18.081 Botschaft zur Änderung des Heilmittelgesetzes (neue Medizinprodukte-Regulierung) vom 30. November 2018

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Heilmittelgesetzes.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. November 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2018-1737

1

Übersicht Mit dieser Vorlage sollen in enger Anlehnung an zwei neue EU-Verordnungen auch in der Schweiz die Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten erhöht werden. Patientinnen und Patienten sollen weiterhin vom ganzen europäischen Angebot an Produkten profitieren können, und Schweizer Herstellern soll der Zugang zum europäischen Binnenmarkt ohne Wettbewerbsnachteile erhalten bleiben.

Ausgangslage Die Schweiz verfügt gegenwärtig über eine gleichwertige Regulierung für Medizinprodukte wie die EU. Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA, Teil der Bilateralen I) bindet die Schweiz in die europäische Marktüberwachung ein und erlaubt Schweizer Medizinprodukteherstellern und Schweizer Konformitätsbewertungsstellen einen Zugang zum europäischen Binnenmarkt, der mit demjenigen ihrer Mitbewerber aus der EU vergleichbar ist.

Zudem können Schweizer Patientinnen und Patienten von der ganzen europäischen Palette an Medizinprodukten profitieren.

Aufgrund von verschiedenen Zwischenfällen mit mangelhaften Medizinprodukten, welche die Patientensicherheit schwerwiegend gefährdet haben, hat die EU ihren Rechtsrahmen deutlich verschärft. Mit griffigeren Bestimmungen in zwei Verordnungen sollen daher Qualität und Sicherheit der Medizinprodukte verbessert und der Vollzug in der EU harmonisiert und damit die Patientensicherheit erhöht werden. Die zwei neuen Verordnungen über Medizinprodukte (Medical Devices Regulation, MDR) und In-vitro-Diagnostika (In-vitro Diagnostic Medical Devices Regulation, IVDR) wurden am 5. April 2017 verabschiedet.

Inhalt der Vorlage In enger Anlehnung an diese beiden neuen EU-Verordnungen sollen im Interesse der Patientinnen und Patienten die Sicherheit und Qualität der Medizinprodukte auch in der Schweiz erhöht werden. Diese Anpassung des Schweizer Rechts ist Teil des Masterplans «Massnahmen des Bundes zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie». Die vorliegende Vorlage beinhaltet die sektoriellen, d. h. die Medizinprodukte betreffenden, Anpassungen auf Gesetzesstufe (Heilmittelgesetz [HMG] und Humanforschungsgesetz [HFG]). Die Inkraftsetzung der Gesetzesänderungen sowie der neuen Verordnungen muss zwingend im ersten Halbjahr 2020 erfolgen, damit die Äquivalenz mit dem EU Recht erhalten bleibt.

2

Im Einzelnen werden in zwei Bereichen Anpassungen vorgenommen: ­

Mit der Teilrevision des HMG werden die rechtlichen Grundlagen betreffend die Anforderungen an Medizinprodukte, die Konformitätsbewertungsverfahren, die Registrierung und Produkteidentifikation sowie die Pflichten der Wirtschaftsakteure angepasst und mit den entsprechenden Bestimmungen der EU (MDR und IVDR) harmonisiert. Gleichzeitig wurden die geltenden gesetzlichen Grundlagen betreffend die Medizinprodukte für bereits bestehende Massnahmen überprüft und wo nötig angepasst. Mit der Vorlage werden zudem bestehende Lücken geschlossen, die keinen Zusammenhang mit den Medizinprodukten haben.

­

Auch im Bereich des Humanforschungsrechts ist die Gleichwertigkeit der materiellen und prozeduralen Anforderungen an die Bewilligung und die Durchführung von Forschungsprojekten mit Medizinprodukten sicherzustellen. Anzupassen sind insbesondere die Verfahren zur Überprüfung und zur Bewilligung, die die kantonalen Ethikkommissionen und die Swissmedic durchführen (HFG und HMG), die verwendete Terminologie sowie die Kategorisierung der einzelnen Forschungsprojekte. Einen weiteren wesentlichen Aspekt bilden die anspruchsvolleren Transparenzanforderungen der MDR, insbesondere auch hinsichtlich der Bewilligungsverfahren bei den zuständigen Behörden.

Mit der neuen Regulierung der Medizinprodukte werden an die Marktüberwachung durch Swissmedic erheblich höhere Anforderungen gestellt als bisher. Die Aufwendungen von jährlich rund 11,5 Millionen Franken sollen durch einen erhöhten Bundesbeitrag finanziert werden. Die Einführung einer Aufsichtsabgabe soll jedoch offengehalten und zu gegebener Zeit erneut evaluiert werden.

3

BBl 2019

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2

1

6 6 6

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Medizinprodukteregulierung in der Schweiz 1.1.2 Entwicklungen in der EU und Konsequenzen für die Schweiz 1.1.3 Staatsvertragliche Vereinbarung (Mutual Recognition Agreement ­ MRA) 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Änderung des Heilmittelgesetzes 1.2.2 Änderung des Humanforschungsgesetzes (HFG) 1.3 Vernehmlassungsverfahren und Überarbeitung des Vorentwurfs 1.3.1 Ergebnisse 1.3.2 Vorgenommene Änderungen 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 1.6 Umsetzung

11 12 12 14 15 15 18 20 20 20

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Heilmittelgesetz (HMG) 2.2 Humanforschungsgesetz (HFG)

20 20 38

3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf die Kantone 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.3.1 Medizinproduktehersteller 3.3.2 Konformitätsbewertungsstellen 3.3.3 (Berufsmässige) Anwenderinnen und Anwender 3.3.4 Patientinnen und Patienten sowie Konsumentinnen und Konsumenten 3.3.5 Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen 3.4 Zweckmässigkeit im Vollzug

42 42 42 43 44 45 46

Rechtliche Aspekte 4.1 Verfassungsmässigkeit 4.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 4.3 Erlassform

48 48 48 48

4

4

8

46 46 47

BBl 2019

4.4 4.5 4.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Unterstellung unter die Ausgabenbremse Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetze

Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG) (Entwurf)

49 51 51 53

5

BBl 2019

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Medizinprodukteregulierung in der Schweiz

Medizinprodukte sind Produkte, einschliesslich Instrumente, Apparate, In-vitro-Diagnostika, Software und anderer Gegenstände oder Stoffe, die für die medizinische Verwendung bestimmt sind oder angepriesen werden. Im Gegensatz zu Arzneimitteln beruht ihre bestimmungsgemässe Hauptwirkung nicht auf einem pharmakologischen, metabolischen oder immunologischen Prinzip, sondern erfolgt meist auf physikalische oder physikochemische Weise. Medizinprodukte werden eingesetzt, um Krankheiten zu verhüten, zu erkennen, zu behandeln oder zu überwachen. Dazu gehören nicht nur komplizierte diagnostische Geräte, wie Computertomographen, oder künstliche Herzklappen, Stents und Hüftprothesen. Auch ein Heftpflaster, eine Injektionskanüle, Krücken, Brillen oder Kontaktlinsen sind Medizinprodukte. Der europäische Binnenmarkt umfasst heute rund 500 000 verschiedene Medizinprodukte. Zu diesem Markt hat die Schweiz auf der Basis des Abkommens vom 21. Juni 19991 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA, Teil der Bilateralen I) einen direkten Zugang.

Die Abgrenzung der Medizinprodukte von Arzneimitteln ist bedeutsam, da Marktzugang und Verkehrsfähigkeit unterschiedlich geregelt sind. Medizinprodukte werden in der Europäischen Union (EU) und in der Schweiz nicht wie Arzneimittel durch eine staatliche Behörde zugelassen, sondern sie durchlaufen ein Konformitätsbewertungsverfahren. Medizinprodukte werden in unterschiedliche Risikoklassen beziehungsweise Gruppen eingeteilt, und je nach Einteilung sind die Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz und Leistungsfähigkeit unterschiedlich.

Wer Medizinprodukte in der Schweiz in Verkehr bringt, muss die Konformität der Produkte sicherstellen. Der Hersteller führt vor dem Marktzutritt in eigener Verantwortung ein Konformitätsbewertungsverfahren für seine Produkte durch. Für Produkte mit höheren Risiken muss diese Bewertung durch eine der ca. 60 in Europa behördlich anerkannten Konformitätsbewertungsstellen überprüft werden. Das entsprechende Verfahren führt zur Kennzeichnung der Produkte mit dem CE-Zeichen, das die Übereinstimmung mit den Anforderungen bestätigt.

Bereits heute müssen Medizinproduktehersteller teilweise einen Nachweis (klinische Bewertung) zur Sicherheit
und zum Nutzen des Produkts erbringen, bevor das Produkt in Verkehr gebracht werden kann. Je nach Produkteklasse müssen zudem für den Nachweis der Sicherheit und des Nutzens verschiedene klinische Versuche durchgeführt werden. Bei bestimmten Produkten und je nachdem, wie die klinische Bewertung ausgefallen ist, werden von den Konformitätsbewertungsstellen nach der

1

6

SR 0.946.526.81

BBl 2019

Marktzulassung noch weitere Studien (sog. Postmarketing-Studien) gefordert, um zusätzliche Daten zur Sicherheit auch in der Langzeitanwendung zu erhalten.

Das Schweizerische Heilmittelinstitut (Swissmedic) ist für die Überwachung von in Verkehr gebrachten Medizinprodukten zuständig. Die Swissmedic überwacht zudem die schweizerischen Konformitätsbewertungsstellen in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Akkreditierungsstelle (SAS). Dabei inspiziert sie die schweizerischen Konformitätsbewertungsstellen und überprüft, ob die Anforderungen für deren Bezeichnung erfüllt sind. Ferner nimmt sie regelmässig Meldungen von Konformitätsbewertungsstellen über deren ausgestellte Zertifikate entgegen. Die Swissmedic überwacht den Markt anhand von Stichproben und Inspektionen sowie aufgrund von Meldungen aus dem Markt und arbeitet eng mit den europäischen Partnerbehörden zusammen. Sie nimmt an Qualitätssicherungsmassnahmen der zuständigen nationalen Behörden in Europa teil, namentlich an gemeinsamen Inspektionen von Konformitätsbewertungsstellen im In- und Ausland. Weiter informiert sie die Öffentlichkeit über neue sicherheitsrelevante Erkenntnisse. Die Hersteller ihrerseits müssen Produktrückrufe in eigener Verantwortung durchführen. Die Swissmedic greift dann ein, wenn Sicherheitsbedenken vorliegen und die Hersteller nicht von sich aus die nötigen Massnahmen ergreifen.

Die Schweiz verfügt im Bereich der Medizinprodukte gegenwärtig über eine gleichwertige Regulierung wie die EU. Das MRA mit der EU bindet die Schweiz in die europäische Marktüberwachung ein und erlaubt Schweizer Medizinprodukteherstellern und Konformitätsbewertungsstellen einen vergleichbaren Zugang zum europäischen Binnenmarkt wie ihren Mitbewerbern aus der EU, d. h. Schweizer Hersteller können ihre Produkte in der Schweiz und in der EU ohne Anpassung der Produktspezifikationen auf den Markt bringen. Auf der Basis des MRA arbeitet die Swissmedic in der Marküberwachung eng mit den europäischen zuständigen nationalen Behörden zusammen. Die Aufrechterhaltung der Gleichwertigkeit der Rechtsgrundlagen in der Schweiz und der EU ist zentral, um technische Handelshemmnisse zwischen den beiden Parteien zu vermeiden.

Die Regulierung der Medizinprodukte erfolgt auf Bundesebene im Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 20002 (HMG) sowie in der Medizinprodukteverordnung
vom 17. Oktober 20013 (MepV). Geregelt werden darin namentlich Anforderungen an Medizinprodukte, an die Konformitätsbewertungsstellen und die Konformitätsbewertungsverfahren sowie die Vorgaben zum Inverkehrbringen (Vertrieb und Abgabe), zur Anwendung, zur Instandhaltung, zur Ein- und Ausfuhr, zur Marktüberwachung sowie zur Werbung für Medizinprodukte.

Die Vorgaben für die klinischen Versuche mit Medizinprodukten sind im HMG (Art. 53 ff.) und im Humanforschungsgesetz vom 30. September 20114 (HFG) geregelt. Das HFG sowie das zugehörige Ausführungsrecht, namentlich die Verordnung vom 20. September 20135 über klinische Versuche in der Humanforschung (KlinV), regeln seit dem 1. Januar 2014 die Forschung am Menschen. Ziel der Rege2 3 4 5

SR 812.21 SR 812.213 SR 810.30 SR 810.305

7

BBl 2019

lung ist in erster Linie der Schutz von Würde, Persönlichkeit und Gesundheit der Menschen, die sich zur Teilnahme an Forschungsprojekten bereit erklären. Ferner sollen günstige Rahmenbedingungen für die Forschung geschaffen sowie Qualität und Transparenz der Forschung gewährleistet werden.

Für Humanforschungsprojekte gilt generell die Pflicht, bei der zuständigen kantonalen Ethikkommission für die Forschung eine Bewilligung einzuholen. Diese Pflicht gilt auch für klinische Versuche mit Medizinprodukten. Bestimmte klinische Versuche mit Medizinprodukten müssen zusätzlich auch von der Swissmedic bewilligt werden. Dazu gehören die Versuche, die ein Medizinprodukt untersuchen, das über keine Konformitätsbewertung verfügt oder das im Rahmen der Forschung in einer Weise angewendet werden soll, die von der mit der Konformitätsbewertung verbundenen Zweckbestimmung abweicht. Ferner unterliegen auch Projekte, die keine klinischen Versuche sind, aber mit der Erhebung gesundheitsbezogener Personendaten oder mit der Entnahme von biologischem Material einhergehen, der Bewilligung durch die Ethikkommissionen.

Die schweizerische Medizinprodukte-Industrie ist ein bedeutender Wirtschafts- und Exportfaktor. Die Schweizer Medizinproduktehersteller erwirtschaften mehr als 70 Prozent ihrer Umsätze über Exporte, die Hälfte davon gehen in die EU. Dies entspricht ungefähr 4 Prozent aller Schweizer Exporte (Export-Volumen 10,6 Mrd.

Fr.) und einem Anteil von 2,2 Prozent am Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP).

1350 Unternehmen (Hersteller6, Zulieferer, Dienstleister und Handels- und Vertriebsgesellschaften) beschäftigen rund 54 500 Personen7.

1.1.2

Entwicklungen in der EU und Konsequenzen für die Schweiz

Die EU harmonisiert das Medizinprodukterecht seit Anfang der 1990er-Jahre mittels dreier Richtlinien8. Verschiedene gravierende Vorkommnisse mit Medizinprodukten (u. a. mangelhafte Silikon-Brustimplantate, fehlerhafte Hüftprothesen) liessen Zweifel am System für das Inverkehrbringen und die Überwachung von Medizinprodukten in der EU aufkommen. Im September 2012 stellte die EU-Kommission deshalb

6 7 8

8

Z. B. Implantathersteller oder Hersteller von Insulinpumpen, Spitaleinrichtungen und Laboruntensilien.

Die Schweizer Medizintechnikindustrie 2016, SMTI-Branchenstudie.

Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte (ABl. L 189 vom 20.7.1990, S. 17; zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/47/EG, ABl. L 247 vom 21.9.2007, S. 21; Active Implantable Medical Devices, AIMD); Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1; zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/47/EG, ABl. L 247 vom 21.9.2007, S. 21; Medical Device Directive, MDD); Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1; zuletzt geändert durch Richtlinie 2011/100/EU, ABl. L 341 vom 22.12.2011, S. 50; In-Vitro Diagnostic Medical Devices Directive, IVD).

BBl 2019

ihre Vorschläge für zwei neue EU-Verordnungen zu Medizinprodukten (MDR)9 sowie zu In-vitro-Diagnostika (IVDR)10 vor, die die bisherigen Richtlinien ablösen sollten. Mit griffigeren Bestimmungen auf Verordnungsstufe sollen Qualität und Sicherheit der Medizinprodukte verbessert und damit die Patientensicherheit erhöht werden.

Nach Beratungen und intensiven Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament der EU haben der EU-Rat am 7. März 2017 und das EU-Parlament am 4. April 2017 die beiden Verordnungen verabschiedet. Die Verordnungen wurden am 5. Mai 2017 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und traten 20 Tage später in Kraft. Nach Ablauf verschiedener Übergangsfristen (bis 3 Jahre bei MDR, bis 5 Jahre bei IVDR) ist die vollumfängliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten vorgeschrieben. Erste Elemente sind jedoch bereits seit dem 26. November 2017 anwendbar. Sie betreffen die Konformitätsbewertungsstellen11 sowie die Einrichtung einer neuen Koordinationsgruppe Medizinprodukte der EU (Medical Device Coordination Group, MDCG), die eine zentrale Rolle für die einheitliche Anwendung der Verordnungen spielen wird.

Mit den neuen Verordnungen werden die Regulierungsanforderungen für alle involvierten Akteure erheblich verschärft. Hersteller müssen nun Nutzen und Zweckmässigkeit bei Hochrisikoprodukten mit klinischen Studien belegen sowie deren Sicherheit bewerten. Ebenso werden die Kriterien für die Bewilligung und Überwachung von klinischen Versuchen und Leistungsprüfungen strenger gestaltet, und zur eindeutigen Identifizierung müssen alle Produkte mit einer UDI-Nummer (Unique Device Identification) bezeichnet werden. Diese Nummer ermöglicht eine lückenlose Rückverfolgbarkeit. Zudem müssen verschiedene Angaben in der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte «Eudamed» hinterlegt werden, welche teilweise den Patientinnen und Patienten und der Öffentlichkeit in einer verständlichen Form zugänglich gemacht werden. Gleichzeitig werden auch die Anforderungen und Verantwortlichkeiten der zuständigen Behörden sowie der Konformitätsbewertungsstellen klarer geregelt und erhöht. Aufgrund der technischen Komplexität der heute zur Verfügung stehenden In-vitro-Diagnostika hat die EU zudem eine neue Verordnung zu den In-vitro-Diagnostika (IVDR) ­ als Untergruppe der Medizinprodukte ­ erarbeitet.

Die neuen
Verordnungen der EU sind in den Mitgliedstaaten der EU direkt anwendbar, d. h. sie müssen nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Die Anwendung und der Vollzug auf dem ganzen Gebiet der EU sollen damit und durch neue, koordinierende Kompetenzen der EU-Kommission harmonisiert und effizienter gestaltet werden.

9

10

11

Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates, ABl. L 117, S. 1 (Medical Device Regulation, MDR).

Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission, ABl. L 117, S. 176 (In-Vitro Diagnostic Medical Devices Regulation, IVDR).

Benannte Stellen in der EU-Terminologie.

9

BBl 2019

Durch Angleichung des Schweizer Medizinprodukterechts an die beiden neuen EUVerordnungen sollen auch in der Schweiz die Sicherheit und Qualität der Medizinprodukte verbessert werden. Zusätzlich ist die Aufrechterhaltung der im MRA bestätigten Gleichwertigkeit der Rechtsgrundlagen in der Schweiz und der EU zentral, um technische Handelshemmnisse zwischen den beiden Parteien zu vermeiden und die Versorgung wie auch die Patientensicherheit in der Schweiz weiterhin gewährleisten zu können.

