18.089 Botschaft zur Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Ecuador vom 21. November 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Ecuador.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. November 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2018-2735

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Übersicht Das umfassende Freihandelsabkommen (FHA) zwischen den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) und Ecuador wurde am 25. Juni 2018 in Sauðárkrókur in Island unterzeichnet. Das Abkommen entspricht weitgehend den neueren, mit Drittstaaten abgeschlossenen FHA der EFTA-Staaten und hat einen sektoriell umfassenden Geltungsbereich. Es enthält Bestimmungen zum Warenhandel mit Industrie- und Landwirtschaftsprodukten, zu Ursprungsregeln, Handelserleichterungen, handelspolitischen Schutzmassnahmen, technischen Handelshemmnissen, gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen, zum Handel mit Dienstleistungen, zu Investitionen, zum Schutz des geistigen Eigentums, zum öffentlichen Beschaffungswesen, zu Wettbewerb, zu Handel und nachhaltiger Entwicklung, zu rechtlichen und institutionellen Fragen sowie zur technischen Zusammenarbeit.

Ausgangslage Das FHA mit Ecuador erweitert das Netz von FHA, das die Schweiz seit Beginn der 1990er-Jahre mit Drittländern ausserhalb der Europäischen Union (EU) aufbaut.

Die Schweizer Wirtschaft ist stark exportabhängig und verfügt über weltweit diversifizierte Absatzmärkte. Neben der Mitgliedschaft bei der Welthandelsorganisation (WTO) und den bilateralen Verträgen mit der EU ist der Abschluss von FHA einer der drei Pfeiler der Schweizer Politik zur Marktöffnung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für den internationalen Handel. Die FHA gewährleisten den Schweizer Wirtschaftsakteuren eine bessere Rechtssicherheit und stabile, vorhersehbare, hindernisfreie und gegenüber ihren Hauptkonkurrenten möglichst diskriminierungsfreie Marktzugangsbedingungen. Im vorliegenden Fall ist dieses letzte Ziel umso wichtiger, als Ecuador am 1. Januar 2017 dem umfassenden Handelsabkommen zwischen der EU auf der einen und Kolumbien und Peru auf der anderen Seite beigetreten ist. Das FHA zwischen den EFTA-Staaten und Ecuador verbessert damit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft auf dem ecuadorianischen Markt. Es verstärkt ausserdem das Schweizer FHA-Netz in Südamerika, wo die EFTA bereits FHA mit Chile, Kolumbien und Peru abgeschlossen hat.

Inhalt der Vorlage Mit dem FHA werden die Zölle auf dem grössten Teil des bilateralen Handels zwischen der Schweiz und Ecuador vollständig oder teilweise abgebaut, und der Handel wird durch Erleichterungen
bei Zollverfahren gefördert. In den Bereichen technische Handelshemmnisse sowie gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen wird die Verringerung von nichttarifären Handelshemmnissen bezweckt. Für den Dienstleistungshandel übernimmt das FHA mit einigen Anpassungen den Geltungsbereich, die Begriffsbestimmungen und die wichtigsten Disziplinen des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der WTO. Das Kapitel wird durch sektorielle Anhänge mit spezifischen Regeln, die über jene des GATS hinausgehen, ergänzt. Das Abkommen verbessert ebenfalls den Marktzugang für Investitionen und erschliesst den Zugang zum öffent-

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lichen Beschaffungsmarkt in Ecuador. Beim geistigen Eigentum stützen sich die Bestimmungen teilweise auf die Normen des entsprechenden WTO-Übereinkommens (TRIPS-Abkommen) und gehen in verschiedenen Bereichen darüber hinaus.

Das FHA sieht ausserdem eine kohärente, auf die Grundsätze der internationalen Beziehungen und die Zielsetzung der nachhaltigen Entwicklung ausgerichtete Umsetzung vor. Zu diesem Zweck sind in der Präambel unter anderem Grundwerte und Prinzipien der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) verankert, und weitere Bestimmungen des FHA betreffen Umweltfragen und die handelsrelevanten Arbeitsnormen. Auf institutioneller Ebene wird zur Überwachung der Anwendung des Abkommens und dessen Weiterentwicklung sowie zur Durchführung von Konsultationen ein Gemischter Ausschuss eingesetzt. Für Streitigkeiten, die nicht mittels Konsultationen lösbar sind, sieht das Abkommen ein bindendes Schiedsverfahren vor.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Grundzüge des Abkommens 1.1 Ausgangslage 1.2 Verlauf der Verhandlungen 1.3 Überblick über den Inhalt des Abkommens und Verhandlungsergebnis 1.4 Würdigung 1.5 Vernehmlassung Wirtschaftliche und politische Lage Ecuadors sowie Beziehungen mit der Schweiz 2.1 Soziale und wirtschaftliche Lage sowie Aussenwirtschaftspolitik Ecuadors 2.2 Bilaterale Beziehungen und bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und Ecuador 2.3 Handel und Investitionen zwischen der Schweiz und Ecuador Erläuterungen zu den Bestimmungen des Abkommens 3.1 Präambel 3.2 Kapitel 1 Allgemeine Bestimmungen (Art. 1.1­1.7) 3.3 Kapitel 2 Handel mit Waren (Art. 2.1­2.22) 3.3.1 Anhang I zu Ursprungsregeln und administrativer Zusammenarbeit in Zollangelegenheiten 3.3.2 Anhang VII zu Handelserleichterungen 3.4 Kapitel 3 Handel mit Dienstleistungen (Art. 3.1­3.21) 3.4.1 Anhang IX: Spezifische Verpflichtungen 3.4.2 Anhang XI zu Finanzdienstleistungen 3.4.3 Anhang XII zu Telekommunikationsdienstleistungen 3.4.4 Anhang XIII zum grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen 3.4.5 Anhang XIV zu den Seeverkehrsdiensten 3.5 Kapitel 4 Investitionen (Niederlassung) (Art. 4.1­4.12) 3.6 Kapitel 5 Schutz des geistigen Eigentums (Art. 5) 3.6.1 Anhang XVI zum Schutz des geistigen Eigentums 3.7 Kapitel 6 Öffentliches Beschaffungswesen (Art. 6.1­6.28) 3.8 Kapitel 7 Wettbewerb (Art. 7.1­7.5) 3.9 Kapitel 8 Handel und nachhaltige Entwicklung (Art. 8.1­8.14) 3.10 Kapitel 9 Zusammenarbeit (Art. 9.1­9.11) 3.11 Kapitel 10 Institutionelle Bestimmungen (Art. 10) 3.12 Kapitel 11 Streitbeilegung (Art. 11.1­11.10) 3.13 Kapitel 12 Schlussbestimmungen (Art. 12.1­12.6)

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Auswirkungen 4.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1 Finanzielle Auswirkungen 4.1.2 Personelle Auswirkungen 4.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 4.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 4.4 Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit 4.5 Auswirkungen auf die Gesellschaft 4.6 Auswirkungen auf die Umwelt Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 5.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 5.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.3 Geltung für das Fürstentum Liechtenstein 6.4 Erlassform 6.5 Sprachfassungen des Abkommens und Veröffentlichung der Anhänge 6.6 Inkrafttreten

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Bundesbeschluss über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Ecuador (Entwurf)

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Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Ecuador

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Verständigungsprotokoll zum umfassenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Ecuador

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Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage

Das mit Ecuador abgeschlossene Freihandelsabkommen (FHA) erweitert das Netz von FHA, das die Schweiz seit Beginn der 1990er-Jahre mit Drittländern ausserhalb der Europäischen Union (EU) aufbaut. Für die Schweiz als exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten ist der Abschluss von FHA, neben der Mitgliedschaft bei der Welthandelsorganisation (WTO) und den bilateralen Verträgen mit der EU, ein wichtiges Instrument ihrer Politik der Marktöffnung im Ausland. Die FHA tragen zur Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen bei, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, die unsere Handelspartner mit Konkurrenten der Schweiz abschliessen, sowie zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Konkurrenten, die über kein Präferenzabkommen mit dem jeweiligen Partner verfügen. Gleichzeitig verbessern die FHA die Rahmenbedingungen, die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der Beziehungen der Schweiz mit ihren Wirtschaftspartnern. Die Schweiz verfügt ­ nebst dem vorliegenden FHA, dem Abkommen vom 22. Juli 19721 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und dem Übereinkommen vom 4. Januar 19602 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (EFTA-Konvention) ­ zurzeit über ein Netz von insgesamt 30 abgeschlossenen FHA. Es handelt sich um 27 im Rahmen der EFTA unterzeichnete FHA3 sowie um die bilateralen FHA mit den Färöern4, Japan5 und China6.

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SR 0.632.401 SR 0.632.31 Albanien (SR 0.632.311.231), Ägypten (SR 0.632.313.211), Bosnien und Herzegowina (SR 0.632.311.911), Chile (SR 0.632.312.451), Georgien (SR 0.632.313.601), Golfkooperationsrat (GCC: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate [SR 0.632.311.491]), Hongkong (SR 0.632.314.161), Israel (SR 0.632.314.491), Jordanien (SR 0.632.314.671), Kanada (SR 0.632.312.32), Kolumbien (SR 0.632.312.631), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Libanon (SR 0.632.314.891), Marokko (SR 0.632.315.491), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), Montenegro (SR 0.632.315.731), Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Peru (SR 0.632.316.411), Philippinen (SR 0.632.316.451), Serbien (SR 0.632.316.821), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Südafrikanische Zollunion (SACU: Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland [SR 0.632.311.181]), Tunesien (SR 0.632.317.581), Türkei (SR 0.632.317.631), Ukraine (SR 0.632.317.671), Zentralamerika (Costa Rica, Panama [SR 0.632.312.851] und Guatemala: Beitrittsprotokoll unterzeichnet am 22. Juni 2015; BBl 2016 1025).

Abkommen vom 12. Jan. 1994 zwischen der Schweizerischen Regierung einerseits und der Regierung von Dänemark und der Landesregierung der Färöer andererseits über den Freihandel zwischen der Schweiz und den Färöern (SR 0.946.293.142).

Abkommen vom 19. Feb. 2009 über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Japan (SR 0.946.294.632).

Freihandelsabkommen vom 6. Juli 2013 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Volksrepublik China (SR 0.946.292.492).

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Das FHA mit Ecuador wird den Zugang für Schweizer Waren- und Dienstleistungsexporte auf dem ecuadorianischen Markt verbessern, der ein Wachstumspotenzial aufweist. Es wird den gegenseitigen Handel erleichtern, den Schutz des geistigen Eigentums stärken, allgemein die Rechtssicherheit für den wirtschaftlichen Austausch verbessern sowie zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Es vermindert die Diskriminierung von Schweizer Wirtschaftsakteuren gegenüber den bestehenden und künftigen Freihandelspartnern Ecuadors. Dieses letzte Ziel ist umso wichtiger, als Ecuador am 1. Januar 2017 dem umfassenden Handelsabkommen zwischen der EU auf der einen und Kolumbien und Peru auf der anderen Seite beigetreten ist. Das FHA mit Ecuador ermöglicht den EFTA-Staaten, ihre Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit diesem Land zu verstärken und Diskriminierungen auf dem ecuadorianischen Markt infolge des FHA zwischen Ecuador und der EU zu vermeiden.

Ausserdem verleiht das FHA der Schweiz einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Mitbewerbern, die über kein Präferenzabkommen mit Ecuador verfügen.

Schliesslich wird mit dem FHA ein institutionalisierter Rahmen für die Behördenzusammenarbeit, die Überwachung und Weiterentwicklung des FHA sowie für die Lösung von konkreten Problemen geschaffen.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

2014 signalisierte Ecuador Interesse an Verhandlungen für ein Handelsabkommen mit der Schweiz oder mit den EFTA-Staaten. Anlässlich der EFTA-Ministerkonferenz vom 17. November 2014 entschieden die Ministerinnen und Minister der EFTA, Ecuador vorerst die Unterzeichnung einer Zusammenarbeitserklärung vorzuschlagen. Diese stellte eine erste Etappe dar und ermöglichte einen institutionalisierten Dialog über Möglichkeiten zur Vertiefung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Ab Januar 2015 begannen die EFTA-Staaten und Ecuador, einen Entwurf für eine gemeinsame Zusammenarbeitserklärung zu erarbeiten, die von den Ministerinnen und Ministern der EFTA und Ecuadors anlässlich der EFTA-Ministerkonferenz in Schaan im Fürstentum Liechtenstein am 22. Juni 2015 unterzeichnet wurde. An der EFTA-Ministerkonferenz vom 27. Juni 2016 in Bern nahmen die Ministerinnen und Minister der EFTA-Staaten und Ecuadors formelle Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines FHA auf. Die Verhandlungen begannen im November 2016 und wurden im Frühling 2018 nach fünf Verhandlungsrunden abgeschlossen. Nach erfolgter rechtlicher Prüfung der Abkommenstexte wurde das FHA am 25. Juni 2018 in Sauðárkrókur in Island unterzeichnet.

1.3

Überblick über den Inhalt des Abkommens und Verhandlungsergebnis

Das Abkommen entspricht weitgehend den neueren, mit Drittstaaten abgeschlossenen FHA der EFTA-Staaten und hat einen umfassenden Geltungsbereich. Es enthält Bestimmungen über den Warenhandel (Industriegüter, Fischerei und andere Meeresprodukte, landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte und landwirtschaftliche Basisprodukte, technische Handelshemmnisse einschliesslich gesundheitspolizeilicher 643

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und pflanzenschutzrechtlicher Massnahmen, Ursprungsregeln, Handelserleichterung, handelspolitische Schutzmassnahmen), den Handel mit Dienstleistungen, die Investitionen (Niederlassung) auf dem Gebiet der anderen Vertragspartei, den Schutz des geistigen Eigentums, das öffentliche Beschaffungswesen, Wettbewerb, Handel und nachhaltige Entwicklung, institutionelle Bestimmungen sowie Bestimmungen zur technischen Zusammenarbeit. Für den Warenhandel enthält das Abkommen ein Kapitel, das sowohl den Handel mit Industriegütern als auch jenen mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen abdeckt. Die bilateralen Listen der Marktzugangskonzessionen für die Erzeugnisse werden in separaten Anhängen aufgeführt (Anhänge II­ V). Das Abkommen wird zudem durch ein Verständigungsprotokoll ergänzt, in dem einige Bestimmungen des Abkommens präzisiert werden. Das Verständigungsprotokoll ist integraler Bestandteil des Abkommens.

Die Verhandlungen mit Ecuador erfolgten in einer sehr konstruktiven Atmosphäre.

In einigen Bereichen waren sie zwar schwierig, doch wurde schlussendlich ein sehr gutes und für alle Vertragsparteien ausgewogenes Ergebnis erzielt. Beim Warenhandel hat die Schweiz einen Zugang zum ecuadorianischen Markt erreicht, der weitgehend mit jenem vergleichbar ist, den Ecuador der EU gewährt. Die Schweiz hat zudem ein jährliches zollfreies Tarifkontingent für Käse erhalten. Bei den Ursprungsregeln haben die Vertragsparteien vereinbart, dass der Ursprung mit Rohstoffen aus Kolumbien und Peru kumuliert werden kann. Im Bereich der Handelserleichterung enthält das Abkommen Massnahmen, die die Vertragsparteien verpflichten, namentlich bei der Ausgestaltung von Zollverfahren die internationalen Normen einzuhalten. Ferner können die Ausführer ihre Zollerklärungen auf elektronischem Weg einreichen. Die Kapitel zu den technischen Handelshemmnissen (TBT) und den gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen (SPS) enthalten Bestimmungen, die zur Reduktion bzw. Vermeidung von Mehrkosten beitragen, die aufgrund nationaler Vorschriften entstehen können. Beim Dienstleistungshandel entspricht das von Ecuador der Schweiz und den anderen EFTA-Staaten gewährte Verpflichtungsniveau weitgehend jenem, das Ecuador der EU gewährt. Der Schweiz ist es gelungen, Konzessionen in für sie wichtigen Bereichen zu erhalten,
insbesondere betreffend Finanzdienstleistungen sowie für Personen, die Installations- und Wartungsdienste an Maschinen und Anlagen erbringen.

Bei den Investitionen hat die Schweiz ein vergleichbares Ambitionsniveau erhalten wie jenes, das Ecuador der EU gewährt. Für den Schutz des geistigen Eigentums wurde ein wirksamer Schutz der Immaterialgüter und eine den relevanten Bestimmungen des WTO-Abkommens vom 15. April 1994 über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen)7 entsprechende oder darüber hinausgehende Anwendung der Rechte vereinbart. Die Schweiz hat insbesondere einen Schutz der Versuchsdaten bei pharmazeutischen und agrochemischen Erzeugnissen erhalten, der weiter geht als jener, der zwischen der EU und Ecuador vereinbart wurde. Ecuador verpflichtet sich ferner zur Einhaltung der materiellen Bestimmungen mehrerer internationaler Übereinkommen im Bereich des geistigen Eigentums, denen es noch nicht beigetreten ist. Beim öffentlichen Beschaffungswesen gewähren die Bestimmungen des Abkommens den EFTA-Staaten und Ecuador einen gegenseitigen Marktzugang, dessen Niveau weitgehend jenem entspricht, das 7

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SR 0.632.20, Anhang 1.C

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aus dem multilateralen WTO-Übereinkommen vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA)8 hervorgeht. Dieses Ergebnis ist umso bedeutender, als Ecuador im Gegensatz zu den EFTA-Staaten nicht Mitglied des GPA ist. Die Schweiz hat ein vergleichbares Marktzugangsniveau erhalten wie jenes, das Ecuador der EU gewährt. Die Vertragsparteien haben ausserdem eine Nichtdiskriminierungsklausel für die Zukunft im Falle der Änderung der Praxis oder der Gesetzgebung in Ecuador oder gegenüber anderen Handelspartnern vereinbart. Schwierig gestalteten sich die Verhandlungen bei den handelspolitischen Korrekturmassnahmen, in denen die Schweiz insbesondere substanzielle Disziplinen im Bereich der AntidumpingMassnahmen aushandeln konnte. Die in diesem Bereich gefundenen Lösungen sind zufriedenstellend für die Schweiz und entsprechen weitgehend den Vereinbarungen in anderen EFTA-FHA. Im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung, in dem die Vertragsparteien ihren Willen bekräftigen, die Entwicklung des internationalen und bilateralen Handels in Übereinstimmung mit dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung zu fördern, war für Ecuador die Berücksichtigung der handelsbezogenen Umweltfragen besonders wichtig. Schliesslich hat Ecuador ein Kapitel zur Zusammenarbeit und technischen Unterstützung verlangt, um die Umsetzung des Abkommens zu unterstützen. Die Bestimmungen des entsprechenden Kapitels decken eine Vielzahl von Bereichen ab und sollen das einwandfreie Funktionieren und die Erreichung der Ziele des Abkommens fördern.

