Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 19. Oktober 2018 Stellungnahme des Bundesrates vom 19. Dezember 2018

Sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 19. Oktober 20181 betreffend die Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. Dezember 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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2018-3774

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Sanktionspolitik der Schweiz hat sich in den letzten Jahrzehnten grundsätzlich gewandelt. Einerseits ist die Schweiz seit dem Beitritt zu den Vereinten Nationen (UNO) im Jahr 2002 verpflichtet, vom UNO-Sicherheitsrat beschlossene Wirtschaftssanktionen umzusetzen. In autonomer Weise hatte der Bundesrat allerdings bereits seit 1990 (Irak-Embargo) sämtliche vom UNO-Sicherheitsrat erlassenen nichtmilitärischen Sanktionsmassnahmen übernommen. Anderseits ergriff die Schweiz erstmals im Jahr 1998 in Anlehnung an entsprechende EU-Beschlüsse Zwangsmassnahmen gegenüber der Bundesrepublik Jugoslawien. Seither hat sich die Schweiz in vielen, aber nicht allen Fällen den von der Europäischen Union (EU) verhängten Sanktionsmassnahmen angeschlossen. Mit dem Embargogesetz vom 22. März 20022 (EmbG) ­ in Kraft getreten am 1. Januar 2003 ­ wurde eine eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen, um nichtmilitärische, der Einhaltung des Völkerrechts und der Respektierung der Menschenrechte dienende Sanktionen der UNO, der OSZE oder der wichtigsten Handelspartner der Schweiz mittels des Erlasses von Zwangsmassnahmen in der Schweiz durchzusetzen. Gegenwärtig basieren 25 Verordnungen auf dem EmbG.

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass sich die Schweizer Sanktionspolitik bewährt hat und entlang der bisherigen Linien weitergeführt werden soll. Sie erlaubt es, den völkerrechtlichen Verpflichtungen als UNO-Mitglied nachzukommen und bei Sanktionsbeschlüssen der wichtigsten Handelspartner ­ in der Regel der EU ­ aufgrund einer sorgfältigen Interessenabwägung diejenige Politik zu formulieren, die dem Gesamtinteresse der Schweiz am besten entspricht. In diesem Zusammenhang nimmt der Bundesrat mit Genugtuung zur Kenntnis, dass auch aus der Sicht der GPK-S die schweizerische Strategie in der Sanktionspolitik klar ist und sich nach den aussenpolitischen und aussenwirtschaftspolitischen Grundsätzen der Schweiz ausrichtet.

Gleichzeitig sind immer wieder kritische Stimmen zur Beteiligung der Schweiz an Wirtschaftssanktionen zu vernehmen. So wird beispielsweise die Kohärenz der Schweizer Beteiligung an EU-Sanktionen angezweifelt. Schwierigkeiten bei der Überwachung von Sanktionsmassnahmen und der Verhinderung von Umgehungsgeschäften werden ebenfalls regelmässig thematisiert. Weitere Stimmen stehen Wirtschaftssanktionen grundsätzlich
kritisch gegenüber.

Vor diesem Hintergrund haben die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) am 28. Januar 2016 beschlossen, die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation der Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen zu beauftragen. Insbesondere sollten folgende vier Fragestellungen untersucht werden:

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SR 946.231

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Welche Strategie verfolgt der Bund bei der Beteiligung an Sanktionen? Ist die Strategie angesichts der aussenpolitischen und der aussenwirtschaftspolitischen Ziele der Schweiz angemessen?

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Ist die Vorbereitung der Sanktionsentscheide durch die Bundesverwaltung angemessen?

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Ist der Vollzug der Sanktionsentscheide durch den Bund angemessen?

­

Wie wirksam sind die Sanktionsmassnahmen bzw. die Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung von Sanktionen?

Im Rahmen ihrer Untersuchung analysierte die PVK relevante Dokumente zur Vorbereitung und zum Vollzug verschiedener Sanktionsverordnungen und führte Interviews mit 35 Personen aus der Bundesverwaltung und ausgewählten verwaltungsexternen Organisationen durch. Weiter hat die PVK in statistischen Analysen Zolldaten zum Handel der Schweiz mit sanktionierten Ländern untersucht. Und schliesslich wurde das Schweizerische Institut für Aussenwirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung (SIAW) beauftragt, bezüglich der Verordnung vom 27. August 20143 über Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung internationaler Sanktionen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine (Ukraine-Verordnung) die Handelsströme zu überprüfen, um zu eruieren, ob es Anzeichen für die Umgehung von Sanktionen durch die Schweiz gibt.

