19.026 Botschaft zur Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» vom 7. Juni 2019

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Volksinitiative abzulehnen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

7. Juni 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2019-1385

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Übersicht Die Initiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» verlangt eine eigenständige Regelung der Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern in die Schweiz ohne Personenfreizügigkeit. Sie verlangt vom Bundesrat, das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU zu kündigen, falls es der Schweiz nicht gelingt, das Abkommen innert Jahresfrist auf dem Verhandlungsweg ausser Kraft zu setzen. Der Wegfall der Personenfreizügigkeit hätte schädliche Folgen für den Wirtschaftsstandort Schweiz und würde Arbeitsplätze gefährden. Bei einer einseitigen Kündigung wäre der bilaterale Weg mit der EU zudem grundlegend infrage gestellt. Der Bundesrat beantragt deshalb der Bundesversammlung, die Initiative ohne direkten Gegenentwurf und ohne indirekten Gegenvorschlag Volk und Ständen zu unterbreiten, mit der Empfehlung, sie abzulehnen.

Inhalt der Initiative Die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» wurde am 31. August 2018 bei der Bundeskanzlei eingereicht. Sie verlangt eine eigenständige Regelung der Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern in die Schweiz ohne Personenfreizügigkeit; auch neue völkerrechtliche Verträge dürfen keine Personenfreizügigkeit gewähren. Gemäss der Initiative soll der Bundesrat das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU (FZA) auf dem Verhandlungsweg ausser Kraft setzen. Dies hat innerhalb von zwölf Monaten nach Annahme der Initiative zu erfolgen. Falls dies nicht gelingt, hat der Bundesrat das FZA innert weiteren 30 Tagen zu kündigen.

Bedeutung der Personenfreizügigkeit Das Anliegen der Initiantinnen und Initianten ist es, mit dem Verzicht auf die Personenfreizügigkeit die Zuwanderung auch aus den EU/EFTA-Staaten eigenständig steuern zu können. Aus Sicht des Bundesrates wäre ein Wegfall des FZA allerdings mit beträchtlichen Kosten verbunden. So hat das FZA gemäss Studien den grössten wirtschaftlichen Effekt aller sieben bilateralen Abkommen I mit der EU (Bilaterale I). Es ermöglicht es den Unternehmen, bei Bedarf flexibel und mit geringem administrativen Aufwand auf ein grosses Arbeitskräfteangebot, insbesondere auch von Fachkräften, zurückzugreifen. Dies sichert Arbeitsplätze in der Schweiz, stärkt die hiesige Wirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit. Dank dem FZA besitzen aber auch Schweizerinnen und Schweizer einen
Rechtsanspruch, in der EU leben und arbeiten zu dürfen, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Ende 2018 lebte rund eine halbe Million Auslandschweizerinnen und -schweizer in Europa, mehrheitlich in Frankreich, Deutschland und Italien.

Die Personenfreizügigkeit gilt zudem nicht bedingungslos. Voraussetzung ist, dass man über einen gültigen Arbeitsvertrag verfügt, selbstständigerwerbend ist oder bei Nichterwerbstätigkeit ausreichende finanzielle Mittel nachweisen kann und umfassend krankenversichert ist. Entsprechend erfolgt die Zuwanderung im Rahmen des FZA in erster Linie in den Arbeitsmarkt: Rund zwei Drittel der Staatsangehörigen

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der EU, die in die Schweiz einwandern, nehmen direkt eine Erwerbstätigkeit auf.

Die Zuwanderung im Rahmen des FZA hat insgesamt nicht zu einer Zunahme bei den Sozialleistungsbezügen oder zu einer Verschlechterung der Arbeitsmarktbedingungen geführt.

Die Zuwanderung aus den EU/EFTA-Staaten reagiert auf die wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz und in der EU. Nach einem raschen Anstieg infolge der Wirtschaftskrise 2008/2009 ist die Nettozuwanderung seit 2013 wieder stark rückläufig. Von 2013 bis 2018 hat sich der Wanderungssaldo der EU/EFTA-Staatsangehörigen aufgrund des soliden Wirtschaftswachstums in Europa von knapp 61 000 auf 30 900 halbiert. Die Schweiz wird aufgrund der Herausforderungen, die der demografische Wandel (Alterung der Bevölkerung) und der strukturelle Wandel insbesondere als Folge der Digitalisierung mit sich bringen, auch in Zukunft ­ ergänzend zum inländischen Potenzial ­ auf ausländische Fachkräfte angewiesen sein. Der von der Initiative geforderte Wegfall des FZA und eine allfällige Rückkehr zum früheren, bürokratischen Kontingentsystem würde dies erheblich erschweren.

Auf die Zuwanderung aus Drittstaaten hat die Initiative keine direkten Auswirkungen, weil für solche Personen nach dem geltenden Recht keine Freizügigkeit besteht.

Ebenfalls keine direkten Auswirkungen hat die Begrenzungsinitiative auf Personen aus dem Asylbereich.

Wegfall der Bilateralen I Das FZA ist Teil der Bilateralen I und rechtlich mit den übrigen sechs Abkommen verknüpft («Guillotine-Klausel»). Die Annahme der Initiative hätte demnach den automatischen Wegfall der Bilateralen I zur Folge, falls die Schweiz das FZA kündigen müsste, weil innerhalb eines Jahres keine einvernehmliche Lösung mit der EU gefunden werden konnte.

Die Bilateralen I sichern in zentralen Bereichen (u. a. technische Handelshemmnisse, Landwirtschaft, Land- und Luftverkehr) einen weitgehend diskriminierungsfreien Zugang der Schweizer Wirtschaft zum EU-Binnenmarkt und haben in verschiedenen Bereichen binnenmarktähnliche Verhältnisse geschaffen. Ein Wegfall dieser Abkommen hätte einschneidende Veränderungen der Rahmenbedingungen für die Schweizer Wirtschaft zur Folge, er würde unmittelbar Arbeitsplätze gefährden sowie Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz schlechterstellen. Die Initiative riskiert damit in verschiedenen,
für die Schweiz entscheidenden Bereichen einen ungeregelten Zustand. Geregelte bilaterale Beziehungen mit der EU sind für die Schweiz jedoch zentral. Die EU ist aufgrund ihrer geografischen und kulturellen Nähe sowie ihres politischen und wirtschaftlichen Gewichts die mit Abstand bedeutendste Partnerin der Schweiz. Die Bilateralen I sind Kernbestandteil dieser bilateralen Beziehungen. Eine Annahme der Initiative würde folglich den bilateralen Weg zwischen der Schweiz und der EU grundlegend in Frage stellen.

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Abfederung im Inland Der Bundesrat anerkennt jedoch, dass die Zuwanderung auch mit Herausforderungen verbunden ist. In Bezug auf den Arbeitsmarkt kann sie insbesondere im Rahmen des FZA zu kompetitiveren Bedingungen führen. Es gilt daher, die bestehenden Steuerungsmöglichkeiten auszuschöpfen, um den Druck auf die inländischen Arbeitskräfte zu minimieren. Dazu gehören im Bereich des FZA unter anderem die Anwendung flankierender Massnahmen wie Meldepflicht und Kontrollen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus dem EU/EFTA-Raum sowie eine konsequente Umsetzung der am 1. Juli 2018 in Kraft getretenen Stellenmeldepflicht in Berufsarten mit hoher Arbeitslosigkeit.

Am 15. Mai 2019 hat der Bundesrat eine Reihe weiterer Massnahmen beschlossen, um die inländischen Arbeitskräfte gezielt zu unterstützen sowie zu fördern und damit sicherzustellen, dass die Personenfreizügigkeit die inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch künftig nicht verdrängt, sondern wo nötig ergänzt. Zudem ist durch die Einführung einer Überbrückungsleistung eine soziale Abfederung für ausgesteuerte ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in finanziell bescheidenen Verhältnissen vorgesehen. Die vorgeschlagenen Massnahmen unterliegen der Logik, dass Zuwanderung nur so weit erforderlich ist, als der Bedarf der Schweizer Wirtschaft nach Arbeitskräften nicht im Inland selber gedeckt werden kann.

Antrag des Bundesrates Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen und ihr auch keinen direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag entgegenzustellen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative 1.1 Wortlaut der Initiative 1.2 Zustandekommen und Behandlungsfristen 1.3 Gültigkeit

5033 5033 5033 5034

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative 2.1 Das duale Zulassungssystem im Ausländerbereich 2.1.1 Zulassung im Rahmen der Personenfreizügigkeit 2.1.2 Wichtigste Ereignisse seit der Einführung des FZA 2.1.3 Zulassung im Rahmen des AIG 2.2 Wirtschaftliche Entwicklung und Zuwanderung 2.3 Entwicklungen in den wichtigsten Bereichen 2.3.1 Einleitung 2.3.2 Arbeitsmarkt 2.3.3 Grenzgängerregionen 2.3.4 Soziale Sicherheit 2.3.5 Weitere Bereiche

5034 5035 5035 5036 5036 5037 5038 5038 5038 5040 5040 5042

3

Ziele und Inhalte der Initiative 3.1 Ziele der Initiative 3.2 Die einzelnen Bestimmungen des Initiativtextes 3.2.1 Artikel 121b E-BV 3.2.2 Artikel 197 Ziffer 12 E-BV 3.3 Auslegung und Erläuterung des Initiativtextes

5044 5044 5044 5044 5045 5045

4

Würdigung der Initiative 4.1 Würdigung der Anliegen der Initiative 4.2 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme 4.2.1 Wegfall des FZA 4.2.2 Gefährdung der Bilateralen I 4.2.3 Gefährdung der Bilateralen II 4.2.4 Auswirkungen auf weitere Abkommen 4.2.5 Umsetzung der Initiative 4.2.6 Finanzielle und personelle Auswirkungen 4.2.7 Inkrafttreten und Übergangsrecht 4.3 Mängel der Initiative

5048 5049 5050 5050 5051 5054 5056 5056 5057 5058 5058

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5

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Demografische Entwicklung, Digitalisierung, Strukturwandel und Zuwanderung 5.1 Auswirkungen des demografischen Wandels 5.2 Auswirkungen von Digitalisierung und Strukturwandel auf den Schweizer Arbeitsmarkt 5.3 Aktuelle Massnahmen im Zusammenhang mit Digitalisierung und Strukturwandel Ausländerrechtliche, arbeitsmarktliche sowie wirtschaftsund sozialpolitische Massnahmen 6.1 Bereits getroffene Massnahmen 6.1.1 Massnahmen im Bereich des FZA 6.1.1.1 Schutz der Lohn- und Arbeitsbedingungen, flankierende Massnahmen 6.1.1.2 Aufenthaltsrechtliche Massnahmen 6.1.2 Massnahmen im Rahmen des AIG 6.1.3 Einführung Stellenmeldepflicht 6.1.4 Massnahmen zur Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials 6.2 Zusätzliche Massnahmen 6.2.1 Konkurrenzfähigkeit von älteren Arbeitskräften sichern 6.2.2 Verstärkung der Erwerbsintegration bereits anwesender Ausländerinnen und Ausländer (Ausländerund Integrationsgesetz) 6.2.3 Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose Schlussfolgerungen

5059 5059 5061 5062 5065 5065 5065 5065 5066 5068 5069 5070 5070 5071 5073 5074 5075

Literaturverzeichnis

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Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» (Entwurf)

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Botschaft 1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1

Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative vom 31. August 2018 «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» hat folgenden Wortlaut: Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert: Art. 121b

Zuwanderung ohne Personenfreizügigkeit

Die Schweiz regelt die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig.

1

Es dürfen keine neuen völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen und keine anderen neuen völkerrechtlichen Verpflichtungen eingegangen werden, welche ausländischen Staatsangehörigen eine Personenfreizügigkeit gewähren.

2

Bestehende völkerrechtliche Verträge und andere völkerrechtliche Verpflichtungen dürfen nicht im Widerspruch zu den Absätzen 1 und 2 angepasst oder erweitert werden.

3

Art. 197 Ziff. 122 12. Übergangsbestimmung zu Art. 121b (Zuwanderung ohne Personenfreizügigkeit) Auf dem Verhandlungsweg ist anzustreben, dass das Abkommen vom 21. Juni 19993 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit innerhalb von zwölf Monaten nach Annahme von Artikel 121b durch Volk und Stände ausser Kraft ist.

1

Gelingt dies nicht, so kündigt der Bundesrat das Abkommen nach Absatz 1 innert weiteren 30 Tagen.

2

1.2

Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» wurde am 29. Dezember 2017 von der Bundeskanzlei vorgeprüft4 und am 31. August 2018 vom Initiativkomitee eingereicht.

1 2 3 4

SR 101 Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmungen wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

SR 0.142.112.681; AS 2002 1529 BBl 2018 108

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Mit Verfügung vom 25. September 2018 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 116 139 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.5 Die Initiative hat die Form eines ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag.

Nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe a des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20026 (ParlG) hat der Bundesrat der Bundesversammlung spätestens bis am 31. August 2019 eine Botschaft und den Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten.

Die Bundesversammlung muss nach Artikel 100 ParlG bis zum 28. Februar 2021 über die Abstimmungsempfehlung beschliessen. Sie kann die Behandlungsfrist um ein Jahr verlängern, wenn die Voraussetzungen gemäss Artikel 105 ParlG erfüllt sind.

1.3

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 der Bundesverfassung (BV): a.

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.

b.

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

c.

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.

Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

Die vorliegende Initiative will die Personenfreizügigkeit mit der EU beenden. Sie ist eine Reaktion auf die relativ hohe Zuwanderung aus dem EU/EFTA-Raum in den Jahren 2007­2013 nach Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU durch das Abkommen vom 21. Juni 19997 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA). Ihre Annahme würde eine Rückkehr zum Kontingentssystem auch mit EU/EFTA-Staaten bedeuten, wobei auch unter den früheren Zulassungsregimes ohne Personenfreizügigkeit zeitweise eine sehr hohe Zuwanderung zu verzeichnen war, da die Entwicklung der Zuwanderung stark von den Bedürfnissen der Schweizer Wirtschaft und der Wirtschaftslage im Ausland abhängt.

5 6 7

BBl 2018 5785 SR 171.10 SR 0.142.112.681

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2.1

Das duale Zulassungssystem im Ausländerbereich

Die Schweiz kennt heute ein duales Zulassungssystem, das zwischen Personen aus den EU/EFTA-Staaten und Drittstaatsangehörigen unterscheidet. Die Initiative betrifft nur die Zuwanderung aus den EU/EFTA-Staaten, da die Schweiz mit Drittstaaten keine Personenfreizügigkeit kennt.

2.1.1

Zulassung im Rahmen der Personenfreizügigkeit

Aus den EU/EFTA-Staaten erfolgt prioritär die Rekrutierung von ausländischen Arbeitskräften; es können qualifizierte und weniger qualifizierte Erwerbstätige rekrutiert werden. Die Zuwanderung dieser Personen richtet sich nach dem FZA und dem Übereinkommen vom 4. Januar 19608 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Konvention)9.

Das FZA wurde am 21. Juni 1999 als Teil der Bilateralen Abkommen I (Bilaterale I) abgeschlossen. Die Schweizer Stimmbevölkerung hat am 21. Mai 2000 die Bilateralen I mit 67,2 Prozent der Stimmen angenommen. Das FZA trat am 1. Juni 2002 in Kraft. Mit der Einführung der Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und den EU/EFTA-Staaten wurde der Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt liberalisiert.

Gleichzeitig haben auch Schweizer Staatsangehörige das Recht erhalten, ihren Arbeitsplatz beziehungsweise ihren Aufenthaltsort innerhalb der Staatsgebiete der Vertragsparteien frei zu wählen.

Die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und den EU/EFTA-Staaten gilt nicht bedingungslos: Voraussetzung ist, dass ein gültiger Arbeitsvertrag vorliegt, eine selbstständige Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden kann oder bei Nichterwerbstätigkeit ausreichende finanzielle Mittel sowie eine umfassende Krankenversicherung vorhanden sind.

Ergänzt wird das Freizügigkeitsrecht durch die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme und die gegenseitige Anerkennung von Berufsdiplomen.

Die Einführung der Personenfreizügigkeit erfolgte schrittweise. Die bisher ergriffenen Massnahmen im Bereich des FZA sind in Ziffer 6.1 dargestellt.

Die Personenfreizügigkeit löste das vorherige Kontingentssystem für EU/EFTAStaatsangehörige und insbesondere auch das sogenannte Saisonnier-Statut ab. Seit den 1930er-Jahren basierte die schweizerische Ausländerpolitik im Wesentlichen auf dem sogenannten Rotationsprinzip: Ausländischen Arbeitskräften ­ sogenannten Saisonniers ­ kam wirtschaftlich die Funktion eines Konjunkturpuffers zu. Ab Mitte der 1960er-Jahre wurden zudem verschiedene Kontingentierungsmodelle eingeführt.

8 9

SR 0.632.31 Das Abkommen vom 21. Juni 2001 zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (BBl 2001 4963; SR 0.632.31) sieht weitgehend dieselben Bestimmungen vor wie das FZA (Anhang I).

Die Personenfreizügigkeit gilt deshalb auch für die Angehörigen der beiden EFTAMitgliedstaaten Norwegen und Island (EFTA-Staatsangehörige) sowie für ihre Familienangehörigen.

5035

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2.1.2

Wichtigste Ereignisse seit der Einführung des FZA

Infolge der EU-Erweiterung am 1. Mai 2004 wurde das FZA durch das Protokoll I ergänzt, das die schrittweise Einführung der Personenfreizügigkeit mit den zehn EUStaaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn sowie Zypern regelt. Dieses wurde am 21. Mai 2005 durch die Schweizer Stimmbevölkerung mit 56 Prozent Ja-Stimmen genehmigt. Das Protokoll I trat am 1. April 2006 in Kraft.

Am 8. Februar 2009 wurden die Weiterführung des FZA und das Protokoll II zur Ausdehnung des FZA auf Rumänien und Bulgarien von den Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 59,6 Prozent gutgeheissen. Das Protokoll II trat am 1. Juni 2009 in Kraft.

Kroatien ist der EU am 1. Juli 2013 beigetreten. Die Erweiterung des FZA auf Kroatien wurde im Protokoll III ausgehandelt. Am 17. Juni 2016 hat die Bundesversammlung das Protokoll III genehmigt. Es trat am 1. Januar 2017 in Kraft.

Die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» wurde am 9. Februar 2014 mit einem Ja-Stimmenanteil von 50,3 Prozent und von 14,5 Ständen angenommen. Die Initiative forderte durch die Einführung des neuen Verfassungsartikels 121a, dass die Schweiz die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig steuert. Zu diesem Zweck sollte namentlich die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz durch jährliche Höchstzahlen und Kontingente (für sämtliche Bewilligungen des Ausländerrechts) begrenzt werden.

