19.039 Botschaft zu einem Planungsbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge vom 26. Juni 2019

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Planungsbeschlusses gemäss Artikel 28 Absätze 1 bis Buchstabe c und 3 des Parlamentsgesetzes.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2017

M 17.3604

Luftwaffe. Grundsatzentscheid vor das Volk!

(N 5.6.18, BDP Fraktion; S 6.12.18)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Juni 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2019-1607

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Übersicht Die Armee benötigt zum Schutz und zur Verteidigung des Luftraums sowie zur Unterstützung der Bodentruppen Kampfflugzeuge und Systeme der bodengestützten Luftverteidigung. Die gegenwärtig eingesetzten Kampfflugzeuge müssen um das Jahr 2030 herum ausser Dienst gestellt werden. Der Bundesrat beantragt einen Planungsbeschluss des Parlaments für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge mit einem Finanzvolumen von höchstens 6 Milliarden Franken.

Die Armee schützt und verteidigt die Schweiz, ihre Bevölkerung und die Infrastrukturen, die für das Funktionieren von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft nötig sind.

In der normalen Lage setzt die Luftwaffe Kampfflugzeuge für den Luftpolizeidienst und für die Durchsetzung von Beschränkungen der Nutzung des Luftraums ein. In Zeiten erhöhter Spannung dienen Kampfflugzeuge dazu, die unbefugte Benutzung und Verletzungen des Schweizer Luftraums zu verhindern. In bewaffneten Konflikten werden Kampfflugzeuge benötigt, um den Luftraum zu verteidigen und damit die Bevölkerung, kritische Infrastrukturen, Truppen und militärische Objekte in der Schweiz zu schützen, Aufklärungsflüge durchzuführen sowie Bodenziele des Gegners zu bekämpfen.

Die Luftwaffe verfügt gegenwärtig über 30 Kampfflugzeuge F/A-18 C/D Hornet (seit etwas über 20 Jahren im Einsatz, mit beschlossener Nutzungsverlängerung bis rund 2030 einsetzbar) und 26 F-5 E/F (Tiger; seit rund 40 Jahren im Einsatz, nur noch für Spezialaufgaben einsetzbar).

Auch die bodengestützte Luftverteidigung muss erneuert werden. Die Luftwaffe hat gegenwärtig nur Systeme kurzer Reichweite: 35-mm-Fliegerabwehrkanonen und Stinger-Lenkwaffen (bis mindestens 2025 einsetzbar) sowie Rapier-Lenkwaffen (in den nächsten Jahren ausser Betrieb zu nehmen). Für eine grössere Reichweite hat die Luftwaffe seit 1999 keine Systeme; die Deckung dieser Lücke hat Priorität vor der Modernisierung der Mittel kurzer Reichweite. Die Erneuerung der bodengestützten Luftverteidigung soll parallel zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und mit dieser zeitlich und technisch koordiniert, aber gemäss den üblichen Verfahren der Rüstungsbeschaffung erfolgen; sie ist nicht Gegenstand dieses Planungsbeschlusses.

Die Zeit drängt: Die Beschaffung von Kampfflugzeugen benötigt bis zum Abschluss der Einführung rund ein Dutzend Jahre. Die konzeptionellen Grundlagen
für diese Beschaffung liegen vor.

Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge ist eine Frage grosser Tragweite. Ohne Kampfflugzeuge kann die Armee ihre Aufgabe nicht erfüllen, die Schweiz, ihre Bevölkerung und ihre kritische Infrastruktur zu schützen und zu verteidigen. Über die letzten beiden Vorlagen zur Beschaffung von Kampfflugzeugen fanden Volksabstimmungen statt. Zudem wird sich das Vorhaben bis zu seinem Abschluss über mehr als zehn Jahre erstrecken, was möglichst viel Planungssicherheit verlangt. Der Bundesrat will deshalb die eidgenössischen Räte in einem frühen Stadium einbezie-

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hen. Er unterbreitet ihnen dazu den Entwurf eines Planungsbeschlusses (gestützt auf Art. 28 Abs. 1bis Buchstabe c und 3 des Parlamentsgesetzes) mit folgendem Inhalt: ­

Der Bundesrat wird beauftragt, die Mittel zum Schutz des Luftraums mit der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge zu erneuern. Deren Einführung soll bis Ende 2030 abgeschlossen sein.

­

Das Finanzvolumen für die Beschaffung beträgt höchstens 6 Milliarden Franken (Stand Landesindex der Konsumentenpreise Jan. 2018).

­

Ausländische Unternehmen, die im Rahmen der Beschaffung Aufträge erhalten, müssen 60 Prozent des Vertragswertes durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz (Offsets) kompensieren, nämlich 20 Prozent durch direkte Offsets und 40 Prozent durch indirekte Offsets im Bereich der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis.

­

Die Beschaffung wird den eidgenössischen Räten in einem Rüstungsprogramm beantragt.

­

Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge wird mit der parallel laufenden Beschaffung eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite zeitlich und technisch koordiniert.

­

Der Planungsbeschluss untersteht dem fakultativen Referendum.

Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und die parallele Beschaffung eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite darf nicht zu einem Investitionsstopp für die anderen Teile der Armee führen. Im gleichen 10-JahresZeitraum, in dem jährlich durchschnittlich bis 0,8 Milliarden Franken für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite aufgewendet werden müssen, werden jährlich durchschnittlich rund 0,7 Milliarden Franken für Beschaffungen in anderen Teilen der Armee nötig sein. Der Bundesrat will deshalb den Zahlungsrahmen der Armee in den kommenden Jahren kontinuierlich erhöhen und der Finanzierung der Armee insgesamt eine Wachstumsrate in der Grössenordnung von real 1,4 Prozent pro Jahr einräumen. Die Armee muss ihrerseits Prioritäten setzen und Anstrengungen unternehmen, um die Betriebskosten zu stabilisieren.

Es gehört zu den grundlegenden Aufgaben des Staates, für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen. Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge ist eine notwendige Investition in die Sicherheit der Schweiz nach 2030.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Ausgangslage 1.1 Aufgaben der Armee und der Luftwaffe 1.2 Erneuerungsbedarf bei Kampfflugzeugen und bodengestützter Luftverteidigung 1.3 Sicherheitspolitische Lage: Bedarf nach Schutz und Verteidigung des Luftraums 1.4 Konzeptionelle Grundlagen 1.5 Prioritätensetzung 1.6 Überlegungen zu einem Planungsbeschluss von grosser Tragweite 1.7 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 1.8 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

5086 5086

2

Vernehmlassungsverfahren 2.1 Vernehmlassungsvorlage 2.2 Zusammenfassung der Ergebnisse 2.3 Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

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3

Planungsbeschluss 3.1 Der Planungsbeschluss und sein Kontext 3.2 Vorhaben von grosser Tragweite 3.3 Das Projekt: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge 3.3.1 Bedarf 3.3.2 Alternativen zu Kampfflugzeugen?

3.3.3 Zu evaluierende Flugzeuge 3.3.4 Technische Anforderungen 3.3.5 Quantität und maximales Finanzvolumen 3.3.6 Stationierung 3.3.7 Autonomie und Abhängigkeit 3.4 Beschaffungsplanung für die anderen Teile der Armee 3.5 Evaluation, Typenwahl und Beschaffung 3.5.1 Evaluation 3.5.2 Typenwahl 3.5.3 Preise 3.5.4 Zahlungsplan 3.5.5 Kompensationsgeschäfte (Offsets) 3.5.6 Beschaffungsverträge mit Regierungen oder direkt mit Herstellerunternehmen?

3.5.7 Zeitplan für die Evaluation und Beschaffung

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Auswirkungen 4.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1 Sicherheitspolitische Aspekte 4.1.2 Aussenpolitische Aspekte 4.1.3 Finanzielle Aspekte 4.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

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Rechtliche Aspekte

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Bundesbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge (Entwurf)

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Aufgaben der Armee und der Luftwaffe

Die Aufgaben der Armee sind in Artikel 58 der Bundesverfassung 1 und in Artikel 1 des Militärgesetzes vom 3. Februar 19952 umschrieben. Daraus ergeben sich auch die Aufgaben, welche die Luftwaffe als Teil der Armee mit Kampfflugzeugen und bodengestützter Luftverteidigung wahrnimmt.

In der normalen Lage steht die Wahrung der Lufthoheit und insbesondere der Luftpolizeidienst im Zentrum: Die Luftwaffe überwacht permanent den schweizerischen Luftraum und interveniert, wenn Luftverkehrsregeln schwerwiegend verletzt werden. Seit dem 1. Januar 2019 kann sie jeden Tag von 6 bis 22 Uhr mit zwei bewaffneten Kampfflugzeugen eingreifen, die innerhalb von 15 Minuten nach Alarmauslösung starten können. Ab 1. Januar 2021 wird das rund um die Uhr der Fall sein.

Wenn die Benutzung des Luftraums eingeschränkt wird, wie es zum Beispiel während der Jahresversammlung des World Economic Forum in Davos der Fall ist, setzt die Luftwaffe die Beachtung dieser Einschränkungen durch.

In Zeiten erhöhter Spannungen muss die Luftwaffe fähig sein, die Lufthoheit während Wochen oder Monaten durchzusetzen, um die unbefugte Benutzung des Schweizer Luftraums zu verhindern. Damit werden auch neutralitätsrechtliche Verpflichtungen wahrgenommen. Eine starke Luftwaffe beeinflusst die Abwägungen kriegführender Parteien und potenzieller Angreifer: Finden im Umfeld der Schweiz bewaffnete Konflikte statt, kann ein glaubwürdiger Schutz des Luftraums verhindern, dass die Schweiz durch Luftraumverletzungen in den Konflikt hineingezogen wird.

Im Fall eines bewaffneten Angriffs schützt und verteidigt die Luftwaffe mit Kampfflugzeugen und bodengestützter Luftverteidigung die Bevölkerung und die für das Funktionieren des Landes wichtigen Infrastrukturen und verhindert, dass ein Gegner aus der Luft die eigenen militärischen Verbände nachhaltig gefährden kann. Damit ermöglicht sie den Einsatz von eigenen Truppen am Boden. Die Luftwaffe unterstützt die Bodentruppen auch mit Aufklärung aus der Luft und mit Einsätzen gegen Bodenziele.

Eine gut ausgebildete und modern ausgerüstete Luftwaffe ist eine Voraussetzung dafür, dass die Armee die von ihr geforderten Leistungen für die Sicherheit der Schweiz, ihrer Bevölkerung und ihrer Infrastruktur erbringen kann. Damit trägt sie auch zu den Standortvorteilen der Schweiz bei, für Unternehmen ebenso wie für internationale Organisationen, von denen viele in der Schweiz (insbesondere in Genf) ihren Sitz haben.

1 2

SR 101 SR 510.10

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1.2

Erneuerungsbedarf bei Kampfflugzeugen und bodengestützter Luftverteidigung

Die heute im Einsatz stehenden Kampfflugzeuge und Mittel zur bodengestützten Luftverteidigung kommen innerhalb der nächsten rund zehn Jahren an ihr Nutzungsende.