1.4

Würdigung

Das FHA mit Ecuador geht als Präferenzabkommen in verschiedenen Bereichen über das im Rahmen der Abkommen der WTO bestehende Niveau bezüglich Marktzugang und Rechtssicherheit hinaus. Es verbessert auf breiter Basis den Marktzugang und erhöht die Rechtssicherheit für Schweizer Waren und Dienstleistungen auf dem Markt Ecuadors, stärkt die Rechtssicherheit im Bereich des geistigen Eigentums und allgemein für den wirtschaftlichen Austausch und trägt gleichzeitig zur nachhaltigen Entwicklung bei. Zudem wird mit dem FHA ein institutionalisierter Rahmen für die Behörden zur Überwachung und Weiterentwicklung des FHA und zur Lösung von konkreten Problemen geschaffen.

Das Abkommen erlaubt der Schweiz, Diskriminierungen auf dem Markt Ecuadors gegenüber ihrem Hauptkonkurrenten ­ der EU ­ zu vermeiden. Das Abkommen beugt zudem dem Diskriminierungspotenzial gegenüber anderen Handelspartnern Ecuadors vor und schafft für Schweizer Wirtschaftsakteure gegenüber Konkurrenten aus Ländern, die kein FHA mit diesem Staat abgeschlossen haben, einen Wettbewerbsvorteil auf dem ecuadorianischen Markt.

8

SR 0.632.231.422

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1.5

Vernehmlassung

Gemäss Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20059 (VlG) ist bei völkerrechtlichen Verträgen, die dem Referendum unterstehen, grundsätzlich eine Vernehmlassung durchzuführen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch gestützt auf Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet, da keine neuen Erkenntnisse zu erwarten waren. Das Abkommen ist bereits im Landesrecht umgesetzt und die Positionen der interessierten Kreise sind bekannt. Die Kantone wurden gemäss den Artikeln 3 und 4 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 199910 über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes sowohl bei der Vorbereitung des Verhandlungsmandats als auch, soweit erforderlich, während der Verhandlungen beigezogen und die Aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte gestützt auf Artikel 152 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200211 konsultiert. Die beiden Aussenpolitischen Kommissionen haben den Mandatsentwurf des Bundesrates ohne Ergänzungs- oder Änderungsvorschläge zur Kenntnis genommen und ihm zugestimmt. Die Kantone haben der Aufforderung der Konferenz der Kantonsregierungen folgend zum Mandatsentwurf Stellung genommen und ihn unterstützt. Die interessierten Kreise aus der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft wurden verschiedentlich über den Stand der Verhandlungen informiert und hatten Gelegenheit, sich dazu zu äussern.

Da das Abkommen auch nicht in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen wird, konnte auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichtet werden.

2

Wirtschaftliche und politische Lage Ecuadors sowie Beziehungen mit der Schweiz

2.1

Soziale und wirtschaftliche Lage sowie Aussenwirtschaftspolitik Ecuadors

Ecuador ist eine kleine, relativ offene Volkswirtschaft, die über bedeutende Erdölressourcen verfügt. Diese generieren über die Hälfte der Exporteinnahmen. Seit dem Jahr 2000 ist die offizielle Währung Ecuadors der US-Dollar.

Die Aussenwirtschaftspolitik Ecuadors gilt als pragmatisch. Ihr Ziel ist die Gewährleistung der regionalen Stabilität. Da Ecuador zu den kleinen Ländern Südamerikas zählt, setzt es vor allem auf die regionale Integration mit den Ländern Lateinamerikas. So gehört Ecuador der Andengemeinschaft (CAN) und der Union der südamerikanischen Staaten (UNASUR) an. Zudem ist Ecuador Mitglied der Bolivarianischen Allianz für die Völker unseres Amerika (ALBA), der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) sowie der Lateinamerikanischen Integrationsvereinigung (ALADI).

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SR 172.061 SR 138.1 SR 171.10

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Im Rahmen der CAN bildet Ecuador zusammen mit Kolumbien, Peru und Bolivien eine Freihandelszone. Ausserdem verfügt Ecuador über verschiedene Assoziationsund Kooperationsabkommen (u. a. zur technischen Zusammenarbeit) mit Ländern wie etwa Chile, Guatemala und der Türkei. Ferner ist Ecuador am 1. Januar 2017 dem Abkommen zwischen der EU auf der einen und Kolumbien und Peru auf der anderen Seite beigetreten.

Die wichtigsten Exportpartner Ecuadors sind die USA und die EU, gefolgt von südamerikanischen Ländern (Chile, Peru, Kolumbien). Die bedeutendsten Exportgüter sind Erdöl und Landwirtschaftsprodukte (z. B. Bananen und Kakao). Die wichtigsten Herkunftsländer der Einfuhren sind die USA, China und Kolumbien, vor der EU und anderen Ländern Lateinamerikas. Die bedeutendsten Importgüter Ecuadors sind verarbeitete Produkte, Bergbauprodukte (Brennstoffe) sowie Konsumgüter.

2.2

Bilaterale Beziehungen und bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und Ecuador

Die Schweiz und Ecuador haben verschiedene bilaterale Abkommen wirtschaftlicher Natur abgeschlossen, insbesondere den Freundschafts-, Niederlassungs- und Handelsvertrag vom 22. Juni 188812, das Abkommen vom 2. Mai 196813 betreffend Schutz und Förderung der Investitionen (ISA) ­ dieses Abkommen wurde 2017 durch Ecuador gekündigt, da das Land beschlossen hatte, alle seine ISA zu kündigen ­, das Handelsabkommen vom 8. Oktober 195714 sowie das Abkommen vom 6. Mai 197415 über den regelmässigen Luftverkehr.

Die Mitgliedschaft der Schweiz und Ecuadors in den wichtigen internationalen Organisationen bietet die Gelegenheit, sich über Themen von gemeinsamem Interesse auszutauschen und dabei zusammenzuarbeiten. Die Schweiz und Ecuador sind insbesondere Mitglied der Vereinten Nationen (UNO), der WTO, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbankgruppe und der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO). Wie die Schweiz hat auch Ecuador die acht Kernübereinkommen der IAO ratifiziert.

Sowohl die Schweiz als auch Ecuador haben zudem die wichtigsten internationalen Umweltschutzabkommen und -protokolle ratifiziert, insbesondere das Kyoto-Protokoll16 (Reduktion von Treibhausgasen), das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen17, das Wiener Abkommen18 und das Montrealer Protokoll19 zum Schutz der Ozonschicht, das Basler Übereinkommen20 (Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung) 12 13 14 15 16 17 18 19 20

SR 0.142.113.271 SR 0.975.232.7 SR 0.946.293.272 SR 0.748.127.193.27 SR 0.814.011 SR 0.814.01 SR 0.814.02 SR 0.814.021 SR 0.814.05

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und das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen21 (CITES).

Die bilaterale Zusammenarbeit mit Ecuador, das seit 1969 ein Schwerpunktland war, lief bis 2009. Die Hilfe der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) konzentrierte sich vor allem auf die Andenregion (Armutsbekämpfung, Dezentralisierung, lokale Entwicklung, nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, Beschäftigung und Einkommen). Heute ist die DEZA noch über ihre globalen Projekte in Ecuador aktiv.

Was Klimaprojekte anbelangt, setzt die Schweizer Nichtregierungsorganisation (NGO) Swisscontact momentan für die DEZA ein Projekt zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Verminderung der CO2-Emissionen bei der Herstellung von Ziegelsteinen in Ecuador um. Kürzlich wurde zudem der ecuadorianische Ableger des Projektes CATCOS22 zur Messung von Gletscherdaten im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz), dem World Glacier Monitoring Service (WGMS) der Universität Zürich und dem nationalen ecuadorianischen Institut für Meteorologie und Hydrologie (INAMHI) lanciert. Für die Zukunft ist geplant, zusammen mit Helvetas und CONDESAN23 das regionale Programm «Andenwald und Klimawandel» auf den Weg zu bringen; diese Organisationen haben die Region Pichincha in Ecuador als eine der zwei Pilotregionen für das Projekt ausgewählt.

Bei Wasserprojekten geht es vor allem um die Konzepte Payment for Environmental Services (PES) und Blue Peace zur Bewirtschaftung der gemeinsamen Wassereinzugsgebiete von Peru und Ecuador. Des Weiteren existiert eine von der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit unterstützte Gruppe namens «Grupo de Intervención e Apoyo Rápido», die bei einer Naturkatastrophe oder Krise in der Region rasch eingreifen kann.

2.3

Handel und Investitionen zwischen der Schweiz und Ecuador

Das Handelsvolumen der Schweiz mit Ecuador belief sich 2017 auf 200,8 Millionen Schweizerfranken24. Damit war Ecuador 2017 nach Brasilien, Argentinien, Peru, Kolumbien und Chile der sechstwichtigste Handelspartner der Schweiz in Südamerika. Die Schweizer Ausfuhren nach Ecuador beliefen sich 2017 auf 124,2 Millionen Schweizerfranken, wobei die wichtigsten Exportgüter pharmazeutische Erzeugnisse (59,6 %), Maschinen (13,4 %), Präzisionsgeräte und -instrumente (5,3 %) und Kosmetika (5 %) waren. Die Schweizer Einfuhren aus Ecuador beliefen sich 2017 auf 76,6 Millionen Schweizerfranken und bestanden vorwiegend aus

21 22 23 24

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SR 0.453 Capacity Building and Twinning for Climate Observing Systems Consorcio para el Desarrollo Sostenible de la Ecorregión Andina Gesamttotal einschliesslich Goldbarren und anderer Edelmetalle, Münzen, Edel- und Schmucksteine sowie Kunstwerke und Antiquitäten.

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Kakao (38,4 %), Früchten (26,6 %), Blumen (12,9 %) sowie Zubereitungen aus Fleisch, Fisch und Krebstieren (3,5 %).

Gemäss den Statistiken der Schweizerischen Nationalbank (SNB) belief sich der Gesamtbestand an Schweizer Direktinvestitionen in Ecuador Ende 2016 auf 310 Millionen Schweizerfranken und die Schweizer Unternehmen beschäftigten vor Ort 5413 Personen. 2016 gingen die Schweizer Direktinvestitionen (Investitionsströme) im Vergleich zum Vorjahr zurück (­11 Millionen US-Dollar) und setzten damit die negative Entwicklung der letzten Jahre fort. Die SNB veröffentlicht keine Daten zu den Direktinvestitionen Ecuadors in der Schweiz.

3

Erläuterungen zu den Bestimmungen des Abkommens

3.1

Präambel

Die Präambel hält die allgemeinen Ziele der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Rahmen des FHA fest. Die Vertragsparteien bekräftigen ihr Bekenntnis zu den Menschenrechten, zu Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung, Arbeitnehmerrechten, grundlegenden Rechten und den Prinzipien des Völkerrechts ­ insbesondere zur Charta der Vereinten Nationen, zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und zum Übereinkommen der IAO ­ sowie zum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung. Die Präambel erwähnt weiter die WTO-konforme Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen, die Förderung von Investitionen und Wettbewerb, den Schutz des geistigen Eigentums und die Ausweitung des Welthandels. Ferner bekräftigen die Vertragsparteien ihre Unterstützung der Grundsätze zur guten Unternehmensführung und zu verantwortungsvollem Unternehmensverhalten, wie sie in den einschlägigen Instrumenten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) oder der UNO festgehalten sind, etwa im Globalen Pakt der UNO25. Die Vertragsparteien bekräftigen ausserdem ihre Absicht, Transparenz zu fördern und Korruption zu bekämpfen.

3.2

Kapitel 1 Allgemeine Bestimmungen (Art. 1.1­1.7)

Artikel 1.1 legt die Ziele des FHA fest. Diese bestehen darin, eine Freihandelszone einzurichten, um den Warenverkehr und den Dienstleistungshandel zu liberalisieren, die Investitionsmöglichkeiten gegenseitig auszuweiten, unnötige technische Handelshemmnisse sowie unnötige gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen zu verhindern, zu beseitigen oder zu verringern, Wettbewerb zu för25

Der Globale Pakt der Vereinten Nationen (United Nations Global Compact) ist ein freiwilliges Bündnis zwischen den Vereinten Nationen sowie Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen, die sich darin dazu verpflichten, ihre Tätigkeiten gestützt auf zehn weltweit akzeptierte Grundsätze im Bereich Menschenrechte, Arbeit, Umwelt sowie Kampf gegen die Korruption auszuführen.

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dern, einen angemessenen und wirksamen Schutz und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum sicherzustellen, die gegenseitige Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesen zu verbessern und den internationalen Handel unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung auszubauen.

Artikel 1.2 regelt, auf welches geografische Gebiet das FHA Anwendung findet. Das FHA gilt für das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht.

Artikel 1.3 sieht vor, dass das FHA die Rechte und Pflichten in Bezug auf die Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten nicht tangiert. Diese sind im Übereinkommen zur Errichtung der EFTA geregelt. Zudem wendet die Schweiz gestützt auf den Vertrag zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet vom 29. März 192326 die FHA-Bestimmungen über den Warenhandel auch auf Liechtenstein an.

Artikel 1.4 regelt das Verhältnis zu anderen internationalen Abkommen. Im Wesentlichen wird dadurch gewährleistet, dass die Verpflichtungen der Vertragsparteien auf internationaler Ebene ebenfalls eingehalten werden müssen. Weiter kann eine Partei angemessene Konsultationen bezüglich Handelsverträgen der anderen Partei verlangen, wenn diese Auswirkungen auf dieses Abkommen haben.

Artikel 1.5 hält fest, dass die Vertragsparteien ihre FHA-Verpflichtungen erfüllen und die Anwendung des FHA auf allen Staatsebenen gewährleisten müssen.

Artikel 1.6 regelt insbesondere die Informationspflichten der Vertragsparteien. Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften, Gerichts- und Verwaltungsentscheide von allgemeiner Tragweite sowie ihre internationalen Abkommen, die einen Einfluss auf die Durchführung des FHA haben können, veröffentlichen oder öffentlich zugänglich machen. Zu dieser allgemeinen Verpflichtung kommt die Pflicht hinzu, Informationen zur Verfügung zu stellen und Fragen zu Massnahmen zu beantworten, die die Anwendung des Abkommens berühren können. Die Vertragsparteien sind nicht verpflichtet, Informationen preiszugeben, die nach ihrem innerstaatlichen Recht vertraulich sind oder deren Offenlegung die Durchsetzung von Rechtsvorschriften behindern oder den öffentlichen Interessen anderweitig zuwiderlaufen oder die berechtigten Geschäftsinteressen eines Wirtschaftsakteurs beeinträchtigen
würden.

Artikel 1.7 hält fest, dass die Steuersouveränität der Parteien unberührt bleibt, wobei die Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung auch auf steuerliche Massnahmen Anwendung finden. Den Steuerabkommen zwischen einem EFTAStaat und Ecuador wird ein Vorrang gegenüber diesem Abkommen eingeräumt.

Ferner werden sie von der Anwendung des Streitschlichtungskapitels in diesem Abkommen ausgenommen. Im Verständigungsprotokoll wird präzisiert, dass steuerliche Massnahmen unter anderem Massnahmen zur Prävention von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung umfassen.

26

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SR 0.631.112.514

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3.3

Kapitel 2 Handel mit Waren (Art. 2.1­2.22)

Artikel 2.1 definiert den Geltungsbereich von Kapitel 2 des FHA; dieser umfasst den gesamten Warenhandel, d. h. sowohl Industrie- als auch Agrarprodukte.

Artikel 2.2 regelt die präferenzielle Behandlung hinsichtlich der Einfuhrzölle, die sich die Vertragsparteien gemäss dem FHA gegenseitig gewähren. Die Definition von Einfuhrzöllen wird in diesem Artikel präzisiert: Sie umfasst sämtliche Abgaben im Zusammenhang mit der Einfuhr von Gütern, mit Ausnahme jener Abgaben, die gemäss anderen Artikeln des Abkommens oder unter den genannten Artikeln des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 199427 (GATT von 1994) erlaubt sind (Abs. 6). Die präferenzielle Zollbehandlung, die sich die Vertragsparteien gegenseitig gewähren, ist in den Anhängen II bis V festgehalten ­ die Zollkonzessionen Ecuadors in Anhang II, diejenigen der Schweiz in Anhang V28. Wie andere FHA der EFTA-Staaten berücksichtigt das vorliegende Abkommen mittels asymmetrischer Verpflichtungen bezüglich des Zollabbaus das unterschiedliche Entwicklungsniveau zwischen den EFTA-Staaten und Ecuador.

Die EFTA-Staaten beseitigen mit Inkrafttreten des Abkommens die Zölle auf Industrieprodukte und Fisch vollumfänglich. Ecuador wird für eine Mehrheit der Schweizer Industrieexporte die Zölle ebenfalls mit Inkrafttreten des Abkommens beseitigen. Für die Beseitigung der übrigen Zölle im Industriebereich werden Ecuador Übergangsfristen mit einem graduellen Zollabbau zugestanden. Dabei werden für über 99 Prozent der Schweizer Industrieexporte die Zölle nach spätestens 10 Jahren abgebaut. Für einige wenige für Ecuador äusserst sensible Produkte sieht das Abkommen längere Übergangsfristen von 15 bzw. 17 Jahren für einen vollständigen Zollabbau vor. Kein Produkt ist vom Zollabbau ganz ausgeschlossen.

Hinsichtlich der von Ecuador im vorliegenden Abkommen eingegangenen Verpflichtungen bezüglich des Zollabbaus für Industrieprodukte ist das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten und Ecuador vergleichbar mit den Zugeständnissen, welche Ecuador der EU im entsprechenden Abkommen gewährt. Für alle Industrieprodukte, für welche die Schweiz ein wichtiges Exportinteresse hat, gewährt Ecuador der EFTA mindestens gleich gute Zollkonzessionen wie der EU.