Am 16. Dezember 2016 hat das Parlament das Ausführungsgesetz zu Artikel 121a BV mit der Einführung einer Stellenmeldepflicht verabschiedet.10 Dieses Bundesgesetz ist am 1. Juli 2018 in Kraft getreten.

2.1.3

Zulassung im Rahmen des AIG

Die Zulassung von erwerbstätigen Drittstaatsangehörigen wird im Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 200511 (AIG) restriktiv geregelt. Der Schweizer Arbeitgeber muss bei der kantonalen Behörde ein Gesuch für eine Arbeitsbewilligung stellen. Die Zulassung von Drittstaatsangehörigen beschränkt sich auf dringend benötigte und gut qualifizierte Arbeitskräfte, deren langfristige berufliche und soziale Integration gesichert erscheint. Zudem bestehen Höchstzahlen, die vom Bundesrat jährlich festgelegt werden (Art. 20 AIG); für das Jahr 2019 sind es aktuell 4500 Aufenthalts- und 4000 Kurzaufenthaltsbewilligungen12. Ebenso gilt ein Vorrang der inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Angehörigen der Staaten, mit denen ein Freizügigkeitsabkommen abgeschlossen wurde (Art. 21 AIG). Im Weiteren müssen die orts-, berufs- und branchenüblichen Lohn- und 10 11 12

AS 2018 733 SR 142.20 Vgl. Anhänge 1 und 2 der Verordnung vom 24. Okt. 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE), SR 142.201.

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Arbeitsbedingungen eingehalten werden (Art. 22 AIG). Die Zulassungsvoraussetzungen werden zuerst durch die kantonale Behörde und anschliessend durch das Staatssekretariat für Migration (SEM) geprüft. Durch das ausländerrechtliche Bewilligungsverfahren fallen die Kosten für eine Arbeitsbewilligung im Drittstaatenbereich entsprechend hoch aus.

Am 1. Januar 2019 sind im AIG weitere, überwiegend integrationsrechtliche Bestimmungen in Kraft getreten.13 Der Titel des Gesetzes wurde zudem angepasst: Statt «Ausländergesetz» heisst dieser Erlass seither «Ausländer- und Integrationsgesetz».14 In Ziffer 6.1 sind nähere Ausführungen dazu enthalten.

2.2

Wirtschaftliche Entwicklung und Zuwanderung

Die Zuwanderung in die Schweiz war über die letzten Jahrzehnte stark durch die wirtschaftliche Entwicklung geprägt. Die günstige Wirtschaftsentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg löste in der Schweiz eine starke Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften aus. Diese wurden vor allem in Italien rekrutiert und fanden insbesondere eine Beschäftigung in saisonalen Branchen wie der Landwirtschaft und dem Bau sowie in der Industrie. Trotz der Wirtschaftsrezession Mitte der 1970erJahre und kantonaler Kontingente15 für Jahresaufenthalter und Saisonniers nahm die ständige ausländische Bevölkerung im Lauf der Jahre weiter zu. Zwischen 1960 und 1974 sind pro Jahr durchschnittlich 108 000 erwerbstätige Ausländerinnen und Ausländer sowie 205 000 Saisonniers in die Schweiz eingewandert.16 Im Jahr 1994 überschritt der Ausländeranteil erstmals den Wert von 20 Prozent.

Insbesondere in den Jahren nach der Einführung der vollen Personenfreizügigkeit für die EU-15/EFTA-Staaten im Jahr 2007 war die Einwanderung unter dem FZA stark angestiegen. Dies war einerseits auf einen Öffnungseffekt zurückzuführen.

Andererseits hängt die Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit stark von der wirtschaftlichen Lage und der Situation auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz und in der EU ab; rund zwei Drittel der EU-/EFTA-Staatsangehörigen wandern zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in die Schweiz ein. Die Einführung der vollen Personenfreizügigkeit fiel zudem zeitlich mit der Wirtschaftskrise 2008/ 2009 zusammen, die insbesondere die südlichen EU-Staaten deutlich härter traf als die Schweiz; die Zuwanderung stieg in diesen Jahren in der Folge deutlich an. Seit 2014 nimmt hingegen die Zuwanderung in die Schweiz markant ab: Der Wanderungssaldo (Nettozuwanderung) der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung betrug 2013 rund 81 000 Personen ­ danach reduzierte er sich stetig auf 54 800 Ausländerinnen und Ausländer im Jahr 2018. Der Wanderungssaldo der EU/EFTAStaatsangehörigen halbierte sich zwischen 2013 und 2018 von knapp 61 000 auf 30 900 Personen.

13 14 15

16

AS 2018 3171 AS 2017 6521 Auf das sogenannte Rotationsprinzip, das in der Nachkriegszeit eingeführt wurde, folgten ab Mitte der 1960er-Jahre verschiedene Kontingentierungsmodelle für ausländische Arbeitskräfte.

Es handelt sich hierbei um Bruttozahlen, da aus dieser Zeit keine Nettozahlen existieren.

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Brutto sind 2018 140 000 Ausländerinnen und Ausländer in die Schweiz eingewandert; knapp 70 Prozent davon aus der EU. Während die überwiegende Mehrheit der EU/EFTA-Staatsangehörigen zur direkten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in die Schweiz einwanderten, war bei den Drittstaatsangehörigen der Familiennachzug mit rund 50 Prozent der wichtigste Zuwanderungsgrund. Im Jahr 2018 haben zudem rund 7000 Personen aus dem Asylbereich in der Schweiz eine ausländerrechtliche Regelung erhalten.

2.3

Entwicklungen in den wichtigsten Bereichen

2.3.1

Einleitung

Die Zuwanderung im Rahmen des FZA ist stark auf den Arbeitsmarkt konzentriert und wurde gut absorbiert. Die Personenfreizügigkeit hat in der Vergangenheit einen wichtigen Beitrag zur Entspannung des Fachkräftemangels geleistet. Die Zuwanderung hat insgesamt nicht zu einer Zunahme bei den Sozialleistungsbezügen oder zu einer Verschlechterung der Arbeitsmarktbedingungen geführt. In verschiedenen Politikbereichen wurden gegen unerwünschte Begleiterscheinungen bereits gezielte Massnahmen getroffen (vgl. nachfolgende Ausführungen und Ziff. 6.1). In Bezug auf den Arbeitsmarkt führt die Personenfreizügigkeit aber naturgemäss zu kompetitiveren Bedingungen. Deshalb erachtet der Bundesrat zusätzliche wirtschafts- und sozialpolitische Massnahmen als sinnvoll und nötig, um die Konkurrenzfähigkeit der inländischen Arbeitskräfte ­ Schweizerinnen und Schweizer sowie bereits anwesende Ausländerinnen und Ausländer ­ weiter zu erhöhen und die soziale Sicherheit insbesondere älterer Personen zu stärken. Diese Massnahmen werden in Ziffer 6.2 dargestellt.

2.3.2

Arbeitsmarkt

Bildungs- und Berufsstruktur Die Zuwanderung im Rahmen des FZA konzentrierte sich in den letzten Jahren stark auf Arbeitskräfte mit hohem Qualifikationsniveau: 54 Prozent der FZA-Zuwanderer wiesen einen Abschluss auf Tertiärstufe auf, gegenüber 39 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer.17 Die Personenfreizügigkeit hat damit eine wichtige Rolle zur Deckung der starken Nachfrage der Schweizer Wirtschaft nach gut ausgebildeten Fachkräften gespielt. Dies erleichterte den Strukturwandel am Arbeitsmarkt, führte dadurch zu einem bildungsintensiven Beschäftigungsausbau und konnte so vorübergehende Fachkräftemängel abfedern.

Der EU-Raum war gleichzeitig auch für die Rekrutierung von Arbeitskräften für Tätigkeiten mit weniger hohen Qualifikationsanforderungen von Bedeutung. Die Zuwanderung von niedrig qualifizierten Personen aus dem EU-Raum ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte in 17

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Staatssekretariat für Migration (SEM), Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), Bundesamt für Statistik (BFS) (2018).

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Hilfsfunktionen heute grundsätzlich nur noch im Rahmen des FZA überhaupt möglich ist. Früher wurden Hilfsarbeitskräfte oft in den Drittstaaten rekrutiert; heute ist die Arbeitsmarktzuwanderung aus Staaten, die nicht zur EU/EFTA gehören, auf Führungskräfte, Spezialistinnen und Spezialisten sowie andere qualifizierte Arbeitskräfte beschränkt (Art. 23 Abs. 1 AIG) und unterliegt darüber hinaus einer anzahlmässigen Beschränkung (Art. 20 AIG). In der Schweiz ist der Anteil an Personen ohne nachobligatorische Schulbildung unter den Erwerbspersonen in den letzten Jahren rapide gesunken. Entsprechend erfolgt die Rekrutierung von EU-Zuwanderern in Berufen mit niedrigen Qualifikationsanforderungen oft in Kompensation eines abnehmenden inländischen Arbeitskräfteangebots.

In einigen Studien finden sich Hinweise darauf, dass sich die Konkurrenz für die ansässigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einzelnen Teilarbeitsmärkten verstärkt und die Arbeitslosigkeit der betroffenen Personengruppen leicht erhöht hat.

Gemäss einer im Jahr 2013 publizierten Studie18 gibt es bei den Hochqualifizierten Anzeichen für Verdrängungseffekte aufgrund des Migrationsdrucks. Eine andere Studie aus dem Jahr 201119 hat zudem gezeigt, dass das Arbeitslosigkeitsrisiko bei den niedrigqualifizierten ansässigen Ausländern aus Nicht-EU-Staaten sowie zum Teil auch bei niedrigqualifizierten Schweizerinnen und Schweizern als Folge der Zuwanderung zugenommen hat. Die in diesem Zusammenhang bereits bestehenden sowie vorgesehenen Massnahmen (vgl. Ziff. 6.1 und 6.2) sind deshalb für die Förderung des inländischen Potenzials von hoher Wichtigkeit: Durch Massnahmen zur Aus- und Weiterbildung und zur Verbesserung der Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren Arbeitslosen und Ausgesteuerten mit Fokus auf ältere Arbeitnehmende sowie durch die gezielte Heranführung bestimmter Ausländergruppen an die Berufsbildung und den Arbeitsmarkt werden die Konkurrenzfähigkeit gesichert und der (Wieder-)Einstieg in die Erwerbstätigkeit gefördert.

Bei Berufsarten mit hoher Arbeitslosigkeit gilt seit dem 1. Juli 2018 zudem die Stellenmeldepflicht (vgl. Art. 21a AIG). Sie verschafft arbeitslosen Personen, die bei den regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) gemeldet sind, einen Informationsvorsprung bei offenen Stellen in Berufsarten mit einer Arbeitslosenquote
von mindestens 8 Prozent. Dieser Schwellenwert wird per 1. Januar 2020 auf 5 Prozent gesenkt. Die Stellenmeldepflicht zielt zusammen mit der Fachkräfteinitiative auf eine bessere Ausschöpfung des inländischen Potenzials (vgl. Ziff. 6.1.3 und 6.1.4).

Entwicklung der Einkommen und Löhne Eine aktuelle Studie der Universitäten St. Gallen und Zürich zu den Einkommensverläufen von zugewanderten Personen20 hat gezeigt, dass Zuwanderer zwar kurz nach der Einreise etwas tiefere Einkommen erzielen als Schweizer; sie können diesen Rückstand aber innerhalb kurzer Zeit wettmachen und zu den Schweizern aufschliessen. Dieser Befund gilt für Personen verschiedener Bildungsstufen. Die Integration in den Arbeitsmarkt gelingt damit unter dem Gesichtspunkt der Einkommensentwicklung gerade für Zuwanderer aus dem EU-Raum gut und rasch.

18 19 20

Favre, Sandro et al. (2013).

Sheldon, George und Dominique Cueni (2011).

Favre, Sandro et al. (2018).

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Dass keine grösseren oder dauerhaften Einkommensunterschiede zwischen Zuwanderern und merkmalsgleichen Schweizern festgestellt werden konnten, spricht gegen das Argument, dass Lohndiskriminierung oder sehr tiefe Löhne der Zuwanderer Verdrängungseffekte auf dem Arbeitsmarkt auslösen würden.

Insgesamt kann zudem festgehalten werden, dass die Nominallöhne in der Schweiz zwischen 2002 und 2017 um durchschnittlich 1,1 Prozent und die Reallöhne um 0,7 Prozent pro Jahr gewachsen sind. Die Betrachtung der Lohnentwicklung nach Ausbildungsniveau zeigt, dass die Lohnentwicklung bei Erwerbstätigen mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss in den Jahren 2002­2016 unterdurchschnittlich ausfiel. Die Zuwanderung von hochqualifizierten Personen aus dem EU/EFTARaum hatte einen gewissen Dämpfungseffekt. Leicht stärker als in allen übrigen Kategorien fiel hingegen das Lohnwachstum bei den Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung aus.21

2.3.3

Grenzgängerregionen

Die Personenfreizügigkeit wirkte sich unterschiedlich auf die Regionen der Schweiz aus: Im Quervergleich waren in der Westschweiz und im Tessin über die letzten Jahre nicht nur eine im Durchschnitt höhere Nettozuwanderung als in der Deutschschweiz, sondern auch ein stärkeres Wachstum der Grenzgängerbeschäftigung zu verzeichnen, was den Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt in diesen Regionen teilweise verstärkt hat. Positiv zu vermerken ist aber, dass die Erwerbsquote der 15bis 64-Jährigen im Zeitraum zwischen 2010 und 2018 in allen drei grossen Sprachregionen gesteigert werden konnte. Auch im Tessin und in der Westschweiz gelang es, das vorhandene Arbeitskräftepotenzial zunehmend auszuschöpfen.

Dennoch ist zu beachten, dass sowohl die Westschweiz als auch das Tessin gegenüber der Deutschschweiz strukturell höhere Erwerbslosen- und Arbeitslosenquoten aufweisen. Die Arbeitsmarktlage hat sich im Tessin seit 2013, als ein markanter Anstieg der Erwerbslosenquote zu verzeichnen war, wieder etwas entspannt. In der Westschweiz verharrte die Erwerbslosenquote hingegen auf erhöhtem Niveau. 22

2.3.4

Soziale Sicherheit

Der 14. Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen 23 zeigt, dass bei der einheimischen Bevölkerung über die letzten Jahre ­ trotz zeitweise starker Zuwanderung in den Arbeitsmarkt ­ keine Verschlechterung der Arbeitsmarktintegration und auch keine mit der Zuwanderung verbundene Zunahme beim Bezug von Sozialleistungen festzustellen war.

21 22 23

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Staatssekretariat für Migration (SEM), Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), Bundesamt für Statistik (BFS) (2018), S. 26 f.

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Staatssekretariat für Migration (SEM), Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), Bundesamt für Statistik (BFS) (2018), S.87 ff.

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Staatssekretariat für Migration (SEM), Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), Bundesamt für Statistik (BFS) (2018).

5040

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Arbeitslosenversicherung (ALV) Die Arbeitnehmerquote ­ eine Annäherung an die Erwerbsquote ­ betrug im Jahr 2016 im Durchschnitt über alle Personen, die im Rahmen des FZA in die Schweiz zugewandert waren, sehr hohe 85 Prozent. Im Laufe der Aufenthaltsdauer ist zudem ein Anstieg der Erwerbsbeteiligung festzustellen. Dies deutet darauf hin, dass oft auch Personen, die unter dem FZA im Familiennachzug in die Schweiz zugewandert sind, später eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.

FZA-Zuwanderer ­ vor allem aus Süd- und Osteuropa ­ weisen ein im Vergleich zu den Schweizerinnen und Schweizern erhöhtes Arbeitslosenrisiko auf. 24 Dies hat vor allem damit zu tun, dass sie häufiger in Branchen und Berufen mit konjunkturell oder strukturell erhöhter Arbeitslosigkeit tätig werden. Es handelt sich dabei einerseits oft um saisonal befristete Einsätze: Saisonarbeitskräfte können aufgrund der Rechtslage heute nur noch im EU/EFTA-Raum und nicht mehr in Drittstaaten rekrutiert werden, womit sich das Arbeitslosenrisiko auf die FZA-Zuwanderer verlagert hat. Andererseits bestand in den letzten Jahren auch ein gewisser Bedarf an Arbeitskräften für unqualifizierte Tätigkeiten, der nicht durch einheimische Arbeitskräfte gedeckt und dadurch zum Teil durch Rekrutierung im EU-Raum ergänzt wurde.

Das erhöhte Arbeitslosenrisiko für bestimmte EU-Staaten aufgrund ihrer vermehrten Beschäftigung in saisonalen Tätigkeiten widerspiegelt sich auch in der ALV-Bilanz: Im Jahr 2016 leisteten EU/EFTA-Staatsangehörige 24,4 Prozent der ALV-Beiträge und bezogen 31,0 Prozent der Arbeitslosenentschädigungen (ALE). Schweizer Staatsangehörige steuerten 70,4 Prozent der ALV-Beiträge bei und bezogen 55,0 Prozent der ausgerichteten ALE. Dies spiegelt die Tatsache, dass Schweizerinnen und Schweizer aufgrund ihrer Beschäftigtensituation ein deutlich unterdurchschnittliches Arbeitslosenrisiko aufweisen. Bei den Drittstaatsangehörigen belief sich der Anteil an den Einnahmen aus ALV-Beiträgen auf 5,2 Prozent, während die Ausgaben für ALE 14,0 Prozent ausmachten.

Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) In Bezug auf die AHV zeigen die Daten für das Jahr 2017, dass die ausländischen Staatsangehörigen massgeblich zur Finanzierung und Sicherung dieser Sozialwerke beitragen. Die EU/EFTA-Staatsangehörigen leisten 25,8 Prozent der Beiträge, während sie einen
Anteil von 16,0 Prozent beziehen. Ohne Zuwanderung aus der EU/EFTA wäre das Umlageergebnis der AHV bereits 2009 negativ ausgefallen.

Langfristig begründen die Beitragszahlungen natürlich auch Rentenansprüche, welche die AHV zu tragen hat.

Invalidenversicherung (IV) Ausländerinnen und Ausländer beziehen nicht mehr IV-Leistungen als Schweizerinnen und Schweizer. Die IV-Neuanmeldungen sind bei Ausländern zwar leicht höher als bei den Schweizern (2016: 1,05 % vs. 1,10 %). Eine höhere Anzahl Anmeldungen ist jedoch nicht mit einem höheren Leistungsbezug gleichzusetzen: 24

Die Arbeitslosenquote von EU/EFTA-Staatsangehörigen betrug im Jahr 2018 gesamthaft 4,2 %, diejenige der Schweizerinnen und Schweizern 1,9 % und die Arbeitslosenquote der Drittstaatsangehörigen betrug 6,0 %.