Mit der Angleichung der gesetzlichen Grundlagen für Medizinprodukte an die neuen Bestimmungen der EU kann die Schweiz weiterhin als gleichberechtigter Partner am europäischen Binnenmarkt für Medizinprodukte teilnehmen. Sie sichert sich damit die Möglichkeit, im Verbund mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der EU eine effektive und effiziente Marktüberwachung von Medizinprodukten weiterzuführen und von den angestrebten Verbesserungen der Patientensicherheit sowie der neuen Transparenz der Informationen über Medizinprodukte zu profitieren. Die Revision des Schweizer Medizinprodukterechts orientiert sich daher umfassend an den neuen Verordnungen der EU.

Das Schweizer Recht wird in Etappen, die sich an den in der EU vorgesehenen Übergangsfristen ausrichten, an die neuen EU-Bestimmungen angepasst: ­

Eine vorgezogene Revision der MepV vom 25. Oktober 2017 bildet zusammen mit der entsprechenden Aktualisierung des MRA die Grundlage, damit sich die Schweizer Konformitätsbewertungsstellen seit November 2017 für die Bezeichnung nach dem neuen Recht anmelden können, und ermöglicht es der Swissmedic, in den neu zu schaffenden Expertengruppen der EU mitzuarbeiten. Ebenso werden das Inverkehrbringen und die Marktüberwachung von Medizinprodukten nach neuem EU-Recht in der Übergangsphase bis zur vollen Anwendbarkeit der EU-Verordnungen geregelt.

­

Mit der im vorliegenden Entwurf vorgesehenen Änderungen auf Stufe Gesetz, im HMG und im HFG, sollen die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, die notwendig sind, um das Ausführungsrecht an die neue EURegulierung der Medizinprodukte anzupassen.

­

Schliesslich wird das Verordnungsrecht umfassend überarbeitet. Vorgesehen sind namentlich eine Totalrevision der MepV, die Schaffung einer neuen Verordnung für In-vitro-Diagnostika (IvDV) sowie einer neuen Verordnung über klinische Versuche mit Medizinprodukten. Diese Änderungen sollen im Zeitpunkt, ab dem das EU-Recht in den Mitgliedstaaten vollständig anwendbar ist (MDR: 26. Mai 2020; IVDR: 26. Mai 2022), zeitgleich mit den Gesetzesänderungen in Kraft gesetzt werden.

Parallel zu den vorgenannten Rechtssetzungsprojekten muss das MRA durch den Gemischten Ausschuss Schweiz­EU nachgeführt werden, um die gegenseitigen Verpflichtungen Schweiz-EU völkerrechtlich festzuhalten und den Rahmen der notwendigen Zusammenarbeit zu vereinbaren.

10

BBl 2019

1.1.3

Staatsvertragliche Vereinbarung (Mutual Recognition Agreement ­ MRA)

Das MRA trat als Bestandteil des Pakets der sieben Abkommen der Bilateralen I am 1. Juni 2002 in Kraft. Dieses Abkommen ist ein Instrument zum Abbau technischer Handelshemmnisse bei der Vermarktung zahlreicher Industrieerzeugnisse zwischen der Schweiz und der EU. Es gilt für die wichtigsten Produktsektoren (z. B. Maschinen, Medizinprodukte, elektrische Geräte, Bauprodukte, Aufzüge, Biozidprodukte).

Die zwanzig vom Abkommen abgedeckten Produktbereiche stellten 2016 für die Schweiz ein Exportvolumen in die EU von über 74 Milliarden Franken dar und umgekehrt ein Importvolumen aus der EU von über 70 Milliarden Franken. Diese Zahlen beinhalten auch Pharma- und Chemieprodukte, bei denen nur Teile der Konformitätsbewertung unter das Abkommen fallen («gute Herstellungspraxis» und «gute Laborpraxis»).

Mit dem Abkommen wird sichergestellt, dass für die schweizerischen Hersteller und Konformitätsbewertungsstellen in den vom Abkommen abgedeckten Produktsektoren auf dem europäischen Markt möglichst dieselben Marktzutrittsbedingungen gelten wie für ihre Konkurrenten aus der EU beziehungsweise dem EWR. Das MRA reduziert Zeit und Kosten für die Kommerzialisierung der Produkte auf dem betreffenden Auslandmarkt.

Das Abkommen leistet einen Beitrag zum Abbau technischer Handelshemmnisse, wie beispielsweise die unterschiedlichen nationalen Produktvorschriften oder die Nichtanerkennung ausländischer Konformitätsbewertungen. Zum einen wird durch das Abkommen die Gleichwertigkeit der technischen Vorschriften der Schweiz und der EU bestätigt. Somit müssen die Produkte nicht in der Schweiz und in der EU unterschiedliche Vorschriften erfüllen. Im schlimmsten Fall würde dies zu separaten Produkteserien führen. Zum anderen kann die doppelte Konformitätsbewertung (in der Schweiz und in der EU) vermieden werden, indem für den Marktzutritt nur eine Konformitätsbewertung erforderlich ist, welche basierend auf den technischen Vorschriften der Schweiz oder der EU von einer durch das Abkommen anerkannten Konformitätsbewertungsstelle durchgeführt werden kann.

Parallel zu den Änderungen der technischen Vorschriften in der Schweiz und der EU muss das MRA durch den Gemischten Ausschuss Schweiz­EU nachgeführt werden, damit die vertraglichen Verpflichtungen den nationalen Vorschriften entsprechen.

Das MRA wurde im Zusammenhang mit
der vorgezogenen Revision der MepV aktualisiert und trat am 22. Dezember 2017 in Kraft. Betreffend Medizinprodukte wird zum Beispiel die Zusammenarbeit der schweizerischen Vollzugsbehörde (Swissmedic) mit den Behörden der EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission geregelt. Diese Zusammenarbeit ermöglicht Schweizer Herstellern den Zugang zum EU-Binnenmarkt unter gleichen Konditionen wie ihren Mitbewerbern aus der EU.

11

BBl 2019

1.2

Die beantragte Neuregelung

1.2.1

Änderung des Heilmittelgesetzes

Mit der Teilrevision des HMG werden die gesetzlichen Grundlagen zu den Medizinprodukten überarbeitet und an das neue EU-Recht angepasst. Die Anforderungen an Medizinprodukte, Konformitätsbewertungsverfahren, Registrierung und Produkteidentifikation und die Pflichten der Wirtschaftsakteure12 werden angepasst und mit den entsprechenden Bestimmungen der EU (MDR und IVDR) harmonisiert. Gleichzeitig wurden die geltenden gesetzlichen Grundlagen betreffend die Medizinprodukte für bereits bestehende Massnahmen überprüft und wo nötig angepasst. Mit der Vorlage werden zudem bestehende Lücken geschlossen, die keinen Zusammenhang mit den Medizinprodukten haben.

Die Regulierungsschwerpunkte umfassen:

12

12

­

Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung: Der Bundesrat soll ermächtigt werden, Produkte, die eine kosmetische oder eine sonstige nicht-medizinische Zweckbestimmung haben, die aber hinsichtlich ihrer Funktionsweise und Risikoprofile Medizinprodukten ähneln, dem Gesetz zu unterstellen.

­

Devitalisiertes menschliches Gewebe mit Funktion als Heilmittel: Produkte aus menschlichem Gewebe, die keine lebenden Zellen mehr enthalten (namentlich devitalisiert sind), wurden in der Schweiz bis anhin als Medizinprodukte behandelt. Mit der MDR unterstellt die EU ­ im Bereich der Transplantate, Gewebe oder Zellen menschlichen Ursprungs und ihre Derivate ­ jedoch nur diejenigen Produkte dem Medizinproduktebegriff, die aus Derivaten von Geweben oder Zellen hergestellt sind, die nicht lebensfähig sind oder abgetötet wurden, sowie gewisse Kombinationsprodukte. Dieselben Begriffe sollen auch im Schweizerischen Recht verwendet werden.

Dadurch entsteht jedoch im Schweizerischen Recht eine Regelungslücke bei denjenigen Produkten aus devitalisiertem menschlichem Gewebe, die nicht unter den Medizinproduktebegriff fallen. Sie sollten aus Gründen des Gesundheitsschutzes einer gesetzlichen Regelung unterstehen.

­

Legaldefinition des Begriffs Medizinprodukte: Die Begriffsdefinition «Medizinprodukte» wurde in Anlehnung an die Definition in der EU ergänzt. Im Ausführungsrecht soll der Begriff wie bisher näher ausgeführt werden.

­

Begriffsdefinitionen auf Verordnungsstufe, die vom Gesetz abweichen: Da einige in der MDR beziehungsweise der IVDR definierten Begriffe mehr oder weniger stark von den Begriffsdefinitionen des schweizerischen Heilmittelrechts abweichen, sollen demzufolge die medizinproduktespezifischen Begriffe der MDR und der IVDR auf Stufe Bundesratsverordnung übernommen werden. Dazu soll dem Bundesrat die Kompetenz erteilt werden,

Als «Wirtschaftsakteure» werden gemäss MDR und IVDR Hersteller, bevollmächtigte Vertreter, Importeure und Händler verstanden. Gemäss MDR fallen zusätzlich Personen, die Medizinproduktesysteme oder Behandlungseinheiten in Verkehr bringen oder die solche Produkte im Hinblick auf deren Inverkehrbringen sterilisieren, unter diesen Begriff (siehe Art. 2 Ziff. 35 MDR und Art. 2 Ziff. 28 IVDR).

BBl 2019

im Bereich der Medizinprodukte vom Gesetz abweichende Definitionen vorzusehen.

­

Ergänzung des 3. Kapitels «Medizinprodukte»: Die bestehenden Regelungen zu den Anforderungen an die Medizinprodukte (Art. 45) und zum Konformitätsbewertungsverfahren (Art. 46) werden punktuell ergänzt. Neu geregelt werden die Grundzüge wesentlicher neuer Pflichten wie die Registrierung von Medizinprodukten und die Produktidentifikation. Zudem werden die wesentlichen Elemente weiterer Pflichten, wie die Erstellung einer technischen Dokumentation, die Führung eines Qualitätsmanagementsystems und die Rückverfolgbarkeit geregelt.

­

Informationssystem Medizinprodukte: Für einen zeitgemässen Vollzug bedarf es eines Informationssystems, das im Verbund mit der europäischen Datenbank für Medizinprodukte «Eudamed» in der Schweiz aufgebaut werden soll und die Wahrnehmung der Vollzugsaufgaben unterstützt. Artikel 62c soll die gesetzliche Grundlage für den Betrieb eines Informationssystems schaffen. Das Informationssystem, das für die Aufgabenerfüllung im Bereich der Marktüberwachung von Medizinprodukten notwendig ist, wird von der Swissmedic betrieben.

­

Bekanntgabe von Daten ins Ausland: Die gesetzliche Grundlage zur Bekanntgabe von Daten ins Ausland wurde vollständig neu formuliert. Damit soll namentlich die Bekanntgabe von Daten in «Eudamed» ermöglicht werden.

­

Anwendbarkeit Delegierter Rechtsakte und von Durchführungsrechtsakten der EU: Verschiedene Elemente der EU-Verordnungen werden während der Übergangsfristen durch die EU-Kommission mittels Delegierter Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte konkretisiert. Diese Akte technischer Natur sind kurzfristig (innerhalb 20 Tagen nach Publikation) anzuwenden. Damit dies erfolgen kann, wurde eine Bestimmung aufgenommen, welche es dem Bundesrat erlaubt, die entsprechenden Rechtsakte der EU zur MDR und IVDR in der jeweiligen für die EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Fassung für die Schweiz als anwendbar zu erklären.

­

Internationale Zusammenarbeit: Die Vollzugsbehörden des Bundes werden verpflichtet, die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden und Institutionen sowie mit internationalen und zwischenstaatlichen Organisationen zu suchen und zu pflegen.

Mit der neuen Regulierung der Medizinprodukte werden auch an die Marktüberwachung durch Swissmedic erheblich höhere Anforderungen gestellt als bisher. Die Frage, wie dieser Mehraufwand finanziert werden kann, wurde eingehend geprüft: Die Swissmedic finanziert sich (Stand 2016) zu rund 48 Prozent durch Aufsichtsabgaben, 35 Prozent durch Verfahrensgebühren und 16 Prozent durch einen Bundesbeitrag. Mit dem Bundesbeitrag werden bis anhin die Produkte «Rechtsetzung», «Information Öffentlichkeit», «Strafrecht», «Vigilance Medizinprodukte» und «Marktüberwachung Medizinprodukte» finanziert. Die Marktüberwachung der Medizinprodukte wird durch den Bund und nicht durch die regulierte Branche selber finan-

13

BBl 2019

ziert; dies im Gegensatz zur Marktüberwachung der Arzneimittel, deren Kosten durch die vorerwähnte Aufsichtsabgabe gedeckt werden.

Der Grund für diese unterschiedliche Finanzierung liegt einerseits darin, dass die abgabepflichtigen Inverkehrbringer von Medizinprodukten nicht bekannt sind und dass andererseits auf den Medizinprodukten der volle Mehrwertsteuersatz von zurzeit 7,7 Prozent erhoben wird, während Arzneimittel dem reduzierten Satz von 2,5 Prozent unterliegen.

Der berechnete Vollzugsaufwand für die neue Regulierung wird nach heutigem Wissensstand einen Aufwand von rund 13,2 Millionen Franken verursachen. Davon sollten rund 1,7 Millionen Franken durch Verfahrensgebühren gedeckt werden können. Der übrige Aufwand im Umfang von rund 11,5 Millionen liegt um rund 5,7 Millionen höher als bisher und wird entweder durch eine Aufsichtsabgabe nach dem Vorbild derjenigen für die Marktüberwachung der Arzneimittel oder weiterhin durch den entsprechend erhöhten Bundesbeitrag finanziert.

Die Einführung einer neuen Aufsichtsabgabe zur Finanzierung der Marktüberwachung der Medizinprodukte wurde vertieft geprüft, muss gegenwärtig aber verworfen werden. Dies in erster Linie deshalb, weil es mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist, die Abgabesubjekte zu identifizieren. Anders als bei den Arzneimitteln unterstehen die Wirtschaftsakteure, welche Medizinprodukte auf den Markt bringen (Hersteller, Importeure und andere Grosshändler) keiner Bewilligungspflicht. Es ist heute somit nicht bekannt, wie viele solcher Wirtschaftsakteure es gibt und wer sie sind.

Vor diesem Hintergrund kommt nach Ansicht des Bundesrates für die Finanzierung der Marktüberwachungstätigkeiten für Medizinprodukte nur der Bundesbeitrag in Frage. Allerdings wird in den nächsten Jahren die zentrale europäische Datenbank «Eudamed» aufgebaut, in der sich namentlich die Hersteller von Medizinprodukten werden registrieren müssen. Der Bundesrat ist der Meinung, dass die Einführung einer Aufsichtsabgabe offengehalten und zu gegebener Zeit erneut evaluiert werden sollte.

1.2.2

Änderung des Humanforschungsgesetzes (HFG)

Die MDR enthält auch Vorschriften zur Entwicklung von Medizinprodukten, namentlich zur Durchführung klinischer Versuche. Damit ist auch das Humanforschungsrecht der Schweiz betroffen. Auch in diesem Bereich ist die angemessene Gleichwertigkeit der materiellen und prozeduralen Anforderungen an die Bewilligung und Durchführung von Forschungsprojekten mit Medizinprodukten sicherzustellen. Bezüglich der materiellen Anforderungen, d. h. etwa der Bestimmungen zum Schutz der betroffenen Personen, sind die europäischen Regelungen und die schweizerische Gesetzgebung identisch (z. B. die Vorgabe der aufgeklärten Einwilligung) oder aber als gleichwertig zu beurteilen (z. B. der Schutz einwilligungsunfähiger Personen). Anzupassen sind insbesondere die Verfahren zur Überprüfung und zur Bewilligung, die die kantonalen Ethikkommissionen und die Swissmedic durchführen, die verwendete Terminologie (z. B. der Begriff der «klinischen Prüfung» gemäss MDR im Vergleich zur Definition der klinischen Versuche gemäss HFG) 14

BBl 2019

sowie die Kategorisierung der einzelnen Forschungsprojekte. Einen weiteren wesentlichen Aspekt bilden die Transparenzanforderungen der MDR, insbesondere hinsichtlich der Dokumente des Bewilligungsverfahrens. Darüber hinaus bedarf der beabsichtigte Datenaustausch zwischen der EU und der Schweiz über die entsprechenden elektronischen Datenbanksysteme einer rechtlichen Grundlage. Bei all dem ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die europäische und die schweizerische Gesetzgebung nicht nach derselben Struktur aufgebaut sind. Die EU-Regulierung legt in erster Linie fest, dass Forschungsprojekte mit Medizinprodukten durchgeführt werden müssen, damit diese Produkte auf einer sicheren Datengrundlage in Verkehr gebracht werden können. Die schweizerische Gesetzgebung hingegen bezweckt unabhängig von einem allfälligen späteren Inverkehrbringen eines Produkts primär den Schutz der an einem Forschungsprojekt teilnehmenden Personen und regelt dazu die Voraussetzungen für dessen Durchführung. Zu erwähnen ist, dass sich auch im EU-Recht Bestimmungen finden, die einen im Vergleich zur Schweiz gleichwertigen Schutz der teilnehmenden Personen gewährleisten.

1.3

Vernehmlassungsverfahren und Überarbeitung des Vorentwurfs

1.3.1

Ergebnisse

Das EDI hat im Auftrag des Bundesrates vom 2. März bis am 14. Juni 2018 das Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.13 Der Vorentwurf beinhaltete neben den Änderungen des HMG und des HFG auch punktuelle Anpassungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 199514 über die technischen Handelshemmnisse (THG).

Es wurden 335 Stellen zur Vernehmlassung eingeladen: die Regierungen der 26 Kantone, die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), das Fürstentum Liechtenstein, die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), die Kantonsapothekervereinigung (KAV), dreizehn politische Parteien, drei Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, acht Dachverbände der Wirtschaft sowie 281 weitere Organisationen und Verbände. Insgesamt gingen 88 Rückmeldungen ein ­ davon verzichteten acht auf eine Stellungnahme.

Die Gesamtvorlage wird im Grundsatz von den meisten Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst und unterstützt, mit Ausnahme der SVP. Die Aufrechterhaltung der Gleichwertigkeit der Rechtsgrundlagen zwischen der Schweiz und der EU gemäss MRA wird als zentral erachtet, v. a. um damit die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, technische Handelshemmnisse zu vermeiden, den Marktzugang für Schweizer Unternehmen sicherzustellen und die Patientensicherheit zu fördern.

Zu den unterschiedlichen Themengebieten der einzelnen Gesetze gibt es hingegen kritische bis ablehnende Stimmen (siehe weiter unten).

13 14

BBl 2018 1227 SR 946.51

15

BBl 2019

Heilmittelgesetz (HMG) Von den 88 eingegangenen Rückmeldungen haben 73 Stellungnehmende eine Eingabe zum Änderungsvorschlag des HMG gemacht.

Die Änderungen des HMG werden von der Mehrheit der Kantone und der Parteien (CVP, SP, die FDP-Liberalen) begrüsst. Die Industrieverbände und Economiesuisse erachten den vorgelegten Änderungserlass des HMG mit Blick auf die erforderliche Äquivalenz zur MDR grundsätzlich als zielführend. Während es die CVP als wichtig erachtet und begrüsst, dass der Bundesrat mit der Revision des HMG die neuen europäischen Vorschriften integrieren und damit die Sicherheitsvorkehrungen und die Qualität bei Medizinprodukten verbessern will, stehen die SVP und der sgv den Änderungen des HMG ablehnend gegenüber.