Kampfflugzeuge Mit der Nutzungsdauerverlängerung um 1000 auf 6000 Flugstunden pro Flugzeug, die mit dem Rüstungsprogramm 2017 beschlossen wurde, können die 30 F/A-18 C/D bis rund 2030 eingesetzt werden. Eine weitergehende Nutzungsdauerverlängerung wäre aufwendig und mit grossen technischen und finanziellen Risiken verbunden.

In der Schweiz werden die F/A-18 C/D stärker belastet als zum Beispiel bei den USStreitkräften: Sie werden hier ausschliesslich für den Luftpolizeidienst und allfällige Luftverteidigung eingesetzt, in den USA hingegen primär für die Bekämpfung von Bodenzielen, was das Flugzeug weniger belastet. Zudem haben die kurzen Distanzen zwischen den Flugplätzen und den Trainingsräumen in der Schweiz zur Folge, dass der Anteil ruhigen Fluges an einer durchschnittlichen Flugstunde kleiner ist.

Ohne vorsorgliche Strukturverstärkungen während der Produktion und wiederholte präventive Struktursanierungsmassnahmen (Inspektionen, Modifikationen und Ersatz beschädigter Strukturbauteile) während der Nutzung müssten die Schweizer F/A-18 C/D schon mit rund 4000 Flugstunden pro Flugzeug ausser Dienst gestellt werden, das heisst bereits Anfang der 2020er-Jahre.

Eine Ablösung der F/A-18 C/D bis 2030 drängt sich auch deshalb auf, weil die anderen Betreiberländer bis dann ihre F/A-18 A/B und C/D ebenfalls ausser Betrieb stellen werden. Es wäre in Bezug auf Unterhalt und Ersatzteilbewirtschaftung kostspielig und technisch riskant, diesen Flugzeugtyp als einzige Luftwaffe länger zu betreiben.

Die F-5 Tiger sind bereits jetzt für Einsätze irrelevant. Sie wären im Luftkampf gegen einen modernen Gegner chancenlos. 26 F-5 werden noch regelmässig geflogen, für Zieldarstellung, als Aggressor im Luftkampftraining, für die Schulung in der elektronischen Kriegführung, für Einsätze zur Überwachung der Radioaktivität, für Testflüge, für die Patrouille Suisse und in beschränktem Ausmass bei Tag und guter Sicht für den Luftpolizeidienst.

Bodengestützte Luftverteidigung Zum Schutz einzelner Objekte auf kurze Distanzen werden 35-mm-Fliegerabwehrkanonen eingesetzt, die 1963 eingeführt wurden und von denen heute noch 24 Feuereinheiten vorhanden sind. Durch
Werterhaltungsmassnahmen an Feuerleitgeräten und Geschützen wird deren Nutzungsdauer bis mindestens 2025 verlängert.

Für den Raumschutz im unteren Luftraum verfügt die Luftwaffe auch über mobile Fliegerabwehrlenkwaffen Rapier mit einer Einsatzdistanz von rund 7 km und über leichte Fliegerabwehrlenkwaffen Stinger mit einer Reichweite von rund 4 km.

Rapier (1984 eingeführt) wird das geplante Nutzungsende in der ersten Hälfte der 2020er-Jahre erreichen, Stinger (1993 eingeführt) etwa 2025.

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Eine Nutzungsdauerverlängerung der 35-mm-Fliegerabwehrkanonen und der Stinger über 2025 hinaus ist mit einem gewissen finanziellen Aufwand technisch möglich; diese Waffen werden aber zunehmend an Wirkung gegen moderne Bedrohungen verlieren.

Die bodengestützte Luftverteidigung wird mit dem üblichen Verfahren für Rüstungsbeschaffungen, ohne Planungsbeschluss, erneuert, aber parallel zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und mit dieser zeitlich und technisch koordiniert.

In einem ersten Schritt soll mit gleichem Zeitplan wie bei den Kampfflugzeugen ein System der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite beschafft werden, um die seit 1999 in diesem Bereich bestehende Lücke zu schliessen. In einem zweiten Schritt sollen die Systeme kurzer Reichweite abgelöst werden.

1.3

Sicherheitspolitische Lage: Bedarf nach Schutz und Verteidigung des Luftraums

Die sicherheitspolitische Lage ist in Europa und darüber hinaus sehr angespannt.

Insbesondere sind die Beziehungen zwischen westlichen Staaten und ihren Organisationen (vor allem Nato, aber auch EU) und der Russischen Föderation auf einem Tiefpunkt.

Russland sieht die Nato als aggressives und expansives Militärbündnis, das immer näher gegen seine Grenzen vorrückt, dabei Russland provoziert und dessen Interessen ignoriert. Russland will aus seiner Sicht legitime Einflusszonen erhalten und verlorene wiederherstellen. Es setzt dazu konzertiert eine Vielzahl von Mitteln ein, darunter auch verdeckt oder offen operierende Streitkräfte. Das Ergebnis des militärischen Engagements in Syrien kann dazu führen, dass der Einsatz militärischer Mittel in Zukunft auch anderswo als attraktive Option erscheint. Ende Februar 2018 hat der Präsident Russlands eine Anzahl anscheinender waffentechnologischer Durchbrüche präsentiert, nachdem Russland bereits seit Jahren seine Streitkräfte modernisiert. Die Demonstration militärischer Schlagkraft ist zu einem permanenten und wichtigen Element der Kommunikation nach innen und aussen geworden.

Die Nato wäre in einem konventionellen bewaffneten Konflikt Russland militärisch vermutlich weiterhin überlegen. Die hybride Kriegführung Russlands wirft allerdings die Frage auf, wie relevant das rein konventionelle Kräfteverhältnis überhaupt wäre. Die Nato ist weniger geschlossen als in der Vergangenheit. Die USA haben mit Erfolg die europäischen Allianzmitglieder gedrängt, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Es ist aber ungewiss, ob alle Bündnismitglieder die Vorgabe umsetzen werden, spätestens 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Verteidigung aufzuwenden. Für die europäischen Mitgliedstaaten der Nato gilt, dass Einsätze in fernen Regionen an Bedeutung abgenommen haben. Umgekehrt ist die Verteidigung der eigenen Länder gegen einen hybriden Gegner und gegen Cyber-Angriffe wichtiger geworden.

Viele westeuropäische Länder sind daran, ihre Mittel zum Schutz des Luftraums zu erneuern, vor allem neue Kampfflugzeuge zu beschaffen, darunter auch Staaten ähnlicher Grösse wie die Schweiz: Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, die 5088

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Niederlande und Belgien. Auch Grossbritannien, Italien und Deutschland sind dabei, neue Kampfflugzeuge einzuführen oder ihre Flotten eingeführter moderner Flugzeuge zu vergrössern.

Die in den letzten Jahren deutlich gestiegene militärische Übungsaktivität von NatoStaaten und von Russland sowie die Aggressivität, mit der dabei manchmal zu Werk gegangen wird, erhöhen die Risiken von Fehleinschätzungen, von Unfällen mit unabsehbaren Folgen. Es gab bereits einige Beinahe-Kollisionen zwischen Flugzeugen und andere provokative Manöver, die nur wegen schierem Glück folgenlos blieben.

Bestehende Vereinbarungen zur Rüstungskontrolle und zur Schaffung von Transparenz sind gefährdet, manche sogar bereits gekündigt. Dies betrifft sowohl multilaterale Abkommen in Europa als auch bilaterale Verträge zwischen den USA und Russland über Nuklearwaffen. Das Abkommen über das Verbot von bodengestützten ballistischen Lenkwaffen und Marschflugkörpern mit Reichweiten von 500 bis 5500 km wurde von beiden Vertragsparteien, den USA und Russland, gekündigt.

Die USA haben auch das Nuklearabkommen von 2015 mit Iran aufgekündigt.

Die Modernisierung der Mittel zum Schutz des Luftraums muss die Ungewissheit der längerfristigen sicherheitspolitischen Entwicklungen berücksichtigen. Die neuen Kampfflugzeuge sollen 2030 vollständig abgeliefert und einsatzbereit sein. Bei einer Nutzungsdauer von voraussichtlich 30­40 Jahren werden sie bis in die 2060er-Jahre oder sogar noch länger im Einsatz stehen. Wie sich das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz in diesem Zeithorizont entwickelt, kann nicht zuverlässig vorausgesagt werden.

Sicherheitspolitisch ist in dieser Lage die Einleitung des Ersatzes der rund 40jährigen F-5 und der über 20-jährigen F/A-18 der Schweizer Luftwaffe absolut nötig. Die mit dem maximalen Finanzvolumen vereinbare Menge entspricht nicht einer massiven Aufrüstung, sondern einem massvollen Schritthalten mit der Entwicklung im Umfeld. Internationale Kooperation, innerhalb der von der Neutralität gesetzten Grenzen, ist keine Alternative dazu: Überall in Europa wird der Schutz des Luftraums als zentrale Aufgabe des Staates betrachtet, und fast überall ­ selbst innerhalb der Nato ­ wird diese Aufgabe in Ausübung der staatlichen Souveränität mit nationalen Mitteln gelöst.

Der Umstand, dass andere Bedrohungen ­
vor allem Terrorismus und CyberAngriffe ­ stark zugenommen haben, ist kein Argument gegen die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums. Die «neuen» Bedrohungen haben die älteren nicht verdrängt; diese bestehen weiter. Kampfflugzeuge tragen zudem zum Schutz vor terroristischen Angriffen in und aus der Luft bei. Massnahmen zum Schutz des Luftraums und des Cyber-Raums sind nicht Alternativen, sondern ergänzen sich.

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1.4

Konzeptionelle Grundlagen

In den vergangenen Jahren wurden umfassende konzeptionelle Grundlagen für den Schutz und die Verteidigung des Luftraumes erarbeitet. Dazu gehören: ­

das Konzept vom 27. August 2014 zur langfristigen Sicherung des Luftraumes (Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 12.4130 Galladé vom 12. Dez. 2012);

­

der Bericht der VBS-internen Expertengruppe Neues Kampfflugzeug vom 30. Mai 2017 «Luftverteidigung der Zukunft ­ Sicherheit im Luftraum zum Schutz der Schweiz und ihrer Bevölkerung»;

­

die Empfehlungen der Begleitgruppe zur Evaluation und Beschaffung eines neuen Kampflugzeugs vom 30. Mai 2017;

­

die Zweitmeinung zum Bericht der Expertengruppe, die Überprüfung der Bedrohungsanalyse sowie eine unabhängige Beurteilung der Wirkung und Zweckmässigkeit von Offsets vom April 2019.

Diese spezifisch auf die Luftwaffe bezogenen Grundlagen fügen sich in Berichte ein, die thematisch breiter sind und die ganze Armee oder sogar die gesamte Sicherheitspolitik abdecken. Dazu gehören die Botschaft vom 3. September 20143 zur Änderung der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Armee und der Bericht des Bundesrates vom 24. August 20164 über die Sicherheitspolitik der Schweiz.

Alle diese Konzepte und Berichte legen dar, dass der Schutz und die Verteidigung des Luftraums weiterhin nötig und dass dazu Kampfflugzeuge erforderlich sind.