Im Landwirtschaftsbereich (verarbeitete Landwirtschaftsprodukte und Basisagrarprodukte) gewähren sich die Schweiz und
Ecuador Zollkonzessionen für bestimmte Produkte, für die das Partnerland ein besonderes Interesse geltend gemacht hat. Die Zugeständnisse der Schweiz bestehen dabei aus einer Reduktion oder Beseitigung von Zöllen, wo möglich innerhalb der bestehenden WTO-Zollkontingente und der saisonalen Einschränkungen. Eine präferenzielle Behandlung gewährt die Schweiz Ecuador zum Beispiel für Schnittblumen und andere Pflanzen, einige Gemüse (insbesondere auch Broccoli) und Früchte sowie Zubereitungen dieser und für die andinen Getreide Quinoa und Amaranth. Für die Rohzuckerspezialität «Panela», ein spezielles ecuadorianisches Exportinteresse, schafft die Schweiz ein zollfreies Kon27 28

SR 0.632.20, Anhang 1A.1 Die Anhänge III und IV betreffen die Konzessionen, die Island bzw. Norwegen Ecuador gewährt.

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tingent von jährlich 100 Tonnen für Produkte in Verpackungen von höchstens 2 kg.

Für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte gewährt die Schweiz Ecuador Zollkonzessionen in Form einer präferenziellen Behandlung im Rahmen des von der Schweiz angewandten Preisausgleichsmechanismus. Die Schweiz beseitigt somit das Industrieschutzelement beim für diese Produkte geltenden Zollansatz und behält das Recht, auf Einfuhren Abgaben zu erheben, um die Preisdifferenz für Rohstoffe auf dem Schweizer Markt und auf dem Weltmarkt auszugleichen. Für andere verarbeitete Landwirtschaftsprodukte ­ z. B. Kaffee, Kakao, Mineralwasser, Bier oder bestimmte Spirituosen ­, die keine für die Agrarpolitik sensiblen Rohstoffe enthalten, gewährt die Schweiz Ecuador einen zollfreien Zugang.

Die Zollkonzessionen der Schweiz im Agrarbereich zugunsten Ecuadors sind vergleichbar mit jenen, welche die Schweiz in der Vergangenheit anderen Freihandelspartnern gewährt hat und sind mit der bestehenden Schweizer Agrarpolitik vereinbar. Der Zollschutz für Produkte, die für die Schweiz sensibel sind, wird beibehalten. Die Ecuador von der Schweiz im FHA eingeräumten Konzessionen ersetzen die bisherigen von der Schweiz im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) gemachten unilateralen Zugeständnisse. Eine Ausnahme bilden Zucker sowie Konfitüren, für die die Schweiz keine präferenzielle Behandlung im Rahmen des Abkommens gewährt, aber bei denen die Schweiz die Anwendung des APS so lange verlängert, wie die Schweiz ein solches System anwendet und Ecuador dessen Kriterien erfüllt.

Die Schweiz erhält im Landwirtschaftsbereich für ihre wichtigsten Exportinteressen eine präferenzielle Behandlung in Form eines vollständigen Zollabbaus oder einer substanziellen Zollreduktion. Wie im Industriebereich wird für bestimmte Produkte ein gradueller Zollabbau innerhalb von Übergangsfristen vorgesehen. Rindersperma sowie Saatgut kann ab Inkrafttreten des Abkommens zollfrei von der Schweiz nach Ecuador exportiert werden. Für Käse wird der Schweiz ebenfalls ab Inkrafttreten des Abkommens ein jährliches Zollfreikontingent im Umfang von 140 Tonnen gewährt.

Zu den Schweizer Agrarprodukten, für die ein vollständiger Zollabbau mit Übergangsfristen gewährt wird, zählen unter anderem verschiedene Nahrungsmittelzubereitungen, Energydrinks, Schokolade, Kaffee,
Kindernährmittel, Zigaretten, Biskuits, Suppen und Saucen, Konfitüren und Teige. Für einige Produkte gewährt Ecuador der Schweiz einen partiellen Zollabbau; so für Zuckerwaren wie Bonbons, für die in drei Abbauschritten über sieben Jahre eine Zollreduktion von 70 Prozent vorgesehen ist.

Die EU erhält von Ecuador für einige Produkte im Landwirtschaftsbereich bessere Konzessionen als die Schweiz. Dies erklärt sich zum einen aus den im Vergleich zur EU weniger offensiven Interessen der Schweiz im Agrarbereich, zum anderen daraus, dass die Schweiz im Vergleich zur EU ihren FHA-Partnern weniger weitreichende Konzessionen im Agrarbereich anbieten kann. Entsprechend ist es für die Schweiz schwieriger, offensive Interessen durchzusetzen. Ecuador kritisierte in den Verhandlungen insbesondere den nur teilweisen Zollabbau für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte unter dem Preiskompensationsmechanismus und war deshalb seinerseits für diese Produkte nur zu Konzessionen im Rahmen von längeren Übergangsfristen und teilweise ohne vollständigen Zollabbau bereit.

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Gemäss der Revisionsklausel in Absatz 5 steht es den Parteien offen, im Rahmen des Gemischten Ausschusses Konsultationen über eine weitere Liberalisierung zu führen.

Für Produkte, die gemäss den Anhängen von den Zollkonzessionen abgedeckt sind, verpflichten sich die Vertragsparteien, die Zollansätze nicht zu erhöhen und keine neuen Zölle einzuführen. Diese Bestimmung betrifft weder Zollanpassungen unter dem Preisausgleichsmechanismus für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte noch Konzessionen in Form von fixen Rabatten auf den Normalzollansatz. Explizit erlaubt ist gemäss Absatz 4 eine Erhöhung auf das Niveau der im Abkommen festgeschriebenen Verpflichtungen nach einer unilateralen Reduktion. Ebenfalls explizit erlaubt sind gemäss Absatz 3 Zölle, welche vom WTO-Streitbeilegungsorgan autorisiert wurden.

In Artikel 2.3 enthält das vorliegende Abkommen, wie andere FHA der EFTA, Bestimmungen zum Verbot von Ausfuhrzöllen.

Gemäss Artikel 2.4 müssen Waren die Ursprungsregeln erfüllen, damit sie in den Genuss der präferenziellen Zölle dieses Abkommens kommen. Die detaillierten Bestimmungen werden in Anhang I definiert. Sie legen insbesondere fest, welche Waren sich als Ursprungswaren qualifizieren, welcher Ursprungsnachweis für die präferenzielle Zollbehandlung verwendet werden muss und wie die Kooperation der betroffenen Verwaltungen erfolgt. Die Ursprungsregeln dieses Abkommens sind den EFTA-FHA mit anderen südamerikanischen Ländern sehr ähnlich, sind jedoch weniger restriktiv ausgestaltet. Dies entspricht den Interessen der Vertragsparteien, da ihre Unternehmen auf Importe von Rohstoffen von ausserhalb der Freihandelszone angewiesen sind.

In den Artikeln 2.5­2.8 sowie 2.18­2.20 integriert das Abkommen die einschlägigen Rechte und Pflichten im Rahmen der WTO, so betreffend Zollwertermittlung (Art. 2.5), Gebühren und Formalitäten (Art. 2.7), Inländerbehandlung bei internen Steuern und Regulierung (Art. 2.8), Staatliche Handelsunternehmen (Art. 2.18) sowie Allgemeine Ausnahmen, namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes (Art. 2.19 und Art. 2.20).

In Artikel 2.6 über Mengenmässige Beschränkungen werden im Abkommen zusätzlich zu den Verpflichtungen unter der WTO Notifikationen im Gemischten Ausschuss vorgesehen, dies als Grundlage
für eine mögliche Diskussion über die Beschränkung der Auswirkungen der Massnahmen auf den Handel zwischen den Vertragsparteien. Explizit ausgenommen von den Bestimmungen zu den mengenmässigen Beschränkungen sind die Massnahmen Ecuadors im Zusammenhang mit der Einfuhr von gebrauchten Gütern und der Einfuhr von gebrauchten Fahrzeugen, Fahrzeugteilen und Fahrzeugzubehör (Anhang VI). Aus Gründen der öffentlichen Gesundheit und des Umweltschutzes verbietet Ecuador die Einfuhr von gewissen gebrauchten Produkten oder unterstellt sie der vorgängigen Bewilligungspflicht.

Diese Massnahmen sind ebenfalls explizit von Artikel 2.8 ausgenommen. Die Schweiz kennt analoge Ausnahmen zum Beispiel im FHA mit Kolumbien und auch im Abkommen zwischen der EU und Ecuador sind die genannten ecuadorianischen Massnahmen geregelt.

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In Artikel 2.9 ist explizit festgelegt, dass Ecuador das Andine Preisbandsystem weiter anwenden darf. Dieser Preisstabilisierungsmechanismus stellt ein Element der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik der Andengemeinschaft dar und hat das Ziel, mittels variabler Zollelemente den inländischen Preis gewisser Agrarrohstoffe zu stabilisieren. Das System ist auf eine beschränkte Anzahl von Landwirtschaftsprodukten anwendbar und ist ebenfalls unter den FHA mit Peru und Kolumbien erlaubt.

In Artikel 2.10 verpflichten sich die Vertragsparteien, auf Landwirtschaftliche Exportsubventionen zu verzichten. Richtet eine Partei trotzdem Exportsubventionen auf Ausfuhren aus, die Gegenstand von Zollkonzessionen sind, so kann die andere Partei als Kompensation die Zollansätze auf die betroffenen importierten Produkte erhöhen. Eine solche Erhöhung ist mit einer Notifikationspflicht verbunden. Mit der Umsetzung des WTO-Verbots von Exportsubventionen wird dieser Artikel hinfällig.

Ecuador richtet keine Exportsubventionen aus und die Schweiz wird ihre Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte per 1. Januar 2019 aufheben.

Artikel 2.11 deckt die technischen Vorschriften (TBT) ab. Neben der Anwendung der Bestimmungen des WTO-Übereinkommens vom 15. April 199429 über die technischen Handelshemmnisse (TBT-Übereinkommen), das in das FHA übernommen wird (Abs. 1), verpflichten sich die Vertragsparteien in Artikel 2.11, die anwendbaren technischen Vorschriften zu veröffentlichen (Abs. 2).

Absatz 3 sieht vor, dass die Vertragsparteien ihren Erzeugnissen möglichst eine gleichwertige Behandlung wie Erzeugnissen aus einer Drittpartei gewähren, mit der sie jeweils eine gleichwertige Vereinbarung haben. Dazu nehmen sie auf Ersuchen einer Vertragspartei Verhandlungen über die gegenseitige Ausdehnung der mit dieser Drittpartei vereinbarten Erleichterungen auf. In der Fussnote zu Absatz 3 wird zudem festgehalten, dass allfällige Diskriminierungen aufgrund einer bevorzugten Behandlung einer Drittpartei durch Konsultationen gelöst werden sollen. Durch Absatz 3 soll vermieden werden, dass Erzeugnisse aus der EFTA insbesondere gegenüber jenen aus der EU diskriminiert werden.

Absatz 4 regelt die Abhaltung von Konsultationen auf Ersuchen einer Vertragspartei.

Damit soll sichergestellt werden, dass im Falle von möglichen
Handelshemmnissen gemeinsam nach Lösungen gesucht werden kann.

Schliesslich sehen die Vertragsparteien in Absatz 5 Kontaktstellen zur Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen den Fachverantwortlichen der zuständigen Behörden vor. So sollte es möglich sein, bei der Implementierung dieses Artikels oder allenfalls bei mit der Umsetzung technischer Vorschriften einhergehenden Firmenproblemen einen raschen und direkten Zugang zu den jeweiligen Fachverantwortlichen der Länder herzustellen.

Die gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen (SPS) werden in Artikel 2.12 geregelt. In Absatz 1 wird das WTO-Übereinkommen vom 15. April 199430 über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Massnahmen (SPS-Übereinkommen) in das FHA übernommen, wobei die Vertragsparteien zusätzlich die Entscheide des entsprechenden WTO-Komitees 29 30

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SR 0.632.20, Anhang 1A.6 SR 0.632.20, Anhang 1A.4

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anerkennen. In Absatz 2 einigen sich die Vertragsparteien, gemeinsam an einer effektiven Umsetzung des SPS-Übereinkommens sowie des Artikels 2.12 zu arbeiten, um dadurch den gegenseitigen Handel zu erleichtern.

Absatz 3 sieht vor, dass sich insbesondere die für die Bewilligung von Importen erforderlichen Massnahmen auf wissenschaftliche Grundlagen abstützen. In Absatz 4 einigen sich die Vertragsparteien auf die Möglichkeit des Abschlusses von bilateralen Vereinbarungen, auch zwischen den zuständigen Behörden, um den Handel zu erleichtern.

Absätze 5­8 konkretisieren das SPS-Übereinkommen in Bezug auf Kontrollen von Waren an der Grenze. Die Vertragsparteien einigen sich darauf, die jeweils andere Vertragspartei über die Durchführung von Risikoeinschätzungen zu informieren (Abs. 5). Müssen Waren aufgrund eines bestätigten Risikos zurückgewiesen werden, werden die Behörden der anderen Vertragspartei informiert und auf Anfrage wird ein Bericht geliefert (Abs. 6). Müssen verderbliche Waren aufgrund eines erkannten Risikos an der Grenze zurückgehalten werden, ist der Entscheid so schnell wie möglich zu treffen und der Einführer ist zu informieren (Abs. 7). Um insbesondere zu verhindern, dass verderbliche Waren an der Grenze warten müssen, sollten Routinekontrollen nicht dazu führen, dass Waren zurückgehalten werden (Abs. 8).

Absatz 9 regelt die Möglichkeit zur Abhaltung von Konsultationen, damit alle Massnahmen, die sich handelshemmend auswirken können oder den Bestimmungen des SPS-Übereinkommens sowie dieses Artikels widersprechen, rasch mit Ecuador diskutiert werden, um eine beiderseits akzeptable Lösung zu finden.

Absatz 10 sieht vor, dass eine Vertragspartei verlangen kann, dass Verhandlungen über eine gleichwertige Behandlung, wie sie zwischen einer Partei und der EU gewährt werden, aufgenommen werden können. Sofern EU-Produkte bezüglich SPS-Vorschriften von einer günstigeren Behandlung profitieren sollten, können so mögliche Diskriminierungen gegenüber EU-Produkten vermieden werden.

In Absatz 11 sehen die Vertragsparteien die Schaffung von behördlichen Expertenkontaktstellen vor. Zum einen wird dadurch der generelle Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden gefördert. Ausserdem kann im Falle von Handelshemmnissen und allenfalls damit einhergehenden Firmenproblemen ein rascher und
direkter Zugang zu den jeweiligen Fachverantwortlichen der jeweiligen Länder hergestellt und gemeinsam nach pragmatischen Lösungen gesucht werden.

Artikel 2.13 des Abkommens enthält Massnahmen zur Handelserleichterung. Diese verpflichten die Vertragsparteien insbesondere, relevante Gesetze und Verordnungen sowie Gebührenansätze im Internet zu publizieren und internationale Standards bei der Ausgestaltung der Zollverfahren einzuhalten. Ferner können die Ausführer ihre Zollerklärungen auf elektronischem Weg einreichen. Die detaillierten Bestimmungen sind in Anhang VII definiert (s. Ziff. 3.3.2). Dieser Anhang enthält auch Bestimmungen, welche über das Ambitionsniveau des WTO-Abkommens vom 27. November 201431 über Handelserleichterungen hinausgehen.

Artikel 2.14­2.17 enthalten Regeln zu handelspolitischen Schutzmassnahmen. Artikel 2.15 sieht über die WTO-Regeln hinausgehende Anforderungen für die An31

SR 0.632.20, Anhang 1A.15

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wendung von WTO-Antidumpingmassnahmen zwischen den Vertragsparteien vor, insbesondere eine vorgängige Notifikation und Konsultationen sowie eine Maximaldauer von fünf Jahren. Im Verständigungsprotokoll wird präzisiert, dass die Vertragsparteien auf die Eröffnung von Antidumpingverfahren gegeneinander verzichten sollen, insbesondere bei Waren, die durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ausgeführt werden. In den Bestimmungen zu Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (Art. 2.14) und zu allgemeinen Schutzmassnahmen (Art. 2.16) sind Verweise auf die Rechte und Pflichten im Rahmen der WTO vorgesehen. Über die WTO-Regeln hinausgehend gilt die Pflicht, Konsultationen aufzunehmen, bevor eine Vertragspartei ein Verfahren nach dem WTO-Übereinkommen vom 15. April 199432 über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen anstrengt, sowie die Nichtanwendung von allgemeinen WTO-Schutzmassnahmen auf Einfuhren anderer Vertragsparteien, wenn diese Einfuhren nicht Ursache der Schäden sind oder solche zu verursachen drohen. Die Bestimmungen zu vorübergehenden Schutzmassnahmen (Art. 2.17) erlauben den Vertragsparteien unter bestimmten Bedingungen, vorübergehend Zollsenkungen rückgängig zu machen, falls der Zollabbau unter dem FHA zu erheblichen Marktstörungen führt oder zu führen droht.

Artikel 2.21 erlaubt den Parteien bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten, im Rahmen der betreffenden WTO-Abkommen entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei einer allfälligen Einführung solcher Massnahmen den Gemischten Ausschuss unmittelbar darüber zu informieren.

In Artikel 2.22 setzt das FHA einen Unterausschuss über Warenverkehr ein (Anhang VIII). Die Aufgaben des Unterausschusses betreffen die Überwachung und Überprüfung der getroffenen Massnahmen sowie die Umsetzung der von den Vertragsparteien eingegangenen Verpflichtungen. Der Unterausschuss ist zudem beauftragt, den Informationsaustausch über Zollfragen zu regeln und technische Änderungen in Bezug auf den Warenverkehr vorzubereiten sowie die nichttarifären Massnahmen in Bezug auf den Warenverkehr zu behandeln.

3.3.1

Anhang I zu Ursprungsregeln und administrativer Zusammenarbeit in Zollangelegenheiten

Artikel 2 und 3 definieren im Grundsatz, welche Waren als Ursprungswaren angesehen werden können. Dies sind einerseits sogenannte Urprodukte, die vollständig in einer Vertragspartei erzeugt wurden. Weiter gelten Erzeugnisse, für welche drittländische Vormaterialien verwendet wurden, als Ursprungswaren, wenn sie genügend bearbeitet wurden (vgl. Art. 4). Vormaterialien, die sich bereits als Ursprungswaren qualifizieren, können ursprungsunschädlich verwendet werden (sog. Kumulation).

