zu 19.401 Parlamentarische Initiative Für eine Stärkung der Pflege ­ für mehr Patientensicherheit und mehr Pflegequalität Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 17. Oktober 2019 Stellungnahme des Bundesrates vom 27. November 2019

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 17. Oktober 20191 betreffend die parlamentarische Initiative 19.401 «Für eine Stärkung der Pflege ­ für mehr Patientensicherheit und mehr Pflegequalität» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

27. November 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 7. November 2017 reichte der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) die Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)» ein.2 Die Initiantinnen und Initianten wollen Bund und Kantone damit verpflichten, für eine ausreichende, allen zugängliche Pflege von hoher Qualität zu sorgen und dazu insbesondere genügend diplomiertes Pflegefachpersonal auszubilden. Zudem soll der Bund verpflichtet werden, die Leistungen festzulegen, die Pflegefachpersonen in eigener Verantwortung zulasten der Sozialversicherungen erbringen dürfen, sowie Ausführungsbestimmungen für eine angemessene Abgeltung der Pflegeleistungen zu erlassen.

In seiner Botschaft vom 7. November 20183 zur Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)» beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative Volk und Ständen ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen.

An ihrer Sitzung vom 24. Januar 2019 nahm die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) die Beratung auf. Sie beschloss mit 16 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung, der Pflegeinitiative mit der parlamentarischen Initiative 19.401 «Für eine Stärkung der Pflege ­ für mehr Patientensicherheit und mehr Pflegequalität» einen indirekten Gegenvorschlag entgegenzustellen.

An ihrer Sitzung vom 3. Mai 2019 hiess die SGK-N ihren Vorentwurf, der ein Gesetz, drei Bundesbeschlüsse sowie den erläuternden Bericht4 umfasst, mit 17 zu 8 Stimmen gut und beschloss die Eröffnung einer Vernehmlassung dazu.5 Sie hat am 17. Oktober 2019 die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Kenntnis genommen, ist auf die Vorlage eingetreten und hat den Entwurf in der Gesamtabstimmung mit 16 zu 4 Stimmen angenommen.

Der indirekte Gegenvorschlag der SGK-N umfasst folgende Vorlagen: ­

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Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege, auf acht Jahre befristet. Die Kantone sollen Beiträge an die ungedeckten Kosten der praktischen Ausbildung ausrichten. Zudem sollen sie Personen, welche die Ausbildung in Pflege an einer höheren Fachschule (HF) oder einer Fachhochschule (FH) absolvieren, mit Ausbildungsbeiträgen unterstützen. Der Bund soll die Kantone dabei finanziell unterstützen. Der Entwurf sieht zudem ­ neben verschiedene Anpassungen zur Aufwertung des Pflegefach-

BBl 2017 159 BBl 2018 7653 Vgl. www.parlament.ch/de > Ratsbetrieb>Suche Curia Vista > 19.401 > Chronologie 12.03.2019 > Entwürfe 1­4.

Die Vernehmlassungsunterlagen und der Ergebnisbericht sind abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2019 > PK.

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berufs in der Strafprozessordnung (StPO)6, dem Militärstrafprozess vom 23. März 19797 (MStP) sowie im Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 20028 (BBG) ­ eine Änderung des Bundesgesetzes vom 18. März 19949 über die Krankenversicherung (KVG) vor. Pflegefachpersonen sollen aufgrund einer Vereinbarung mit den Versicherern vom Bundesrat bestimmte Pflegeleistungen (insb. Grundpflege) ohne Anordnung oder Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) erbringen können. Die Kantone sollen zudem verschiedenen Akteuren im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen Ausbildungsverpflichtungen (Art. 38 Abs. 2 und 39 Abs. 1bis KVG) auferlegen. Diese Verpflichtung bildet den Anknüpfungspunkt für die Beitragsgewährung der Kantone bezüglich der ungedeckten Ausbildungskosten gemäss dem Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege.