5041

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­

Im Jahr 2017 wurden rund 249 200 Invalidenrenten ausgerichtet, davon 71 Prozent an schweizerische Staatsangehörige. Der Ausländeranteil bei der Anzahl IV-Renten machte somit rund 29 Prozent aus.

­

Im Jahr 2017 entsprachen die Renten 60 Prozent des Ausgabenvolumens der IV. Der Anteil in Schweizerfranken beträgt bei den Schweizerinnen und Schweizern rund 77 Prozent, derjenige der Ausländerinnen und Ausländer machte 23 Prozent aus.25

Das FZA hat nicht zu einer Zunahme der Rentenbezüger in der IV geführt: Nach einem Höchststand im Jahr 2005 war die Entwicklung der Rentnerzuwachsrate regelmässig rückläufig. Seit 2011 verzeichnen alle Nationalitätengruppen einen Rückgang. Der rückläufige Trend ist bei den EU/EFTA-Staatsangehörigen ausgeprägter als bei den Schweizerinnen und Schweizern.26 Sozialhilfe Die Sozialhilfe bildet das letzte Auffangnetz im sozialen Sicherungssystem der Schweiz. Deren Ausgestaltung ist grundsätzlich Sache der Kantone und Gemeinden.

Staatsangehörige des EU/EFTA-Raums sind grundsätzlich berechtigt, Leistungen der Sozialhilfe zu beantragen; sofern sie über eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung verfügen, sind sie diesbezüglich gleich zu behandeln wie die Inländer.

Explizit vom Anspruch auf Sozialhilfe ausgeschlossen sind demgegenüber Personen, die zur Stellensuche in die Schweiz eingereist sind (Art. 29a AIG). Auch die übrigen Nichterwerbstätigen (Rentner, Studierende etc.), die im Rahmen des FZA ein Aufenthaltsrecht begründen, müssen für ihren Aufenthalt in der Schweiz über genügende finanzielle Mittel verfügen. Bei einem Sozialhilfebezug kann ihnen das Aufenthaltsrecht entzogen werden.

2016 lag die Sozialhilfequote von Schweizerinnen und Schweizern bei 2,3 Prozent, jene von Staatsangehörigen der EU/EFTA bei 3,0 Prozent und jene von Ausländerinnen und Ausländern insgesamt bei 6,3 Prozent.27

2.3.5

Weitere Bereiche

Die Zuwanderung hat massgeblich zum Bevölkerungswachstum in der Schweiz beigetragen. Die gestiegene Anzahl Personen in der Schweiz hat einen Einfluss auf die verstärkte Nutzung der Infrastruktur, auf den Energieverbrauch und auf das Verkehrsaufkommen. Das Bevölkerungswachstum ist jedoch lediglich ein Einflussfaktor ­ es existieren weitere Treiber und Rahmenbedingungen, die für diese Veränderungen verantwortlich sind. In den betroffenen Bereichen wurden bereits verschiedene Massnahmen ergriffen, damit die Schweiz auf zukünftige, sich verändernde Rahmenbedingungen vorbereitet ist.

25 26 27

Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) (2018).

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Staatssekretariat für Migration (SEM), Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), Bundesamt für Statistik (BFS) (2018), S. 30.

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Staatssekretariat für Migration (SEM), Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), Bundesamt für Statistik (BFS) (2018), S. 36 f.

5042

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Wohnungsmarkt Die Wohnungsnachfrage wird beeinflusst durch die allgemeine ökonomische Entwicklung, die Entwicklung der Löhne, die Bevölkerungsentwicklung und durch die Konsumentenstimmung.

Es kann festgehalten werden, dass es seit Einführung der Personenfreizügigkeit sowohl Phasen knapper Immobilienmärkte wie auch die heutige Situation mit einem (allerdings regional ungleich verteilten) Angebotsüberschuss gegeben hat. Eine Bevölkerungszunahme kann an gewissen Orten zur Anspannung auf dem Wohnungsmarkt beitragen, an anderen Orten hingegen sehr erwünscht sein, um grössere Leerstände zu verhindern.

Die durchschnittlich pro Person konsumierte Wohnfläche ist in den letzten 40 Jahren deutlich angestiegen. Unter Zugrundelegung möglichst vergleichbarer Berechnungsarten resultierte zwischen 1980 und 2000 pro Dekade ein Anstieg um jeweils 5 m 2 und zwischen 2000 und 2012 um 2 m2.

Dieser Rückgang des Anstiegs seit dem Jahr 2000 und der seit 2012 konstante Wert haben verschiedene Ursachen. Unter anderem wurden in den letzten Jahren die Wohnungsflächen der neu gebauten Wohnungen pro Zimmerzahl wieder kleiner.

Auch wurden im Vergleich zu früheren Perioden anteilmässig und auch absolut weniger Einfamilienhäuser erstellt. Dazu dürfte möglicherweise auch das revidierte Raumplanungsgesetz beigetragen haben.

Verkehr Ein gut funktionierendes Verkehrssystem ist zentral für die Schweizer Bevölkerung und Wirtschaft. Wichtige bestimmende Faktoren der Mobilitätszunahme waren in der Vergangenheit neben dem Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum strukturelle Veränderungen wie der Ausbau der Infrastrukturen und Verkehrsangebote, sinkende relative Preise für Energie, eine intensivere nationale wie internationale Arbeitsteilung oder die stärkere räumliche Trennung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit.

Die Verkehrsperspektiven 2040 des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE) 28 zeigen im Referenzszenario (d. h. grundlegende Entwicklungen wie in der Vergangenheit, aber auch Tendenzen wie die alternde Gesellschaft oder neue Arbeitsformen) ein Wachstum der jährlichen Verkehrsleistung im Personenverkehr von 2010 bis 2040 um 25 Prozent auf 145 Milliarden Personenkilometer. Im Güterverkehr steigt die Leistung der transportierten Tonnen über den gleichen Zeithorizont um 37 Prozent auf 37 Milliarden Tonnenkilometer.

Um das
Verkehrswachstum zu bewältigen, sind weitere Ausbauten für den Strassenverkehr und den öffentlichen Verkehr notwendig. Die Schaffung zweier Spezialfonds für Investitionen in die Bahninfrastruktur (BIF) und in die Nationalstrassen sowie Projekte des Agglomerationsverkehrs (NAF) hat die Finanzierung der Landverkehrsinfrastrukturen von nationaler Bedeutung auf absehbare Zeit auf eine tragfähige und nachhaltige Grundlage gestellt. Es ist aber nicht sinnvoll, das Ver-

28

Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) (2016).

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kehrswachstum alleine mit Ausbauten zu bewältigen. Der Bund will deshalb die bestehenden Infrastrukturen mittels weiterer gezielter Massnahmen optimaler nutzen.

Energie Kurzfristig wird der Energieverbrauch vor allem von der Witterung beeinflusst: In einem kalten Winter wird mehr Energie zum Heizen verwendet als in einem milden Winter. Langfristig hängt das Wachstum des Energieverbrauchs von der Entwicklung der Energiepreise, dem technologischen Fortschritt (Energieeffizienzgewinne) sowie politischen Massnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs ab (Energiestrategie 2050). Auch die weitere Wirtschaftsentwicklung und das Bevölkerungswachstum können Einflussfaktoren sein, genauso wie daraus abgeleitete Grössen (beispielsweise Energiebezugsflächen oder Anzahl Autos).

Die kürzlich vom Bundesamt für Energie (BFE) und von der Eidgenössischen Elektrizitätskommission durchgeführten Systemstudien29 beziehen auch die Situation in den Stromlieferländern der Schweiz mit ein. Diese Analysen zeigen, dass mindestens bis 2025 für die Schweiz keine Gefährdung der Versorgungssicherheit zu erwarten ist.

3

Ziele und Inhalte der Initiative

3.1

Ziele der Initiative

Die Initiative verlangt eine Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern in die Schweiz ohne Personenfreizügigkeit; auch neue völkerrechtliche Verträge dürfen keine Personenfreizügigkeit gewähren. Konkret fordert die Initiative, dass das FZA innerhalb von zwölf Monaten nach Annahme der Initiative auf dem Verhandlungsweg ausser Kraft zu setzen ist. Falls dies nicht gelingt, muss der Bundesrat das FZA innert weiteren 30 Tagen kündigen.

Aus der Sicht der Initiantinnen und Initianten hatte die Einführung der Personenfreizügigkeit überwiegend negative Folgen, insbesondere für die unter Ziffer 2.3 genannten Bereiche. Zudem werfen die Initiantinnen und Initianten Bundesrat und Parlament vor, sie hätten die Volksinitiative «Gegen Masseinwanderung» mit der Einführung der Stellenmeldepflicht nicht umgesetzt (vgl. Ziff. 6.1).30

3.2

Die einzelnen Bestimmungen des Initiativtextes

3.2.1

Artikel 121b E-BV

Neu soll ein Artikel 121b mit der Sachüberschrift «Zuwanderung ohne Personenfreizügigkeit» in die Bundesverfassung eingefügt werden.

29 30

Bundesamt für Energie (BFE) (2017).

Argumentarium des Komitees zur Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative», S. 4.

5044

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Absatz 1 der vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung hält fest, dass die Schweiz die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig regelt. Sachüberschrift und Absatz 2 der Verfassungsbestimmung machen deutlich, dass das Zulassungssystem zukünftig für alle ausländischen Staatsangehörigen ohne Personenfreizügigkeit ausgestaltet werden soll.

Absatz 2 sieht vor, dass keine neuen völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen und keine anderen neuen völkerrechtlichen Verpflichtungen eingegangen werden dürfen, die ausländischen Staatsangehörigen eine Personenfreizügigkeit gewähren. Damit soll verhindert werden, dass nach einer Annahme der Initiative Vereinbarungen getroffen werden können, die eine Personenfreizügigkeit gewähren würden.

Laut Absatz 3 des Initiativtextes dürfen auch bestehende völkerrechtliche Verträge und andere völkerrechtliche Verpflichtungen nicht im Widerspruch zu den Absätzen 1 und 2 angepasst oder erweitert werden.

3.2.2

Artikel 197 Ziffer 12 E-BV

Gemäss Absatz 1 soll der Bundesrat mit der EU Verhandlungen führen mit dem Ziel, dass das FZA innerhalb von 12 Monaten nach einer allfälligen Annahme der Initiative mittels Verhandlung mit der EU ausser Kraft ist.

Absatz 2 hält fest, dass der Bundesrat das FZA innert weiteren 30 Tagen kündigen muss, falls eine Ausserkraftsetzung auf dem Verhandlungsweg misslingt.

3.3

Auslegung und Erläuterung des Initiativtextes

Grundsätzlich ist bei der Auslegung der Verfassung ­ nicht anders als bei der Auslegung von Gesetzes- und Verordnungsnormen ­ vom Wortlaut einer Norm auszugehen (grammatikalisches Auslegungselement). Ist der Text unklar oder lässt er verschiedene Deutungen zu, muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden. Dabei sind weitere Auslegungselemente zu berücksichtigen, wie namentlich die Entstehungsgeschichte der Norm (historisches Auslegungselement) und ihr Zweck (teleologisches Auslegungselement). Wichtig ist zudem die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt (systematisches Auslegungselement).

Bei der Gesetzes- wie bei der Verfassungsauslegung findet nicht ein bestimmtes Auslegungselement vorrangig oder sogar ausschliesslich Anwendung. Vielmehr werden die Auslegungselemente nebeneinander berücksichtigt. Es muss im Einzelfall abgewogen werden, welche Methode (oder Methodenkombination) geeignet ist, den Normsinn der auszulegenden Verfassungsbestimmung korrekt wiederzugeben (sog. Methodenpluralismus).

Verhältnis zu Artikel 121a BV und Artikel 197 Ziffer 11 BV Artikel 121a BV stünde bei einer Annahme der Begrenzungsinitiative weiterhin (unverändert) in der Verfassung. Ein Vergleich zwischen Artikel 121a BV und 121b E-BV zeigt einige Doppelspurigkeiten, aber auch Unterschiede, und macht damit 5045

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auch deutlich, dass mit einer Annahme der Begrenzungsinitiative eine kohärente (harmonisierende) Auslegung der Artikel 121 und 121a BV sowie von Artikel 121b E-BV nicht einfacher würde: Artikel 121 BV weist dem Bund die generelle Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Ausländerrechts zu. Artikel 121a BV und Artikel 121b E-BV regeln, wie der Bund von dieser Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Steuerung der Zuwanderung Gebrauch machen soll. Während Artikel 121a BV ein System der Steuerung der Zuwanderung mit Höchstzahlen und Kontingenten vorsieht, bestimmt Artikel 121b E-BV, dass die Regelung der Zuwanderung nicht über ein System der Personenfreizügigkeit mit einzelnen Staaten erfolgen soll.

Der Wortlaut der beiden ersten Absätze von Artikel 121b E-BV (eigenständige Regelung der Zuwanderung) und von Artikel 121a BV (eigenständige Steuerung der Zuwanderung) ist nahezu identisch. Der Begriff der «Steuerung» beinhaltet stärker als der Begriff der «Regelung» auch ein kontrollierendes, die Autonomie betonendes Element.

Auch Artikel 121b Absatz 2 E-BV ist inhaltlich mit Artikel 121a Absatz 4 BV vergleichbar, wonach keine (neuen) völkerrechtlichen Verträge (oder andere völkerrechtliche Verpflichtungen) eingegangen werden dürfen, die ausländischen Staatsangehörigen «eine Personenfreizügigkeit gewähren» (Begrenzungsinitiative), beziehungsweise «gegen diesen Artikel verstossen» (Art. 121a Abs. 4 BV). Die Präzisierung liegt in der Begrenzungsinitiative im Begriff der «Gewährung der Personenfreizügigkeit».

Hingegen zeigen sich bei den Übergangsbestimmungen der beiden Initiativen wesentliche Unterschiede: Artikel 197 Ziffer 12 Absatz 1 E-BV (Begrenzungsinitiative) verlangt, dass Verhandlungen mit der EU geführt werden mit dem Ziel, dass das FZA innert 12 Monaten «ausser Kraft ist». Gemäss dem geltenden Artikel 197 Ziffer 11 Absatz 1 BV sind hingegen völkerrechtliche Verträge, die Artikel 121a BV widersprechen, innerhalb von drei Jahren nach dessen Annahme durch Volk und Stände «neu zu verhandeln und anzupassen». Der Bundesrat hat im Rahmen der Umsetzung von Artikel 121a BV bereits entsprechende Gespräche mit der EU geführt, diese haben jedoch zu keinem konkreten Ergebnis geführt. Die EU hat trotz intensiver Bemühungen der Schweiz (und auch des Vereinigten Königreichs vor der BREXIT-Abstimmung) keine Bereitschaft
gezeigt31, die Personenfreizügigkeit neu zu verhandeln.

Die Begrenzungsinitiative geht insbesondere deshalb weiter als Artikel 121a und Artikel 197 Ziffer 11 BV, als neu ausdrücklich der Bundesrat innert weiteren 30 Tagen zur Kündigung des FZA verpflichtet wird, falls die «Ausserkraftsetzung des FZA» im Rahmen von Verhandlungen mit der EU misslingt. Die Masseneinwanderungsinitiative und das geltende Verfassungsrecht lassen dagegen die Frage offen, was geschieht, wenn die Verhandlungen mit der EU nicht zum Erfolg führen, wie dies bisher der Fall war. Die Begrenzungsinitiative verpflichtet in einem solchen Fall den Bundesrat explizit zur Kündigung des FZA innert weiteren 30 Tagen.

31

Vgl. Antwort der EU vom 24.07.2014. Abrufbar unter: www.europa.admin.ch > Bilaterale Abkommen > Überblick > Bilaterale Abkommen I (1999) > Personenfreizügigkeit > Antwort der EU auf Schweizer Revisionsbegehren (auf Englisch).

5046

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Art. 121b Abs. 1 E-BV Diese Bestimmung sieht vor, dass die Schweiz die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig regelt. Aus der Sachüberschrift und aus Artikel 121b Absatz 2 E-BV geht hervor, dass die «eigenständige Regelung» ein Zulassungssystem ohne Personenfreizügigkeit umfassen soll. Die eigenständige Steuerung respektive Regelung der Zuwanderung erfolgt unilateral und autonom und darf nicht vom Willen einer anderen Vertragspartei abhängig sein. Sie umfasst zudem nur diejenigen Ausländerinnen und Ausländer, die neu in die Schweiz einreisen wollen.

Eine eigenständige Regelung der Zuwanderung schliesst jedoch nicht aus, dass die Schweiz bestimmten Staaten und in einem eindeutig bestimmten Rahmen eine privilegierte Stellung bei der Zulassung gewährt, soweit keine Freizügigkeit gewährt wird.

Im Übrigen weist diese Bestimmung auch programmatischen Charakter auf. Interpretationsbedürftig sind wie bei Artikel 121a BV die Begriffe «Zuwanderung» und «eigenständige Regelung [Steuerung]». Der Begriff «Zuwanderung» entspricht dem in diesem Zusammenhang ebenfalls verwendeten Begriff «Immigration». Zuwanderung liegt vor, wenn Menschen einzeln oder in Gruppen, ihre bisherigen Wohnorte verlassen, um sich an anderen Orten dauerhaft oder zumindest für längere Zeit niederzulassen. Keine Zuwanderung besteht bei Aufenthalten bis zu einem Jahr sowie bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern, die ihren Wohnsitz im Ausland beibehalten.

Art. 121b Abs. 2 E-BV Diese Bestimmung bezeichnet das Mittel, mit dem das in Artikel 121b Absatz 1 E-BV genannte Ziel der eigenständigen Regelung erfüllt werden soll: Absatz 2 will verhindern, dass Ausländerinnen und Ausländern Freizügigkeitsrechte eingeräumt werden («Personenfreizügigkeit gewähren»). Völkerrechtliche Verträge bzw. völkerrechtliche Verpflichtungen, die den Angehörigen der betreffenden Vertragsstaaten solche Rechte einräumen würden, dürfen nicht mehr abgeschlossen bzw. eingegangen werden. Das Verbot, «andere neue völkerrechtliche Verpflichtungen» einzugehen, dürfte neben dem Verbot, «neue völkerrechtliche Verträge» abzuschliessen, eine begrenzte eigenständige Bedeutung aufweisen. Denn Verpflichtungen, die sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder aus Völkergewohnheitsrecht ergeben, können nicht (aktiv) eingegangen werden. In der Praxis wäre auf jeden
Fall festzulegen, welcher konkrete Akt mit dem «Eingehen» (frz. «contracter»; ital.

