zu 09.528 Parlamentarische Initiative Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand.

Einführung des Monismus Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 5. April 2019 Stellungnahme des Bundesrates vom 14. August 2019

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 5. April 20191 betreffend die parlamentarische Initiative «Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Einführung des Monismus» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. August 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 11. Dezember 2009 reichte Nationalrätin Ruth Humbel (CVP, AG) die parlamentarische Initiative 09.528 «Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Einführung des Monismus» ein. In ihrer Begründung hielt die Initiantin fest, es sei unbestritten, dass grundlegende Fehlanreize im Gesundheitssystem auf die unterschiedliche Finanzierung des ambulanten und des stationären Bereichs zurückzuführen seien. Nur wenn diese Fehlanreize beseitigt würden, könne auch der stationäre Bereich in Managed Care eingeschlossen werden, was ein wesentlicher Faktor für ein erfolgreiches Managed-Care-System sei. Damit die Kantone den Einfluss und die Kontrolle über die öffentlichen Gelder behielten, könne ein Monismusmodell so ausgestaltet werden, dass die Kantone ihre Mittel gezielt und kontrolliert einsetzen würden.

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) gab der Initiative am 16. Februar 2011 mit 14 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-SR) stimmte diesem Beschluss am 14. November 2011 mit 7 zu 1 Stimmen zu. Die SGK-NR beauftragte ihre Subkommission «KVG» mit der Erarbeitung eines Erlassentwurfes. Diese nahm die Arbeiten auf, war aber mit anderen Geschäften ausgelastet. Mit Ende der 49. Legislatur wurde die Subkommission «KVG» aufgelöst. Am 23. August 2016 nahm die neue Subkommission «Monismus» ihre Arbeit auf und erarbeitete einen Entwurf, den die SGK-NR am 19. April 2018 mit 15 zu 7 Stimmen annahm und zu dem danach eine Vernehmlassung durchgeführt wurde.

Am 24. Januar 2019 liess sich die Kommission über die Ergebnisse der Vernehmlassung informieren und beauftragte die Subkommission mit einer vertieften Analyse.

Gleichzeitig beschloss sie mit 20 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung, das Postulat der SGK-NR 19.3002 «Pflege und EFAS» einzureichen. Dieses beauftragt den Bundesrat, zusammen mit den Kantonen, den Versicherern und den Leistungserbringern die Grundlagen zu erarbeiten für den Entscheid, ob die einheitliche Finanzierung gegebenenfalls später auch für die Pflegeleistungen nach Artikel 25a des Bundesgesetzes vom 18. März 19942 über die Krankenversicherung (KVG) gelten soll. Der Bundesrat beantragte in seiner Stellungnahme vom 27. Februar 2019 die Annahme des Postulates. Der Nationalrat nahm
das Postulat am 14. März 2019 mit 135 zu 36 Stimmen bei 6 Enthaltungen an. Am 5. April 2019 beriet die SGK-NR ihren Erlassentwurf sowie den erläuternden Bericht und nahm die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 15 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen an.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Generelle Würdigung der parlamentarischen Initiative

Der Bundesrat hatte bereits verschiedentlich Gelegenheit, sich zur einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen nach dem KVG zu äussern, so unter anderem in seinen Stellungnahmen zur Motion der Grünliberalen Fraktion 18.3295 «Einheitliche Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen», zur Interpellation Heim 16.3800 «Gesundheitskosten senken. Das grosse Sparpotenzial der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen im Spital nutzen», zum Postulat Cassis 15.3464 «Krankenversicherungsgesetz. Roadmap zur Entflechtung der Mehrfachrolle der Kantone» und zur Motion der CVPFraktion 13.3213 «Gleiche Finanzierung von stationären und ambulanten Spitalleistungen». Dabei hat er jeweils eine einheitliche Finanzierung im Kern befürwortet, aber auch festgehalten, dass eine Reform der Finanzierung unter Einbezug der Kantone erfolgen sollte und ergänzende Massnahmen braucht, um ihr Potenzial voll entfalten zu können.

Die heutige Regelung mit unterschiedlicher Finanzierung der ambulanten und der stationären Leistungen führt zu verschiedenen Fehlentwicklungen. Durch die unterschiedliche Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen haben Versicherer heute nur dann einen Anreiz, die Verlagerung von stationären zu ambulanten Leistungen zu fördern, wenn die ambulante Leistungserbringung bezüglich Gesamtkosten mindestens 55 Prozent günstiger ist als die stationäre. In den anderen Fällen resultieren für die Gesellschaft insgesamt zwar in den meisten Fällen deutliche Einsparungen, die von den Versicherern zu übernehmenden Kosten steigen aber. Die Verlagerung von stationärer zu ambulanter Behandlung führt tendenziell zu einer Mehrbelastung der Prämienzahlerinnen und -zahler. Die entsprechende Entlastung der Kantone wird durch deren Verantwortung für die Restfinanzierung der Pflege im Pflegeheim und zu Hause nur teilweise kompensiert. Ein Ziel der Strategie «Gesundheit 2020» des Bundesrates lautet, dass der steuerfinanzierte Anteil an der Finanzierung der Leistungen nach dem KVG nicht sinken soll.