Die Bemessung der Mittel darf sich nicht nur nach dem richten, was für die Überwachung des Luftraums und die Luftpolizei in der normalen Lage nötig ist. Die Luftwaffe muss fähig sein, die Schweiz und ihre Bevölkerung zu schützen, wenn diese akut und konkret bedroht werden. Umgekehrt wäre eine Auslegung der Mittel auf eine mehrere Monate lange und völlig autonome Luftverteidigung gegen einen Angriff eines mächtigen Gegners, der seinen Angriff auf die Schweiz konzentriert, in Bezug auf den Ressourcenbedarf nicht realistisch.

Zur Bemessung der Mittel sind deshalb die Erfordernisse einer Situation erhöhter Spannungen bestimmend, die über einige Wochen anhalten kann, während derer jederzeit ein Angriff stattfinden könnte. In einer solchen Lage muss die Luftwaffe den Luftraum permanent überwachen und bei Verletzungen des Luftraums unverzüglich mit Kampfflugzeugen eingreifen können.

3 4

BBl 2014 6955 BBl 2016 7763

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1.5

Prioritätensetzung

Obwohl alle bestehenden Mittel zum Schutz des Luftraums ­ Kampfflugzeuge und bodengestützte Luftverteidigung ­ bereits veraltet sind oder es bald sein werden und eine Lücke in der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite besteht, müssen für die Erneuerung dieser Mittel Prioritäten gesetzt werden. In erster Priorität sind alle Kampfflugzeuge (F-5 E/F und F/A-18 C/D) durch neue Kampfflugzeuge abzulösen und eine seit Längerem bestehende Lücke in der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite zu schliessen. Die Erneuerung der bodengestützten Luftverteidigung kurzer Reichweite kann aus Ressourcengründen nicht gleichzeitig erfolgen. Diese Prioritätensetzung bei der bodengestützten Luftverteidigung basiert auf folgenden Überlegungen: ­

Die Systeme kürzerer Reichweite werden zwar bald veraltet sein, aber in diesem Bereich besteht immerhin keine absolute Lücke (wie bei der grösseren Reichweite). Technisch sollte es möglich sein, die 35-mm-Fliegerabwehrkanonen und die Stinger-Lenkwaffen einige Jahre über das für rund 2025 geplante Nutzungsende hinaus zu betreiben, auch wenn ihre militärische Wirksamkeit abnimmt.

­

Mit grösserer Reichweite können grosse Räume effizienter abgedeckt werden. Mit wenigen Stellungen kann der Grossteil der stark besiedelten Gebiete der Schweiz geschützt werden. Das System soll mindestens 15 000 Quadratkilometer abdecken.

­

Der Einsatz bodengestützter Luftverteidigung grösserer Reichweite entlastet die Kampfflugzeuge. Sie ermöglicht einen permanenten Schutz; die Kampfflugzeuge können dann in erhöhter Bereitschaft am Boden bereitstehen und erst im Bedarfsfall eingesetzt werden.

­

Die Abhaltewirkung eines Systems grösserer Reichweite ist markant stärker als die eines Systems kürzerer Reichweite. Die Handlungsmöglichkeiten eines Gegners werden stärker eingeschränkt; der Aufwand und die Risiken eines Angriffs oder auch nur einer Verletzung des Luftraums steigen.

­

Die Technologien für bodengestützte Luftverteidigung kürzerer Reichweite befinden sich in raschem Wandel. Es ist anzunehmen, dass in 10­15 Jahren mit neuen Anwendungen moderner Technologien Ziele wirksamer bekämpft werden können. Dieser Technologiesprung soll abgewartet werden.

1.6

Überlegungen zu einem Planungsbeschluss von grosser Tragweite

Rüstungsbeschaffungen werden vom VBS vorbereitet und vom Bundesrat mit Rüstungsprogrammen als Teil von Armeebotschaften bei den eidgenössischen Räten beantragt. Das Parlament wird, über die sicherheitspolitischen Kommissionen hinaus, mit den Armeebotschaften einbezogen und entscheidet abschliessend über die beantragten Beschaffungen. Es besteht keine Referendumsmöglichkeit.

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Es gibt mehrere Gründe, die dafür sprechen, für die anstehende Beschaffung neuer Kampfflugzeuge diesen Prozess so zu ergänzen, dass das Parlament und (im Fall eines Referendums) die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger bereits in einem früheren Stadium zum Grundsatz dieser Beschaffungen Stellung nehmen können: ­

Die Beschaffung von Kampfflugzeugen ist ein Vorhaben grosser Tragweite.

Es geht darum, ob die Schweiz und ihre Bevölkerung auch nach 2030 gegen Angriffe in und aus der Luft geschützt sind. Ohne neue Kampfflugzeuge wäre die Armee nicht mehr fähig, ihre Aufgaben gemäss Bundesverfassung und Militärgesetz zu erfüllen.

­

Über die letzten beiden Vorhaben zur Beschaffung von Kampfflugzeugen wurde abgestimmt: 1993 aufgrund der Volksinitiative «für eine Schweiz ohne neue Kampfflugzeuge», 2014 aufgrund eines Referendums gegen das Gripen-Fonds-Gesetz. Daraus erwächst keine rechtliche Pflicht, künftige Kampfflugzeugbeschaffungen dem Volk zu unterbreiten, aber eine politisch relevante Erwartungshaltung.

­

Die Beschaffung von Kampfflugzeugen wird insgesamt rund ein Dutzend Jahre dauern. Die lange Zeit und das beträchtliche finanzielle Engagement verlangen nach Planungssicherheit; ein Grundsatzentscheid des Parlaments (und allenfalls der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger) erhöht diese.

Die vom Parlament 2018 überwiesene Motion 17.3604 «Luftwaffe. Grundsatzentscheid vor das Volk!» verlangt, dass der Bundesrat dem Stimmvolk möglichst rasch die Grundsatzfrage zur Beschaffung von neuen Kampfflugzeugen stellen soll, unabhängig von der Typenfrage. Mit der Überweisung dieser Motion ist entschieden, dass ein fakultatives Referendum über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge ermöglicht werden muss.

Der Bundesrat will diese Motion mit einem Planungsbeschluss des Parlaments umsetzen. Artikel 28 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20025 (ParlG) bietet eine Möglichkeit für einen grundsätzlichen Entscheid des Parlaments, Jahre vor einem konkreten Antrag des Bundesrates in einer Armeebotschaft: Die Bundesversammlung kann bei Grundsatzentscheiden und Planungen mitwirken, indem sie Grundsatz- und Planungsbeschlüsse fasst. Wenn solche Beschlüsse von grosser Tragweite sind, kann ein Bundesbeschluss verabschiedet werden, der dem fakultativen Referendum untersteht. Ein Planungsbeschluss zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge, gestützt auf Artikel 28 Absätze 1bis Buchstabe c und 3 ParlG, ermöglicht damit eine referendumsfähige Grundsatzentscheidung. Die Rechte des Parlaments werden dabei gewahrt: Es behält seine Zuständigkeit, später über die in einer Armeebotschaft konkret beantragte Beschaffung definitiv zu entscheiden.

Alternativen An sich hätte das übliche Verfahren der Rüstungsbeschaffung ohne Referendumsmöglichkeit auch für die Beschaffung von Kampfflugzeugen angewandt werden können. Damit würde am deutlichsten gemacht, dass auf Bundesebene keine Rüstungs- und Finanzreferenden vorgesehen sind und auch keine Absicht besteht, solche 5

SR 171.10

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einzuführen. Gleichzeitig würden aber Erwartungen enttäuscht, dass Beschaffungen von Kampfflugzeugen referendumsfähig ausgestaltet werden. Diese Variante steht nach der Überweisung der Motion, die einen Grundsatzentscheid des Volkes verlangt, nicht mehr zur Debatte.

Eine andere Alternative wäre ein Planungsbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite als Paket. Diese Variante wurde vom Bundesrat 2018 in eine Vernehmlassung gegeben (vgl. 2. Kap). Nach Prüfung der Ergebnisse der Vernehmlassung ­ vor allem der Stellungnahme der politischen Parteien ­ ist der Bundesrat zur Auffassung gelangt, dass es sich nicht aufdrängt, auch die bodengestützte Luftverteidigung einem fakultativen Referendum zu unterstellen, zumal sie nicht so umstritten ist wie die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge. Die Beschaffung eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite soll aber parallel und koordiniert mit der Beschaffung neue Kampfflugzeuge erfolgen, um die beiden Komponenten optimal aufeinander abzustimmen.

Eine Revision des Militärgesetzes zur Aufnahme einer Bestimmung über die Luftwaffe und ihre Ausrüstung würde ein Referendum ermöglichen. Bei der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge geht es aber um einen punktuellen Entscheid und nicht um eine generell-abstrakte Regelung mit Rechtsetzungscharakter. Zudem würde eine Gesetzesbestimmung über die Ausrüstung der Luftwaffe eine ähnliche Regelung auch für die anderen Teile der Armee nahelegen.

1.7

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Der beantragte Planungsbeschluss bezieht sich nicht auf die laufende, sondern auf spätere Legislaturen, für die noch keine Planung vorliegt. Typenwahl, Vorlage der Armeebotschaft mit dem Rüstungsprogramm, Auslösung der Bestellung und erste Zahlungsfälligkeiten fallen in die Legislatur 2019­2023.

Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge entspricht dem Konzept vom 27. August 2014 zur langfristigen Sicherung des Luftraumes (Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 12.4130 Galladé vom 12. Dez. 2012) und dem Bericht des Bundesrates vom 24. August 20166 über die Sicherheitspolitik der Schweiz.

1.8

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Fraktion BD verlangte mit der Motion 17.3604 «Luftwaffe. Grundsatzentscheid vor das Volk!», dass der Bundesrat dem Stimmvolk möglichst rasch die Grundsatzfrage zur Beschaffung von neuen Kampfflugzeugen stellen soll: «Der Bundesrat wird beauftragt, dem Stimmvolk rasch möglichst die Grundsatzfrage der Beschaffung von neuen Kampfflugzeugen zu stellen. Die Beschaffung soll 6

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losgelöst von der Typenfrage entschieden werden können und im Rahmen des Armeebudgets erfolgen.» Die Motion wurde überwiesen. Sie kann allerdings innerhalb des geltenden Rechts nur insoweit erfüllt werden, als (mit dem hier beantragen Planungsbeschluss) eine Möglichkeit für ein Referendum geschaffen wird. Die Passage im Motionstext, wonach die Beschaffung «losgelöst von der Typenfrage entschieden werden» soll, bedeutet, dass eine allfällige Referendumsabstimmung vor der Typenwahl stattfinden soll.

2

Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Der zur Vernehmlassung vorgelegte Entwurf eines Planungsbeschlusses bezog sich auf ein Paket ­ neue Kampfflugzeuge und ein System der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite ­ und lautete wie folgt: Art. 1 Der Luftraum der Schweiz wird mit Kampfflugzeugen und mit Systemen zur bodengestützten Luftverteidigung geschützt.

Art. 2 Der Bundesrat wird beauftragt, die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums durch Beschaffungen von neuen Kampfflugzeugen und eines Systems zur bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite so zu planen, dass die Erneuerung bis Ende 2030 abgeschlossen ist.