«assumere») gemeint ist. Der Begriff der «Personenfreizügigkeit» (oder: «freier Personenverkehr») bezeichnet vor allem die Freiheit, in einem anderen Vertragsstaat wohnen und arbeiten zu dürfen. Zentral ist dabei das Recht, eine Stelle in einem anderen Vertragsstaat antreten zu dürfen (Arbeitnehmerfreizügigkeit), eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben zu können oder sich dort aufzuhalten, wenn die dafür erforderlichen finanziellen Mittel vorhanden sind. Weiter umfasst die «Personenfreizügigkeit» (jedenfalls in der Ausprägung gemäss FZA) insbesondere auch ein Aufenthaltsrecht zur Erbringung von Dienstleistungen in einem beschränkten Umfang, die gegenseitige Anerkennung von beruflichen Diplomen, die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme, die Gleichstellung mit eigenen Staatsangehörigen bei der Ausrichtung von sozialen Leistungen sowie das Recht auf Erwerb von Grundstücken.

5047

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Hingegen dürften beispielsweise bilaterale Niederlassungsverträge nicht unter den Begriff der «Personenfreizügigkeit» fallen, weil solche Verträge nicht den freien Personenverkehr, sondern bloss gewisse Erleichterungen bei der Niederlassung ausländischer Personen bezwecken. Auch Freihandelsabkommen, die für gewisse qualifizierte Tätigkeiten Erleichterungen bei der Zulassung zur Erbringung von Dienstleistungen vorsehen («Kadertransfer»), gewähren keine Personenfreizügigkeit im Sinne von Absatz 2. Verträge solcher Art dürfte die Schweiz weiterhin abschliessen.

Art. 121b Abs. 3 E-BV Während sich Artikel 121b Absatz 2 E-BV auf neue völkerrechtliche Verträge bzw.

Verpflichtungen bezieht, erfasst diese Bestimmung die bestehenden völkerrechtlichen Verträge bzw. Verpflichtungen. Solche Verträge bzw. Verpflichtungen dürfen nicht im Widerspruch zu den Absätzen 1 und 2 ­ also durch Gewährung einer Personenfreizügigkeit ­ angepasst oder erweitert werden.

Art. 197 Ziff. 12 Abs. 1 E-BV Diese Bestimmung räumt dem Bundesrat eine Frist ein, um die Ausserkraftsetzung des FZA bis spätestens 12 Monate nach Annahme der Initiative zu verhandeln. Dies gibt der Schweiz die Möglichkeit, mit der EU eine Einigung über die Weiterführung der Bilateralen I zu erzielen oder die Folgen des Wegfalls der Verträge zu regeln, falls eine allfällige Verhandlung nicht erfolgreich wäre. Dabei könnte insbesondere auch über die Guillotine-Klauseln in den verschiedenen Verträgen verhandelt werden. Im Falle einer einvernehmlichen Lösung mit der EU zur Ausserkraftsetzung des FZA käme die Guillotine-Klausel nicht zur Anwendung. Bisherige Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass eine Ausserkraftsetzung des FZA oder der GuillotineKlausel auf dem Verhandlungsweg unrealistisch ist (vgl. Ziff. 4.2.5).

Art. 197 Ziff. 12 Abs. 2 E-BV Wenn eine Ausserkraftsetzung auf dem Verhandlungsweg innert der in Artikel 197 Ziffer 12 Absatz 1 E-BV genannten Frist nicht gelingt, würde der in Absatz 2 der Übergangsbestimmung verankerte Kündigungsauftrag ausgelöst. Die Bestimmung bezeichnet auch das dazu befugte (und verpflichtete) Bundesorgan, nämlich den Bundesrat. Eine parlamentarische Zustimmung oder sogar eine Zustimmung des Stimmvolks zur Kündigung ist in Artikel 197 Ziffer 12 Absatz 1 E-BV nicht vorgesehen. Das FZA und die weiteren Bilateralen Abkommen I würden daraufhin sechs Monate später ausser Kraft treten.

4

Würdigung der Initiative

In den nun folgenden Ausführungen erfolgt die Würdigung der Initiative. Es wird unter anderem aufgezeigt, welche Auswirkungen eine Annahme der Initiative auf die Schweizer Wirtschaft und die bilateralen Beziehungen zur EU hätte. In Anschluss an das 4. Kapitel folgt im 5. Kapitel eine Darstellung zur Bedeutung der Zuwanderung im Lichte der demografischen Entwicklung sowie des Strukturwan5048

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dels unter anderem infolge der Digitalisierung. Im 6. Kapitel werden in diesem Zusammenhang bereits existierende sowie zusätzliche Massnahmen dargestellt. Damit wird die Initiative in einen umfassenderen Kontext eingeordnet.

4.1

Würdigung der Anliegen der Initiative

Die Initiative verlangt eine grundlegende Neuausrichtung der schweizerischen Zulassungspolitik im Ausländerbereich. Sie will das FZA ausser Kraft setzen oder kündigen sowie den Abschluss von neuen völkerrechtlichen Vereinbarungen, die eine Personenfreizügigkeit gewähren, verhindern. Das FZA ist für die Schweizer Wirtschaft und für die Sicherung der Arbeitsplätze von zentraler Bedeutung. Es ermöglicht den Unternehmen, flexibel und unbürokratisch auf einen grossen Arbeitskräftepool in Europa zurückzugreifen, und hat damit in der Vergangenheit massgeblich zur Entspannung des Fachkräftemangels beigetragen. Das FZA weist den grössten wirtschaftlichen Effekt aller sieben Bilateralen Abkommen I mit der EU auf, und ein Wegfall wäre daher mit beträchtlichen Kosten verbunden.32 Der Bundesrat verkennt nicht, dass die mit dem Wirtschaftswachstum einhergehende Zuwanderung mit Herausforderungen verbunden ist. Der Bundesrat hat daher beschlossen, die Konkurrenzfähigkeit der inländischen, insbesondere älteren Arbeitskräfte weiter zu sichern und bestimmte in der Schweiz aufenthaltsberechtigte Ausländergruppen vermehrt in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Zudem ist durch die Einführung einer Überbrückungsleistung eine soziale Abfederung für ausgesteuerte ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in finanziell bescheidenen Verhältnissen vorgesehen (vgl. Ziff. 6.2).

In Ergänzung zum inländischen Potenzial ist die Schweiz aufgrund des demografischen Wandels und der Digitalisierung aber auch in Zukunft darauf angewiesen, fehlende und insbesondere qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland rekrutieren zu können. Die Schweiz steht dabei in Konkurrenz mit anderen westlichen Staaten, die mit ähnlichen Entwicklungen konfrontiert sind, was die Rekrutierung von Fachkräften aus diesen Staaten künftig erschweren dürfte. Der von der Initiative geforderte Wegfall des FZA sowie das generelle Verbot, neue völkerrechtliche Verträge abschliessen zu können, die eine Personenfreizügigkeit gewähren, würde den Fachkräftepool drastisch minimieren und die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft vor grosse Herausforderungen stellen.

Müsste die Schweiz bei einer Annahme der Initiative das FZA kündigen, weil mit der EU keine einvernehmliche Lösung über die Ausserkraftsetzung dieses Abkommens gefunden werden kann, würden aufgrund der sogenannten
Guillotine-Klausel auch die anderen Abkommen der Bilateralen I sechs Monate nach Erhalt der Notifikation über die Kündigung automatisch ausser Kraft gesetzt, und der bilaterale Weg der Schweiz mit der EU wäre damit grundlegend infrage gestellt.

32

BAK Basel (2015): «Die mittel- und langfristigen Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I auf die Schweizerische Volkswirtschaft», Ecoplan (2015): «Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I ­ Analyse mit einem Mehrländergleichgewichtsmodell».

5049

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4.2

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

4.2.1

Wegfall des FZA

Die Begrenzungsinitiative verlangt explizit die Ausserkraftsetzung oder Kündigung des FZA. Bei einer Annahme der Begrenzungsinitiative würden nach Ablauf der in Artikel 197 Ziffer 12 E-BV vorgesehenen Fristen die Zulassungs- und Aufenthaltsbestimmungen des AIG für Drittstaatsangehörige auch auf EU-/EFTA-Staatsangehörige angewandt (vgl. Ziff. 4.2.5).

Wirtschaftliche Folgen eines Wegfalls des FZA Das FZA ist ein zentraler Pfeiler der bilateralen Verträge mit der Europäischen Union. Es leistet einen wichtigen Beitrag für die enge Wirtschaftsbeziehung der Schweiz und der EU. Der Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) «Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I» aus dem Jahr 2015 zeigt die volkswirtschaftliche Bedeutung auf: Eine Kontingentierung der Zuwanderung verringert das Arbeitsangebot und verteuert den Rekrutierungsprozess. Höhere Kosten für Unternehmen führen zu tieferer Produktivität sowie einer Schmälerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Diese Faktoren schlagen sich auf die gesamte Wirtschaftsleistung nieder. Allein durch den Wegfall des FZA würde das BIP 2035 im Vergleich zum Basisszenario zwischen 3,0 und 4,5 Prozent tiefer liegen.

Die Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes gegenüber den EU/EFTA-Staaten hat der Schweizer Wirtschaft in den letzten Jahren ein überdurchschnittlich starkes Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum ermöglicht. Die erhöhte Nachfrage nach Schweizer Gütern und Dienstleistungen seit Inkrafttreten der Bilateralen I konnte dank der durch das FZA gewährleisteten Verfügbarkeit von Fachkräften bedient werden. Auch in Phasen mit schwacher Konjunktur und in der Finanzkrise 2009 wirkte sich die Zuwanderung stabilisierend auf die Schweizer Binnenkonjunktur aus und hatte damit auch eine positive Wirkung auf die Beschäftigung. Vor allem der private Konsum und die Bauwirtschaft wurden durch die Zuwanderung in den letzten Jahren gestützt.

Eine Studie, welche von Swissmem für die Maschinen-, Elektro- und MetallIndustrie in Auftrag gegeben wurde,33 bestätigt die Wichtigkeit des FZA für diese Branchen: Gemäss der im Rahmen der Studie durchgeführten Befragung stehen beim FZA der personelle Austausch zwischen der Schweiz und der EU und die dadurch verbesserte Fachkräftesituation in den Unternehmen im Vordergrund. Drei Viertel der befragten
Unternehmen gaben an, aufgrund dieses Abkommens geeignete Fachkräfte einstellen zu können. Knapp die Hälfte der Unternehmen steigerte durch strategische Einstellungen ihre Innovationsfähigkeit. Insgesamt werden durch das Abkommen auch die allgemeinen Geschäftsprozesse im Personalwesen optimiert.

33

BAK Basel (2015): «Die Auswirkungen der bilateralen Verträge auf die Unternehmen der MEM-Industrie».

5050

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Die Zuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit folgt somit heute in hohem Masse den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes, und dies sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Die Entwicklung von Arbeitslosigkeit und Zuwanderung im Rahmen des FZA erfolgte zudem gegenläufig: Die Zuwanderung stieg jeweils in Phasen guter Konjunktur und sinkender Arbeitslosigkeit, in Phasen schwachen oder gar negativen Wachstums und steigender Arbeitslosigkeit entwickelte sie sich hingegen rückläufig. Die Fähigkeit, ausländische Fachkräfte anziehen zu können, ist zudem im Zusammenhang mit der demografischen Alterung wichtig, da dadurch der Anteil von Personen im erwerbsfähigen Alter erhöht wird.

Die Rekrutierung von Fachkräften wäre für Unternehmen in einem System mit kontingentierter Zuwanderung administrativ deutlich aufwendiger, und sie hätten bei einer zahlenmässigen Beschränkung keine Planungssicherheit mehr. Bei einer Annahme der Initiative würde der Standort Schweiz an Attraktivität einbüssen, was eine rückläufige Produktivität, ein schwächeres Wachstum und damit zusammenhängend einen dauerhaften Verlust von Arbeitsplätzen und eine Erhöhung der strukturellen Arbeitslosigkeit nach sich ziehen würde.

Das FZA eröffnet zudem schweizerischen Staatsangehörigen gleiche Chancen und einen gleichberechtigten Zugang zum EU-Arbeitsmarkt sowie die Möglichkeit, sich unter erleichterten Bedingungen in der EU niederzulassen. Rund 11 Prozent der Schweizer Bevölkerung wohnen im Ausland. Ende 2018 waren es 760 200 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, über 62 Prozent von ihnen leben in Europa, mehrheitlich in Frankreich, Deutschland und Italien.34 Bei einer Kündigung des FZA würde der heute den Schweizer Bürgerinnen und Bürgern garantierte Zugang zu den Arbeitsmärkten im EU-Raum wegfallen.

4.2.2

Gefährdung der Bilateralen I

Das FZA ist Teil der sieben Abkommen der Bilateralen I. Aufgrund der sogenannten Guillotine-Klausel ist es rechtlich mit den übrigen sechs Abkommen verbunden. Bei einer Kündigung des FZA werden deshalb auch die sechs anderen Abkommen ­ technische Handelshemmnisse, öffentliches Beschaffungswesen, Landwirtschaft, Landverkehr, Luftverkehr und Forschung35 ­ sechs Monate nach Erhalt der Notifikation über die Kündigung automatisch ausser Kraft gesetzt (Art. 25 Abs. 4 FZA).

Damit würde nicht nur der heute privilegierte Zugang der Schweizer Wirtschaft zum EU-Binnenmarkt, sondern auch der bilaterale Weg mit der EU infrage gestellt.

34 35

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) (2019).

Heute gilt im Forschungsbereich das Abkommen vom 5. Dez. 2014 für wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft zur Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation «Horizon 2020» und an das Programm der Europäischen Atomgemeinschaft für Forschung und Ausbildung in Ergänzung zu «Horizon 2020» sowie zur Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft an den ITER-Tätigkeiten von «Fusion for Energy», SR 0.424.11. In Art. 13 Abs. 4 des besagten Abkommens wird die Verbindung zum FZA bzw. dessen Kündigung gemacht.

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Gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) Das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA)36 dient dem Abbau technischer Handelshemmnisse. Durch die Angleichung der Produktevorschriften und die über das MRA vertraglich anerkannte Gleichwertigkeit der Vorschriften konnte der administrative Aufwand von in die EU exportierenden bzw. aus der EU importierenden Unternehmen deutlich reduziert werden.

Das Abkommen ermöglicht Schweizerischen Wirtschaftsteilnehmern auch weitere Marktzugangserleichterungen: Beispielsweise sind Schweizer Hersteller von der Pflicht befreit, einen Bevollmächtigten in der EU zu haben. Für Schweizer Unternehmen gelten in der EU dank dem Abkommen entsprechend weitgehend dieselben Marktzutrittsbedingungen wie für ihre EU-Konkurrenten. Unternehmen profitieren somit von sinkenden Kosten und kürzeren Wartezeiten bei der europaweiten Vermarktung ihrer Produkte. Darüber hinaus profitieren Konsumentinnen und Konsumenten von einer potenziell grösseren Produktevielfalt und tieferen Preisen: Produkte, die in der EU zugelassen sind, können auch in der Schweiz ohne zusätzliche Zertifizierung vertrieben werden.

Die unter das MRA fallenden Sektoren machten 2017 über zwei Drittel des Handels zwischen der Schweiz und der EU mit Industrieprodukten aus. Die 20 vom Abkommen abgedeckten Produktbereiche stellten 2017 ein Volumen an Exporten in die EU von beinahe 75 Milliarden Franken dar und umgekehrt ein Volumen an Importen aus der EU von über 73 Milliarden Franken. Diese Zahlen beinhalten auch Pharmaund Chemieprodukte, bei denen nur Teile der Konformitätsbewertung unter das Abkommen fallen («gute Herstellungspraxis» und «gute Laborpraxis»). Die Einsparungen der Schweizer Unternehmen betragen gemäss Branchenschätzungen allein dank der Anerkennung der Inspektionen im Bereich der «guten Herstellungspraxis» zwischen 150 und 300 Millionen Franken jährlich. Alleine die Schweizer Medizinproduktehersteller erwirtschaften mehr als 90 Prozent ihrer Umsätze über Exporte (Exportvolumen 2017: 11,3 Mrd. CHF), davon geht rund die Hälfte in die EU.

Öffentliches Beschaffungswesen Das Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen 37 weitet den Anwendungsbereich des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen aus.

Damit erhalten Unternehmen aus der
Schweiz und aus der EU Zugang zu zusätzlichen Beschaffungsmärkten (wie bspw. Beschaffungen von Gemeinden oder in den Sektoren Schienenverkehr und Energieversorgung). Angesichts der umfangreichen öffentlichen Beschaffungsmärkte in der EU eröffnet dieser zusätzliche Marktzugang Chancen für die Exportindustrie sowie für den Dienstleistungssektor bzw. neue Perspektiven zur Schaffung oder zum Erhalt von Wirtschaftstätigkeit und Arbeitsplätzen in der Schweiz.

36

37

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, SR 0.946.526.81.

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens, SR 0.172.052.68.

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Forschung Das Forschungsabkommen38 legte für die Schweiz die Grundlage für eine vollständige Beteiligung an den Forschungsrahmenprogrammen der EU39. Dieses Abkommen ist für den Forschungsplatz Schweiz und, indirekt, für die Schweizer Wirtschaft von Bedeutung, indem es zur Sicherung der internationalen Exzellenz des öffentlichen Forschungsstandortes Schweiz wesentlich beiträgt.

Luft-und Landverkehr Die beiden Abkommen über den Luft- und den Landverkehr40 eröffnen für Schweizer Unternehmen neue Geschäftsmöglichkeiten in vorher geschlossenen Märkten.

Schweizer Anbieter in diesen Sektoren können dank den Verkehrsabkommen leichter auf dem europäischen Markt tätig werden und dadurch potenzielle Grössenvorteile (sog. Skaleneffekte) nutzen. Die Abkommen über den Luft- und den Landverkehr führen zu einer verbesserten Verkehrsanbindung, einer erhöhten Effizienz im Gütertransport und einem vereinfachten Zugang für Schweizer Entwicklungs- und Herstellerbetriebe. Ebenso ist eine gute Vernetzung in das europäische Verkehrsund Transportnetz eine wichtige Voraussetzung für einen attraktiven Standort Schweiz. Zusätzlich hat das Landverkehrsabkommen mit der EU die Schweizer Verlagerungspolitik (von der Strasse auf die Schiene) im Alpentransit vertraglich abgesichert.