Die unterschiedliche Finanzierung führt auch dazu, dass Versicherer und Kantone Anreize haben, die Tarifverhandlungen mit den Leistungserbringern so zu führen, dass Leistungen von den Leistungserbringern in die von Versicherern beziehungsweise Kantonen bevorzugten
Leistungsbereiche verschoben werden. Sachgerechte Tarife sind jedoch entscheidend dafür, dass die Leistungserbringer die Wahl zwischen ambulanter und stationärer Behandlung nach medizinischen Kriterien und im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit für die ganze Gesellschaft statt nach ihren eigenen finanziellen Interessen treffen. Die heutige Situation bremst tendenziell die erwünschte Verlagerung von stationären zu ambulanten Leistungen und kann damit zu unnötig hohen Kosten führen.

Schliesslich lässt sich mit der heutigen Finanzierung das Potenzial der koordinierten Versorgung nur zum Teil realisieren (Kosten, Qualität der Pflege). Wenn beispielsweise mit intensiver ambulanter Betreuung kostspielige stationäre Aufenthalte vermieden werden können, ist ein solches Versicherungsmodell aus Sicht der Prämienzahlerinnen und -zahler nicht in dem Masse attraktiv, wie es aus Sicht der 5727

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Gesamtkosten eigentlich der Fall wäre. Die Einsparungen kommen mehrheitlich dem Kanton zugute und nur teilweise den Versicherten, während der dafür allenfalls notwendige erhöhte ambulante Aufwand heute voll von den Versicherten übernommen werden muss. Dies kann die Verbreitung von kostensparenden Versicherungsmodellen einschränken.

Insgesamt sprechen somit einige wichtige Punkte für eine einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen. Allerdings ist eine solche Umstellung der Finanzierung auch ein Systemumbau, der aufgrund seiner weitreichenden Wechselwirkungen sorgfältig angegangen werden sollte. Der Bericht der SGK-NR vermag nicht für alle offenen Fragen eine zielführende Lösung aufzuzeigen. Insbesondere die Interessen der Kantone wurden bei der Erarbeitung der Vorlage zu wenig berücksichtigt, obwohl dies für die Mehrheitsfähigkeit einer so weitreichenden Vorlage zentral ist, was auch vom Bundesrat immer betont wurde.

Die SGK-NR schlägt eine Gesetzesänderung vor, welche die Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich fördern und die Attraktivität der koordinierten Versorgung steigern soll. Gleichzeitig sollen die steuer- und prämienfinanzierten Anteile an den Leistungen nach dem KVG stabilisiert werden, vorerst unter Ausschluss der Pflege im Pflegeheim und zu Hause. Die Finanzierungsträger, also Versicherer und Kantone, sollen dadurch verstärkt veranlasst werden, mit den Leistungserbringern auf sachgerechte Tarife in allen Leistungsbereichen hinzuwirken. Da die Leistungen einheitlich finanziert werden, besteht für beide Finanzierungsträger kein Interesse mehr, auf zu hohe oder zu tiefe Tarife im ambulanten oder stationären Bereich hinzuwirken und damit eine Verlagerung von Leistungen zwischen den beiden Sektoren zu forcieren oder zu bremsen.

Von der vorgeschlagenen Regelung kann in der Tat erwartet werden, dass sie einen Beitrag leistet zur Behebung von Fehlanreizen im Bereich der Tarifierung und der Verlagerung von stationärer zu ambulanter Leistungserbringung, soweit medizinisch und wirtschaftlich sinnvoll. Sie dürfte auch einen Beitrag zur Stärkung der koordinierten Versorgung leisten, da deren Vorteile neu stärker prämienwirksam werden als heute, mit entsprechendem Einsparpotenzial. Zudem stellt die Vorlage sicher, dass der steuerfinanzierte
Anteil an der Finanzierung der Leistungen nach dem KVG nicht sinkt. Der Bundesrat steht der beantragten Neuregelung deshalb im Kern positiv gegenüber.

Auf wichtige Themenfelder und mögliche Wechselwirkungen der Vorlage wie insbesondere die Steuerungsmöglichkeiten für die Kantone und die Wechselwirkungen mit dem Zusatzversicherungsbereich wird im Bericht der SGK-NR unzureichend eingegangen. Diesbezüglich sind im Hinblick auf die weitere parlamentarische Beratung und die Mehrheitsfähigkeit der Vorlage Verbesserungen anzustreben.

Die diversen offenen Punkte der Vorlage sind sorgfältig zu prüfen, auch mit Blick auf die Anliegen der Kantone. Diese bringen unter anderem das Anliegen vor, das ambulante Angebot mitsteuern zu können, wenn sie dieses neu mitfinanzieren müssen. Der Bericht beschränkt sich hier auf den Verweis auf und die Verknüpfung mit der Vorlage 18.047 «KVG. Zulassung von Leistungserbringern» zur Zulassungssteuerung (siehe Ziff. 2.6). Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob darüber hinaus im Zuge einer einheitlichen Finanzierung noch weitergehende Steuerungs-

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möglichkeiten für die Kantone im ambulanten Bereich zu schaffen wären, etwa nach dem Vorbild der Spitalplanung oder im Sinne einer Zielvorgabe, fehlt im Bericht.