Art. 3 Bei der Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums sind folgende Eckwerte einzuhalten: a.

Es wird ein Finanzvolumen von maximal 8 Milliarden Franken festgelegt (Stand Landesindex der Konsumentenpreise Januar 2018).

b.

Ausländische Firmen, die für die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums Aufträge erhalten, müssen 100 Prozent des Vertragswertes durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz (Offsets) kompensieren.

c.

Die Beschaffungen werden den Räten in einem oder mehreren Rüstungsprogrammen beantragt.

Art. 4 Dieser Beschluss untersteht dem fakultativen Referendum.

5094

BBl 2019

2.2

Zusammenfassung der Ergebnisse

Stellungnahmen trafen von 25 Kantonsregierungen, der Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr, 7 politischen Parteien (BDP, CVP, FDP, GP, GLP, SVP, SP), 28 Verbänden oder Vereinen und 3 Einzelpersonen ein.7 Weitaus die meisten Vernehmlasser, darunter alle 25 stellungnehmenden Kantonsregierungen und die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr, 5 von 7 Parteien und 24 von 28 Verbänden oder Vereinen, befürworten die geplante Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite. 2 Parteien (GP, SP) sowie die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee und der Schweizerische Gewerkschaftsbund lehnen sie ab.

Das vom Bundesrat im Entwurf vorgelegte Vorgehen über einen referendumsfähigen Planungsbeschluss des Parlaments wurde von allen Kantonsregierungen, die dazu Stellung nahmen (24), der Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr und 4 Parteien unterstützt (BDP, GLP, SVP, SP). Die FDP sprach sich für das übliche Beschaffungsverfahren ohne Referendumsmöglichkeit aus, die CVP regte an, eine Revision des Militärgesetzes als Alternative zu einem Planungsbeschluss zu prüfen, und die GP verlangte ein referendumsfähiges Fonds-Gesetz wie bei der Gripen-Vorlage. Bei den Verbänden und Vereinen waren 11 für den vorgeschlagenen Planungsbeschluss, 4 für einen nicht referendumsfähigen Planungsbeschluss und 5 für das übliche Beschaffungsverfahren.

Der Entwurf des Planungsbeschlusses sah die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums durch die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite als Paket vor: 24 Kantonsregierungen, die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr, 4 Parteien (BDP, GLP, SVP, SP) und 15 Verbände oder Vereine befürworteten diesen Ansatz. Für eine Auftrennung in separate Projekte sprachen sich 3 Parteien (FDP, CVP, GP) und 2 Verbände oder Vereine (die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee und die Schweizerische Gesellschaft Technik und Armee) aus.

Der Entwurf des Planungsbeschlusses sah ein maximales Finanzvolumen von 8 Milliarden Franken für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite vor, ohne Festlegung der Aufteilung. 24 Kantonsregierungen, die Regierungskonferenz
Militär, Zivilschutz und Feuerwehr, 3 Parteien (BDP, FDP, GLP) und 13 Verbände oder Vereine stimmten diesem Finanzvolumen zu. Die SVP und 7 Verbände oder Vereine verlangten ein grösseres Finanzvolumen, die meisten davon 9 Milliarden Franken, andere bis zu 18 Milliarden Franken. Zwei Parteien (GP, SP) und die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee forderten ein kleineres Finanzvolumen.

Im Entwurf des Planungsbeschlusses war vorgesehen, dass ausländische Unternehmen, die für die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums Aufträge erhalten, 100 Prozent des Vertragswertes durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz (Offsets) kompensieren müssen. Das grundsätzliche Bestehen auf Offsets wurde von 24 Kantonsregierungen, der Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuer7

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wehr, 3 Parteien (BDP, CVP, SVP) und 18 Verbänden oder Vereinen unterstützt.

Dagegen sprachen sich 2 Parteien (GP, SP) und die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee aus.

2.3

Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

In Abwägung aller Stellungnahmen und angesichts der Überweisung der Motion 17.3604 «Luftwaffe. Grundsatzentscheid vor das Volk!» hält der Bundesrat am Vorgehen mit einem Planungsbeschuss fest, beschränkt ihn aber auf die Beschaffung von Kampfflugzeugen. Die politisch weniger umstrittene Erneuerung der bodengestützten Luftverteidigung kann auf üblichem Weg, ohne Grundsatzentscheid des Parlaments (und allenfalls des Volkes in einer Referendumsabstimmung) erfolgen.

3

Planungsbeschluss

3.1

Der Planungsbeschluss und sein Kontext

Der Bundesrat unterbreitet den eidgenössischen Räten den Entwurf eines Planungsbeschlusses (gestützt auf Art. 28 Abs. 1bis Bst. c und 3 ParlG) mit folgendem Inhalt: Art. 1 Der Bundesrat wird beauftragt, die Mittel zum Schutz des Luftraums mit der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge zu erneuern.

1

2

Die Einführung der neuen Kampfflugzeuge soll bis Ende 2030 abgeschlossen sein.

Art. 2 Bei der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge sind folgende Eckwerte einzuhalten: a.

Das Finanzvolumen beträgt höchstens 6 Milliarden Franken (Stand Landesindex der Konsumentenpreise Jan. 2018).

b.

Ausländische Unternehmen, die im Rahmen der Beschaffung Aufträge erhalten, müssen 60 Prozent des Vertragswertes durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz (Offsets) kompensieren, nämlich 20 Prozent durch direkte Offsets und 40 Prozent durch indirekte Offsets im Bereich der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis.

c.

Die Beschaffung wird der Bundesversammlung in einem Rüstungsprogramm beantragt.

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Art. 3 Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge wird mit der parallel laufenden Beschaffung eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite zeitlich und technisch koordiniert.

Art. 4 Dieser Beschluss untersteht dem fakultativen Referendum.

3.2

Vorhaben von grosser Tragweite

Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge ist ein Vorhaben von grosser Tragweite nach Artikel 28 Absatz 3 ParlG: Die vorhandenen Kampfflugzeuge stehen vor dem Ende ihrer Nutzungsdauer. Wenn sie nicht rechtzeitig ersetzt werden, wird die Schweiz nach 2030 ihren Luftraum nicht mehr schützen und noch weniger verteidigen können, und die Armee wird als Folge davon ihre Aufgaben gemäss Bundesverfassung und Militärgesetz nicht mehr erfüllen können. Der Schutz vor Angriffen in und aus dem Luftraum ­ durch Streitkräfte ebenso wie terroristische Gruppierungen ­ ist für die Sicherheit der Schweiz und ihrer Bevölkerung zentral, und es gehört zu den grundlegenden Aufgaben des Staates, für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen.

Die politische Bedeutung der Beschaffung wird dadurch unterstrichen, dass es über die beiden letzten Projekte zur Beschaffung von Kampfflugzeugen zu Volksabstimmungen kam, 1993 aufgrund einer Volksinitiative, 2014 aufgrund eines Referendums. Daraus entsteht kein Rechtsanspruch auf einen direktdemokratischen Entscheid, das heisst auf die Möglichkeit eines Referendums, aber eine politisch zu beachtende Erwartung.

3.3

Das Projekt: Beschaffung neuer Kampfflugzeuge

3.3.1

Bedarf

Die Luftwaffe benötigt Kampfflugzeuge, ­

um in der normalen Lage den Luftpolizeidienst durchzuführen; seit dem 1. Januar 2019 können jeden Tag von 6 bis 22 Uhr zwei Flugzeuge innerhalb von 15 Minuten für solche Einsätze starten, ab dem 1. Januar 2021 wird dies rund um die Uhr der Fall sein;

­

um in Zeiten erhöhter Spannungen mit einem verstärkten Einsatz (wenn nötig mit permanenten Luftpatrouillen) die Lufthoheit zu wahren, die unbefugte Benutzung sowie Verletzungen des Schweizer Luftraums zu verhindern und damit dazu beizutragen, dass sich die Schweiz aus bewaffneten Konflikten heraushalten kann;

­

um im Fall eines bewaffneten Konflikts den Schweizer Luftraum zu verteidigen und damit die Bevölkerung, die für das Funktionieren des Landes 5097

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wichtigen Infrastrukturen und die Bodentruppen vor Angriffen zu schützen, damit die Bodentruppen überhaupt mit Aussicht auf Erfolg eingesetzt werden können; ­

um vor oder während eines bewaffneten Konflikts Aufklärungsflüge durchzuführen;

­

und um im Fall eines bewaffneten Konflikts Bodenziele des Gegners (zum Beispiel Artillerie, Lenkwaffenstellungen, am Boden abgestellte Kampfhelikopter) zu bekämpfen und damit die eigenen Bodentruppen zu unterstützen.

3.3.2

Alternativen zu Kampfflugzeugen?

Um dieses Aufgabenspektrum abzudecken, sind Kampfflugzeuge nötig.

Bodengestützte Luftverteidigung leistet einen wichtigen Beitrag zur Luftverteidigung. Sie ermöglicht einen permanenten Schutz, während Kampfflugzeuge das dynamische Element sind, mit dem sich flexibel und rasch Schwergewichte bilden lassen. Bodengestutzte Luftverteidigung kann nur eingesetzt werden, um Flugobjekte abzuschiessen, nicht aber, um sie vor Ort zu identifizieren, zu warnen, abzudrängen oder zur Landung zu zwingen. Für den alltäglichen Luftpolizeidienst ist sie keine Alternative, und auch in Zeiten erhöhter Spannungen kann es angezeigt sein, in den Schweizer Luftraum eindringende Flugzeuge eher mit Kampfflugzeugen abzudrängen als mit bodengestützter Luftverteidigung abzuschiessen.

Drohnen sind für die Aufklärung sehr nützlich, weil sie sehr lange in der Luft verweilen können. Für den Luftpolizeidienst und die Abwehr fremder Kampfflugzeuge sind sie aber nicht geeignet. Besonders im Luftpolizeidienst ist es wichtig, dass ein Pilot vor Ort ist, um situationsgerechte Entscheide zu treffen. Dazu kommt, dass Drohnen meistens weniger hoch fliegen können und langsamer sind als zivile Passagierflugzeuge, ganz zu schweigen von Kampfflugzeugen.

Mit Kampfhelikoptern könnten die Bodentruppen unterstützt werden. Für den Luftpolizeidienst oder die Luftverteidigung sind sie aber nicht einsetzbar, weil sie zu langsam sind, nicht genügend hoch fliegen können und keinen Luft-Luft-Radar zum Erkennen anderer Flugobjekte haben. Zudem sind sie gegenüber Beschuss vom Boden aus sehr verwundbar.

Unzureichende Geschwindigkeit und Einsatzhöhe schliessen auch den Einsatz bewaffneter Trainingsflugzeuge aus, ebenso wie leichterer Kampfflugzeuge, die meistens nur eine Weiterentwicklung von Trainingsflugzeugen sind.

Gebrauchte Flugzeuge (Occasionen) sind deshalb keine sinnvolle Alternative, weil keine F/A-18 C/D angeboten werden und bei hypothetischen Angeboten die Flugzeuge wahrscheinlich mit grossem Aufwand saniert werden müssten, was je nach noch verbleibenden Flugstunden sehr ineffizient wäre. Dazu kommt, dass F/A-18 C/D ab rund 2030 technisch veraltet sein werden.

