19.400 Parlamentarische Initiative Mehr Transparenz in der Politikfinanzierung Bericht der Staatspolitischen der Kommission des Ständerates vom 24. Oktober 2019

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

24. Oktober 2019

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Pascale Bruderer

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Übersicht Es besteht ein Bedürfnis nach Transparenz bezüglich der Finanzierung von politischen Akteurinnen und Akteuren. So wurden kürzlich in den Kantonen Schwyz und Freiburg Volksinitiativen angenommen, welche die Offenlegung der Finanzierung der politischen Akteurinnen und Akteure fordern. Auch auf Bundesebene wurde ein solches Anliegen seitens der Bevölkerung eingebracht: Am 10. Oktober 2017 wurde die eidgenössische Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative)» eingereicht. Die Staatspolitische Kommission des Ständerates anerkennt den Handlungsbedarf. Sie ist jedoch der Ansicht, dass detaillierte Bestimmungen betreffend die Transparenz der Finanzierung von politischen Parteien sowie von Wahl- und Abstimmungskampagnen nicht in die Verfassung gehören. Die geltende Verfassung enthält eine genügende Grundlage für solche Bestimmungen auf Gesetzesstufe. Die Kommission schlägt deshalb als indirekten Gegenentwurf zur genannten Volksinitiative gesetzliche Regelungen zur Offenlegung der Finanzierung politischer Akteurinnen und Akteure vor. In gesetzlichen Bestimmungen kann mit dem nötigen Detaillierungsgrad festgehalten werden, wer, was, wann, wo offenlegen muss. Ebenso können die Konsequenzen bei allfälligen Verstössen gegen diese Bestimmungen geregelt werden.

Konkret wird vorgeschlagen, dass einerseits die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien einmal im Jahr ihre Einnahmen sowie die Zuwendungen im Wert von mehr als 25 000 Franken offenlegen müssen. Andererseits sollen natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften, die im Hinblick auf eine Wahl in den Nationalrat oder im Hinblick auf eine eidgenössische Abstimmung eine Kampagne führen oder auf Bundesebene Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden sammeln und dafür mehr als 250 000 Franken aufwenden, ihre Finanzierung offenlegen. Es gilt jeweils, die gesetzlich vorgesehenen Fristen zur Einreichung von Angaben und Dokumenten zu beachten. Es wird zudem ein Verbot von anonymen Zuwendungen und Zuwendungen aus dem Ausland vorgesehen.

Die von den politischen Akteurinnen und Akteuren eingereichten Angaben und Dokumente werden von der zuständigen Stelle kontrolliert und veröffentlicht. Verstösse werden als Übertretungen strafrechtlich verfolgt.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die Ausarbeitung einer Kommissionsinitiative als indirekter Gegenentwurf zur Volksinitiative

Am 10. Oktober 2017 wurde die eidgenössische Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative)» eingereicht und am 31. Oktober 2017 von der Bundeskanzlei für zustande gekommen erklärt. Hinter der Initiative steht das Komitee «Transparenz-Initiative», welchem unter anderem die SP Schweiz, die BDP Schweiz, die Grüne Partei Schweiz und Transparency International Schweiz angehören. Die Initiative will, dass insb. Parteien und Komitees ihre Finanzen transparent machen müssen. Dazu gehört die Offenlegung der Einnahmen und der Herkunft der Zuwendungen ab einer gewissen Summe.

An ihrer Sitzung vom 8. November 2018 hat die Staatspolitische Kommission (SPK) des Ständerates die Volksinitiative für gültig erklärt. Anlässlich dieser Sitzung fand auch eine Anhörung des Initiativkomitees statt. Die Kommission anerkannte dabei einen Handlungsbedarf im Bereich der Transparenz bei der Politikfinanzierung, stellte aber die Frage, ob die von der Initiative vorgeschlagenen Regelungen zielführend sind. Ausserdem hält es die Kommission für nicht angebracht, solche detaillierten Regelungen in der Verfassung festzuschreiben. Sie beschloss, die Verwaltung damit zu beauftragen, Möglichkeiten für einen direkten oder indirekten Gegenentwurf zur Initiative aufzuzeigen.

Die SPK des Ständerates besprach diese von der Verwaltung ausgearbeiteten Vorschläge an ihrer Sitzung vom 21. Januar 2019. Dabei bekräftigte sie noch einmal den Handlungsbedarf bezüglich der Transparenz bei der Finanzierung von politischen Parteien sowie von Wahl- und Abstimmungskampagnen. Ebenfalls wurden Teilaspekte der von der Verwaltung präsentierten Vorschläge eines direkten oder indirekten Gegenentwurfs zur Transparenz-Initiative diskutiert. Die Kommission beschloss anschliessend mit 8 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Ausarbeitung einer Kommissionsinitiative als indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative. Ebenfalls beschloss die Kommission mit 9 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung, im Rahmen dieser Kommissionsinitiative die Aufnahme eines Verbots zur Annahme von Spenden aus dem Ausland zu prüfen. Mit diesem Verbot soll verhindert werden, dass ausländische Unternehmungen oder Einzelpersonen zur Wahrung ihrer Partikularinteressen auf Wahlen und Abstimmungen in der Schweiz Einfluss nehmen. Als Beispiel für eine solche
Einflussnahme aus dem Ausland diente die Abstimmung über das Geldspielgesetz vom 10. Juni 2018. Die Kommission nimmt mit dieser Entscheidung das Anliegen einer parlamentarischen Initiative von Ständerat Jean-René Fournier (VS) auf (18.423 Pa.Iv. Keine fremden Eingriffe in die Schweizer Politik!). Die Kommission erachtet es als richtig, dieses Anliegen aufzunehmen, obwohl die Schwesterkommission des Nationalrates der parlamentarischen Initiative am 22. Februar 2019 mit 14 zu 10 Stimmen keine Folge gegeben hatte.

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Nach dem Entscheid der SPK des Ständerates befasste sich die SPK des Nationalrates am 22. Februar 2019 mit der Kommissionsinitiative. Sie stimmte dieser mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. Mit der Zustimmung der SPK des Nationalrates konnte die SPK des Ständerates beginnen, den Vorentwurf gesetzlicher Regelungen und des dazugehörigen Berichts zur Umsetzung der Kommissionsinitiative auszuarbeiten.

Am 29. April 2019 hat die SPK des Ständerates diesen Vorentwurf beraten und ihn mit 7 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Der Vorentwurf wurde anschliessend vom 7. Mai 2019 bis zum 28. August 2019 in die Vernehmlassung geschickt.

1.2

Die Ergebnisse der Vernehmlassung

Die Kommission hat am 24. Oktober 2019 Kenntnis von den Ergebnissen der Vernehmlassung genommen. Diese wurde vom 7. Mai 2019 bis zum 28. August 2019 durchgeführt. Es sind 46 Stellungnahmen eingegangen von den 26 Kantonen, von den 8 in der Bundesversammlung vertretenen Parteien und von 12 anderen Teilnehmern. Zwei Kantone (ZH, SH) haben mitgeteilt, dass sie materiell nicht Stellung nehmen. 26 Vernehmlassungsteilnehmer äussern sich grundsätzlich positiv gegenüber der Vorlage, 18 Teilnehmer lehnen die Vorlage ab. 14 Kantone (AG, BL, BS, FR, GE, GR, JU, NE, NW, OW, SO, TG, VD, VS) begrüssen die Vorlage, 10 Kantone (AI, AR, BE, GL, LU, SG, SH, TI, UR, ZG) lehnen sie ab. Von den Parteien sprechen sich die BDP, die EVP, die Grünen, die GLP und die SP für die Vorlage aus, während die CVP, die FDP und die SVP sie ablehnen. Von den übrigen Teilnehmern befürworten sieben das Projekt, während sich fünf dagegen aussprechen.

Der Trägerverein der Transparenzinitiative gehört grundsätzlich zu den Befürwortern, sieht jedoch noch grossen Verbesserungsbedarf.

Zahlreiche Teilnehmer äussern sich zu einzelnen Punkten der Vorlage. Dabei gehen die Stellungnahmen häufig in völlig unterschiedliche Richtungen: So erachten etwa gleich viele Teilnehmer die Höhe der Schwellenwerte für die Offenlegung von Beiträgen als richtig bzw. als zu hoch. Auch die Frage, ob Spenden aus dem Ausland zulässig sein sollen oder nicht, wird kontrovers beurteilt. Unterschiedliche Stellungnahmen gibt es zudem zur Frage, ob auch für die Mitglieder des Ständerates Offenlegungspflichten vorgesehen werden sollen oder nicht. Das Kontroll- und Sanktionensystem wird von den einen als zu streng und zu bürokratisch beurteilt, von den anderen als zu lückenhaft und zu wenig konsequent.

Vor diesem Hintergrund kann die Kommission keine konkrete Stossrichtung ausmachen, in deren Richtung die Vorlage verändert werden sollte. Aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung hat die Kommission jedoch beschlossen, auf eine Offenlegungspflicht für Mitglieder des Ständerates zu verzichten. Zudem hat sie im Erlassentwurf einige rechtlichen Präzisierungen vorgenommen sowie im Bericht einige Klärungen angebracht. Dies betrifft insbesondere auch die Frage der Offenlegungspflichten für Kantonalparteien.

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Die Kommission hat den so überarbeiteten Erlassentwurf und den erläuternden Bericht mit 8 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen zuhanden des Rates verabschiedet.

Gleichzeitig wurde die Vorlage dem Bundesrat zur Stellungnahme unterbreitet.

2

Transparenzregeln in den Kantonen

In der Schweiz kennen die Kantone Genf, Neuenburg und Tessin gesetzliche Regeln zur Transparenz bei der Finanzierung politischer Akteurinnen und Akteure. Des Weiteren haben die Stimmberechtigten der Kantone Freiburg und Schwyz am 4. März 2018 entsprechende Volksinitiativen angenommen, die zum Ziel haben, die Finanzierung politischer Parteien und von Wahl- und Abstimmungskampagnen transparent zu machen. Im Kanton Schwyz hat der Kantonsrat das Transparenzgesetz zur Umsetzung der Volksinitiative verabschiedet. Es wurde in der Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 angenommen. An dieser Stelle soll kurz auf die bestehenden und auf die geplanten Regelungen in den genannten Kantonen eingegangen werden, wobei detailliertere Angaben dazu der Botschaft des Bundesrates zur Transparenz-Initiative entnommen werden können (18.070 Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative). Volksinitiative).