Von der Vorlage ist eine Verbesserung von Fehlanreizen an der Schnittstelle zwischen ambulanten und stationären Leistungen zu erwarten. Die Verlagerung von stationären zu ambulanten Leistungen wird auch durch Fehlanreize, welche an der Schnittstelle zwischen obligatorischer Krankenpflegeversicherung (OKP) und Zusatzversicherungen entstehen, behindert. Damit eine einheitliche Finanzierung ihre erwünschten Wirkungen im erhofften Ausmass entfalten kann, sind ergänzende Massnahmen an der Schnittstelle zu den Zusatzversicherungen zu prüfen; ansonsten droht eine einheitliche Finanzierung deutlich unter ihrem Potenzial zu bleiben. Eine solche Prüfung fehlt im Bericht der SGK-NR allerdings weitgehend.

Ausserdem droht ein Element der Vorlage die Fehlanreize an der Schnittstelle zum Zusatzfinanzierungsbereich zu verstärken: Mit der Erhöhung des Finanzierungsanteils der OKP für Vertragsspitäler ausserhalb der kantonalen Spitalplanung (siehe Ziff. 2.7) werden Zusatzversicherungen gegenüber dem heutigen Zustand entlastet und somit attraktiver. Aufgrund hoher Vergütungen der Zusatzversicherungen haben die Leistungserbringer den generellen Anreiz, gewisse Eingriffe bevorzugt stationär durchzuführen. Dies hat Kostenfolgen auch für die OKP, die Kantone und den Bund.

Die Festlegung von Listen von im Regelfall ambulant zu erbringenden Operationen in der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 19953 (KLV), wie sie auch im Bericht der SGK-NR erwähnt werden, kann dieser Entwicklung nur bis zu einem gewissen Grad Einhalt gebieten.

2.2

Einbezug der Langzeitpflege

Die einheitliche Finanzierung soll für alle stationären und ambulanten Leistungen nach dem KVG gelten, mit Ausnahme der Pflegeleistungen bei Krankheit nach Artikel 25a Absatz 1 KVG. Für diese soll die gegenwärtige Regelung, welche 2011 in Kraft getreten ist, vorerst weiterhin gelten. Ein Auftrag an den Bundesrat in Ziffer II des Entwurfs der SGK-NR vom 5. April 20194 zur Änderung des KVG (E-KVG) hält aber fest, dass letzterer eine Gesetzesänderung vorlegen soll, welche auch die Langzeitpflege nach Artikel 25a Absatz 1 KVG in eine einheitliche Finanzierung einschliesst, sobald die notwendigen Grundlagen dafür vorhanden sind.

Der Bundesrat versteht das Anliegen und ist der Ansicht, dass ein Einbezug der Pflegeleistungen nach Artikel 25a KVG in eine einheitliche Finanzierung zu einer weiteren Reduktion von Fehlanreizen an den Schnittstellen zwischen Bereichen mit unterschiedlicher Finanzierung beitragen kann. Auch die koordinierte Versorgung kann durch einen Einbezug dieser Leistungen durch die zusätzliche Reduktion von Fehlanreizen an Schnittstellen mit unterschiedlicher Finanzierung zusätzlich gestärkt werden. Der Bundesrat ist deshalb grundsätzlich offen für einen Einbezug der Langzeitpflege, aber in zeitlicher Hinsicht nachgelagert.

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Unabdingbare Voraussetzung für einen Wechsel vom heutigen fixen OKP-Beitragssystem zu einer anteilsmässigen Mitfinanzierung der vollen Kosten durch die OKP ist jedoch, dass über diese vollen Kosten Transparenz besteht. Die im Rahmen einer in einem zweiten Schritt ergänzten einheitlichen Finanzierung der von der OKP mitzutragenden Pflegeleistungen müssen klar von anderen Leistungen wie Betreuungsleistungen abgegrenzt werden können. Zudem müssen Tarifstrukturen vorliegen, die gewährleisten, dass die Vergütung der Pflegeleistungen auf national einheitliche, transparente Weise erfolgt und sich an den Kosten effizienter Leistungserbringer orientiert. Zudem müsste der zukünftige Umgang mit der heutigen Beteiligung der Pflegebedürftigen an den Pflegekosten geklärt werden.

Der Bundesrat hat deshalb bereits am 27. Februar 2019 das Postulat der SGK-NR 19.3002 «Pflege und einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich» zur Annahme empfohlen. Dieses wurde vom Nationalrat am 14. März 2019 angenommen und beauftragt den Bundesrat, die erwähnten Grundlagen zusammen mit der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) sowie den Verbänden der Leistungserbringer und der Versicherer zu erarbeiten. Nach der Annahme des Postulats durch den Nationalrat hat der Bundesrat die entsprechenden Arbeiten in Angriff genommen.