Auf der Grundlage der Evaluation der PVK vom 9. November 20174 verabschiedete die GPK-S am 19. Oktober 2018 den Bericht «Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen» zuhanden des Bundesrates.5 Darin beurteilt die GPK-S die wichtigsten Feststellungen der PVK und formuliert fünf Empfehlungen an den Bundesrat.

Der Bundesrat wurde ersucht, bis zum 18. Januar 2019 eine Stellungnahme zu den Feststellungen und Empfehlungen der GPK-S abzugeben.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Informationsgrundlage des Bundesrates

Empfehlung 1

Transparente Anwendung der Kriterien für Güterabwägung

Die GPK-S lädt den Bundesrat ein, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, damit die Relevanz der einzelnen Kriterien zur Abwägung der Übernahme bzw.

Nichtübernahme von EU-Sanktionen künftig im konkreten Anwendungsfall systematisch geprüft und der Bundesrat über das Resultat informiert wird.

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SR 946.231.176.72 Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen, Bericht der PVK vom 9. Nov. 2017 zuhanden der GPK-S (nachfolgend Bericht der PVK vom 9. Nov. 2017).

Beteiligung des Bundes an Wirtschaftssanktionen, Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 19. Okt. 2018 (nachfolgend Bericht der GPK-S vom 19. Okt. 2018).

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Der Bundesrat teilt die Meinung der GPK-S, dass die im Jahr 2014 ausgearbeiteten Kriterien zur Abwägung der Übernahme bzw. Nichtübernahme von EU-Sanktionen eine gute Entscheidgrundlage für den Bundesrat darstellen und eine angemessene Güterabwägung ermöglichen. Seit der Fertigstellung des Berichts durch die PVK hat der Bundesrat in mehreren weiteren Fällen in Anlehnung an die EU Sanktionsmassnahmen erlassen (Myanmar, Demokratische Republik Kongo, Südsudan, Venezuela). In all diesen Fällen hat das federführende Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) in den entsprechenden Bundesratsanträgen die relevanten aussenpolitischen, aussenwirtschaftspolitischen und rechtlichen Kriterien erörtert.

Auf allfällige problematische Aspekte wurde klar hingewiesen.

Die im Jahr 2014 erarbeitete Kriterien- und Fragenliste ist vorrangig als Hilfsmittel für die Verwaltung zu betrachten, das sicherstellen soll, dass im Einzelfall keine wichtigen Aspekte vergessen gehen. Dabei bestand nicht die Absicht, dass in jedem Anwendungsfall sämtliche Kriterien (und die damit verbundenen Fragen) lückenlos und systematisch abgearbeitet werden sollen. Auch sind nicht alle Kriterien in jedem Fall relevant. So macht es beispielsweise wenig Sinn, detailliert auf Fragen im Zusammenhang mit einem Schutzmachtmandat einzugehen, wenn die Schweiz im betreffenden Staat gar kein solches Mandat ausübt und nicht beabsichtigt, ein solches zu übernehmen. Für den Bundesrat ist es letztlich ausschlaggebend, dass die entscheidrelevanten Kriterien in der gebotenen Klarheit dargestellt werden. Dies war bisher der Fall, weshalb der Bundesrat hier keinen Korrektur- oder Handlungsbedarf erkennt.

2.2 Empfehlung 2

Mangelhafte Kontrollen in der Praxis Zweckmässige Kontrollinstrumente und angemessene Anwendung

Die GPK-S fordert den Bundesrat dazu auf, die bestehenden Kontrollinstrumente auf ihre Zweckmässigkeit hin zu überprüfen und, wo nötig, durch angemessene Instrumente zu ersetzen. Weiter soll er dafür sorgen, dass die Leistungsaufträge der Zollstellen zwecks besserer Anreizschaffung für Kontrollen im Bereich der Sanktionen überarbeitet werden. Ausserdem fordert die GPK-S den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die bestehenden Kontrollinstrumente zweckdienlich angewendet werden.

