Zweckmässigkeit der Bevölkerungsszenarien des Bundesamtes für Statistik Kurzbericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 27. August 2019

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Bericht 1

Einleitung

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) veröffentlichte am 19. Oktober 2018 auf der Grundlage einer Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK)1 einen Bericht über die Zweckmässigkeit der Bevölkerungsszenarien des Bundesamtes für Statistik (BFS)2 mit fünf Empfehlungen an den Bundesrat. Ihrer Praxis entsprechend ersuchte die GPK-S den Bundesrat, ihr mitzuteilen, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der Kommission umzusetzen gedenkt.

Die GPK-S nahm von der Stellungnahme des Bundesrates vom 19. Dezember 2018 Kenntnis. Der vorliegende Kurzbericht enthält ihre Bewertung dieser Stellungnahme.

2

Bewertung der GPK-S

2.1

Allgemeine Bemerkungen

Die Kommission nimmt erfreut zur Kenntnis, dass der Bundesrat einen grossen Teil ihrer Feststellungen zu den Bevölkerungsszenarien teilt und ihre Bemerkungen berücksichtigt. Sie stellt fest, dass der Bundesrat bereit ist, vier ihrer fünf Empfehlungen ­ ganz oder teilweise ­ zu akzeptieren. Die Empfehlungen werden mit Massnahmen umgesetzt, die teilweise schon eingeleitet wurden respektive spätestens mit der Veröffentlichung der nächsten Bevölkerungsszenarien im Jahr 2020 umgesetzt werden, was die GPK-S als zielführend einstuft.

Die GPK-S begrüsst zudem, dass der Bundesrat die Bedeutung der BFS-Szenarien als «grundlegendes Planungsinstrument» «für verschiedene Bereiche der Schweizer Politik» anerkennt und die Feststellungen der Kommission im Zusammenhang mit den Abweichungen der Szenarien im Vergleich zur realen Bevölkerungsentwicklung teilt.

Es folgt die detaillierte Bewertung der Kommission zur Umsetzung der verschiedenen Empfehlungen aus ihrem Bericht.

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«Zweckmässigkeit der Bevölkerungsszenarien des Bundesamtes für Statistik», Evaluationsbericht der PVK vom 8.2.2018 (BBl 2019 1969).

«Zweckmässigkeit der Bevölkerungsszenarien des Bundesamtes für Statistik», Bericht der GPK-S vom 19.10.2018 (BBl 2019 1951).

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2.2

Empfehlung 1: Verbesserung der Qualität der Hypothesen zur Migration

Empfehlung vom 19. Oktober 2018: Die GPK-S ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass die Hypothesen zur Migrationsentwicklung, welche als Grundlage für die Erarbeitung der nationalen und kantonalen Szenarien dienen, kontinuierlich optimiert werden und dass der Erfahrungsaustausch mit den anderen Ländern zu diesem Thema verstärkt wird.

Der Bundesrat teilt die Feststellung der Kommission, dass die Migration ein äusserst schwierig einzuschätzender Faktor ist. Er hat sich bereit erklärt, dafür zu sorgen, dass die Hypothesen zur Migrationsentwicklung, welche als Grundlage für die Erarbeitung der nationalen und kantonalen Szenarien dienen, kontinuierlich optimiert werden. Das BFS plant, bei der Erarbeitung der nächsten Szenarien eine Reihe von Expertinnen und Experten schriftlich zu konsultieren und zu einer Sitzung einzuladen, um die Hypothesen zur Migrationsentwicklung zu diskutieren, wie dies bereits bei den letzten Szenarien der Fall war. Zudem wird sich das BFS auf die Arbeiten des Nationalen Forschungsschwerpunkts in Sachen Migration und Mobilität stützen und seine Beziehungen zu anderen Ländern festigen, um die Bevölkerungsszenarien zu optimieren. Das Verfahren zur Erstellung der Hypothesen wird bei der Veröffentlichung der nächsten Szenarien im November 2020 präsentiert.

Die GPK-S begrüsst diese Massnahmen, die sie als zielführend für eine genauere Schätzung der Migration für die Bevölkerungsszenarien erachtet. Sie ist sich bewusst, dass die Schätzung der Migrationsbewegungen auch künftig eine grosse Herausforderung und eine komplexe Aufgabe darstellen wird. Sie wird sich mit diesem Thema erneut befassen, sobald die neuen Szenarien veröffentlicht sind.

2.3

Empfehlung 2: Entwicklung von digitalen Tools zu den veröffentlichten Szenarien

Empfehlung vom 19. Oktober 2018: Die GPK-S ersucht den Bundesrat, zu prüfen, ob die Entwicklung von interaktiven digitalen Tools als Ergänzung zu den veröffentlichten Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung zweckmässig ist.