Der zeitliche Rahmen für einen Einbezug der Pflegeleistungen nach Artikel 25a KVG ergibt sich aus dem Fortschritt dieser Arbeiten, deren Abschluss derzeit noch nicht absehbar ist. Der Bundesrat lehnt deshalb einen fixen Rahmen für diesen Einbezug ab.

Die für einen Einbezug der Pflegeleistungen nach Artikel 25a KVG notwendigen Grundlagenarbeiten sind zeitlich aufwendig. Die erwähnten Vorteile der einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen sollen in dieser Zeit nicht ungenutzt bleiben. Die einheitliche Finanzierung kann bereits eingeführt und in einem zweiten Schritt nach Abschluss der notwendigen Arbeiten durch die Pflegeleistungen nach Artikel 25a Absatz 1 KVG ergänzt werden. Dafür ist allerdings kein gesetzlich verpflichtender Auftrag an den Bundesrat notwendig, wie er von der Kommissionsmehrheit in Ziffer II E-KVG vorgesehen ist. Der Bundesrat wird von sich aus die notwendigen Schritte ergreifen, wenn die
notwendigen Grundlagen dafür vorhanden sind. Auch steht dem Parlament diese Möglichkeit zu einem späteren Zeitpunkt offen. Den von der Mehrheit der SGK-NR vorgesehenen Auftrag an den Bundesrat lehnt er nicht aus inhaltlichen, sondern aus prinzipiellen Gründen ab: Ein solcher in den Schlussbestimmungen einer Gesetzesänderung festgehaltener Auftrag ist rechtssetzungstechnisch fragwürdig und missachtet das angebrachte Zusammenspiel zwischen Legislative und Exekutive. Der Bundesrat unterstützt deshalb den Minderheitsantrag Gysi auf Streichung dieser Bestimmung. Er steht aber, sofern die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind, einem Einbezug der Pflegeleistungen nach Artikel 25a KVG in einem zweiten Schritt grundsätzlich positiv gegenüber.

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2.3

Zahlstelle

Neu sollen einzig die Versicherer die ambulanten und die stationären Leistungen vergüten. Die heutige dual-fixe Finanzierung stationärer Spitalleistungen mit doppelter Rechnungsstellung der Leistungserbringer sowohl an die Versicherer als auch an die Kantone soll aufgegeben werden zugunsten eines anteilsmässigen Beitrags der Kantone an die Versicherer an den Kosten für Leistungen, die dem Versicherer entstanden sind. Die Kantone entrichten ihren Anteil an die gemeinsame Einrichtung nach Artikel 18 KVG. Diese überträgt den kantonalen Beitrag den Versicherern. Ein Minderheitsantrag zu den Artikeln 18 Absatz 2sexies und 60 Absatz 5 E-KVG möchte, dass die Kantone ihren Beitrag direkt den einzelnen Versicherern entrichten. Die Versicherer seien nicht auf die gemeinsame Einrichtung angewiesen. Nur der Bund soll seinen neuen Bundesbeitrag für Versicherte ohne Anknüpfungspunkt an einen Kanton der gemeinsamen Einrichtung überweisen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die gemeinsame Einrichtung aufgrund ihrer Verantwortung für die Durchführung des Risikoausgleichs bereits über alle für ihre neue Aufgabe erforderlichen Daten verfügt und dass es für die Kantone administrativ einfacher ist, den Beitrag an die gemeinsame Einrichtung zu überweisen, statt mit einer Vielzahl von Versicherern einzeln abrechnen zu müssen. Er unterstützt deshalb die Kommissionsmehrheit und lehnt den Minderheitsantrag ab.

2.4

Aufteilung des Kantonsbeitrags auf einzelne Versicherer

Die Aufteilung des Kantonsbeitrags auf einzelne Versicherer erfolgt basierend auf den Kosten pro versicherte Person, welche den einzelnen Versicherern entstanden sind. Die Versicherer erhalten somit den Kantonsbeitrag für einen Teil der ihnen entstandenen Kosten für die Leistungen nach dem KVG. Wie heute aufgrund des Kantonsanteils im spitalstationären Bereich trägt der Versicherer damit für einen Teil der Kosten kein unternehmerisches Risiko. Auf diesem Teil besteht für die Versicherer folglich gegenüber heute kein zusätzlicher Anreiz für eine effiziente Versorgung. Im Gegenzug ist aber auch nicht zu erwarten, dass sich ein allenfalls unbefriedigend funktionierender Risikoausgleich ungünstiger auswirkt als im heutigen System, weil das vom Risikoausgleich berücksichtigte Volumen unverändert bleibt.