Im Kanton Genf sind die Transparenzbestimmungen im Gesetz zur Ausübung der politischen Rechte geregelt.1 Demnach muss jede Partei oder Gruppierung, die mit einer Kandidatenliste an einer Kantons- oder einer Gemeindewahl (in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern) teilnimmt, einmal im Jahr über ihre Bilanz Bericht erstatten und bei der zuständigen Behörde eine Liste ihrer Spenderinnen und Spender einreichen. Nebst diesen Regelungen gelten in Genf auch bei Abstimmungen gesetzliche Transparenzvorschriften: Alle Parteien, Komitees und Gruppen, die zu einer nationalen, kantonalen oder kommunalen Vorlage Stellung beziehen, müssen innerhalb von 60 Tagen ihre Rechnung zum jeweiligen Abstimmungskampf und die Liste der Spenderinnen und Spender vorlegen (sofern die Aufwendungen grösser als 10 000 Franken sind). Bei den Wahlen wie auch bei den Abstimmungen muss die Höhe der einzelnen Zuwendungen nicht offengelegt werden. Nur die Namen der Spenderinnen und Spender sind anzugeben. Die Kontrolle erfolgt durch eine unabhängige und anerkannte Treuhandgesellschaft.

Der Kanton Neuenburg kennt seit 2015 gesetzliche Bestimmungen zur Parteienfinanzierung.2 Seither müssen alle im Kantonsparlament vertretenen Parteien einmal im Jahr ihre Bilanz offenlegen. Des Weiteren ist jede Partei oder Gruppierung, die mit einer Liste an einer kommunalen oder kantonalen Wahl teilnimmt, verpflichtet, Spenden von
über 5000 Franken bei der Staatskanzlei zu melden (Name der Spenderin oder des Spenders und Höhe des Betrags). Dabei handelt es sich um einen kumulierten Betrag. Sobald also Spenden von derselben Spenderin oder von demselben Spender zusammengezählt die Grenze von 5000 Franken überschreiten, müssen diese offengelegt werden. Die gleiche Regelung gilt auch für Initiativ- und Referen1 2

Art. 29A de la loi sur l'exercice des droits politiques (LEDP) du 15 octobre 1982 (Stand: 11. Februar 2019).

Art. 133a­133p de la loi sur les droits politiques (LDP) du 17 octobre 1984 (Stand: 11. Februar 2019).

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dumskomitees. Sowohl bei Wahlen als auch bei Abstimmungen müssen die erhaltenen Beträge mindestens drei Wochen vor dem Urnengang gemeldet werden. Anonyme Spenden sind untersagt und bei einem Verstoss gegen die gesetzlichen Regelungen kann eine Busse von bis zu 40 000 Franken ausgesprochen werden.

Das Tessin war der erste Schweizer Kanton, der Transparenzvorschriften und eine Gesetzgebung zur Parteienfinanzierung erlassen hat.3 Davon betroffen sind kantonale und kommunale Parteien und ihre Sektionen, die Zuwendungen von über 10 000 Franken im Jahr erhalten. Sie müssen der Staatskanzlei die Identität der Spenderinnen und Spender bekannt geben. Wenn eine Partei gegen die Pflicht verstösst, können ihr die staatlichen Beiträge teilweise oder ganz gestrichen werden.

Bei den kantonalen und kommunalen Wahlen müssen die Kandidatinnen und Kandidaten innert Frist4 jene Spenden melden, die den Betrag von 5000 Franken übersteigen. Nebst der Summe muss auch die Identität der Spenderinnen und Spender mitgeteilt werden. Diese Regelung gilt ebenfalls für Abstimmungskomitees auf kantonaler und kommunaler Ebene.5 Bei einem Verstoss gegen die Pflicht, kann eine Busse von maximal 10 000 Franken ausgesprochen werden.

Die in Freiburg und Schwyz angenommenen Volksinitiativen sehen ähnliche Regelungen vor, wie sie in den erwähnten drei Kantonen bereits in Kraft sind.6 In Freiburg müssen politische Parteien, politische Gruppierungen, Kampagnenkomitees und Organisationen, die sich an Wahl- oder Abstimmungskampagnen beteiligen, ihre Rechnung offenlegen. Die Offenlegung beinhaltet die genauen Angaben der Zuwendungen über 5000 Franken und die Namen der Spenderinnen und Spender.

Im Kanton Schwyz gilt die Offenlegungspflicht für die gleichen Adressatinnen und Adressaten wie in Freiburg. Die Transparenzvorschriften gelten ebenfalls für Wahlund Abstimmungskampagnen. Spenden von juristischen Personen müssen offengelegt werden, wenn diese 1000 Franken übersteigen, jene von natürlichen Personen ab einem Betrag von mehr als 5000 Franken. Für Widerhandlungen gegen die Verpflichtungen sind Bussen vorgesehen.

Die Wirksamkeit der Transparenzregeln in den Kantonen lässt sich nur schwer beurteilen, da bisher keine umfassenden Evaluationen dazu durchgeführt wurden und verlässliche Daten fehlen. Es gibt aber Hinweise, dass Transparenzvorschriften
dann am wirksamsten sind, wenn sie mit geeigneten Vollzugsinstrumenten ergänzt werden.7 Dies zeigt ein Vergleich zwischen den Kantonen Tessin und Genf. Im Tessin 3 4

5

6 7

Art. 90­92 della Legge sull'esercizio dei diritti politici (LEDP) del 19 novembre 2018 (Stand: 18. September 2019).

Die Kandidatinnen und Kandidaten müssen die Informationen innerhalb von drei Tagen ab dem Zeitpunkt, an dem die Listen und Kandidaturen definitiv sind, vorlegen. Soweit die Spende nach diesem Zeitpunkt erfolgt, beginnt die dreitägige Frist ab dem Zeitpunkt der Spende.

Die Abstimmungskomitees müssen die Informationen allerdings innert drei Tagen ab Veröffentlichung des «decreto di convocazione» im Amtsblatt vorlegen. Soweit die Spende nach diesem Zeitpunkt erfolgt, beginnt die dreitägige Frist ab dem Zeitpunkt der Spende.

BBl 2018 5642­5643. Darüberhinausgehend sind in den Kantonen Freiburg und Schwyz Regelungen zur Offenlegung von Interessenbindungen vorgesehen.

Töndury, Andrea (2018): Gekaufte Politik? Die Offenlegung der Politikfinanzierung als Erfordernis politischer Chancengleichheit. Schweizerisches Zentralblatt für Staatsund Verwaltungsrecht 119(11). S. 567.

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gilt das Prinzip der Selbstdeklaration,8 während in Genf die Angaben von einer unabhängigen Rechnungsprüfungsstelle kontrolliert werden. Die verfügbaren Daten zeigen, dass im Tessin der Spendenanteil am Gesamtbudget der Parteien eher tief ist, verglichen mit den Zahlen in Genf.9 Des Weiteren sind auf der Tessiner Parteispendenliste, erhältlich bei der Tessiner Staatskanzlei, nur die FDP, die SP und die SVP aufgeführt. Gemäss dieser Information haben seit dem Jahr 2000 nur diese Parteien Einzelspenden von über 10 000 Franken erhalten. Die CVP und die Lega sind nicht aufgeführt. Entweder haben sie tatsächlich keine Spenden erhalten, die sie melden müssen, oder sie haben nicht alles deklariert.10

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Berichte der GRECO und der OSZE

Auf internationaler Ebene wurde die Schweiz immer wieder für die fehlende Transparenz bei der Parteienfinanzierung gerügt. Die vom Europarat eingesetzte Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) forderte die Schweiz im Jahr 2011 auf, eine Regelung zu verabschieden, die den internationalen Standards entspricht, und erliess entsprechende Empfehlungen.11 Dabei geht es um folgende Punkte: Offenlegung der Rechnungen der Parteien und der Kandidatinnen und Kandidaten sowie der Identität der Spenderinnen und Spender (zumindest für Spenden ab einem bestimmten Betrag), Aufsicht und Sanktionen.12 Das Fehlen von Transparenz-Regelungen kritisierte auch ein OSZE-ODIHR-Zwischenbericht im Hinblick auf eine allfällige Wahlbewertungsmission bei den eidgenössischen Parlamentswahlen vom 20. Oktober 2019.

Sie schreibt in ihrem Bericht, dass die fehlenden Regulierungen bei der Abstimmungs- und Wahlkampffinanzierung nicht im Einklang mit den internationalen Standards stünden.13 Die GRECO kommt in ihrem sechsten Zwischenbericht14, veröffentlicht am 17. September 2019, zum Schluss, dass der indirekte Gegenentwurf zur Transparenz-Initiative die Empfehlungen in ausreichendem Mass umsetzen würde. Entsprechend hebt sie das Nichtkonformitätsverfahren gegen die Schweiz auf. Die Schweiz muss der GRECO bis Ende 2020 über den Fortschritt ihrer Bemühungen berichten.

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10 11 12 13

14

Dasselbe gilt im Kanton Neuenburg.

Schürer, Stefan (2016): Offenlegungspflichten für Politspenden aus steuerungstheoretischer Sicht. Aktuelle Juristische Praxis / Pratique Juridique Actuelle (AJP/PJA) 25(4).

S. 476 ff.

Leuzinger, Lukas (2019): Wie funktionieren Transparenzregeln? NZZ 03.01.2019.

GRECO (2011): Evaluationsbericht über die Schweiz. Transparenz der Parteienfinanzierung (Thema II). S. 23­24.

BBl 2018 5643­5644 OSCE/ODHIR (2019): Swiss Confederation. Federal Assembly Elections 20 October 2019. OSCE/ODIHR needs assessment Mission Report (www.osce.org > Institutions and structures > OSCE Office for Democratic Institutions and Human Rights > Elections > Switzerland > Federal Assembly Elections, 20 October 2019).

GRECO (2019): Sechster Zwischenbericht über die Konformität der Schweiz.

«Transparenz der Parteienfinanzierung».

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Gestützt darauf wird die GRECO einen weiteren Konformitätsbericht verabschieden.15 Andere Staaten kennen ausführliche Regelungen zur Offenlegung der Finanzierung politischer Parteien. In der Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative)» (18.070) sind als Beispiele die Regelungen in Deutschland und Frankreich ausführlich dargestellt.16 Allerdings finden sich in der Literatur vor allem deskriptive Darstellungen der Regelungen in den verschiedenen Staaten. Es fehlen ­ soweit ersichtlich ­ vergleichende Analysen betreffend die Durchsetzbarkeit und Wirksamkeit der Regelungen.

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Frühere Regelungsversuche

In der Vergangenheit gab es immer wieder Anläufe, die Transparenz der Politikfinanzierung in der Schweiz zu erhöhen. Auch hier bietet die Botschaft des Bundesrates zur Transparenz-Initiative eine detaillierte Übersicht über die Vorschläge von Seiten des Bundesrates und jenen, die aus dem Parlament kamen. Hier soll entsprechend nur eine kurze Übersicht gegeben werden.