Die Schaffung der gesetzlichen Grundlage für den Betrieb eines Informationssystems wird grundsätzlich begrüsst. Hingegen bestehen bezüglich der Bekanntgabe von Daten und Informationen ins Ausland einige Vorbehalte und Unklarheiten. Die SVP lehnt die Schaffung einer formellen Rechtsgrundlage für die unaufgeforderte Bekanntgabe besonders schützenswerter Personendaten an ausländische Behörden ab. Sie erachtet eine derart starke Lockerung des Datenschutzes als unverhältnismässig. Auch die SP plädiert dafür, verbindliche Sicherheitsstandards für die erforderlichen IT-Tools aufzunehmen. Von Seiten der Industrie (SMT, vips, IPQ, SVDIASID, HKBB, ASDI) wird die Formulierung betreffend die Schutzgewährleistung bemängelt.

Kritisch beurteilt bis abgelehnt wird auch die vorgesehene Bestimmung über Gebühren und Aufsichtsabgabe bzw. die Finanzierung und Kostenfolgen: Der sgv, das Forum PME und unimedsuisse verlangen, dass anhand einer vertieften Regulierungsfolgeabschätzung aufgezeigt werden soll, dass die vorgeschlagenen Anpassungen für die Schweizer Wirtschaft verkraftbar sind. Auch die CVP und der Kanton Waadt kritisieren, dass sich der durch die Anpassung entstehende Mehraufwand und die Kosten insgesamt nicht beziffern lassen, und erachten es als wichtig, dass sich der Standort Schweiz für die Medizinaltechnik durch die Einführung neuer Gebühren nicht verteuere.

Mehr als der Hälfte der Kantone sowie der CVP ist nicht klar, wie die befristete Abgeltung des Bundes ab 2027 durch eine Aufsichtsabgabe (wie bei den Arzneimitteln) abgelöst werden soll. Ihrer Ansicht nach ist eine
Quersubventionierung der Aufgaben im Medizinproduktebereich durch die Aufsichtsabgabe auf Arzneimittel nicht gestattet. Die Industrie macht darauf aufmerksam, dass die entstehenden, erheblichen Mehrkosten durch die deutlich gestiegenen Regulierungsanforderungen v. a. für kleinere und mittlere Unternehmen schwierig zu tragen sein werden.

Die FDP-Die Liberalen akzeptiert zwar die vorgeschlagene Bestimmung und erachtet sie nicht per se als negativ. Sie verlangt aber, dass für die Schweizer Exporteure keine Nachteile gegenüber ihren Inner- und Aussereuropäischen Konkurrenten entstehen.

Die SVP lehnt die vorgesehenen Änderungen ab, weil sie zu unnötigen und in der Umsetzung kostspieligen Regulierungen führten.

16

BBl 2019

ZH, die Industrieverbände, die Handelskammer beider Basel (HKBB), die Migros, pharmalog, pharmaSuisse und das Forum PME lehnen die Einführung einer Aufsichtsabgabe für Medizinprodukte ab. Die SP ist perplex über die Absichten des Bundesrates, die Ausgaben der Swissmedic durch eine Aufsichtsabgabe zu decken, und plädiert dafür, dass an einer Finanzierung durch Bundesbeiträge festgehalten wird.

Die Bestimmung, welche es dem Bundesrat erlauben soll, künftiges Ausführungsrecht der EU zur MDR und IVDR (sog. delegierte Rechtsakte sowie Durchführungsrechtsakte der EU-Kommission) in der jeweiligen für die EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Fassung für die Schweiz als anwendbar zu erklären (sog. dynamische Verweisungen), wird von der SVP und vom sgv abgelehnt. Die SVP ist der Ansicht, der vorgesehene Mechanismus einer automatisierten Rechtsübernahme von EURecht gehe noch weiter als die «dynamische» Rechtsübernahme im SchengenBereich, wo das Parlament wenigstens noch de jure mitentscheiden könne. Auch der sgv verlangt, alle völkerrechtlichen Verträge im Bereich der MedizinprodukteRegulierung seien weiterhin durch das Parlament zu verabschieden und auf jede automatische Rechtsübernahme sei zu verzichten. Das Forum PME hingegen begrüsst die Bestimmung hinsichtlich der simultanen Übernahme der delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte. Sie erscheint auch dem sgb als sinnvoll.

Economiesuisse erachtet die Bestimmung des HMG als die geeignetere Regelung zur Übernahme von EU-Recht; sie sollte sinngemäss auch im THG Anwendung finden.

Kontrovers diskutiert wird auch die Thematik der Wiederaufbereitung von Einmalprodukten.

Die Kantone und die CVP machen darauf aufmerksam, dass die Anpassungen der Medizinproduktegesetzgebung bisher noch nicht im Detail bekannte Auswirkungen auf die Kantone (u. a. finanzielle Mehrkosten) haben werden. Auch die Spital- und Spitalapothekerverbände (H+, GSASA und IHS) weisen auf die mit den neuen Regelungen auf die Spitäler zukommenden ungedeckten Mehraufwände hin.

Gefordert wird vom sgv, von der CVP, vom Forum PME, der HKBB, unimedsuisse und SVDI-ASDI, dass die Schweiz in der neuen Medizinprodukte-Regulierung nicht über die EU-Regelungen hinausgeht (sog. «Swiss Finish»).

Hinsichtlich der Forschung mit Medizinprodukten wurde die Kompetenzdelegation an den Bundesrat, Prüfbereiche
im Rahmen des Bewilligungsverfahrens von den kantonalen Ethikkommissionen auf das Heilmittelinstitut übertragen zu können, mehrheitlich abgelehnt.

Humanforschungsgesetz (HFG) Von den 88 Rückmeldungen haben 68 zu den Änderungen des HFG Stellung bezogen, davon etwa die Hälfte pauschal positiv oder ohne Bemerkungen im Einzelnen.

Von den 38 inhaltlich detaillierten Stellungnahmen hält die Mehrheit der Kantone den Entwurf zwar grundsätzlich für gelungen, aber zu kompliziert. Auch Forschende aus Akademie wie Privatwirtschaft fordern, bei der Ausgestaltung des Verordnungsrechts auf möglichst einfache Strukturen und Prozesse zu achten. Dabei soll an der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen bzw. der Swissmedic und den 17

BBl 2019

kantonalen Ethikkommissionen festgehalten werden. Gleichzeitig wird in Bezug auf die zu schaffenden elektronischen Datensysteme aber sowohl eine enge Zusammenarbeit zwischen den Prüfbehörden, die diese betreiben, wie auch die Bündelung der Funktionen gefordert. Namentlich die Forschenden wünschen sich ein einziges Portal für die Abwicklung der Bewilligungs- und Meldeverfahren für alle Forschungsprojekte in der Schweiz.

Des Weiteren finden die Pflicht, eine Vertretung der Patientinnen und Patienten in den Ethikkommissionen vorzusehen, sowie die erweiterten Registrierungspflichten für die Forschenden geteilte Echos. Begrüsst wird dagegen die Streichung der Definition des klinischen Versuchs auf Gesetzesebene, verbunden mit der Erwartung auf eine klarere Normierung auf Ebene der Verordnung.

Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse (THG) In der Vernehmlassung gingen zum THG am wenigsten Stellungnahmen ein. Von den 88 Rückmeldungen haben 57 Stellung zu den Änderungen des THG bezogen.

Von diesen 57 Teilnehmenden haben sich 6 nicht zum Revisionsentwurf geäussert, 44 haben ihn gutgeheissen bzw. keinen Einspruch dagegen erhoben, 6 haben Bemerkungen formuliert und ein Teilnehmer hat sich gegen den Entwurf ausgesprochen.

Von den Teilnehmenden, die das Projekt gutheissen, betonen der Kanton TI, Swissmem, die FDP, die SMT und der SGB, dass es wichtig sei, die Gleichwertigkeit der Rechtsvorschriften der Schweiz und der EU beibehalten zu können, um damit der Schweizer Industrie den Zugang zum EU-Markt zu gewährleisten und technische Handelshemmnisse zu vermeiden.

Economiesuisse, Scienceindustries, der ASSGP, der Vips, Interpharma und der GRIP befürworten allgemein den Revisionsentwurf, vorbehältlich bestimmter Präzisierungen, welche die rechtliche Grundlage für die Übernahme von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten der Europäischen Kommission betreffen.

1.3.2

Vorgenommene Änderungen

Aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung wurden in folgenden Bereichen Anpassungen vorgenommen: Heilmittelgesetz (HMG) Aufgrund der grundsätzlich positiven Rückmeldungen musste der Entwurf zur Änderung des HMG lediglich punktuell angepasst werden. Namentlich folgende Regelungen wurden angepasst:

18

­

Die Wirtschaftsakteure sollen der zuständigen Behörde nur auf Verlangen (und nicht jederzeit) Dokumente offenlegen (Art. 47c).

­

Die Finanzierung der Marktüberwachung soll weiterhin durch den Bundesbeitrag erfolgen. Die Einführung einer Aufsichtsabgabe soll jedoch offengehalten und zu gegebener Zeit erneut evaluiert werden.

BBl 2019

Die Bestimmungen zur «dynamischen» Übernahme von EU-Recht wurden unverändert übernommen. Die Konkretisierung der Bereiche, bei welchen Akte der EU dynamisch für anwendbar erklärt werden, erfolgt im Ausführungsrecht. Dabei soll den in der Vernehmlassung geäusserten Bedenken, die Bereiche zu definieren, Rechnung getragen werden.

Humanforschungsgesetz (HFG) ­

Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen, internationale Anbindung: Die Kompetenzdelegation an den Bundesrat, in die Kompetenz der kantonalen Ethikkommissionen fallende Prüfbereiche im Rahmen des Bewilligungsverfahrens auf das Heilmittelinstitut übertragen zu können, wurde gestrichen; an der bisherigen Aufgabenverteilung soll grundsätzlich festgehalten werden. Sichergestellt wurde, dass ausländische Beurteilungen und Stellungnahmen im Rahmen international koordinierter Verfahren in die Prüftätigkeit der Schweizer Behörden einbezogen werden können.

­

Informationssysteme: Im Zuge der Beibehaltung der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen wird der Forderung vieler Vernehmlassungsteilnehmenden, namentlich der akademischen und privatwirtschaftlichen Forschung, nach einer einzigen IT-Infrastruktur für alle Behörden im Bereich der Humanforschung in der Schweiz nicht entsprochen. Auch wenn mit einem entsprechenden System Effizienzgewinne für die Forschung ­ und auch für die Behörden ­ zu erwarten sein dürften, bietet die vorliegende, spezifisch auf klinische Versuche mit Medizinprodukten bezogene Teilrevision nicht die geeignete Vorlage, ein alle Forschungsbereiche betreffendes Informationssystem einzuführen bzw. die entsprechende rechtliche Grundlage vorausschauend zu schaffen. Demgegenüber wurde mit Blick auf die Abstimmung der Informationssysteme der Swissmedics sowie der Kantone und den Datenaustausch mit der europäischen Datenbank für Medizinprodukte «Eudamed» Präzisierungen der Normvorschläge vorgenommen.

­

Registrierungspflicht: Bezüglich der Pflicht zur Registrierung von Forschungsergebnissen wurde die Bestimmung allgemeiner formuliert, sodass auf Ebene der Verordnung die notwendigen Präzisierungen zu Form und Umfang der Ergebnispublikation erfolgen können. Damit kann auch rascher auf internationale Entwicklungen reagiert werden.

Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse (THG) Aufgrund der diesbezüglich teilweise kritischen Rückmeldungen aus der Vernehmlassung und der Tatsache, dass die Änderung des THG als eigenständige Vorlage zu betrachten ist, wurden die in der Vernehmlassungsvorlage noch vorgesehenen Anpassungen des THG aus der vorliegenden Vorlage herausgelöst.

19

BBl 2019

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Mit der Vorlage werden Qualität und Sicherheit der Medizinprodukte verbessert, der Vollzug in der EU harmonisiert und damit die Patientensicherheit erhöht. Weiter wird den in der Schweiz niedergelassenen Medizinprodukteherstellern und Konformitätsbewertungsstellen ein vergleichbarer Zugang zum europäischen Binnenmarkt wie ihren Mitbewerbern aus der EU ermöglicht. Aus Sicht des Bundesrates stehen Aufgabe und finanzieller Aufwand in einem vertretbaren Verhältnis.

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Mit der vorliegenden Gesetzesrevision wird die Grundlage für eine möglichst weitgehende Angleichung der schweizerischen Regelungen an diejenigen der EU gelegt.

Ziel ist es, eine im Vergleich zur EU gleichwertige Regulierung zu erarbeiten.

Detailliertere Ausführungen zum Verhältnis zu den Regelungen der EU sind bei den Erläuterungen in den jeweiligen Bestimmungen unter Ziffer 2 zu finden.

1.6

Umsetzung

Die Ausführungsbestimmungen zu den Medizinprodukten sind heute in der MepV und diejenigen zu den klinischen Versuchen in der KlinV enthalten. Die Angleichung an die neuen Bestimmungen der EU bedingt eine Totalrevision der MepV.

Dabei ist vorgesehen, gleich wie in der EU, die Ausführungsbestimmungen zu den In-vitro-Diagnostika in einer eigenständigen Verordnung zu regeln. Die Regelungen, die klinische Versuche betreffen, werden in das Ausführungsrecht zur Humanforschung aufgenommen.

Beim Erlass des Ausführungsrechts wird besonders auf die Flexibilität der Regulierung geachtet werden müssen. Rasche Anpassungen an die sich verändernden technischen Rahmenbedingungen müssen möglich sein. Namentlich den Erlass von Bestimmungen fachtechnischen Inhalts und untergeordneter Bedeutung wird der Bundesrat gestützt auf Artikel 82 Absatz 2 HMG der Swissmedic übertragen.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Heilmittelgesetz (HMG)

Art. 2 Abs. 1 Bst. a und 3 Abs. 1 Bst. a: Die exemplarische Aufzählung zur Konkretisierung des «Umgangs» mit Heilmitteln (Herstellung und Inverkehrbringen) soll gestrichen werden, da sie nicht alle wesentlichen Elemente enthält. Der im Bereich der Medizinprodukte sehr wichtige Aspekt der Instandhaltung etwa ist nicht enthalten. Mit «Umgang» werden

20

BBl 2019

alle für das Gesetz wesentlichen Aspekte erfasst. Eine Aufzählung ist demzufolge nicht notwendig.

Abs. 3: Neu werden in der EU künftig auch bestimmte Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung den Bestimmungen zu den Medizinprodukten unterstellt (vgl.

Art. 1 Abs. 2 i. V. m. Anhang XVI MDR). Erfasst werden Produkte, die eine kosmetische oder eine sonstige nicht-medizinische Zweckbestimmung haben, die aber hinsichtlich ihrer Funktionsweise und Risikoprofile Medizinprodukten ähneln. Gemäss MDR werden namentlich Kontaktlinsen ohne Korrektur sowie Geräte zur Reduzierung oder Entfernung von Fettgeweben erfasst.

Der Bundesrat soll deshalb ermächtigt werden, solche Produkte oder Produktgruppen ebenfalls dem Gesetz zu unterstellen. Im Ausführungsrecht soll dies voraussichtlich im Rahmen von Anhängen erfolgen.

Art. 2a

Devitalisierte menschliche Gewebe oder Zellen

Abs. 1: Produkte aus menschlichem Gewebe, die keine lebenden Zellen mehr enthalten, d. h. devitalisiert sind («Devit»), wurden in der Schweiz bis anhin als Medizinprodukte gemäss Artikel 2 Absatz 1 MepV behandelt (z. B. Knochen zur Füllung von Knochendefekten nach einer Tumorentnahme oder Sehnen für eine Kreuzbandplastik). Danach sind für klassische und aktive implantierbare Medizinprodukte, für deren Gewinnung devitalisiertes menschliches Gewebe verwendet wurde oder die solches Gewebe enthalten, folgende Bestimmungen der geltenden MepV anwendbar: Artikel 6 Absatz 3, der die Anmeldung der Produkte bei der Swissmedic betrifft; die Artikel 26 und 27 hinsichtlich der Marktüberwachung; sowie der 5. Abschnitt über die Produktebeobachtung.

Die MDR schliesst einzelne Produkte aus devitalisiertem menschlichem Gewebe in den Medizinproduktebegriff ein. Hierzu gehören erstens Produkte, die aus Derivaten von Geweben oder Zellen menschlichen Ursprungs hergestellt sind, die nicht lebensfähig sind oder abgetötet wurden («Devit-Derivate»; Art. 1 Abs. 6 Bst. g zweiter Satz MDR). Vom Medizinproduktebegriff erfasst sind zweitens Produkte, die als integralen Bestandteil nicht lebensfähiges Gewebe oder nicht lebensfähige Zellen menschlichen Ursprungs oder deren Derivate enthalten, denen im Rahmen des Medizinprodukts eine unterstützende Funktion zukommt («Kombinationsprodukte mit unterstützendem Devit-Teil»; Art. 1 Abs. 10 Unterabs. 1 MDR). Hinsichtlich Spende, Beschaffung und Testung der für die Devit-Derivate und die Kombinationsprodukte mit unterstützendem Devit-Teil verwendeten Gewebe und Zellen verweist die MDR auf die Richtlinie 2004/23/EG15 (Art. 1 Abs. 10 Unterabs. 1 sowie Anhang I Ziffer 13.1 und Anhang IX Ziffer 5.3.1 MDR). Diese Richtlinie gilt in der Schweiz nicht.

15

Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen, ABl. L 102 vom 7.4.2004, S. 48. Zu dieser Richtlinie gehört eine Durchführungsrichtlinie: Richtlinie 2006/17/EG der Kommission vom 8. Februar 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich technischer Vorschriften für die Spende, Beschaffung und Testung von menschlichen Geweben und Zellen, ABl. L 38 vom 9.2.2006, S. 40.

21

BBl 2019

Neben den Devit-Derivaten und den Kombinationsprodukten mit unterstützendem Devit-Teil, die beide als Medizinprodukte gelten, gibt es noch andere Produkte aus devitalisierten menschlichen Geweben und Zellen. Diese Produkte fallen gemäss MDR jedoch nicht unter den Medizinproduktebegriff. Hierzu zählen einerseits Kombinationsprodukte, in welchen den devitaliserten menschlichen Geweben, Zellen oder ihren Derivaten eine hauptsächliche Funktion zukommt («Kombinationsprodukte, in denen der Devit-Teil eine hauptsächliche Funktion hat»; Art. 1 Abs. 10 Unterabs. 2 MDR). In diesem Fall findet auf das Gesamtprodukt die Richtlinie 2004/23/EG16 Anwendung; nur für den Medizinprodukte-Teil gilt hinsichtlich der Sicherheit und Leistung der Anhang I MDR. Nicht unter den Medizinproduktebegriff fallen andererseits alle weiteren Produkte aus devitalisierten menschlichen Geweben oder Zellen, mithin also für alle Produkte, die weder den Devit-Derivaten noch den Kombinationsprodukten zuzuordnen sind («übrige Devit-Produkte»). Für diese verweist die MDR umfassend auf die Richtlinie 2004/23/EG (Art. 1 Abs. 6 Bst. g erster Satz MDR).

Zusammenfassend ergibt sich in der MDR folgendes Regelungsbild für DevitProdukte: 1.

Devit-Derivat: ist ein Medizinprodukt, für das die MDR gilt. Spende, Beschaffung und Testung richten sich nach der Richtlinie 2004/23/EG.

2.