Ein Minderheitsantrag zu den Artikeln 16 Absatz 3bis und 60a E-KVG möchte die Aufteilung des Kantonsbeitrags auf die einzelnen Versicherer nicht basierend auf den entstandenen Kosten vornehmen, sondern basierend auf den zu erwartenden Kosten, gegeben die Risiken des jeweiligen Versichertenbestandes, wie sie im Risikoausgleich nach Artikel 16 KVG abgebildet werden. Damit soll der unternehmerische Anreiz für die Versicherer für eine effiziente Versorgung, beispielsweise über die Entwicklung und Administration von Modellen der koordinierten Versorgung, maximiert werden.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Mehrheitsvariante die Vor- und Nachteile von unternehmerischen Anreizen für die Versicherer und Abhängigkeit von einem gut funktionierenden Risikoausgleich ausgewogen kombiniert. Gut drei Viertel des 5731

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Kostenvolumens der Leistungen nach dem KVG im Geltungsbereich der einheitlichen Finanzierung unterstehen dem Risikoausgleich, sodass gewährleistet ist, dass die Versicherer einen Anreiz zur effizienten Versorgung in allen Bereichen haben.

Der Kantonsbeitrag in Form einer Kostenerstattung auf knapp einem Viertel des Kostenvolumens bietet ein Gegengewicht dazu, um mögliche Risiken eines nicht perfekt funktionierenden Risikoausgleichs einzugrenzen. Für die konkrete Umsetzung einer kostenbasierten Aufteilung auf die Versicherer sind im Detail verschiedene Modelle denkbar. Aus diesen Gründen spricht sich der Bundesrat gegen den Minderheitsantrag aus.

2.5

Kostenteiler und Erhebung des Kantonsbeitrages

Die Umstellung soll sowohl für die Versicherer als auch für die Kantone insgesamt kostenneutral erfolgen. Die Vorlage sieht einen landesweit einheitlichen minimalen Kantonsbeitrag von 22,6 Prozent der Bruttoleistungen der Versicherer vor, also einschliesslich der Kostenbeteiligung der Versicherten. Weil der Kantonsbeitrag auf den Bruttoleistungen ausgerichtet wird, spielt die Höhe der Franchise und damit der Kostenbeteiligung für die Höhe des Kantonsbeitrags keine Rolle. Es ist damit gewährleistet, dass alle Versicherten unabhängig von der von ihnen gewählten Franchise denselben Kantonsbeitrag für ein bestimmtes Leistungsvolumen erhalten.

Die Vorlage führt damit zwar in gewisser Weise die Logik der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Spitalfinanzierung fort, mit welcher der kantonale Anteil an den Abgeltungen für stationäre Leistungen landesweit einheitlich auf mindestens 55 Prozent festgelegt wurde. Hingegen wird die Kostenbeteiligung neu nicht mehr nur auf dem prämienfinanzierten Anteil der Kosten erhoben, sondern auf den Gesamtkosten der Leistungen. Die Kostenbeteiligung der versicherten Personen wird damit in den Fällen mit stationärer, aber wenig oder keiner ambulanten Behandlung etwas ansteigen. Der Kantonsbeitrag wird auf den Bruttoleistungen erhoben, also unabhängig davon, ob diese Kosten schliesslich vom Versicherer getragen werden (Nettoleistungen) oder als Kostenbeteiligung von der versicherten Person. Dies führt dazu, dass die Versicherer den versicherten Personen auch Kosten als Kostenbeteiligung in Rechnung stellen, die sie bereits vom Kanton als Beitrag erhalten haben.

Zudem ist ein Anstieg der administrativen Belastung der Versicherer zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass die Versicherer mit den Leistungserbringern eine Abrechnung über das System des Tiers payant vereinbaren werden oder auf andere Weise darauf hinwirken, dass ihnen möglichst alle Rechnungen eingesendet werden.

Dies, um den Kantonsbeitrag auch auf dem Teil zu erhalten, welcher der Kostenbeteiligung unterliegt. In diesen Fällen erhalten die Versicherer einen Kantonsbeitrag, ohne dass ihnen Kosten für Leistungen entstehen. Sie können dadurch ihre Prämien senken. Das Volumen der über die Versicherer abgewickelten Rechnungen und deren administrative Kosten dürfte sich dadurch aber erhöhen. Wenn die Kantone jedoch
unverändert einen Anteil von 22,6 Prozent an diesem höheren Kostenvolumen leisten, würde vom Grundsatz der Kostenneutralität abgewichen.

Ein Minderheitsantrag zu Artikel 60 Absätze 2bis, 3 und 4 E-KVG sowie daraus folgend auch zu Ziffer III Absätze 2 und 3 E-KVG, möchte den Kantonsbeitrag auf 5732

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25,5 Prozent der Nettoleistungen der Versicherer festlegen, also ohne die Kostenbeteiligung der Versicherten. Der Finanzierungsanteil in dieser Lösung soll ebenfalls kostenneutral eingeführt werden können, liegt aber höher als die 22,6 Prozent der Mehrheitsvariante, weil einem konstanten Kantonsbeitrag ein kleineres Volumen im Nenner (Nettoleistungen statt Bruttoleistungen) gegenübersteht. Die Minderheit möchte einerseits den erwähnten Anstieg der administrativen Belastung vermeiden.