Der Bundesrat hat angekündigt, dass das BFS im Rahmen der Erarbeitung der nächsten Szenarien «neue interaktive digitale Tools entwickeln [wird], die den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer entgegenkommen».

Die Kommission begrüsst diese Massnahme, welche in der PVK-Evaluation von mehreren Akteuren gefordert wurde. Sie erachtet es für sinnvoll, neue interaktive Tools zu entwickeln, die den veränderten Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden. Sie wird sich nach der Veröffentlichung der nächsten Szenarien über den 7909

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Stand der Dinge informieren und dann prüfen, inwieweit die neu entwickelten Instrumente tatsächlich den Bedürfnissen der Nutzenden entsprechen.

2.4

Empfehlung 3: Präzisierung der Modalitäten zur Nutzung der Szenarien durch die Bundesämter

Empfehlung vom 19. Oktober 2018: Die GPK-S ersucht den Bundesrat, die Modalitäten zur Nutzung der Szenarien des BFS durch die Bundesämter zu präzisieren, um sicherzustellen, dass Letztere sich künftig damit auseinandersetzen, welche Varianten zur Bevölkerungsentwicklung sie in ihre Arbeit einbeziehen.

In diesem Zusammenhang wird der Bundesrat aufgefordert, zu prüfen, ob die Bundesämter dazu verpflichtet werden können, ihre Wahl des Szenarios oder der Szenarien zu begründen oder eine Mindestzahl an Szenarien oder Varianten parallel zu untersuchen.

Der Bundesrat erachtet es wie die GPK-S als wichtig, dass die Bundesämter bei zukünftigen Planungsarbeiten mehrere Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung einbeziehen. Er hat mitgeteilt, dass das BFS die Bundesämter mehrfach auf diesen Punkt hingewiesen hatte und dies künftig, namentlich bei der Veröffentlichung der nächsten Szenarien im Jahr 2020, noch stärker betonen wird. Die Kommission begrüsst dies.

Die GPK-S nimmt zur Kenntnis, dass der Bundesrat hingegen nicht bereit ist, die Bundesämter dazu zu verpflichten, mehrere Szenarien oder Varianten zu verwenden, um «ihre Arbeit nicht zu erschweren». Die Kommission kann dieses Argument nachvollziehen und ist sich bewusst, dass der Einbezug mehrerer Szenarien einen zusätzlichen Aufwand darstellt und die Information der Öffentlichkeit erschweren kann. In ihren Augen wäre es dennoch wünschenswert, dass sich die Bundesämter im Rahmen des Möglichen und der vorhandenen Ressourcen mindestens auf zwei Szenarien stützen. Dieses Vorgehen ist besonders wichtig in den Bereichen, in denen die Wahl eines Szenarios grosse Auswirkungen auf die Politikumsetzung hat (z. B.

Energiepolitik oder Raumplanung). Sollte weiterhin nur auf ein Szenario abgestellt werden, ist es unerlässlich, dass die Bundesämter die Gründe für die Wahl dieses Szenarios transparent darlegen. Die Kommission erwartet vom Bundesrat, dass er die Einhaltung dieser Grundsätze künftig sicherstellt.

Die Bundesämter müssen nach Ansicht der Kommission stärker für den Sinn und Zweck der Szenarien (Vergleich mehrerer Varianten) sensibilisiert werden, damit diese besser eingesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund begrüsst die Kommission die vom BFS angekündigten Sensibilisierungsmassnahmen. Sie wird deren Wirkung und die Entwicklung der entsprechenden Praktiken im Rahmen der Nachkontrolle zur vorliegenden Inspektion überprüfen.

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2.5

Empfehlung 4: Besserer Einbezug der Kantone bei der Erarbeitung der kantonalen Szenarien

Empfehlung vom 19. Oktober 2018: Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, sicherzustellen, dass die Kantone stärker und frühzeitig in die Erarbeitung der kantonalen Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung einbezogen werden, und zu prüfen, wie diese Zusammenarbeit verbessert werden könnte.

Der Bundesrat wird zudem ersucht, zu prüfen, ob die Einbindung zusätzlicher Akteure (Bundesämter, Sachverständige, Dritte) in die Erarbeitung der kantonalen Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung zweckmässig ist.