Gemäss Artikel 4 gelten Waren, bei deren Herstellung drittländische Vormaterialien verwendet wurden, dann als genügend be- oder verarbeitet, wenn sie die im Appendix 1 aufgeführten Kriterien (Listenregeln) erfüllen. Basisagrarprodukte müssen die Bedingungen als Urprodukte erfüllen. Für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte 32

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SR 0.632.20, Anhang 1A.13

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werden Regeln angewendet, die den Bedürfnissen sowohl der Landwirtschaft als auch der verarbeitenden Lebensmittelindustrie Rechnung tragen. Die Listenregeln für Industrieprodukte entsprechen den aktuellen Herstellungsmethoden der Schweizer Produzenten. So ist es für chemische und pharmazeutische Produkte meist ausreichend, wenn sie mehr als minimal behandelt wurden (vgl. Art. 5). Bei Textilwaren gilt ein Alternativkriterium, das die Verwendung von 40 % drittländischer Vormaterialen erlaubt, bei Maschinen vorwiegend ein solches mit 60 %. Die Bedürfnisse der Uhrenindustrie konnten berücksichtigt werden, weshalb der Drittlandanteil bei diesen Waren auf 40 % beschränkt ist.

In Artikel 5 werden die Minimalbehandlungen aufgeführt, die unabhängig von den Bestimmungen von Artikel 4 nicht als ursprungsbegründend gelten. Dies sind einfache Bearbeitungen wie zum Beispiel Verpacken, Aufteilen, Reinigen, Bemalen, Entkernen und Schälen von Früchten und Gemüsen oder das Schlachten von Tieren, die für sich noch keine ursprungsbegründende Bearbeitung darstellen.

Artikel 6: Die Kumulationsbestimmungen sehen neben der diagonalen Kumulation mit Vormaterialien der anderen Vertragsparteien (Ecuador, EFTA-Staaten) ­ analog dem FHA EU­Ecuador ­ auch die Kumulation mit Ursprungsvormaterialien aus Kolumbien und Peru vor. Die Kumulationsbestimmungen sollen innert vier Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens überprüft und allenfalls neue Möglichkeiten in Betracht gezogen werden.

Artikel 13: Das Territorialitätsprinzip legt fest, dass die Erfüllung der Ursprungsregeln innerhalb der Freihandelszone zu erfolgen hat und Rückwaren grundsätzlich den Ursprungsstatus verlieren.

Artikel 14: Ursprungswaren können auf dem Weg zwischen den Vertragsparteien Drittstaaten transitieren, sofern sie dort nicht in den freien Verkehr gelangen. Ursprungserzeugnisse dürfen während des Transports nicht verändert, können aber umgeladen werden. Das Aufteilen von Sendungen in Drittstaaten ist ­ im Gegensatz zum FHA EU­Ecuador ­ möglich. Diese Bestimmung erhöht die logistische Flexibilität der Schweizer Exportindustrie und erleichtert damit deren Ausfuhren. Zudem gilt das Prinzip, dass die Zollverwaltung des Einfuhrlandes die Einhaltung dieser Bestimmungen als gegeben betrachten soll, sofern keine gegenteiligen Informationen vorliegen. Damit besteht
ein Unterschied zum FHA EU­Ecuador, gemäss dem prinzipiell die Importeure beweispflichtig sind.

Gemäss Artikel 15­29 sind als Ursprungsnachweis die Ursprungserklärung und das EUR.1 vorgesehen. Die Ausführer der Schweiz können ohne Rücksicht auf den Wert der Sendung Ursprungserklärungen ausstellen, während die Ausführer der EU im Rahmen des FHA EU­Ecuador dies nur bis zu einem Sendungswert von 6000 Euro dürfen. Ermächtigte Ausführer sind im Falle der Ursprungserklärung von der Unterschriftspflicht befreit.

Artikel 27 regelt die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden. Diese informieren sich gegenseitig in Bezug auf die Adressen der Behörden, die Systeme der ermächtigten Ausführer und die verwendeten Stempel für die Validierung von Ursprungszeugnissen. Anwendungsfragen und -probleme werden direkt zwischen den zuständigen Behörden im Rahmen des Unterausschusses über Warenverkehr besprochen.

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Artikel 30 bildet die Grundlage für das Nachprüfungsverfahren von Ursprungsnachweisen. Im Rahmen der Nachprüfung wird ermittelt, ob der in Frage stehende Ursprungsnachweis authentisch ist und ob sich die fraglichen Erzeugnisse auch tatsächlich als Ursprungswaren qualifizieren. Die zuständigen Behörden der Ausfuhrpartei führen beim Exporteur auf Anfrage der Einfuhrpartei eine Nachprüfung durch. Zu diesem Zweck können sie vom Exporteur ursprungsbelegende Dokumente verlangen oder am Firmensitz des Exporteurs oder Herstellers eine Kontrolle durchführen. Die Frist für die Beantwortung eines Nachprüfungsgesuchs beträgt zwölf Monate, kann aber auf Antrag der zuständigen Behörde der Ausfuhrpartei um weitere drei Monate verlängert werden.

3.3.2

Anhang VII zu Handelserleichterungen

Artikel 1­3: Die Vertragsparteien führen effektive Kontrollen durch, um den Handel zu erleichtern und dessen Entwicklung zu fördern. Ausserdem werden die Verfahren für den Warenhandel vereinfacht. Transparenz wird gefördert, indem Gesetze, Verordnungen und generelle Entscheide im Internet publiziert werden. Die Vertragsparteien geben auf Anfrage verbindliche Auskünfte (Art. 3) über Tarifeinreihungen und die anwendbaren Zollansätze, über den Zollwert, über Gebühren und Abgaben, über Grenzübergangsvorgaben für bestimmte Waren und über die anwendbaren Ursprungsregeln.

Gemäss Artikel 4 beschränken die Vertragsparteien Kontrollen, Formalitäten und benötigte Dokumente auf das Nötigste. Um Kosten zu reduzieren und unnötige Verzögerungen des Handels zwischen den Vertragsparteien zu verhindern, sollen effiziente Handelsverfahren angewendet werden, die nach Möglichkeit auf internationalen Standards basieren.

Artikel 5 sieht vor, dass bei der Bestimmung über den Ort, die Öffnungszeiten und die Kompetenzen von Zollämtern die Bedürfnisse der Wirtschaft berücksichtigt werden sollen.

Gemäass Artikel 6­9 wenden die Vertragsparteien eine Risikokontrolle an, welche die Verzollung von Waren mit geringem Risiko vereinfacht. Damit wird bezweckt, dass der Grenzverkehr für einen Grossteil der Waren schnell vollzogen werden kann und Kontrollen auf ein Minimum beschränkt werden. Es besteht keine Verpflichtung, Verzollungen über Zollagenten tätigen zu lassen. Zu erhebende Kosten und Gebühren sollen dem Wert der Dienstleistung entsprechen, nicht auf dem Warenwert basieren, und die Ansätze sollen im Internet publiziert werden.

Gemäss Artikel 11 darf die Einfuhrpartei keine Legalisierung von Dokumenten verlangen (z. B. Beglaubigung von Rechnungen, Ursprungszeugnis einer Handelskammer).

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3.4

Kapitel 3 Handel mit Dienstleistungen (Art. 3.1­3.21)

Kapitel 3 des FHA regelt den Handel mit Dienstleistungen. Die Begriffsbestimmungen und die Bestimmungen zum Dienstleistungshandel ­ insbesondere die vier Erbringungsarten33, Meistbegünstigung, Marktzugang, Inländerbehandlung und Ausnahmen ­ folgen dem Allgemeinen Abkommen der WTO vom 15. April 199434 über den Handel mit Dienstleistungen (GATS), wobei gewisse GATS-Bestimmungen präzisiert bzw. dem bilateralen Rahmen angepasst wurden.

Die Bestimmungen in Kapitel 3 werden in den Anhängen XI (Finanzdienstleistungen), XII (Telekommunikationsdienstleistungen), XIII (Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen) und XIV (Seeverkehrsdienstleistungen) durch ergänzende Regeln für die jeweiligen Bereiche vervollständigt. Die nationalen Listen der spezifischen Verpflichtungen betreffend Marktzugang und Inländerbehandlung sind in Anhang IX enthalten, während die Ausnahmen von der Meistbegünstigungsklausel in Anhang X geregelt sind.

Artikel 3.1 und 3.3: Kapitel 3 übernimmt im Wesentlichen die Begriffsbestimmungen und Bestimmungen des GATS. Somit ist der Anwendungsbereich von Kapitel 3 über den Dienstleistungshandel mit demjenigen des GATS vergleichbar (Art. 3.1).

Die Begriffsbestimmung bezüglich juristischen Personen wurde hingegen als einzige Definition abgeändert. Neben den juristischen Personen, die in einer Vertragspartei ansässig und tätig sind, sind auch diejenigen juristischen Personen eingeschlossen, die in einem beliebigen anderen WTO-Mitgliedstaat ansässig und erwerbstätig sind.

Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass die juristische Person im Besitz oder unter der Kontrolle einer natürlichen oder juristischen Person einer Vertragspartei des FHA steht. Damit wird sichergestellt, dass die im Rahmen des GATS gewährten Rechte in Bezug auf juristische Personen auch im Rahmen des FHA gewährt werden. Dank dieser Klausel kann auch verhindert werden, dass Einheiten von Drittstaaten vom Abkommen profitieren.

Hinsichtlich des Anwendungs- und Geltungsbereichs des Abkommens behält das Verständigungsprotokoll das Recht der Vertragsparteien vor, auf nichtdiskriminierende Weise Massnahmen zu ergreifen, aufrechtzuerhalten oder anzuwenden, die im öffentlichen Interesse liegen, wie Massnahmen zum Schutz von Gesundheit, Sicherheit oder Umwelt oder aufsichtsrechtliche Massnahmen.

Artikel 3.4 betreffend die
Meistbegünstigung folgt weitgehend der entsprechenden Bestimmung im GATS. Es wird zudem festgehalten, dass FHA mit Drittstaaten, die nach Artikel V bzw. Vbis GATS notifiziert werden, von der Verpflichtung dieser Klausel ausgenommen sind. Die Vertragsparteien verpflichten sich aber dazu, die anderen Vertragsparteien dieses Abkommens über gewährte Handelsvorteile anlässlich anderweitig abgeschlossener Handelsabkommen zu informieren und auf Ersu-

33

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Es handelt sich um folgende vier Erbringungsarten: 1) grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung; 2) Konsum im Ausland; 3) Erbringung von Dienstleistungen über eine gewerbliche Niederlassung; 4) Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung.

SR 0.632.20, Anhang 1B

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chen einer Vertragspartei solche Vorteile auch im Rahmen dieses Abkommens zu gewähren.

Die Artikel betreffend Marktzugang (Art. 3.5), Inländerbehandlung (Art. 3.6), zusätzliche Verpflichtungen (Art. 3.7), Transparenz (Art. 3.11), Monopole und Dienstleistungserbringer mit ausschliesslichen Rechten (Art. 3.12), Geschäftspraktiken (Art. 3.13) und Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz (Art. 3.15) verweisen auf das GATS und übernehmen die jeweiligen Bestimmungen in das Abkommen. Dasselbe gilt für allgemeine Ausnahmen sowie Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit (Art. 3.17). Das Verständigungsprotokoll präzisiert zusätzlich die Anwendung von Artikel 3.15 zu den Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz.

Artikel 3.8: Die Disziplinen bezüglich der innerstaatlichen Regelungen basieren auf jenen des GATS. Eine wesentliche Ergänzung ist aber, dass die Tragweite der Bestimmung um den Punkt erweitert wurde, dass die Vertragsparteien grundsätzlich, und nicht nur in Sektoren mit spezifischen Verpflichtungen, angemessene Verfahren zur Überprüfung der Fachkenntnisse der Angehörigen der freien Berufe der anderen Vertragsparteien vorsehen.

Artikel 3.14: Der Artikel betreffend Zahlungen und Überweisungen entspricht weitgehend jenem des GATS; die erzielte Verbesserung besteht jedoch darin, dass eine Vertragspartei grundsätzlich, und nicht nur bei den verpflichteten Sektoren, keine Beschränkungen bei den Zahlungen und Überweisungen für laufende Geschäfte einführen soll. Das Verständigungsprotokoll enthält einen Vorbehalt für den Fall, dass Gesetze zur Anwendung kommen.

Die Disziplinen bezüglich Anerkennung (Art. 3.9), Grenzüberschreitung natürlicher Personen (Art. 3.10), Listen der spezifischen Verpflichtungen (Art. 3.18) und Änderung der Verpflichtungslisten (Art. 3.19) sind im Wesentlichen mit dem GATS identisch, wurden aber an den bilateralen Kontext angepasst.

3.4.1

Anhang IX: Spezifische Verpflichtungen

Die spezifischen Verpflichtungen im Bereich des Dienstleistungshandels in den Bereichen Marktzugang und Inländerbehandlung sind in den von den Vertragsparteien einzeln erstellten nationalen Verpflichtungslisten festgehalten. Ähnlich wie beim GATS sind die Vertragsparteien Verpflichtungen auf der Grundlage von Positivlisten eingegangen. Gemäss der Methode der Positivlisten verpflichtet sich eine Vertragspartei, den Marktzugang nicht zu beschränken sowie die Dienstleistungserbringer und Dienstleistungen der anderen Vertragspartei in den Sektoren, Teilsektoren oder Tätigkeiten bezüglich der Form der Dienstleistungserbringung und entsprechend den auf ihrer Liste ausdrücklich und transparent aufgeführten Bedingungen und Einschränkungen nicht zu diskriminieren. Somit bedeutet das Nichtaufführen eines Sektors in der Liste einer Vertragspartei, dass keine Verpflichtungen eingegangen werden.

Im vorliegenden Abkommen hat der Vertragspartner Ecuador sein Verpflichtungsniveau im Vergleich zu seiner bestehenden GATS-Verpflichtungsliste moderat ausgeweitet. Ecuador hat aber in den für Schweizer Dienstleistungsexporteure zentralen 660

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Bereichen erhebliche Zugeständnisse beim Marktzugang gewährt. Dies trifft zum Beispiel auf die Finanzdienstleistungen (Rückversicherungsdienstleistungen, Bankdienstleistungen inklusive Vermögensverwaltung) zu. Weiter hat sich Ecuador verpflichtet, die Einreise von natürlichen Personen aus der Schweiz zu gestatten, die Installations- und Wartungsdienste an Maschinen und Anlagen erbringen. Auch bezüglich der Wartung und Instandhaltung von Flugzeugen hat Ecuador substanzielle Zugeständnisse gemacht.

Das von der Schweiz eingegangene Marktzugangsverpflichtungsniveau zugunsten von Ecuador entspricht dem Niveau, zu dem sich die Schweiz bereits in früheren vergleichbaren Abkommen verpflichtet hat, namentlich etwa dem den zentralamerikanischen Staaten zugestandenen Verpflichtungsniveau.

Vergleicht man das im Rahmen dieses Abkommens von Ecuador zugestandene Verpflichtungsniveau mit jenem, das Ecuador der EU im FHA zwischen der EU und Ecuador zugestanden hat, so ergibt sich folgendes Bild: Bei den berufsbezogenen Dienstleistungen kann von einem ausgeglichenen Verpflichtungsniveau gesprochen werden, d. h. die Schweiz erhält gleichwertige Zugeständnisse wie die EU. Die Zugeständnisse bei den Telekommunikationsdienstleistungen sind bei der EU und der Schweiz unterschiedlich und nicht direkt miteinander vergleichbar. Angesichts der nicht offensiven Haltung der Schweiz in diesem Bereich besteht jedoch keine Diskriminierung gegenüber der EU. Auch in den Bereichen Bau-, Umwelt- und Vertriebsdienstleistungen sind die Zugeständnisse von Seiten Ecuadors mit jenen an die EU vergleichbar und es besteht keine Benachteiligung der Schweiz. Im Bereich der Finanzdienstleistungen sind die Verpflichtungen Ecuadors als gleichwertig zu betrachten wie im Abkommen EU­Ecuador. Die spezifischen Regeln, die für diesen Sektor massgebend sind (siehe Anhang XI) sind im vorliegenden Abkommen jedoch ambitiöser als im Abkommen zwischen der EU und Ecuador (u. a. aufsichtsrechtliche Massnahmen und Zulassungsverfahren). Die Gesundheits-, Unterhaltungs- und Tourismusdienstleistungen sind hinsichtlich der Verpflichtungsniveaus ebenfalls als miteinander vergleichbar zu bezeichnen. Im Bereich der Transport- und Logistikdienstleistungen hat Ecuador der EU bezüglich des Landtransports umfangreichere Zugeständnisse gemacht. Die Zugeständnisse im
Landtransport sind für die Schweiz von geringer Bedeutung und widerspiegeln Handelsinteressen, die zwischen der EU und Ecuador bestehen. Bei den Logistikdienstleistungen war Ecuador nicht bereit, umfangreichere Zugeständnisse zu gewähren. In den für die Schweiz jedoch prioritären Bereichen (Luft- und Seetransport) ist Ecuador ein gleichwertiges Verpflichtungsniveau eingegangen.

Gesamtheitlich betrachtet kann abschliessend festgehalten werden, dass insbesondere auch mit Blick auf die hauptsächlichen schweizerischen Handelsinteressen keine Diskriminierung der Schweiz gegenüber der EU zu erwarten ist. In dem für die Schweiz zentralen Bereich der Installations- und Wartungsdienstleister ist das Verhandlungsresultat der Schweiz sogar besser ausgefallen.

Die Bestimmung Überprüfung (Art. 3.20) der Listen der spezifischen Verpflichtungen sieht vor, dass die Vertragsparteien im Hinblick auf eine weitergehende Liberalisierung beim Handel mit Dienstleistungen ihre Listen der Spezifischen Verpflich-

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tungen (Anhang IX) und die Liste der Ausnahmen von der Meistbegünstigungsklausel (Anhang X) periodisch überprüfen.

3.4.2

Anhang XI zu Finanzdienstleistungen

Im Anhang über die Finanzdienstleistungen soll den Besonderheiten des Finanzsektors Rechnung getragen werden, weshalb die allgemeinen Bestimmungen in Kapitel 3 in Anhang XI (Finanzdienstleistungen) durch spezifische Ergänzungen zu diesem Sektor präzisiert werden.

Artikel 1 (Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen) übernimmt die Begriffsbestimmungen in Bezug auf die Finanztätigkeiten (Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen) und die Ausnahmen bezüglich Geldpolitik und Sozialversicherungssystem aus dem Anhang über die Finanzdienstleistungen des GATS.