Andererseits bezeichnet sie die von der Mehrheit gewählte Lösung als verfassungsrechtlich sehr zweifelhaft.

Artikel 117 der Bundesverfassung5 (BV) gibt dem Bund die Kompetenz, die Krankenversicherung zu regeln. Der Bund kann gestützt auf diese Kompetenz die Kantone zu einem Beitrag an die Leistungen nach dem KVG verpflichten, welche von den Versicherern der OKP übernommen werden. Die Kostenbeteiligung nach Artikel 64 KVG ist grundsätzlich keine Leistung der OKP, weil die davon erfassten Leistungen eine Schuld der Versicherten gegenüber dem Leistungserbringer darstellen. Es ist deshalb zweifelhaft, ob Artikel 117 BV dem Bund gestattet, die Kantone zu einem Beitrag für Leistungen zu verpflichten, die nicht von den Versicherern der OKP, sondern letztlich von den Versicherten bezahlt werden.

Der Bundesrat spricht sich deshalb für den Minderheitsantrag zu Artikel 60 Absätze 2bis, 3 und 4 E-KVG sowie daraus folgend auch zu Ziffer III Absätze 2 und 3 E-KVG aus. Damit kann ein Anstieg der administrativen Belastung vermieden werden, und es wird eine verfassungsrechtlich unproblematische Lösung gewählt.

Zwar führt der Minderheitsantrag theoretisch dazu, dass der Kantonsbeitrag von der Franchise der versicherten Person abhängen kann. Ausserdem würden beim Minderheitsantrag im Fall, dass die Franchisen in Zukunft erhöht würden, auch die Kantone von einer Reduktion ihres Beitrags profitieren und nicht nur die Versicherten. Es ist in der Praxis aber nicht zu erwarten, dass durch die Abhängigkeit des Kantonsbeitrags von der Franchise die Prämienhöhe der einzelnen Franchisestufen gegenüber heute verzerrt wird. Der angebotene Prämienrabatt für Wahlfranchisen wird bereits heute nicht nur basierend auf den Kosten bestimmt, die den Versicherern für die einzelnen Franchisestufen entstehen, sondern er wird auch durch Regeln beschränkt,
um die Solidarität von gesunden mit kranken Versicherten sicherzustellen. Ausserdem können Marketingüberlegungen der Versicherer ebenfalls eine Rolle spielen.

Auch wenn sich die zugrundeliegenden Kosten, die den Versicherern nach Abzug des Kantonsbeitrags entstehen, je nach Franchise etwas verschieben dürften, wäre die Begrenzung des Prämienrabatts nach wie vor die stärkere Restriktion, sodass sich vermutlich keine Auswirkungen auf die Prämien ergäben. Einziger Vorteil der Mehrheitsvariante wäre somit aus Sicht des Bundesrates die gestiegene Transparenz der Kosten der Leistungen nach dem KVG, weil neu weitgehend alle Rechnungen an die Versicherer eingesendet würden.

Sollte trotz der aufgezeigten rechtlichen Problematik und der sonstigen Nachteile an der Mehrheitsvariante festgehalten werden, beantragt der Bundesrat, dass diese zumindest so angepasst wird, dass die Kostenbeteiligung nur auf dem prämienfinanzierten Anteil erhoben wird, so wie dies heute bei der Finanzierung der stationären Leistungen gehandhabt wird. Ausserdem sollten die mittels Rückgriff nach Arti5

SR 101

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kel 72 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20006 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) von den Versicherern durchgesetzten Ansprüche von der Berechnung des Kantonsbeitrags abgezogen werden. Hier handelt es sich um Kosten, die den Versicherern beziehungsweise der OKP letztlich nicht entstanden sind und deshalb auch für die Berechnung des Kantonsbeitrags nicht angerechnet werden sollten. Zwar ist auch mit dieser Variante ein Anstieg der administrativen Kosten zu erwarten und ein daran gekoppelter Anstieg der Transparenz über die Kosten der Leistungen nach dem KVG. In dieser Variante lohnt es sich für die Versicherten (statt für die Versicherer), alle Rechnungen einzusenden. Auf diese Weise können sie in allen Fällen vom Kantonsbeitrag profitieren, auch wenn der restliche, prämienfinanzierte Teil vollständig unter die Kostenbeteiligung fällt.

Dafür wird aber vermieden, dass die Kantone verpflichtet werden, den Versicherern Beiträge zu leisten für Kosten, die eigentlich von den Versicherten getragen werden.

Die vorhin ausgeführte verfassungsrechtliche Problematik wird so vermieden.

Die vom Bundesrat subsidiär beantragte Anpassung der Mehrheitsvariante ist zwar verfassungsrechtlich weniger problematisch als die zugrundeliegende Mehrheitsvariante des Entwurfs der SGK-NR. Dennoch kann sie auch als verfassungsrechtlich fraglich bezeichnet werden, wenn auch aus einem anderen Grund. Ein Teil der Lehre hält fest, dass die Krankenversicherung im Sinne von Artikel 117 BV primär prämienfinanziert sein sollte. Es ist offen, ob dies nur für die Finanzierung der Krankenversicherung insgesamt gilt oder auch für eine einzelne versicherte Person.