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Bundesbeschluss über Finanzhilfen zur Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege: Zur Umsetzung des Bundesgesetzes über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege ist ein Verpflichtungskredit von 469 Millionen Franken für acht Jahre vorgesehen (Art. 5: 268 Mio. Fr.; Art. 6: 201 Mio. Fr.).

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Bundesbeschluss über Finanzhilfen zur Förderung der Effizienz in der medizinischen Grundversorgung, insbesondere der Interprofessionalität: Für diese Finanzhilfen, die sich auf das Gesundheitsberufe- und auf das Medizinalberuferecht stützen, sollen für vier Jahre 8 Millionen Franken bewilligt werden.

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Bundesbeschluss über die Erhöhung der Ausbildungsabschlüsse in Pflege an den kantonalen Fachhochschulen: Der Grundsatz- und Planungsbeschluss sieht vor, dass der Bund zusammen mit den Kantonen Massnahmen trifft, die bis Ende 2028 zu einer bedarfsgerechten Erhöhung der Anzahl Ausbildungsabschlüsse in Pflege an den Fachhochschulen führen. Zu diesem Zweck soll der Bund bis zu 25 Millionen Franken bereitstellen.

SR 312.0 SR 322.1 SR 412.10 SR 832.10

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Generelle Würdigung der parlamentarischen Initiative

Der Bundesrat teilt das Anliegen der parlamentarischen Initiative, die dem Mangel an im Inland ausgebildeten Pflegefachkräften mit gezielten Bildungsmassnahmen und verschiedenen Massnahmen zur Aufwertung ihres Berufsstatus begegnen will.

In seiner Botschaft zur Pflegeinitiative hat er den drohenden Mangel an diplomierten Pflegefachkräften als eine grosse Herausforderung anerkannt.10 Die Verringerung der hohen Auslandabhängigkeit beim diplomierten Pflegefachpersonal durch die Förderung der inländischen Ausbildung erachtet er daher als wichtig.

Seine Ablehnung der Pflegeinitiative hat der Bundesrat insbesondere damit begründet, dass die mit der Initiative geforderte Berechtigung für Pflegefachpersonen, bestimmte Leistungen direkt zulasten der Sozialversicherungen abzurechnen, und die geforderte höhere Abgeltung dieser Leistungen unerwünschte kostentreibende Effekte auf die OKP und damit auf die Krankenkassenprämien hätten.

Der Entwurf der SGK-N zeigt, dass die Kommission die Problemlage ernst nimmt und deshalb gewillt ist, den Herausforderungen im Bereich der Pflege mit konkreten Massnahmen zu begegnen. Er stiess auch in der Vernehmlassung auf grosse Zustimmung. Ein mehrheitsfähiger Vorschlag, der die Bildungsmassnahmen unterstützt, macht eine Annahme der Pflegeinitiative mit den eingangs genannten negativen Konsequenzen auf die Kostenentwicklung unwahrscheinlicher.

Angesichts dieser Ausgangslage ist der Bundesrat bereit, die vorgeschlagenen Bildungsmassnahmen, die auf acht Jahre befristete Bundesbeiträge vorsehen, zu unterstützen. Dagegen lehnt er die mit der Kommissionsvorlage vorgesehenen Änderungen des KVG mit Ausnahme der darin enthaltenen Ausbildungsverpflichtungen im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege entschieden ab. Zudem hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) am 2. Juli 201911 eine Änderung der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 199512 (KLV) verabschiedet, die am 1. Januar 2020 in Kraft tritt. Diese KLV-Änderung wertet die Tätigkeit der Pflegefachpersonen auf und nimmt somit einen massgeblichen Teil der Forderungen der Pflegeinitiative auf.

Im Folgenden äussert sich der Bundesrat zu einzelnen Bestimmungen.

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BBl 2018 7653, 7664 ff.