Luftbetankung als Mittel, um mit weniger Flugzeugen die gleiche Verweildauer vor Ort zu erreichen, ist in der Schweiz keine wirksame Option, weil die Distanzen von

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und zu den Fliegerbasen kurz sind und weil Tankerflugzeuge ihrerseits gut geschützt werden müssten, was wiederum eine Anzahl Kampfflugzeuge erfordern würde.

Internationale Zusammenarbeit wird manchmal auch als eine (Teil-)Alternative zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge präsentiert, mit dem Argument, dass solche Kooperation eine kleinere Kampfflugzeugflotte ermöglichen würde. Kooperation findet in der Tat bereits statt. Die Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit des Luftraums bei nicht militärischen Bedrohungen mit vier Nachbarstaaten erleichtern den Luftpolizeidienst und gestatten mit Ausnahme Deutschlands generell die Überschreitung der Grenze ohne vorgängige Bewilligung, nicht aber die Anwendung von Gewaltmitteln in ausländischem Luftraum. Das Abkommen mit Deutschland und der Nato über die Teilnahme der Schweiz an der Air Situation Data Exchange8 ermöglicht die Erstellung eines zweckmässigen Luftlagebildes, nachdem die Nachbarstaaten nicht mehr nationale Systeme betreiben. Für die Ausbildung der Piloten sind ausländische Übungsplätze nötig, um Tief-, Nacht- und Überschallflüge zu trainieren. Einer Verwendung von Schweizer Kampfflugzeugen in den Lufträumen anderer Länder und von Kampfflugzeugen ausländischer Streitkräfte im Schweizer Luftraum stehen aber in der normalen Lage Souveränitätsbedürfnisse und bei Spannungen und bewaffneten Konflikten Neutralitätspflichten entgegen. Gemeinsame Logistik, gemeinsamer Unterhalt, gemeinsames Training, der Austausch von Piloten und Kooperation in der Luftpolizei sind nur so lange mit dem Neutralitätsrecht kompatibel, als der Partnerstaat nicht in einen internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist. Für Aktivitäten und Bereiche, in denen die Kooperation zwar nützlich ist, ein Unterbruch aber keine schwerwiegenden Folgen hätte (zum Beispiel Training), ist diese Einschränkung akzeptabel. Für den Betrieb der Luftwaffe essenzielle Aktivitäten (Logistik, Unterhalt) müssen aber zumindest für eine gewisse Zeit mit nationalen Ressourcen erbracht werden können. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass internationale Kooperation nicht eine Alternative zu eigenen Anstrengungen ist; sie basiert darauf, dass alle Partner Leistungen einbringen.

3.3.3

Zu evaluierende Flugzeuge

Folgende Kampfflugzeuge werden evaluiert:9 ­ ­ ­ ­

Eurofighter F/A-18 Super Hornet F-35A Rafale

Airbus, Deutschland-Grossbritannien-Spanien-Italien Boeing, USA Lockheed-Martin, USA Dassault, Frankreich

Eine Evaluation soll aufzeigen, welche Kampfflugzeuge in Kombination mit der bodengestützten Luftverteidigung bezogen auf Kosten und Nutzen für die Schweiz am besten geeignet sind.

8 9

AS 2019 673 Das Kampfflugzeug Gripen E von Saab (Schweden) wurde auch evaluiert, schied aber vor der Flug- und Bodenerprobung im Juni 2019 aus.

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Die Ausschreibung findet im Einladungsverfahren statt: Die armasuisse hat die Regierungen der Herstellerländer eingeladen, den Vorgaben entsprechende Offerten (zum Beispiel inklusive Lenkwaffen) einzureichen. In einigen Fällen hat die angefragte Regierung entschieden, dass das Herstellerunternehmen direkt ein Angebot an die Schweiz unterbreiten soll. Solche Angebote werden gleich behandelt wie jene, die von Regierungen eingereicht werden.

Russische und chinesische Flugzeuge werden nicht erwogen. Die Schweiz hat noch nie Waffensysteme aus diesen Ländern beschafft. Die Integration russischer oder chinesischer Kampfflugzeuge oder Systeme zur bodengestützten Luftverteidigung in ein von westlichen Systemen dominiertes technisches Umfeld wäre aufwendig und risikobehaftet. Dazu kommt, dass eine Abkehr von der bisherigen Praxis in der angespannten internationalen Lage besonders erklärungsbedürftig wäre.

Die realistisch zu erwartende Anzahl neuer Kampfflugzeuge legt eine Ein-FlottenPolitik nahe. Das Risiko, dass bei Defekten alle Flugzeuge vorübergehend am Boden bleiben müssen, steigt damit zwar. Dem steht aber ein geringerer Aufwand für Unterhalt, Instandhaltung und Instandstellung sowie Ausbildung gegenüber. Es sind keine Staaten bekannt, die für eine Gesamtflotte ähnlicher Grösse wie die künftige der Schweiz zwei Typen beschaffen.

3.3.4

Technische Anforderungen

Um den Luftraum in allen Lagen zu schützen und zu verteidigen, vom Luftpolizeidienst bis zur Abwehr eines bewaffneten Angriffs, benötigt die Luftwaffe Kampfflugzeuge, die eine hohe Steigleistung haben, Überschallgeschwindigkeit erreichen, mindestens eine Stunde im Einsatzraum verweilen können und über allwettertaugliche Sensoren und Waffen verfügen. Die Flugzeuge müssen mit einem leistungsfähigen Radar und passiven Sensoren, weitreichenden Luft-Luft-Lenkwaffen, gegen moderne Bedrohungen wirksamen Selbstschutzsystemen und einer zuverlässige Freund-Feind-Erkennung ausgerüstet sein.

Für Aufklärung aus der Luft sind für einen Teil der Flotte Aufklärungsbehälter erforderlich, in denen elektro-optische Sensoren mitgeführt werden. Die zu evaluierenden Kampfflugzeuge lassen sich alle mit geringem technischem Aufwand zur Aufklärung einsetzen.

Auch die technischen Voraussetzungen für die präzise Bekämpfung von Bodenzielen aus der Luft sind in modernen Mehrzweck-Kampfflugzeugen bereits integriert.

Sie sind so ausgelegt, dass sie neben Luft-Luft-Lenkwaffen auch Luft-BodenWaffen einsetzen können. Da es zunächst nur darum geht, das Knowhow für LuftBoden-Einsätze wieder aufzubauen, soll zu Beginn in erster Linie Übungsmunition beschafft werden, daneben ein minimaler Bestand an Kriegsmunition.

Sowohl bei der Aufklärung aus der Luft als auch bei der Bekämpfung von Bodenzielen aus der Luft handelt es sich um den Wiederaufbau von Fähigkeiten, die früher bestanden, aber temporär aufgegeben wurden: Die Luftwaffe hatte bis Ende 1994, als die Hunter-Kampfflugzeuge ausser Dienst gestellt wurden, die Fähigkeit, Bodenziele aus der Luft zu bekämpfen. Bis Ende 2003, als die Mirage III RS ausser Dienst 5100

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gestellt wurde, hatte sie auch die Fähigkeit zur Aufklärung mit Kampfflugzeugen. In beiden Fällen wurde öffentlich kommuniziert, diese Fähigkeiten später wieder aufbauen zu wollen.

3.3.5

Quantität und maximales Finanzvolumen

Die genaue Anzahl der zu beschaffenden Flugzeuge ist noch offen. Die evaluierten Flugzeuge unterscheiden sich in Kosten und Leistung, was direkt beeinflusst, wie viele Flugzeuge aus militärischer Sicht nötig und innerhalb des maximalen Finanzvolumens beschaffbar sind.

Ein wichtiger Faktor für die Bestimmung der Flottengrösse ist die Leistung, die im Fall einer lang anhaltenden Spannung nötig ist.

Der alltägliche Luftpolizeidienst kann nicht Massstab sein, weil die Schweiz damit keinen genügenden Schutz bei Spannungen und im Fall eines bewaffneten Konflikts hätte. Die Hauptaufgabe der Luftwaffe ist nicht der Luftpolizeidienst, sondern Schutz und Verteidigung vor Angriffen im und aus dem Luftraum.

Umgekehrt kann auch die Fähigkeit zur monatelangen autonomen Verteidigung gegen einen massiven Luftangriff eines mächtigen Gegners nicht Massstab sein. Das liegt jenseits der Möglichkeiten eines relativ kleinen und neutralen Staates wie der Schweiz.

Die Details dazu, wie die Schweiz im Fall gefährlicher und anhaltender Spannungen in ihrem Umfeld die Luftwaffe einsetzen würde, um die unbefugte Benutzung ihres Luftraums zu verhindern und sich aus einem bewaffneten Konflikt herauszuhalten, können nicht im Voraus bestimmt werden. Als Bemessungsmodell für die Berechnung der erforderlichen Flottengrösse wurde festgelegt, dass die gesamte Flotte fähig sein sollte, während mindestens 4 Wochen mit mindestens 4 Flugzeugen permanent im Luftraum präsent zu sein. Dieses Szenario erlaubt es, die zu evaluierenden Kampfflugzeuge mit unterschiedlichem Leistungsvermögen (z. B. längere oder kürzere Verweildauer im Einsatzraum) und unterschiedlichen Wartungsanforderungen miteinander zu vergleichen. Es ist aber wichtig, sich bewusst zu sein, dass dies ein rein rechnerisches Bemessungsmodell ist: Die Luftwaffe wird nur dann, nur so lange und nur mit so vielen Flugzeugen in der Luft präsent sein, wie es die Lage unbedingt erfordert, um möglichst wenige Flugstunden zu verbrauchen und damit länger durchhalten zu können.

Wenn 4 Kampfflugzeuge im Einsatzraum in der Luft sind, werden 4 weitere für deren überlappende Ablösung bereitgestellt und 4 Flugzeuge, die den letzten Einsatz durchgeführt haben, wieder für den folgenden Einsatz vorbereitet. Für einen permanenten Betrieb von zwei Doppelpatrouillen werden also 12 Kampfflugzeuge
direkt benötigt. Auf den Flugplätzen sollten weitere 4 Flugzeuge als Reserve bereitstehen.

Damit sind 16 Flugzeuge direkt für einen solchen anhaltenden Einsatz nötig.

Bei Kampfflugzeugen müssen in festgelegten Intervallen Wartungen mit unterschiedlichem Aufwand und Zeitbedarf durchgeführt werden; und bei einem intensiven Einsatz fallen diese Wartungen häufiger an. Von der gesamten Flotte sind zu einem beliebigen Zeitpunkt zwischen 25 und 50 Prozent der Maschinen durch War5101

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tungs- und Reparaturarbeiten bei der Luftwaffe und in der Industrie gebunden. Das entspricht auch dem internationalen Standard. Bezogen auf den oben beschriebenen Einsatz wären dies nochmals 5­16 Flugzeuge.

Es ist zu beachten, dass für Ausbildung und Training weitere Flugzeuge nötig sind, über jene hinaus, die in Einsatz oder Unterhalt gebunden sind.