Anlässlich der letzten Totalrevision der Bundesverfassung, die 1999 von Volk und Ständen angenommen wurde, wollte der Bundesrat in Artikel 127a einen neuen Absatz 2 einführen, wonach der Gesetzgeber Bestimmungen hätte erlassen sollen, um Transparenz bei der Finanzierung der Ausübung der politischen Rechte herzustellen.17 Damit wäre die Grundlage geschaffen worden, auf welcher Initiativ- und Referendumskomitees hätten verpflichtet werden können, ihre wirtschaftlichen Abhängigkeiten Dritten gegenüber zu veröffentlichen. Das Parlament lehnte die Einführung dieses Absatzes 2 aber ab, da die Befürchtung im Raum stand, dass damit der Weg zu einer direkten staatlichen Parteienfinanzierung geebnet werden könnte.18 Seither sind zahlreiche parlamentarische Vorstösse und Initiativen eingereicht worden, die die Offenlegung der Finanzierung der politischen Parteien und der Wahlund Abstimmungskomitees zum Ziel hatten. Von diesen fand aber bis heute keine eine Mehrheit im Parlament.19 Darunter war auch eine Motion der SPK des Ständerates vom 9. Mai 2011 (11.3467 Offenlegung der Finanzierungsquellen von Abstimmungskampagnen), die eine Veröffentlichung der finanziellen Mittel von Abstimmungskomitees und Organisationen, die sich bei einer Volksabstimmung engagieren, erreichen wollte. Im Nationalrat wurde die Motion abgelehnt (AB 2012 N 515). Weitere von Fraktionen, Parlamentarierinnen und Parlamentariern eingereichte Vorstösse und parlamentarische Initiativen blieben chancenlos. Zuletzt wurde eine parlamentarische Initiative von Kathrin Bertschy in der SPK des Nationalrates abgelehnt, die zum Ziel hatte, Fraktionsbeiträge nur noch an jene Fraktionen 15

16 17 18 19

Siehe die Medienmitteilung des Bundesamtes für Justiz vom 17. September 2019, abrufbar unter: www.ejpd.admin.ch > Aktuell > News > 2019 > Medienmitteilung «GRECO: Nichtkonformitätsverfahren gegen die Schweiz beendet».

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auszuzahlen, deren Parteien die Herkunft und Beträge ihrer Zuwendungen offenlegen (17.490 Pa.Iv. Anreize für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung).

Gleich wie das Parlament, äusserte sich auch der Bundesrat immer wieder ablehnend gegenüber Transparenzbestimmungen. Diese Haltung begründete er jeweils mit dem Hinweis auf die Besonderheiten des politischen Systems der Schweiz. Gerade die direkte Demokratie führe beispielsweise dazu, dass es nicht nur Regeln für die Offenlegung der Parteienfinanzierung brauchen würde, sondern auch für Wahl- und Abstimmungskomitees. Dadurch seien automatisch viel mehr Akteure als in anderen Ländern betroffen, was komplexe Regelungen und einen grossen Aufsichtsaufwand nach sich ziehen würde. Darüber hinaus wären nationale Regelungen kaum vereinbar mit dem schweizerischen Föderalismus.20 Dies sind auch die Gründe, weshalb der Bundesrat die Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung» ablehnt und den eidgenössischen Räten beantragt, die Initiative Volk und Ständen ohne Gegenentwurf zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, diese abzulehnen.21

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Grundzüge der Vorlage

Der vorliegende Erlassentwurf ist als indirekter Gegenentwurf der SPK des Ständerates zur Transparenz-Initiative konzipiert. Dabei soll geregelt werden, wer, was, wann, wo offenlegen muss und mit welchen Konsequenzen bei einem allfälligen Verstoss zu rechnen ist. Der Erlassentwurf enthält bewusst keine Vorschriften darüber, wie sich die politischen Parteien finanzieren. Er regelt die Offenlegung der Finanzierung. Der Erlassentwurf orientiert sich teilweise am Wortlaut der Transparenz-Initiative und enthält deren wichtigsten Bestandteile, wobei höhere Schwellenwerte für die Offenlegung festgelegt werden als in der Volksinitiative vorgesehen und nur die Einnahmen, nicht aber die Bilanz und die Erfolgsrechnung offengelegt werden müssen. In einzelnen Punkten geht der Erlassentwurf über den Text der Volksinitiative hinaus. So werden z. B. auch Offenlegungspflichten bei der Finanzierung von Unterschriftensammlungen für Initiativen und Referenden vorgesehen.

Auch wird die Annahme von Zuwendungen aus dem Ausland verboten.

Von den Transparenzregelungen sind einerseits die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien betroffen. Sie müssen einmal im Jahr ihre Einnahmen sowie Zuwendungen im Wert von mehr als 25 000 Franken pro Zuwenderin bzw. Zuwender und Jahr offenlegen. Andererseits gilt die Offenlegungspflicht für natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften, die im Hinblick auf eine Wahl in den Nationalrat oder auf eine eidgenössische Abstimmung eine Kampagne führen oder Unterschriften für Initiativen oder Referenden sammeln und dafür mehr als 250 000 Franken aufwenden. Sie müssen ihre budgetierten Einnahmen, ihre Schlussrechnung über ihre Einnahmen sowie Zuwendungen im Wert von mehr als 25 000 Franken pro Zuwenderin bzw. Zuwender und Kampagne offenlegen. Bei Unterschriftensammlungen für Referenden sind nur die Schlussrechnung über die Einnahmen und die Zuwendungen offenzulegen. Für alle verpflichteten 20 21

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politischen Akteurinnen und Akteure gilt es, die vorgesehenen Fristen zur Einreichung der Angaben und Dokumente zu beachten.

Nebst der Offenlegungspflicht sieht der Erlassentwurf das Verbot zur Annahme von anonymen Zuwendungen sowie von Zuwendungen aus dem Ausland vor, sofern Letztere nicht von Auslandschweizerinnen oder Auslandschweizern stammen. Mit dem Verbot zur Annahme von Zuwendungen aus dem Ausland soll verhindert werden, dass ausländische Firmen oder Einzelpersonen den Schweizer Wahl- und Abstimmungskampf beeinflussen.

Publiziert und kontrolliert werden die eingereichten Angaben und Dokumente von einer durch den Bundesrat noch zu bezeichnenden Stelle, die in der Vorlage als «zuständige Stelle» bezeichnet wird. Sollte gegen die gesetzlichen Vorschriften verstossen werden (bspw. durch Unterlassen der Meldung oder Falschangaben), so droht eine Busse. Mit dieser Regelung entsteht ein Druckmittel, damit sich die betroffenen Akteurinnen und Akteure an die Transparenzregeln halten und ihre Einnahmen und Zuwendungen wahrheitsgetreu offenlegen.

Die vorliegende Gesetzesrevision beschäftigt sich nur mit der Frage der Offenlegung der Finanzierung der politischen Arbeit. Dabei bleibt offen, welche Auswirkungen diese Offenlegungspflichten auf die Finanzen der politischen Akteure haben werden.

Allenfalls wird zu einem späteren Zeitpunkt auch die Frage der Parteienfinanzierung zu diskutieren sein.

Eine Minderheit der Kommission (Caroni, Föhn, Müller Philipp) spricht sich gegen Eintreten auf die Vorlage aus. Gerade im föderalistischen und direkt-demokratischen System der Schweiz sei es kaum möglich, alle Akteurinnen und Akteure, welche politische Tätigkeiten finanzieren, in gerechter Weise zu erfassen. Transparenz werde so immer nur bruchstückhaft möglich sein. Versuche man, möglichst viele Finanzflüsse transparent zu machen, dann würde der Vollzug äusserst kompliziert.

Der bürokratische Aufwand stünde somit in keinem Verhältnis zur gewonnenen Transparenz, die zudem nicht vollständig sein könne. Transparenzregeln würden zudem in keiner Weise das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik stärken. Im Gegenteil: Indem die Medien über nicht offengelegte Finanzierungen berichten, entstehe das Bild eines korrupten Politikbetriebs. In einem komplexen System von Offenlegungspflichten sei es aber
schnell möglich, dass irgendein Fehler passiere, indem z. B. eine Abrechnung übersehen oder zu spät eingereicht werde.

Parteien und politische Akteurinnen und Akteure stünden so unter Dauerverdacht, was keineswegs das Vertrauen in das politische System stärke.

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Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Ziff. I Bundesgesetz vom 17. Dezember 197622 über die politischen Rechte (BPR) 5b. Titel: Transparenz bei der Politikfinanzierung Die neuen Bestimmungen betreffend die Offenlegungspflichten bei der Politikfinanzierung sollen in einem neuen Titel 5b im BPR eingefügt werden. Angaben zur Finanzierung von politischen Parteien sowie von Wahl- und Abstimmungskampagnen können für die Stimmberechtigten relevant sein, um bei der Wahrnehmung ihrer politischen Rechte ihre Entscheidungen zu treffen. Vor diesem Hintergrund ist eine Regelung der Offenlegungspflichten im BPR sachgerecht. Die neuen Bestimmungen werden im Anschluss an die Regelungen über das Parteienregister aufgeführt.

Art. 76b

Offenlegungspflicht der politischen Parteien

Artikel 76b Absatz 1 hält fest, dass die politischen Parteien, die in der Bundesversammlung vertreten sind, ihre Finanzierung offenlegen müssen. Diese Pflicht wird in Absatz 2 konkretisiert.

In der Bundesversammlung vertretene politische Parteien In persönlicher Hinsicht beschränkt sich die Pflicht auf jene politischen Parteien, die in der Bundesversammlung vertreten sind. Eine spezifische rechtliche Definition für die politischen Parteien besteht in der Schweiz nicht. Abzugrenzen sind die politischen Parteien nach Artikel 76b allerdings von den eingetragenen Parteien im Sinne des Artikels 76a BPR. Bei den politischen Parteien im Sinne des Artikels 76b kann es sich auch um Parteien handeln, die im Parteienregister nicht eingetragen sind.

Umgekehrt sind die eingetragenen Parteien nicht zwingend offenlegungspflichtig.

Die Offenlegungspflicht betrifft nur jene Parteien, die mindestens eine Vertretung im National- oder Ständerat haben. In den Räten vertreten sind sowohl nationale als auch kantonale Parteien (wie z. B. die Christlichsoziale Volkspartei Oberwallis CSPO, das Mouvement citoyen genevois MCG oder die Lega dei Ticinesi).23 Sie alle unterstehen der Offenlegungspflicht nach Artikel 76b.

Ist eine nationale Partei im National- oder Ständerat vertreten und daher offenlegungspflichtig, folgt daraus nicht, dass auch die ihr zugehörigen kantonalen Parteien ihre Finanzierung offenlegen müssten. Diese unterstehen Artikel 76b nur dann, wenn sie wie oben erwähnt selber eine Vertretung in den Räten haben. Zuwendungen von kantonalen Parteien, die an nationale Parteien erfolgen, sind aber gemäss den allgemeinen Regeln nach Artikel 76b Absatz 2 Buchstabe b offenzulegen.

