Auswirkungen von Freihandelsabkommen Stellungnahme des Bundesrates vom 22. September 2017 Kurzbericht der GPK-N vom 23. März 2018 Stellungnahme des Bundesrates vom 16. Mai 2018

Sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Kurzbericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 23. März 2018 zur Stellungnahme des Bundesrates vom 22. September 2017 betreffend die Auswirkungen von Freihandelsabkommen nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. Mai 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Im Januar 2015 hat die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) entschieden, die Auswirkungen von Freihandelsabkommen (FHA) zu untersuchen, und die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer entsprechenden Evaluation beauftragt. Gestützt auf den von der PVK erstellten Bericht vom Oktober 2016 an die GPK-N hat diese dem Bundesrat am 4. Juli 2017 ihren eigenen Bericht unterbreitet und ihn aufgefordert, zu den vier von ihr formulierten Empfehlungen Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 22. September 20171 hat der Bundesrat der GPK-N seine Stellungnahme vorgelegt. Die GPK-N hat diese im Kurzbericht vom 23. März 2018 evaluiert und den Bundesrat erneut um eine Stellungnahme bis zum 31. Mai 2018 gebeten. Der Bundesrat äussert sich im Folgenden zum Kurzbericht der GPK-N.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Durchführung von Nachhaltigkeitsstudien

Empfehlung 1:

Durchführung von Nachhaltigkeitsstudien

Die GPK-N fordert den Bundesrat auf, inskünftig im Rahmen der Beschaffung von Informationsgrundlagen für FHA-Verhandlungen die Durchführung von Nachhaltigkeitsstudien zu prüfen. Sollte der Bundesrat zur Auffassung gelangen, dass im Einzelfall keine Nachhaltigkeitsstudie durchgeführt werden soll, wäre diese Entscheidung in der Botschaft zum betreffenden FHA zu begründen. Die Resultate durchgeführter Nachhaltigkeitsstudien sind in der jeweiligen Botschaft auszuweisen.

Der Bundesrat nimmt die Einschätzung der GPK-N zur Antwort des Bundesrates vom 22. September 2017 bezüglich der Empfehlung 1 zur Kenntnis. Er unterstreicht, dass die neueren von der Schweiz abgeschlossenen FHA mit den Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen im Einklang stehen, auf die sich die GPK-N in den Vorbemerkungen bezieht. In diesem Sinne betont der Bundesrat, dass er sich für die Aufnahme expliziter Verweise auf die Agenda 2030 zur nachhaltigen Entwicklung einsetzt sowie für entsprechende materielle Bestimmungen, die den Zielen der Agenda 2030 im Wirtschafts- und Handelsbereich entsprechen. Die Nachhaltigkeitsklauseln in den FHA, die zur Umsetzung der SDG beitragen und diese fördern, umfassen unter anderem das Engagement zur Einhaltung und Umsetzung der internationalen Verpflichtungen der Vertragsparteien im Bereich Umweltschutz und Arbeitsnormen, die wirksame Durchsetzung der innerstaatlichen Umwelt- und Arbeitsgesetzgebung sowie die Erhaltung der bestehenden nationalen 1

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Schutzniveaus. Weitere Bestimmungen betreffen die nachhaltige Bewirtschaftung von Waldressourcen und Fischbeständen, die Förderung menschenwürdiger Arbeit für alle sowie die Verbreitung und Verwendung von Nachhaltigkeitszertifikaten zur Förderung umweltfreundlicher Produktionsmethoden und von Sozialstandards.

Ausserdem werden durch die FHA Aufsichtsorgane geschaffen, die es erlauben, allfällige Probleme im Zusammenhang mit der Umsetzung der eingegangenen Verpflichtungen ­ einschliesslich in Bezug auf die oben erwähnten Bestimmungen ­ anzusprechen und allenfalls zu lösen. Durch diese Organe können bei Bedarf auch allfällige negative Auswirkungen eines FHA auf den Umwelt- und Sozialbereich angegangen und behandelt werden. Bisher hat noch kein Freihandelspartner der Schweiz negative Auswirkungen auf Umwelt oder Gesellschaft beanstandet.