Diese Überlegungen führen zu einer Mindestgrösse der Flotte von rund 30 Kampfflugzeugen. Bei einer realistischen Annahme von bis zu 200 Millionen Franken Systempreis pro Flugzeug ist ein Finanzvolumen von bis zu 6 Milliarden erforderlich. Damit bleiben im Rahmen der vorgesehenen Finanzierung der Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums für den Zeitraum von rund 2023­2032 bis zu 2 Milliarden Franken für die Beschaffung eines Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite verfügbar. Das entspricht dem voraussehbaren Finanzbedarf für diese Komponente.

3.3.6

Stationierung

Die Lieferung neuer Kampfflugzeuge soll 2025 beginnen und 2030 abgeschlossen sein. Es wäre verfrüht, ein detailliertes Stationierungskonzept vorzulegen. Es lässt sich aber schon jetzt sagen, dass die neuen Kampfflugzeuge auf den heute bestehenden Luftwaffenbasen stationiert werden sollen. Die Gesamtflotte der Kampfflugzeuge wird nach 2030 kleiner sein als heute (30 F/A-18 und 26 F-5). Damit die Luftwaffe nicht temporär drei Flugzeugtypen betreiben muss, sollen die F-5 vor Beginn der Lieferung der neuen Kampfflugzeuge ausser Dienst gestellt werden.

Während der Evaluation neuer Kampfflugzeuge werden Lärmmessungen durchgeführt und in der Folge bei der Typenwahl berücksichtigt.

3.3.7

Autonomie und Abhängigkeit

Der Betrieb technologisch hoch entwickelter, aus dem Ausland beschaffter Systeme bringt Abhängigkeiten mit sich, zum Beispiel für die Versorgung mit Ersatzteilen und elektronischen Updates. Bei fehlender Unterstützung durch den Hersteller funktionieren bei Kampfflugzeugen einzelne Systeme mit der Zeit nicht mehr oder nur eingeschränkt. Befürchtungen, dass im Ausland beschaffte Kampfflugzeuge am Start gehindert, im Flug gestört oder gar ferngesteuert werden könnten, sind hingegen unbegründet. Ebenso gibt es keine Anzeichen dafür, dass Lenkwaffen in ihrer Funktionsfähigkeit aus der Ferne beeinträchtigt werden könnten.

Eine gross dimensionierte Lagerhaltung von Ersatzteilen und die Befähigung der einheimischen Industrie für Instandhaltung und Instandsetzung kann die Abhängigkeit vermindern, allerdings bei höheren Kosten. Eine Vorgabe für die Bemessung des Logistikpakets neuer Kampfflugzeuge ist, dass bei geschlossenen Grenzen und nicht sichergestellter Ersatzteilbewirtschaftung vom und ins Ausland während rund sechs Monaten die Lufthoheit gewahrt und der Ausbildungs- und Trainingsbetrieb

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aufrechterhalten werden kann. Der Flugbetrieb soll nach abgeschlossener Einführung mit eigenem Betriebspersonal durchgeführt werden können.

Eine Abhängigkeit von Herstellerstaaten und -unternehmen ist unvermeidbar. Man kann zwischen verschiedenen Herstellern wählen, diese verwenden aber zum Teil die gleichen Subsysteme. Eigenentwicklungen in kritischen Bereichen (z. B. Kommunikationssysteme) sind aus technischen und finanziellen Gründen für die Schweiz nicht möglich.

3.4

Beschaffungsplanung für die anderen Teile der Armee

In den 2020er-Jahren stehen ­ neben neuen Kampfflugzeugen und einem System der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite ­ weitere bedeutende Rüstungsbeschaffungen an. Eine ganze Reihe von Hauptsystemen der Armee wird an das Ende ihrer geplanten Nutzungsdauer gelangen: die Artillerie, die Kampfpanzer Leopard, alle auf dem Schützenpanzer M-113 basierenden Spezialfahrzeuge der Genie und der Artillerie, die Aufklärungsfahrzeuge 93 und die gesamte Flotte der Radschützenpanzer Piranha. Der Bedarf nach den Fähigkeiten, die heute mit diesen Systemen abgedeckt werden, wird voraussichtlich auch in Zukunft bestehen. Teilweise werden neue Technologien und moderne Systeme verfügbar sein, die in geringerer Anzahl eine gleich grosse oder sogar grössere Wirkung haben können ­ allerdings bei höheren Kosten pro Einheit.

Zudem müssen in den 2020er-Jahren, wie schon in der Vergangenheit, Lastwagen, Personenwagen und Spezialfahrzeuge ersetzt und weitere Investitionen in Führungsund Kommunikationssysteme wie das Führungsnetz Schweiz und die Rechenzentren des VBS und des Bundes getätigt werden.

Die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums hat Priorität. Sie darf aber nicht zu einem Beschaffungs- und Investitionsstopp für die anderen Teile der Armee führen. Nach gegenwärtiger Planung werden im gleichen 10-Jahres-Zeitraum, in dem die Mittel zum Schutz des Luftraums für durchschnittlich bis zu 0,8 Milliarden Franken pro Jahr erneuert werden (2023­2032), durchschnittlich rund 0,7 Milliarden Franken pro Jahr für Beschaffungen in anderen Bereichen benötigt (Stand Landesindex der Konsumentenpreise Jan. 2018), also pro Jahr durchschnittlich 1,5 Milliarden Franken. Ein 1:1-Ersatz aller derzeit im Einsatz stehenden Systeme würde noch mehr kosten, ist aber nicht in jedem Fall nötig. Die Armee wird Prioritäten setzen und erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um die Betriebskosten zu stabilisieren, damit die anstehenden Erneuerungen am Boden realisiert werden können.

Dass diese anstehenden Investitionen in den gleichen Zeitraum von rund zehn Jahren fallen, ist vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen: ­

Die der Armee zur Verfügung stehenden Mittel wurden ab 1990 über zwei Jahrzehnte stark gekürzt. Viele kurzfristig angesetzte Entlastungs- oder Sparprogramme reduzierten zudem die Planungssicherheit. Bei den Betriebskosten war das Sparpotenzial geringer, weil die Ausbildung und die Einsätze durchgeführt werden mussten. Deshalb wurde vor allem bei den 5103

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Beschaffungen, den Vorräten und Ersatzteilen sowie den Immobilien gespart. Damit entstand ein Nachholbedarf bei den Investitionen, der nun abgebaut werden muss.

­

3.5

Eine grosse Vorlage wurde 2014 abgelehnt, die Beschaffung von 22 GripenE-Kampfflugzeugen als Teilersatz für die F-5 Tiger. Damit fällt nun der Ersatz aller Kampfflugzeuge an.

Evaluation, Typenwahl und Beschaffung

Beschaffung und Instandhaltung erfolgen gemäss den Grundsätzen des Bundesrates für die Rüstungspolitik nach dem Wettbewerbs- und Wirtschaftlichkeitsprinzip. Für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge (wie auch parallel dazu der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite) wird das Einladungsverfahren angewendet.

In der Evaluation werden alle für die Beurteilung wichtigen Daten erfasst und, soweit nach Erfahrungswerten angezeigt, durch eigene Erprobung nachgeprüft.

Dazu gehören Leistungsdaten, aber auch die Kosten ­ nicht nur die Kosten der Beschaffung, sondern alle über die gesamte Nutzungsdauer voraussehbaren Kosten einschliesslich Unterhalt, Instandhaltung und Instandstellung (ohne Werterhaltungsprogramme, weil deren Kosten nicht zuverlässig abschätzbar sind, und auch ohne die Kosten der Ausserdienststellung).

3.5.1

Evaluation

Ab November 2017 fanden Gespräche mit den Flugzeugherstellern statt, zunächst mit den Verteidigungsministerien, in der Folge mit gemischten Teams der Verteidigungsministerien und der Herstellerunternehmen. Im Juli 2018 ging ein «request for proposals» an die Hersteller, eine erste Offertanfrage. Die Hersteller reichten am 25. Januar 2019 Offerten für 30 und für 40 Kampfflugzeuge (inkl. Lenkwaffen und einem definierten Logistikpaket) ein sowie eine Berechnung, wie viele Flugzeuge nötig wären, um 4 Wochen lang permanent 4 Flugzeuge in der Luft haben zu können.

Vom April bis Juni 2019 wurden die Kampfflugzeuge in der Schweiz erprobt. Gegenüber der Evaluation 2008 und aufgrund der damals gemachten Erfahrungen (die Anhaltspunkte dafür geben, welche Daten überprüft werden sollten) wurde das Testprogramm optimiert, was eine Verkürzung und damit auch eine Reduktion des Aufwands ermöglichte. Die Flugzeuge waren in Payerne basiert, starteten und landeten aber auch in Meiringen, um Lärmmessungen an beiden Orten zu ermöglichen.

Gegen Ende 2019 soll eine zweite Offertanfrage erfolgen, die bis zum Sommer 2020 beantwortet werden soll. Anschliessend an die Analyse dieser zweiten Offerten wird der Evaluationsbericht erstellt, der auch den Bezug zum System der bodengestützten Luftvereidigung grösserer Reichweite enthalten und dem Bundesrat als Grundlage für den Entscheid zur Typenwahl dienen soll.

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3.5.2

Typenwahl

Die Kandidaten werden mit einer Kosten-Nutzen-Analyse miteinander verglichen.

Kosten Für die Kosten werden sowohl die Beschaffungskosten der Systeme als auch deren Betriebskosten während einer dreissigjährigen Nutzung berücksichtigt. Dagegen werden die Kosten für allfällige Kampfwertsteigerungs- und Werterhaltungsprogramme sowie Ausserdienststellungskosten nicht berücksichtigt, weil diesbezügliche Vorhersagen mit hohen Unsicherheiten verbunden sind.

Nutzen Für die Evaluation des Nutzens werden folgende Kriterien berücksichtigt: ­

Wirksamkeit (operationelle Wirksamkeit, Einsatzautonomie) mit 55 Prozent Gewichtung;

­

Produktesupport (Wartungsfreundlichkeit, Supportautonomie) mit 25 Prozent Gewichtung;

­

Kooperation (militärische Ausbildungszusammenarbeit, z. B. Nutzung von Luftraum, Flug- und Schiessplätzen, Simulationsinfrastruktur sowie Kooperation mit dem Lieferanten bzw. der Regierung des Herstellerlandes während der Nutzung, z. B. in den Bereichen Instandhaltung, Ersatzteilbewirtschaftung, Weiterentwicklung) mit 10 Prozent Gewichtung;

­

direkte Industriebeteiligung (Umfang und Qualität des direkten Offsets als Teil der Kompensationsgeschäfte) mit 10 Prozent Gewichtung.

Die in der Evaluation erhobenen Leistungs- und Kosteninformationen werden nicht veröffentlicht; ihre Geheimhaltung entspricht legitimen militärischen oder kommerziellen Bedürfnissen.

Im Rahmen der Flugerprobungen führt die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) Lärmmessungen an den Standorten Payerne und Meiringen durch. Mit Modellen kann sie gestützt auf diese Messungen auch die Lärmbelastung für andere Standorte wie Emmen berechnen. Die Ergebnisse der Lärmmessungen werden veröffentlicht und fliessen in die Bewertung der Kandidaten ein.