AS 2019 2145 SR 832.112.31

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2.2

Massnahmen des Bundesgesetzes über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege und des Bundesbeschlusses über Finanzhilfen zur Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Schweiz nur 43 Prozent der pro Jahr benötigten 6075 diplomierten Pflegefachpersonen HF und FH ausbildet.13 Mit dem nun von der SGK-N vorgeschlagenen Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege, einschliesslich der darin vorgesehenen Änderung des KVG, sind im Wesentlichen Massnahmen vorgesehen, mit denen diesem Manko begegnet werden soll.

Der Bundesrat begrüsst die Zielsetzung des Gesetzes deshalb grundsätzlich. Mit den Artikeln 66 und 117a der Bundesverfassung (BV)14 verfügt der Bund über die notwendigen Kompetenzen zum Erlass dieses Gesetzes. Gleichzeitig ist zu betonen, dass der Bund mit der Wahrnehmung dieser Kompetenzen neu in bisher den Kantonen überlassene Bereiche eingreift. Es erscheint deshalb im Sinne des Subsidiaritätsprinzips zielführend, die Vorgaben des Bundes zeitlich zu limitieren und als initiierende Massnahmen vorzusehen.

Zu einzelnen Bestimmungen lässt sich zusätzlich Folgendes ausführen: Beiträge der Kantone (Art. 5) Im Kern sieht Artikel 5 vor, dass die Kantone den Akteuren im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen Beiträge für deren Leistungen in der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen gewähren müssen.

Der Bundesrat unterstützt die Absicht, Bildungsabschlüsse in Pflege an den höheren Fachschulen und den Fachhochschulen mit Anreizen für die Ausbildungsbetriebe zu fördern. Zusammen mit der umfassenden Ausbildungsverpflichtung (Ziff. 2.6.2) erwartet er eine deutliche Steigerung der Ausbildungstätigkeit. Mit dieser Haltung schliesst sich der Bundesrat der Position der Mehrheit der Kantone und Parteien an.

Des Weiteren verlangt Artikel 5, dass die Kantone mindestens die Hälfte der durchschnittlichen ungedeckten Ausbildungskosten der Betriebe abgelten. Die fehlende Verpflichtung zur vollständigen Abgeltung der ungedeckten Ausbildungskosten wurde in der Vernehmlassung insbesondere von den Berufsverbänden und Leistungserbringern kritisiert. Der Bundesrat erachtet die vorliegende Bestimmung indessen als angemessen. Den Kantonen wird gemäss Artikel 5 Absatz 3 empfohlen, bei der Höhe der Entschädigung die interkantonalen Empfehlungen zu berücksichti-

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Nationaler Versorgungsbericht für die Gesundheitsberufe 2016. Nachwuchsbedarf und Massnahmen zur Personalsicherung auf nationaler Ebene, 2016; Hrsg.: Bundesamt für Gesundheit (BAG), Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) und Nationale Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit (OdASanté). Der Bericht ist abrufbar unter www.gdk-cds.ch > Themen > Gesundheitsberufe > Nicht-universitäre Gesundheitsberufe > Personalsicherung > Versorgungsbericht 2016. S. 46 (Abb. 44).

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gen.15 Aus Sicht des Bundesrates ist bezüglich Ausbildungstätigkeit eine schweizweit transparente Regelung anzustreben.

Ausbildungsbeiträge (Art. 6) Mit dieser Bestimmung soll der Zugang zu den Ausbildungen in Pflege HF und Pflege FH gestärkt werden, indem die Kantone vorsehen können, dass angehende Pflegefachpersonen HF und FH Ausbildungsbeiträge beantragen können. Voraussetzung ist, dass der Ausbildungslohn und allfällige Unterstützungsbeiträge aus Stipendien oder von unterstützungspflichtigen Eltern, einer Partnerin oder einem Partner nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt während der Ausbildung zu sichern.