Landwirtschaft Das Landwirtschaftsabkommen41 erleichtert den Handel mit Agrarprodukten zwischen der Schweiz und der EU. Für ausgewählte Produkte schafft es Handelshemmnisse ab, seien es tarifäre (bspw. Käsefreihandel) oder nichttarifäre (bspw. gegenseitige Anerkennung von Produktevorschriften). In tarifärer Hinsicht sieht es die vollständige Liberalisierung des Käsemarkts sowie gegenseitige Zollkonzessionen in mehreren Sektoren vor (z. B. Früchte und Gemüse, Gartenbau und Fleischspezialitäten). In nichttarifärer Hinsicht werden bestimmte technische Vorschriften in den Bereichen Pflanzengesundheit, Futtermittel, Saatgut, biologische Landwirtschaft, Wein und Spirituosen sowie die Qualitätsnormen für Früchte und Gemüse als gleichwertig anerkannt. Der als «Veterinärabkommen» bezeichnete Anhang 11 be38

39

40

41

Abkommen vom 25. Juni 2007 über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft andererseits, SR 0.420.513.1.

Seit dem 1. Januar 2017 ist die Schweiz an das 8. FRP, «Horizon 2020», vollassoziiert, nachdem sie im Anschluss an die Annahme der Initiative «Gegen Masseneinwanderung» vorübergehend nur als teilassoziiertes Land daran teilnehmen konnte. Die Vollassoziierung an die EU-Forschungsrahmenprogramme ermöglicht Forschungs- und Innovationsakteuren in der Schweiz den Einbezug in internationale Netzwerke und die Teilnahme am europäischen Wettbewerb um Fördermittel.

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr, SR 0.748.127.192.68; Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse, SR 0.740.72.

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, SR 0.916.026.81.

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gründet im Übrigen einen gemeinsamen Veterinärraum zwischen der Schweiz und der EU, der die Aufhebung der gegenseitigen veterinärrechtlichen Grenzkontrollen zwischen den Parteien erlaubt. Schliesslich schützt das Agrarabkommen eine Liste von Bezeichnungen für Lebensmittel und Landwirtschaftsprodukte (GUB/AOP und GGA/IGP) im Gebiet der Schweiz und der EU. Es verschafft der Schweiz neue Exportchancen mit ihrer wichtigsten Handelspartnerin: 2017 gingen rund 58 Prozent der Schweizer Agrarexporte in einem Wert von 5,6 Milliarden Franken in die EUMitgliedstaaten, rund 74 Prozent der Agrarimporte stammten aus der EU. Gleichzeitig wird für Produktionsbereiche wie beispielsweise Getreide, Milch oder Fleisch, die für die Schweizer Landwirtschaft sensibel sind, ein bedeutender Schutz an der Grenze beibehalten.

Wirtschaftliche Folgen eines Wegfalls der Bilateralen I Ein mit möglichst tiefem Aufwand verbundener Zugang zum grossen Europäischen Binnenmarkt ist für die Schweiz von zentraler Bedeutung. Er wurde mit den 2002 in Kraft getretenen Bilateralen I stark erleichtert. Damit wurden zwischen der Schweiz und der EU in verschiedenen Bereichen binnenmarktähnliche Verhältnisse geschaffen.

Der Bericht des SECO «Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I» aus dem Jahr 2015 zeigt auf, dass ein Wegfall der Bilateralen I bedeutende negative Auswirkungen auf die Schweizer Volkswirtschaft hätte. Die Simulation zeigt, dass bei einem Wegfall der Bilateralen I im Jahr 2017 das BIP der Schweiz im Jahr 2035 rund 5­7 Prozent tiefer liegen würde als im Szenario mit den Bilateralen I. Der Wegfall der Bilateralen I würde die Schweiz in weniger als 20 Jahren fast ein gesamtes heutiges Jahreseinkommen, d. h. 460­630 Milliarden Franken, kosten.

Ein Wegfall der Bilateralen I hätte einschneidende Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zur Folge. Dabei konnten die Auswirkungen auf die Standortattraktivität der Schweiz und auf die Rechtssicherheit aufgrund methodischer Herausforderungen nur teilweise von der Quantifizierung erfasst werden.

Insofern ist davon auszugehen, dass die wirtschaftlichen Konsequenzen eines Wegfalls der Bilateralen I die ausgewiesenen Resultate der Schätzungen übersteigen würden.

4.2.3

Gefährdung der Bilateralen II

Zusätzlich zu den direkt betroffenen Abkommen besteht die Möglichkeit und damit das Risiko, dass die EU weitere Abkommen mit der Schweiz, die sie als mit dem FZA verbunden erachtet, ebenfalls in Frage stellt: Betroffen könnten insbesondere die Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommen sein (SAA42 und DAA43), aber auch andere Abkommen44.

42 43 44

SR 0.362.31 SR 0.142.392.68 Z. B. Abkommen zu Europe creative, Erasmus und Jugend oder Horizon Europe.

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Das SAA und das DAA sind formell nicht mit dem FZA verknüpft (keine «Guillotine-Klausel»). Eine Kündigung des FZA würde daher nicht automatisch zu deren Beendigung führen. Es besteht aber dennoch das Risiko, dass die EU im Falle einer Kündigung des FZA die beiden Abkommen in Frage stellt. Einerseits sind sie zwei wesentliche Elemente des bilateralen Wegs, anderseits stellte die Personenfreizügigkeit bei den Verhandlungen zur Schengen/Dublin-Assoziierung aus Sicht der EU eine Grundlage für die Assoziierung der Schweiz an den Schengen-Besitzstand dar.

Das SAA und das DAA ergänzen das FZA, indem sie den Reiseverkehr im Schengen-Raum erleichtern. Aufgrund der gegenseitigen Verknüpfung zwischen SAA und DAA würde eine Kündigung des SAA auch die Beendigung des DAA und oder umgekehrt, bedeuten (Art. 14 Abs. 2 DAA; Art. 15 Abs. 4 SAA).

Wirtschaftliche Konsequenzen eines Wegfalls der Bilateralen II Die Schengener Zusammenarbeit trägt zusätzlich zur erleichterten Mobilität unter der Personenfreizügigkeit bei, indem sie Binnengrenzkontrollen aufhebt und die europäischen Aussengrenzen stärker sichert. Dies erleichtert den Reiseverkehr, und die Tourismusbranche profitiert von der einheitlichen Visumspolitik, da Reisende für die Schweiz kein separates Visum mehr beantragen müssen.

Die Schengener Zusammenarbeit schafft auch einen gemeinsamen europäischen Fahndungsraum, was für die Strafverfolgung heute unabdingbar ist. Im Schengener Informationssystem sind in der Schweiz und im Ausland pro Jahr über 15 000 Fahndungstreffer zu verzeichnen. Die Dublin-Zusammenarbeit ist für die Schweizer Asylpolitik zentral. Sie stellt sicher, dass ein Asylgesuch nur von einem Staat im Dublin-Raum geprüft wird, und verhindert so, dass Asylsuchende von Staat zu Staat geschoben werden oder nach Ablehnung ihres Gesuchs in einem anderen DublinStaat erneut ein Gesuch einreichen. Dies würde den Verwaltungsaufwand erhöhen und zu einer Zunahme der Asylgesuche führen.

Die Schweiz profitiert volkswirtschaftlich und finanziell von den Bilateralen II. In seinem Bericht in Erfüllung des Postulats 15.389645 hat der Bundesrat Anfang 2018 die volkswirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Schengen/DublinAssoziierung der Schweiz dargelegt: Ein Wegfall der Zusammenarbeit Schengen/ Dublin würde die öffentliche Hand netto mit bis zu 220
Millionen Franken pro Jahr belasten. Die entstehenden Sicherheitslücken könnten auch mit zusätzlichen Investitionen nicht wettgemacht werden. Insgesamt würde ein Wegfall von Schengen/ Dublin für die Schweizer Volkswirtschaft zu einem jährlichen Einkommensverlust von bis zu 11 Milliarden Franken führen.

45

Der Bericht ist zu finden unter www.parlament.ch > 15.3896 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

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4.2.4

Auswirkungen auf weitere Abkommen

Die Schweiz ist Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (European Free Trade Association, EFTA). Die Initiative verlangt explizit den Wegfall resp. die Kündigung des FZA. Die Kündigung der EFTA-Konvention46 wird im Initiativtext hingegen nicht gefordert. Bei einer Kündigung des FZA ist eine unveränderte Weiterführung der EFTA-Konvention nicht möglich, weil sie grundsätzlich auf den bilateralen Verträgen der Schweiz mit der EU aufbaut. Die Zuwanderung aus den EFTA-Staaten in die Schweiz ist gering: Im Jahr 2018 betrug sie gesamthaft lediglich 385 Personen, was rund 0,3 Prozent der gesamten Zuwanderung entspricht.

Selbst ein Weiterbestehen der EFTA-Konvention könnte den Fachkräftepool der EU somit bei Weitem nicht kompensieren.

Im Rahmenvertrag vom 3. Dezember 2008 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich des Visumsverfahrens, der Einreise und des Aufenthalts sowie über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum47 wird in Artikel 6 die Gewährung der Personenfreizügigkeit festgehalten. Die Annahme der Initiative hätte somit auch Auswirkungen auf die Regelungen der Schweiz mit dem Fürstentum Liechtenstein.

Gegenüber den Mitgliedstaaten der World Trade Organisation (WTO) wird grundsätzlich keine Personenfreizügigkeit gewährt. Das General Agreement on Trade in Services (GATS) ist grundsätzlich auf alle hauptsächlichen Dienstleistungssektoren und Erscheinungsformen des internationalen Handels mit Dienstleistungen anwendbar. Bei hochqualifizierten Kadern und Spezialisten, welche durch ausländische Unternehmen zeitlich befristet in die Schweiz transferiert werden, sieht das GATS Erleichterungen vor, wobei diese unter dem Vorbehalt von Höchstzahlen stehen.

Eine gewisse Anzahl Freihandelsabkommen, welche die Schweiz mit Staaten von ausserhalb der EU/EFTA abgeschlossen hat, sieht vor, dass Höchstzahlen bei ausgeschöpften Kontingenten diesen Kader- und Spezialistentransfers nicht entgegengehalten werden können. Der Personenkreis, der von dieser Regelung profitieren kann, ist aber eng begrenzt und fällt daher zahlenmässig insgesamt wenig ins Gewicht. Die Annahme der Initiative hätte insofern keine Auswirkungen auf diesen Bereich.

4.2.5

Umsetzung der Initiative

Die Begrenzungsinitiative legt den ersten Handlungsschwerpunkt auf Verhandlungen mit der EU zur Ausserkraftsetzung des FZA und auf die Kündigung des FZA für den Fall, dass diese Verhandlungen scheitern (Art. 197 Ziff. 12 E-BV). Ferner verlangt sie die eigenständige Regelung der Zuwanderung sämtlicher Ausländerinnen und Ausländer ­ und damit auch der EU/EFTA-Staatsangehörigen ­ nach den Vorgaben des neuen Artikels 121b E-BV. Das AIG würde neu auch für die EU/EFTA-Staatsangehörigen zur Grundlage für ihre ausländerrechtliche Regelung.

Vor diesem Hintergrund der heute für Drittstaatsangehörige geltenden AIG-Rege46 47

Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation; SR 0.632.31.

SR 0.360.514.2

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lung würde dies für EU/EFTA-Staatsangehörige namentlich Folgendes bedeuten: Eine Begrenzung der Zuwanderung in Form von Höchstzahlen (Art. 20 AIG), ein Vorrang der inländischen Arbeitskräfte (Art. 21 AIG) sowie eine Beschränkung der Zulassung auf qualifizierte Arbeitskräfte (Art. 23 AIG).

Die Initiative verlangt jedoch explizit, dass eine Ausserkraftsetzung des FZA im gegenseitigen Einverständnis mit der EU durch Verhandlungen erreicht werden soll.

Falls dies gelingen sollte, käme die Guillotine-Klausel (Art. 25 Abs. 4 FZA) nicht zur Anwendung, da keine einseitige Kündigung vorliegen würde.

Die Initiative äussert sich nicht dazu, ob und allenfalls in welcher Weise die Bilateralen I im Falle einer einseitigen Kündigung des FZA durch die Schweiz gesichert werden sollen. In Bezug auf diese Frage sind grundsätzlich zwei Szenarien denkbar: Einerseits könnte die Schweiz versuchen, die Guillotine-Klausel auf dem Verhandlungsweg ausser Kraft zu setzen. Allerdings stellte die Guillotine-Klausel im FZA eine zwingende Bedingung der EU für den Zugang zum Binnenmarkt im Rahmen der Bilateralen I dar. Die Schweiz hat auch im Rahmen der Verhandlungen betreffend das institutionelle Abkommen die Guillotine-Klausel der Bilateralen I erfolglos aufzuheben versucht. Diese Forderung wurde seitens der EU kategorisch abgelehnt.

Andererseits könnte die Schweiz im Rahmen von allfälligen Verhandlungen zur «Ausserkraftsetzung des FZA» Neuverhandlungen der Bilateralen I anstreben. Wie die Erfahrungen im Rahmen der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative gezeigt haben, ist es unrealistisch, dass die EU ein Verhandlungsmandat für diese beiden Ziele (Ausserkraftsetzung des FZA oder Neuverhandlung der Bilateralen I) verabschieden würde. Die Personenfreizügigkeit ist für die EU weiterhin eine Grundvoraussetzung für den Zugang zum Binnenmarkt (sog. «4 Grundfreiheiten»).

Das haben auch die Brexit-Verhandlungen gezeigt. Zudem wäre die in der Initiative vorgegebene 12-monatige Frist für den Abschluss der Verhandlungen kaum genügend: Der Verhandlungsprozess zu den Bilateralen I hat insgesamt fünf Jahre gedauert. Auch die Verhandlungen im Zusammenhang mit dem Brexit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich verdeutlichen diese zeitliche Problematik.

Für die Schweiz würde ­ aufgrund der in der Initiative und im FZA vorgesehenen
sehr kurzen Verhandlungs- und Kündigungsfrist ­ daher die reale Gefahr eines vertragslosen Zustands bestehen. Das FZA sowie die übrigen Abkommen der Bilateralen I würden bereits sechs Monate nach Erhalt der Notifikation über die Kündigung automatisch ausser Kraft treten, höchstwahrscheinlich ohne dass Nachfolgeregelungen mit der EU in den für die Schweiz wichtigen Bereichen vorliegen würden.

4.2.6

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Kosten, die durch einen Wegfall des FZA, der übrigen Abkommen der Bilateralen I und der Bilateralen II verursacht würden, sind in den Ziffern 4.2.1, 4.2.2 und 4.2.3 dargestellt. Sie gehen weit über die mit einem solchen Wegfall entstehenden zusätzlichen Kosten für die Rekrutierung von Arbeitskräften hinaus.

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Eine Studie zur Messung der Kosten der Regulierung der Personalrekrutierung48 hat bezüglich Kosten für die Unternehmen aufgezeigt, dass im Jahr 2011 für die stark regulierte und quantitativ beschränkte Zulassung von Drittstaatsangehörigen zum Schweizer Arbeitsmarkt insgesamt Kosten von 9,7 Millionen Franken anfielen.49 Einen grossen Anteil machen dabei die personellen Kosten in den Unternehmen unter anderem für die Abwicklung der Bürokratie aus.

4.2.7

Inkrafttreten und Übergangsrecht

Die teilweise revidierte Bundesverfassung tritt laut Artikel 195 BV in Kraft, wenn sie von Volk und Ständen angenommen ist. Dementsprechend würde unmittelbar nach Annahme der Initiative der in Artikel 197 Ziffer 12 Absatz 1 E-BV verankerte und 12 Monate dauernde Verhandlungsauftrag zur Ausserkraftsetzung des FZA ausgelöst. Falls dies nicht gelingt, muss der Bundesrat das FZA innert weiteren 30 Tagen kündigen (Art. 197 Ziff. 12 Abs. 2 E-BV). Das FZA sowie die übrigen sechs Abkommen der Bilateralen I treten gemäss Artikel 25 Absatz 4 FZA sechs Monate nach Erhalt der Notifikation über die Kündigung ausser Kraft.50

4.3

Mängel der Initiative

Die Initiative verlangt eine eigenständige Regelung der Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern in die Schweiz ohne Personenfreizügigkeit. Der Bundesrat anerkennt, dass die Zuwanderung aus dem EU/EFTA-Raum mit Herausforderungen verbunden ist und begegnet ihnen mit diversen Massnahmen, welche in Kapitel 6 detailliert aufgeführt sind. Aufgrund der rechtlichen Verknüpfung des FZA mit den übrigen sechs Abkommen der Bilateralen I hätte eine Kündigung desselben den automatschen Wegfall der Bilateralen I zur Folge.

Wie in den Ziffern 4.2.1, 4.2.2 und 4.2.3 aufgezeigt wurde haben das FZA und die übrigen Bilateralen Verträge eine hohe Bedeutung für die Schweiz. Allein durch den Wegfall des FZA würde das BIP in weniger als 20 Jahren im Vergleich zum Basisszenario zwischen 3,0 Prozent und 4,5 Prozent tiefer liegen. Bei einem Wegfall der Bilateralen I würde das BIP der Schweiz gar rund 5­7 Prozent tiefer liegen. Die Initiative stellt den bilateralen Weg grundlegend infrage. Das Volk hat den bilateralen Weg jedoch in verschiedenen Abstimmungen bestätigt und unterstützt.

Die Pflege der Beziehungen zur EU und insbesondere zu den Nachbarstaaten ist denn auch einer der vier Schwerpunkte der aussenpolitischen Strategie der Schweiz 2016­2019.

48 49

50

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) (2013), S. 31 ff.

Für eine Anstellung eines EU/EFTA-Staatsangehörigen im Stellenantritt resultieren einem Schweizer Unternehmen weniger als 30 CHF pro Fall. Für die Anstellung eines Drittstaatsangehörigen (arbeitsmarktliche Prüfung und Kontingentierung) fallen die Kosten um ein Mehrfaches höher aus (600­900 CHF für eine Erstbewilligung).

Für den Forschungsbereich gilt heute das Abkommen SR 0.424.11; vgl. Anfang von Ziff. 4.2.2. In Art. 13 Abs. 4 des besagten Abkommens wird die Verbindung zum FZA bzw. dessen Kündigung gemacht.

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Demografische Entwicklung, Digitalisierung, Strukturwandel und Zuwanderung

Die Zuwanderung im Rahmen des FZA ist stark auf den Arbeitsmarkt konzentriert und hat damit in der Vergangenheit massgeblich zur Erhöhung der Erwerbsbevölkerung und zur Entschärfung des Fachkräftemangels beigetragen (vgl. Ziff. 2.3.1). Mit einem Wegfall des FZA würde der Fachkräftemangel folglich bedeutend verschärft.