22 23

SR 161.1 Für eine Übersicht über die in der Bundesversammlung vertretenen Parteien siehe: www.parlament.ch > Organe > Fraktionen > im-parlament-vertretene-parteien (Stand: 15. März 2019).

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Soweit eine Drittperson eine Zuwendung an eine kantonale Partei erbringt, um diese schliesslich der Mutterpartei zukommen zu lassen, so gilt die Drittperson als Urheberin bzw. Urheber der Zuwendung nach Artikel 76d Absatz 4. In diesem Sinne hat die nationale Partei alsdann die Angaben dieser Drittperson und nicht der kantonalen Partei offenzulegen. Das gleiche gilt, wenn Zuwendungen über die Mutterpartei an ihr zugehörige kantonale Parteien gelangen, die der Offenlegungspflicht unterstehen.

Von Artikel 76b nicht erfasst sind grundsätzlich die einzelnen Mitglieder der Bundesversammlung. Eine Ausnahme gilt für parteilose Mitglieder: Sie haben die Zuwendungen gemäss Artikel 76b Absatz 2 Buchstabe b bzw. die Zuwendungen über 25 000 Franken pro Person und Jahr offenzulegen (Art. 76b Abs. 3). Nicht verlangt wird von ihnen aber, dass sie alle ihre Einnahmen melden. Demgegenüber sind alle Mitglieder der Bundesversammlung, sofern sie (bspw. als Kandidatin oder Kandidat) eine Kampagne für die Wahl in den Nationalrat führen, gemäss Artikel 76c zur Offenlegung ihrer Finanzierung verpflichtet.

Einnahmen Offenzulegen haben die politischen Parteien gemäss Absatz 2 Buchstabe a zunächst ihre Einnahmen. In welcher Art und wie konkret die Einnahmen darzustellen sind, bestimmt der Bundesrat in der Ausführungsverordnung.

Der Begriff der Einnahmen ist abzugrenzen von jenem der Zuwendungen. Zwar gehören zu den Einnahmen grundsätzlich auch Zuwendungen. Es ist allerdings nicht auszuschliessen, dass ein wirtschaftlicher Vorteil als Zuwendung gilt, nicht aber als Einnahme. So etwa, wenn eine unentgeltliche Dienstleistung erbracht wird. Überdies müssen jene Zuwendungen, die den Betrag von 25 000 Franken übersteigen, mit den Angaben nach Artikel 76d Absatz 4 offengelegt werden (Art. 76b Abs. 2 Bst. b).

Es wird darauf verzichtet, auch die Offenlegung der Ausgaben und der Vermögenslage zu verlangen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, wer die Parteien finanziert. Ob die Parteien das Geld für Personal oder für Sachleistungen ausgeben, ist für die Bürgerinnen und Bürger kaum von Interesse. Insofern wird auch auf die Einführung einer Pflicht zur Offenlegung von Bilanz und Erfolgsrechnung (im Sinne der Art. 958 ff. OR24 und wie sie in der Volksinitiative vorgeschlagen wird) verzichtet. Mit diesem Verzicht soll zusätzlich
auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die politischen Parteien in aller Regel von der Pflicht zur Rechnungslegung nach den Artikeln 958 ff. OR befreit sind: Politische Parteien sind oftmals als Vereine organisiert. Zur ordentlichen Rechnungslegung sind nur diejenigen Vereine gehalten, die ein kaufmännisches Gewerbe betreiben oder aufgrund ihrer Grösse (bzgl. der Bilanzsumme, des Umsatzes oder der Vollzeitstellen) revisionspflichtig sind (Art. 957 Abs. 2 Ziff. 2 OR e contrario i.V.m. Art. 61 Abs. 2 und Art. 69b Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 190725, ZGB).

Politische Parteien erfüllen diese Voraussetzungen in der Regel nicht und sind obligationenrechtlich lediglich dazu verpflichtet, über ihre Ausgaben und Einnahmen sowie die Vermögenslage Buch zu führen (sog. vereinfachte Buchführung oder «Milchbüchleinrechnung»).

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SR 220 SR 210

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Möglich ist auch, dass politische Parteien gar keiner bzw. nicht einmal der vereinfachten Buchführungspflicht unterstehen, da sie in der Organisation ihrer Rechtsform frei sind und sich insbesondere nicht zwingend als juristische Person organisieren müssen. Allerdings besteht die Pflicht zur Offenlegung der Einnahmen gemäss Artikel 76b dieser Vorlage für die in der Bundesversammlung vertretenen Parteien unabhängig davon, ob sie gestützt auf das OR Buchführungspflichten unterliegen oder nicht.

Eine Minderheit (Stöckli, Janiak) ist der Ansicht, dass auch die Ausgaben und die Vermögenslage der Offenlegungspflicht unterstehen sollten. Es ist davon auszugehen, dass die Parteien eine vereinfachte Buchhaltung führen, in welcher diese Angaben sowieso enthalten sind. Somit kann vermieden werden, dass sie extra für die Publikation noch einen gesonderten Aufwand betreiben müssen, um ihre Einnahmen zu deklarieren. Zudem stellen die Informationen darüber, welche Ausgaben die Parteien tätigen und welches ihre Vermögenslage ist, durchaus interessante Informationen für die Bürgerinnen und Bürger dar. Müssten auch die Ausgaben und die Vermögenslage deklariert werden, wäre auch die Kontrolle einfacher und griffiger.

Zuwendungen Gegenstand der Offenlegungspflicht sind weiter auch alle wirtschaftlichen Vorteile, die den politischen Parteien freiwillig gewährt werden (in der Vorlage als Zuwendungen bezeichnet) und pro Zuwenderin oder Zuwender und Jahr einen Wert von mehr als 25 000 Franken aufweisen (Art. 76b Abs. 2 Bst. b). Damit sollen bedeutende Spenden erfasst werden, was für den Bürger und die Bürgerin von Interesse ist.

Als wirtschaftliche Vorteile gelten insbesondere Sach- und Geldzuwendungen bzw.

Spenden sowie Schuldübernahmen (z. B. durch Übernahme der Rückzahlung von Darlehen). Sachzuwendungen sind ­ wie im schenkungsvertragsrechtlichen Sinne26 ­ insbesondere Zuwendungen von Sachen bzw. von Fahrnis und Grundstücken.

Geldzuwendungen sind namentlich Bargeldübergaben oder Banküberweisungen.

Auch gemischte Schenkungen müssen allerdings von Artikel 76b Absatz 2 Buchstabe b (wie auch von Artikel 76c Abs. 2 Bst. c) erfasst sein, ansonsten eine Umgehung des Gesetzes leicht möglich wäre. Dies, indem der (Kauf-)Preis bewusst unter dem Wert des Veräusserungsgegenstandes angesetzt wird, um die wirtschaftliche
Differenz der Erwerberin bzw. der politischen Partei unentgeltlich zukommen zu lassen.27 Bei gemischten Schenkungen gilt allerdings nur die Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung als Zuwendung im Sinne der Vorlage. Weiter ist auch jede andere freiwillige Gewährung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteils (und demnach zum Beispiel auch die Erbringung unentgeltlicher Dienstleistungen, die unentgeltliche Bereitstellung von Gütern, Personal und medialem Raum sowie Schenkungsversprechen und die Gewährung von zinslosen Darlehen) im Sinne der Gesetzesvorlage als Zuwendung offenzulegen.

26

27

Siehe Schönenberger Beat, Vertragsverhältnisse Teil 1: Innominatkontrakte, Kauf, Tausch, Schenkung, Miete, Leihe, Art. 184­318 OR, in: Amstutz / Breitschmid / Furrer / Girsberger / Huguenin (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Zürich 2016, N 7 zu Art. 239 OR.

Vgl. Nedim Peter Vogt / Annaïg L. Vogt, in: Honsell / Vogt / Wiegand (Hrsg.), Basler Kommentar (BSK-I), N 5 zu Art. 239 OR.

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Die von der Offenlegungspflicht erfassten Angaben zur Zuwendung werden in Artikel 76d Absatz 4 konkretisiert: Zu melden sind Wert und Datum der Zuwendung sowie Name, Vorname, Wohnsitzgemeinde (bei natürlichen Personen), Sitz (bei juristischen Personen) und Firmenname der zuwendenden Person. Die Angaben sind zu belegen (Art. 76d Abs. 5). Die Zuwendungen sind ­ wie die übrigen Angaben nach Artikel 76b Absatz 2 ­ jährlich zu melden (Art. 76d Abs. 1 Bst. a).

Für die Berechnung der Höhe einer Zuwendung ist deren Markt- bzw. Verkehrswert massgebend. Ob eine Zuwendung den Schwellenwert erreicht, wird pro Jahr und Person berechnet. Das bedeutet im Wesentlichen, mehrere Zuwendungen der gleichen Person innert einem Jahr werden zusammengerechnet. Eine solche Kumulierung vermag in einem gewissen Rahmen zu verhindern, dass mehrere Zuwendungen knapp unterhalb des festgelegten Werts erfolgen, um die Offenlegung zu umgehen.

Für die zeitliche Berechnung der Betragshöhe ist die Zeitspanne bzw. das Jahr zwischen der fristgerechten Meldung der Einnahmen (Art. 76d Abs. 1 Bst. a) und der entsprechenden Meldung im Folgejahr massgebend. Der genaue Zeitpunkt, in dem die jährliche Meldung vorzunehmen ist, wird in den Ausführungsbestimmungen durch den Bundesrat festgelegt.

Eine Minderheit (Stöckli, Bruderer Wyss, Comte, Janiak) beantragt, dass bereits Zuwendungen, die den Wert von 10 000 Franken übersteigen, offenlegungspflichtig sein sollen. Dies entspricht auch dem Schwellenwert, wie er von der Volksinitiative vorgeschlagen wird. Wenn wirklich Transparenz hergestellt werden soll, dann sollte informiert werden, wenn jemand einer Partei (oder auch einem Wahl- bzw. Abstimmungskomitee oder bei Unterschriftensammlungen) die beachtliche Summe von mehr als 10 000 Franken zukommen lässt.