Der Bundesrat sieht insbesondere in der Förderung von in die Pflege quer- und wiedereinsteigenden Personen, die laut einer Studie einen Drittel des Pflegepersonals ausmachen, ein beträchtliches Potenzial und unterstützt deshalb im Grundsatz den Vorschlag der Kommission.16 Er ist der Ansicht, dass durch die Ausbildungsbeiträge zudem die Attraktivität des Pflegeberufs verbessert wird, indem der Zugang zur beruflichen Weiterentwicklung vereinfacht wird.

Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse erachtet der Bundesrat eine Verpflichtung zur Gewährung solcher Ausbildungsbeiträge als zu weitgehend: Die Kantone OW, SZ, UR, ZG und ZH lehnen Ausbildungsbeiträge grundsätzlich ab, auf Zustimmung stossen sie in den Kantonen AR, FR, GE, SG, VD und VS. 14 Kantone (AG, AI, BE, BL, BS, GL, GR, JU, LU, NE, NW, SO, TG, TI) schlagen vor, die Bestimmung dahingehend anzupassen, dass die Kantone solche Ausbildungsbeiträge auf freiwilliger Basis ausrichten können. Der Bundesrat möchte es deshalb den Kantonen überlassen, angehende Pflegefachpersonen gezielt zu fördern (Kann-Bestimmung).

Weiterhin können die Kantone die Voraussetzungen, den Umfang der Ausbildungsbeiträge und das Verfahren für deren Vergabe abschliessend festlegen. Sie haben es damit weitgehend in der Hand, ihre Ausgaben für die Ausbildungsbeiträge zu steuern.

Damit die zusätzlich benötigten finanziellen Ressourcen nicht ausschliesslich bei den Standortkantonen der höheren Fachschulen oder Fachhochschulen anfallen, beantragt der Bundesrat, dass die Wohnsitzkantone für die Ausrichtung der Ausbildungsbeiträge zuständig sein sollen.

Die Freiwilligkeit der Gewährung von Ausbildungsbeiträgen führt auch zu einer Verringerung des mit dem Bundesbeschluss
über Finanzhilfen zur Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege vorgesehenen Verpflichtungskredites. Der Bundesrat erachtet es als plausibel, dass die Hälfte der 14 Kantone, die im Rahmen der Vernehmlassung auf Freiwilligkeit plädieren, sowie die sechs Kantone, die den Entwurf der SGK-N unterstützen, Ausbildungsbeiträge im von der SGK-N geschätzten Umfang ausrichten werden. Der Bundesrat geht deshalb davon aus, dass nur rund die Hälfte der von der SGK-N veranschlagten Kosten von 201 Millionen Fran15 16

Nettonormkosten der praktischen Ausbildung bei den nicht-universitären Gesundheitsberufen. Grundsätze und Empfehlungen der GDK. Informationsnotiz vom 2. Juli 2015.

Amstutz, N.; Konrad, J.; Minnig, C.; Spar, R. (2013): Lebensphasenspezifische Laufbahnentwicklung und Verbundenheit im Pflegeberuf. Institut für Personalmanagement und Organisation (PMO). Hochschule für Wirtschaft. Fachhochschule Nordwestschweiz.

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ken für die Ausbildungsbeiträge nach Artikel 6 benötigt werden. Entsprechend beantragt er eine Anpassung des Bundesbeschlusses über Finanzhilfen zur Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege.

Grundsatz und Höhe der Bundesbeiträge (Art. 7) Mit den Bundesbeiträgen nach Artikel 7 wird den Kantonen mindestens die Hälfte ihrer Aufwendungen nach den Artikeln 5 und 6 zurückerstattet. Der Bundesrat beantragt, dass für Ausbildungsbeiträge nach Artikel 6 im Rahmen des Verordnungsrechts eine Obergrenze für Bundesbeiträge festgelegt wird. Dies erhöht die Kalkulierbarkeit für die Kantone bezüglich des Finanzbedarfs.

Bund und Kantone tragen damit gemeinsam dazu bei, dass in Ausbildungsbetrieben zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen und weitere Personen für die Pflegeausbildung HF oder FH gewonnen werden können.