Die Bestimmung in Artikel 2 zur Inländerbehandlung basiert auf der Vereinbarung der WTO über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen. Diese Vereinbarung innerhalb der WTO ist für die WTO-Mitglieder jedoch nicht bindend. Im Rahmen dieses FHA verpflichten sich die Vertragsparteien dazu, Finanzdienstleistungsanbietern anderer Verhandlungsparteien mit einer gewerblichen Niederlassung die Teilnahme an öffentlichen Zahlungs- und Clearingsystemen, an offiziellen Kreditfazilitäten, an Selbstregulierungsorganen, an Börsen oder anderen Organisationen und Verbänden, die für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nötig sind, auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu ermöglichen.

Mit Artikel 3 zur Transparenz und Artikel 4 zu raschen Antragsverfahren verpflichten sich die Vertragsparteien zu für den Finanzbereich weitergehenden Disziplinen in den Bereichen Transparenz und Abwicklung von Genehmigungsverfahren. So besagt Artikel 3 zum Beispiel, dass die zuständigen Behörden der Vertragsparteien interessierten Personen auf Anfrage Auskunft über die Anforderungen und Verfahren zur Erlangung von Bewilligungen erteilen müssen. Mit Artikel 4 verpflichten sich die Vertragsparteien zur zügigen Abwicklung der Genehmigungsverfahren. Die Vertragsparteien sind auch dazu angehalten, sofern alle Anforderungen erfüllt sind, eine Zulassung zu erteilen, wobei diese in der Regel spätestens sechs Monate nach Einreichung des Gesuchs zu erteilen ist. Falls die Frist von sechs Monaten nicht eingehalten werden kann, sind die Gesuchsteller umgehend zu informieren und eine Entscheidung soll so rasch als möglich getroffen werden.

Artikel 5­6 regeln aufsichtsrechtliche Massnahmen der Vertragsparteien. Diese sind im Vergleich zum Anhang über die Finanzdienstleistungen
im GATS ausgewogener ausgestaltet, denn solche Massnahmen sollen nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit zur Anwendung gelangen und den Dienstleistungshandel somit nicht einschränken oder als diskriminierende Handelsschranken wirken.

Artikel 7 zur Weitergabe von Informationen und Verarbeitung von Informationen sieht wie die WTO-Vereinbarung über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen vor, dass Finanzdienstleistungsanbietern die Verarbeitung und Übertragung der für das Führen der laufenden Geschäfte nötigen Daten erlaubt ist, unter Vor-

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behalt der von den Vertragsparteien getroffenen Massnahmen zum Schutz personenbezogener Daten.

3.4.3

Anhang XII zu Telekommunikationsdienstleistungen

Spezifische Regeln für die Telekommunikationsdienstleistungen, welche die allgemeinen Bestimmungen in Kapitel 3 ergänzen, sind in Anhang XII des Abkommens enthalten. Diese zusätzlichen Regeln stützen sich weitestgehend auf das einschlägige GATS-Referenzpapier bezüglich Telekommunikationsdienstleistungen.

Artikel 1 nimmt wesentliche Begriffsbestimmungen des GATS-Referenzpapiers auf.

Artikel 2 enthält Bestimmungen zur Vermeidung wettbewerbsmindernder Praktiken (z. B. unrechtmässige Quersubventionierungen).

Artikel 3 umfasst ebenfalls in Anlehnung an das GATS-Referenzpapier Mindeststandards bezüglich der Regulierung der Interkonnektion mit marktbeherrschenden Anbietern. Die Anbieter sind zu verpflichten, den anderen Leistungserbringern die Interkonnektion in nichtdiskriminierender Weise und auf der Grundlage von kostenorientierten Preisen zu gewähren. Falls sich die Betreiber nicht auf eine Interkonnektionsvereinbarung einigen können, sind die Regulierungsbehörden gehalten, zur Streitschlichtung beizutragen und nötigenfalls angemessene Interkonnektionsbedingungen und -preise festzulegen.

Artikel 4 enthält wie das GATS-Referenzpapier Bestimmungen über den Universaldienst, welche besagen, dass jede Vertragspartei definiert, welche Art Universaldienst sie aufrechterhalten will. Weiter legt dieser Artikel auch fest, dass Massnahmen im Zusammenhang mit dem Universaldienst wettbewerbsneutral zu erfolgen haben.

Artikel 5­6 verpflichten die Vertragsparteien zur Gewährung nichtdiskriminierender Verfahren zur Erteilung von Bewilligungen und zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden.

In Artikel 7 wird schliesslich geregelt, dass die Zuteilung von knappen Ressourcen auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu erfolgen hat.

3.4.4

Anhang XIII zum grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen

Die Schweiz legt in diesem Anhang spezifische Bedingungen für die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung fest, die über die WTO-Regeln hinausgehen. Diese in Anhang XIII enthaltenen Bestimmungen gelten gemäss Artikel 1 in Bezug auf nationale Massnahmen, welche die in der Verpflichtungsliste eingetragenen Personenkategorien betreffen.

Artikel 2 legt fest, dass im Einklang mit den spezifischen Verpflichtungen der Vertragsparteien die Einreise und der vorübergehende Aufenthalt von natürlichen Personen erleichtert werden.

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Artikel 3 enthält Bestimmungen zur Verpflichtung der Parteien, die notwendigen Informationen bereitzustellen, insbesondere zu den Voraussetzungen (z. B. Visa, Arbeitsbewilligungen, erforderliche Unterlagen, Anforderungen, Einreichungsweise), zum Verfahren und zu den Bewilligungen für Einreise und vorübergehenden Aufenthalt sowie zur Arbeitsbewilligung und zur Erneuerung der vorübergehenden Aufenthaltsbewilligung.

In Artikel 4 wird festgelegt, dass sich die Vertragsparteien zu einer raschen Bearbeitung der Gesuche für die Erteilung einer Bewilligung für die Einreise oder den vorübergehenden Aufenthalt verpflichten. Falls die zuständigen Behörden für die Bearbeitung eines Gesuchs zusätzliche Informationen benötigen, so benachrichtigen sie die gesuchstellende Person. Auf deren Ersuchen liefert die zuständige Behörde der anderen Vertragspartei ohne Verzögerung Informationen zum Status des Gesuchs. Die gesuchstellende Person wird über die Entscheidung zu ihrem Gesuch unverzüglich informiert. Im Fall einer positiven Antwort enthält die Notifikation die Aufenthaltsdauer sowie alle weiteren Anforderungen und Bedingungen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt.

3.4.5

Anhang XIV zu den Seeverkehrsdiensten

Die Schweiz legt spezifische Regeln betreffend Seeverkehrsdienste und seeverkehrsbezogene Dienstleistungen fest, die über die bestehenden WTO-Regeln hinausgehen. Die Schweiz geht in diesem Anhang XIV jedoch bezüglich Artikel 3 (Nichtdiskriminierender Marktzugang) und Artikel 7 (Rekrutierung und Ausbildung) keine Verpflichtungen ein.

Artikel 1 regelt die Anwendbarkeit dieses Anhangs auf die Seeverkehrsdienste und Artikel 2 enthält die für den Anhang wesentlichen Begriffsbestimmungen.

Artikel 3 legt fest, dass sich die Vertragsparteien in allen vier Erbringungsarten gegenseitig uneingeschränkten Zugang zum Markt für Seeverkehrsdienstleistungen gewähren. Dieser Artikel gilt für die Schweiz nicht. Alle Marktzugangsverpflichtungen der Schweiz sind in ihrer Verpflichtungsliste enthalten.

Artikel 4 besagt, dass Schiffe und Besatzungsmitglieder die geltenden Gesetze anderer Vertragsparteien zu respektieren haben, und Artikel 5 legt fest, dass die Vertragsparteien die Schiffspapiere von Schiffen der anderen Vertragsparteien anerkennen.

Artikel 6 besagt, dass die Vertragsparteien die gültigen Ausweispapiere von Seefahrern zwecks Erleichterung der Erbringung von internationalen Seeverkehrsdienstleistungen anerkennen. Weiter legt dieser Artikel fest, dass gemäss den jeweiligen Immigrationsgesetzen Besatzungsmitgliedern auf dem Schiff einer anderen Vertragspartei die kurzzeitige Einreise zum Beispiel für den Landgang oder die Einreise zwecks Einschiffung gewährt werden soll. Den Vertragsparteien bleibt es jedoch weiterhin vorbehalten, unerwünschten Personen die Einreise oder den Aufenthalt zu verwehren.

Artikel 7 regelt die Möglichkeit zur Errichtung von Personalvermittlungsagenturen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien sowie Aspekte bezüglich der finan664

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ziellen Unterstützung von Seefahrern zwecks Ausbildung. Die Schweiz ist an den Artikel 7 nicht gebunden, weil damit Zugeständnisse einhergehen, welche die Schweiz im Rahmen dieses Anhangs nicht einräumen will.

Artikel 8 legt fest, dass die Arbeits-und Anstellungsbedingungen der Seefahrer auf Schiffen anderer Vertragsparteien unter Einhaltung internationaler Konventionen in entsprechenden Arbeitsverträgen festzuhalten sind. Weiter sind die Vertragsparteien dazu verpflichtet, die Arbeitsbedingungen der Seefahrer der anderen Vertragsparteien anzuerkennen.

Artikel 9­10 legen fest, wie im Falle von begangenen oder vermuteten Vergehen auf Schiffen vorgegangen wird.

Schliesslich regelt Artikel 11, dass die Vertragsparteien bemüht sein sollen, im Bereich der Seeverkehrsdienste und seeverkehrsbezogenen Dienstleistungen eine Zusammenarbeit anzustreben.

3.5

Kapitel 4 Investitionen (Niederlassung) (Art. 4.1­4.12)

Das Kapitel über Niederlassungen sieht vor, dass die Investoren einer Vertragspartei das Recht erhalten, in einer anderen Vertragspartei grundsätzlich unter den gleichen Bedingungen wie inländische Investoren ein Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen. Das Kapitel soll die Rechtssicherheit und die Transparenz für internationale Investitionstätigkeiten im Partnerstaat erhöhen, indem vor allem die massgeblichen landesrechtlichen Regelungen staatsvertraglich festgehalten und so vom Partnerstaat nicht unilateral geändert werden können, ohne dass die Frage im Gemischten Ausschuss des FHA zur Sprache gebracht und allenfalls ein Vorbehalt zu den Verpflichtungen im FHA angebracht wird.

Die Niederlassungsbestimmungen in den Kapiteln 3 und 4 des FHA ergänzen das bilaterale Abkommen vom 2. Mai 1968 zwischen der der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Ekuador betreffend Schutz und Förderung der Investitionen. Ecuador hat dieses Abkommen zwar 2017 ­ wie auch alle Investitionsschutzabkommen mit anderen Staaten ­ aufgrund interner politischer Gründe gekündet. Die Bestimmungen bleiben aber für zehn Jahre auf Investitionen anwendbar, welche bis zur Kündigung des Abkommens getätigt wurden. Das bilaterale Investitionsschutzabkommen regelt die Phase nach der Niederlassung. Das FHA und das Investitionsschutzabkommen decken somit zusammen den gesamten Investitionszyklus vom Marktzutritt über die Nutzung bis zur Liquidation einer Investition ab.

Artikel 4.1 regelt, dass die Bestimmungen des Niederlassungskapitels des FHA für die Niederlassung von Unternehmen (d. h. für den Marktzutritt für Direktinvestitionen, die Phase des sog. Pre-Establishment) in den Sektoren ausserhalb der Dienstleistungen gelten. Die Investitionen in den Dienstleistungssektoren fallen unter die Erbringungsart «gewerbliche Niederlassung» des Kapitels Dienstleistungshandel (s. Ziff. 3.4).

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Artikel 4.3 sieht vor, dass die Investoren der Vertragsparteien das Recht erhalten, in einer anderen Vertragspartei grundsätzlich unter den gleichen Bedingungen wie inländische Investoren ein Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen. Der Grundsatz der Inländerbehandlung erfasst die Gründung, den Erwerb und den Betrieb nicht nur von Unternehmen mit Rechtspersönlichkeit (juristische Personen), sondern gemäss Artikel 4.2 (Begriffsbestimmungen) auch von Zweigstellen oder Vertretungen. Das Kapitel ist anwendbar auf Unternehmen, die nach den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei gegründet oder anderweitig unter dem anwendbaren Recht organisiert sind und eine substanzielle Wirtschaftstätigkeit in diesem Land aufweisen.

Artikel 4.4 regelt Abweichungen vom Grundsatz der Inländerbehandlung (Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Investoren). Diese sind nur für Massnahmen und in Wirtschaftssektoren zulässig, die in den Vorbehaltslisten (Negativlisten) der Vertragsparteien im Anhang XV des FHA aufgeführt sind. Die Vorbehalte der Schweiz betreffen wie üblich den Erwerb von Grundstücken, Wohnsitzerfordernisse gemäss Gesellschaftsrecht und den Energiesektor. Ecuador hat in Bezug auf die Inländerbehandlung in folgenden Bereichen Vorbehalte angebracht: Erwerb von Land, Pflicht zur Anstellung einheimischer Arbeitskräfte, Recht zur Besteuerung von Überweisungen ins Ausland, präferenzielle Behandlung für Kooperativen und die lokale Bevölkerung, strategische Sektoren wie Bergbau, Erdöl, Grundmetalle, Wasser und Energie, Fischerei, Produktion von Sprengstoffen, Waffen, Munition und Transportmitteln zu militärischen Zwecken. Das Verpflichtungsniveau und die Vorbehalte Ecuadors sind mit jenen im FHA zwischen der EU und Ecuador vergleichbar. Die spätere Aufnahme von Vorbehalten in die Negativliste bleibt möglich, sofern das allgemeine Verpflichtungsniveau der betroffenen Vertragspartei nicht gesenkt wird und die anderen Vertragsparteien informiert und auf deren Ersuchen konsultiert worden sind (Art. 4.4 Abs. 1 Bst. c und Abs. 3). Im Rahmen des Gemischten Ausschusses überprüfen die Vertragsparteien die Vorbehalte künftig im Hinblick auf eine mögliche Verminderung oder Aufhebung von Vorbehalten (Art. 4.12 und 10 Abs. 2 Bst. b).

Artikel 4.5 regelt, dass der Investor und sein Schlüsselpersonal (z. B. Führungskräfte,
Beraterinnen und Berater, Expertinnen und Experten) ins Gastland einreisen und sich vorübergehend dort aufhalten dürfen. Die nationale Gesetzgebung der Vertragsparteien bleibt jedoch ausdrücklich vorbehalten. Die Bestimmung enthält somit für die Schweiz keine Verpflichtung, die über ihre Gesetzgebung hinausgeht.

Gemäss Artikel 4.6 behält das Gastland einer Investition das Recht, nichtdiskriminierende Massnahmen im öffentlichen Interesse zu ergreifen, insbesondere aus Gründen des Schutzes der Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt sowie aus aufsichtsrechtlichen Gründen. Auf solche Massnahmen soll nicht verzichtet bzw.

diese sollen nicht gemildert werden, um ausländische Investitionen anzuziehen.

Artikel 4.7 zur Transparenz regelt, dass die Vertragsparteien für Investoren relevante Gesetze, Regelungen, Rechtsentscheide und Verfügungen sowie Abkommen zwischen den Vertragsparteien öffentlich zugänglich machen müssen. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, vertrauliche Informationen zu veröffentlichen, durch deren Offenlegung die Wahrnehmung öffentlicher oder legitimer wirtschaftlicher Interessen von juristischen und natürlichen Personen beeinträchtigt würde.

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Artikel 4.8 zu Zahlungen und Überweisungen sieht den freien Kapital- und Zahlungsverkehr vor. Im Verständigungsprotokoll zum Abkommen wird diesbezüglich präzisiert, dass diese Bestimmung die gerechte, nichtdiskriminierende und gutgläubige Anwendung nationaler Gesetze beispielsweise betreffend insolvente Unternehmen nicht beeinträchtigt. Gemäss Art. 4.9 können Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz gestützt auf den Verweis auf die Absätze 1 und 3 des Artikels XII GATS nur bei bestehenden oder drohenden schwerwiegenden Zahlungsbilanzstörungen oder externen Zahlungsschwierigkeiten auferlegt werden.

Artikel 4.10­4.11 regeln, dass bei den üblichen Ausnahmen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und die Wahrung der Sicherheit die Regeln der Artikel XIV und XIVbis GATS gelten.

3.6

Kapitel 5 Schutz des geistigen Eigentums (Art. 5)

Artikel 5 sieht vor, dass die Vertragsparteien einen angemessenen, wirksamen und nichtdiskriminierenden Schutz der Rechte an geistigem Eigentum gewährleisten.

Im Vergleich zu den multilateralen Mindeststandards des WTO-Abkommens vom 15. April 1994 über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen)35 verbessert das FHA gewisse Schutzstandards und erhöht die Rechtssicherheit und die Sichtbarkeit der Schutzklauseln. Das FHA steigert die Vorhersehbarkeit des Schutzes der Rechte an geistigem Eigentum und trägt damit zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Handel mit innovativen Produkten und Dienstleistungen bei.

Artikel 5 bestätigt ausserdem, dass die Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gemäss den relevanten Bestimmungen des TRIPS-Abkommens auch im Rahmen der Freihandelsbeziehungen gelten. Schliesslich sieht Artikel 5 auch vor, dass die Bestimmungen des FHA über das geistige Eigentum zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden können.

3.6.1

Anhang XVI zum Schutz des geistigen Eigentums

Die Bestimmungen von Anhang XVI regeln sämtliche materiellen Schutzstandards bezüglich des geistigen Eigentums und gehen punktuell über das im TRIPSAbkommen vorgesehene Schutzniveau hinaus.

Artikel 1 sieht vor, dass der Ausdruck «geistiges Eigentum» im FHA die folgenden Rechte an geistigem Eigentum abdeckt: Urheberrechte (einschliesslich Schutz von Computerprogrammen und Datensammlungen), verwandte Schutzrechte, Warenund Dienstleistungsmarken, geografische Angaben (einschliesslich Ursprungsbezeichnungen) für Waren und Herkunftsangaben für Waren und Dienstleistungen, Designs, Patente, Pflanzensorten, Layout-Designs (Topografien) integrierter Schaltkreise sowie vertrauliche Informationen.