Auch unter Berücksichtigung des demografischen Wandels in den westlichen Staaten stellt die EU/EFTA weiterhin den grössten Fachkräftepool für die Schweiz dar.

Wegen der fortschreitenden Digitalisierung sowie der Abnahme des Anteils der Personen im Erwerbsalter wird der Bedarf der Schweiz an gut qualifizierten ausländischen Fachkräften ergänzend zur Höherqualifizierung der ansässigen Erwerbsbevölkerung weiterhin wachsen. Eine komplementäre Zuwanderung hilft, Lücken bei den benötigten Fachkräften, die auf dem Schweizer Arbeitsmarkt nicht ausreichend vorhanden sind, zu schliessen, und den Anteil der Erwerbsbevölkerung an der gesamten Bevölkerung zu erhöhen. Damit die Schweiz dem Strukturwandel, insbesondere infolge der Digitalisierung, sowie dem demografischen Wandel auch in Zukunft erfolgreich entgegentreten kann, ist deshalb entscheidend, dass der Arbeitsmarkt weiterhin mit hochqualifizierten Personen aus dem unmittelbaren Ausland versorgt werden kann. Die vorliegende Initiative läuft diesem Bedürfnis zuwider.

5.1

Auswirkungen des demografischen Wandels

Die Schweizer Bevölkerung wird in den kommenden Jahren unabhängig von der Zuwanderung deutlich altern: Gemäss mittlerem Szenario des Bundesamts für Statistik (BFS) (2015) wird sich die Bevölkerungsgruppe der 65-Jährigen und Älteren von 1,5 Millionen Personen (Jahr 2015) auf 2,2 Millionen im Jahr 2030 und auf 2,7 Millionen im Jahr 2045 erhöhen. Demgegenüber wird die 20- bis 64-jährige Bevölkerung im gleichen Zeitraum deutlich langsamer von 5,2 Millionen Personen (2015) auf 5,5 Millionen (2030) und auf 5,6 Millionen (2045) zunehmen, und auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 20 Jahren dürfte von 1,7 Millionen im Jahr 2015 nur leicht auf 1,9 Millionen (2030 und 2045) anwachsen. Ursachen dieser Alterung der Bevölkerung in den nächsten 30 Jahren sind zum einen der Rückgang der Geburtenzahlen in den vergangenen Jahrzehnten, zum anderen die geburtenstarken Jahrgänge («Babyboom-Generation»), die zwischen 1950 und 1970 in der Schweiz geboren oder in die Schweiz eingewandert sind und das Rentenalter bereits erreicht haben oder in den kommenden Jahren erreichen werden. Durch die fortlaufende Erhöhung der Lebenserwartung, die dazu führt, dass ein grösserer Anteil Personen ein hohes Alter erreicht, verstärkt sich die Bevölkerungsalterung zusätzlich. Aufgrund der auf einem tiefen Niveau stagnierenden Geburtenhäufigkeit und der fortlaufend sinkenden Sterblichkeitsraten nach 2045 wird der Anteil der älteren Personen auch dann noch hoch bleiben, wenn die Babyboom-Generation in über 50 Jahren nicht mehr lebt, d. h. es findet eine demografische Strukturveränderung statt. Aufgrund des beschriebenen demografischen Wandels nimmt der Anteil der Personen im typischen Erwerbsalter an der Gesamtbevölkerung stetig ab: 2015 lag

5059

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der Anteil der 20- bis 64-Jährigen am Total der Bevölkerung bei 62 Prozent, 2030 dürfte er noch 58 Prozent und 2045 nur noch 55 Prozent betragen. 51 Die schrumpfende Erwerbsbevölkerung stellt auch künftig eine Herausforderung für die Schweiz dar. Der demografische Wandel in der Schweiz wird zurzeit durch die Zuwanderung ­ in erster Linie aus den EU-/EFTA-Staaten ­ abgefedert. Es ist jedoch zu bedenken, dass auch in den Staaten der EU-/EFTA eine Veränderung der Bevölkerungsstruktur erfolgt und sich eine Rekrutierung aus diesen Staaten zunehmend schwieriger gestalten dürfte. Die Szenarien von Eurostat52 zeigen auf, dass die Bevölkerung der EU im Jahr 2080 voraussichtlich etwas höher sein wird als im Jahr 2016, jedoch wird der Anteil der Personen im erwerbsfähigen Alter deutlich abnehmen. Im Jahr 2016 gab es mehr als drei Personen im erwerbsfähigen Alter pro älteren Menschen, bis 2080 wird dieses Verhältnis voraussichtlich weniger als 2:1 betragen.

Erste Ergebnisse eines noch laufenden Forschungsprojekts des Schweizerischen Nationalfonds bestätigen, dass der demografische Wandel den Fachkräftemangel in der Schweiz verschärft und dass davon nicht alle Branchen gleichermassen betroffen sind: Insbesondere im Gesundheitswesen, in der IT-Branche und in den klassischen Handwerksberufen des Baugewerbes dürfte sich der Fachkräftemangel erheblich verstärken.53 Die Zuwanderung war in den letzten Jahrzehnten stets eine bedeutende Determinante des Bevölkerungswachstums in der Schweiz. Während der 15 Jahre, die dem Inkrafttreten der Personenfreizügigkeit vorangingen (1987­2001), generierte die Nettozuwanderung ein jährliches durchschnittliches Bevölkerungswachstum von 0,4 Prozent. Das natürliche Bevölkerungswachstum (Geburtenüberschuss) belief sich im selben Zeitraum auf 0,3 Prozent pro Jahr. Insgesamt resultierte daraus ein Bevölkerungswachstum von 0,7 Prozent pro Jahr. Während der 15 Jahre unter der Personenfreizügigkeit (2002­2016) erhöhte sich das Bevölkerungswachstum auf durchschnittlich 1,0 Prozent pro Jahr. Stärker noch als in den Jahren davor stand dahinter eine kräftige Nettozuwanderung. Die hohen Wanderungsüberschüsse induzierten im Durchschnitt ein Bevölkerungswachstum von 0,8 Prozent pro Jahr. Das natürliche Bevölkerungswachstum hat sich im selben Zeitraum verlangsamt.

Die Altersstruktur der ständigen
ausländischen Wohnbevölkerung unterscheidet sich grundlegend von derjenigen der Schweizerinnen und Schweizer. Bei den Letzteren wird das Bild von den geburtenstarken Jahrgängen der Babyboomer-Generation geprägt. Bevölkerungsstärkste Gruppe sind heute Personen im Alter um die 50; die nachrückenden Generationen sind deutlich weniger stark besetzt. Zuwanderer sind demgegenüber in den Altersgruppen zwischen 30 und 40 Jahren stark überproportional vertreten; in der älteren Bevölkerung sind sie hingegen deutlich unterrepräsentiert.

Gemäss Bevölkerungsszenarien des BFS (2015) wird die Höhe des Bevölkerungswachstums und die Zunahme der Erwerbsbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten fast ausschliesslich vom Ausmass der Wanderungsbewegungen in diesem Zeitraum 51 52 53

Bundesamt für Statistik (2015).

Eurostat (2017).

Wunsch, Conny et al. (2019).

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bestimmt. Die Zuwanderung im Rahmen des FZA ist stark auf den Arbeitsmarkt fokussiert und hat bisher zu einer Erhöhung der Schweizer Erwerbsbevölkerung und damit zu einer Entspannung beim Fachkräftemangel geführt. Ein Wegfall des FZA würde die Möglichkeit der Schweizer Wirtschaft, ergänzend zum inländischen Potenzial auf einen Fachkräftepool im Ausland zurückgreifen zu können, massiv erschweren und die negativen Auswirkungen des demografischen Wandels für den Arbeitsmarkt in der Schweiz deutlich verschärfen.

5.2

Auswirkungen von Digitalisierung und Strukturwandel auf den Schweizer Arbeitsmarkt

Die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung stellen eine Chance, aber auch eine Herausforderung für Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar. Die Schweizer Wirtschaft ist zunehmend auf gut qualifizierte Personen angewiesen und hat diese in der Vergangenheit ergänzend auch im Ausland rekrutiert. Andererseits ist beim Anteil der Berufe mit mittlerem Anforderungsprofil ein Rückgang zu beobachten; der Anteil der Berufe mit tiefen Qualifikationsprofilen stagniert.

Eine Studie aus dem Jahr 201754 zeigt auf, wie sich der Strukturwandel in den vergangenen 20 Jahren auf die verschiedenen Bereiche des Arbeitsmarkts in der Schweiz ausgewirkt hat.

Zwischen 1996 und 2015 ist die Beschäftigung in der Schweiz um 19 Prozent gestiegen, von 3,3 auf knapp 4 Millionen Vollzeitäquivalente. Das Wachstum ist dabei ausschliesslich auf den Dienstleistungssektor zurückzuführen. Der Industriesektor konnte seine Beschäftigung absolut halten, während die Beschäftigung im Primärsektor um 30 Prozent zurückging. In der Schweiz hat somit der für alle OECDLänder charakteristische Strukturwandel zur Dienstleistungsgesellschaft weiter angehalten.

Bei den Berufen nahmen Führungstätigkeiten, akademische und qualifizierte nichtakademische Berufe stark zu. Der Rückgang von Büroarbeiten dürfte eine direkte Folge von Computerisierung und Digitalisierung darstellen. Hinsichtlich der Anforderungsniveaus der Berufe ergibt sich eine starke Verschiebung von Berufen mit mittleren Anforderungen zu Berufen mit hohen Anforderungen, während der Anteil von Berufen mit geringen Anforderungen stagnierte. Die Entwicklung in der Schweiz ähnelt damit derjenigen in den nord- und westeuropäischen Ländern, mit dem Unterschied, dass der Beschäftigungsanteil von Berufen mit geringen Anforderungen in der Schweiz nicht gestiegen ist, während er in den Vergleichsländern leicht zugenommen hat. Damit ist die Entwicklung in der Schweiz eher durch eine Erhöhung der Qualifikationsanforderungen und Kompetenzen (sog. Upskilling) gekennzeichnet als durch eine Polarisierung.

Die Veränderung der Berufe und Tätigkeiten bringen höhere Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten (im Sinne des Bildungsabschlusses) mit sich. Analysen der Veränderungen bei der Qualifikationsstruktur zeigen, dass diese mit den 54

Rütter Soceco (2017).

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höheren Anforderungen Schritt gehalten hat, indem sie sich stark zu hochqualifizierten Beschäftigten verlagert hat. Lag deren Anteil 1996 noch bei 22 Prozent, so stieg er bis 2015 auf 38 Prozent. Im Gegenzug fielen der Anteil mittel Qualifizierter von 61 Prozent auf 49 Prozent und der von gering Qualifizierten von 17 Prozent auf 13 Prozent. Diese Tendenz zeigt sich auch für fast alle Branchen.

Analysen zeigen auch, dass sich das Schweizer Bildungssystem in einer guten Ausgangslage befindet, den aktuellen und erwarteten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt gerecht zu werden. Jedoch gab es in den letzten Jahren nicht genügend inländische Fachkräfte, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Deswegen spielte die Zuwanderung ­ ergänzend zur Höherqualifizierung der ansässigen Erwerbsbevölkerung ­ in der Schweiz eine sehr wichtige Rolle, um die wachsende Nachfrage nach hoch qualifizierten und teilweise sehr spezialisierten Arbeitskräften befriedigen zu können. Dank dem FZA waren Schweizer Unternehmen in den letzten Jahren in der Lage, Fachkräfte, die im Inland zu knapp verfügbar waren, im Ausland zu rekrutieren. Die im Rahmen des FZA zugewanderten Personen verfügten mehrheitlich über gute Qualifikationen, was den Strukturwandel der Schweizer Wirtschaft zu Tätigkeiten mit hoher Wertschöpfung mit begünstigt hat. Die künftige Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt hängt entscheidend davon ab, wie gut es unter anderem mittels gezielter Massnahmen gelingen wird, die Aneignung zukünftig benötigter Kompetenzen bei der inländischen Erwerbsbevölkerung zu fördern. Zudem wird es eine wichtige Rolle spielen, wie gut es gelingt, für Bereiche mit besonders hohem Bedarf weiterhin hochqualifizierte Personen in die Schweiz zu holen. Hier ist zudem zu berücksichtigen, dass insbesondere die westlichen Staaten in Bezug auf den demografischen Wandel mit einer ähnlichen Entwicklung wie die Schweiz konfrontiert sind, was die Rekrutierung von Fachkräften aus diesen Staaten zunehmend erschwert.

5.3

Aktuelle Massnahmen im Zusammenhang mit Digitalisierung und Strukturwandel

Die Digitalisierung hat einen wesentlichen Einfluss auf den Strukturwandel und das Wirtschaftswachstum. Gerade für ein ressourcenarmes Land wie die Schweiz ist es wichtig, die Chancen, die sich durch die Digitalisierung ergeben, bestmöglich zu nutzen. Um Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern, muss die Schweizer Volkswirtschaft gut für die bestehenden und kommenden Herausforderungen positioniert sein.

Der Bundesrat hat sich in der jüngeren Vergangenheit vertieft mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Schweizer Volkswirtschaft auseinandergesetzt. Zu erwähnen sind der Bericht vom 11. Januar 2017 über die zentralen Rahmenbedingungen der digitalen Wirtschaft, der Bericht vom 8. November 2017 über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigung und Arbeitsbedingungen oder der Ergebnisbericht der Umfrage «Digitaler Test» vom 29. August 2018, einer Überprüfung regulatorischer Hindernisse für die Digitalisierung.55 Die Berichte kommen zum Schluss, dass sich die Schweiz in einer guten Ausgangslage befindet, um von 55

Diese Berichte sind zu finden unter www.seco.admin.ch > Wirtschaftslage & Wirtschaftspolitik > Digitalisierung.

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der Digitalisierung zu profitieren. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Digitalisierung ­ wie der bisherige technologische Fortschritt ­ zu neuen Beschäftigungsmöglichkeiten und einem gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungsanstieg führen wird.

Damit die Schweiz die Chancen der Digitalisierung für die Beschäftigung bestmöglich nutzen kann, sollen die Voraussetzungen weiter verbessert werden. Zwei Ziele stehen dabei im Fokus: Erstens soll die Bildung noch stärker auf die in der digitalen Wirtschaft benötigten Kompetenzen und Kenntnisse ausgerichtet werden. Zweitens muss der Schweizer Arbeitsmarkt weiterhin die für die Nutzung der digitalen Transformation notwendige Flexibilität aufweisen. Gleichzeitig muss die Absicherung sozialer Risiken gewährleistet bleiben.

Der Bundesrat hat am 8. November 2017 folgende Massnahmen beschlossen: Weiterentwicklung Sozialversicherungsrecht Das EDI wurde beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem WBF, EJPD und dem EFD bis Ende 2019 einen Bericht vorzulegen, in dem eine Flexibilisierung im Bereich des Sozialversicherungsrechts geprüft wird und konkrete Optionen aufgezeigt werden.

Ziel einer allfälligen Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens ist es, die Stärken der bestehenden Praxis der Qualifikation als selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit beizubehalten und zugleich die Rahmenbedingungen für die Entstehung innovativer Geschäftsmodelle zu verbessern. Dabei ist aufzuzeigen, wie Prekarisierungsrisiken und Risiken der Lastenverschiebung auf die Allgemeinheit und den Bundeshaushalt vermieden werden können. Der Bericht wird auch die Postulate 17.4087 FDP-Liberale Fraktion («Digitalisierung. Ein neuer Status für den Arbeitsmarkt?») und 18.3936 Bruderer Wyss («Plattformunternehmen und Gig Economy. Bessere Absicherung von selbstständig Erwerbstätigen») erfüllen.

Weiterentwicklung der Bildung Es ist zentral, die Ausbildung an die sich im Zuge der digitalen Transformation verändernden Anforderungen anzupassen. Dies einerseits, indem vom Arbeitsmarkt nachgefragte Kompetenzen ­ etwa im Bereich Digitalisierung ­ vermittelt werden.

Andererseits gilt es aber vor dem Hintergrund des Strukturwandels auch, das Bildungssystem so auszugestalten, dass Personen, die sich aufgrund von Strukturveränderungen in Zusammenhang mit der Digitalisierung in ein anderes Berufsfeld
umqualifizieren müssen, dies möglichst effizient tun können. Im Rahmen der Stossrichtungen «Ausrichtung der Berufsbildung auf das lebenslange Lernen» sowie «Flexibilisierung der Bildungsangebote» der Strategie Berufsbildung 2030 wird darauf hingearbeitet, die Berufsbildung für Erwachsene zugänglicher und attraktiver zu gestalten.

Das WBF hat 2017 die Herausforderungen der Digitalisierung für Bildung und Forschung in der Schweiz untersucht und den «Aktionsplan Digitalisierung im BFI-Bereich in den Jahren 2019 und 2020» erarbeitet. In acht Aktionsfeldern sind konkrete Massnahmen geplant. Im Hochschulbereich stellen sich etwa grosse Herausforderungen hinsichtlich wissenschaftlicher Informationsinfrastrukturen, der ständigen Weiterentwicklung von Lehr- und Lernformen und Lehrinhalten, der Weiterbildung von spezialisierten Fachkräften sowie der Vermittlung entsprechender 5063

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Anwendungskompetenzen mit digitalen Technologien («Digital Skills») in allen Fachbereichen. Zur Stärkung der «Digital Skills» in der Lehre fördert die Schweizerische Hochschulkonferenz (SHK) in den Jahren 2019 und 2020 Projekte der Hochschulen mittels projektgebundener Beiträge nach dem Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz vom 30. September 201156 (HFKG). In der Weiterbildung geht es darum, dass die Beschäftigten den digitalen Anforderungen der Arbeitswelt gewachsen sind. Der Bundesrat hat dazu zugunsten von geringqualifizierten und insbesondere älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf Anfang 2018 einen Förderschwerpunkt zur Unterstützung von Weiterbildungen am Arbeitsplatz im Bereich von Grundkompetenzen eingeführt. Die Digitalisierung wird ein Thema der BFI-Botschaft für die Jahre 2021­2024 sein.

Bestehende Datenlücken Angesichts der verschiedenen Ungewissheiten im Zusammenhang mit der Digitalisierung wurde beschlossen, in zwei Bereichen Datenlücken zu schliessen: Erstens hat das BFS in Zusammenarbeit mit dem SECO und dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) per 2019 ein Zusatzmodul zu den neuen Arbeitsformen für die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung SAKE entwickelt. Die Ergebnisse werden im kommenden Jahr vorliegen. Zweitens wird die Schweiz an der OECD-Erhebung über die Kompetenzen von Erwachsenen (PIAAC) 57 teilnehmen.