Vollzug von Sanktionsmassnahmen an der Grenze Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) ist für die Umsetzung von Sanktionsmassnahmen im Warenverkehr an der Grenze zuständig. Da sämtliche grenzüberschreitenden Waren der EZV anzumelden sind, kann das IT-System der EZV Warenströme analysieren und ausgewählte Zollanmeldungen für die Zollkontrolle vorsehen. Der Bericht der GPK-S hält nach Auffassung des Bundesrats zu Recht fest, dass die Kontrolle der ausgewählten Sendung nicht immer möglich ist. Dies liegt einerseits an der grossen Menge des grenzüberschreitenden Warenverkehrs (die EZV erhält täglich über 100 000 Zollanmeldungen) und andererseits an den be1884

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schränkten technischen Möglichkeiten des bestehenden IT-Systems, das heute nur eine sehr grobmaschige Risikoanalyse erlaubt. Die bekannten Mängel werden jedoch in der neuen Frachtapplikation, die im Rahmen des Transformationsprogramms DaziT bis spätestens im Jahr 2026 realisiert wird, behoben.

Leistungsplanung der EZV Die EZV steuert heute aus strategischer Sicht hauptsächlich über die Leistungsvereinbarung bzw. die interne Leistungsplanung. Aus operativer Sicht basiert die Kontrollplanung hauptsächlich auf einer Risikoanalyse, die durch die Kontrollorgane im Einsatzraum unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen vorgenommen wird.

Die politische Steuerung erfolgt auch für die EZV mit dem Voranschlag (VA) mit einem integrierten Aufgaben- und Finanzplan (IAFP), wobei die EZV Aufgaben in den Leistungsgruppen Erhebung von Abgaben (LG1), Sicherheit und Migration (LG2), Unterstützung des internationalen Handels (LG3) und Schutz von Gesundheit und Umwelt (LG4) wahrnimmt. Konkrete Ziele zum Vollzug von Embargomassnahmen wurden erstmals in den VA-IAFP 2017 aufgenommen. Die LG2 umfasst nun u. a. das Ziel, Verstösse gegen Waffen-6, Kriegsmaterial-7 und Güterkontrollgesetz8 sowie Embargomassnahmen aufzudecken. Der Bundesrat erachtet die Empfehlung in Bezug auf den Leistungsauftrag als erfüllt.

Priorisierung der nichtzollrechtlichen Erlasse Das vom Nationalrat angenommene Postulat 17.33619 fordert den Bundesrat auf, den Vollzug der nichtzollrechtlichen Erlasse (NZE) durch die EZV in einem Bericht zu überprüfen und zu analysieren. Dabei stellt sich auch die Frage der Priorisierung.

Sie sollte die Steuerung des Personaleinsatzes und eine Schwerpunktbildung bei den Kontrollen ermöglichen. Der Entscheid, welcher NZE beim Vollzug die höchste bzw. eine höhere Priorität geniesst, ist mitunter politischer Natur. Die mitbetroffenen Verwaltungseinheiten und auch der Bundesrat sollen daher in die Priorisierungsdiskussion einbezogen werden.

Umsetzung der Ukraine-Verordnung Die Überwachung von Waren, die unter die Ukraine-Verordnung fallen, ist aufgrund der nicht möglichen geografischen Abgrenzung in der Praxis schwierig (Versendungsland und Ursprungsland sind Pflichtfelder in der Zollanmeldung; die Versenderangaben [Adresse und PLZ] nicht). Konkrete Umsetzungsfragen werden gegenwärtig zwischen der EZV und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) diskutiert.

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SR 514.54 SR 514.51 SR 946.202 «Vollzug nichtzollrechtlicher Erlasse durch die Eidgenössische Zollverwaltung.

Wer steuert, wie werden Prioritäten gesetzt?»

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Kontrollinstrumente des SECO Die PVK wie auch die GPK-S bemängeln, dass die Kontrollinstrumente des SECO (Einholen von Auskünften und Unterlagen, Kontrollen vor Ort)10 nur ungenügend zur Anwendung kommen. Es entsteht der Eindruck, dass das SECO die Umsetzung von Sanktionsmassnahmen nur sehr wenig kontrolliert. Dies ist jedoch unzutreffend, da in der Praxis das zuständige Ressort im SECO einen grossen Teil der Ressourcen für Kontrolltätigkeiten aufwendet. Jede Entgegennahme einer Meldung, jede Ausstellung einer Bewilligung, jede Anfrage aus der Privatwirtschaft oder von der UNO sowie von Drittstaaten ist mit zum Teil sehr intensiven Prüfungen und Kontrollen verbunden.