Art. 76c

Offenlegungspflicht bei Wahl- und Abstimmungskampagnen sowie bei Unterschriftensammlungen

In Artikel 76c wird die Pflicht zur Offenlegung der Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen sowie für Unterschriftensammlungen auf Bundesebene für Initiativen und Referenden geregelt. Im Vergleich zum Initiativtext, in dem von «Personen, die [...] aufwenden» die Rede ist, werden die Adressaten genauer und breiter festgelegt. Dies mit dem Ziel, alle möglichen politischen Akteurinnen und Akteure zu erfassen, die eine Kampagne führen oder Unterschriften für Initiativen oder Referenden sammeln. Von der Pflicht erfasst sind in persönlicher Hinsicht alle natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften, die im Hinblick auf eine Wahl in den Nationalrat oder auf eine eidgenössische Abstimmung eine Kampagne führen oder auf Bundesebene Unterschriften für Initiativen oder Referenden sammeln und dafür mehr als 250 000 Franken aufwenden. Mit diesem Betrag soll sichergestellt werden, dass wirklich nur Kampagnen erfasst werden, für welche viel Geld investiert wird. Die Finanzierung dieser Kampagnen ist für Bürgerinnen und Bürger besonders interessant. Zudem kann bürokratischer Aufwand vermieden werden, wenn Kampagnen, für welche relativ wenig Geld investiert wird, nicht erfasst werden.

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Ebenfalls erfasst wird die Unterschriftensammlung für Initiativen und Referenden.

Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Initiativ- und Abstimmungskomitees bereits im Hinblick auf die Sammlung von Unterschriften Geld beschaffen müssen.

Führen mehrere natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zusammen eine gemeinsame Kampagne, so müssen sie die budgetierten Einnahmen und die Schlussrechnung und Unterschriftensammlungen für Referenden nur die Schlussrechnung, gemeinsam einreichen (Absatz 3). Die Aufwendungen der einzelnen Personen und Personengesellschaften sind zur Berechnung des Schwellenwerts bzw. der 250 000 Franken zusammenzurechnen. Erfasst sind von Absatz 3 insbesondere Gruppierungen (wie namentlich Initiativ- und Referendumskomitees), die sich als einfache Gesellschaften organisieren und als solche keine Rechtspersönlichkeit haben, oder verschiedene Vereine (wie bspw. die nationale Partei und ihre kantonalen Sektionen), die zusammen eine Wahlkampagne führen. Verpflichtet bleiben die einzelnen Gesellschafter bzw. Vereine. In welcher Art und Weise die Gesellschafter bzw. Vereine die budgetierten Einnahmen und/oder die Schlussrechnung über die Einnahmen einzureichen haben, regelt der Bundesrat.

Eine Minderheit (Stöckli, Bruderer Wyss, Comte, Janiak) ist der Ansicht, dass bereits die Finanzierung von Kampagnen und Unterschriftensammlungen für Initiativen oder Referenden, für welche mehr als 100 000 Franken aufgewendet werden, offengelegt werden muss. Die von der Kommission vorgeschlagenen 250 000 Franken würden einen viel zu hohen Schwellenwert darstellen. Dadurch würden viele Kampagnen und Unterschriftensammlungen gar nicht erfasst, und das Ziel der Herstellung von Transparenz würde unterlaufen.

Natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften Verpflichtet werden natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften. Damit sollen alle rechtsfähigen Akteurinnen und Akteure erfasst werden, die eine Abstimmungs- oder Wahlkampagne führen bzw. Unterschriften sammeln.

Darunter fallen auch die politischen Parteien, die sich meist als Vereine organisieren. Sie können gemäss Artikel 76c ­ anders als politische Parteien in Artikel 76b ­ auch dann zur Offenlegung verpflichtet sein, wenn sie nicht in der Bundesversammlung vertreten sind. Eine spezifische
rechtliche Definition für die politischen Parteien besteht in der Schweiz (wie erwähnt) nicht. Bilden die Personen und/oder Personengesellschaften eine Gruppierung, die nicht rechtsfähig ist, so gelangt Absatz 3 zur Anwendung. Dies gilt namentlich für jene Initiativ- und Referendumskomitees, die eine einfache Gesellschaft bilden.

Eine Kampagne führen Mit dem Kriterium «eine Kampagne führen» wird eine Abgrenzung zu jenen Akteurinnen und Akteuren geschaffen, die sich an dieser Kampagne (bspw. mit einer Zuwendung) beteiligen. Das Führen einer Kampagne setzt voraus, dass mit einer gewissen Intensität und Kontinuität angestrebt wird, das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen. So führt etwa eine Person, die einmalig Stellung bezieht, noch keine Kampagne. Auch ist zum Beispiel eine Person, die einer Kandidatin oder einer politischen Partei im Rahmen einer Wahlkampagne 150 000 Franken überweist, nicht als Adressatin der Regelung zu qualifizieren. Ihre Zuwendung ist allerdings bei 7889

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den budgetierten Einnahmen bzw. in der Schlussrechnung der kandidierenden Person bzw. der politischen Partei, die eine Kampagne führt, enthalten und muss (inkl.

der Angaben nach Art. 76d Abs. 4) gemeldet werden. Die Führung einer Kampagne kann von einem politischen Akteur oder einer politischen Akteurin aber auch von mehreren politischen Akteurinnen und Akteuren ausgehen. Neben der Führung einer Kampagne setzt die Offenlegungspflicht auch voraus, dass für die Kampagne mehr als 250 000 Franken aufgewendet werden. Wer eine Kampagne führt, für diese aber keinen solch hohen Betrag aufwendet, ist von der Offenlegungspflicht befreit.

Einschränkung auf Wahlen in den Nationalrat Mit der gewählten Formulierung «[...] im Hinblick auf eine Wahl in den Nationalrat [...]», schliesst die Kommission bewusst die Ständeratswahlen vom Anwendungsbereich der gesetzlichen Regelung aus. Im Hinblick auf die Vernehmlassung hat die Kommission für die Finanzierung der Wahl von später tatsächlich gewählten Ständerätinnen und Ständeräten eine Regelung vorgeschlagen. Dieser Vorschlag wurde in der Vernehmlassung auch kritisch beurteilt. Um verfassungsrechtliche Diskussionen zu vermeiden, schlägt die Kommission deshalb vor, im Erlassentwurf die Kompetenz der Kantone, in diesem Bereich Regelungen zu erlassen, ausdrücklich festzuhalten. Diese Kompetenz ergibt sich zwar schon aus der Bundesverfassung, soll aber der Vollständigkeit halber in diesem Gesetzesentwurf auch aufgeführt werden (Art. 76c Abs. 4).

Budgetierte Einnahmen, Schlussrechnung über die Einnahmen und Zuwendungen Gegenstand der Offenlegungspflicht sind zunächst die budgetierten Einnahmen und die Schlussrechnung über die Einnahmen. Das Budget ist ein Instrument, um die Finanzierung der voraussichtlichen Aktivitäten zu planen. Erstellt wird das Budget in der Regel vor Beginn einer Kampagne. Die Schlussrechnung wird nach Abschluss der Kampagne erstellt und enthält die abschliessenden Zahlen. Offenzulegen sind im Budget und in der Schlussrechnung jeweils nur, mit welchen Finanzierungsmitteln bzw. Einnahmen die Kampagne oder Unterschriftensammlung finanziert werden soll bzw. welche Einnahmen erfolgt sind. Interessant für die Bürgerinnen und Bürger sind die Einnahmen und nicht die getätigten Ausgaben: Die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, wer eine Kampagne finanziert. In
welcher Art und wie konkret die Einnahmen darzustellen sind, bestimmt der Bundesrat in der Ausführungsverordnung.

Der Begriff der Einnahmen ist abzugrenzen von jenem der Zuwendungen. Hierzu wird auf die Ausführungen zu den Einnahmen nach Artikel 76b verwiesen. Jene Zuwendungen, die den Betrag von 25 000 Franken übersteigen, sind mit den Angaben nach Artikel 76d Absatz 4 offenzulegen (Art. 76b Abs. 2 Bst. b). Alle Zuwendungen, die als Einnahmen zu qualifizieren sind, müssen bei den budgetierten Einnahmen und in der Schlussrechnung über die Einnahmen gemäss Artikel 76d Absatz 3 separat aufgeführt werden.

Bei Unterschriftensammlungen für Referenden sind lediglich die Schlussrechnungen offenzulegen. Auf eine Pflicht zur Einreichung der budgetierten Einnahmen wird verzichtet, da eine solche Regelung bei Referenden kaum umsetzbar wäre. Insbesondere die Frist zur Einreichung der budgetierten Einnahmen liesse sich kaum 7890

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festlegen, da sich an Unterschriftensammlungen bei Referenden oft lose ad-hocGruppierungen beteiligen, die ohne Erfahrung und ohne professionelle Organisation mit der Sammlung beginnen.

Bei Zuwendungen im Wert von mehr als 25 000 Franken pro Zuwenderin bzw.

Zuwender und Kampagne bzw. Unterschriftensammlung sind der zuständigen Behörde Wert und Datum der Zuwendung sowie Name, Vorname, Wohnsitzgemeinde (bei natürlichen Personen), Sitz (bei juristischen Personen) und Firmenname der zuwendenden Person zu melden (Art. 76d Abs. 4). Die Angaben zur Zuwendung sind zu belegen (Art. 76d Abs. 5). Ob eine Zuwendung den Schwellenwert erreicht, wird pro Kampagne und Zuwenderin bzw. Zuwender berechnet: Sobald Zuwendungen der gleichen Person zusammengezählt die Grenze von 25 000 Franken überschritten haben, müssen die Informationen offengelegt werden. Für die möglichen Arten und den Wert der Zuwendung wird auf die Ausführungen zu Artikel 76b verwiesen. Zuwendungen sollen dann offengelegt werden müssen, wenn sie in den letzten 12 Monaten vor dem Abstimmungs- und Wahltermin, respektive seit Beginn der Unterschriftensammlung erfolgten. Damit soll Rechtssicherheit geschaffen werden: Es soll aus dem Gesetz klar hervorgehen, ab welchem Zeitpunkt eine Zuwendung offenlegungspflichtig ist.

Führen mehrere Personen oder Personengesellschaften zusammen eine gemeinsame Kampagne, sind die den einzelnen Personen und Personengesellschaften gewährten Zuwendungen zusammenzurechnen (Abs. 3). Ergeben diese Zuwendungen zusammengezählt mehr als 25 000 Franken, so müssen die Identitätsangaben der Urheberin oder des Urhebers der Zuwendung (Art. 76d Abs. 4) gemeldet werden.

Art. 76d

Fristen und Modalitäten der Offenlegungspflicht

Fristen Artikel 76d regelt zunächst die Fristen der Offenlegungspflicht. Die Fristen zur Einreichung der Angaben und Dokumente sind für die Akteurinnen und Akteure nach Artikel 76b und Artikel 76c unterschiedlich. Die politischen Parteien (Art. 76b Abs. 1) haben ihre Angaben und Dokumente einmal jährlich zu übermitteln. Zu welchem Zeitpunkt die Übermittlung zu erfolgen hat, konkretisiert der Bundesrat in der Ausführungsverordnung. Bei den politischen Akteurinnen und Akteuren nach Artikel 76c Absatz 1 ist zu unterscheiden, ob sie eine Kampagne im Hinblick auf eine Wahl in den Nationalratoder im Hinblick auf eine Abstimmung führen oder Unterschriften sammeln.