Befristung (Art. 12 Abs. 4 und 5) Das Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege sowie die damit verbundenen KVG-Änderungen sollen auf acht Jahre befristet werden.

Der Bundesrat befürwortet die Befristung der Geltungsdauer ausdrücklich. Im Sinne einer Anschubfinanzierung ist er somit bereit, den im Bundesbeschluss über Finanzhilfen zur Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege vorgesehenen Verpflichtungskredit von neu 369 Millionen Franken zu unterstützen.

Die Ausbildung angehender Pflegefachpersonen zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung war bisher grundsätzlich eine Aufgabe der Kantone. Der Bund soll vorliegend seine Kompetenzen nur so weit nutzen, als die Kantone bei den nachweislich grossen Herausforderungen beim Pflegefachpersonalmangel unterstützt werden. Der Bundesrat ist überzeugt, dass sich das Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege bei den Kantonen nachhaltig auswirken wird, sodass nicht nur die angehenden Pflegefachpersonen HF oder FH, sondern sämtliche Berufe, die für die Gesundheitsversorgung benötigt werden, profitieren werden.

Die Einführung entsprechender Verpflichtungen haben im Übrigen auch die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) und die nationale Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit OdASanté den Kantonen in ihrem Nationalen Versorgungsbericht für die Gesundheitsberufe 201617 empfohlen.

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Nationaler Versorgungsbericht für die Gesundheitsberufe 2016. Der Bericht ist abrufbar unter www.gdk-cds.ch > Themen > Gesundheitsberufe > Nicht-universitäre Gesundheitsberufe > Personalsicherung > Versorgungsbericht 2016. S. 53 f.

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2.3

Änderung der Strafprozessordnung und des Militärstrafprozesses

Den Gesundheitsfachpersonen, die ihren Beruf in eigener fachlicher Verantwortung ausüben, wird bereits mit der durch das Gesundheitsberufegesetz vom 16. September 201618 (GesBG) eingeführten Änderung von Artikel 173 Absatz 1 Buchstabe f StPO ein eigenständiges Zeugnisverweigerungsrecht für Geheimnisse eingeräumt, die ihnen aufgrund ihres Berufs anvertraut worden sind oder die sie in der Berufsausübung wahrgenommen haben. Mit dieser Änderung werden zudem alle Pflegefachpersonen dem medizinischen Berufsgeheimnis nach Artikel 321 des Strafgesetzbuches19 unterstellt. Insofern werden sie bereits mit dem Inkrafttreten dieser Regelung, voraussichtlich am 1. Februar 2020, nicht mehr als Hilfspersonen behandelt. Der Entwurf der SGK-N sieht neu vor, Gesundheitsfachpersonen ungeachtet der Art ihrer Berufsausübung das Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund ihres Berufsgeheimnisses nach Artikel 171 Absatz 1 StPO einzuräumen und neu auch den MStP entsprechend zu ändern. Gegen dieses Vorhaben ist inhaltlich nichts einzuwenden.

Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass es in Bezug auf die Sicherheit und Vorhersehbarkeit des Rechts problematisch erscheint, das Strafprozessrecht so kurz nach der Verabschiedung seiner Änderung im Rahmen des GesBG erneut anzupassen, zumal diese Änderung noch gar nicht in Kraft getreten ist und mithin keinerlei sachlichen Gründe aus der Praxis für eine erneute Revision angeführt werden können.

2.4

Änderung des Berufsbildungsgesetzes

Der Bundesrat begrüsst im Grundsatz den neu geschaffenen Artikel 73a BBG, der für den Bund die Kompetenz begründet, die Anerkennung altrechtlicher kantonaler und interkantonaler Abschlüsse zu regeln. Die Regelung dieser Ausbildungen lag bisher in der Kompetenz der Kantone.