Trotzdem ist auch der Bundesrat der Ansicht, dass die Kontrollen noch ausgebaut werden könnten und müssten. Erste Schritte in diese Richtung wurden bereits unternommen. So hat das SECO beispielsweise im Zollfreilager Genf, mit der Unterstützung eines externen Experten, bereits mehrmals unangekündigte Kontrollen von Rohdiamantensendungen vorgenommen. Diese Massnahmen sollen auch künftig weitergeführt werden. Ein signifikanter Ausbau von Kontrollen, insbesondere von Vor-Ort-Kontrollen, ist ohne zusätzliche Ressourcen (finanziell oder personell) jedoch nicht machbar. Da sich im SECO auch in nahe verwandten Bereichen, so der Kontrolle der Ausfuhr von Kriegsmaterial und von zivil wie militärisch verwendbaren Gütern, ähnliche Probleme stellen, sollen diese gemeinsam angegangen werden. Das WBF wird nach erfolgter Prüfung dem Bundesrat gegebenenfalls einen entsprechenden Ressourcenantrag unterbreiten.

2.3

Mängel bei der übergeordneten Überwachung des Vollzugs

Empfehlung 3

Schaffung einer angemessenen Datengrundlage

Die GPK-S lädt den Bundesrat ein, zu prüfen, wie die Qualität der Datengrundlage im Bereich der Zolldeklaration für den Vollzug des Sanktionsregimes verbessert werden kann.

Im Zusammenhang mit dem neuen Warenprozess und der Frachtapplikation, die im Transformationsprogramm DaziT konzipiert bzw. realisiert werden, sind die Daten, die in der Zollanmeldung verlangt werden, zu überprüfen. Die Steigerung der Datenqualität ist ein erklärtes Ziel des neuen Warenprozesses. 11 Dabei ist den Bedürfnissen der Wirtschaft (einfacher Grenzübertritt ohne Hürden und Zeitverlust) und der Behörden gleichermassen Rechnung zu tragen.

Der neue Warenprozess sieht vor, dass sich die zu liefernde Datenmenge je nach Warenart, Provenienz oder anderen Kriterien unterscheiden kann. Zwingend nötig sind identifizierende Angaben über die Waren. Bei unkritischen Waren sind anschliessend weniger Daten erforderlich als bei stark überwachten oder kritischen 10 11

Art. 3 und 4 EmbG.

Studie Prozesse im Warenverkehr; Bericht Ziff. 6.2, WRE 1, S. 25.

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Waren. Eine allfällige Anpassung des Datenkatalogs erfolgt im Rahmen des Transformationsprogramms DaziT bis spätestens im Jahr 2026.

In diesem Zusammenhang muss jedoch kritisch gewürdigt werden, dass die Daten von einem Zollbeteiligten12 erfasst werden und verfälschbar sind. Durch zusätzliche Daten lassen sich folglich weder illegaler Warenverkehr noch kriminelle Absichten verhindern (es besteht eine Scheinsicherheit).

Empfehlung 4

Systematische Verwertung der Informationen aus dem Vollzug

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die vorhandenen Informationen aus den Zolldaten und den Melde- und Bewilligungssystemen zwecks einer übergeordneten Überwachung systematisch ausgewertet werden.

Analyse der Zolldaten Bereits heute stellt die EZV interessierten Verwaltungseinheiten Daten aus Zollanmeldungen standardisiert zur Verfügung, wenn diese für den Vollzug der von diesen Behörden anzuwendenden Erlasse erforderlich sind und verlangt werden (bspw.

Monitoring im Zusammenhang mit dem Nordkorea-Embargo13).14 Die EZV wird die Risikoanalyse im Rahmen des Transformationsprogramms DaziT stark ausbauen, um noch präzisere Informationen liefern zu können. Erkenntnisse, welche die EZV bzw. die zuständigen Verwaltungseinheiten aus Daten, durchgeführten Kontrollen, Kontrollresultaten und eingeleiteten Massnahmen gewinnen können, sollen in die Risikoanalyse zurückfliessen und wiederum eine verbesserte direkte Einflussnahme der Risikoanalyse auf die künftige Kontrolltätigkeit erlauben.

Gemäss den jeweiligen Embargoverordnungen obliegt die Kontrolle an der Grenze der EZV. Grundsätzlich ist es an der EZV sicherzustellen, dass sie ihrer gesetzlichen Vollzugsaufgabe nachkommen kann. Der Bundesrat erachtet es aber im Interesse eines möglichst guten und glaubwürdigen Embargovollzugs als sinnvoll, wenn das SECO alles daransetzt, mittels der Weitergabe gezielter Informationen zur Effektivitätssteigerung der Kontrolltätigkeit der EZV beizutragen. Dies setzt allerdings voraus, dass das SECO seinerseits mit allen verfügbaren Informationen seitens der EZV bedient wird. Diese gegenseitige Information hat sich im Fall der Sanktionen gegenüber Nordkorea gut eingespielt.