Bei Wahlen in den Nationalrat und bei Abstimmungen haben sie ihre budgetierten Einnahmen 45 Tage vor und die Schlussrechnung über ihre Einnahmen sowie Zuwendungen im Sinne von Artikel 76c Absatz 2 Buchstabe c 60 Tage nach dem Wahl- oder Abstimmungstermin einzureichen.

Bei Unterschriftensammlungen differenziert das Gesetz zwischen jenen für Volksinitiativen und jenen für Referenden. Bei Unterschriftensammlungen für Volksinitiativen sind der zuständigen Stelle die budgetierten Einnahmen 15 Tage nach Veröffentlichung des Initiativtexts im Bundesblatt und die Schlussrechnung über die Einnahmen 60 Tage nach Einreichung der Unterschriften zu übermitteln (Abs. 1 7891

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Bst. c). Bei Unterschriftensammlungen für Referenden ist nur die Schlussrechnung über die Einnahmen einzureichen (Abs. 1 Bst. d). Dies ­ wie bei Initiativen ­ 60 Tage nach Einreichung der Unterschriften.

Grosse Zuwendungen (bzw. Zuwendungen im Wert von mehr als 25 000 Franken) sind ­ soweit die budgetierten Einnahmen einzureichen ist ­ zwischen dem Ende der Einreichungsfrist und dem Wahl- oder Abstimmungstag resp. der Einreichung der Unterschriften zudem unverzüglich nach Kenntnisnahme der Zuwendung zu melden (Abs. 2). Damit soll sichergestellt werden, dass grosse Zuwendungen (bzw. jene im Wert von mehr als 25 000 Franken) unmittelbar bis zum Wahl- oder Abstimmungstermin resp. bis zur Einreichung der Unterschriften offengelegt werden. Solche Zuwendungen sind von besonderem Interesse für die Öffentlichkeit. Bei Unterschriftensammlungen für Referenden, bei denen erst die Schlussrechnung eingereicht werden muss, sind auch die Zuwendungen über 25 000 Franken erst 60 Tage nach der Einreichung der Unterschriften einzureichen (Abs. 1 Bst. d).

Zuwendungen bis zu 25 000 Franken, die weniger als 45 Tage vor der Abstimmung bzw. der Wahl resp. mehr als 15 Tage nach der Veröffentlichung des Initiativtexts im Bundesblatt noch erfolgen, müssen auch bei Wahlen in den Nationalrat und Unterschriftensammlungen für Initiativen erst nach dem Abstimmungs- oder Wahltermin bzw. nach Einreichung der Unterschriften (mit der Veröffentlichung der Schlussrechnung über die Einnahmen) bekanntgegeben werden. Geprüft wurde die Einführung einer Regelung, die Zuwendungen in der Zeitspanne zwischen dem Ende der Einreichungsfrist für die budgetierten Einnahmen und dem Wahl- oder Abstimmungstermin bzw. der Einreichung der Unterschriften verbieten würde. Damit liesse sich verhindern, dass nach Ablauf der Einreichungsfrist noch Zuwendungen erfolgten, die bis zum Wahl- oder Abstimmungstermin bzw. bis zur Einreichung der Unterschriften unbekannt blieben. Auf eine entsprechende Regelung wird in dieser Vorlage allerdings verzichtet, da ein solches Verbot nicht verhältnismässig wäre: Wie erwähnt sind grosse Zuwendungen auch nach Ablauf der Frist noch zu melden und von der zuständigen Stelle fortlaufend zu veröffentlichen (Art. 76d Abs. 2 und 76f Abs. 3). Ausserdem sind die definitiven Beträge alsdann in der Schlussrechnung über die Einnahmen
ersichtlich und publiziert. Die Frist bis 45 Tage vor dem Wahl bzw. dem Abstimmungstermin in Absatz 1 Buchstabe b trägt dem Umstand Rechnung, dass die Stimmberechtigten die Abstimmungsunterlagen (Stimmzettel, Stimmausweis, Stimmcouvert, Kontrollstempel und dergleichen) mindestens drei und frühestens vier Wochen vor dem Abstimmungstag erhalten (Art. 11 Abs. 3 BPR).28 Indem die zuständige Stelle die Angaben innert 15 Tagen nach deren Eingang zu veröffentlichen hat (Art. 76f Abs. 2 Bst. b), findet die Publikation zu einem Zeitpunkt statt, in dem die Stimm- und Wahlunterlagen in der Regel bei den Stimmberechtigten einzutreffen beginnen.

Die Frist bis 15 Tage nach der Veröffentlichung des Initiativtexts im Bundesblatt gemäss Absatz 1 Buchstabe d trägt dem Umstand Rechnung, dass im Zeitpunkt dieser Veröffentlichung auch der 18-monatige Fristenlauf für die Sammlung und 28

Nach Art. 2b der Verordnung über die politischen Rechte (VPR, SR 161.11) findet für Auslandschweizer Stimmberechtigte und auf spezielles Gesuch hin für andere im Ausland weilende Stimmberechtigte ein vorgezogener Versand der Stimm- und Wahlunterlagen statt.

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Einreichung der Unterschriften beginnt. Demnach haben die Initiantinnen und Initianten ab Beginn dieses Fristenlaufs 15 Tage Zeit, um die budgetierten Einnahmen der zuständigen Stelle einzureichen.

Die erneute oder (beiUnterschriftensammlungen für Referenden) erstmalige Meldung der jeweils verlangten finanziellen Angaben innert 60 Tagen nach der Wahl oder Abstimmung resp. der Einreichung der Unterschriften soll ermöglichen, die interessierten Kreise schliesslich über die definitiven finanziellen Mittel zu informieren.

Modalitäten der Offenlegungspflicht Der Bundesrat legt die Form fest, in welcher der zuständigen Stelle die (budgetierten) Einnahmen, die Schlussrechnung über die Einnahmen sowie die Zuwendungen übermittelt werden müssen (Abs. 6). In der Verordnung kann der Bundesrat namentlich konkretisieren, ob die Angaben elektronisch, per Post oder in anderer Weise einzureichen sind. Insbesondere können die politischen Akteurinnen und Akteure auch verpflichtet werden, die Angaben mittels bestimmter Formulare einzureichen.

Gesetzlich vorgegeben ist allerdings, dass bei den budgetierten Einnahmen und in der Schlussrechnung über die Einnahmen die Zuwendungen separat auszuweisen (Art. 76d Abs. 3) und bei Zuwendungen im Wert von mehr als 25 000 Franken der Wert und das Datum der Zuwendung sowie der Name, der Vorname, die Wohnsitzgemeinde (bei natürlichen Personen), der Sitz (bei juristischen Personen sowie bei Kollektiv- und Kommanditgesellschaften) und der Firmenname der Urheberin oder des Urhebers der Zuwendung anzugeben sind (Abs. 4). Wer als Urheberin oder Urheber gilt, konkretisiert der Bundesrat in der Ausführungsverordnung. Es soll verhindert werden, dass Umgehungen durch das Zwischenschalten von Drittpersonen (wie bspw. Vereine) leicht möglich sind. Erfasst werden sollen daher die Angaben jener Person, welche die Zuwendung ursprünglich erbrachte bzw. an der Zuwendung wirtschaftlich berechtigt war.

Der Wohnsitz bestimmt sich nach den Artikeln 23­26 ZGB und der Sitz nach Artikel 56 ZGB. Die Angaben zu Zuwendungen von mehr als 25 000 Franken sind (zum Beispiel mit Quittungen oder Kontoauszügen) zu belegen (Abs. 5).

Art. 76e

Kontrolle

Nach Artikel 76e Absatz 1 hat die zuständige Stelle die eingereichten Angaben vor der Veröffentlichung (Art. 76f) zu kontrollieren. Die Kontrolle beschränkt sich allerdings auf die Prüfung, ob alle Angaben und Dokumente (wie insb. die budgetierten Einnahmen und die Schlussrechnungen über die Einnahmen) nach Artikel 76b und 76c fristgerecht eingereicht worden sind. Als nicht fristgerecht eingereicht gelten Angaben und Dokumente, die verspätet oder gar nicht übermittelt werden oder unvollständig sind. Als unvollständig gelten auch jene Angaben und Dokumente, die offensichtliche Mängel aufweisen.

Eine weitergehende Kontrolle wäre mit unverhältnismässig grossem Aufwand verbunden, denn: Zusätzlich zu Rufschädigungen drohen den politischen Akteurinnen und Akteuren auch strafrechtliche Sanktionen (Art. 76j), wenn sie gegen die Offenlegungspflichten verstossen. Eine strafrechtliche Untersuchung wird eingeleitet, 7893

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wenn ein hinreichender Verdacht auf die Verletzung von Offenlegungsvorschriften besteht. Die zuständige Stelle ist alsdann auch verpflichtet, Straftaten, von denen sie anlässlich ihrer Kontrolle Kenntnis erlangt, nach unbenütztem Ablauf einer angesetzten Nachfrist bei der zuständigen Strafverfolgungsbehörde anzuzeigen. Des Weiteren stehen die publizierten Angaben und Dokumente auch unter Beobachtung der Öffentlichkeit, was den Anreiz zu rechtskonformem Verhalten fördert. Verfügen die politischen Akteurinnen und Akteure über Revisionsberichte, so können sie diese einreichen. Eine Pflicht, diese Berichte zu übermitteln, besteht allerdings nicht.

Erstens sind die politischen Akteurinnen und Akteure in der Regel nicht revisionspflichtig. Würde eine entsprechende Pflicht für alle politischen Akteurinnen und Akteure im Sinne der Artikel 76b und 76c geschaffen, würde dies gerade die Kleineren (wie insb. auch kleine Parteien) unverhältnismässig stark treffen. Die Durchführung einer Revision ist mit Kosten und Aufwand verbunden. Zweitens ginge eine Pflicht zur Einreichung des Revisionsberichts auch für politische Akteurinnen und Akteure, die revisionspflichtig wären, zu weit. Die Vorschriften gemäss der Gesetzesvorlage bezwecken, Transparenz bei der Politikfinanzierung zu schaffen. Es besteht ein Interesse, dass die Beträge gesetzeskonform angegeben werden. Bei der ordentlichen und eingeschränkten Revision wird allerdings eine weitergehende Prüfung vorgenommen: Erstens prüft der Revisor nicht nur die Einnahmen, sondern auch die weiteren finanziellen Angaben. Zweitens wird nicht nur geprüft, ob die Angaben in der Jahresrechnung den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Dies ist nur eine Frage, die sich der Revisor zu stellen hat. Zu prüfen hat der Revisor weiter, ob die Jahresrechnung den Statuten und dem gewählten Regelwerk entspricht und der Bilanzgewinn ordnungsgemäss verwendet wurde. Die Beantwortung dieser Fragen ist zur Erreichung des Ziels der Gesetzesvorlage nicht erforderlich.