Monitoring Das SECO und das BSV wurden beauftragt, zusammen ein Monitoring der Auswirkungen des digitalen Wandels auf den Arbeitsmarkt durchzuführen und dem Bundesrat dazu bis Ende 2021 Bericht zu erstatten. Die Resultate des Monitorings sollen alle fünf Jahre in einem Bericht zusammengefasst werden und eine Gesamtschau ermöglichen.

Die Digitalisierung bietet Chancen für die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft.

Mit den zuvor genannten Massnahmen sollen diese Chancen optimal genutzt und die inländische Erwerbsbevölkerung unter anderem im Hinblick auf die zukünftigen Herausforderungen gefördert werden. Aufgrund der Digitalisierung und der zunehmend schrumpfenden Erwerbsbevölkerung in der Schweiz wird die Schweizer Wirtschaft auch in Zukunft auf ausländische Fachkräfte angewiesen sein. Damit das Potenzial und die Konkurrenzfähigkeit der inländischen Arbeitskräfte weiter erhöht und die soziale Sicherheit gestärkt werden kann, sind zusätzliche wirtschafts- und sozialpolitischen Massnahmen sinnvoll. Diese Massnahmen sind in Ziffer 6.2 dargestellt.

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SR 414.20 Programme for the International Assessment of Adult Competencies.

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Ausländerrechtliche, arbeitsmarktliche sowie wirtschafts- und sozialpolitische Massnahmen

Die ausländerrechtlichen und arbeitsmarktlichen Steuerungsmöglichkeiten sind im Rahmen der Personenfreizügigkeit beschränkt. Die bestehenden Instrumente im Bereich flankierender Massnahmen sowie im Ausländerbereich werden deshalb konsequent genutzt. Bereits bestehende Massnahmen sind in Ziffer 6.1 dargestellt.

Am 15. Mai 2019 hat der Bundesrat weitere wirtschafts- und sozialpolitische Massnahmen beschlossen, um die Konkurrenzfähigkeit der inländischen Arbeitskräfte zu sichern und die soziale Sicherheit zu stärken. Diese zusätzlichen Massnahmen sind in Ziffer 6.2 dargestellt.

6.1

Bereits getroffene Massnahmen

6.1.1

Massnahmen im Bereich des FZA

6.1.1.1

Schutz der Lohn- und Arbeitsbedingungen, flankierende Massnahmen

Mit der schrittweisen Einführung der Personenfreizügigkeit ging der Verzicht auf die vorgängigen Kontrollen der Einhaltung der üblichen Arbeits- und Lohnbedingungen als Voraussetzung zur Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung ab 1. Juni 2004 einher. Wegen der Befürchtung, die einheimischen Arbeitskräfte könnten verdrängt werden und die Löhne unter Druck kommen, wurden flankierende Massnahmen (FlaM) eingeführt. Deren Ziel ist es, einerseits die missbräuchliche Unterbietung der Schweizer Arbeits- und Lohnbedingungen zu verhindern und andererseits faire Wettbewerbsbedingungen für die in- und ausländischen Unternehmen zu gewährleisten.

Die FlaM umfassen heute im Wesentlichen das Entsendegesetz vom 8. Oktober 199958 (EntsG), die erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung der Gesamtarbeitsverträge gemäss dem Bundesgesetz vom 28. September 195659 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) und den Erlass von Normalarbeitsverträgen (NAV). Sie sehen eine Beobachtung des Arbeitsmarktes sowie gezielte Kontrollen der Arbeits- und Lohnbedingungen bei Schweizer Arbeitgebern, bei ausländischen Unternehmen, die Arbeitskräfte in die Schweiz entsenden, sowie bei meldepflichtigen selbstständigen Dienstleistungserbringern vor.

Die Umsetzung der FlaM wurde ferner bewusst dezentral ausgestaltet: Die kantonalen tripartiten Kommissionen beobachten den Schweizer Arbeitsmarkt und kontrollieren dazu in- und ausländische Betriebe. Stellen sie wiederholte missbräuchliche Unterbietungen der orts- und branchenüblichen Löhne fest, können sie den befristeten Erlass von Mindestlöhnen vorschlagen. In Branchen mit allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen kontrollieren die paritätischen Kommissionen inund ausländische Betriebe auf die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages hin. Dank 58 59

SR 823.20 SR 221.215.311

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dem dezentralen Aufgaben kann den spezifischen Risiken der einzelnen Regionen und Branchen in der Schweiz Rechnung getragen werden kann.

Seit der Einführung der FlaM im Jahr 2004 hat das System zahlreiche Weiterentwicklungen erfahren. So wurden sukzessive die Kontroll- und Sanktionsinstrumente (bspw. Erhöhung von Sanktionen) erweitert, um bestehende Mängel zu beheben.

Gleichzeitig wurde die Kontrollaktivität ausgebaut und der Vollzug laufend den Bedürfnissen der Praxis angepasst. In den letzten Jahren lag der Fokus hauptsächlich auf der Verbesserung der Qualität und der Wirksamkeit der Kontrolltätigkeit im Rahmen der FlaM, indem die Risikobasierung der Kontrolltätigkeit gestärkt wurde.

Heute wirkt dieses Dispositiv gezielt und effizient.

Bund, Kantone und Sozialpartner wirken dabei gemeinsam auf die Bekämpfung von Missbräuchen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt hin. Dank den gemeinsamen Bemühungen aller beteiligten Akteure werden faire Lohn- und Arbeitsbedingungen für die in- und ausländische Bevölkerung und ein fairer Wettbewerb für in- und ausländische Dienstleistungserbringer garantiert.

6.1.1.2

Aufenthaltsrechtliche Massnahmen

Zulassungsbeschränkungen im Rahmen des FZA Das FZA sieht im Rahmen der Übergangsregelung die Möglichkeit zur Anrufung einer besonderen Schutzklausel ­ der sogenannten Ventilklausel ­ vor (Art. 10 Abs. 4 FZA). Diese kann angerufen werden, wenn die Zuwanderung von Arbeitskräften in einem bestimmten Jahr das Mittel der letzten drei Jahre um mehr als 10 Prozent überschreitet. In diesem Fall kann die Zuwanderung von Arbeitskräften für die nächsten zwei Jahre auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre plus 5 Prozent beschränkt werden. Der Bundesrat hat in der Vergangenheit mehrmals von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht: Die EU-17-Staaten60 waren der Ventilklausel zwischen dem 1. Juni 2013 und dem 31. Mai 2014 unterstellt. Auch gegenüber den EU-8-Staaten61 wurde die Ventilklausel angerufen: Zwischen dem 1. Mai 2012 und dem 30. April 2014 waren ihre Aufenthaltsbewilligungen kontingentiert. Am 10. Mai 2017 hat der Bundesrat zudem entscheiden, die Ventilklausel gegenüber den EU-2-Staaten62 anzurufen. Bis am 31. Mai 2019 galten deshalb Höchstzahlen für Arbeitskräfte aus diesen Staaten.

Momentan gelten nur noch für kroatische Staatsangehörige Zugangsbeschränkungen zum Schweizer Arbeitsmarkt. Der Bundesrat hat am 7. Dezember 2018 beschlossen, die Übergangsphase der Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien bis Ende 2021 zu verlängern. Während dieser Übergangsphase gelten deshalb weiterhin besondere Bedingungen für die Zulassung zur Erwerbstätigkeit in der Schweiz.

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Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Spanien, Österreich, Portugal, Schweden und Vereinigtes Königreich, Malta und Zypern.

Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn.

AS 2017 3093

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Allgemeine Schutzklausel des FZA Gemäss Artikel 14 Absatz 2 FZA kann bei schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen der Gemischte Ausschuss auf Verlangen einer Vertragspartei zusammentreten, um geeignete Abhilfemassnahmen im Rahmen der allgemeinen Schutzklausel zu prüfen. Bis heute wurde diese allgemeine Schutzklausel des FZA noch nie angerufen.

Massnahmenpaket FZA des Bundesrates Das Massnahmenpaket FZA des Bundesrates vom 24. Februar 2010 enthält Massnahmen gegen missbräuchliche Bezüge von Sozialleistungen sowie gegen Lohnund Sozialdumping sowie Zulassungsvoraussetzungen. Die Umsetzung der Massnahmen wurde im Bericht des Bundesrates vom 22. September 2015 in Erfüllung des Postulats 13.3597 Amarelle beschrieben.63 Vollzugsverbesserungen FZA Das FZA gewährt EU-Staatsangehörigen in der Schweiz einen Rechtsanspruch, ihren Arbeitsplatz und Wohnort frei zu wählen ­ wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Das FZA bietet jedoch kein Aufenthaltsrecht, wenn ein Missbrauch vorliegt. Am 1. Juli 2018 sind deshalb Massnahmen zu den Vollzugsverbesserungen beim FZA in Kraft getreten.

Es wird bestimmt, wann EU/EFTA-Staatsangehörige bei der Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge unfreiwilliger Arbeitslosigkeit in der Schweiz ihr Aufenthaltsrecht verlieren. Der Zeitpunkt des Erlöschens des Aufenthaltsrechts von EU/EFTA-Staatsangehörigen bei einem unfreiwilligen Stellenverlust im Zusammenhang mit der Arbeitnehmereigenschaft wurde präzisiert (Art. 61a AIG): ­

Gibt eine Person mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA oder einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA ihre Erwerbstätigkeit während der ersten zwölf Monate ihres Aufenthalts in der Schweiz unfreiwillig auf, so verliert sie ihr Aufenthaltsrecht sechs Monate nach der Aufgabe der Erwerbstätigkeit oder nach Beendigung der Zahlungen der Arbeitslosenversicherung, falls diese länger als sechs Monate ausbezahlt werden. Innerhalb dieser Fristen ist sie von der Sozialhilfe ausgeschlossen.

­

Gibt eine Person mit einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA ihre Erwerbstätigkeit nach den ersten zwölf Monaten ihres Aufenthalts in der Schweiz unfreiwillig auf, behält sie ihre Arbeitnehmereigenschaft während der sechs Monate nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit oder während der sechs Monate nach Beendigung der Zahlungen der Arbeitslosenversicherung. Innerhalb dieser Fristen kann sie nicht von der Sozialhilfe ausgeschlossen werden.

Stellensuchende sowie deren Familienangehörigen werden neu explizit vom Sozialhilfebezug ausgeschlossen (Art. 29a AIG).

Mit den neu eingeführten Vollzugsverbesserungen im Rahmen des FZA sollen die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden optimiert und mögliche problematische Entwicklungen aufgefangen werden.

63

www.parlament.ch > 13.3597 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses

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6.1.2

Massnahmen im Rahmen des AIG

Das AIG regelt die Zulassung von Drittstaatsangehörigen. Es ist von der Begrenzungsinitiative nicht direkt tangiert. Mit der Revision vom 15. August 2018 64, in Kraft getreten am 1. Januar 2019, wurden die Integrationsanforderungen für Drittstaatsangehörige erhöht und Massnahmen getroffen, um insbesondere die Erwerbstätigkeit von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen zu erhöhen. Die wichtigsten Änderungen sind folgende: Anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene können nach einer Meldung an die Arbeitsmarktbehörden eine Erwerbstätigkeit, auch ausserhalb des Wohnkantons, aufnehmen.65 Konkret können anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene unmittelbar nach der Meldung die Erwerbstätigkeit aufnehmen; die Betriebe müssen nicht mehr auf eine Bewilligung warten. Das schafft einen leichteren Zugang zu einer Erwerbstätigkeit und entlastet die Arbeitgeber. Damit wird das inländische Arbeitskräftepotenzial gefördert, und Ausgaben für die Sozialhilfe werden reduziert.

Weiter sind die Integrationskriterien auf Verordnungsebene konkretisiert worden, die bei ausländerrechtlichen Entscheiden berücksichtigt werden. So sind Sprachkompetenzen festgelegt worden, die für eine Erteilung und Verlängerung einer Bewilligung gefordert sind. Dabei steigen die Anforderungen, je mehr Rechte mit einem ausländerrechtlichen Status verbunden sind. Damit ist der Anspruch und der Anreiz verbunden, eine lokale Landessprache zu erlernen und bereits bestehende Sprachkenntnisse fortlaufend zu verbessern, was die Chancen beim Zugang zu einer Ausbildung und zur Erwerbsarbeit erhöht.

Ausserdem sind die vom Parlament beschlossenen Massnahmen für Ausländerinnen und Ausländer, die ungenügend zu ihrer Integration beitragen, konkretisiert worden.

So können die zuständigen Migrationsbehörden eine Aufenthaltsbewilligung mit einer Integrationsvereinbarung verbinden und damit den betroffenen Personen aufzeigen, was von ihnen erwartet wird. Diese Integrationsvereinbarungen sind verbindlich, und deren Nichteinhaltung kann sanktioniert werden. Werden die Integrationskriterien nicht erfüllt, so kann eine Rückstufung von einer Niederlassungsbewilligung (Ausweis C) auf eine Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B) erfolgen.

Damit verfügen die zuständigen Behörden über ein Instrument, um die Integration im Bedarfsfall verbindlich einzufordern.
Mögliche zusätzliche Massnahmen im Rahmen des Postulats 17.3260 Am 8. Juni 2017 hat der Ständerat das Postulat 17.3260 der SPK-S «Kompetenzen des Bundes im Bereich der Sozialhilfe für Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten» angenommen. Für die Ausgestaltung und Ausrichtung der Sozialhilfe an ausländische Personen sind grundsätzlich die Kantone zuständig. Die Regelungsbefugnisse des Bundes in Bezug auf die Sozialhilfe im Ausländerbereich sind beschränkt. Es sind nur punktuelle Eingriffe möglich. Umfassende Kompetenzen des 64 65

AS 2018 3171 Vgl. Art. 61 Abs. 2 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG), SR 142.31, für Flüchtlinge und Art. 85a Abs. 2 AIG für vorläufig aufgenommene Personen.

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Bundes bestehen jedoch bei der Regelung des Aufenthalts, der die Voraussetzung für die Ausrichtung von Sozialhilfe durch die Kantone ist.

Im Bericht des Bundesrats zum Postulat 17.3260 werden deshalb Handlungsoptionen aufgezeigt, die in erster Linie mögliche Verschärfungen der bestehenden Regelungen sowie präventive Regelungen im Bereich des Ausländer- und Integrationsrechts sowie des Bürgerrechts betreffen.

Der Bundesrat hat das EJPD beauftragt, die im Bericht enthaltenen Handlungsoptionen im Rahmen einer Gruppe von Expertinnen und Experten, insbesondere mit den kantonalen Vollzugsbehörden, bezüglich der Auswirkungen und der Praktikabilität zu prüfen und anschliessend dem Bundesrat über die Ergebnisse Bericht zu erstatten und einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen zu unterbreiten.

6.1.3

Einführung Stellenmeldepflicht

Am 16. Dezember 2016 hat das Parlament das Ausführungsgesetz zu Artikel 121a BV mit der Einführung einer Stellenmeldepflicht verabschiedet. 66 Es hat sich bewusst für eine Regelung entschieden, die mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen Schweiz-EU (FZA) vereinbar ist. Gegen das Gesetz wurde das Referendum nicht ergriffen. Mit den am 8. Dezember 2017 verabschiedeten Verordnungsänderungen hat sich der Bundesrat am Parlament orientiert und sich ebenfalls für eine mit dem FZA vereinbare Umsetzung ausgesprochen. Mit Inkrafttreten dieser Änderungen per 1. Juli 201867 wurde der Gesetzgebungsprozess zur Umsetzung von Artikel 121a BV formell abgeschlossen.

Die Stellenmeldepflicht gilt seit dem 1. Juli 2018. Bis am 31. Dezember 2019 gilt die Stellenmeldepflicht für Berufsarten mit einer Arbeitslosenquote von mindestens 8 Prozent; ab dem 1. Januar 2020 wird der Schwellenwert auf 5 Prozent gesenkt. Die Übergangsphase ermöglicht es den Arbeitgebern und den Kantonen, ihre Prozesse und Ressourcen zur Bearbeitung der meldepflichtigen Stellen sowie ihre Zusammenarbeit an die neue Regelung anzupassen.

Arbeitgeber sind verpflichtet, alle zu besetzenden Stellen in Berufsarten, in denen die Arbeitslosenquote den Schwellenwert erreicht oder übersteigt, den regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zu melden.

Die meldepflichtigen Stellen unterliegen einer Publikationssperrfrist. Diese beginnt am ersten Arbeitstag nach der Aufschaltung der gemeldeten Stelle und dauert fünf Arbeitstage. Damit erhalten inländische Stellensuchenden einen zeitlichen Vorsprung auf dem Stellenmarkt, den sie nutzen können, um sich rasch und aus eigener Initiative auf die freien Stellen zu bewerben.

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Bundesgesetz vom 16. Dez. 2016 (Steuerung der Zuwanderung und Vollzugsverbesserungen bei den Freizügigkeitsabkommen), in Kraft seit 1. Juli 2018; AS 2018 733; BBl 2016 8917.

AS 2018 841 845

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Erste Auswertungen zeigen, dass der Start der Stellenmeldepflicht insgesamt erfolgreich verlaufen ist. In den Monaten nach der Einführung der Stellenmeldepflicht wurden gemäss SECO jeweils zwischen 25 000 und 35 000 offene Stellen gemeldet.

Vor Einführung der Stellenmeldepflicht betrug dieser Wert rund 10 000 Meldungen.

Bei den meldepflichtigen Berufen versechsfachte sich die Anzahl der gemeldeten Stellen ­ von knapp 3000 auf gut 18 000 Meldungen. Im Herbst 2019 soll ein erster umfassender Monitoringbericht veröffentlicht werden.

Für aussagekräftige Wirkungsresultate ist eine längere Laufzeit der Massnahme unerlässlich. Ergebnisse aus einer ersten Wirkungsevaluation werden deshalb frühestens im Herbst 2020 vorliegen.