35

SR 0.632.20, Anhang 1C

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Die Vertragsparteien bestätigen in Artikel 2 ihre Verpflichtungen unter verschiedenen internationalen Immaterialgüterrechtsabkommen, deren Vertragspartei sie bereits sind (TRIPS-Abkommen, Pariser Verbandsübereinkunft vom 14. Juli 196736 zum Schutz des gewerblichen Eigentums, Berner Übereinkunft vom 24. Juli 197137 zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, Vertrag vom 19. Juni 197038 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens, Abkommen von Rom vom 26. Oktober 196139 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen). Weiter verpflichten sich die Vertragsparteien, die materiellen Bestimmungen bestimmter Abkommen einzuhalten oder diesen Abkommen bis 2020 beizutreten (Abkommen von Nizza vom 14. Juli 196740 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, revidiert am 28. September 1979, WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 20. Dezember 199641, WIPO-Vertrag vom 20. Dezember 199642 über Darbietungen und Tonträger, internationales Übereinkommen vom 2. Dezember 196143 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen [UPOV-Übereinkommen], Budapester Vertrag vom 28. April 197744 über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren, WIPO-Vertrag von Peking vom 24. Juni 2012 zum Schutz audiovisueller Darbietungen sowie WIPO-Vertrag von Marrakesch vom 27. Juni 2013 über die Erleichterung des Zugangs zu öffentlichen Werken für blinde, sehbehinderte oder sonst lesebehinderte Menschen). Die Vertragsparteien geben ferner ihre Absicht bekannt, dem Madrider Abkommen vom 27. Juni 198945 über die internationale Registrierung von Marken und der Genfer Akte des Haager Abkommens vom 2. Juli 199946 betreffend die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle beizutreten. Die Doha-Erklärung vom 14. November 2001 zum TRIPS-Übereinkommen und zur öffentlichen Gesundheit sowie die Änderung des TRIPS-Abkommens, die vom Allgemeinen Rat der WTO am 6. Dezember 2005 verabschiedet wurde, bleiben vorbehalten.

Gemäss Artikel 3 wenden die Vertragsparteien gewisse Schutzverpflichtungen des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger analog auch auf Darsteller für ihre audiovisuellen und visuellen Darbietungen sowie auf Hersteller von Tonbildträgern an. Geregelt
werden weiter die Schutzrechte der Sendeunternehmen sowie die Mindestschutzfristen für die Urheberrechte und die verwandten Schutzrechte.

Artikel 4 bestimmt, dass die Vertragsparteien den durch das TRIPS-Abkommen vorgesehenen Markenschutz auf Formmarken ausdehnen. Zum Schutz von berühmten Marken legen die Vertragsparteien Qualitätskriterien fest, die den Bestimmungen 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46

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SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.232.141.1 SR 0.231.171 SR 0.232.112.8 SR 0.231.151 SR 0.231.171.1 UPOV-Fassung von 1991 (SR 0.232.163), es sei denn, eine Vertragspartei sei Mitglied seit der UPOV-Fassung von 1978 (SR 0.232.162).

SR 0.232.145.1 SR 0.232.112.4 SR 0.232.121.4

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des Markenschutzgesetzes vom 28. August 199247 entsprechen, und verweisen ausserdem auf die WIPO-Empfehlungen zum ausgedehnten Schutz notorisch bekannter Marken.

Der materielle Schutzstandard orientiert sich gemäss Artikel 5 in den relevanten Bereichen an den Bestimmungen des TRIPS-Abkommens. Die Vertragsparteien anerkennen unter anderem, dass die Einfuhr von patentierten Produkten der Nutzung des Patents gleichkommt. Zudem ist vorgesehen, dass jede Vertragspartei gemäss ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung einen Mechanismus einrichten kann, um die Verkürzung der tatsächlichen Patentdauer aufgrund der für das Marktzulassungsverfahren des Arzneimittels benötigten Zeit zu kompensieren.

Die Behörden, welchen im Marktzulassungsverfahren für pharmazeutische und agrochemische Produkte Testdaten vorgelegt werden, haben gemäss Wortlaut von Artikel 6 diese vertraulich zu behandeln. Schutzfristen von 5 Jahren für die pharmazeutischen und 10 Jahren für die agrochemischen Produkte garantieren ausserdem den Produkten, deren Daten als erstes vorgelegt wurden, die Ausschliesslichkeit auf dem Markt. Ferner sind die Testdaten von pharmazeutischen Produkten mindestens drei und solche von Pflanzenschutzprodukten mindestens sechs Jahre vor Referenzgebrauch zu schützen. Diese letzte Regel geht über die internationalen Standards sowie über jene des FHA zwischen der EU und Ecuador hinaus.

Laut Artikel 7 können gewerbliche Designs unter dem Abkommen bis zu 10 Jahre geschützt werden.

Artikel 8 verpflichtet die Vertragsparteien, einen angemessenen und wirksamen Schutz der geografischen Angaben sicherzustellen. Die Vertragsparteien bekräftigen die Bedeutung, die sie dem Schutz dieser Rechte beimessen.

Artikel 9 regelt den Schutz der einfachen Herkunftsangaben für Waren und Dienstleistungen, den Schutz von Ländernamen (z. B. «Switzerland», «Schweiz», «Swiss») und regionalen Gebietsnamen (z. B. Kantonsnamen wie «Luzern») sowie den Schutz von Wappen, Fahnen und Emblemen. Vorgesehen ist unter anderem auch der Schutz gegen die missbräuchliche, irreführende oder unlautere Verwendung von Herkunftsangaben in Marken und Firmennamen. Artikel 10 betont auf analoge Weise die Bedeutung der mit der Vermarktung eines Landes verbundenen Zeichen im Eigentum der Staaten.

In Artikel 11 unterstreichen die Vertragsparteien die Bedeutung
der Einhaltung der innerstaatlichen Gesetze bei der Weitergabe der sich aus dem Zugang zu genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen ergebenden Vorteile.

Die Vertragsparteien verpflichten sich gemäss Artikel 12, Verfahren zur Verfügung zu stellen, welche es erlauben, geistige Eigentumsrechte zu erwerben, sie in einem Register einzutragen und erhalten zu können. Diese Verfahren müssen mindestens die Anforderungen des TRIPS-Abkommens erfüllen.

Die Artikel 13­21 zu Rechtsdurchsetzung, administrativen Massnahmen an der Grenze sowie zivil- und strafrechtlichen Verfahren verlangen, dass Massnahmen an der Grenze im Fall von Verletzungen von Marken- oder Urheberrechten sowohl 47

SR 232.11

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beim Warenimport als auch beim Warenexport vorzusehen sind. Die Zollbehörden der Vertragsparteien stellen solche Massnahmen nicht nur auf Antrag der Inhaberin bzw. des Inhabers geistiger Eigentumsrechte zur Verfügung, sondern halten bei Verdacht auf Fälschung oder Piraterie solche Warenimporte auch von Amtes wegen zurück. Für das ordentliche Zivilverfahren sieht das Abkommen Kriterien zur Berechnung von Schadenersatz zugunsten der Rechteinhaberin bzw. des Rechteinhabers vor. Mit einstweiligen und superprovisorischen Verfügungen soll drohender Schaden verhindert werden können. Gerichte sollen anordnen können, dass Produkte, die geistige Eigentumsrechte verletzen, sowie Geräte zu deren Herstellung auf Antrag der Rechteinhaberin bzw. des Rechteinhabers aus dem Verkehr gezogen respektive zerstört werden. Strafrechtliche Massnahmen und Sanktionen sind jedenfalls bei vorsätzlicher, kommerziell orientierter Fälschung von Markenprodukten und Piraterie von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten vorzusehen.

Artikel 22 sieht vor, dass die Vertragsparteien ihre technische Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums vertiefen.

3.7

Kapitel 6 Öffentliches Beschaffungswesen (Art. 6.1­6.28)

Kapitel 6 regelt die Bedingungen, Verfahren und, in Anhang XVII, den Umfang des Marktzugangs zwischen den Vertragsparteien im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens. Wie bei den anderen in letzter Zeit von der Schweiz abgeschlossenen FHA werden die wichtigsten Bestimmungen des am 30. März 2012 verabschiedeten revidierten GPA übernommen und umgesetzt. Die Schweiz ist seit 1994 Vertragspartei des GPA. Das revidierte GPA wird derzeit parallel zur Totalrevision des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 199448 über das öffentliche Beschaffungswesen im Parlament behandelt. Die Ratifizierung des revidierten GPA durch die Schweiz wird für 2019 erwartet. Ecuador ist nicht Mitglied des GPA und hat auch nicht die Absicht, ihm in nächster Zeit beizutreten.

Artikel 6.1 bestimmt, dass das Abkommen für öffentliche Beschaffungen in den Bereichen Handel und Dienstleistungen anwendbar ist. Die unter das Abkommen fallenden Bereiche werden in den Listen in Anhang XVII erläutert, die das Marktzugangsniveau festlegen. Dieser Artikel bestimmt auch die vom Anwendungsbereich des FHA ausgenommenen Bereiche wie den Erwerb oder die Miete von Land und bestehenden Gebäuden, die Kooperationsvereinbarungen, die Beschaffung oder den Erwerb von Zahlstellen- oder Wertpapierverwahrungsdienstleistungen und die Verträge für die Anstellung von Personal im öffentlichen Dienst.

Artikel 6.2 definiert die für dieses Kapitel wichtigen Begriffe und Artikel 6.3 bestimmt, dass es einer Vertragspartei unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist, die Bestimmungen dieses Kapitels nicht anzuwenden. Es handelt sich diesbezüglich u. a. um wesentliche Sicherheitsinteressen sowie solche zum Schutze der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit.

48

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SR 172.056.1

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Artikel 6.4 hält die Grundprinzipien der Inländerbehandlung und Nichtdiskriminierung fest. In Übereinstimmung mit der geltenden Gesetzgebung Ecuadors, die gegenüber allen Handelspartnern angewandt wird, anerkennen die EFTA und Ecuador im Verständigungsprotokoll eine Ausnahme von diesen Prinzipien, welche die Möglichkeit vorsieht, von den Anbietern zum Zeitpunkt der Unterzeichnung eines öffentlichen Auftrags eine Domizilerklärung und eine Bestätigung der rechtlichen Vertretung zu verlangen. Im Falle einer Änderung dieser Handhabung oder der Gesetzgebung in Ecuador oder gegenüber anderen Handelspartnern wird diese Möglichkeit aufgehoben. Laut Artikel 6.5 bemühen sich die Vertragsparteien, die Ausschreibungen so weit wie möglich auf elektronischem Weg durchzuführen.

In Artikel 6.6 verpflichten sich die Vertragsparteien, Beschaffungen zur Bekämpfung von Interessenskonflikten und zur Vorbeugung von Korruption auf transparente und unparteiische Art und Weise durchzuführen.

Gemäss Artikel 6.7 sollen beim öffentlichen Beschaffungswesen dieselben Ursprungsregeln wie im normalen Handelsverkehr angewendet werden. Artikel 6.8 verbietet Kompensationsgeschäfte, sogenannte «Offsets». In Artikel 6.9 wird zur Förderung einer grösseren Transparenz der Austausch von Informationen zu den jeweiligen Beschaffungssystemen geregelt.

Artikel 6.10 enthält Regeln zum Inhalt und der Art der Anzeigen von Beschaffungen. Insbesondere besteht die Pflicht, die Ausschreibungen auf zentraler Regierungsebene über einen einzigen Zugangspunkt kostenlos elektronisch zugänglich zu machen.

Artikel 6.11 beschreibt die Teilnahmebedingungen sowie die Bedingungen für den Ausschluss von Anbietern. Ausschlussgründe sind u. a. unwahre Aussagen sowie Konkurs.

Artikel 6.12 regelt die Qualifikationsverfahren für die Anbieter. Die Vertragsparteien sind insbesondere gehalten, keine Systeme vorzusehen, welche unnötige Hindernisse für die Teilnahme beinhalten.

Artikel 6.13 präzisiert die Verpflichtungen hinsichtlich der Information über die Entscheide der Auftraggeber und Artikel 6.14 beschreibt die Bedingungen für die Anwendung von Verzeichnissen.

Artikel 6.15 bestimmt, dass den Anbietern Ausschreibungsunterlagen zur Verfügung gestellt werden müssen, die alle erforderlichen Angaben für die Ausarbeitung und Abgabe eines Angebots enthalten.
Artikel 6.16 regelt insbesondere, dass ein Auftraggeber keine technischen Spezifikationen ausarbeiten darf, die auf die Schaffung unnötiger Hemmnisse für den Handel zwischen den Vertragsparteien abzielen oder solche bewirken.

Artikel 6.18 legt die allgemeinen Mindestfristen fest, die den üblichen Fristen des GPA entsprechen.

Artikel 6.19 enthält Regelungen zum freihändigen Verfahren. Dieses Verfahren erlaubt einem Auftraggeber, kein Auswahlverfahren für Anbieter durchzuführen, sondern einen Anbieter nach eigener Wahl zu berücksichtigen, sofern die im Abkommen hierfür vorgesehenen Bedingungen erfüllt werden.

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Artikel 6.20 regelt die elektronischen Auktionen und Artikel 6.21 gibt an, unter welchen Bedingungen eine Vertragspartei vorsehen kann, dass ihre Auftraggeber Verhandlungen führen sollen.

Artikel 6.22 sieht insbesondere vor, dass die Entgegennahme, Öffnung und Behandlung der Angebote durch den Auftraggeber nach Verfahren erfolgen muss, die einen fairen und unparteiischen Beschaffungsprozess sowie die Vertraulichkeit der Angebote gewährleisten.

Der Zuschlag wird gemäss Artikel 6.23 dem Anbieter erteilt, von dem der Auftraggeber festgestellt hat, dass er in der Lage ist, die in den Anzeigen und in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Zuschlagskriterien zu erfüllen, oder ­ wenn der Preis das einzige Kriterium ist ­ dem Anbieter, der das günstigste Angebot eingereicht hat.

Artikel 6.24 regelt die Transparenz von Beschaffungsinformationen sowie insbesondere, dass die Auftraggeber die teilnehmenden Anbieter unverzüglich über ihre Entscheide bei der Zuschlagserteilung informieren müssen.

Artikel 6.25 behandelt den Informationsaustausch zu spezifischen Beschaffungen und Artikel 6.26 den Rechtsschutz von Anbietern.

Artikel 6.27 beschreibt das Vorgehen im Fall von Änderungen und Berichtigungen des Geltungsbereichs.

Weitere Bestimmungen des Kapitels 6 betreffen die technische Zusammenarbeit (Art. 9.8 im Kap. 9 zur Zusammenarbeit). Artikel 6.28 sieht für die Vertragsparteien die Möglichkeit vor, untereinander die Ausdehnung der Konzessionen auszuhandeln, die eine Vertragspartei nach Inkrafttreten des Abkommens einem Drittstaat gewähren könnte.

Anhang XVII präzisiert den durch Artikel 6.1 gewährleisteten Marktzugang. Er umfasst die unterstellten Auftraggeber einer Vertragspartei auf zentraler Regierungsebene, auf subzentraler Regierungsebene und auf der Ebene der öffentlichen Unternehmen, den materiellen Anwendungsbereich (Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen) sowie allgemeine Anmerkungen, in denen jede Vertragspartei den Umfang des Anwendungsbereichs und der Ausnahmen präzisieren kann. Für die Schweiz entspricht der Marktzugang weitgehend denselben Auftraggebern, Gütern, Dienstleistungen und Bauleistungen wie in den von der Schweiz im Rahmen des GPA von 1994 sowie in anderen in den letzten Jahren abgeschlossenen FHA mit Kolumbien, Peru, den zentralamerikanischen Staaten, der Ukraine oder
Georgien eingegangenen Verpflichtungen. Der Marktzugang umfasst auf der Grundlage der Gegenseitigkeit auch die Gemeindeebene. In den Bauleistungen sind auch die Baukonzessionen enthalten. Die Schweiz, deren Rechtssystem das System der Baukonzessionen nicht vorsieht, hat zugesichert, dass sie die Baukonzessionen unterstellen wird, sobald die Schweizer Gesetzgebung ein solches System eingeführt hat. Diese Lösung, die bereits in den FHA mit Kolumbien und Peru angewendet wird, ermöglicht den Schweizer Anbietern den Zugang zu den Baukonzessionen in Ecuador. Um die Reziprozität mit den angebotenen Verpflichtungen Ecuadors sicherzustellen, hat die Schweiz im Verständigungsprotokoll ihre Absicht kundgetan, im FHA EFTA­ Ecuador die zusätzlichen Marktzugangsverpflichtungen anzubieten, die sie unter dem GPA 2012 eingeht, sobald sie dieses ratifiziert hat. Die Schweiz ist zurzeit nicht 672

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in der Lage, den Geltungsbereich des revidierten GPA anzubieten, da dieses noch nicht verabschiedet wurde.

Bei den Schwellenwerten wenden sowohl die EFTA-Staaten als auch Ecuador die international üblichen Werte an, die dem GPA entsprechen. Um der besonderen Situation Ecuadors als Entwicklungsland Rechnung zu tragen, sieht das Abkommen Übergangsfristen bei den Schwellenwerten vor sowie eine auf die Dauer von zehn Jahren beschränkte Bestimmung zum Anteil an lokaler Wertschöpfung, der in den öffentlichen Beschaffungen enthalten sein muss.

Die Bestimmungen des Abkommens im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens gewähren den EFTA-Staaten und Ecuador einen gegenseitigen Marktzugang, dessen Niveau weitgehend jenem entspricht, das aus dem GPA hervorgeht. Dieses Ergebnis ist umso bedeutender, als Ecuador im Gegensatz zu den EFTA-Staaten nicht Mitglied des GPA ist. Der Umstand, dass das revidierte GPA die Rechtsgrundlage von Kapitel 6 bildet, verbessert die Rechtssicherheit für die Anbieter.

Die Verpflichtungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens eröffnen den Anbietern der Schweiz einen umfassenden Zugang zu den Bedingungen, die im revidierten GPA verankert sind. Die Schweiz hat ein vergleichbares Marktzugangsniveau erhalten wie jenes, das Ecuador der EU gewährt. Dies bedeutet, dass nach Ablauf der Übergangsfristen die Schweizer Anbieter einen gleichwertigen Zugang zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten Ecuadors erhalten wie ihre europäischen Konkurrenten und damit potenzielle Diskriminierungen in diesem Bereich vermieden werden.

3.8

Kapitel 7 Wettbewerb (Art. 7.1­7.5)

Die Liberalisierung des Warenverkehrs und des Dienstleistungshandels sowie der Auslandsinvestitionen kann durch wettbewerbswidrige Praktiken von Unternehmen beeinträchtigt werden. Daher beinhaltet dieses Abkommen Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs vor wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und Praktiken.

Sie bezwecken indes keine Harmonisierung der Wettbewerbspolitik der einzelnen Vertragsparteien.