Auswertung von Statistiken, Meldungen und Bewilligungen Wie im Bericht der PVK erwähnt15, überwacht das SECO bei Bedarf anhand von Zolldaten einzelne Sanktionsmassnahmen, beispielsweise die Uhrenexporte nach Nordkorea zur Feststellung allfälliger Verstösse gegen das Exportverbot von Luxus12

13 14 15

Anmeldepflichtige Person: d. h. Warenführer, Importeur, Empfänger, Versender, Auftraggeber, zuführungspflichtige Personen oder mit der Zollanmeldung beauftragte Personen (z. B. Spediteur, Zolldeklarant).

Verordnung vom 18. Mai 2016 über Massnahmen gegenüber der Demokratischen Volksrepublik Korea; SR 946.231.127.6.

Art. 112 Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG, SR 631.0).

Bericht der PVK vom 9. Nov. 2017, S. 34.

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gütern. Derartige gezielte Analysen werden auch in Zukunft durchgeführt werden.

Zudem wird in der Regel vor der Verhängung neuer Sanktionsmassnahmen der bilaterale Handel mit dem zu sanktionierenden Staat untersucht. Dies ist notwendig, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Sanktionsmassnahmen abschätzen zu können. Auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) analysiert fallweise die Warenströme mit sanktionierten Staaten. Eine kontinuierliche Überwachung des gesamten bilateralen Handels betreffend alle gegenwärtig in Kraft stehenden 25 Sanktionsverordnungen würde die Ressourcen des zuständigen Ressorts im SECO jedoch übersteigen und müsste zwangsläufig mit externer Unterstützung unter Kostenfolge erledigt werden, ähnlich wie die PVK das SIAW mit der Analyse des Handels mit der Ukraine mandatiert hat. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Analyse der physischen Warenströme über die Schweizer Grenze hinweg nur einen Teil von sanktionsrelevanten Geschäften abdecken würde (Beispiel: verbotener Handel von Schweizer Unternehmen mit Waren im Ausland).

Die Feststellung der PVK und der GPK-S16, wonach das SECO lediglich Meldungen bearbeite und Bewilligungen erteile, ohne die darin enthaltenen Informationen für die Überwachung der Sanktionspolitik zu verwenden, weist der Bundesrat zurück.

Selbstverständlich werden diese Daten für die Überwachung einer Sanktionsverordnung verwendet; zu diesem Zweck werden sie ja teilweise gerade erhoben. So werden beispielsweise sämtliche Geschäftsbeziehungen mit Schweizer Finanzintermediären, die nach Artikel 9 der Ukraine-Verordnung dem SECO gemeldet werden müssen, systematisch erfasst. Die Finanzintermediäre werden periodisch um eine Aktualisierung dieser Informationen ersucht, einschliesslich Begründungen für grössere Wertveränderungen. Das WBF hält den Bundesrat mittels Informationsnotizen regelmässig über den Umfang und die wertmässige Entwicklung dieser Geschäftsbeziehungen auf dem Laufenden. Ziel dieser Überwachung ist es, festzustellen, ob über die Schweiz allenfalls Umgehungsgeschäfte getätigt werden. Die Erkenntnisse aus der Überwachung dieser Geschäftsbeziehungen durch das SECO dienen dem Bundesrat zur Festlegung seiner Sanktionspolitik.

2.4

Fehlende übergeordnete Steuerung

Empfehlung 5

Stärkung der Überwachung und Koordination durch das SECO

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, die Steuerung der Sanktionspolitik durch das SECO zu stärken und die Koordination zwischen den Verwaltungsstellen durch das SECO zu gewährleisten, indem er ein entsprechendes Steuerungsorgan schafft. Zudem lädt sie den Bundesrat dazu ein, die Verknüpfung der Informationssysteme der EZV und des SECO zu prüfen.

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Bericht der GPK-S vom 19. Okt. 2018, S. 9.