Die Luftwaffe verbraucht rund 2 Prozent des insgesamt in der Schweiz getankten Kerosins. Ihr Anteil an den CO2-Emissionen aller in der Schweiz energetisch genutzten Brenn- und Treibstoffe beträgt rund 0,3 Prozent. Die CO2-Emissionen werden bei der Bewertung der Kandidaten berücksichtigt. Da die technische Machbarkeit für den Einsatz von Biokraftstoffen auch in der militärischen Luftfahrt in den letzten Jahren erwiesen wurde, werden die Entwicklungen in diesem Bereich im Auge behalten. Was die Herstellung von Biokraftstoffen betrifft, gilt in der Schweiz allerdings der Grundsatz, dass Pflanzen zuerst als Nahrungsmittel, dann als Futtermittel und erst zuletzt als Treibstoff verwendet werden.

5105

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3.5.3

Preise

Die Beschaffungspreise von Kampfflugzeugen müssen aus mehreren Gründen differenziert betrachtet werden: ­

Es besteht ein grosser Unterschied zwischen dem Preis eines einfachen Flugzeuges ohne irgendwelches Zusatzmaterial (Fly-away-Preis) und dem Systempreis. Letzterer schliesst die gesamte Bewaffnung und Logistik ein, die einsatzspezifische Ausrüstung (zum Beispiel Sensoren, Selbstschutzsysteme, Zusatztanks), die Systeme, um die Einsätze auszuwerten, Ausbildungssysteme (zum Beispiel Simulatoren) und die Integration in die bestehenden Führungssysteme. Der Systempreis kann mehr als das Doppelte des Fly-away-Preises betragen.

­

Die Preise werden aus kommerziellen Gründen gleich geheim gehalten wie ­ aus militärischen Gründen ­ Leistungsdaten. Damit bewahren sich die Hersteller Flexibilität in Vertrags- und Preisverhandlungen.

­

Die Wettbewerbssituation, der Stand der Amortisation von Entwicklungskosten und der Verlauf der Produktionskosten können den Preis beeinflussen, sodass unterschiedliche Kunden zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Preise bezahlen.

Internationale Vergleiche, wie sie gelegentlich basierend auf öffentlichen Daten angestellt werden, sind deshalb unzuverlässig.

Für ein vollständiges Bild müssen die Kosten der gesamten Nutzungsdauer berücksichtigt werden, nicht nur jene der Beschaffung. Die Betriebsausgaben sind ein wichtiger Faktor, der in der Evaluation sorgfältig abgeklärt und bei der Typenwahl berücksichtigt wird.

Wenn Kampfflugzeuge rund 30 Jahre im Einsatz sind, werden erfahrungsgemäss mehrere Updates oder Upgrades (Werterhaltungs- und Kampfwertsteigerungsprogramme) fällig. Deren Kosten können aber nicht zuverlässig vorausgesagt werden.

Die VBS-interne Expertengruppe ist in ihrem Bericht «Luftverteidigung der Zukunft» von einem mittleren Systempreis von 200 Millionen Franken pro Flugzeug ausgegangen. Dabei handelt es sich um eine Schätzung, nicht eine konkrete Preisangabe verschiedener Hersteller. Das Finanzvolumen von maximal 6 Milliarden Franken (Stand Landesindex der Konsumentenpreise Jan. 2018) für die Beschaffung der Kampfflugzeuge bildet den finanziellen Rahmen, unabhängig vom Systempreis der einzelnen Flugzeuge.

3.5.4

Zahlungsplan

Welche Beträge in welchen Jahren fällig werden, ist offen und wird mit dem gewählten Anbieter zu verhandeln sein. Eine Beschaffung in Tranchen ­ in dem Sinn, dass zunächst nur eine kleinere Menge fest bestellt würde, der Rest später in einem zweiten Schritt ­ hätte über einen Zeitraum von rund zehn Jahren keine Vorteile.

Wenn es darum geht, den Ablieferungsrhythmus zu gestalten oder die Zahlungskadenz den verfügbaren Ressourcen anzupassen, kann das in Verhandlungen mit 5106

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dem Anbieter geregelt werden. Eine Beschaffung in Tranchen würde auf beiden Seiten Unsicherheit schaffen, ohne einen Nutzen abzuwerfen. Zudem wäre mit höheren Kosten zu rechnen.

3.5.5

Kompensationsgeschäfte (Offsets)

Bei Rüstungsbeschaffungen aus dem Ausland ist es zulässig, von den Herstellerunternehmen zu verlangen, dass sie für den gesamten Vertragswert oder einen Anteil davon Aufträge an Unternehmen im Land des Bestellers vergeben. Solche Kompensationsgeschäfte oder Offsets entsprechen langjähriger und international verbreiteter Praxis.

Direkte Offsets sind Geschäfte, die direkt mit dem zu beschaffenden Rüstungsgut in Verbindung stehen: Die von Schweizer Unternehmen erbrachten Leistungen fliessen in das zu beschaffende Rüstungsgut ein, in Form von Voll- oder Teillizenzfertigungen, Unterlieferantenverhältnissen, Joint Ventures und anderen Kooperationsformen.

Indirekte Offsets beziehen sich nicht direkt auf das zu beschaffende Rüstungsgut, werden aber durch die betreffende Rüstungsbeschaffung ausgelöst. Diese Art von Offset bezieht sich primär auf Industrieaufträge, Technologietransfers, Investitionen, Marketing- oder Vertriebsunterstützung.

Offsets sind primär sicherheitspolitisch begründet. Es geht darum, die sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis zu stärken und damit die sicherheitspolitische Handlungsfreiheit der Schweiz zu fördern. Schweizer Unternehmen können durch direkte Offsets Zugang zu Spitzentechnologien erhalten und neue Fähigkeiten aufbauen. Diese tragen zur Autonomie in Unterhalt und Werterhaltung der Systeme sowie zu den Kernfähigkeiten der sicherheits- und rüstungsrelevanten Industrie bei.

Offsets können ebenfalls dazu dienen, neue Märkte zu erschliessen, die auch nach Wegfall der Offsetverpflichtungen erhalten bleiben. Auch indirekte Offsets tragen zur Stärkung der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis bei. Die von Kompensationsgeschäften betroffenen Unternehmen profitieren von zusätzlichen Aufträgen, was zusätzliches Steueraufkommen bedeuten kann. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen bleiben unklar, da auch mit negativen Auswirkungen zu rechnen ist (höhere Beschaffungspreise und Abschottung vom internationalen Wettbewerb). Entscheidend für Offset-Geschäfte sind indessen die sicherheitspolitischen Motive.

Offsets verursachen aber auch Kosten, die sich in etwas höheren Preisen ausdrücken.

Die Grösse der Differenz ist umstritten. Sie hängt unter anderem davon ab, wie kompetitiv die Unternehmen sind, die Offset-Aufträge erhalten.

Grundsätzlich ist der
ausländische Hersteller frei in der Auswahl seiner Geschäftspartner in der Schweiz; die Schweiz kann nicht bestimmte Firmen vorschreiben.

Wenn der ausländische Hersteller eine Tochterfirma in der Schweiz hat, kann er auch Aufträge an diese vergeben. Die sicherheitspolitische wie auch die volkswirtschaftliche Bedeutung fur die Schweiz wird dadurch nicht beeinträchtigt. Das Offset-Buro Bern stellt in Zusammenarbeit mit der armasuisse sicher, dass die Geschäfte alle Bedingungen erfüllen, um als Kompensationsgeschäfte angerechnet werden zu können. Das Offset-Büro Bern ist der Association for Swiss Industry Partici5107

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pation in Security and Defence Procurement Programs (ASIPRO) untergeordnet.

ASIPRO wird von Swissmem und dem Groupe romand pour le matériel de défense et de sécurité getragen und kann weitere Industrieverbände als Mitglieder aufnehmen. ASIPRO ist eine eigenständige, von armasuisse unabhängige juristische Person.

Wenn der von Offset-Aufträgen generierte Wert höher ist als die reinen finanziellen Aufwendungen (z. B. bei Aufträgen mit einem bedeutenden Technologietransfer), können Multiplikatoren angewendet werden, um dem tatsächlichen Wert eines Offset-Geschäfts Rechnung zu tragen. Dazu wird der Betrag für ein Offset-Geschäft mit einem Faktor versehen und damit dem tatsächlichen Wert angepasst (Geschäfte mit Forschungseinrichtungen: Faktor 1­2, Geschäfte mit hoher sicherheits- und rüstungspolitischer Relevanz für die Schweiz: Faktor 1­3).

Um eine nachhaltige Zusammenarbeit zu fördern, können Geschäfte, die zeitlich nah, aber vor dem in der Offset-Vereinbarung definierten Zeitraum durchgeführt wurden, angerechnet werden (banking). Der Entscheid dazu wird von der armasuisse im Einzelfall getroffen. Die Anrechnung von banking ist auf maximal 20 Prozent der neuen Offset-Verpflichtung beschränkt.

Wichtig ist, dass in der Abwicklung der Kompensationsgeschäfte maximale Transparenz hergestellt wird. In einer öffentlich einsehbaren Liste sollen alle Unternehmen aufgeführt werden, die Offset-Aufträge erhalten haben.

Das bei der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge zum Zug kommende Herstellerunternehmen muss den Vertragswert zu 60 Prozent durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz kompensieren: 20 Prozent direkte Offsets und 40 Prozent indirekte Offsets bei Unternehmen der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis der Schweiz. Es werden deshalb nicht 100 Prozent Offsets verlangt, weil diese die Beschaffung tendenziell verteuern und weil es um ein sehr grosses Vertragsvolumen geht. Bei einem so grossen Volumen wäre es schwierig, die letzten 40 Prozent Offsetgeschäfte zu realisieren, ohne den normalen Handel zu berühren. Offsetgeschäfte müssen zusätzlich zum normalen Handel erfolgen und dürfen diesen nicht verdrängen.

Es bestehen auch Richtwerte zur regionalen Verteilung der Offset-Geschäfte: 65 Prozent der Gesamtverpflichtung in der deutschsprachigen Schweiz, 30 Prozent in der französischsprachigen Schweiz, 5 Prozent in der italienischsprachigen Schweiz.

3.5.6

Beschaffungsverträge mit Regierungen oder direkt mit Herstellerunternehmen?

Rüstungsgüter können direkt von den Herstellerunternehmen oder alternativ über die Regierung des Herstellerstaats (konkret: Verteidigungsministerium oder Streitkräfte) beschafft werden. Beschaffungen aus den USA laufen in der Regel über das Programm Foreign Military Sales des Department of Defense; die F-5 und F/A-18 sowie die Lenkwaffen für diese Flugzeuge wurden auf diesem Weg beschafft. In Europa sind Beschaffungen direkt vom Hersteller üblicher.

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Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge kann grundsätzlich auf beide Arten erfolgen, ohne Benachteiligung oder Bevorzugung.

Im Fall einer Beschaffung direkt von einer Firma wird angestrebt, mit dem Verteidigungsministerium oder den Streitkräften des Herstellerlandes parallel ein oder mehrere Abkommen zur Kooperation in Ausbildung und möglicherweise auch Betrieb und Unterhalt abzuschliessen.