Somit ist der Bundesrat der Ansicht, dass sein Ansatz alle nötigen Elemente beinhaltet, um eine auf das Ziel der nachhaltigen Entwicklung abgestimmte Umsetzung dieser Abkommen sicherzustellen und angemessen auf allfällige negative Konsequenzen reagieren zu können. Den Ansatz als inkohärent und nicht nachvollziehbar zu bezeichnen, lediglich weil er bei der spezifischen Frage der vorgängigen Nachhaltigkeitsstudien nicht genau dem Modell der Europäischen Union (EU) entspricht, ist nicht gerechtfertigt. In seiner Stellungnahme vom 22. September 2017 an die GPK-N hat der Bundesrat sein Vorgehen in Sachen Auswirkungsstudien präzisiert und im Detail erklärt, weshalb er einen anderen Ansatz verfolgt als die EU-Kommission und hinsichtlich der untersuchten Themen gezieltere Studien bevorzugt. Im Übrigen hält auch die GPK-N in ihrem Kurzbericht fest, dass es für eine Evaluation der globalen Auswirkungen nach dem Vorbild der EU (z.B. Genderfragen, Einkommensverteilung) häufig an Daten fehlt. Was die von der Kommission erwähnten Verfahren und Instrumente wie rechtliche Analysen oder Befragungen angeht, ist der Bundesrat der Ansicht, dass diese keine Messung der Auswirkungen ermöglichen beziehungsweise keine befriedigenden Antworten auf die gestellten Fragen liefern. Die im Beurteilungsleitfaden des Bundesamts für Raumentwicklung zu den sozialen Aspekten beschriebenen Ressourcenkomponenten und Indikatoren sind nicht eins zu eins auf den internationalen Handel übertragbar. Der
Bundesrat stellt damit fest, dass es auf internationaler Ebene weder einen Konsens noch anerkannte beste Praktiken oder erprobte Verfahren für Studien zur Auswirkung der Handelsabkommen in den genannten sozialen Bereichen gibt. Er wird indessen allfällige technische und methodologische Weiterentwicklungen solcher Instrumente auf internationaler Ebene im Auge behalten. Gegenwärtig zieht er es vor, gestützt auf seinen Aktionsplan «Grüne Wirtschaft» von Fall zu Fall gezielte Umweltverträglichkeitsstudien durchzuführen und Erkenntnisse daraus zu ziehen. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass derzeit im Rahmen der Verhandlungen für ein FHA zwischen den EFTA- und den Mercosur-Staaten eine solche Studie läuft. Die Ergebnisse dieser Studie werden öffentlich zugänglich gemacht.

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2.2

Verbesserung der Datenlage

Empfehlung 2:

Verbesserung der Datenlage

Die GPK-N bittet den Bundesrat, zu prüfen, mit welchen Massnahmen die Datensituation verbessert werden könnte. In diesem Rahmen empfiehlt die Kommission, bei künftigen FHA Möglichkeiten des Zugangs zu Zolldaten der anderen Vertragspartei zu prüfen, um diese Daten gegebenenfalls systematisch auszuwerten und dabei zu analysieren, wie Schweizer Unternehmen das betreffende FHA nutzen. Die Erkenntnisse dieser allfälligen Analyse sollten für spätere FHA berücksichtigt werden. Der Bundesrat wird gebeten, darüber Bericht zu erstatten.

Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die GPK-N mit seinen Antworten auf die Empfehlung 2 zufrieden ist. Wie in der Stellungnahme vom 22. September 2017 an die GPK-N angekündigt, hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) über das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mittlerweile entsprechende Arbeiten aufgenommen. So haben die Schweiz und ihre EFTA-Partner eine Modellbestimmung zum gegenseitigen Austausch von Zollstatistiken erarbeitet, die sie bereits einem ihrer Verhandlungspartner unterbreiten konnten. Die Verwendung dieser Vorlage soll auch anderen Verhandlungspartnern und im Rahmen der Gemischten Ausschüsse zudem bestehenden Freihandelspartnern vorgeschlagen werden. So sind die Schweiz und die EU an der letzten Sitzung des Gemischten Ausschusses vom 27. November 2017 zum FHA von 1972 übereingekommen, den Austausch detaillierter Einfuhrstatistiken einzuführen.

2.3

Informationen zu den Tätigkeiten der Gemischten Ausschüsse

Empfehlung 3:

Mehr Transparenz bei den Gemischten Ausschüssen

Die GPK-N bittet den Bundesrat, darauf hinzuwirken, dass die in den Gemischten Ausschüssen vertretenen Schweizer Behörden jeweils einen konsolidierten Jahres- bzw. Tätigkeitsbericht zu allen bestehenden Gemischten Ausschüssen der FHA erstellen und diesen publizieren.

In seiner Stellungnahme vom 22. September 2017 an die GPK-N hat der Bundesrat in diesem Bereich ein Verbesserungspotenzial festgestellt und sich bereit erklärt, dies in seinem Aussenwirtschaftsbericht in geeigneter Form zu berücksichtigen.

Diese Massnahme wurde mittlerweile im Bericht vom 10. Januar 20182 zur Aussenwirtschaftspolitik 2017 umgesetzt. Der Bundesrat nimmt diesbezüglich zur Kenntnis, dass die GPK-N diese Berichtsform für angemessen hält, und beauftragt das WBF (SECO), in Zukunft weiterhin in dieser Art über alle FHA zu berichten, zu denen im vergangenen Jahr eine Sitzung des Gemischten Ausschusses stattfand.

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2.4 Empfehlung 4:

Erklärungen zu den Auswirkungen der FHA auf die Diskriminierungen Genauere Erläuterungen zum konkreten Einzelfall hinsichtlich der Auswirkungen zu Diskriminierungen

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, im Rahmen von FHA-Botschaften hinsichtlich der Auswirkungen auf tatsächliche oder potenzielle Diskriminierungen präzisere Angaben zu machen und dabei die Grundlagen seiner Aussagen klarer darzulegen. Weiter soll der Bundesrat genauer erläutern, weshalb das Diskriminierungspotenzial respektive eine bestehende Diskriminierung für Schweizer Unternehmen durch das konkret zu erläuternde FHA zumindest verkleinert werden könnte.

Der Bundesrat nimmt die positive Einschätzung der GPK-N zu seiner Antwort auf die Empfehlung 4 zur Kenntnis. Wie in seiner Stellungnahme vom 22. September 2017 festgehalten, soll diese Massnahme bei der nächsten Botschaft zu einem FHA umgesetzt werden.

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