Aufgrund der Verbreitung der hohen Wahlfranchisen wäre es bei einer Ausdehnung der Mitfinanzierung durch den Kanton auf den ambulanten Bereich nicht selten der Fall, dass der Kanton einen Beitrag leistet, während die OKP nichts bezahlt, weil die restlichen Kosten vollumfänglich durch die versicherte Person getragen werden. Im stationären Bereich ist dies aufgrund der Anknüpfung an die Zuständigkeit der Kantone für die Versorgung in diesem Bereich unproblematisch, im ambulanten Bereich ist die verfassungsrechtliche Zulässigkeit fraglich.

Aus diesen Gründen spricht sich der Bundesrat wie erwähnt für den Minderheitsantrag aus, weil er eine
verfassungsrechtlich unproblematische Lösung darstellt, welche die administrativen Kosten der Versicherer nicht erhöht und vermutlich in der Praxis keine Auswirkungen auf die Prämien der einzelnen Franchisestufen hat.

2.6

Steuerungsmöglichkeiten für die Kantone

Die Kantone verlangen, das ambulante Versorgungsangebot gezielt steuern zu können, wenn sie die ambulanten Leistungen mitfinanzieren. Der Entwurf sieht in Ziffer IV E-KVG vor, dass die vorliegende Gesetzesrevision nur in Kraft tritt, wenn die Vorlage 18.047 «KVG. Zulassung von Leistungserbringern» in Kraft tritt. Eine Minderheit beantragt, auf die Verknüpfung zu verzichten. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen der Kantone und damit auch die Verknüpfung der beiden Geschäfte wie von der Kommissionsmehrheit vorgesehen, damit gewährleistet ist, dass die Kantone ambulante Leistungserbringer steuern können, wenn sie verpflichtet sind, 6

SR 830.1

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deren Leistungen mitzufinanzieren. Der Bundesrat lehnt somit den Minderheitsantrag zu Ziffer IV E-KVG ab. Die Verknüpfung darf indessen nicht dazu führen, dass das auf Ende Juni 2021 notwendige Inkrafttreten der Vorlage zur Zulassung von Leistungserbringern verzögert wird. Der Bundesrat versteht die Verknüpfung in Ziffer IV E-KVG so, dass das Inkrafttreten der Vorlage zur Zulassung von Leistungserbringern die Voraussetzung dafür ist, dass die Vorlage zur einheitlichen Finanzierung in Kraft treten kann. Das Inkrafttreten der Vorlage zur einheitlichen Finanzierung kann allerdings auch später erfolgen.

2.7

Umgang mit Vertragsspitälern

Die Vorlage sieht in Artikel 49a E-KVG vor, dass der Finanzierungsanteil der OKP auch für Vertragsspitäler von 45 auf 77,4 Prozent erhöht wird. Diese Erhöhung folgt dem allgemeinen Anstieg der Beteiligung der OKP an spitalstationären Leistungen; sie birgt aber das Potenzial, die Bedeutung der kantonalen Spitalplanung zu relativieren, und könnte damit die Bemühungen um eine Dämpfung des Kostenanstiegs in der OKP gefährden. Der Antrag der Minderheit I zu Artikel 49a E-KVG möchte den Finanzierungsanteil der OKP für Vertragsspitäler auf dem heutigen Niveau von 45 Prozent belassen, der Antrag der Minderheit II möchte Artikel 49a E-KVG streichen und damit das Institut der Vertragsspitäler abschaffen.

Weil der Finanzierungsanteil der OKP sich gegenüber der heutigen Situation stark erhöht, wird es neu für die Spitäler weniger bedeutend, sich für die kantonale Spitalliste zu qualifizieren. Die Versicherten oder eine allenfalls vorhandene Zusatzversicherung müssen nur noch einen im Vergleich zu heute kleinen Anteil übernehmen, wenn das Spital nicht auf einer Spitalliste geführt wird. Es ist zu erwarten, dass durch den höheren Finanzierunganteil mehr Spitäler als heute als Vertragsspitäler geführt werden beziehungsweise ausserhalb der ihnen zugewiesenen Leistungsaufträge tätig werden. Die Kosten für die Umgehung der kantonalen Spitalplanung mittels Zusatzversicherungen sinken. Es gut möglich, dass dadurch die Verbreitung solcher Versicherungen zunimmt.

Die OKP müsste in diesen eventuell häufigeren Fällen den auf sie entfallenden höheren Anteil übernehmen. Dies würde schon bei einer gegenüber heute unveränderten Verbreitung von Vertragsspitälern und Zusatzversicherungen zu einer Mehrbelastung der OKP und einer entsprechenden Entlastung der Zusatzversicherungen führen. Bei einer zunehmenden Verbreitung vergrössert sich die Zusatzbelastung für die OKP noch.