Nachfrist Stellt die zuständige Stelle bei ihrer Kontrolle fest, dass die erforderlichen Angaben und Dokumente nicht innert Frist gemeldet worden sind, setzt sie eine Nachfrist an mit dem Hinweis darauf, dass sie Anzeige erstattet, wenn die Angaben und Dokumente nicht innert dieser Frist eingereicht werden. Tritt dieser Fall ein, so ist die zuständige Stelle verpflichtet, die festgestellten Verstösse bei der zuständigen Strafverfolgungsbehörde anzuzeigen.

Art. 76f

Veröffentlichung

Nach Abschluss der Kontrolle hat die zuständige Stelle die Angaben und die Dokumente zur Finanzierung auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Die Art und Dauer der Veröffentlichung regelt der Bundesrat in den Ausführungsbestimmungen.

Fristen Die Angaben der politischen Parteien nach Artikel 76b hat die zuständige Stelle jährlich zu veröffentlichen. Eine Präzisierung des massgeblichen Zeitpunkts ist in den Ausführungsbestimmungen durch den Bundesrat festzulegen. Die Veröffentlichung der Angaben der politischen Akteurinnen und Akteure nach Artikel 76c nimmt die zuständige Stelle 15 Tage nach Eingang der Meldung bzw. der Angaben und Dokumente vor. 15 Tage sollten ausreichen, um die erhaltenen Angaben und 7894

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Dokumente zu prüfen und zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung von Zuwendungen, die nach Ablauf der Einreichungsfrist gemeldet werden müssen (Art. 76d Abs. 2), hat fortlaufend zu erfolgen. Dies ist sachgerecht, da an der Publizität grösserer Zuwendungen (bzw. solcher im Wert von mehr als 25 000 Franken) ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

Art. 76g

Zuständige Stelle

Die zuständige Stelle wird durch den Bundesrat bezeichnet. Die Aufgaben der zuständigen Stelle könnte eine Behörde der zentralen Bundesverwaltung wahrnehmen. Dies würde ermöglichen, die Kontrolle und Veröffentlichung ­ anders als mit der Einsetzung einer neuen, verwaltungsunabhängigen Behörde ­ mit verhältnismässigem Aufwand zu organisieren. Jedenfalls erscheint es sinnvoll, die Angaben über die Finanzierung der politischen Akteurinnen und Akteure einheitlich und an einem einzigen Ort zu publizieren.

Art. 76h

Anonyme Zuwendungen und Zuwendungen aus dem Ausland

Artikel 76h Absatz 1 Buchstabe a verbietet die Annahme von anonymen Zuwendungen. Es wird darauf verzichtet, für kleine anonyme Zuwendungen eine Ausnahme vorzusehen. Dies soll die Umgehungsgefahr eindämmen: Würde die Annahme anonymer Zuwendungen erst ab einem gewissen Wert verboten, könnte der entsprechende Höchstwert ohne Weiteres in Stücken übermittelt werden, ohne dass die Herkunft der Zuwendungen je bekannt würde.

Wenn trotz des Verbots anonyme Zuwendungen übermittelt werden, haben die politischen Akteurinnen und Akteure zwei Möglichkeiten: Zum einen können sie die Herkunftsangaben nach Artikel 76d Absatz 4 ermitteln, entsprechend melden und die Zuwendung alsdann behalten. Zum andern können sie die Zuwendung, wenn möglich, zurückerstatten. Zwingend ist die Rückerstattung, wenn nicht alle Herkunftsangaben im Sinne des Artikels 76d Absatz 4 bekannt werden. Im Falle, dass eine Rückerstattung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, muss die Zuwendung der zuständigen Stelle gemeldet und alsdann dem Bund abgeliefert werden. Für die Ablieferung an den Bund kann die zuständige Stelle den politischen Akteurinnen und Akteuren die Nummer eines Kontos angeben, auf das die gemeldete Zuwendung zu überweisen ist. Unzumutbarkeit liegt vor, wenn die Empfängerin oder der Empfänger in einem verhältnismässigen Rahmen Vorkehrungen getroffen hat, um die Rücküberweisung vorzunehmen, aber ohne Erfolg blieb. Bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit ist auch der Wert der Zuwendung massgebend. Beträgt die Zuwendung zum Beispiel 100 Franken, so sind weniger aufwendige Vorkehrungen erforderlich als bei Zuwendungen im Wert von 10 000 Franken.

Artikel 76h Absatz 1 Buchstabe b der Vorlage sieht weiter ein Verbot der Annahme von Zuwendungen aus dem Ausland vor. Damit wird das Anliegen der parlamentarischen Initiative Fournier 18.423 «Keine fremden Eingriffe in die Schweizer Politik!» umgesetzt. Die Initiative verlangt ein Verbot der Finanzierung aus dem Ausland, beschränkt sich jedoch auf Unterschriftensammlungen für eine Volksinitiative oder ein Referendum sowie auf Abstimmungskampagnen. Von der parlamentari-

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schen Initiative nicht betroffen ist die Finanzierung von politischen Parteien und Wahlkampagnen.

Das Verbot in Artikel 76h Absatz 1 Buchstabe b erfasst alle Zuwendungen «aus dem Ausland». Damit gemeint sind alle Zuwendungen von Personen, die keinen Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz haben und nicht die Eigenschaften einer Auslandschweizerin bzw. eines Auslandschweizers im Sinne des Bundesgesetzes vom 26. September 201429 über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (Auslandschweizergesetz, ASG) erfüllen. Die Voraussetzungen des Wohnsitzes richten sich nach den Artikeln 23­26 ZGB, jene des Sitzes nach Artikel 56 ZGB.

Wer Zuwendungen aus dem Ausland erhält, muss diese nach Absatz 4 zurückerstatten. Ist eine Rückerstattung nicht möglich oder nicht zumutbar, muss die Zuwendung der zuständigen Stelle gemeldet und dem Bund abgeliefert werden. Die Ausführungen zu den anonymen Zuwendungen, insbesondere zur Unzumutbarkeit der Rückerstattung, gelten sinngemäss auch für die Zuwendungen aus dem Ausland.

Insbesondere der Wert der Zuwendung ist auch hier massgebend, um zu beurteilen, ob die Rückerstattung zumutbar ist.

Verletzen die politischen Akteurinnen und Akteure eine Pflicht nach Artikel 76h Absätze 3 bis 4, so machen sie sich strafbar (Art. 76j Abs. 1 Bst. b). Die Zuwendungen, welche sie in Verletzung der Pflichten und damit unrechtmässig annehmen, werden von der zuständigen Strafverfolgungsbehörde eingezogen (Art. 69 ff.

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 193730, StGB).

Eine Minderheit (Caroni) ist der Ansicht, dass ein Verbot von Spenden aus dem Ausland über das Ziel hinausschiesst. Mit der Vorlage soll Transparenz darüber hergestellt werden, wer Parteien und Kampagnen finanziert. Dadurch sind auch grosse Spenden aus dem Ausland erfasst. Es gehe nicht um die Unterscheidung zwischen guten (inländischen) und bösen (ausländischen) Spenden. Zudem werde es nicht in jedem Fall einfach sein, zu unterscheiden, ob es sich nun bei einer Zuwendung um eine ausländische oder inländische Spende handelt. Dieses Verbot verkompliziere den Vollzug der Vorlage zusätzlich.

Art. 76i

Bearbeiten von Personendaten und Austausch von Informationen

Die zuständige Stelle ist befugt, zur Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben (insbesondere zur Kontrolle und zur Veröffentlichung) Personendaten zu bearbeiten.

Erfasst sind zum einen Daten über die Identität und die Einnahmen der politischen Akteurinnen und Akteure nach den Artikeln 76b und 76c. Zum andern werden Daten über die Identität jener Personen bearbeitet, die den politischen Akteurinnen und Akteuren im Sinne der Artikel 76b und 76c Zuwendungen zukommen lassen.

Die Personendaten werden 15 Jahre nach der letzten Bearbeitung dem Bundesarchiv zur Archivierung angeboten (Abs. 2). Dies ist in Artikel 21 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199231 über den Datenschutz entsprechend vorgesehen.

29 30 31

SR 195.1 SR 311.0 SR 235.1

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Die zuständige Behörde ist befugt, mit den kantonalen und den kommunalen Behörden, die nach kantonalem Recht für die Transparenz bei der Politikfinanzierung zuständig sind, Daten auszutauschen. Sie darf diesen Behörden die von den politischen Akteurinnen und Akteuren erhaltenen Informationen wie namentlich Personendaten weiterleiten. Dies allerdings nur, soweit die Informationen für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der kantonalen und kommunalen Behörden erforderlich sind (Abs. 3). Umgekehrt geben die kantonalen und kommunalen Behörden, die für die Transparenz bei der Politikfinanzierung zuständig sind, der zuständigen Stelle des Bundes auf deren Anfrage hin jene Informationen bekannt, die für die Durchführung der Kontrolle und für die Veröffentlichung erforderlich sind (Abs. 4).

Artikel 76i Absätze 3 und 4 beziehen sich auf den Datenaustausch zwischen der zuständigen Bundesbehörde und den kantonalen Behörden, die gemäss kantonalem Recht für die Transparenz bei der Politikfinanzierung zuständig sind. Ob eine entsprechende Stelle besteht, liegt in der Kompetenz der Kantone.

Den zuständigen Strafverfolgungsbehörden darf die zuständige Bundesbehörde Informationen weiterleiten, soweit es um die Anzeige einer Straftat nach Artikel 76e Absatz 3 geht.

Art. 76j

Strafbestimmungen

Artikel 76j regelt die Strafbarkeit bei Verletzungen der Offenlegungspflichten nach den Artikeln 76b­76d sowie bei Verstössen gegen die Pflichten, die bei anonymen Zuwendungen und Zuwendungen aus dem Ausland nach Artikel 76h Absätze 3 und 4 zu beachten sind. Die Strafbestimmungen sind erforderlich, damit sich die im Gesetz vorgesehenen Vorschriften effektiv durchsetzen lassen. Auf verwaltungsrechtliche Sanktionen wird verzichtet. Eine verwaltungsrechtliche Sanktion wäre beispielsweise die Kürzung oder die Streichung von Fraktionsbeiträgen, wie sie in einer parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Kathrin Bertschy (17.490 Pa.Iv.

Anreize für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung) bereits gefordert wurde.