Dank der neuen Bestimmung können altrechtliche Bildungsabschlüsse, die nicht in die heutige Bildungssystematik überführt wurden, anerkannt werden. Im Fokus stehen altrechtliche kantonale und interkantonale Abschlüsse im Bereich Pflege, wie etwa Pflegefachfrau / Pflegefachmann Diplomniveau I (DNI) oder der Fähigkeitsausweis des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) in praktischer Krankenpflege (PKP/FA SRK). Das Potenzial liegt bei rund 25 000 Personen.

Die Umsetzung der Massnahme kann beispielsweise im Bereich der DNI über die Wiederbelebung des bis 2011 durchgeführten und bewährten Äquivalenzverfahrens erfolgen. Der Bundesrat kann diese Aufgabe Dritten delegieren. So verfügt beispielsweise das SRK über die dazu notwendige Fachexpertise.

Dadurch wird ein Anreiz geschaffen, den Verbleib im Pflegeberuf zu fördern. Zudem eröffnet eine Überführung in die heutige Bildungssystematik bestehendem und 18 19

SR ...; BBl 2016 7599 SR 311.0

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zumeist sehr erfahrenem Personal die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung. Ziel ist es, das Fachkräftepotenzial ­ insbesondere im Bereich der Langzeitpflege ­ zu nutzen und dem Fachkräftemangel entgegenzutreten.

Für die Anerkennung von altrechtlichen Bildungsabschlüssen ist allerdings nicht wie im Entwurf der SGK-N vorgeschlagen zwingend die Schaffung von neuen Bildungsangeboten notwendig. Zudem erfolgt das Bereitstellen von ergänzenden Bildungsangeboten in der Regel nicht durch die Organisationen der Arbeitswelt, sondern vielmehr durch verschiedene private und öffentliche Bildungsanbieter im Gesundheitswesen. Der Bundesrat beantragt deshalb die Streichung von Artikels 73a Absatz 3 BBG.

2.5

Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung

2.5.1

Leistungserbringung ohne ärztliche Anordnung beim Vorliegen eines Vertrags mit den Versicherern

Leistungserbringung ohne ärztliche Anordnung beim Vorliegen eines Vertrages mit den Versicherern Das KVG unterscheidet de lege lata zwischen Leistungserbringern, die direkt zulasten der OKP tätig sind, sowie Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag einer Ärztin oder eines Arztes selbstständig und auf eigene Rechnung Leistungen erbringen, oder Organisationen, die solche Personen beschäftigen.

Die mit dem Entwurf der SGK-N vorgeschlagene KVG-Änderung fordert letztlich eine Berechtigung für Pflegefachpersonen, bestimmte Leistungen direkt zulasten der OKP abzurechnen, wie dies bereits in der parlamentarischen Initiative Joder 11.418 («Gesetzliche Anerkennung der Verantwortung der Pflege») der Fall war und auch in der Pflegeinitiative vorgesehen ist.

Der Bundesrat hat sich bereits in seiner Botschaft zur Pflegeinitiative dezidiert gegen diese Massnahme ausgesprochen. Er lehnt nun auch den diesbezüglichen Vorschlag der SKG-N ab und zwar aus folgenden Gründen: Gefahr der Mengenausweitung Die Einführung der Möglichkeit einer direkten Abrechnung zulasten der Sozialversicherungen durch die Pflegefachpersonen hätte eine Mengenausweitung mit einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung für die OKP und der für die Restfinanzierung verantwortlichen Kantone und Gemeinden zur Folge. Zudem ginge damit einer der wichtigen Grundsätze des KVG, wonach die Ärztin oder der Arzt eine Scharnierfunktion übernehmen soll, verloren.

Eine solche Massnahme widerspricht dem Anliegen des Bundesrates, die Kosten im Gesundheitssystem zu dämpfen. Dies ist unter anderem das erklärte Ziel der Bot-

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schaft vom 21. August 201920 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Massnahmen zur Kostendämpfung ­ Paket I).