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Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe Sanktionspolitik wurde 2013 gegründet, um bestimmte sanktionsrelevante Themen (bspw. wie Umgehungsgeschäfte effektiv verhindert werden können) verwaltungsintern vertieft diskutieren zu können. Die Leitung der Arbeitsgruppe wurde dem SECO übertragen. Die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe stand grundsätzlich allen Departementen und Ämtern offen, die an bestimmten Fragestellungen ein besonderes Interesse hatten oder davon betroffen waren. In der Praxis haben in der Arbeitsgruppe regelmässig das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mit der Politischen Direktion und der Direktion für Völkerrecht, das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) mit dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) mit dem Bundesamt für Justiz (BJ) und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) mit dem NDB mitgewirkt. In Abhängigkeit von der behandelten Thematik nahmen fallweise auch die Direktion für europäische Angelegenheiten des EDA, das Staatssekretariat für Migration (SEM) und das Bundesamt für Polizei (fedpol) teil. Die Arbeitsgruppe traf sich zu Beginn relativ häufig, danach nur noch sporadisch bei Bedarf. In jüngster Zeit hat sich der Sitzungsrhythmus wieder intensiviert, seit Dezember 2017 hat die Arbeitsgruppe drei Sitzungen abgehalten. Der Austausch in der Arbeitsgruppe wird von allen Beteiligten als wertvoll erachtet.

Die GPK-S geht mit der PVK einig, dass die Sanktionspolitik im Zuständigkeitsbereich des WBF respektive des SECO liege und Letzterem deshalb die Federführung zuzuordnen sei. Demgegenüber ist die Zuständigkeit für den Vollzug in den Sanktionsverordnungen verschiedenen Bundesstellen zugewiesen. Bei der Mehrheit der Massnahmen ist in der Tat das SECO für die Kontrolle und den Vollzug verantwortlich. Andere Bundesstellen, beispielsweise die EZV, das SEM, das Bundesamt für Kultur, das Bundesamt für Zivilluftfahrt oder das Schweizerische Seeschifffahrtsamt sind jedoch in ihren jeweiligen Kompetenzbereichen ebenfalls für den Vollzug zuständig.

Schaffung einer ständigen Koordinationsgruppe Sanktionspolitik Angesichts der auf verschiedene Departemente und Ämter verteilten Zuständigkeiten im Vollzug teilt der Bundesrat die Einschätzung der GPK-S, dass
die departementsübergreifende Steuerung und Koordination in der Sanktionspolitik verstärkt werden sollte. Dazu soll die bisherige Ad-hoc-Arbeitsgruppe Sanktionspolitik aufgewertet und in eine ständige «Koordinationsgruppe Sanktionspolitik» unter Leitung des SECO überführt werden. Als ständige Mitglieder sollen in dieser Koordinationsgruppe wie bisher das EDA (Politische Direktion, Direktion für Völkerrecht), das EFD (SIF), das EJPD (BJ) und das VBS (NDB) mitwirken. Neu sollen ebenfalls die EZV und das SEM permanent in der Koordinationsgruppe vertreten sein. Weitere mit Sanktionsfragen befasste Bundesstellen können bei Bedarf hinzugezogen werden. Die Koordinationsgruppe wird regelmässig tagen (in der Regel zweimal jährlich, bei Bedarf mehr). Aufgrund der Komplexität der Materie erachtet es der Bundesrat als sinnvoll, dass die Koordinationsgruppe weiterhin auf Expertenniveau zusammenkommt. Auf schwerfällige, mehrstufige Strukturen soll verzichtet werden.

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Verknüpfung der Informationssysteme Im Bereich der Exportkontrolle wurde mit dem elektronischen Bewilligungssystem ELIC eine Schnittstelle zwischen dem IT-System der EZV und der Bewilligungsverwaltung des SECO geschaffen, welche die automatisierte Überwachung bewilligungspflichtiger Waren erlaubt. Da Embargomassnahmen jedoch in der Regel das Verbringen betroffener Waren verbieten und daher grundsätzlich weder eine Zollanmeldung eingereicht wird noch eine Information an das SECO erfolgt, sieht der Bundesrat in einer Verknüpfung der Informationssysteme der EZV und des SECO keine Vorteile. Zwar werden durch das SECO im Embargobereich gelegentlich Ausnahmebewilligungen erteilt, doch sind diese Fälle zahlenmässig zu wenig relevant, als dass sich dafür der Aufbau einer kostenintensiven Informatiklösung rechtfertigen würde. Dies gilt auch für die in der Nordkorea-Verordnung ausnahmsweise vorgesehene Pflicht, sämtliche Warensendungen nach Nordkorea beim SECO vorgängig anzumelden. Die beiden Ämter müssen vielmehr (wie bereits erwähnt) Informationen austauschen, die für die Risikoanalyse von gegenseitigem Interesse sein könnten.

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