Kombinationsprodukt mit unterstützendem Devit-Teil: Das Gesamtprodukt ist ein Medizinprodukt, für das die MDR gilt. Spende, Beschaffung und Testung richten sich nach der Richtlinie 2004/23/EG.

3.

Kombinationsprodukt, in dem der Devit-Teil eine hauptsächliche Funktion hat: Nur der Medizinprodukte-Teil ist ein Medizinprodukt, auf den Anhang I MDR Anwendung findet. Das Gesamtprodukt ist kein Medizinprodukt, sondern fällt unter die Richtlinie 2004/23/EG.

4.

Übrige Devit-Produkte: Es handelt sich nicht um Medizinprodukte. Es gilt die Richtlinie 2004/23/EG.

Um beim Medizinproduktebegriff mit der EU gleichwertig zu sein, soll dieses Regelungsschema ins schweizerische Recht übernommen werden.

Mit Absatz 1 soll die Grundlage geschaffen werden, um die Spende, Entnahme, Testung und Devitalisierung derjenigen Gewebe und Zellen zu regeln, die in DevitDerivaten (obige Ziff. 1) und Kombinationsprodukten mit unterstützendem DevitTeil (obige Ziff. 2) verwendet werden. Bei den Devit-Derivaten und den Kombinationsprodukten mit unterstützendem Devit-Teil handelt es sich um Produkte, die als solche dem Medizinprodukterecht unterstehen. Der Bundesrat kann diese Produkte daher gestützt auf seine allgemeine Regelungskompetenz im Medizinprodukterecht regeln. Demgegenüber bedarf es für die Regulierung der Spende, Entnahme, Testung und Devitalisierung der in diesen Produkten verwendeten Geweben und Zellen einer separaten Kompetenznorm. Hierzu dient Absatz 1. Er ermöglicht es dem 16

22

Eventuell fällt das Produkt in der EU unter die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) 726/2004, ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121.

BBl 2019

Bundesrat, in den erwähnten Bereichen ­ Spende, Entnahme, Testung und Devitalisierung ­ eine umfassende Regelung zu treffen: Der Bundesrat kann zum Beispiel festlegen, dass Personen, die Menschen Gewebe oder Zellen zum Zwecke der Devitalisierung entnehmen, oder Personen, die Untersuchungen mit Spenderinnen und Spendern durchführen, eine Bewilligung benötigen. Diese Regelungskompetenz umfasst alle Heilmittel, also auch die in Arzneimitteln verwendeten devitalisierten Geweben oder Zellen.

Mit Absatz 2 soll die heute fehlende Grundlage für die Regulierung derjenigen Produkte geschaffen werden, die devitalisierte Gewebe oder Zellen enthalten, die aber nicht unter den Medizinprodukte- beziehungsweise den Arzneimittelbegriff fallen.

Zusätzlich erhält der Bundesrat ­ wie bei Absatz 1 ­ auch hier die Kompetenz, Vorschriften zu Spende, Entnahme, Testung und Devitalisierung der Gewebe und Zellen, die zum Zwecke der Devitalisierung entnommen werden, zu erlassen.

Nach Absatz 2 erster Satz erlässt der Bundesrat Vorschriften zu den Kombinationsprodukten, in denen der Devit-Teil eine hauptsächliche Funktion einnimmt (obige Ziff. 3) sowie zu den übrigen Devit-Produkten (obige Ziff. 4). Diese Produkte stellen ­ wie erwähnt ­ keine Medizinprodukte dar. Soweit ihnen eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Hauptwirkung fehlt, können sie auch nicht als Arzneimittel qualifiziert werden (Art. 4 Abs. 1 Bst. a HMG, Art. 1 Abs. 1 Bst. b MepV, Art. 2 Ziffer 1 Unterabs. 2 MDR). Sie finden in der Medizin jedoch breite Anwendung, zum Beispiel in der Orthopädie (Auffüllen von Knochen nach Unfällen oder bei Operationen an Wirbelsäule, Armen oder Beinen), der dentalen Implantologie, der Herzchirurgie, der Sportmedizin (Ersatz bei Banddefekten, z. B. Kreuzband) oder in der Neurochirurgie (z. B. Duraplastik, Orbitaboden-Rekonstruktion). Aus Gründen des Gesundheitsschutzes sind solche Produkte, die von ihrem Einsatzgebiet her eine Funktion als Heilmittel haben und hinsichtlich ihrer Anwendung mit Transplantatprodukten vergleichbar sind (s. Art. 2 Abs. 1 des Transplantationsgesetzes vom 8. Oktober 200417), unbedingt einer gesetzlichen Regelung zu unterstellen.

Absatz 2 erlaubt es dem Bundesrat, umfassende Regelungen zu treffen. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Er kann zum Beispiel festlegen, dass Personen,
die Menschen Gewebe zum Zwecke der Devitalisierung entnehmen, oder Personen, die Untersuchungen mit Spenderinnen und Spendern durchführen, eine Bewilligung benötigen. Die grössten Änderungen für Inverkehrbringer von Produkten aus devitalisiertem Gewebe, die keine Medizinprodukte sind, dürften sich voraussichtlich daraus ergeben, dass die Produkte neu der Zulassung der Swissmedic bedürfen und nicht mehr lediglich gemeldet werden müssen. Es soll damit eine dem Artikel 10 HMG vergleichbare Vorschrift anwendbar sein; neu wird belegt werden müssen, dass solche Produkte qualitativ hochstehend, sicher und wirksam sind (vgl. Art. 10 Abs. 1 Bst. a HMG); eine Herstellungs-, Einfuhr- oder Grosshandelsbewilligung der zuständigen Behörde muss vorliegen (vgl. Art. 10 Abs. 1 Bst. b HMG); und die Zulassungsinhaberin muss Wohnsitz, Geschäftssitz oder eine Zweigniederlassung in der Schweiz begründet haben (vgl. Art. 10 Abs. 1 Bst. c HMG).

17

SR 810.21

23

BBl 2019

Nach Absatz 2 zweiter Satz kann der Bundesrat Vorschriften zum Umgang mit den in Produkten nach Absatz 2 verwendeten Gewebe oder Zellen vorsehen. Dabei wird sich der Bundesrat an den oben in Absatz 1 erwähnten Bestimmungen zu Spende, Entnahme, Testung und Devitalisierung orientieren. Er kann wie bei Absatz 1 eine umfassende Regulierung in diesen Bereichen vornehmen (für Beispiele siehe oben bei Abs. 1).

Absatz 3: Menschliches Gewebe oder menschliche Zellen dürfen für die Herstellung von Produkten nach den Absätzen 1 und 2 nur entnommen oder verwendet werden, wenn eine Zustimmung vorliegt. Zudem darf für dieses Gewebe und diese Zellen weder ein finanzieller Gewinn noch ein anderer Vorteil angeboten, gewährt, gefordert oder angenommen werden.

Diese beiden Anforderungen, welche für den Umgang mit menschlichen Geweben oder Zellen zu Transplantationszwecken bereits gestützt auf das Transplantationsgesetz gelten, ergeben sich aus dem europäischen Recht (vgl. dazu die Richtlinie 2004/23/EG). Sie sind insbesondere auch im Hinblick auf die Ratifizierung der Organhandelskonvention von Bedeutung.

Art. 4 Abs. 1 Bst. b und j sowie 3 Abs. 1 Bst. b: Die Begriffsdefinition «Medizinprodukte» wurde in Anlehnung an die Definition in der EU ergänzt. Die beispielhafte Aufzählung der Produkte wurde mit Geräten, Implantaten, Reagenzien und Materialien erweitert. Im Ausführungsrecht wird der Begriff «Medizinprodukte» wie bisher näher ausgeführt.

Auch nach dem neuen Artikel 2 Absatz 1 MDR setzt die Qualifikation von Software als Medizinprodukt voraus, dass sie einen medizinischen Zweck erfüllen muss.

Software ohne medizinische Zweckbestimmung ist auch nach MDR kein Medizinprodukt. Dokumentationssoftware ist folglich auch künftig nicht als Medizinprodukt einzustufen.

Abs. 1 Bst. j: Mit der hier vorgeschlagenen Änderung wird eine Lücke im Bereich der Regelung der nicht zulassungspflichtigen Arzneimittel geschlossen. Die Herstellung von Radiopharmazeutika ­ einschliesslich der nicht zulassungspflichtigen Formula-Arzneimittel ­ erfolgt in der Regel in spitalinternen radiopharmazeutischen Betrieben (vgl. Art. 14 Abs. 1 Bst. d HMG). Angesichts ihrer Organisationsform lassen sich diese oft nicht ohne Weiteres unter die neue Legaldefinition der Spitalapotheke (Art. 4 Abs. 1 Bst. j revHMG18) subsumieren. Damit hätte der
Gesetzgeber wohl unbeabsichtigt eine Formula-Herstellung von Radiopharmazeutika grundsätzlich ausgeschlossen (Art. 9 Abs. 2 Bst. a­cbis HMG). Mit der hier vorgeschlagenen Ergänzung wird sichergestellt, dass auch in spitalinternen radiopharmazeutischen Betrieben die Herstellung von Formula-Arzneimitteln möglich ist.

Zusätzlich wird mit der Ergänzung des Begriffs «namentlich» zum Ausdruck gebracht, dass eine Spitalapotheke nicht allein pharmazeutische Dienstleistungen an die Kundschaft des Spitals anbietet, sondern auch Dienstleistungen im Zusammenhang mit Medizinprodukten.

18

24

Vom Parlament am 18. März 2016 verabschiedete Änderung des HMG; AS 2017 2745 (im nachfolgenden Text «revHMG»).

BBl 2019

Abs. 3: Einige in der MDR beziehungsweise der IVDR definierte Begriffe weichen mehr oder weniger stark von den Begriffsdefinitionen des schweizerischen Heilmittelrechts ab. Eine wesentliche Abweichung besteht im Bereich der Definition des «Inverkehrbringens». Die Definition des «Inverkehrbringens» im HMG entspricht in etwa der Definition «Bereitstellen auf dem Markt» der MDR/IVDR. Demgegenüber gilt als «Inverkehrbringen» im Sinne der beiden EU-Verordnungen das «erstmalige Bereitstellen auf dem Markt».

Die Definition des Inverkehrbringens des HMG gilt sowohl für Arzneimittel wie auch für Medizinprodukte. Die medizinproduktespezifischen Begriffe der MDR und der IVDR sollen demzufolge auf Stufe Bundesratsverordnung übernommen werden.

Um dies zu ermöglichen, wird dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, im Bereich der Medizinprodukte vom HMG abweichende Definitionen vorzusehen, soweit dies der internationalen Harmonisierung dient.

Art. 45 Abs. 1 zweiter Satz, 3 Bst. a und d sowie 4, 6 und 7 Abs. 1: Die redaktionellen Änderungen in Absatz 1 beinhalten keine materielle Neuerung gegenüber dem geltenden Recht. Die «Leistung» eines Medizinprodukts soll aber künftig als Oberbegriff für alle mit einem solchen Produkt verknüpften Wirkungen verwendet werden, d. h. die therapeutische Wirksamkeit im engeren Sinn (wie sie im Rahmen dieses Gesetzes im Zusammenhang mit Arzneimitteln verwendet wird) wie auch technische Leistungs- und Sicherheitsdaten. Das Schweizer Recht wird dadurch auch hier an die Begriffe im EU-Recht herangeführt, wonach Leistung die Fähigkeiten eines Produkts umfasst, seine vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung zu erfüllen.

Abs. 3: Die Anforderungen an Medizinprodukte umfassen insbesondere die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen. In die nicht abschliessende Aufzählung wird neu auch die Kennzeichnung der Produkte aufgenommen, da die Kennzeichnungsvorschriften eine hohe Bedeutung haben und bereits heute durch den Bundesrat in der MepV geregelt werden.

Abs. 4: Die in diesem Absatz vorgenommenen Änderungen sind vorwiegend redaktioneller, klärender Art. Bereits heute werden sowohl technische Normen als auch gemeinsame (technische) Spezifikationen durch das Institut im Einvernehmen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft bestimmt. Die Detailregelung dazu findet sich in Artikel
4 Absätze 2 und 3 der geltenden MepV.

Abs. 6: Mit dieser Kompetenzdelegation an den Bundesrat wird sichergestellt, dass auch im Schweizer Medizinprodukterecht die Möglichkeit besteht, für Spitäler und Kliniken Erleichterungen zu gewähren. In der MDR wird «Gesundheitseinrichtung» als Organisation definiert, deren Hauptzweck in der Versorgung oder Behandlung von Patienten oder der Förderung der öffentlichen Gesundheit besteht. Konkret wird sich der Bundesrat eng an die entsprechenden Regelungen in der EU anlehnen, welche für Medizinprodukte die in Gesundheitseinrichtungen hergestellt und verwendet werden, unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen von den Anforderungen vorsehen (vgl. Art. 5 Ziff. 5 MDR).

25

BBl 2019

Abs. 7: Grundsätzlich ist die Aufbereitung von Einmalprodukten untersagt. Daher gilt derjenige, der ein Einmalprodukt zur weiteren Verwendung aufbereitet, als Hersteller eines neuen Produkts und übernimmt die Verantwortung dafür, was namentlich auch eine Konformitätsbewertung des betreffenden Produkts bedingt. Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die Aufbereitung und Wiederverwendung von Einmalprodukten ausdrücklich zu gestatten und unter bestimmten Voraussetzungen zudem Erleichterungen für Gesundheitseinrichtungen hinsichtlich der Verpflichtungen als Hersteller zu gewähren.

Art. 46 Abs. 3 Der bisherige Buchstabe a wurde gestrichen, da die betriebsintern hergestellten oder wiederaufbereiteten Medizinprodukte neu in Artikel 45 Absätze 6 und 7 explizit geregelt werden.

Bst. a: Redaktionelle Änderung des geltenden Artikels 46 Absatz 3 Buchstabe b HMG.

Bst. b: Mit dieser Bestimmung wird eine explizite gesetzliche Grundlage für die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen für bestimmte spezifische Medizinprodukte oder Medizinproduktegruppen vorgesehen. Eine solche einzelfallweise Ermächtigung, für bestimmte Medizinprodukte oder Medizinproduktegruppen Ausnahmen von der Konformitätsbewertung vorzusehen, findet sich bereits in der geltenden MepV (Art. 9 Abs. 4). Diese ist notwendig, um in besonderen Situationen die Versorgung mit Medizinprodukten sicherstellen zu können. Eine entsprechende Regelung ist auch im EU-Recht enthalten (vgl. Art. 59 MDR).

Art. 47

Registrierung und Produktidentifikation

Abs. 1: Mit der Registrierungspflicht für Medizinprodukte wird eine wesentliche neue Vorschrift statuiert, die im Rahmen der europäischen Neuregulierung der Medizinprodukte zur Verbesserung der Sicherheit und Überwachung von Medizinprodukten zum Tragen kommt. Der Hersteller wird dabei verpflichtet, seine Produkte sowohl zu registrieren als auch dafür besorgt zu sein, dass jedem Produkt ein eindeutiger Produktidentifikator zugewiesen wird. Das HMG definiert den Begriff «Herstellen» (Art. 4 Abs. 1 Bst. c), nicht jedoch den Begriff «Hersteller». Im Rahmen der MDR/IVDR wird der Begriff «Hersteller» ins Zentrum der Produkteverantwortung gerückt, während das Schweizer Medizinprodukterecht bisher vorab die Person, die ein Produkt erstmals in Verkehr bringt («Erstinverkehrbringer») ins Recht fasste. Mit der Neukonzeption der Medizinprodukteregulierung in der EU und der entsprechenden Anlehnung des Schweizer Rechts an die erhöhten Anforderungen an die Sicherheit und Qualität der Medizinprodukte ist geplant, auch im Schweizer Ausführungsrecht zentral auf den Herstellerbegriff abzustellen. Als Hersteller soll dabei jede natürliche oder juristische Person gelten, die ein Produkt herstellt bzw. entwickeln, herstellen oder neu aufbereiten lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet (vgl. Art. 2 Ziff. 30 MDR). Dies bedeutet, dass Vertreiber der von Dritten hergestellten Medizinprodukten, die unter einem eigenen Markennamen («own brand labelling») vertrieben werden, zukünftig ebenfalls als Hersteller gelten und somit die entsprechenden 26

BBl 2019

Pflichten zu erfüllen haben. Die Definition des Begriffes «Hersteller» soll auf Verordnungsstufe im Rahmen der Delegationskompetenz gemäss Artikel 4 Absätze 2 und 3 erfolgen.

Die Pflicht für die Vergabe einer UDI-Nummer für die Produkteregistrierung beginnt in der EU am 26. Mai 2020, sofern die europäische Datenbank für Medizinprodukte «Eudamed» voll funktionsfähig ist, diejenige für die Erfassung der Produktinformationen ab dem 25. November 2021. Im Rahmen der Umsetzung wird sichergestellt, dass die Umsetzungsfristen in der Schweiz denjenigen der EU folgen.

Abs. 2: Diese Kompetenzdelegation ermöglicht es dem Bundesrat, die Detailbestimmungen wie auch Ausnahmen zur Produkteregistrierung und -identifikation im Rahmen des Verordnungsrechts zu erlassen. Der Bundesrat wird diese Ausnahmen im Einklang mit der MDR und der IVDR festlegen (z. B. für Sonderanfertigungen, welche gemäss Artikel 29 MDR von der Produkteregistrierung ausgenommen sind).

Abs. 3: Im Rahmen der Verbesserung der Produktesicherheit und Rückverfolgbarkeit hat die EU verschiedene neue Pflichten der beteiligten Wirtschaftsakteure und Gesundheitseinrichtungen im Zusammenhang mit der Registrierung und Produktidentifikation statuiert. Ein Beispiel betrifft etwa die Pflicht, die eindeutigen Produktidentifikatoren der bezogenen oder abgegebenen Produkte von bestimmten Produktekategorien zu erfassen und zu speichern. Um ein gleichwertiges Sicherheitsniveau zu garantieren, sind diese Pflichten auch im Schweizer Recht festzulegen. Absatz 3 ermöglicht es dem Bundesrat, auf Verordnungsstufe entsprechende Vorgaben festzulegen.

Abs. 4: Die Neuregulierung der Medizinprodukte zur Verbesserung von Sicherheit und Qualität rückt die Pflichten der beteiligten Wirtschaftsakteure ins Zentrum. Der Begriff «Wirtschaftsakteur» ist an den entsprechenden Begriff im EU-Recht angelehnt. Als Wirtschaftsakteure gelten gemäss MDR und IVDR die Hersteller, die von Herstellern mit Sitz im Ausland bevollmächtigten Personen (Bevollmächtigte), die Importeure und die Händler. Der Begriff «distributeur» (Bst. d) in der französischen Sprachfassung wird im Sinne des EU-Rechts verwendet und nicht im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe e HMG. Ebenfalls erfasst werden in der MDR die natürlichen und juristischen Personen, die Medizinprodukte mit und ohne CE-Kennzeichnung
unter Einhaltung der vorgesehenen Zweckbestimmungen und Anwendungsbeschränkungen kombinieren, um sie in Form eines Systems oder einer Behandlungseinheit in Verkehr zu bringen, sowie die natürlichen und juristischen Personen, die diese Produkte im Hinblick auf ihr Inverkehrbringen sterilisieren (vgl.

Art. 2 Ziff. 35 MDR und Art. 2 Ziff. 28 IVDR).

