufnahme des Kindes bezogen werden.

2

Er kann von einem Elternteil bezogen oder unter den Eltern aufgeteilt werden. Ein gleichzeitiger Bezug ist ausgeschlossen.

3

4

Er kann wochen- oder tageweise bezogen werden.

14

SR 220

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Bundesgesetz vom 25. Juni 198215 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung Art. 8 Abs. 3 erster Satz Sinkt der Jahreslohn vorübergehend wegen Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Mutterschaft, Adoption oder aus ähnlichen Gründen, so behält der bisherige koordinierte Lohn mindestens so lange Gültigkeit, als die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nach Artikel 324a des Obligationenrechts16 (OR) bestehen würde oder ein Mutterschaftsurlaub nach Artikel 329f OR oder ein Adoptionsurlaub nach Artikel 329g OR dauert. ...

3

Bundesgesetz vom 20. März 198117 über die Unfallversicherung Art. 16 Abs. 3 Das Taggeld der Unfallversicherung wird nicht gewährt, wenn ein Anspruch auf ein Taggeld der Invalidenversicherung oder eine Mutterschafts- oder Adoptionsentschädigung nach dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952 18 besteht.

3

Bundesgesetz vom 20. Juni 195219 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft Art. 10 Abs. 4 Während des Mutterschaftsurlaubs nach Artikel 329f des Obligationenrechts20 (OR) und des Adoptionsurlaubs nach Artikel 329g OR besteht weiterhin Anspruch auf die Familienzulagen.

4

15 16 17 18 19 20

SR 831.40 SR 220 SR 832.20 SR 834.1 SR 836.1 SR 220

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