Der Bundesrat teilt die Ansicht, dass die Kantone von Anfang an in den Erarbeitungsprozess der Szenarien einbezogen werden sollten. Er hat angekündigt, dass das BFS insbesondere darauf achten wird, die kantonalen Vertreterinnen und Vertreter dazu einzuladen, sich an der Erarbeitung der nationalen Szenarien und ­ wie bereits 2015 ­ der kantonalen Szenarien zu beteiligen. Das BFS wird zudem ein Mitglied der Schweizerischen Kantonsplanerkonferenz (KPK) dazu einladen, an der Begleitgruppe zur Erarbeitung der nationalen und kantonalen Szenarien teilzunehmen, um die Bedürfnisse der Kantone im Bereich Raumplanung einfliessen zu lassen.

Die GPK-S stellt erfreut fest, dass der Bundesrat offensichtlich gewillt ist, bei der Erarbeitung der Szenarien den kantonalen Interessen mehr Platz einzuräumen, und dass die Modalitäten des Einbezugs der Kantone anscheinend geklärt wurden. Dieser Punkt ist einigen Kantonen sehr wichtig, weshalb die Kommission den Bundesrat ersucht, ihm besondere Beachtung zu schenken. Die Kommission ist sich ­ wie sie bereits in ihrem Inspektionsbericht geschrieben hat ­ bewusst, dass der Einbezug der Standpunkte der Kantone zahlreiche Herausforderungen birgt und das BFS bei der Erarbeitung der kantonalen Szenarien ganz klar die Federführung und Entscheidungskompetenz behalten sollte. Die Kommission wird prüfen, inwieweit die Zusammenarbeit des BFS mit den Kantonen im Rahmen der nächsten, für 2020 vorgesehenen Szenarien intensiviert werden konnte.

Die GPK-S ersuchte den Bundesrat in ihrer Empfehlung zudem, zu prüfen, ob die Einbindung zusätzlicher Akteure in die Erarbeitung der kantonalen Szenarien zweckmässig ist. Abgesehen vom Einbezug der KPK macht der Bundesrat in seiner Stellungnahme aber keine Aussage über den möglichen Einbezug weiterer Akteure.

Der Bundesrat wird daher der Forderung der
GPK-S zur Prüfung der Einbindung zusätzlicher Akteure nur teilweise gerecht, was die Kommission bedauert. Sie verzichtet zum jetzigen Zeitpunkt allerdings auf eine Vertiefung und wird sich mit diesem Aspekt im Rahmen ihrer Nachkontrolle befassen.

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2.6

Empfehlung 5: Bereitstellung regionalisierter statistischer Daten zur Bevölkerungsentwicklung

Empfehlung vom 19. Oktober 2018: Die GPK-S ersucht den Bundesrat, zu prüfen, inwieweit die regionalisierten Daten des ARE zur Bevölkerungsentwicklung (sowie allfällige andere regionale Daten der Bundesämter) für die Kantone nützlich sein könnten.

Der Bundesrat befürwortet den Grundsatz, regionalisierte Daten der Bundesämter zur Verfügung zu stellen. Als Beispiel nennt er die für die Verkehrsmodellierung erarbeiteten Bevölkerungsdaten des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE), die bereits von der GPK-S in ihrem Bericht erwähnt wurden.

Die Kommission begrüsst den grundsätzlichen Willen des Bundesrates, regionalisierte Daten zur Verfügung zu stellen. In der Stellungnahme des Bundesrates bleibt allerdings offen, ob und inwiefern solche Daten für die Kantone von Nutzen sein könnten. Abgesehen von den regionalisierten Daten zur Bevölkerungsentwicklung des ARE wird in der Stellungnahme auch keine Aussage über allfällige weitere regionale Daten gemacht. Die GPK-S geht davon aus, dass der Bundesrat in den nächsten Monaten prüfen wird, welche Datenbanken nützlich sein könnten. Sie wird in dieser Sache in ihrer Nachkontrolle Bilanz ziehen.

3

Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

Die GPK-S hält fest, dass der Bundesrat gewillt ist, die meisten ihrer Empfehlungen umzusetzen und die gewünschten Verbesserungen am Verfahren zur Erarbeitung der Bevölkerungsszenarien vorzunehmen. Sie hat deshalb beschlossen, ihre Inspektion abzuschliessen. Sie wird sich Anfang 2021, nach der Veröffentlichung der nächsten Reihe von Szenarien, im Rahmen einer Nachkontrolle über den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen informieren.

27. August 2019

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Die Präsidentin: Anne Seydoux-Christe Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EDI/UVEK: Claude Hêche Der Sekretär der Subkommission EDI/UVEK: Nicolas Gschwind

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Abkürzungsverzeichnis ARE

Bundesamt für Raumentwicklung

BFS

Bundesamt für Statistik

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

KPK

Schweizerische Kantonsplanerkonferenz

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

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