Art. 47a

Dokumentationspflicht

Abs. 1 und 2: Für die Hersteller von Medizinprodukten wird in grundsätzlicher Weise eine Pflicht zur Erstellung eines technischen Dossiers festgelegt. Aufgrund dieser Dokumentation muss die Konformität des Medizinprodukts mit den gesetzlichen Anforderungen jederzeit belegbar sein. Zusätzlich muss sie bestimmte Informationen über die Überwachung nach dem Inverkehrbringen beinhalten. Die technische Dokumentation enthält somit einerseits Elemente zur Bewertung der Konformität eines Produkts (vgl. Anhang II MDR bzw. IVDR), andererseits aber 27

BBl 2019

auch Elemente zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen (vgl. Anhang III MDR bzw. IVDR).

Abs. 3: Die technische Dokumentation muss aktuell und auf dem neusten Stand sein.

Abs. 4: Für die Detailregelungen über den Inhalt und Umfang der im technischen Dossier erforderlichen Daten erlässt der Bundesrat Ausführungsbestimmungen.

Art. 47b

Qualitätsmanagement

Die Einführung und Pflege eines Qualitätsmanagementsystems wird in grundsätzlicher Weise für alle Hersteller vorgeschrieben. Dies war bisher nicht für alle Produktrisikokategorien zwingend erforderlich, aber gängige Praxis. Die Anforderungen an das Qualitätsmanagementsystem richten sich nach der Risikoklasse und der Art des Medizinprodukts und beinhaltet insbesondere auch das Risikomanagement und die Produkteüberwachung nach dem Inverkehrbringen. Das Qualitätsmanagementsystem wird während des gesamten Lebenszyklus der betroffenen Produkte dokumentiert und umgesetzt.

Art. 47c

Offenlegungspflicht

Abs. 1: Um die Lieferkette bei Medizinprodukten besser überwachen zu können, wird neu ausdrücklich vorgeschrieben, dass sämtliche Wirtschaftsakteure (zum Begriff «Wirtschaftsakteur» vgl. Art. 47 Abs. 4) der zuständigen Behörde (im Regelfall der Swissmedic, je nach Situation jedoch auch der zuständigen kantonalen Behörde oder der zuständigen Behörde eines Vertragsstaates) jederzeit Bezugsquelle oder Abnehmer offenzulegen haben.

Diese Pflicht betrifft hauptsächlich die Warenflüsse zwischen Hersteller, bevollmächtigten Vertretern und Importeuren auf der einen Seite und Händlern auf der anderen Seite. Zusätzlich werden Lieferungen an Gesundheitseinrichtungen oder Gesundheitsfachpersonen erfasst, nicht aber solche an Patientinnen und Patienten.

Abs. 2: Der Bundesrat erhält die Kompetenz, die Aufbewahrungsdauer der Angaben gemäss Absatz 1 festzulegen. Er übernimmt dabei die einschlägigen Regelungen in den Verordnungen der EU.

Art. 47d

Finanzielle Deckung und Haftung

Abs. 1: Den Herstellern oder Bevollmächtigten wird die Sicherstellung einer haftungsrechtlichen Deckung für allfällige Schadenersatzforderungen aufgrund nicht konformer Medizinprodukte auferlegt. Damit soll verhindert werden, dass berechtigte Ansprüche aus schädigenden Ereignissen mit Medizinprodukten ins Leere stossen.

Abs. 2: Die Produktehaftung erfasst lediglich den Hersteller. In Artikel 11 Absatz 5 MDR wird die Haftung jedoch auch auf Bevollmächtigte erweitert. Die Haftungserweiterung auf Bevollmächtigte wird deshalb vorliegend gesetzlich verankert.

28

BBl 2019

Art. 47e

Weitere Pflichten

Abs. 1 Bst. a und b: Diese Regelungen entsprechen Artikel 47 Absatz 2 Buchstabe a bzw. Artikel 47 Absatz 2 Buchstabe b des geltenden HMG.

Abs. 1 Bst. c: Ein zentrales Element der Neuregulierung der Medizinprodukte auf europäischer Ebene stellt die umfassende Einführung und Nutzung der zentralen europäischen Datenbank für Medizinprodukte «Eudamed» zur Verbesserung der Sicherheit, Überwachung und Rückverfolgbarkeit der Medizinprodukte dar. Diese Datenbank bildet die künftige Grundlage für viele Vollzugsaufgaben aller beteiligten Behörden. Zudem bildet sie die Grundlage, damit Produkte überhaupt in Verkehr gebracht werden können. Im grenzüberschreitenden Warenfluss ist es entscheidend, dass auch Schweizer Wirtschaftsakteure und Konformitätsbewertungsstellen «Eudamed» benutzen, damit einerseits die nötigen Informationen sofort verfügbar sind und erforderlichenfalls die behördlichen Massnahmen koordiniert mit den europäischen Partnerbehörden angegangen werden können. Andererseits bildet sie die Voraussetzung, dass Schweizer Wirtschaftsakteure und Konformitätsbewertungsstellen überhaupt im europäischen Raum tätig sein können. Deshalb wird dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, eine grundsätzliche Verpflichtung zur Benutzung entsprechender Datenbanken sowohl für die Wirtschaftakteure als auch für die Konformitätsbewertungsstellen vorzuschreiben.

Abs. 2 Bst. a: Die verschärften Bestimmungen in der EU beinhalten weitere Pflichten der Wirtschaftsakteure und Gesundheitseinrichtungen, namentlich die Registrierungspflicht der Hersteller sowie die Informationspflichten im Zusammenhang mit implantierten Produkten. Um ein gleichwertiges Sicherheitsniveau zu erhalten, sind diese Vorschriften auch im Schweizer Recht zu etablieren. Der Bundesrat wird ermächtigt, in diesem Bereich Konkretisierungen vorzunehmen.

Abs. 2 Bst. b: Neu müssen Hersteller und Bevollmächtigte sowie allenfalls weitere Wirtschaftsakteure (vgl. Art. 16 MDR) eine verantwortliche Person bezeichnen (vergleichbar mit der fachtechnisch verantwortlichen Person, wie sie im Arzneimittelrecht etabliert ist). Diese Person nimmt eine zentrale Rolle bei der Überwachung und Kontrolle der Herstellung von Produkten sowie bei ihrer Überwachung nach dem Inverkehrbringen ein. Der Bundesrat wird ermächtigt, die Anforderungen an diese Person und deren Pflichten
zu regeln.

Art. 50 Abs. 2 und 3 Abs. 2: Die Swissmedic stellt Personen mit Sitz in der Schweiz (gegen Beibringung entsprechender Nachweise) Ausfuhrzertifikate und Bestätigungen für die Ausfuhr von Medizinprodukten in Drittstaaten aus. Ausfuhrzertifikate bestätigen die formale Konformität der jeweiligen Medizinprodukte mit den gesetzlichen Anforderungen in der Schweiz und damit ihre Verkehrsfähigkeit zum Zeitpunkt des Ausstellens.

Bestätigungen informieren ausländische Behörden über einen spezifischen Sachverhalt im Zusammenhang mit Medizinprodukten.

Gemäss Artikel 60 MDR und Artikel 55 IVDR werden Ausfuhrzertifikate nur für Hersteller und Bevollmächtigte ausgestellt. Das geltende HMG hingegen spricht von «ausführenden Personen». Ein Ausfuhrzertifikat oder eine Bestätigung anfordern darf somit gemäss geltendem Recht jede Person mit Sitz in der Schweiz, wenn sie 29

BBl 2019

ausführende Person ist und die Produkte aus der Schweiz ausgeführt werden. Dabei ist es nicht relevant, welche Rolle der Besteller in der Wertschöpfungs- und Logistikkette eines Medizinprodukts einnimmt. Die Swissmedic ist dadurch oftmals mit fachlich unkundigen Personen konfrontiert (z. B. reine Handelsgesellschaften). Zudem ist es ihr nicht möglich nachzuprüfen, ob ein Besteller tatsächlich nur Ausfuhrzertifikate für Produkte bestellt, welche auch physisch aus der Schweiz ausgeführt werden. In der Praxis wurde oftmals beobachtet, dass reine Briefkastenfirmen Ausfuhrzertifikate beantragen, die betroffenen Produkte jedoch nie in der Schweiz waren und somit gar nicht ausgeführt werden konnten. Dasselbe kann aber auch auf weltweit agierende, multinationale Unternehmen mit Sitz in der Schweiz zutreffen.

Um diese nicht dem Sinn und Zweck der Ausfuhrzertifikate entsprechende Verwendung zu verhindern, soll die Möglichkeit, Ausfuhrzertifikate und Bestätigungen zu beantragen, analog dem EU-Recht auf Hersteller und Bevollmächtigte eingeschränkt werden. Dies soll auch für Medizinprodukte gelten, welche nach den bisherigen EURichtlinien (MDD und AIMDD) rezertifiziert sind und in die dreijährige Übergangsfrist fallen.

Abs. 3: Die geltende MepV sieht in Artikel 9 Absatz 2 unter anderem vor, dass wer in einem Staat, mit dem die Schweiz eine völkerrechtliche Vereinbarung zur gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen und -verfahren für Medizinprodukte geschlossen hat, ein Medizinprodukt erstmals in Verkehr bringt und Sitz in der Schweiz hat, belegen können muss, dass das Produkt den grundlegenden Anforderungen entspricht. Diese Regelung wird neu auf Gesetzesstufe abgebildet. Die Verletzung dieser Bestimmung ist strafbar (siehe Erläuterungen zu Art. 86 Abs. 1 Bst. d).

Art. 54 Abs. 2, 3 Bst. c und 4­8 Abs. 2: Die Pflicht, für klinische Versuchen mit Medizinprodukten eine Bewilligung einzuholen, bzw. die Ausnahmen hiervon folgt der risikobasierten Einteilung der Versuche in verschiedene Kategorien. Das System zur Kategorisierung nach der MDR und IVDR ist im Vergleich zu demjenigen in der Schweiz jedoch unterschiedlich und differenzierter ausgestaltet; es ist deshalb zielführend, die Kategorisierung detailliert auf Verordnungsstufe zu regeln. Infolgedessen sind auch die Ausnahmen von der Bewilligungspflicht
auf Verordnungsebene festzulegen (vgl. Art. 54 Abs. 3 Bst. a), weshalb Buchstabe b gestrichen wird. Vorgesehen ist im Grundsatz jedoch weiterhin, dass für klinische Versuche mit Medizinprodukten, die ein Konformitätsbewertungszeichen tragen und gemäss Gebrauchsanweisung angewandt werden, keine Bewilligung der Swissmedic einzuholen ist; von den Produkten ausgehende Gefährdungen, die eine Begutachtung durch die Swissmedic notwendig machen, sind hier in aller Regel nicht zu befürchten.

Abs. 3: Der zweite Satz von Absatz 6 (Möglichkeit, Änderungen des klinischen Versuchs der Bewilligungspflicht zu unterstellen) soll aus systematischen Gründen in einen neuen Buchstaben c verschoben werden.

Abs. 4: Der geltende Buchstabe b verlangt im ersten Teilsatz, dass die Swissmedic im Rahmen des Bewilligungsverfahrens prüft, ob die Medizinprodukte die Anforderungen nach Artikel 45 erfüllen, d. h. insbesondere, ob ihre Leistungen nachweisbar

30

BBl 2019

sind und die grundlegenden Anforderungen erfüllt werden. Artikel 45 fordert unter anderem neu, dass die vorgesehene Leistung nachgewiesen sein muss. Da es bei klinischen Versuche oftmals gerade darum geht, diese entsprechenden Nachweise zu erbringen, wird in Buchstabe b neu präzisiert, dass die Anforderungen nach Artikel 45 nur erfüllt werden müssen, soweit dies nicht selbst Gegenstand des klinischen Versuchs ist.

Abs. 5: Die Bestimmung, wonach die Swissmedic Inspektionen durchführen kann, wird an dieser Stelle gestrichen und aus systematischen Gründen in den neuen Artikel 54b (Aufsicht) verschoben.

Abs. 6: Der Bundesrat kann im Rahmen des Erlasses von Vorschriften zum Verfahren neu vorsehen, dass die Swissmedic wie auch die Forschenden bezüglich der Gesuchseingabe, des Schriftenverkehrs und der Eröffnung von Entscheiden im Rahmen der Bewilligungs- und Meldeverfahren die betreffenden Informationssysteme auf europäischer Ebene («Eudamed»; vgl. Art. 73 MDR) oder auf nationaler Ebene (vgl. Art. 62c HMG) nutzen müssen.

Abs. 7: Aus Kohärenzgründen wird dieser Absatz in den neuen Artikel 54b Absatz 2 HMG (Aufsicht) verschoben.

Abs. 8: Es werden lediglich die Verweise auf die neuen Delegationsbestimmungen angepasst.

Art. 54b

Aufsicht

Diese neue Bestimmung wurde aus systematischen Gründen eingeführt. Sie fasst die bisher in Artikel 54 enthaltenen Aufsichtsregeln ohne wesentliche Änderung zusammen: Absatz 1 übernimmt Artikel 54 Absatz 5 betreffend die Inspektion durch die Swissmedic.

Absatz 2 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen Artikel 54 Absatz 7 und enthält die Kompetenzen des Bundesrates zur Regelung der Melde- und Informationspflichten für die Durchführung von Versuchen. Buchstabe c wird in Übereinstimmung mit den europäischen Vorgaben dahingehend ergänzt, dass auch Umstände meldepflichtig erklärt werden können, welche die Zuverlässigkeit und Belastbarkeit der erhobenen Daten in Frage stellen können.

Absatz 3 zufolge kann der Bundesrat analog zu Absatz 6 des vorangehenden Artikels vorsehen, dass die Eingabe und der Austausch von Dokumenten im Rahmen der Aufsicht auf elektronischem Weg erfolgen muss.

Art. 58 Abs. 1 Artikel 58 regelt die behördliche Marktüberwachung. Der erste Satz wurde dahingenend ergänzt, dass auch die Instandhaltung überwacht werden kann. Mit der bisherigen Formulierung sind Spitalinspektionen formell ausgeschlossen, da in Spitälern Medizinprodukte weder hergestellt, vertrieben, abgegeben oder angepriesen werden.

Im zweiten Satz von Absatz 1 werden periodische Inspektionen als Mittel zur Überprüfung von Bewilligungsvor-aussetzungen erwähnt. Diese Formulierung ist zu eng 31

BBl 2019

und greift zu kurz, denn sie fokussiert vornehmlich auf Herstellungs- oder andere Betriebsbewilligungen im Bereich der Arzneimittel. Solche Bewilligungen existieren im Bereich der Medizinprodukte nicht.

Mit der neuen Formulierung wird nun präzisiert, dass die zuständigen Behörden zum Zweck der Überwachung der Rechtmässigkeit von Herstellung, Vertrieb, Abgabe und Anpreisung von Heilmitteln angekündigte und unangekündigte Inspektionen durchführen können. Solche Inspektionen können im Verlauf der ganzen Produktionskette erfolgen, im Bereich der Medizinprodukte namentlich auch bei Zulieferern von Komponenten.

Art. 62a Abs. 1 Einleitungssatz, Bst. a Ziff. 1 und 4 Das Parlament hat mit Artikel 62a revHMG die Grundlage für die Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten durch die zuständigen Vollzugsorgane geschaffen. Um eine effiziente Marktaufsicht sicherzustellen, muss diese Grundlage wie folgt angepasst werden: Abs. 1 Bst. a Ziff. 1: Daten über die Gesundheit müssen im Rahmen der behördlichen Marktüberwachung nicht nur in Zusammenhang mit Blut und Blutprodukten, sondern generell bearbeitet werden können. Die von der Marktüberwachung betroffenen Heilmittel sind definitionsgemäss für den therapeutischen Einsatz gedacht, weshalb bei Marktüberwachungsaktivitäten naturgemäss auch Daten über die Gesundheit von mit diesen Produkten behandelten Patientinnen und Patienten anfallen, die für den Entscheid über allenfalls zu treffende Massnahmen einbezogen werden müssen.

Abs. 1 Bst. a Ziff. 4: Daten über die Gesundheit werden ebenfalls zusätzlich im Rahmen von Gesuchen für befristete Bewilligungen nach Artikel 9b Absatz 1 revHMG sowie für Ausnahmebewilligungen für Medizinprodukte nach Artikel 46 Absatz 3 Buchstabe b bearbeitet. In Ziffer 4 wird dieser Aspekt deshalb entsprechend präzisiert.

Art. 62c

Informationssystem Medizinprodukte

Für einen zeitgemässen Vollzug bedarf es eines Informationssystems, das die Wahrnehmung der Vollzugsaufgaben unterstützt. Artikel 62c soll die gesetzliche Grundlage für den Betrieb eines Informationssystems schaffen. Das Informationssystem wird von der Swissmedic betrieben.

Ein solches System ist auch nötig, damit die Schweiz ihren gegenwärtigen und künftigen internationalen Verpflichtungen nachkommen kann. Namentlich das Funktionieren der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte «Eudamed» setzt voraus, dass die beteiligten Staaten die jeweiligen Daten verfügbar machen können, d. h. das durch die Swissmedic betriebene System dient auch dem künftigen Datenaustausch mit «Eudamed». Das Informationssystem Medizinprodukte in der Schweiz wird so aufgebaut, dass es mit «Eudamed» kompatibel ist und die Pflichten zur Registrierung und Produktidentifikation nach Artikel 47 entsprechend eingehalten werden können.

32

BBl 2019

Aufgrund der sich im Aufbau befindlichen EU-Systeme ist heute noch nicht vollständig absehbar, wie die einzelnen Systeme der Mitgliedstaaten ausgestaltet sein werden und welche Vorgaben seitens der EU für den Abgleich mit «Eudamed» zu erwarten sind.

Absatz 1 regelt neben der Zuständigkeit für das Informationssystem die Zwecke, denen dieses System dienen soll. Das System dient der Gewährleistung der Sicherheit und Überwachung von Medizinprodukten. Mit dem Aspekt Sicherheit werden auch die Bewilligungssysteme bei klinischen Versuchen nach dem HFG erfasst.

Absatz 2: Der grösste Teil der Daten, die im Informationssystem enthalten sind, sind keine Personendaten. Verschiedene Daten betreffen nur produktespezifische Aspekte (Registrierung von Produkten, Kennzeichnung usw.) oder Informationen zu Unternehmen. Es wird jedoch nötig sein, bestimmte besonders schützenswerte Personendaten ins System aufzunehmen (vgl. Art. 62a Abs. 1 revHMG). Dies ist insbesondere bei Meldungen über Vorkommnisse (sog. unerwünschte Wirkungen), Daten zu Gesuchen für Ausnahmebewilligungen oder Meldungen und Informationen im Rahmen von klinischen Versuchen der Fall.

Absatz 3: Die Daten nach Absatz 2 können automatisch und systematisch mit «Eudamed» abgeglichen werden. Die Anbindung des Systems an «Eudamed» erfolgt im Rahmen des MRA. Es ist kein direkter Zugriff auf das vorliegende Informationssystem durch EU-Behörden vorgesehen, jedoch eine Synchronisation des Schweizerischen Systems mit «Eudamed». Gewisse Daten werden nur in «Eudamed» eingetragen, und diese müssen dann ihrerseits in das schweizerische Informationssystem übertragen werden. Anzumerken ist, dass Absatz 3 die «aktive» Information der Behörden regelt und nicht die «passive» Information nach dem Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 200419.

Absatz 4: Die Daten nach Absatz 2, die nicht besonders schützenswert sind, können unter der Wahrung von Berufs- und Geschäftsgeheimnissen veröffentlicht werden.