In Kapitel 7 anerkennen die Vertragsparteien in Artikel 7.2, dass wettbewerbswidrige Unternehmenspraktiken oder andere abgestimmte Verhaltensweisen mit dem guten Funktionieren des FHA unvereinbar sind. Staatliche Unternehmen werden von diesen Bestimmungen ebenfalls erfasst. Dennoch begründen diese Regeln keine direkten Verpflichtungen für die Unternehmen.

Das Abkommen enthält in Artikel 7.3 Regeln zur Abhaltung von Konsultationen und zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien, um entsprechenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen ein Ende zu setzen. Zu diesem Zweck ist namentlich vorgesehen, dass die Vertragsparteien sachdienliche Informationen austauschen können. Für diesen Informationsaustausch gelten die nationalen Vertraulichkeitsbestimmungen.

673

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Artikel 7.3 sieht vor, dass Konsultationen im Gemischten Ausschuss durchgeführt werden können, falls die besagten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen andauern.

Der Gemischte Ausschuss muss innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt des Konsultationsgesuchs die von den Vertragsparteien erhaltenen Informationen untersuchen, um eine für beide Seiten annehmbare Lösung der Angelegenheit zu erleichtern.

Artikel 7.5 beinhaltet die Vereinbarung, dass das Wettbewerbskapitel nicht auf das Streitschlichtungsverfahren anwendbar ist.

3.9

Kapitel 8 Handel und nachhaltige Entwicklung (Art. 8.1­8.14)

Die nachhaltige Entwicklung umfasst die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung sowie den Schutz der Umwelt. Im Rahmen einer kohärenten Aussenpolitik ist die Schweiz bestrebt, den Zielen der nachhaltigen Entwicklung auch in der Aussenwirtschaftspolitik gerecht zu werden. Der Bundesrat strebt eine Situation an, welche sowohl in der Schweiz als auch in den Partnerländern ein mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung kohärentes Wachstum ermöglichen soll. Deshalb setzt sich die Schweiz bei der Aushandlung von FHA für die Aufnahme von Bestimmungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung ein, die auf die Verpflichtungen der Vertragsparteien gemäss den Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der Vereinten Nationen und dem Klimaübereinkommen von Paris verweisen. Zudem wird auf die wichtigsten internationalen Instrumente im Bereich der Menschenrechte sowie auf die Grundsätze der verantwortungsvollen Unternehmensführung (Corporate Social Responsability, CSR) verwiesen. Diese Bestimmungen bekräftigen die massgeblichen materiellen internationalen Standards ­ im Bereich der Menschenrechte jene der UNO, im Bereich der Arbeit jene der IAO und im Bereich der Umwelt jene der multilateralen Umweltabkommen (MEA). Die Nachhaltigkeitsbestimmungen legen einen gemeinsamen Referenzrahmen fest und die Vertragsparteien verpflichten sich, diesen Referenzrahmen in ihren präferenziellen Wirtschaftsbeziehungen so einzuhalten, dass die mit den FHA verfolgten wirtschaftlichen Ziele mit den Zielen der Vertragsparteien in den Bereichen Umweltschutz und Arbeitsrechte übereinstimmen.

Die Schweiz befürwortet im Bereich der nachhaltigen Entwicklung grundsätzlich eine Politik des konstruktiven Dialogs und der Zusammenarbeit und nicht eine Politik, die auf Zwangsmassnahmen setzt. Ziel ist es, die Partnerländer zu überzeugen, ihre internationalen Nachhaltigkeitsverpflichtungen einzuhalten und umzusetzen. Die anderen EFTA-Staaten sowie die EU verfolgen den gleichen Ansatz.

Die EFTA-Staaten und Ecuador anerkennen den Grundsatz, dass die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung sowie der Umweltschutz voneinander abhängige Elemente der nachhaltigen Entwicklung sind, die sich gegenseitig unterstützen. Artikel 8.1 Absatz 3 beinhaltet ein Bekenntnis der Vertragsparteien zur Förderung der Entwicklung des
internationalen und bilateralen Handels auf eine Weise, die mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung vereinbar ist. In diesem Kontext wird in Artikel 8.1 Absatz 1 auch die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bekräftigt.

674

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Hinsichtlich der Bestimmungen zu Umweltaspekten halten die Vertragsparteien in Artikel 8.3 Absatz 1 ihr Bestreben fest, in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung ein hohes Umweltschutzniveau vorzusehen und zu fördern, und sie verpflichten sich in Artikel 8.4 Absatz 1, diese Bestimmungen wirksam durchzusetzen.

Artikel 8.6 beinhaltet die Bekräftigung der Vertragsparteien, die aus den für sie geltenden multilateralen Übereinkommen hervorgehenden vertraglichen Verpflichtungen in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung wirksam umzusetzen. Weiter bestätigen sie die Befolgung der Umweltprinzipien, die in den wichtigsten internationalen Instrumenten zu Umweltfragen enthalten sind. Im Umweltbereich anerkennen die Vertragsparteien insbesondere die Bedeutung des Erhalts und der nachhaltigen Nutzung der Artenvielfalt (Art. 8.8), der Meeresressourcen (Art. 8.9) und der Wälder (Art. 8.10) im Zusammenhang mit dem Handel. Die Vertragsparteien anerkennen ferner die Bedeutung, die Ziele des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen vom 9. Mai 199249 über Klimaänderungen und des Pariser Übereinkommens zu erreichen (Art. 8.11).

Die Artikel 8.3 und 8.4 regeln auch, dass die Vertragsparteien in Bezug auf die Bestimmungen zu den Arbeitsstandards bestrebt sind, in ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung ein hohes Arbeitsschutzniveau vorzusehen und zu fördern sowie wirksam durchzusetzen. Die Vertragsparteien bekräftigen in Artikel 8.5 auch die sich aus der Mitgliedschaft in der IAO ergebenden Verpflichtungen, die in der Erklärung der IAO von 1998 enthaltenen grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit (Vereinigungsfreiheit, Abschaffung der Zwangsarbeit, Beseitigung der Kinderarbeit, Gleichberechtigung) einzuhalten, zu fördern und umzusetzen. Zudem verpflichten sie sich, die von ihnen ratifizierten IAO-Übereinkommen wirksam umzusetzen und sich um die Ratifikation der übrigen Kernübereinkommen der IAO und von weiteren von der IAO als «up to date» qualifizierten Übereinkommen zu bemühen. Die Vertragsparteien bekräftigen des Weiteren ihre Verpflichtung zur Weiterverfolgung der Ziele der Ministererklärung des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (ECOSOC) zu produktiver Vollbeschäftigung und menschenwürdiger Arbeit von 2006 sowie jener der IAO-Erklärung über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung von 2008.
Darüber hinaus anerkennen die Vertragsparteien, dass das in den innerstaatlichen Gesetzgebungen festgelegte Schutzniveau hinsichtlich Umweltschutz und Arbeitsstandards nicht gemindert werden soll. Auch sollen den Unternehmen keine Abweichungen von den bestehenden Gesetzen angeboten werden, um Investitionen anzuziehen oder einen Wettbewerbsvorteil auf kommerzieller Ebene zu erzielen (Art. 8.4 Abs. 2). Die Vertragsparteien streben ausserdem die Erleichterung und Förderung der Verbreitung von Waren, Dienstleistungen und Technologien an, die einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten, wie Waren und Dienstleistungen im Rahmen von Programmen oder mit einem Label, die umweltfreundliche und sozialverantwortliche Herstellungsmethoden fördern (Art. 8.7).

Auf institutioneller Ebene ist der durch das FHA eingesetzte Gemischte Ausschuss berechtigt, alle unter dieses Kapitel fallenden Bestimmungen zu behandeln und zu diskutieren. Die Vertragsparteien regeln allfällige Streitigkeiten im Rahmen von 49

SR 0.814.01

675

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Konsultationen im Gemischten Ausschuss (Art. 8.13 Abs. 2) oder der im FHA zur Beilegung von Streitigkeiten vorgesehenen Verfahren, in denen gute Dienste, Vergleich oder Vermittlung zum Tragen kommen (Art. 8.13 Abs. 3). Nötigenfalls können sich die Vertragsparteien bei den einschlägigen internationalen Organisationen oder Stellen beraten lassen (Art. 8.13 Abs. 2). Das Streitbeilegungsverfahren des FHA darf allerdings für dieses Kapitel nicht in Anspruch genommen werden (Art. 8.13 Abs. 3).

Schliesslich sieht eine Revisionsklausel vor, dass die Umsetzung der Ziele aus diesem Kapitel regelmässig überprüft wird und mögliche zusätzliche Massnahmen im Lichte der internationalen Entwicklungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung sondiert werden (Art. 8.14).

3.10

Kapitel 9 Zusammenarbeit (Art. 9.1­9.11)

Das Kapitel zur Zusammenarbeit bezweckt gemäss Artikel 9.1, die Umsetzung der verschiedenen Ziele des Abkommens zu erleichtern, um die sich aus dem Abkommen ergebenden Handels- und Investitionsmöglichkeiten zu fördern und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Das Kapitel fasst die in den verschiedenen Kapiteln des Abkommens vorgesehenen Kooperationsbestimmungen zusammen.

Artikel 9.2 präzisiert die Grundzüge der Zusammenarbeit und legt fest, dass die Umsetzung im Rahmen von Programmen erfolgt, die vom EFTA-Sekretariat verwaltet werden, und dass sie der Verfügbarkeit von Finanzmitteln und Ressourcen der Vertragsparteien unterliegt.

Unter den Bereichen der Zusammenarbeit (Art. 9.3 Abs. 1 Bst. b) erwähnen die Vertragsparteien die Möglichkeit, die Kapazitäten in den folgenden Bereichen zu stärken: Zoll- und Ursprungsfragen, Erleichterung des Dienstleistungshandels, Förderung der Investitions- und Technologieströme, Erleichterung der Zusammenarbeit und der Entwicklung im Bereich des geistigen Eigentums sowie handels- und investitionsbezogene Aspekte der nachhaltigen Entwicklung.

In Artikel 9.4 verpflichten sich die Vertragsparteien, in multilateralen Foren über Handelserleichterung die Zusammenarbeit zu fördern. Unter die technische Zusammenarbeit können u. a. Transfer von Technologie und Training der Grenzbehörden fallen.

In Artikel 9.5 wollen die Vertragsparteien die bilaterale Zusammenarbeit im Bereich der technischen Vorschriften stärken und dadurch das gegenseitige Vertrauen erhöhen. Unter diese Zusammenarbeitsbestimmung fällt auch das gemeinsame Engagement, technische Vorschriften oder die Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen, wenn immer möglich, auf internationale Normen abzustützen. Zudem wird in Artikel 9.5 vereinbart, auf eine gegenseitige Anerkennung von Ergebnissen von Konformitätsbewertungen hinzuarbeiten.

Artikel 9.6 sieht eine bilaterale Zusammenarbeit der Vertragsparteien im Bereich der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen (SPS) vor.

676

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Dadurch sollen das gegenseitige Vertrauen gestärkt und die jeweiligen SPS verbessert werden.

In Artikel 9.7 anerkennen die Vertragsparteien die Bedeutung der technischen Unterstützung und des Aufbaus von Kapazitäten im Bereich des Wettbewerbs und sehen zu diesem Zweck technische Unterstützungsaktivitäten wie den Informationsaustausch vor.

Artikel 9.8 regelt die technische Zusammenarbeit im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens. Die EFTA und Ecuador haben eine Bestimmung vereinbart, die die Bedeutung der Teilnahme KMU am öffentlichen Beschaffungswesen betont.

Ausserdem streben die EFTA und Ecuador eine Zusammenarbeit an, um das Verständnis der jeweiligen öffentlichen Beschaffungssysteme zu verbessern, Erfahrungen und bewährte Praktiken auszutauschen, die Kapazitäten Ecuadors für die Umsetzung der Verpflichtungen unter dem Kapitel über das öffentliche Beschaffungswesen zu stärken und um neue Gelegenheiten für den Marktzugang zu ergreifen.

In Artikel 9.10 haben die Vertragsparteien die Einsetzung eines Unterausschusses über Zusammenarbeit vorgesehen, dessen Aufgaben in Anhang XVIII festgelegt sind. Der Unterausschuss ist vor allem für die Überwachung und Beurteilung der Umsetzung des Kapitels zuständig.

3.11

Kapitel 10 Institutionelle Bestimmungen (Art. 10)

Um das einwandfreie Funktionieren des FHA sowie die ordnungsgemässe Anwendung von dessen Bestimmungen sicherzustellen, wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt. Dieser Ausschuss setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern aller Vertragsparteien zusammen und hat gemäss Artikel 10 Absatz 2 insbesondere die Aufgabe, die Durchführung des Abkommens zu beaufsichtigen und zu überprüfen, die Möglichkeit der Beseitigung noch bestehender Handelshemmnissen und anderer restriktiver Massnahmen, die den Handel zwischen den Vertragsparteien einschränken, zu überprüfen und im Falle von Problemen in Bezug auf die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens Konsultationen abzuhalten.

In gewissen Fällen überträgt das FHA dem Gemischten Ausschuss ausserdem Entscheidungskompetenzen. So bestimmt Artikel 10 Absatz 3, dass der Gemischte Ausschuss die Kompetenz erhält, neben dem Unterausschuss über Warenverkehr weitere Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen einzusetzen, um ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Diese Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen arbeiten im Auftrag des Gemischten Ausschusses ­ oder im Falle des Unterausschusses über Warenverkehr auf der Grundlage des in Anhang VIII festgelegten Mandats.

Artikel 10 Absatz 4 legt in Verbindung mit Artikel 12.2 Absatz 4 fest, dass der Gemischte Ausschuss den Vertragsparteien Änderungen des Hauptabkommens empfehlen und die Änderung der Anhänge und Anlagen zu diesem Abkommen beschliessen kann.

677

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Artikel 10 Absatz 5 regelt, dass der Gemischte Ausschuss seine Beschlüsse im gegenseitigen Einvernehmen fasst. Für Beschlüsse ist somit die Zustimmung aller Vertragsparteien erforderlich.

3.12

Kapitel 11 Streitbeilegung (Art. 11.1­11.10)

Kapitel 11 sieht ein detailliertes Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Auslegung oder Anwendung des Abkommens vor.

Falls die Streitigkeit sowohl Bestimmungen des FHA als auch WTO-Bestimmungen betrifft, kann sie gemäss Artikel 11.1 Absatz 2 nach Wahl der beschwerdeführenden Partei entweder dem Streitbeilegungsverfahren des FHA oder demjenigen der WTO unterstellt werden. Ein späterer Wechsel des Verfahrens ist jedoch ausgeschlossen.

Gemäss Artikel 11.2 können die Streitparteien einvernehmlich auch auf Verfahren wie gute Dienste, Vergleich und Vermittlung zurückgreifen, einschliesslich während eines laufenden Streitbeilegungsverfahrens. Sie können entsprechende Verfahren jederzeit aufnehmen und beenden. Diese Verfahren sind vertraulich und lassen die Rechte der Vertragsparteien in allen weiteren Verfahren unberührt.

Artikel 11.3 regelt die formellen Konsultationen, die die Streitparteien vor dem Gemischten Ausschuss abhalten müssen, bevor sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen können. Die Vertragspartei, die um Konsultationen ersucht, unterrichtet auch die am Streit nicht beteiligten Vertragsparteien über ihr Gesuch (Art. 11.3 Abs. 2). Im Falle einer einvernehmlichen Lösung der Angelegenheit werden die anderen Vertragsparteien informiert (Art. 11.3 Abs. 6).

Falls die Streitigkeit nicht innerhalb von 60 Tagen (in dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen) mittels des oben erwähnten Konsultationsverfahrens bereinigt werden kann oder falls die Konsultationen nicht innerhalb der im Abkommen festgelegten Fristen abgehalten werden (bei dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 15 Tagen, für alle anderen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen) oder aber falls die um Konsultationen ersuchte Vertragspartei nicht innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt des Gesuchs geantwortet hat, kann die beschwerdeführende Vertragspartei gemäss Artikel 11.3 Absatz 3 die Einsetzung eines Schiedsgerichts beantragen.

Wie in anderen FHA der EFTA legt Artikel 11.4 Absatz 8 fest, dass die Vertragsparteien, die nicht am Streit beteiligt sind, unter gewissen Bedingungen am Schiedsverfahren teilnehmen können.

Artikel 11.4 regelt die Einsetzung des Schiedsgerichts. Dieses besteht aus drei Mitgliedern, wobei die beschwerdeführende Partei und die Partei, gegen die Beschwerde erhoben
wurde, je ein Mitglied ernennen. Die freiwilligen Regeln des Ständigen Schiedshofes (Permanent Court of Arbitration, PCA) sind für die Einsetzung des Schiedsgerichts anwendbar.

Artikel 11.5 hält fest, dass diese freiwilligen Regeln auch für das Schiedsverfahren gelten. Artikel 11.6 regelt, dass das Schiedsgericht spätestens 90 Tage nach seiner Einsetzung seinen ersten Bericht vorlegt, zu dem die Streitparteien innerhalb von 30 Tagen Stellung nehmen können. Das Schiedsgericht legt innerhalb von 45 Tagen, 678

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nachdem die Streitparteien den ersten Bericht erhalten haben, den Schlussbericht vor. Weiter regelt dieser Artikel, dass jedes Urteil des Schiedsgerichts endgültig und für die Streitparteien bindend ist. Der Schlussbericht wird veröffentlicht, sofern die Streitparteien nichts Anderes beschliessen.

Artikel 11.8 verpflichtet die Streitparteien dazu, geeignete Massnahmen zur Umsetzung des darin enthaltenen Urteils zu treffen. Ist eine unverzügliche Umsetzung undurchführbar, versuchen die Streitparteien, sich auf eine angemessene Umsetzungsfrist zu einigen. Kommt keine Einigung zustande, so kann jede Streitpartei das ursprüngliche Schiedsgericht ersuchen, die Frist festzusetzen. Besteht Uneinigkeit über eine Massnahme zur Umsetzung des Urteils, so kann sich die andere Streitpartei an das Schiedsgericht wenden, das dieses Urteil gefällt hat.

Artikel 11.9 regelt, dass bei fehlender Einigung die beschwerdeführende Partei gegenüber der Partei, gegen die Beschwerde erhoben wurde, gemäss dem Abkommen gewährte Vorteile vorübergehend aussetzen kann. In diesem Fall muss die vorübergehende Aussetzung von Vorteilen gemäss dem Abkommen dem Ausmass der Vorteile entsprechen, die von den laut Schiedsgericht mit dem Abkommen unvereinbaren Massnahmen betroffen sind.