Für die Erfüllung von Offset-Verpflichtungen sind allein die Herstellerfirmen verantwortlich.

3.5.7

Zeitplan für die Evaluation und Beschaffung

Schritt

Kampfflugzeuge

bodengestützte Luftverteidigung

Erste Offertanfrage

Juli 2018

Sept. 2018

Eintreffen der ersten Offerte

Jan. 2019

März 2019

Erprobung in der Schweiz

April ­ Juni 2019

Aug. ­ Sept. 2019

Zweite Offertanfrage

Ende 2019

Eintreffen der zweiten Offerte

Sommer 2020

Erstellen Evaluationsbericht

2. Halbjahr 2020

Typenwahl

Ende 2020, Anfang 2021

Rüstungsprogramm

2022

Vertragsunterzeichnung

Ende 2022, Anfang 2023

Beginn der Ablieferungen

2025

Abschluss der Einführung

Ende 2030

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Sicherheitspolitische Aspekte

Der Planungsbeschluss bedeutet, dass die Armee ­ vorbehältlich des Ergebnisses dieser Planung und der Zustimmung des Parlaments zu den schliesslich zu beantragenden Beschaffungen ­ befähigt wird, ihre Aufgaben, die Kampfflugzeuge erfordern, in den nächsten Jahrzehnten weiter zu erfüllen. Sie kann damit die Menschen in der Schweiz und die für das Funktionieren von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft kritische Infrastruktur gegenüber Bedrohungen aus der Luft schützen und verteidigen sowie die Bodentruppen im Einsatz unterstützen.

Es gibt weitere Teile der Armee, deren Ausrüstung bald erneuert werden muss, und selbst für den Schutz des Luftraums ist die bodengestützte Luftverteidigung zu 5109

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modernisieren, zum Teil parallel (Systeme grösserer Reichweite) und zum Teil in der Folge (Systeme kürzerer Reichweite). Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge hat aber die höchste Priorität und ist Bedingung dafür, dass die Armee als Gesamtsystem funktionieren kann.

Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge hat eine sicherheitspolitische Signalwirkung. Die Schweiz zeigt damit, dass sie in Spannungs- und Konfliktsituationen willens und fähig ist, Konfliktparteien die Benutzung ihres Luftraums zu verwehren.

Das stärkt die Glaubwürdigkeit ihrer Neutralität und senkt das Risiko, dass eine Konfliktpartei durch Verletzungen des schweizerischen Luftraums militärische Vorteile zu gewinnen sucht. In einem von zunehmenden Spannungen geprägten Umfeld setzt die Schweiz mit dem Planungsbeschluss auch ein Zeichen, dass Sicherheit für sie ein wichtiges Gut ist, in das die erforderlichen Mittel zu investieren sie bereit ist.

4.1.2

Aussenpolitische Aspekte

Bei der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge handelt es sich um ein Geschäft mit einem beträchtlichen Finanzvolumen. Es ist davon auszugehen, dass die Regierungen aller Herstellerländer daran interessiert sind, dass der Zuschlag auf Hersteller in ihrem Land fällt.

Grundsätzlich müssen die Anforderungen (Leistungsfähigkeit, Eignung für die Schweiz, Kosten, militärische und industrielle Kooperationsangebote) erfüllt sein und die sachlichen Kriterien dominieren. Beschaffungsentscheide dürfen nicht von sachfremden Überlegungen zulasten des Nutzwertes für die Armee dominiert werden. Der Bundesrat ist aber bei der Typenwahl frei. Bei gleichwertigen Angeboten können aussenpolitische Aspekte eine Rolle spielen.

Die Schweiz hat bislang alle Waffensysteme aus westlichen Ländern beschafft. Sie hat auch für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge nur westliche Länder eingeladen, Offerten einzureichen. Weder Neutralitätsrecht noch Neutralitätspolitik machen spezifische Vorgaben in Bezug auf die Wahl der Hersteller; die Schweiz ist frei in der Wahl der Anbieter, sofern mit der Beschaffung nicht kriegführende Staaten in internationalen Konflikten begünstigt werden. Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, als neutraler Staat bei den Beschaffungen verschiedene Allianzen oder politische Lager zu berücksichtigen.

4.1.3

Finanzielle Aspekte

Für die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge wird ein Finanzvolumen von höchstens 6 Milliarden Franken eingesetzt (Stand Landesindex der Konsumentenpreise Jan. 2018). Dieser Betrag ergibt sich aus der Minimalgrösse der Flotte und dem realistischen Systempreis pro Flugzeug.

Im gleichen Zeitraum, in dem bis zu 8 Milliarden Franken für die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums (inkl. Beschaffung eines Systems der bodenge5110

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stützten Luftverteidigung grösserer Reichweite) fällig werden, müssen 7 Milliarden Franken für Beschaffungen (über Rüstungsprogramme) für die anderen Teile der Armee vorgesehen werden.10 Dies ist der Minimalbedarf; an sich wären Investitionen in der Grössenordnung von rund 10 Milliarden Franken nötig, um die in diesem Zeitraum ans Ende ihrer Nutzungsdauer gelangenden Boden- und Führungssysteme vollständig zu erneuern.

Bei einem Armeebudget von 5 Milliarden Franken steht rund 1 Milliarde Franken pro Jahr zur Verfügung, um durch Rüstungsprogramme erfolgte Beschaffungen zu bezahlen. Rund 3 Milliarden Franken werden für den Betrieb der Armee benötigt, rund 1 Milliarde Franken für Immobilien, die Beschaffung von Munition, die Ergänzung und Erneuerung der Ausrüstung wie beispielsweise die persönliche Bekleidung der Armeeangehörigen oder die erstmalige Beschaffung von Armeematerial von nachgeordneter finanzieller Bedeutung sowie Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung.

Über einen Zeitraum von 10 Jahren (2023­2032) stünden damit 10 Milliarden Franken verfügbare Finanzmittel einem Bedarf von 15 Milliarden Franken (8 für die Erneuerung der Mittel zum Schutz des Luftraums, 7 für andere Teile der Armee) gegenüber. Der Bundesrat beschloss deshalb im November 2017, dass dem Zahlungsrahmen der Finanzierung der Armee in den kommenden Jahren eine Wachstumsrate in der Grössenordnung von real 1,4 Prozent pro Jahr eingeräumt werden soll. Gleichzeitig soll die Armee den Aufwand für den Betrieb real stabilisieren, so dass der Ausgabenzuwachs grösstenteils für Rüstungsinvestitionen zur Verfügung steht. Ein solches Ausgabenwachstum führt dazu, dass für den Zeitraum 2023­2032 die benötigten rund 15 Milliarden Franken für die Finanzierung von Rüstungsprogrammen zur Verfügung stehen.

4.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Volkswirtschaftlich ist von Bedeutung, dass die zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge ausgegebenen Finanzmittel zumindest zum Teil der Wirtschaft in der Schweiz zugute kommen. Das geschieht anhand von Kompensationsgeschäften (Offsets). Das bei der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge zum Zug kommende Herstellerunternehmen muss den Vertragswert zu 60 Prozent durch die Vergabe von Aufträgen in der Schweiz kompensieren. Die Begründung dafür ist primär sicherheitspolitischer Natur, nämlich die Stärkung der sicherheitsrelevanten Industrie- und Technologiebasis der Schweiz. Bei den Unternehmen, die von den Offset-Geschäften profitieren, kommt es zu zusätzlichen Aufträgen und unter Umständen zur Sicherung von Arbeitsplätzen. Zudem besteht die Möglichkeit einer Erhöhung des Steueraufkommens. Eine Einschätzung der gesamten volkswirtschaftlichen Auswirkungen ist jedoch nicht möglich, da mit Offsetgeschäften gewisse Marktmechanismen geschwächt werden und daher auch mit negativen Auswirkungen zu rechnen ist (höhere Beschaffungspreise und Abschottung vom internationalen Wettbewerb).

10

Siehe Ziff. 3.4

5111

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5

Rechtliche Aspekte

Gemäss Artikel 28 ParlG wirkt die Bundesversammlung bei den wichtigen Planungen der Staatstätigkeit unter anderem dadurch mit, indem sie Planungsbeschlüsse fasst. Planungsbeschlüsse sind Vorentscheidungen, die festlegen, dass bestimmte Ziele anzustreben, Grundsätze und Kriterien zu beachten oder Massnahmen zu planen sind. Planungsbeschlüsse sind grundsätzlich in der Form des einfachen Bundesbeschlusses zu erlassen. Für Planungsbeschlüsse von grosser Tragweite kann die Form des Bundesbeschlusses gewählt werden.

Der vorliegende Planungsbeschluss ist im Falle seiner Annahme ein grundsätzlich verbindlicher Vorentscheid darüber, ob in den nächsten Jahren neue Kampfflugzeuge beschafft werden sollen. Die Räte behalten aber ihre Entscheidungsfreiheit über den konkreten Beschaffungsantrag, der im Rahmen eines Rüstungsprogramms den Räten unterbreitet wird. Sollte der Bundesrat später aus guten Gründen vom Planungsbeschluss abweichen wollen, so hat er dies gemäss Artikel 28 Absatz 4 ParlG zu begründen. Bei Annahme des Planungsbeschlusses in einer Volksabstimmung würde der Bundesrat nur aufgrund unbestritten veränderter objektiver Umstände eine Abweichung vom Beschluss in Betracht ziehen.

Es handelt sich hier um einen Grundsatzentscheid zu einer Frage von grosser Tragweite. Es geht nicht darum, indirekt die Möglichkeit eines Finanzreferendums einzuführen. Die grosse Tragweite begründet sich (wie in Ziff. 1.6 und 3.2 dargelegt) mit folgenden Überlegungen: ­

Es geht darum, ob die Schweiz und ihre Bevölkerung auch nach 2030 gegen Angriffe in und aus der Luft geschützt sind. Ohne neue Kampfflugzeuge wäre die Armee nicht mehr fähig, ihre Aufgaben zu erfüllen.

­

Über die letzten beiden Vorhaben zur Beschaffung von Kampfflugzeugen wurde abgestimmt: 1993 aufgrund der Volksinitiative «für eine Schweiz ohne neue Kampfflugzeuge», 2014 aufgrund eines Referendums gegen das Gripen-Fonds-Gesetz.

­

Die lange Zeit und das beträchtliche finanzielle Engagement der Beschaffung neuer Kampfflugzeuge verlangen nach Planungssicherheit; ein Grundsatzentscheid des Parlaments (und allenfalls der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger) erhöht diese.

Es ist darum folgerichtig, dass der Planungsbeschluss den eidgenössischen Räten ­ und im Fall eines Referendums auch dem Volk ­ vorgelegt wird, bevor auf der Grundlage von Evaluation, Typenwahl und Verhandlungen mit den Herstellern ein konkreter Beschaffungsantrag erarbeitet wird. Im Fall einer Ablehnung des Planungsbeschlusses müsste analysiert werden, ob die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge grundsätzlich abgelehnt wird oder nur die im Bundesbeschluss enthaltenen Eckwerte dazu. Je nach Ergebnis wäre dann über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

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