Die kantonale Spitalplanung hat dafür zu sorgen, dass nicht mehr oder weniger als das versorgungsrelevante Angebot gewährleistet wird, welches in der Folge über die OKP abrechnen kann. Mit diesem Instrument können unter anderem die unerwünschte Mengenausweitung und die angebotsinduzierte Nachfrage begrenzt werden. Die Evaluation der KVG-Revision im Bereich der Spitalfinanzierung zeigt, dass die Spitalplanung einen direkten Einfluss auf die Kostendämpfung
im stationären Spitalbereich gehabt haben dürfte, insbesondere aufgrund der Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit der Spitäler. Kostendämpfende Effekte sind zudem von einer weiteren ansatzweise erkennbaren Angebotskonzentration zu erwarten.

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Bei den nicht der Spitalplanung unterliegenden Vertragsspitälern akzentuieren sich jedoch die Anreizprobleme an der Schnittstelle zwischen der OKP, die höchstens kostendeckend sein darf, und den Zusatzversicherungen, wo Gewinne erlaubt sind.

Versicherer können einen Anreiz haben, zur Erzielung von Gewinnen in der Zusatzversicherung Mengenausweitungen zulasten der OKP hinzunehmen. Zwar würden sich dadurch ihre OKP-Prämien stärker erhöhen als diejenigen ihrer Mitbewerber, die auf ein solches Vorgehen verzichten. Die Wechselneigung der OKP-Versicherten ist aber bekanntlich recht gering, und durch das Gewinnverbot in der OKP ist für die Versicherer vor allem die Zahl der Versicherten in der Zusatzversicherung, wo Gewinne erlaubt sind, finanziell interessant.

Zudem könnte, wie unter Ziffer 2.2 aufgezeigt, die Erhöhung des Finanzierungsanteils für Vertragsspitäler die ungelösten Schnittstellenprobleme zwischen OKP und Zusatzversicherungen auch bei Listenspitälern erhöhen. Der mit dieser Vorlage nicht korrigierte Anreiz für Leistungserbringer, aufgrund überhöhter Vergütungen aus der Zusatzversicherung bevorzugt stationär zu operieren, kann in Verbindung mit einer stärkeren Verbreitung von Zusatzversicherungen die Kosten auch abseits von Vertragsspitälern steigern. Die finanzielle Entlastung der Zusatzversicherungen aufgrund der Erhöhung des Finanzierungsanteils für die Vertragsspitäler könnte zu einer stärkeren Verbreitung von Zusatzversicherungen führen.

Der eigentlich erwünschte Wettbewerb zwischen Leistungserbringern greift weiter ins Leere, wenn die Möglichkeit zur Mengenausweitung nicht begrenzt wird. Dies gefährdet das Anliegen der Dämpfung der Kostenentwicklung in der OKP. Von einer einheitlichen Finanzierung sollte keine Gefahr für eine Prämiensteigerung im Übergang und eine im Anschluss daran verstärkte Kostenzunahme in der OKP ausgehen. Von steigenden OKP-Prämien sind zudem nicht nur die Versicherten betroffen, sondern, über die bei einer Prämiensteigerung allenfalls erforderliche Aufstockung der Prämienverbilligung, auch der Bund und die Kantone. Auch diese Finanzierungsträger haben somit ein legitimes Interesse, die Kosten des prämienfinanzierten Kostenanteils mitsteuern zu können. Die kantonale Spitalplanung und die Option von Vertragsspitälern stehen heute in einem fragilen Gleichgewicht,
das nicht abgeändert werden sollte. Der Bundesrat unterstützt deshalb den Minderheitsantrag I zu Artikel 49a E-KVG, der den Finanzierungsanteil der OKP für Vertragsspitäler auf dem heutigen Niveau von 45 Prozent belassen möchte.

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Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt, dem Entwurf der SGK-NR zuzustimmen, mit folgenden Ausnahmen: Art. 49a Der Bundesrat unterstützt die Minderheit I.

Art. 60 Abs. 2bis, 3 und 4 Der Bundesrat unterstützt die Minderheit.

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Ziff. II Der Bundesrat unterstützt die Minderheit.

Ziff. III Abs. 2 und 3 Der Bundesrat unterstützt die Minderheit.

Falls der Antrag der Minderheit zu Artikel 60 Absätze 2bis, 3 und 4 sowie zu Ziffer III Absätze 2 und 3 abgelehnt wird, stellt der Bundesrat folgende Eventualanträge: Art. 60 Abs. 2bis Für die Berechnung des Kantonsbeitrags werden die mittels Rückgriff nach Artikel 72 Absatz 1 ATSG7 von den Versicherern durchgesetzten Ansprüche von den Kosten nach Absatz 2 abgezogen.

2bis

Art. 64 Abs. 2bis Der Kantonsbeitrag nach Artikel 60 wird vor der Erhebung der Kostenbeteiligung abgezogen.

2bis

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SR 830.1

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BBl 2019

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