6.1.4

Massnahmen zur Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials

Das Ausführungsgesetz zu Artikel 121a BV zur besseren Nutzung inländischer Arbeitskräftepotenziale in Berufsarten mit hoher Arbeitslosigkeit (Stellenmeldepflicht, Ziff. 6.1.3) ergänzt das Massnahmenpaket, das im Rahmen der Fachkräfteinitiative (FKI) für Arbeitskräfte in Mangelberufen lanciert wurde. Die Massnahmen der FKI haben zum Ziel, den Fachkräftemangel zu lindern und die Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften zu reduzieren, indem das inländische Arbeitskräftepotenzial besser erschlossen und ausgeschöpft wird. Die Massnahmen werden in vier Handlungsfeldern umgesetzt: ­

Nach- und Höherqualifizierung entsprechend den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes;

­

Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie;

­

Schaffung guter Bedingungen zur Erwerbstätigkeit bis zum Rentenalter und darüber hinaus;

­

Förderung von Innovationen zur Entschärfung der Fachkräfteknappheit aufgrund höherer Produktivität.

6.2

Zusätzliche Massnahmen

Damit die Personenfreizügigkeit auch künftig nicht zu einer Verdrängung, sondern zu einer Ergänzung der inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führt, hat der Bundesrat am 15. Mai 2019 weitere wirtschafts- und sozialpolitischen Massnahmen beschlossen: ­

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Förderung des inländischen Potenzials durch Massnahmen zur Aus- und Weiterbildung und zur Verbesserung der Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren Arbeitslosen und Ausgesteuerten mit Fokus auf ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (vgl. Ziff. 6.2.1);

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­

Förderung des inländischen Potenzials durch die gezielte Heranführung von bestimmten Ausländergruppen mit längerfristiger Bleibeperspektive an die Berufsbildung und den Arbeitsmarkt (vgl. Ziff. 6.2.2);

­

soziale Abfederung des gestiegenen Wettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt durch die Einführung einer Überbrückungsleistung für ausgesteuerte ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in finanziell bescheidenen Verhältnissen (vgl. Ziff. 6.2.3).

Diese Massnahmen werden in den folgenden Kapiteln detaillierter ausgeführt.

6.2.1

Konkurrenzfähigkeit von älteren Arbeitskräften sichern

Trotz ihrem relativ tiefen Arbeitslosigkeitsrisiko haben über 50-Jährige, die ihre Arbeit verlieren, ein überdurchschnittliches Risiko, ausgesteuert zu werden. Das Risiko, im Verlauf von drei Jahren nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ausgesteuert zu werden, lag 2015 mit 31 Prozent deutlich über jenem für unter 35-Jährige (18 Prozent) und auch über dem Durchschnitt für alle Altersgruppen (23 Prozent). Gleichzeitig ist es im Hinblick auf die verstärkte Nutzung des inländischen Potenzials aufgrund des sich infolge des demografischen Wandels und der Digitalisierung (Strukturwandel) verschärfenden Fachkräftebedarfs von grosser Bedeutung, dass ältere Arbeitslose und Ausgesteuerte vermehrt in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Um die Konkurrenzfähigkeit dieser Zielgruppe zu stärken und die Wiedereingliederung zu verbessern, sind die folgenden Massnahmen in den Bereichen Ausund Weiterbildung sowie Vermittlung vorgesehen.

Kostenlose Standortbestimmung, Potenzialanalyse und Laufbahnberatung für Erwachsene über 40 Jahre Die Veränderungen des Arbeitsmarktes fordern von Arbeitnehmenden eine aktive Laufbahngestaltung mit regelmässigen Standortbestimmungen und lebenslangem Lernen, damit sie auch unter kompetitiveren Bedingungen konkurrenzfähig bleiben.

Der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung (BSLB) kommt als Anlaufstelle von Erwachsenen in beruflichen Veränderungssituationen zunehmende Systemrelevanz zu. Deshalb haben sich Bund und Kantone im Rahmen der Initiative «Berufsbildung 2030» eine möglichst einheitliche Versorgung von Erwachsenen (und Jugendlichen) mit grundlegenden Dienstleistungen der BSLB in den Kantonen zum Ziel gesetzt.

Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer standen bisher nicht im Fokus der BSLB. Erwachsene ab 40 Jahren nehmen selten Angebote der Standortbestimmung, Potenzialanalyse und Laufbahngestaltung in Anspruch, obwohl dies zu diesem Zeitpunkt der Erwerbskarriere im Sinne der Prävention besonders wichtig wäre. Deshalb ist ein gezielter Angebotsausbau der BSLB für diese Zielgruppe angezeigt.

Gestützt auf die Evaluation von ein- bis zweijährigen Pilotversuchen in einzelnen Kantonen (2020/2021) soll ein Programm für die Jahre 2021­2024 entwickelt werden, welches eine kostenlose Standortbestimmung, Potenzialanalyse und Laufbahn-

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beratung für Erwachsene ab 40 Jahren ermöglicht und von den Kantonen im Rahmen von Programmvereinbarungen umgesetzt wird.

Berufsabschluss für Erwachsene; Anrechnung von Bildungsleistungen Im Hinblick auf eine verstärkte Nutzung aller Potenziale im Bildungssystem sollen Erwachsene effizient zu einem Berufsabschluss gelangen können. Die rechtlichen Grundlagen zur Anrechnung von Bildungsleistungen sind vorhanden,68 die Umsetzung des rechtlichen Auftrags geschieht jedoch schweizweit sehr heterogen und lückenhaft.

Das SBFI hat im Dezember 2018 einen Leitfaden zur Anrechnung von Bildungsleistungen publiziert. Im Rahmen der Initiative «Berufsbildung 2030» haben sich die Verbundpartner die Umsetzung der Anrechnung von Bildungsleistungen in der beruflichen Grundbildung zum Ziel gesetzt.

Im Rahmen eines auf fünf Jahre befristeten Projekts sollen die Voraussetzungen für eine schweizweite Umsetzung der Anrechnung von Bildungsleistungen in der beruflichen Grundbildung geschaffen werden. Das Projekt beinhaltet insbesondere die Entwicklung und Umsetzung eines Schulungsmoduls für Fachpersonen, den Aufbau der Strukturen in den Kantonen, die Promotion der Angebote und die Sensibilisierung der Trägerschaften. Zudem ist im Sinne eines Anreizes vorgesehen, dass der Bund den Trägerschaften eine Pauschale für die Erstellung von Anrechnungsempfehlungen entrichtet.

Anspruch auf zusätzliche Arbeitsmarktintegrationsmassnahmen (Coaching, Beratung, Mentoring etc.) für schwer vermittelbare Arbeitslose (Fokus auf ältere Arbeitslose) Schwer vermittelbare und insbesondere ältere Arbeitslose haben in Bezug auf die Dienstleistungen der RAV (Beratung, Arbeitsmarktintegrationsmassnahmen) besondere Bedürfnisse. Damit diese Personen vermehrt wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können, müssen die Kompetenzen und Angebote der Vollzugsorgane in diesem Bereich gestärkt werden.

Das SECO wird im Rahmen eines dreijährigen Impulsprogramms massgeschneiderte Zusatzmassnahmen (Coaching, Beratung, Mentoring etc.) für schwer vermittelbare Arbeitslose ermöglichen. Im Fokus stehen taggeldbeziehende Personen über 50 Jahren, die seit Monaten im RAV gemeldet sind und keine Stelle gefunden haben.

Erleichterter Zugang für ausgesteuerte Personen über 60 zu Bildungsund Beschäftigungsmassnahmen Nach geltendem Recht können Ausgesteuerte während
zwei Jahren nach Ablauf der Rahmenfrist für den Leistungsbezug keine arbeitsmarktlichen Massnahmen besuchen.69 Nach Ablauf der zweijährigen Wartefrist können sie als Nichtleistungsbeziehende innerhalb einer zweijährigen Frist während längstens 260 Tagen aufgrund 68 69

Vgl. Art. 9 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dez. 2002 (BBG); SR 412.10.

Vgl. Art. 59d Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 1982 (AVIG); SR 837.0; i. V. m. Art. 82 der Arbeitslosenversicherungsverordnung vom 31. Aug. 1983 (AVIV); SR 837.02.

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eines Entscheids der zuständigen Amtsstelle Bildungs- und Beschäftigungsmassnahmen besuchen.

Die Situation ausgesteuerter Personen könnte verbessert werden, indem die zweijährige Wartefrist gestrichen und Ausgesteuerten über 60 Jahren direkt nach Ablauf der Rahmenfrist für den Leistungsbezug der Besuch von Bildungs- und Beschäftigungsmassnahmen als Nichtleistungsbeziehende ermöglicht wird.

Im Rahmen eines Pilotprojekts soll gemäss Artikel 75a AVIG eine Anpassung der entsprechenden gesetzlichen Grundlage geprüft werden. Das Pilotprojekt ist zeitlich begrenzt und wird begleitend evaluiert. Bei positivem Evaluationsresultat und falls eine definitive Einführung als sinnvoll erachtet wird, kann der Bundesrat die Massnahme gemäss Artikel 75b AVIG auf höchstens vier Jahre befristet einführen. Währenddessen würden die benötigten gesetzlichen Grundlagen geschaffen.

6.2.2

Verstärkung der Erwerbsintegration bereits anwesender Ausländerinnen und Ausländer (Ausländer- und Integrationsgesetz)

Personen, die nicht zum Erwerb oder zur Ausbildung in die Schweiz zuwandern, stehen teilweise vor grossen Herausforderungen, ihre Arbeits- und Fachkräftepotenziale auf dem Schweizerischen Arbeitsmarkt geltend zu machen. Diese Personen kommen vornehmlich über den Asylbereich und im Familiennachzug in die Schweiz und verbleiben grösstenteils längerfristig in der Schweiz. Sie weisen ein erhöhtes Sozialhilferisiko auf, was insbesondere auf ihren Ausbildungsstand zurückzuführen ist. Dieser Herausforderung wird ergänzend unter anderem zur Integrationsagenda Schweiz (IAS) mit zwei zusätzlichen Massnahmen begegnet.

Massnahme «Pilotprogramm Integrationsvorlehre (INVOL) intensivieren und für Personen aus EU/EFTA- sowie Drittstaaten ausserhalb des Asylbereichs öffnen» Im Pilotprogramm «Integrationsvorlehre (INVOL 2018­2021)», das der Bundesrat am 18. Dezember 2015 beschlossen hat, werden seit August 2018 rund 1000 geeignete und motivierte anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene gezielt auf eine Berufslehre vorbereitet. Die INVOL ist ein partnerschaftliches Programm, das mit den interessierten Branchen- und Berufsverbänden sowie den Kantonen gemeinsam entwickelt wurde.

Das Programm ist gemäss ersten Erkenntnissen erfolgreich angelaufen. Einzelne Kantone haben das Programm bereits erfolgreich für Jugendliche und junge Erwachsene ausserhalb des Asylbereichs geöffnet (ausschliesslich kantonsfinanziert). Die INVOL soll vor diesem Hintergrund verlängert, gezielt angepasst und intensiviert werden: Erstens soll das Programm ab dem Ausbildungsjahr 2021/22 auf spät zugewanderte Jugendliche und junge Erwachsene ausserhalb des Asylbereichs ausgeweitet werden, namentlich auf Personen, die im Familiennachzug aus EU/EFTAsowie aus Drittstaaten zuwandern und die ein erhöhtes Sozialhilferisiko aufweisen.

Zweitens soll das Pilotprogramm bis Ende Ausbildungsjahr 2023/2024 verlängert werden. Drittens soll die INVOL auf weitere Berufsfelder mit Arbeits- und Fach-

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kräftemangel ausgedehnt werden. Schliesslich sollen viertens INVOL-Plätze in der Bundesverwaltung geschaffen werden.

Massnahme «Pilotprogramm Nachhaltigen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt für schwer vermittelbare vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge mit finanziellen Zuschüssen sicherstellen» Mit diesem neuen Pilotprogramm sollen die Eingliederungschancen von schwer vermittelbaren Personen durch finanzielle Zuschüsse an Arbeitgeber erhöht werden. Sie sind nicht Bestandteil der IAS.

Zielgruppe sind vorläufig Aufgenommene (VA) und Flüchtlinge (FL), bei denen nach erfolgter Potenzialabklärung bzw. nach der Teilnahme an Sprachkursen und beruflichen Qualifizierungsprogrammen mit Einsätzen im ersten Arbeitsmarkt festgestellt wird, dass sie mittelfristig oder dauerhaft erschwert vermittelbar sind und eine Integration «on the job» angezeigt ist. Hingegen ist nicht vorgesehen, die finanziellen Zuschüsse auf breiter Basis einzusetzen für VA und FL, die potenziell arbeitsmarkt- oder bildungsfähig sind, jedoch noch keine Arbeitsmarkterfahrungen sammeln konnten. Das dreijährige Pilotprogramm (2021­2023) soll partnerschaftlich entwickelt und finanziert werden. Es orientiert sich am Instrument der Einarbeitungszuschüsse, welches bereits im Bereich der Arbeitslosen- und Invalidenversicherung erfolgreich eingesetzt wird, und soll pro Jahr durchschnittlich 300 VA/ FL-Personen erreichen, deren Arbeitsmarktfähigkeit noch nicht dem vollen branchenüblichen Lohn entspricht. Die finanziellen Zuschüsse an die Arbeitgeber sollen über einen mehrmonatigen Zeitraum abgestuft ausbezahlt werden und mit zunehmender Arbeitsmarktfähigkeit sinken. Das Ziel ist immer der Abschluss eines längerfristigen Arbeitsvertrags, wo nötig in Verbindung mit einer geeigneten Qualifizierung.

6.2.3

Überbrückungsleistung für ältere Arbeitslose

Das Risiko einer Person über 50 Jahren, arbeitslos zu werden, ist nicht höher als das Risiko jüngerer Personen. Wenn ältere Personen aber arbeitslos werden, ist es für sie in vielen Fällen schwierig, wieder eine neue Stelle zu finden. Anders als die Jugendarbeitslosigkeit, die in den meisten Fällen von kurzer Dauer ist, stellt die Langzeitarbeitslosigkeit und entsprechend auch die Aussteuerung für die Gruppe der über 50-jährigen Arbeitslosen ein grosses Risiko dar. Die Sozialhilfequote steigt bei den älteren Personen schneller an als bei den jüngeren Personen. Die Anzahl älterer Sozialhilfebeziehender nahm in den letzten Jahren stärker zu als der Anteil dieser Personen in der gesamten Bevölkerung und ist deshalb nur zum Teil auf die demografische Alterung der Bevölkerung zurückzuführen.

Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen, deren Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung wenige Jahre vor dem Rentenalter erlischt, sehen sich zwischen dem Zeitpunkt der Aussteuerung und der Erreichung des ordentlichen AHV-Rentenalters mit einer Lücke im Sozialversicherungssystem konfrontiert. Es muss verhindert werden, dass solche Personen, die trotz einer langen Erwerbskarriere und

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grosser Bemühungen den Anschluss an den Arbeitsmarkt nicht mehr finden, Sozialhilfe beziehen müssen und einen sozialen Abstieg erleiden.

Seit 2015 wird die Problematik der Existenzsicherung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in verschiedenen Foren und Institutionen diskutiert. Seit dem Jahr 2015 findet unter der Federführung des WBF jährlich eine Konferenz über die Lage der älteren Arbeitnehmenden auf dem Arbeitsmarkt statt. Im Rahmen dieser Konferenz werden auch Vorschläge zur Verhinderung finanzieller und sozialer Probleme diskutiert, die durch eine drohende Aussteuerung älterer Arbeitsloser verursacht werden können.

Mit der Einführung einer Überbrückungsleistung für ältere ausgesteuerte Personen kann diese Lücke im Sozialversicherungssystem geschlossen werden. Die Überbrückungsleistung ist an verschiedene Voraussetzungen gebunden und betrifft nur einen kleinen Personenkreis. Für die betroffenen Personen ist es aber wichtig, dass sie bis zum Erreichen des AHV-Rentenalters existenzsichernde Leistungen im Rahmen des Sozialversicherungssystems, d. h. Ergänzungsleistungen (EL), und nicht der Sozialhilfe erhalten können.

Gleichzeitig sollen die betroffenen Personen weiterhin die Möglichkeit haben, sich von den RAV begleiten und beraten zu lassen. Im Rahmen der Arbeitslosenversicherung soll daher die Vermittlungstätigkeit der RAV gerade für ältere Personen erheblich verbessert werden. Auch ausgesteuerte Personen sollen davon profitieren können (vgl. Ziff. 6.2.1).

Der Bundesrat hat das EDI beauftragt, für die Einführung der Überbrückungsleistung einen Vernehmlassungsentwurf bis Ende Juni 2019 vorzubereiten.

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Schlussfolgerungen

Eine Annahme der Initiative führt zum Wegfall des FZA: Entweder wird es auf dem Verhandlungsweg ausser Kraft gesetzt, oder es muss von der Schweiz einseitig gekündigt werden. Es ist unrealistisch, dass die EU ein Verhandlungsmandat für die Ausserkraftsetzung des FZA verabschieden würde. Es muss daher damit gerechnet werden, dass das FZA nach Ablauf der in der Initiative festgesetzten 12-monatigen Frist für eine einvernehmliche Lösung mit der EU durch die Schweiz einseitig gekündigt werden muss.

Der Wegfall des FZA hätte für die Schweiz bedeutende schädliche Konsequenzen.

Das FZA weist den grössten wirtschaftlichen Nutzen aller Bilateralen Abkommen I auf und trägt zur Schaffung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen in der Schweiz bei.

Die Schweizer Wirtschaft verfügt aufgrund des FZA über einen Arbeitskräftepool, aus dem benötigte Fachkräfte vereinfacht und unbürokratisch rekrutiert werden können. Gestützt auf das FZA profitieren auch Schweizerinnen und Schweizer vom Rechtsanspruch, in der EU arbeiten und leben zu können.

Mit einer Annahme der Initiative wird zudem der Wegfall der Bilateralen I insgesamt riskiert. Nebst dem daraus resultierenden wirtschaftlichen Schaden wäre damit auch der bilaterale Weg zwischen der Schweiz und der EU grundlegend infrage gestellt.

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Die Zuwanderung ist aber auch mit Herausforderungen verbunden. In verschiedenen Politikbereichen wurde unerwünschten Begleiterscheinungen bereits durch gezielte Massnahmen begegnet. Zusätzliche wirtschafts- und sozialpolitische Massnahmen sind aber nötig und sinnvoll, um die Konkurrenzfähigkeit der inländischen Arbeitskräfte ­ Schweizerinnen und Schweizer sowie bereits anwesende Ausländerinnen und Ausländer ­ weiter zu erhöhen und die soziale Sicherheit zu stärken. Komplementär zum inländischen Potenzial wird die Schweizer Wirtschaft jedoch auch in Zukunft ­ insbesondere auch im Lichte des demografischen Wandels und der Digitalisierung ­ auf gut qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sein.

Die Initiative läuft diesen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen zuwider.

Aus den dargelegten Gründen beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» Volk und Ständen zur Abstimmung vorzulegen mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen.

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