Bei Annahme der vorliegenden Gesetzesänderung ist zudem davon auszugehen, dass ein Präjudiz geschaffen würde und analoge Begehrlichkeiten bei anderen medizinisch-therapeutischen Berufen geweckt würden. Eine weitere Mengenausweitung könnte die unerwünschte Folge sein.

Koordinierte Versorgung Im Zentrum des zweiten Pakets der Kostendämpfungsmassnahmen, welches voraussichtlich Anfang 2020 in die Vernehmlassung geschickt wird, steht unter anderem die Stärkung der koordinierten Versorgung. Durch die verbesserte Koordination und Integration sollen die Qualität der Behandlung verbessert, aber auch Kosten vermieden werden.

Mit der Anerkennung eines neuen Leistungserbringers zur direkten Abrechnung würde diesem Anliegen diametral widersprochen. Die Scharnierfunktion der behandelnden Ärztinnen und Ärzte droht verloren zu gehen. Damit ergibt sich auch die Gefahr der fehlenden Koordination, was letztlich weder der Qualität noch der Wirtschaftlichkeit von Behandlungen förderlich wäre.

Lockerung Vertragszwang Der Vorschlag für die direkte Abrechnung wurde von der SKG-N nach der Vernehmlassung angepasst. Eingefügt wurde die Bedingung, wonach die Leistungserbringer mit den Versicherern eine Vereinbarung schliessen müssen, damit sie den Pflegebedarf selber, das heisst ohne ärztliche Anordnung, bestimmen können. Damit soll ein Element der Kostenkontrolle eingeführt werden. Indirekt geht diese Anpassung aber in die Richtung einer partiellen Aufhebung des Vertragszwangs für einen Teil der KVG-Leistungen.

Diese Massnahme schränkt aus Sicht des Bundesrates den in der OKP geltenden Kontrahierungszwang ein. Ein solcher Eingriff wiegt schwer und fand bisher im Parlament keine Mehrheit. Zudem ergeben sich Umsetzungsprobleme: Die Bestimmung lässt Form und Inhalt dieser Vereinbarungen völlig offen. Es ist daher unklar, inwieweit die Versicherer die Mengen- und Kostenentwicklung dann effektiv beeinflussen können oder ob sie dies vertraglich regeln dürfen. Eine Kostenkontrolle ist damit nicht garantiert. Als Zuständige für die Restfinanzierung der KVG-pflichtigen Pflegeleistungen wären auch die Kantone von diesen Vereinbarungen betroffen.

Mehr Kompetenzen für Pflegepersonal infolge der
KLV-Änderung Die Leistungen der Krankenpflege ambulant oder im Pflegeheim, die auf ärztliche Anordnung hin oder im ärztlichen Auftrag zulasten der OKP erbracht werden können, sind in Artikel 7 KLV abschliessend umschrieben. Die Anordnung der Leistungen und die Pflegebedarfsermittlung erfolgt heute in engem Zusammenspiel zwischen Ärzteschaft und Pflegefachpersonen.

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Um in der Pflege den administrativen Aufwand zu verringern und die Kompetenzen des Pflegepersonals zu stärken, hat das EDI am 2. Juli 2019 eine Änderung der KLV beschlossen, die am 1. Januar 2020 in Kraft tritt. Den Pflegefachpersonen sollen mehr Kompetenzen zukommen, indem sie künftig den Pflegebedarf für einen Teil der Leistungen ohne ärztliche Mitwirkung ermitteln. Die Ermittlung des Bedarfs an Leistungen nach Artikel 7 Absatz 2 KLV, die zur Umsetzung des ärztlichen Auftrages oder der ärztlichen Anordnung notwendig sind, erfolgt auch zukünftig durch einen Pflegefachmann oder eine Pflegefachfrau in Zusammenarbeit mit dem Patienten oder der Patientin oder den Angehörigen. Ergibt die Bedarfsermittlung, dass Massnahmen der Untersuchung und Behandlung notwendig sind, so wird für diese die Zustimmung des Arztes oder der Ärztin benötigt, für die übrigen Pflegemassnahmen ­ im Gegensatz zum heutigen Recht ­ jedoch grundsätzlich nicht mehr.