3.13

Kapitel 12 Schlussbestimmungen (Art. 12.1­12.6)

Artikel 12.2 regelt Änderungen des Abkommens. Die Vertragsparteien können dem Gemischten Ausschuss Änderungsvorschläge zu Bestimmungen des Hauptabkommens (exkl. Anhänge und Anlagen, siehe folgender Absatz) zur Überprüfung und Empfehlung vorlegen (Art. 12.2 Abs. 1). Die Änderungen unterliegen den jeweiligen innerstaatlichen Verfahren der Vertragsparteien zur Genehmigung und Ratifizierung (Art. 12.2 Abs. 2). Änderungen des Hauptabkommens beeinflussen in der Regel die grundlegenden völkervertraglichen Verpflichtungen und bedürfen in der Schweiz daher grundsätzlich der Genehmigung durch die Bundesversammlung, es sei denn, sie seien von geringer Tragweite im Sinne von Artikel 7a Absatz 2 des Regierungsund Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199750 (RVOG).

Änderungen der Anhänge und Anlagen des Abkommens kann der Gemischte Ausschuss grundsätzlich selbstständig beschliessen (Art. 12.2 Abs. 4). Diese Grundregel dient der Vereinfachung des Verfahrens für technische Anpassungen und somit der Erleichterung der Verwaltung des Abkommens.

Auch solche Änderungen bedürfen deshalb grundsätzlich der Genehmigung durch die Bundesversammlung. Auf der Grundlage und nach Massgabe von Artikel 7a Absatz 2 RVOG darf der Bundesrat selbstständig solchen Beschlüssen des Gemischten Ausschusses die Zustimmung für die Schweiz erteilen, wenn diese Beschlüsse von beschränkter Tragweite sind. Die Geringfügigkeit der betroffenen Beschlüsse des Gemischten Ausschusses nach Artikel 7a Absatz 2 RVOG kommt beispielsweise in den in Artikel 7a Absatz 3 RVOG aufgezählten Fällen zum Ausdruck; zudem darf keine Gegenausnahme gemäss Artikel 7a Absatz 4 RVOG vorliegen. Dies wird 50

SR 172.010

679

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in jedem Einzelfall geprüft. Beschlüsse des Gemischten Ausschusses betreffen häufig technische und systemimmanente Aktualisierungen (z. B. betreffend die präferenziellen Ursprungsregeln und die Handelserleichterungen). Verschiedene Anhänge der EFTA-FHA werden regelmässig aktualisiert, insbesondere um Entwicklungen im internationalen Handelssystem Rechnung zu tragen (z. B. WTO, Weltzollorganisation, andere Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten und ihrer Partner). Über solche vom Bundesrat gestützt auf Artikel 7a Absatz 2 RVOG beschlossenen Änderungen informiert der Bundesrat die Bundesversammlung im Rahmen seiner jährlichen Berichterstattung über die von ihm abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge (Art. 48a Abs. 2 RVOG).

Artikel 12.3 sieht Bestimmungen zum Beitritt neuer EFTA-Staaten vor. Jeder Staat, der Mitglied der EFTA wird, kann diesem Abkommen zu den zwischen den Vertragsparteien auszuhandelnden Bedingungen beitreten.

In Artikel 12.4 sind die Bedingungen in Bezug auf den Rücktritt einer Vertragspartei sowie die Beendigung des Abkommens beschrieben. Artikel 12.5 regelt das Inkrafttreten des Abkommens und Artikel 12.6 bestimmt, dass die Regierung Norwegens als Depositar des Abkommens handelt.

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen des FHA beschränken sich auf einen teilweisen Ausfall der Zollerträge aus dem Handel mit Ecuador. Ecuador kommt derzeit in den Genuss der von der Schweiz autonom unter dem APS zugunsten der Entwicklungsländer gewährten Zollvergünstigungen, die grundsätzlich durch die Zollkonzessionen des FHA abgelöst werden. 2017 beliefen sich die Zolleinnahmen im Zusammenhang mit Einfuhren aus Ecuador auf gut 2,2 Millionen Schweizerfranken; davon stammten über 99 % aus der Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse.

Die finanziellen Auswirkungen halten sich somit in Grenzen und sind in Beziehung zu den positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu setzen, die sich für die Schweiz insbesondere aus dem verbesserten Zugang für Schweizer Waren- und Dienstleistungsexporte zum ecuadorianischen Markt ergeben.

4.1.2

Personelle Auswirkungen

Personelle Auswirkungen beim Bund können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiterzuentwickelnder FHA ergeben. Für den Zeitraum 2015­ 2019 wurden entsprechende Ressourcen bewilligt. Für diesen Zeitraum hat das vorliegende Abkommen keine weitere personelle Aufstockung zur Folge. Über den Ressourcenbedarf für die Aushandlung neuer sowie die Umsetzung und Weiterentwicklung der bestehenden Abkommen nach 2019 wird der Bundesrat zu gegebener Zeit entscheiden.

680

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4.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Das vorliegende Abkommen hat für Kantone und Gemeinden sowie für urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete keine finanziellen oder personellen Auswirkungen. Die unter Ziffer 4.3 erwähnten volkswirtschaftlichen Auswirkungen hingegen werden grundsätzlich alle Landesteile betreffen.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Indem das Abkommen den gegenseitigen Marktzugang für Waren und Dienstleistungen verbessert sowie die Rechtssicherheit für den Schutz des geistigen Eigentums und allgemein für den bilateralen wirtschaftlichen Austausch erhöht, stärkt das FHA den Wirtschaftsstandort Schweiz und erhöht dessen Fähigkeit, Wertschöpfung zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen bzw. zu erhalten.

Konkret werden durch das FHA im Einklang mit der Aussenwirtschafts- und der Agrarpolitik der Schweiz effizienzsenkende tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und Ecuador beseitigt oder reduziert. Die Verbesserung des Marktzugangs für Schweizer Waren und Dienstleistungen auf dem ecuadorianischen Markt erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exporte in Ecuador, insbesondere auch gegenüber Konkurrenten aus Ländern, die kein FHA mit diesem Land haben. Gleichzeitig beugt das Abkommen der Möglichkeit einer Diskriminierung gegenüber anderen Freihandelspartnern Ecuadors vor, namentlich gegenüber der EU. Der Wegfall oder die Reduktion von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen sowie die Erleichterung des Dienstleistungshandels im beiderseitigen Wirtschaftsverkehr verringern zudem die Beschaffungskosten für Unternehmen in der Schweiz und entlasten die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Ähnliches gilt umgekehrt für Ecuador.

4.4

Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit

Das FHA mit Ecuador ist wie alle FHA in erster Linie ein Wirtschaftsabkommen, das die Rahmenbedingungen und die Rechtssicherheit für den wirtschaftlichen Austausch mit diesem Partner verstärken wird. Dies wird sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte Schweiz und Ecuador sowie auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken.

Wirtschaftliche Tätigkeit benötigt Ressourcen und Arbeitskräfte und ist mit entsprechenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verbunden. Im Sinne des Nachhaltigkeitskonzepts gilt es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu stärken und den Wohlstand zu steigern und gleichzeitig die Umweltbelastung und den Ressourcenverbrauch auf einem dauerhaft tragbaren Niveau zu halten bzw. auf ein

681

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solches zu senken und den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten bzw. zu verbessern51. Entsprechend sind im FHA Bestimmungen verankert, die eine kohärente Umsetzung der Wirtschaftsvereinbarung mit den sozialen und ökologischen Zielen der nachhaltigen Entwicklung bezwecken. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Präambel und das Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung (s. Ziff. 3.1 und 3.9). Ebenfalls im Sinne der Kohärenz enthält das FHA eine Bestimmung, in der die Vertragsparteien ihre Rechte und Pflichten unter anderen internationalen Abkommen bestätigen (Art. 1.4), worunter Abkommen und Vereinbarungen im Handels-, Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsbereich fallen.

Für die Kohärenz besonders relevant sind auch die Ausnahmebestimmungen im Kapitel Warenverkehr und Dienstleistungshandel (Art. 2.19 und Art. 3.7), die festlegen, dass die Vertragsparteien u. a. zugunsten von Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, der Sicherheit und dergleichen nötigenfalls auch vom Abkommen abweichende Massnahmen ergreifen dürfen.

4.5

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Generell tragen die FHA aufgrund der Stärkung des bilateralen und multilateralen Engagements und der völkerrechtlich abgesicherten und verbesserten Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Austausch zur Förderung des Rechtsstaatlichkeit, zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand bei, dies insbesondere durch die Unterstützung des Privatsektors und der freien Wirtschaftstätigkeit. Die FHA stärken die Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren und begünstigen den Meinungsaustausch ­ zwei wichtige Voraussetzungen zur Förderung unserer Werte, das heisst insbesondere der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte.

Die Wohlstandsgewinne durch FHA erhöhen auch die wirtschaftlichen Spielräume für Massnahmen in den Bereichen Umweltschutz und sozialer Ausgleich. Wie diese Massnahmen durch die nationalen politischen Systeme gesteuert werden, kann aber nicht durch FHA geregelt werden. Die Schweiz kann jedoch unterstützend wirken und dazu beitragen, auch im Rahmen der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit sowie der Entwicklungshilfe eine Nutzung dieser ausgeweiteten Spielräume in Richtung der nachhaltigen Entwicklung zu fördern.

4.6

Auswirkungen auf die Umwelt

Handel und Investitionen wie auch andere wirtschaftliche Aktivitäten haben generell Auswirkungen auf die Umwelt. Wie Handel und Investitionen die Umwelt beeinflussen, wird einerseits durch die nationale Regulierung bestimmt und andererseits dadurch, in welchen Sektoren der bilaterale Handel und die Investitionen getätigt werden, zum Beispiel verstärkte Handels- und Investitionstätigkeiten im Bereich von umweltfreundlichen Produktionsweisen oder in Sektoren mit höherer Umweltbelastung.

51

682

S. Bericht des Bundesrates vom 13. Jan. 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009, BBl 2010 479, hier 493.

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Die gemäss den WTO-Regeln und den Bestimmungen von multilateralen Umweltabkommen bestehenden Möglichkeiten, den Handel mit besonders gefährlichen oder umweltschädlichen Gütern zu beschränken, werden durch das FHA nicht eingeschränkt. Die Bestimmungen des FHA räumen den Vertragsparteien analog zu den WTO-Regeln explizit die Möglichkeit ein, Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen sowie zur Bewahrung nichterneuerbarer natürlicher Ressourcen zu treffen (Kap. 2, 3, 4 und 6 des FHA). Entsprechende nationale Produktvorschriften werden vom FHA nicht in Frage gestellt. Die Schweiz stellt sicher, dass das Abkommen dahingehend ausgelegt wird, dass weder die Umweltgesetzgebungen der Partnerstaaten noch das internationale Umweltrecht verletzt werden und es den Regierungen nicht verunmöglicht wird, ihre Umweltstandards zu halten bzw. zu erhöhen.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

5.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das Projekt wurde in der Botschaft vom 27. Januar 201652 zur Legislaturplanung 2015­2019 und im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201653 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt.

5.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Das FHA mit Ecuador entspricht der vom Bundesrat in den Jahren 200454 und 201155 definierten Aussenwirtschaftsstrategie. Die mit Ecuador vereinbarten Bestimmungen zur Nachhaltigkeit entsprechen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­2019 des Bundesrates vom 27. Januar 201656 (s. insbesondere Kap. 4, Handlungsfeld).

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)57, wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Artikel 184 Ab52 53 54 55 56 57

BBl 2016 1105, hier 1165 BBl 2016 5183, hier 5185 Bericht des Bundesrates vom 12. Jan. 2005 zur Aussenwirtschaftspolitik 2004, BBl 2005 1089, Ziff. 1.

Bericht des Bundesrates vom 11. Jan. 2012 zur Aussenwirtschaftspolitik 2011, BBl 2012 827, Ziff. 1.

www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Politik und Strategie > Strategie Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­2019 SR 101

683

BBl 2019

satz 2 BV ermächtigt den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (Art. 7a Abs. 1 RVOG).

6.2

Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz und die anderen EFTA-Mitgliedstaaten sowie Ecuador gehören der WTO an. Die Vertragsparteien sind der Auffassung, dass das vorliegende Abkommen im Einklang mit den aus der WTO-Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen steht. FHA unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

Der Abschluss von FHA mit Drittstaaten steht weder mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz noch mit ihren Verpflichtungen gegenüber der EU oder den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch. Insbesondere sind die vorliegenden Abkommensbestimmungen mit den handelsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der EU sowie den übrigen bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU vereinbar.

6.3

Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Vertragsstaat des FHA mit Ecuador. Aufgrund des Vertrags vom 29. März 1923 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet wird das Hoheitsgebiet Liechtensteins von den Bestimmungen des FHA über den Warenhandel miterfasst (Art. 1.4 Abs. 2 des FHA).

6.4

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 1­3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen, wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (ParlG)58 sind unter rechtssetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssen.

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SR 171.10

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Das FHA mit Ecuador kann gemäss Artikel 12.4 jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Der Beitritt zu einer internationalen Organisation ist nicht vorgesehen. Die Abkommensbestimmungen können im Rahmen der Verordnungskompetenzen, die das Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 198659 dem Bundesrat für Zollkonzessionen einräumt, umgesetzt werden. Für die Umsetzung des FHA sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Die Verpflichtungen dieses Abkommens gehen nicht über andere im EFTA-Rahmen oder bilateral abgeschlossene FHA hinaus und sind von ähnlichem rechtlichem, wirtschaftlichem und politischem Gewicht. Kleine Unterschiede in einzelnen Bereichen (z. B. Kapitel zu Handel und nachhaltiger Entwicklung) haben im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz zur Folge. Das Abkommen mit Ecuador enthält aber wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV (vgl. Art. 22 Abs. 4 ParlG).

Bis vor kurzem wurden FHA nicht dem fakultativen Referendum unterstellt, wenn vergleichbare Verpflichtungen bereits gegenüber einem anderen Partner eingegangen wurden. Die geltende Praxis, wonach internationale «Standardabkommen» nicht dem fakultativen Referendum unterliegen, wurde am 22. Juni 2016 allerdings vom Bundesrat geprüft. Auf der Grundlage eines Berichts des Bundesamtes für Justiz60, hat der Bundesrat entschieden, in Zukunft alle FHA dem fakultativen Referendum zu unterstellen ­ unabhängig davon, ob sie für die Schweiz zusätzliche Verpflichtungen schaffen oder nicht. Gleichzeitig hat der Bundesrat vorgeschlagen, ihm oder der Bundesversammlung die Befugnis zum selbstständigen Abschluss internationaler Abkommen einzuräumen, die keine weitergehenden Verpflichtungen im Vergleich zu Verträgen mit ähnlichem Inhalt schaffen, welche die Schweiz bereits abgeschlossen hat («Standardabkommen»), d. h. ohne diese dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Ein solches Gesetz ist momentan in Ausarbeitung und wäre auf das FHA mit Ecuador anwendbar. In der Zwischenzeit wird das FHA mit Ecuador jedoch dem fakultativen Referendum unterstellt.

6.5

Sprachfassungen des Abkommens und Veröffentlichung der Anhänge

Die Originalfassungen des Abkommens sind in Englisch und Spanisch. Es gibt keine authentische Fassung des Abkommens und seiner technischen Anhänge in einer Amtssprache der Schweiz. Der Abschluss des Abkommens in Englisch entspricht der langjährigen konstanten Praxis der Schweiz im Bereich der Verhandlungen und des Abschlusses von FHA. Englisch ist zudem die offizielle Arbeitssprache der EFTA. Dies steht im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c der Sprachenver-

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SR 632.10 Bericht des Bundesamtes für Justiz vom 29. Aug. 2014 «Fakultatives Staatsvertragsreferendum: Entwicklung der Praxis des Bundesrats und der Bundesversammlung seit 2003», verfügbar unter www.ejpd.admin.ch > News > 2016 > Fakultatives Referendum bei internationalen Standardabkommen.

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ordnung vom 4. Juni 201061 sowie den zugehörigen Erläuterungen62. Die Aushandlung, Erstellung und Überprüfung von authentischen Fassungen des FHA in den Amtssprachen der Vertragsparteien hätte angesichts des Umfangs der Abkommenstexte unverhältnismässige Mittel erfordert.

Das Fehlen einer authentischen Fassung in einer Schweizer Amtssprache erfordert für die Publikation die Übersetzung des Textes des Abkommens mit Ausnahme seiner Anhänge63 und Appendizes in die drei Amtssprachen. Die Anhänge zum FHA umfassen insgesamt mehrere hundert Seiten. Die Anhänge und Appendizes enthalten zur Hauptsache Bestimmungen technischer Natur. Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b, Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200464 sowie nach Artikel 13 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 7. Oktober 201565 kann die Veröffentlichung solcher Texte, wenn sie technischer Natur sind und sich nur an Fachleute wenden und wenn die Betroffenen diese Texte ausschliesslich in der Originalsprache benützen, auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Die Anhänge richten sich vor allem an Import- und Exportfachleute des weltweiten Handels. Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Bundespublikationen66, bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariates verfügbar.67 Übersetzungen der Anhänge des FHA, die die Ursprungsregeln und Zollverfahren betreffen, werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung im Sinne einer Dienstleistung zugunsten der Wirtschaftsbeteiligten elektronisch publiziert.68

6.6

Inkrafttreten

Gemäss Artikel 12.5 Absatz 2 des FHA tritt dieses am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden beim Depositar durch Ecuador und mindestens einen der EFTA-Staaten in Kraft. Für die EFTA-Staaten, die ihre Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden nach Inkrafttreten des Abkommens hinterlegen, tritt das Abkommen am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden beim Depositar in Kraft (Art. 12.5 Abs. 3).

Sofern die rechtlichen Bestimmungen es einer Vertragspartei erlauben, kann diese das Abkommen vorläufig anwenden, bis es für sie in Kraft tritt. Die vorläufige Anwendung ist dem Depositar zu notifizieren (Art. 12.5 Abs. 4).

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64 65 66 67 68

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SR 441.11 www.bak.admin.ch > Themen > Sprachen > Sprachengesetz und Sprachenverordnung Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Bundespublikationen, 3003 Bern, www.bbl.admin.ch > Dokumentation > Publikationen bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariats verfügbar. www.efta.int > Free Trade > Free Trade Agreements > Ecuador.

SR 170.512 SR 170.512.1 www.bundespublikationen.admin.ch www.efta.int > Free Trade > Free Trade Agreements > Ecuador www.ezv.admin.ch