Eine teilweise oder gar vollumfängliche Streichung der jährlichen Beiträge an die Fraktionen der Bundesversammlung (nach Art. 12 des Parlamentsressourcengesetzes32) wäre nicht sachgerecht. Entsprechend hat die SPK des Nationalrates die Initiative Bertschy mit der Begründung abgelehnt, dass sie eine Vermischung von politischen Parteien und Fraktionen als kritisch erachte. Die SPK des Ständerates folgt dieser Argumentation. Die Fraktionen sind Organe der Bundesversammlung und betreiben keinen Wahlkampf. Die ihnen zugesprochenen Beiträge sind zweckgebunden und müssen für die Aufwände der Fraktionen verwendet werden. Weiter würde der Verstoss einer Partei zu einer Kollektivstrafe innerhalb der betreffenden Fraktion führen: Auch die Parteien, welche die Regelungen eingehalten haben, aber der gleichen Fraktion angehören, würden mitbestraft. Es wäre daher stossend, eine ganze Fraktion zu belangen, wenn eine Partei gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstossen hat. Eine teilweise oder vollumfängliche Streichung der Fraktionsbeiträge würde ausserdem nur die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien sowie die parteilosen Fraktionsmitglieder betreffen, die anderen Adressatinnen 32

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und Adressaten der Offenlegungspflicht, die keine Bundesbeiträge erhalten, jedoch nicht.

Verletzungen, wie insbesondere das Nichteinhalten der Einreichungsfrist oder Falschangaben, sind mit Busse bedroht. Es handelt sich daher um Übertretungen im Sinne des StGB. Die Busse wird auf maximal 40 000 Franken festgelegt. Diese Höhe ist ­ unter Berücksichtigung der geschützten Rechtsgüter und der zu erwartenden künftigen Straftaten ­ verhältnismässig.

Es wird darauf verzichtet, im Erlassentwurf auch den Versuch und die Gehilfenschaft für strafbar zu erklären (Art. 105 Abs. 2 StGB). Hingegen sind Anstiftung und Mittäterschaft von der Strafbarkeit erfasst (Art. 104 i.V.m. 24 StGB). Auch sind die Bestimmungen über die Einziehung anwendbar (Art. 69 ff. StGB). Die Strafbestimmungen, wie sie in der Vorlage ausgestaltet sind, genügen, um in hinreichendem Masse präventiv zu wirken.

Für die Strafbarkeit bei Pflichtverletzungen durch juristische Personen und Gesellschaften findet Artikel 29 StGB Anwendung.

Nach Absatz 2 ist auch Fahrlässigkeit strafbar. In diesem Fall erscheint eine Busse von maximal 20 000 Franken als angemessen.

Für die Strafverfolgung zuständig sind ­ gemäss Artikel 76j Absatz 3 sowie gestützt auf Artikel 22 der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200733 (StPO) und die allgemeine Zuständigkeitsregel nach Artikel 123 Absatz 2 BV ­ die kantonalen Strafverfolgungsbehörden. Es rechtfertigt sich nicht, die Kompetenz zur Strafverfolgung an die Bundesanwaltschaft zu übertragen. Die in Frage stehende Materie betrifft keinen Spezialbereich, mit dem sich die Bundesanwaltschaft bereits befasst. Im Übrigen stellt die Verletzung der Bestimmungen gemäss dem vorliegenden Erlassentwurf kein neues Vergehen gegen den Volkswillen im Sinne des StGB dar, so dass Artikel 23 Absatz 1, Buchstabe h der StPO nicht anwendbar ist. Auch wäre eine Strafverfolgung durch die zuständige Stelle im Sinne dieser Vorlage nicht angemessen.

Betreffend den Gerichtsstand gelten die allgemeinen Regeln nach den Artikeln 31­42 StPO. Demnach sind im Grundsatz die Behörden an jenem Ort zuständig, an dem der Beschuldigte gehandelt hat bzw. hätte handeln müssen (Art. 31 Abs. 1 StGB).

Eine Minderheit (Caroni, Bischof, Engler, Hegglin, Minder) ist der Ansicht, dass nicht auch Bussen für fahrlässiges Handeln vorgesehen werden sollen. Die Bestrafung von fahrlässigem Verhalten sei für die hier möglichen Tatbestände in der Rechtsanwendung kaum praktikabel.

Art. 76k

Vorbehalt der kantonalen Gesetzgebung

Grundsätzlich haben Bund und Kantone bei der Ausübung der politischen Rechte parallele Kompetenzen (Art. 39 BV): Der Bund regelt die Ausübung der politischen Rechte auf Bundesebene, die Kantone regeln sie auf Kantons- und Gemeindeebene.

Die Regelungen des Erlassentwurfs haben daher keinen Einfluss auf die Kompetenzen der Kantone bei der Ausübung der politischen Rechte auf kantonaler Ebene, 33

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insbesondere was die Ständeratswahlen betrifft. In Bezug auf kantonale Regelungen, welche die Ausübung der politischen Reche auf Bundesebene betreffen, soll Artikel 76k klarstellen, dass die Kantone befugt sind, für kantonale politische Akteurinnen und Akteure über die Bundesvorschriften hinausgehend Offenlegungspflichten zu regeln. Hierzu wird in Artikel 76k festgehalten, dass es den Kantonen vorbehalten bleibt, bei der Ausübung der politischen Rechte auf Bundesebene weitergehende Vorschriften über die Offenlegung der Finanzierung von kantonalen politischen Akteurinnen und Akteuren vorzusehen. Der Begriff «kantonaler politischer Akteur» beinhaltet jede politische Akteurin und jeden politischen Akteur, die oder der auf dem Gebiet des Kantons aktiv ist. Dabei kann es sich zum Beispiel um einen politischen Akteur handeln, der auf dem Gebiet des Kantons eine Kampagne im Hinblick auf eine eidgenössische Abstimmung führt. Der Vorbehalt bezieht sich auf das gesamte Anwendungsgebiet des Gesetzesentwurfes, insbesondere hinsichtlich der Unterschriftensammlungen sowie Wahl- und Abstimmungskampagnen auf Bundesebene. Demgegenüber sind die Kantone nicht berechtigt, im Vergleich zum Bundesrecht weniger weitgehende Offenlegungspflichten zu regeln.

Ziff. II Bei den Bestimmungen dieser Vorlage handelt es sich um Normen auf Gesetzesstufe. Sie sind somit dem fakultativen Referendum zu unterstellen (Abs. 1). In Absatz 2 wird klargestellt, dass es sich bei der Vorlage um den indirekten Gegenentwurf zur Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (TransparenzInitiative)» handelt. Entsprechend sieht Absatz 3 einen Publikationsvorbehalt vor: Das Gesetz ist im Bundesblatt nur dann zu publizieren, wenn die TransparenzInitiative entweder zurückgezogen oder von Volk und Ständen abgelehnt worden ist.

Kommt die Transparenz-Initiative zur Abstimmung und wird sie von Volk und Ständen angenommen, dann sind die vorliegenden Gesetzesänderungen hinfällig. Es muss alsdann eine Umsetzungsgesetzgebung zu der von Volk und Ständen angenommenen neuen Verfassungsänderung ausgearbeitet werden.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Entgegennahme, Prüfung und Veröffentlichung der gemeldeten Angaben und Dokumente setzt eine neue Applikation voraus, um die Daten zu erfassen und zu bearbeiten. Die entsprechenden Kosten lassen sich nicht präzis festlegen. Mit Blick auf vergleichbare Services werden die Beschaffungskosten auf einen sechsstelligen Betrag geschätzt. Für den Betrieb und die Wartung sowie für Anpassungen wird mit jährlichen Kosten von 20 000 bis 40 000 Franken gerechnet.

Der Aufwand für die Verarbeitung der jährlichen Meldungen der in der Bundesversammlung vertretenen Parteien nach Artikel 76b wird sich jeweils in einem ähnlichen Rahmen bewegen. Demgegenüber sind die Auswirkungen der Regelungen zu den Wahl- und Abstimmungskampagnen sowie den Unterschriftensammlungen mit diversen Ungewissheiten verbunden. Aufgrund der verfügbaren, wenngleich unsi-

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cheren Angaben34 dürften die individuellen Wahlkampfausgaben der Kandidatinnen und Kandidaten eher selten den Schwellenwert nach Artikel 76c Absatz 1 überschreiten. Entsprechend kann mit relativ wenigen Meldungen der einzelnen Kandidierenden gerechnet werden. Bei Abstimmungskämpfen und Unterschriftensammlungen variiert der Bearbeitungsaufwand je nach Anzahl der Vorlagen, der Intensität der Debatten sowie der Anzahl und Art der engagierten Akteurinnen und Akteure35.

Für die Schaffung und den Betrieb der zuständigen Stelle sind allenfalls zusätzliche personelle Ressourcen erforderlich. Wie hoch der Personalbedarf genau sein wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar.

Werden neue Strafbestimmungen eingeführt, eröffnen diese ihrer Natur nach die Möglichkeit zusätzlicher Strafverfahren. Diese Verfahren dürften allerdings für die kantonalen Strafverfolgungsbehörden einen nur geringen Zusatzaufwand verursachen. Die aktuell zur Verfügung stehenden Ressourcen reichen aus, um diese Zusatzaufgabe wahrzunehmen. Es handelt sich bei den Offenlegungspflichten und beim Verbot der Annahme anonymer Zuwendungen und Zuwendungen aus dem Ausland um in sachlicher Hinsicht sehr beschränkte Materien. Für den Bund hat die Umsetzung der strafrechtlichen Normen keine finanziellen und personellen Auswirkungen.

Aus heutiger Sicht hat die Vorlage hat keine finanziellen Konsequenzen für die Kantone.

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Rechtliche Grundlagen

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 39 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 34 Absätze 1 und 2 BV. Nach Artikel 39 Absatz 1 regelt der Bund die Ausübung der politischen Rechte in eidgenössischen Angelegenheiten. Artikel 34 hält fest, dass die politischen Rechte gewährleistet sind und diese Garantie die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe schützt. Mit den hier vorgeschlagenen Änderungen sollen Pflichten zur Offenlegung der Finanzierung politischer Parteien und anderer politischer Akteurinnen und Akteure auf Bundesebene eingeführt werden.

Die Offenlegung der Finanzierung dient der Information der Wahl- und Abstimmungsberechtigten und damit insbesondere deren freien Willensbildung (Art. 34 Abs. 2 BV).

34 35

Selects ­ FORS, Georg Lutz, Eidgenössische Wahlen 2015 ­ Wahlteilnahme und Wahlentscheid, S. 61 ff.

Vgl. dazu Michael Hermann, Das politische Profil des Geldes, Zürich 2012, S. 36 (verfügbar unter: www.ejpd.admin.ch > Aktuell > News > 2012 > Studie zur Finanzierung von Wahlen und Abstimmungen (Stand 15. Februar 2019).

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