Absatz 5 beauftragt den Bundesrat, die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Informationssystems der Swissmedic stehenden Einzelheiten auf Verordnungsstufe zu regeln.

Art. 64

Voraussetzungen für die Bekanntgabe von Daten und Informationen ins Ausland

Artikel 64 regelt die Bekanntgabe von Personendaten und Informationen an ausländische Behörden.

Absatz 1 deckt die Inhalte von Artikel 64 Absätze 1, 2, 4 und 6 HMG ab. Die Bestimmung orientiert sich an Artikel 22 THG. Zur Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die internationale Amtshilfe gewährt werden darf, sind deshalb die in den Buchstaben a­c statuierten Voraussetzungen massgeblich.

Die Bekanntgabe von Personendaten ist nach Absatz 2 nur gestattet, wenn der betreffende Staat oder die internationale Organisation für einen angemessenen Schutz dieser Daten Gewähr bietet. Artikel 64 steht in Übereinstimmung mit dem Bundes19

SR 152.3

33

BBl 2019

gesetz vom 19. Juni 199220 über den Datenschutz (DSG). Artikel 6 DSG schreibt vor, dass Personendaten dann ins Ausland bekannt gegeben werden dürfen, wenn die Gesetzgebung des betreffenden Staates einen angemessenen Schutz der Persönlichkeit der betroffenen Personen gewährleistet. Fehlt eine solche Gesetzgebung, so dürfen Personendaten nur bekannt gegeben werden, wenn eine der Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 2 DSG erfüllt ist, namentlich wenn hinreichende Garantien ­ insbesondere durch Vertrag ­ abgegeben werden, die einen angemessenen Schutz im Ausland gewährleisten.

Für Fälle, in denen die Gesetzgebung des Empfängerstaates keinen angemessenen Schutz der Persönlichkeit Betroffener gewährleistet, sieht Absatz 2 eine Reihe von Voraussetzungen vor, von denen mindestens eine erfüllt sein muss, damit eine Datenbekanntgabe zulässig ist. Die Voraussetzungen, die bei der Weitergabe von Daten zu beachten sind, werden abschliessend aufgezählt; es handelt sich um alternative Voraussetzungen. Findet eine dieser Ausnahmen Anwendung, so ist der Inhaber der Datensammlung vom Verbot, Personendaten (einschliesslich Daten über die Gesundheit und über administrative und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen) an einen Drittstaat bekannt zu geben, der kein angemessenes Schutzniveau gewährleistet, entbunden. Hingegen ist er weiterhin verpflichtet, die übrigen Grundsätze des Datenschutzes zu beachten. Zu beachten ist, dass der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte über abgegebene Garantien informiert werden muss (Art. 6 Abs. 3 DSG).

In Absatz 3 wird in nicht abschliessender Weise präzisiert, welche Datenkategorien bekannt gegeben werden dürfen. Dazu gehören Ergebnisse der Marktüberwachung, Inspektionsberichte, Angaben zu klinischen Versuchen, Informationen aus der Vigilance, Angaben zu Bewilligungen oder Angaben zu Konformitätsbewertungsstellen.

Absatz 4: Entspricht Artikel 64 Absatz 4bis revHMG.

Art. 64a Abs. 3 Bei Artikel 64a handelt es sich ebenfalls um eine neue Bestimmung, die das Parlament am 18. März 2016 verabschiedet hat. Diese regelt die im Heilmittelbereich häufig vorkommenden grenzüberschreitenden Kontrollen, sei es durch ausländische Behörden in der Schweiz, sei es von schweizerischen Behörden im Ausland.

Mit der Ergänzung in Absatz 3 wird präzisiert, dass die Schweizer
Behörden ­ nach Rücksprache mit den zuständigen ausländischen Behörden ­ nicht nur eigene Kontrollen im Ausland durchführen, sondern auch an Kontrollen solcher Behörden teilnehmen können. Dies ist namentlich im Rahmen der Durchführung von «Joint assessments» im Verfahren zur Bezeichnung von Konformitätsbewertungsstellen der Fall.

20

34

SR 235.1

BBl 2019

Art. 75b

Datenbearbeitung

Im Rahmen der Anpassung des Vollzugsrechts (HMV IV) im Nachgang zur am 18. März 2016 vom Parlament verabschiedeten Änderung des HMG wurde festgestellt, dass die gesetzliche Grundlage zur Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten des Personals durch die Swissmedic nicht ausreichend gesetzlich verankert ist. Eine gesetzliche Grundlage, damit die Arbeitgeberin Swissmedic die Personendaten ihrer Angestellten in ihrem Personalinformationssystem verwalten darf, wird geschaffen. Zu berücksichtigen ist, dass die Verordnung vom 28. September 200121 über das Personal des Schweizerischen Heilmittelinstituts die fragliche Materie bereits eingehend regelt. Die vorliegende Bestimmung entspricht Artikel 27 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 200022.

Absatz 1: Die Bearbeitung von besonders schützenswerten Personendaten durch ein Bundesorgan bedarf einer formell-gesetzlichen Grundlage. Vorliegend wird die Swissmedic ermächtigt, Daten des Personals zum Zwecke der Personalführung, der Personal- und Lohnbewirtschaftung und der Mitwirkung beim Vollzug des Sozialversicherungsrechts zu bearbeiten. Die Bearbeitung kann sowohl in «Papierform» als auch «elektronisch» erfolgen.

Absatz 2: Die für die Ausübung der in Absatz 1 aufgeführten Aufgaben benötigten Daten werden in Kategorien gegliedert. Die einzelnen Datenkategorien werden im Ausführungsrecht konkretisiert.

Absatz 3: Die Swissmedic hat die gemäss dem Datenschutzrecht erforderlichen organisatorischen und technischen Massnahmen zum Schutz der Daten seiner Angestellten zu treffen.

Absatz 4: Die Bekanntgabe von Personendaten bedarf einer rechtlichen Grundlage.

Andernfalls bedarf sie der Zustimmung der betroffenen Person. So ergibt sich beispielsweise die Zulässigkeit der Datenbekanntgabe an die Sozialversicherungen aus den Sozialversicherungserlassen.

Zu verschiedenen Aspekten sind Ausführungsbestimmungen des Institutsrats notwendig. Diesbezüglich enthält Absatz 5 eine entsprechende Delegationsbestimmung.

Zugriff auf das Personalinformationssystem erhalten bei der Swissmedic die für den in Absatz 1 vorgegebenen Einsatzzweck (Personalführung, Personal- und Lohnbewirtschaftung und der Mitwirkung beim Sozialversicherungsrechtsvollzug) zuständigen Stellen, soweit es für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist.

Absatz 6: Die Swissmedic hat die
Möglichkeit, die Bekanntgabe von nicht besonders schützenswerten Daten an Dritte zu regeln, wobei auch der Zweck der Datenbekanntgabe anzugeben ist. Die Datenbekanntgabe von besonders schützenswerten Daten ist im Abrufverfahren nicht möglich. Ein Abrufverfahren für nicht besonders schützenswerte Daten ist möglich, muss aber in den Ausführungsbestimmungen explizit vorgesehen sein.

21 22

SR 812.215.4 SR 172.220.1

35

BBl 2019

Art. 77 Abs. 2 Bst. a, 2bis und 3 Wie unter Ziffer 1.2.2 und 3.1 ausgeführt, sollen die Aufgaben der Swissmedic im Zusammenhang mit der Überwachung der Medizinprodukte weiterhin vollumfänglich durch den Bund abgegolten werden. Die Einführung einer Aufsichtsabgabe soll jedoch offengehalten und zu gegebener Zeit erneut evaluiert werden.

In Absatz 2 wird Buchstabe a ergänzt. Die vom Parlament am 18. März 2016 verabschiedete Fassung sieht vor, dass Abgeltungen des Bundes für die der Swissmedic übertragenen Aufgaben so weit zugesprochen werden, als sie nicht durch Gebühren abgedeckt sind. Mit der vorliegenden Anpassung wird klargestellt, dass bei der Festlegung der Abgeltung des Bundes auch von der Swissmedic erhobene Abgaben berücksichtig werden.

Im neuen Absatz 2bis sollen explizit die Aufgaben und Tätigkeiten der Swissmedic erwähnt werden, welche vollumfänglich vom Bund abgegolten werden. Neben den Aufgaben im Bereich der Überwachung der Medizinprodukte werden auch die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Rechtsetzung sowie die Aufgaben im Bereich des Strafrechts vollständig durch den Bundesbeitrag finanziert.

Die aufgabenspezifische Verwendung der Mittel (Abgeltung des Bundes, Gebühren, Abgaben) wird durch den Bundesrat mit der Genehmigung der strategischen Ziele der Swissmedic festgelegt. Dies soll auch für den Ausgleich bei Über- oder Unterfinanzierung der Aufgaben und Tätigkeiten nach Absatz 2bis gelten. Absatz 3 wird entsprechend angepasst.

Art. 82 Abs. 1 und 3 Absatz 1: Mit der vorliegenden Ergänzung von Absatz 1 wird vorgesehen, dass die Swissmedic für die Überwachung von Produkten, die von Artikel 2a erfasst werden (Produkte aus devitalisiertem menschlichem Gewebe oder Zellen), zuständig ist.

Absatz 3: Diese Bestimmung erlaubt es dem Bundesrat, künftiges Ausführungsrecht der EU zur MDR und IVDR (sogenannte delegierte Rechtsakte sowie Durchführungsrechtsakte der EU-Kommission), die technische oder administrative Einzelheiten betreffen, deren Regelung fortlaufend und in der Regel kurzfristig angepasst wird, in der jeweiligen für die EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Fassung für die Schweiz als anwendbar zu erklären (sog. dynamische Verweisungen). Der Bundesrat wird auf Verordnungsebene diejenigen Bereiche bezeichnen, in denen er dies als notwendig erachtet. Diese Möglichkeit gilt nur für
Bereiche, die technische oder administrative Angelegenheiten betreffen, und nur wenn solche Rechtsakte häufige und rasche Anpassungen erfordern. Einige EU-Rechtsakte treten bereits 20 Tage nach ihrer Verabschiedung in Kraft. Die Übernahme solcher Rechtsakte kann nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand mit den im HMG schon bestehenden Methoden der statischen Übernahme zeitgerecht erfolgen. Die MDR sieht beispielsweise 12 delegierte Rechtsakte und 32 Durchführungsrechtsakte vor. Durch einen delegierten Rechtsakt kann die Kommission zum Beispiel die Anforderungen an die Unterlagen ergänzen, die gemäss Anhang XV Kapitel II mit dem Antrag auf klinische Prüfung vorzulegen sind (Art. 70 Ziff. 8 MDR). Mittels eines Durchführungsrechtsakts kann die Kommission ein Muster für Zertifikate zur Ausfuhr in ein Drittland festlegen (Art. 60 Ziff. 2 MDR). Die IVDR sieht 6 delegierte Rechtsakte und 36

BBl 2019

33 Durchführungsakte vor. Die delegierten Rechtsakte und die Durchführungsakte der EU betreffen ausschliesslich nicht wesentliche technische oder verfahrensrechtliche Elemente. Je nach ihrer Art bringen sie mehr oder weniger häufige Anpassungen mit sich.

Im Rahmen des MRA wird die Schweiz bei den Vorarbeiten zu diesen Rechtsakten als Beobachterin konsultiert.

Art. 82a

Internationale Zusammenarbeit

Absatz 1 verpflichtet die Vollzugsbehörden des Bundes, die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden sowie mit internationalen Organisationen zu suchen und zu pflegen. Schon heute arbeiten die Bundesstellen im Bereich Arzneimittel und Medizinprodukte mit Institutionen und verschiedenen internationalen und zwischenstaatlichen Organisationen zusammen. So beteiligt sich die Swissmedic etwa an der Pharmacovigilance-Datenbank der WHO und nimmt im Bereich der Arzneimittel und Medizinprodukte Einsitz in technischen Arbeitsgruppen der EU.

Artikel 64 Absatz 5 HMG des geltenden Rechts wird aus Gründen der Systematik neu in Absatz 2 verankert und den aktuellen Erfordernissen angepasst. Die neuen Verordnungen MDR und IVDR sehen die Implementierung und Betreuung einer Datenbank für Medizinprodukte («Eudamed») durch die Europäische Kommission vor. An dieser Datenbank muss sich die Schweiz beteiligen können, auch über einen finanziellen Beitrag.

Art. 86 Abs. 1 Bst. d und i­k, 2 Einleitungssatz, 3 und 4 Das HMG, in der vom Parlament am 18. März 2016 verabschiedeten Fassung, enthält mit Artikel 86 Absatz 1 Buchstaben d und e Strafbestimmungen, die sich auf die Einhaltung der medizinprodukterechtlichen Anforderungen beziehen wie grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen, Sorgfalts- und Instandhaltungspflichten.

Abs. 1 Bst. d: Nach Buchstabe d soll jemand ebenfalls bestraft werden, wer Medizinprodukte ausführt, die den Anforderungen dieses Gesetzes nicht entsprechen.

Damit wird namentlich die Verletzung von Artikel 50 Absatz 3 unter Strafe gestellt.

Dieser sieht vor, dass bei der Ausfuhr in einen Staat, mit welchem die Schweiz ein MRA abgeschlossen hat, die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen nach Artikel 45 Absatz 2 HMG sichergestellt werden muss.

Abs. 1 Bst. i: Mit dem neuen Artikel 86 Absatz 1 Buchstaben i sollen Verstösse gegen die vom Bundesrat gestützt auf Artikel 2a erlassenen Vorschriften für DevitProdukte sanktioniert werden können. Die Vorschriften nach Artikel 2a betreffen ähnliche Sachverhalte wie diejenigen im Bereich von Blut und Blutprodukten. Es geht zum Beispiel um Bestimmungen zum Inverkehrbringen sowie zur Lagerung, Verteilung, Rückverfolgbarkeit und Vigilanz. Die Beachtung dieser Vorschriften ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes unerlässlich (siehe Erläuterungen zu Art. 2a).
Abs. 1 Bst. j und k: Verstösse gegen die in Artikel 2a Absatz 3 festgelegten Anforderungen an die Verwendung von menschlichen Geweben oder Zellen für die Herstellung von Heilmitteln oder Devit-Produkten sollen ebenfalls sanktioniert werden 37

BBl 2019

können. Dies betrifft die Entnahme oder Verwendung von menschlichen Geweben oder Zellen für die Herstellung von Heilmitteln oder Devit-Produkten, wenn für die Entnahme keine Zustimmung vorliegt (Bst. k), und das Anbieten, Gewähren, Fordern oder Annehmen eines finanziellen Gewinns oder eines anderen Vorteils für menschliches Gewebe oder menschliche Zellen oder die Verwendung solcher Gewebe oder Zellen für die Herstellung von Produkten nach Artikel 2a (Bst. j). Für die Verwendung von menschlichen Geweben oder Zellen zu Transplantationszwecken sind entsprechende Strafbestimmungen bereits heute im Transplantationsgesetz vorgesehen (vgl. Art. 69 Abs. 1 Bst. a­c).

Abs. 2 Einleitungssatz und 3: Diese Absätze werden mit den neuen Buchstaben i­k von Absatz 1 ergänzt und redaktionell angepasst (Präzisierung der Formulierung).

Damit können konkrete Gefährdungsdelikte, gewerbsmässiges Handeln sowie Bandenmässigkeit auch im Bereich der Produkte nach Artikel 2a HMG strenger sanktioniert werden als Delikte nach Artikel 86 Absatz 1 HMG.

Abs. 4: Seit dem 1. Januar 2018 beträgt die Geldstrafe nicht mehr maximal 360, sondern maximal 180 Tagessätze (vgl. Art. 34 Abs. 1 Strafgesetzbuch23). Aus diesem Grund ist die in Artikel 86 Absatz 4 vorgesehene Begrenzung von 180 Tagessätzen obsolet und kann gestrichen werden.

Art. 87 Abs. 1 Bst. c und 2 Abs. 1 Bst. c: Die neuen Medizinproduktevorschriften sehen umfassende Registrierungspflichten vor, sei es hinsichtlich der Angaben zu Produkten oder sei es bezüglich der Angaben zu Wirtschaftsakteuren selber (vgl. Art. 47 und 47e HMG). Registrierungspflichten haben, gleich wie zum Beispiel Melde- oder Publikationspflichten, zum Zweck, gewisse Vorgänge transparent und überprüfbar zu machen, was der Produktesicherheit dient. Verstösse gegen Registrierungspflichten sollen darum im gleichen Verhältnis sanktionierbar sein wie Verstösse gegen Melde- oder Publikationspflichten. Darum wird der Buchstabe c des Artikels 87 Absatz 1, welcher ­ in der vom Parlament am 18. März 2016 verabschiedeten Fassung ­ Sanktionen für Verstösse gegen die Melde- und Publikationspflichten vorsieht, durch die Nennung der Registrierungspflichten ergänzt.

Abs. 2: Auch dieser Absatz wird an die neue Höchstgrenze der Geldstrafe angepasst (vgl. oben Erläuterungen zu Art. 86 Abs. 4).

2.2

Humanforschungsgesetz (HFG)

Art. 3 Bst. l Die Begriffsdefinition «klinischer Versuch» wird aufgehoben; sie soll neu auf Verordnungsstufe erfolgen. Damit wird es möglich, dass der Bundesrat dem internationalen Recht entsprechende spezifische Definitionen zu klinischen Versuchen festlegen kann (z. B. klinische Versuche mit Arzneimitteln, mit Medizinprodukten und 23

38

SR 311.0

BBl 2019

mit In-vitro-Diagnostika). Auch können die Begriffe auf Verordnungsstufe mit dem notwendigen Detaillierungsgrad beschrieben und bei Bedarf rascher angepasst werden. Kommt hinzu, dass klinische Versuche mit Ausnahme der Registrierung (Art. 56 HFG) bereits aktuell materiell ausschliesslich auf Verordnungsstufe geregelt werden.

Im Rahmen seiner Kompetenz wird der Bundesrat beachten, dass die schweizerische Begriffsdefinition mit derjenigen in anerkannten internationalen Regelungen, insbesondere mit der MDR und der IVDR, übereinstimmt.

Art. 45 Abs. 2 Der Entscheid über die Bewilligung eines Forschungsprojekts muss nach bisherigem Recht grundsätzlich innert zwei Monaten nach Einreichung des Gesuchs vorliegen; je nach Risiko kann diese Frist verkürzt werden. In der MDR und IVDR räumt die EU den betroffenen Mitgliedstaaten allerdings die Möglichkeit ein, die Fristen auf über 60 Tage zu verlängern (vgl. Art. 70 Abs. 4 und 70 Abs. 7 Bst. b MDR). Der Bundesrat muss deshalb ebenso die Möglichkeit haben, die Fristen nicht nur zu verkürzen, sondern bei Bedarf auch zu verlängern, um so mit dem europäischen Recht vergleichbare Fristen zu erhalten. Damit kann eine einheitliche Umsetzung der Verfahren in der Schweiz und in der EU sichergestellt werden.

Art. 49 Abs. 1: Bereits heute werden das Bewilligungs- und Meldeverfahren sowie die Übermittlung von Dokumenten zwischen Forschenden und Ethikkommissionen im Rahmen der Durchführung der Forschungsprojekte über ein Informationssystem der Kantone durchgeführt (vgl. Art. 56a). Diese Praxis bzw. die Pflicht zur Nutzung dieses Systems wird mit vorliegender Bestimmung gesetzlich verankert.

Abs. 2: Im Anschluss an die bestehende Regelungskompetenz des Bundesrates mit Bezug auf Verfahrensvorschriften (heute in Abs. 1) wird im zweiten Satz neu die Möglichkeit geschaffen, dass bei klinischen Versuchen mit Heilmitteln die betreffenden nationalen und europäischen Informationssysteme für die Eingabe von Gesuchen, den Schriftenverkehr und die Eröffnung von Entscheiden zu nutzen sind. Es handelt sich dabei um «Eudamed» sowie das Informationssystem, das die Swissmedic zu den klinischen Versuchen mit Medizinprodukten betreibt (vgl. Art. 62c HMG).

Abs. 3 und 4: Diese Bestimmungen entsprechen unverändert den bisherigen Absätzen 2 und 3.

Art. 53 Abs. 1 Das EU-Recht sieht vor,
dass mindestens ein Laie an der ethischen Überprüfung mitwirkt, die für die Erteilung einer Genehmigung durchgeführt wird (vgl. Art. 62 Abs. 3 MDR). Ein Laie im Sinne dieser Verordnung ist «eine Person, die nicht über eine formale Ausbildung in dem einschlägigen Bereich des Gesundheitswesens oder dem medizinischen Fachgebiet verfügt» (Art. 2 Ziff. 38 MDR). Die «Ethikkommission» wird als «unabhängiges Gremium» bezeichnet, «dem die Befugnis übertragen 39

BBl 2019

wurde, Stellungnahmen für die Zwecke dieser Verordnung unter Berücksichtigung der Standpunkte der Laien, insbesondere Patienten oder Patientenorganisationen abzugeben» (Art. 2 Ziff. 56 MDR).

Zur Angleichung an das europäische Recht soll auch den schweizerischen Ethikkommissionen mindestens eine Person angehören müssen, welche die Patientinnen und Patienten vertritt. Was heute als Möglichkeit für die Kantone vorgesehen ist, wird nun zu einer Pflicht. Die Mitwirkung eines Laien in der Ethikkommission, der die Patientinnen und Patienten vertritt, bietet insgesamt eine zusätzliche Sicherheit, dass die Rechte der teilnehmenden Personen geschützt werden.

Art. 56 Abs. 1 und 3 Bst. b Gegenwärtig hat der Bundesrat die Möglichkeit, die Veröffentlichung von Ergebnissen registrierter Forschungsprojekte im nationalen Register vorzusehen. Diese Kompetenzdelegation bietet heute aber nicht mehr die erforderliche Flexibilität, da die Veröffentlichung lediglich in einem in den Absätzen 1 und 2 definierten Register möglich ist. In den vergangenen Jahren wurden demgegenüber verschiedene Datenbanken eingerichtet, in denen die Ergebnisse von Forschungsprojekten veröffentlicht werden können. Deshalb ist es sinnvoll, die Publikationsmöglichkeiten zu erweitern.

Somit soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, die Veröffentlichung von Ergebnissen registrierter Forschungsprojekte auf einer anerkannten Plattform anzuordnen; bei dieser «anerkannten Plattform» kann es sich beispielsweise um das nationale Register, «Eudamed» (im Bereich der Medizinprodukte), das im neuen Artikel 56a vorgesehene Informationssystem oder andere öffentlich zugängliche Plattformen handeln. Die Möglichkeit für Forscherinnen und Forscher, ihre Ergebnisse auf den für ihre Projekte geeigneten Plattformen zu veröffentlichen, verbessert die Praxis der wissenschaftlichen Forschung. Welche Ergebnisse bzw. Daten als publikationspflichtig erklärt werden, wird der Bundesrat in Anlehnung an anerkannte internationale Regelungen festzulegen haben.

Art. 56a

Informationssystem der Kantone

Seit Januar 2016 sind alle Gesuche für Forschungsprojekte, die dem HFG unterstehen, im elektronischen Portal BASEC bei den Ethikkommissionen einzureichen.

BASEC wurde von den Kantonen beziehungsweise von Swissethics, dem Verein der Schweizerischen Ethikkommissionen für die Forschung am Menschen, eingerichtet.

Das elektronische Einreichungssystem steigert die Effizienz des Verfahrens, da es den administrativen Aufwand der Forscherinnen und Forscher verringert; ebenso erleichtert es die Bearbeitung der Gesuche durch die zuständige Ethikkommission und den projektbezogenen Informationsaustausch zwischen den Ethikkommissionen bei multizentrischen Verfahren. Ein gemeinsames Informationssystem bildet die notwendige Voraussetzung für einen möglichen künftigen Informationsaustausch mit der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte («Eudamed»). Die vorliegende Revision verankert deshalb dieses System neu im HFG und stärkt dessen Verbindlichkeit (vgl. auch Art. 49 Abs. 1).

40

BBl 2019

Absatz 1 verpflichtet die Kantone, ein gemeinsames kantonsübergreifendes Informationssystem zu betreiben, das der Durchführung der Bewilligungs- und Meldeverfahren, der Übermittlung von Berichten und der Aufsicht bei Forschungsprojekten dient. Bei diesem System kann es sich um das aktuelle System BASEC handeln, was keine neuen finanziellen Belastungen mit sich bringen würde; der Entscheid bleibt den Kantonen überlassen. Erforderlich ist einzig, dass das System und seine Umsetzung in allen Kantonen einheitlich sind.

Absatz 2 präzisiert, dass das Informationssystem Daten zum Bewilligungs- und Meldeverfahren (z. B. Gesuchsunterlagen), den Bericht über die Sicherheit der am Forschungsprojekt teilnehmenden Personen und die Daten über die Aufsichtstätigkeit der Ethikkommissionen über das Forschungsprojekt enthält. In seltenen Fällen, etwa bei schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen mit gesundheitlichen Folgen für die teilnehmenden Personen oder bei Missständen, die verwaltungs- oder strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen, ist es denkbar, dass auch besonders schützenswerte Personendaten Eingang ins System finden.

Absatz 3 verpflichtet die Kantone, ihr Informationssystem mit demjenigen der Swissmedic (vgl. Art. 62c HMG) und mit «Eudamed» kompatibel zu halten. Sie haben sicherzustellen, dass gleiche Formate für den Datenaustausch über klinische Versuche bestehen, beispielsweise damit bei der zuständigen Ethikkommission und bei der Swissmedic identische, international standardisierte Gesuchsunterlagen eingereicht werden können.

Zudem sieht Absatz 4 für den Bundesrat Kompetenzen in zwei Bereichen vor: Zunächst kann der Bundesrat vorsehen (Bst. a), dass die Daten, die klinische Versuche mit Heilmitteln betreffen, automatisch mit dem Informationssystem der Swissmedic nach Artikel 62c HMG und mit der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte («Eudamed») im Rahmen völkerrechtlicher Verträge abgeglichen werden.

Diese Anpassung ermöglicht eine gemeinsame Umsetzung der schweizerischen und, falls erforderlich, der europäischen Verfahren im Zusammenhang mit klinischen Versuchen, die in verschiedenen Staaten durchgeführt werden.

Die MDR und die IVDR sehen vor, dass die in «Eudamed» enthaltenen Daten über die Anträge auf Genehmigung von Forschungsprojekten und über deren Ergebnisse für die Öffentlichkeit
zugänglich sind (vgl. Art. 73 Abs. 1 und 3 MDR). Dasselbe gilt im Übrigen für die EU-Datenbank für klinische Studien mit Arzneimitteln (European Union Drug Regulating Authorities Clinical Trials, EudraCT). In der Schweiz soll deshalb ebenso die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, um in Übereinstimmung mit den anerkannten internationalen Regelungen die diesbezügliche Transparenz zu gewährleisten. In einem ersten Schritt ermöglicht dies zunächst die Angleichung an die MDR und IVDR. Allerdings darf diese Transparenz den Schutz der Personendaten der teilnehmenden Personen nicht beeinträchtigen. Auch der Schutz der Berufs- und Geschäftsgeheimnisse muss trotz grundsätzlicher öffentlicher Einsehbarkeit gewährleistet sein; die Information der Öffentlichkeit darf die Forschung nicht beeinträchtigen, indem namentlich Fabrikationsgeheimnisse enthüllt werden, die sehr oft mit grossem Aufwand und dank umfangreicher Investitionen erlangt worden sind.

41

BBl 2019

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Die durch den Bundesbeitrag gedeckten Kosten der Marktüberwachung der Medizinprodukte (Materiovigilanz und Marktkontrolle) durch die Swissmedic betragen bisher rund 5,8 Millionen Franken. Mit der neuen Regulierung der Medizinprodukte werden an deren Marktzutritt und an die Marktüberwachung erheblich höhere Anforderungen gestellt als bisher.

Die Frage, wie gross der bei den Aufsichtsbehörden anfallende Aufwand für den Vollzug des neuen Medizinprodukterechts sein wird, stellt sich allen europäischen Behörden gleichermassen. Das europäische Leitungsgremium für Medizinprodukte, die CAMD Executive Group, hat deshalb ein Instrument zur einheitlichen Aufwandberechnung des künftigen Vollzugsaufwands erarbeiten lassen. Mit diesem Instrument sollen einerseits die verschiedenen Vollzugsaufgaben umfassend erhoben werden, um ein gemeinsames europäisches Verständnis der Vollzugsdichte zu erreichen und eine harmonisierte Implementierung des Vollzugs der neuen Regulierung sicherzustellen. Gestützt auf die Erfassung der einzelnen Vollzugsaufgaben wurden diese mit einer Aufwandschätzung versehen, welche ihrerseits durch die vier an der Erarbeitung des Berechnungsinstruments beteiligten nationalen Behörden plausibilisiert wurden. Die Swissmedic hat den Vollzugsaufwand (inklusive Kosten für das Informationssystem Medizinprodukte) aufgrund dieses Instruments berechnet. Er liegt bei rund 13,2 Millionen Franken. Davon können voraussichtlich rund 1,7 Millionen Franken durch Verfahrensgebühren abgedeckt werden. Die verbleibenden 11,5 Millionen Franken sollen weiterhin durch den Bundesbeitrag finanziert werden; dieser wäre gegenüber heute (5,8 Mio. Fr.) um 5,7 Millionen Franken zu erhöhen.

Die Einführung einer Aufsichtsabgabe soll jedoch offengehalten und zu gegebener Zeit erneut evaluiert werden (vgl. Erläuterungen zu Art. 77 und Ziff. 1.2.1).

3.2

Auswirkungen auf die Kantone

Die Kantone sind im Vollzug ebenfalls tangiert. Für sie gilt es, die neuen Vorgaben bei der Kontrolle des Detailhandels und der Abgabestellen entsprechend umzusetzen. Die Kantone sind aber auch als Eigner von Gesundheitseinrichtungen betroffen.

Für sie bringen die neuen Dokumentations- und Informationspflichten zusätzlichen Aufwand. Dieser entsteht sowohl bei der Erfassung bezogener und abgegebener Produkte als auch bei der Erfassung von Produkten, die hausintern hergestellt oder geändert werden, damit sie den spezifischen Bedürfnissen von Patientenzielgruppen genügen.

Auch im Bereich der klinischen Versuche ist der kantonale Vollzug tangiert. Die Kantone haben primär die Bewilligungsverfahren durch die kantonalen Ethikkommissionen anzupassen. Die vor dem Hintergrund der europäischen Datenbanken neu bundesrechtlich vorgeschriebene Durchführung von Bewilligungsverfahren u. a. m.

in einem Informationssystem sollte allerdings zu keinem erheblichen initialen Aufwand führen, verfügen die Ethikkommissionen doch bereits heute über das entsprechende System BASEC. Allerdings ist wahrscheinlich, dass ­ neben dem finanziel42

BBl 2019

len Aufwand für die Entwicklung eines bestehenden Systems ­ vergleichsweise geringe Kostenfolgen entstehen für die allfällige Anpassung der Schnittstellen zu dem von der Swissmedic betriebenen Informationssystem beziehungsweise den Anforderungen, welche die Datensynchronisierung mit diesem oder einem europäischen System ermöglichen. Hinzu kommt, dass aufgrund der höheren Anforderungen des EU-Rechts an die für den Konformitätsnachweis für Medizinprodukte notwendigen Daten häufiger klinische Versuche im Medizinproduktebereich durchgeführt werden müssen; angesichts neuer technischer Ansätze (z. B. Informatik) wird auch der Einbezug entsprechenden Fachwissens in den Ethikkommissionen notwendig sein. In institutioneller Hinsicht ist schliesslich zu erwähnen, dass der Einsitz einer Patientenvertretung in den Ethikkommissionen neu von Bundesrechts wegen verpflichtend wird.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die neue Regulierung sieht eine deutliche Verbesserung der Sicherheit und Qualität der Medizinprodukte vor. Da die Schweiz ihr Medizinprodukterecht in enger Anlehnung an die beiden neuen EU-Verordnungen überarbeitet, entsteht für den Grossteil der Schweizer Unternehmen kein zusätzlicher Aufwand, da diese stark EU-exportorientiert sind und sie die neuen EU-Verordnungen ohnehin übernehmen werden.

Der Aufwand zur Sicherstellung der gestiegenen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen wird auf allen Stufen des Lebenszyklus von Medizinprodukten steigen (von der Forschung über die Entwicklung und Prüfung, der Produktion, Konformitätsbewertung und Marktüberwachung). Dies kann sich auch auf die Kosten und möglicherweise auf das Angebot von Medizinprodukten auswirken. Diese Auswirkungen treffen alle Länder des europäischen Binnenmarkts in gleichem Masse; sie sind aber auch in der Schweiz in Kauf zu nehmen, wenn eine höhere Produkte- und Patientensicherheit erreicht werden und der freie Zugang zum europäischen Binnenmarkt erhalten bleiben können.

Um die Auswirkungen auf die Schweizer Volkswirtschaft insgesamt abzuschätzen, haben das BAG und das SECO eine vertiefte Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) in Auftrag gegeben24. Die RFA wurde von Ecoplan AG in Zusammenarbeit mit der Axxos GmbH, einem Consulting-Büro in der Medizintechnik, durchgeführt. Die ökonomische Datenlage zu Medizinprodukten ist sehr dürftig. Während über Betriebsstrukturen und Beschäftigung in der Medizinprodukte-Industrie verlässliche Zahlen vorliegen, existieren über die Produktevielfalt und deren Verwendung nur grobe Schätzungen. Die Schweizer Medizintechnik-Branche umfasste im Jahr 2015 rund 1350 Unternehmen mit rund 54 500 Beschäftigten. Das sind rund 1,1 Prozent der Gesamtbeschäftigung. Die Schweizer Medizintechnik-Industrie ist stark von KMU geprägt. Rund 94 Prozent der in der Medizintechnik-Branche tätigen Unternehmen sind KMU. Ausländische Absatzmärkte sind für die Branche von grosser Bedeutung: Im Jahr 2016 machten die Exporte rund drei Viertel des Umsatzes aus.

Rund die Hälfte der Exporte gingen im Jahr 2017 in EU- und EFTA-Staaten. Schät24

Ecoplan/axxos: Regulierungsfolgenabschätzung zur Revision des Medizinprodukterechts, Bern, 22. August 2018 (Auftraggeber BAG und Seco).

43

BBl 2019

zungen gehen davon aus, dass auf dem europäischen Binnenmarkt heute rund 500 000 verschiedene Medizinprodukte verfügbar sind. Darunter finden sich so unterschiedliche Produkte wie beispielsweise Heftpflaster, Schwangerschaftstests, Blutzucker-Messgeräte, Herzschrittmacher, Gelenkprothesen, Spitalbetten oder Informatik- und Software-Produkte, die zur Diagnose, Therapie und Überwachung eingesetzt werden. Zahlen zu den auf dem Schweizer Markt verfügbaren Produkten sind mangels amtlicher Statistiken nicht bekannt. Die Auswirkungen der vorgesehenen Anpassungen im Medizinprodukterecht können deshalb nur mithilfe von Modellannahmen geschätzt werden. Präzise Aussagen für bestimmte Produktegruppen oder für spezifische Unternehmenstypen, die sich entlang der Entwicklungs- und Produktionskette von Medizinprodukten spezialisieren, sind nicht möglich.

Gemäss RFA ist aufgrund des hohen Preisdrucks bei sich bereits auf dem Markt befindenden Produkten keine Preissteigerung zu erwarten. Ein Ansteigen der Krankenversicherungsprämien ist deshalb nicht zu erwarten. Der Nachweis der klinischen Evidenz von Medizinprodukten erleichtert jedoch die Wahl der wirksamsten Produkte in den Spitälern und kann zudem die Vergütung durch die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) vereinfachen.

3.3.1

Medizinproduktehersteller

Die neuen Regulierungen bringen den Herstellern im Interesse der verbesserten Patientensicherheit einen deutlich höheren Aufwand bei den Dokumentations- und Nachweispflichten zu ihren Produkten (Leistungsmerkmale, Sicherheit, systematische Überwachung während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts) sowie der Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit. Zudem gelten höhere Anforderungen für die klinischen Versuche und klinischen Bewertungen. Ebenso werden die Hersteller mit höheren Kosten für die externen Konformitätsbewertungen rechnen müssen. Weiter müssen die Hersteller neu über eine Person mit dem erforderlichen Fachwissen, die für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich ist, verfügen oder auf eine solche zurückgreifen können.

Die RFA rechnet mit einem zusätzlichen Personalbedarf von rund 1000 Vollzeitstellen. Da sehr spezifisch ausgebildete und erfahrene Fachkräfte benötigt werden, ist zu erwarten, dass sich der Fachkräftemangel in der Branche kurzzeitig verstärken kann.

Dies ist aber auch eine Chance für die Universitäten und Fachhochschulen der Schweiz, entsprechende neue Lehrgänge zu entwickeln.

Diese Mehraufwände führen zu Mehrkosten für Hersteller und Zulieferer. Die RFA beziffert diese Mehrkosten auf 525 Millionen Franken pro Jahr. Die RFA weist diese Kosten als «Sowieso»-Kosten aus. Diese Kosten fallen für die MedizinprodukteIndustrie, die einen Grossteil ihrer Produkte auf dem europäischen Binnenmarkt absetzt, unabhängig davon an, ob die Schweiz ihr Medizinprodukterecht der europäischen Entwicklung anpasst oder nicht. Produkte, die auf dem europäischen Binnenmarkt abgesetzt werden, müssen den Bestimmungen der EU-Verordnungen entsprechen. Es scheint keine Unternehmen zu geben, die ausschliesslich für den heimischen Markt produzieren.

44

BBl 2019

Die Hersteller tragen somit die Hauptlast der steigenden Kosten, haben aber dadurch auch in Zukunft einen gleichwertigen Zugang zum europäischen Binnenmarkt wie ihre Mitbewerber in der EU. KMU und Start-ups sind von der neuen Regulierung besonders stark betroffen. Die durch die Regulierung entstehenden Mehrkosten fallen bei ihnen stärker ins Gewicht als bei Grossunternehmen. Zudem sind die kleinen Unternehmen tendenziell regulatorisch und organisatorisch weniger gut aufgestellt als Grossunternehmen. Sie müssen daher vergleichsweise grössere Anstrengungen unternehmen, um die Anforderungen der neuen Regulierung zu erfüllen. Kleinstund Kleinbetriebe könnten angesichts der gestiegenen Anforderungen und der deutlichen Mehrkosten sogar in ihrer Existenz bedroht werden. Wie jedoch verschiedene Vorkommnisse in der Vergangenheit gezeigt haben, sind die verschärften Vorschriften notwendig, um die Sicherheit und Qualität der Produkte deutlich zu verbessern.

Der Bundesrat sieht mit der Überarbeitung des Medizinprodukterechts keine Regelungen vor, die weiter gehen als diejenigen der EU; auf einen «Swiss Finish» wird verzichtet. Damit kann verhindert werden, dass die Kosten für die Industrie noch höher ausfallen und zu einem Wettbewerbsnachteil für die Schweizer Medizintechnik-Industrie führen.

3.3.2

Konformitätsbewertungsstellen

Die vorgezogene Teilrevision der MepV vom 25. Oktober 2017 sowie die entsprechende Aktualisierung des MRA stellen sicher, dass sich die Schweizer Konformitätsbewertungsstellen auf den frühest möglichen Termin (26. November 2017) für die Bezeichnung nach dem neuen Recht anmelden konnten. Damit haben die beiden Schweizer Konformitätsbewertungsstellen die gleichen Voraussetzungen wie ihre europäischen Mitbewerber. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass das Sicherheitsniveaus für Medizinprodukte, für die eine Konformitätsbewertungsstelle in der Schweiz beigezogen wird, vergleichbar bleibt mit demjenigen der EU.

Der erhöhte Aufwand der Konformitätsbewertungsstellen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach neuem Recht wird sich auf die Kosten für die Konformitätsbewertung auswirken. Diese Mehrkosten werden mit grösster Wahrscheinlichkeit vollständig an die Hersteller weitergegeben.

Es ist noch ungewiss, ob sich alle bisherigen europäischen Konformitätsbewertungsstellen um die Weiterführung ihrer Tätigkeiten nach den neuen EU-Verordnungen bewerben und wie viele den strengeren Überprüfungsprozess durch die Behörden bestehen werden. Es muss daher damit gerechnet werden, dass es in der Einführungsphase der MDR/IVDR europaweit zu Kapazitätsengpässen bei den Konformitätsbewertungsstellen kommen kann. Hier bietet sich für die beiden Schweizer Konformitätsbewertungsstellen die Möglichkeit zum Ausbau ihrer Geschäftstätigkeit im Bereich der Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika. Gemäss der RFA planen die zwei Schweizer Stellen dann auch, zusätzliche Stellen zu schaffen.

45

BBl 2019

3.3.3

(Berufsmässige) Anwenderinnen und Anwender

Gesundheitseinrichtungen müssen mit einem zusätzlichen Aufwand für die neuen Dokumentations- und Informationspflichten rechnen. Den Spitälern öffnen sich mit der eindeutigen Identifizierung der Medizinprodukte mit der UDI-Nummer und mit den in «Eudamed» verfügbaren Informationen Vereinfachungen in der Rückverfolgbarkeit sowie in der Bewirtschaftung ihres umfangreichen Produktesortiments. Sie müssen jedoch mit einem Mehraufwand bei der Beschaffung von Medizinprodukten rechnen, da sich das Produktesortiment durch die Straffung des Produkteportfolios bei den Herstellern verringern kann. Mangels Kapazitäten bei den europäischen und schweizerischen Konformitätsbewertungsstellen kann es zudem zu Verzögerungen bei der Ausstellung der notwendigen Zertifikate kommen, sodass einige Produkte vorübergehend nicht verkehrsfähig sind. Diese Tendenz der Verringerung des Produkteangebots zeichnet sich in Einzelfällen bereits heute europaweit ab. Eine quantitative Abschätzung der Kosten der neuen Regulierung für die Spitäler ist zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich.

3.3.4

Patientinnen und Patienten sowie Konsumentinnen und Konsumenten

Patientinnen und Patienten sowie Konsumentinnen und Konsumenten in der EU und der Schweiz profitieren von einer besseren Qualität und Sicherheit der inländisch hergestellten und der importierten Medizinprodukte. Für die Patientinnen und Patienten wird ein Teil der «Eudamed»-Datenbank öffentlich gemacht, sodass die Transparenz der Information über die Produkte erhöht sowie eine lückenlose Rückverfolgbarkeit gewährleistet werden. Zu erwähnen sind auch die Vorschriften zur Haftpflicht der Hersteller und Konformitätsbewertungsstellen, die im Schadenfall geschädigte Patientinnen und Patienten zu entschädigen haben. Eine quantitative Aussage zum Nutzen für die Patienten und Konsumentinnen kann jedoch aufgrund fehlender Datengrundlagen nicht gemacht werden.

Den positiven Auswirkungen des neuen Rechtsrahmens für Medizinprodukte stehen jedoch auch gewisse Nachteile gegenüber. Gemäss der RFA sollten die Preise von Medizinprodukten zwar nicht steigen. Jedoch muss damit gerechnet werden, dass Hersteller ihr Produktesortiment reduzieren werden und damit die Auswahl an Produkten kleiner wird. Ebenfalls können einzelne Produkte wegen fehlender Zertifikate temporär nicht verfügbar sein. Das kann insbesondere kleine Patientengruppen treffen, die auf ein Medizinprodukt angewiesen sind, das nur in geringer Stückzahl abgesetzt wird.

3.3.5

Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen

Es ist davon auszugehen, dass die Neuordnung der Regulierung für Medizinprodukte für den europäischen Binnenmarkt spürbare wirtschaftliche Auswirkungen haben wird. Die Hauptlast des erwarteten Kostenschubs wird von den Herstellern getragen werden. Gemäss den Erkenntnissen der RFA wird trotz dieser Kostensteigerung bei 46

BBl 2019

den Herstellern keine Steigerung des Preises von Medizinprodukten erwartet. Der starke Konkurrenzdruck und der Umstand, dass in grossen europäischen Absatzmärkten (wie etwa Deutschland und Frankreich) die Preise von Heilmitteln durch staatliche Massnahmen zunehmend Obergrenzen unterworfen werden, lassen nur wenig Spielraum für Preiserhöhungen. Die Hersteller von Medizinprodukten werden die steigenden Kosten kompensieren mit Rationalisierungsmassnahmen in der Produktion, Straffung ihres Produkteportfolios, zeitliche Verschiebung der Markteinführung von Innovationen, aber auch mit Einbussen ihrer Margen.

Die vorliegende Revision des Medizinprodukterechts verbessert die Qualität und die Sicherheit der Medizinprodukte und damit die Patientensicherheit. Gleichzeitig ermöglicht sie der Industrie und den Konformitätsbewertungsstellen weiterhin den erleichterten Zugang zum europäischen Binnenmarkt. Somit kann auch die Attraktivität des Standorts Schweiz für Medizintechnik innerhalb Europas beibehalten werden.

Es sind keine nennenswerten Auswirkungen auf das Funktionieren der Märkte, die Preise und das Wirtschaftswachstum insgesamt absehbar. Aufgrund des sich aus der neuen Regulierung ergebenden zusätzlichen Fachkräftebedarfs ist ein Beschäftigungswachstum in der Medizintechnik-Branche zu erwarten.

Die Risiken bei der Einführung der neuen europäischen Regulierung liegen primär bei den kurzen Übergangsfristen, die sich die EU setzt, und nur sekundär bei der gleichwertigen Anpassung des Schweizer Medizinprodukterechts. Bereinigungen der Produkteportfolios bei den Herstellern können bei einzelnen Produkten zumindest temporär zu Engpässen führen. Der höhere Regulierungsaufwand trifft die KMU stärker als die Grossunternehmen. Er wirkt zudem tendenziell eher bremsend auf die Innovationstätigkeit der Branche. Insgesamt besteht die Tendenz, dass der Wettbewerb unter weniger Herstellern stattfinden wird und die Marktkonzentration eher zunimmt.

3.4

Zweckmässigkeit im Vollzug

Die Schweiz kann nur mit einer vollständigen Angleichung an die europäische Medizinprodukte-Regulierung an den Kontrollsystemen und Datenbanken der EU sowie den relevanten Arbeitsgruppen (u. a. MDCG) teilnehmen, was Voraussetzung für eine effektive und effiziente Marktüberwachung von Medizinprodukten wie auch für die für eine Weiterführung des MRA notwendige Gleichwertigkeit der Medizinprodukteregulierung an sich ist.

47

BBl 2019

4

Rechtliche Aspekte

4.1

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsgrundlagen für die zur Änderung vorgeschlagenen Gesetze finden sich in den Artikeln 95, 118 Absatz 2 und 118b Absatz 1 der Bundesverfassung25 (BV).

Für die hier vorgeschlagenen Änderungen des HMG ist Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe a BV (Schutz der Gesundheit) massgebend. Gestützt auf diese Bestimmung erlässt der Bund Vorschriften u. a. über den Umgang mit Heilmitteln. Die Änderungen zum HFG stützen sich auf die in Artikel 118b Absatz 1 BV vorgesehene Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Forschung am Menschen.

4.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Alle vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.

Aufgrund des Abkommens vom 21. Juni 199926 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen können in den Produktbereichen, in denen die anwendbare Gesetzgebung der Schweiz und der EU als gleichwertig gilt, Konformitätsbewertungen gegenseitig anerkannt werden.

Im Heilmittelbereich werden die Medizinprodukte vom Abkommen erfasst (Anhang 1 Kap. 4 MRA). Die mit der vorliegenden Revision vorgenommenen Anpassungen schaffen die Grundlage, um die Gleichwertigkeit der entsprechenden technischen Bestimmungen der EU und der Schweiz sicherzustellen und eine effiziente Zusammenarbeit mit den Marktüberwachungsbehörden der EU zu gewährleisten.

4.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Diese Vorlage enthält insbesondere wichtige Bestimmungen zu Rechten und Pflichten der Wirtschaftsakteure und Gesundheitseinrichtungen in Bezug auf die Medizinprodukte. Die technischen oder detaillierten Bestimmungen werden auf Stufe des Ausführungsrechts geregelt.

25 26

48

SR 101 SR 0.946.526.81

BBl 2019

4.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der vorliegende Entwurf enthält mehrere Bestimmungen, mit denen Gesetzgebungskompetenzen übertragen werden. Damit erhält der Bundesrat die Möglichkeit, auf dem Verordnungsweg die konkreten Ausführungsbestimmungen zu erlassen, die für die Umsetzung der Gesetze erforderlich sind. Diese Delegationsnormen sind ausreichend konkret und ermöglichen eine raschere und effizientere Anpassung an neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie an Änderungen des internationalen Rechts und insbesondere des EU-Rechts.

Heilmittelgesetz (HMG) Nach Artikel 2 Absatz 3 kann der Bundesrat bestimmte Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung, die hinsichtlich ihrer Funktionsweise und ihrer Risikoprofile mit Medizinprodukten vergleichbar sind, dem Gesetz unterstellen.

Artikel 2a Absätze 1 und 2 räumt dem Bundesrat die Kompetenz ein, Anforderungen an den Umgang mit Produkten, die devitalisierte menschliche Gewebe, Zellen oder deren Derivate enthalten oder aus solchen bestehen und die eine Funktion als Heilmittel haben, vorzusehen.

Nach Artikel 4 Absatz 3 kann der Bundesrat für den Bereich der Medizinprodukte die Begriffe des Gesetzes durch Verordnung abweichend definieren, sofern dies der internationalen Harmonisierung dient.

Artikel 45 Absatz 3 erteilt dem Bundesrat die Kompetenz, die Anforderungen an Medizinprodukte festzulegen. Nach Absatz 6 dieser Bestimmung kann er Erleichterungen für Medizinprodukte vorsehen, die ausschliesslich in Gesundheitseinrichtungen hergestellt und verwendet werden, und er kann nach Absatz 7 vorsehen, dass Einmalprodukte aufbereitet und wiederverwendet werden dürfen.

Nach Artikel 46 Absatz 3 kann der Bundesrat für bestimmte Medizinprodukte als Teil des Konformitätsnachweises die Durchführung klinischer Versuche vorschreiben sowie für bestimmte Medizinprodukte oder Medizinproduktegruppen Ausnahmen von der Konformitätsbewertung vorsehen.

Artikel 47 Absatz 2 verpflichtet den Bundesrat, die Modalitäten der Registrierung und der Produktidentifikation zu umschreiben. Nach Absatz 3 dieser Bestimmung kann er die Pflichten regeln, welche die weiteren beteiligten Wirtschaftsakteure sowie Gesundheitseinrichtungen im Zusammenhang mit der Registrierung und der Produktidentifikation haben.

Nach Artikel 47a Absatz 4 legt der Bundesrat fest, für welche Medizinprodukte welche Daten und Informationen in der
technischen Dokumentation enthalten sein müssen und wie diese Dokumentation verfügbar gemacht werden muss.

Artikel 47c Absatz 2 gibt dem Bundesrat die Kompetenz, die Aufbewahrungsdauer von Angaben bezüglich Bezug und Lieferung von Medizinprodukten festzulegen.

Nach Artikel 47e Absatz 1 kann der Bundesrat für das Inverkehrbringen bestimmter Medizinprodukte eine Meldepflicht oder eine Bewilligungspflicht und für Wirtschaftsakteure sowie Konformitätsbewertungsstellen die Pflicht vorsehen, bestimmte Informationssysteme zu nutzen. Er kann dabei bestimmen, dass der Schriftenverkehr 49

BBl 2019

und die Eröffnung von Entscheiden auf elektronischem Wege erfolgen müssen.

Nach Absatz 2 dieser Bestimmung regelt der Bundesrat die weiteren Pflichten von Wirtschaftsakteuren und Gesundheitseinrichtungen sowie die Anforderungen an die für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlichen Personen von Herstellern und Bevollmächtigten.

Nach Artikel 54 Absatz 6 regelt der Bundesrat das Bewilligungsverfahren in Bezug auf klinische Versuche. Er kann zudem die Form für die Anmeldung vorschreiben und festlegen, dass die Eingabe von Gesuchen, der Schriftenverkehr und die Eröffnung von Entscheiden auf elektronischem Weg erfolgen müssen.

Nach Artikel 54b regelt der Bundesrat im Zusammenhang mit der Aufsicht von klinischen Versuchen das Meldeverfahren und den Informationsaustausch. Er kann bestimmen, dass die Meldung und der Informationsaustausch auf dem elektronischen Weg erfolgen müssen.

Artikel 62c Absatz 5 gibt dem Bundesrat die Kompetenz, hinsichtlich des Informationssystems Medizinprodukte die Struktur und den Datenkatalog, die Zugriffsrechte, die zur Sicherstellung des Datenschutzes und der Datensicherheit erforderlichen organisatorischen und technischen Massnahmen sowie die Aufbewahrungsdauer festzulegen.

Artikel 82 Absatz 3 ermöglicht es dem Bundesrat zu bestimmen, dass delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte der Europäischen Kommission im Bereich der Medizinprodukte in der jeweiligen für die EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Fassung auch in der Schweiz gelten.

Nach Artikel 82a Absatz 2 kann der Bundesrat im Bereich des Informationsaustauschs sowie der Bekanntgabe von Personendaten selbstständig völkerrechtliche Verträge abschliessen.

Humanforschungsgesetz (HFG) Nach Artikel 45 Absatz 2 kann der Bundesrat die Bearbeitungsfristen im Rahmen des Bewilligungsverfahrens bei Ethikkommissionen anpassen.

Nach Artikel 49 Absatz 2 kann der Bundesrat im Rahmen des Bewilligungsverfahrens festlegen, dass die Eingabe von Gesuchen, der Schriftenverkehr und die Eröffnung von Entscheiden auf elektronischem Weg erfolgen müssen.

Artikel 56 Absatz 1 gibt dem Bundesrat die Kompetenz, die klinischen Versuche näher zu umschreiben und Ausnahmen von der Registrierungspflicht zu bezeichnen.

Nach Absatz 3 Buchstabe b kann er vorsehen, dass die Ergebnisse registrierter Forschungsprojekte auf einer anerkannten
Plattform veröffentlicht werden müssen.

Nach Artikel 56a Absatz 4 kann der Bundesrat vorsehen, dass Daten, die klinische Versuche mit Heilmitteln betreffen, automatisch abgeglichen werden mit Informationssystemen des Schweizerischen Heilmittelinstituts oder mit durch die Europäische Union betriebenen Informationssystemen. Zudem kann der Bundesrat vorsehen, dass Daten, die nicht besonders schützenswert sind, unter Wahrung von Berufs- und Geschäftsgeheimnissen veröffentlicht werden dürfen.

50

BBl 2019

4.5

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung sieht vor, dass Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes des beiden Räte bedürfen.

Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a, welcher die befristete Gesetzesgrundlage für die Bundesfinanzierung der Kosten der Marktüberwachung von Medizinprodukten darstellt, ist zwar nicht neu. Diese Kosten werden bereits gestützt auf das geltende Recht durch den Bund finanziert. Allerdings ist mit den neuen MedizinprodukteRegelungen eine erhebliche Aufgabenintensivierung und damit eine entsprechende Kostenzunahme verbunden. Weil die Gesamtkosten der Marktüberwachung mit insgesamt 11,5 Millionen Franken pro Jahr und die Mehrausgaben von jährlich 5,7 Millionen Franken die massgebliche Grenze der Ausgabenbremse für wiederkehrende Ausgaben von 2 Millionen Franken überschreiten, untersteht Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a der Ausgabenbremse.

4.6

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetze

Materielle und finanzielle Steuerung Ab Inkrafttreten der Änderung des HMG vom 18. März 201627 am 1. Januar 2019 erfolgt die Steuerung der Mittel im Rahmen der strategischen Ziele der Swissmedic, die vom Bundesrat für jeweils vier Jahre zu genehmigen sind (Art. 70 HMG).

Der Institutsrat überprüft die strategischen Ziele jährlich und wird dem Bundesrat allenfalls notwendige Anpassungen ebenfalls zur Genehmigung unterbreiten. Die Swissmedic legt zudem jährlich Rechenschaft über die Erreichung der strategischen Ziele ab.

Folgende Produkte und Produktgruppen werden gemäss dem bisherigen Leistungsauftrag 2017­2018 des Instituts durch Bundesbeiträge finanziert: ­

Rechtsgrundlagen

­

Information der Öffentlichkeit

­

Vigilance Medizinprodukte

­

Marktkontrolle Medizinprodukte

­

Strafrecht

Die Swissmedic weist in ihrer Kostenrechnung detailliert aus, welche Aufwendungen in den durch die Bundesbeiträge finanzierten Bereichen entstehen, wodurch die Mittelverwendung seitens des Eigners Bund kontrolliert werden kann.

27

AS 2017 2745

51

BBl 2019

Die EFK als Revisionsstelle des Instituts erstattet dem Bundesrat und dem Institutsrat Bericht. Dazu überprüft sie die Rechnungsführung (inklusive der Mittelverwendung aus dem Bundesbeitrag) sowie das richtige Funktionieren der Planungs-, Kontroll-, Steuerungs- und Berichtssysteme des Instituts (Art. 74 HMG).

Verfahren der Beitragsgewährung Die Kontrolle durch die EFK sowie die Berichterstattung der Swissmedic über das zuständige Departement an den Bundesrat stellen sicher, dass die vom Bund zugestandenen Mittel tatsächlich im Sinne des Eigners verwendet werden. Dieser Mitteleinsatz erfolgt kohärent mit den genehmigten strategischen Zielen.

Öffentliches Beschaffungsrecht Die Swissmedic untersteht dem Beschaffungsrecht des Bundes. Durch eine dedizierte Organisation für das Beschaffungswesen wird sichergestellt, dass dem Beschaffungsrecht bei allen durch die Swissmedic getätigten Beschaffungen Rechnung getragen wird (öffentliche Ausschreibung von Beschaffungen oberhalb der entsprechenden Schwellenwerte und Berichterstattung in vereinzelten, begründeten Ausnahmefällen).

52