Zusammenfassend braucht es am Anfang einen allgemeinen Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin, wonach ein Patient oder eine Patientin Pflegeleistungen benötigt.

Danach können die entsprechenden Leistungserbringer insbesondere den Umfang der Grundpflege selber bestimmen und erbringen und müssen diesen nicht vom Arzt oder der Ärztin bestätigen lassen.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass diese Änderungen die Tätigkeit der Pflegefachpersonen aufwerten und somit einen massgeblichen Teil der Forderungen der Pflegeinitiative aufnehmen.

2.5.2

Ausbildungsverpflichtung

Zusätzlich zur Regelung der Betriebsbeiträge in Artikel 5 des Entwurfs sollen die Kantone verpflichtet werden, in Leistungsaufträgen die Ausbildungsleistungen im Bereich der praktischen Ausbildung von Pflegefachpersonen festzulegen (Art. 38 Abs. 2 und 39 Abs. 1bis KVG). Damit werden alle potenziellen Ausbildungsbetriebe, die zur Abrechnung gegenüber der OKP berechtigt sind, zur Ausbildung von Pflegefachpersonen HF und FH verpflichtet.

Der Bundesrat unterstützt dieses Anliegen und verspricht sich insbesondere von dieser umfassenden Verpflichtung eine deutliche Steigerung der Ausbildungstätigkeit. Mit dieser Haltung schliesst sich der Bundesrat der Position der Mehrheit der Kantone und Parteien in der Vernehmlassung an.

2.6

Bundesbeschluss über Finanzhilfen zur Förderung der Effizienz der medizinischen Grundversorgung, insbesondere der Interprofessionalität

Die mit diesem Bundesbeschluss vorgesehenen Finanzhilfen sollen dazu beitragen, dass interprofessionelle Projekte gefördert werden können, die zu mehr Effizienz in der medizinischen Grundversorgung führen. Pflegefachpersonen und weitere Berufe nach dem Medizinalberufegesetz vom 23. Juni 200621 und dem GesBG erhalten 21

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durch diesen Bundesbeschluss die Möglichkeit, Finanzhilfen für innovative Projekte in der Gesundheitsversorgung zu beantragen. Der Bundesrat begrüsst den Entwurf, der auch in der Vernehmlassung auf grosse Zustimmung stiess.

2.7

Bundesbeschluss über die Erhöhung der Ausbildungsabschlüsse in Pflege an den kantonalen Fachhochschulen

Mit dem Bundesbeschluss über die Erhöhung der Ausbildungsabschlüsse in Pflege an den kantonalen Fachhochschulen wird eine anreizorientierte Sonderfinanzierung zwecks Erhöhung der Ausbildungsabschlüsse im Bereich Pflege FH angestrebt.

Konkret sollen damit die Ausbildungsabschlüsse in Pflege FH von heute rund 900 auf 1500 pro Jahr steigen. Der Bundesrat wird beauftragt, Massnahmen zu prüfen, die bis Ende 2028 zu einer entsprechenden Erhöhung führen.

Die Eckwerte der Massnahmen werden im Bundesbeschluss festgelegt: Es wird ein Finanzvolumen von maximal 25 Millionen Franken im Rahmen der Botschaften zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) 2021­2024 und 2025­ 2028 beantragt (Art. 3 Bst. a). Kantone und Hochschulen sollen eine Eigenleistung im Umfang von 50 Prozent erbringen (Art. 3 Bst. b). Gefordert werden eine evidenzbasierte Festlegung und eine bildungssystematisch abgestimmte Erhöhung (Art. 3 Bst. c).

Der Bundesrat begrüsst diese Massnahme. Sie stellt das «schulische» Korrelat zur erwarteten Steigerung bei den Ausbildungsplätzen in den Betrieben und der Nachfrage nach einer Ausbildung in Pflege HF oder Pflege FH aufgrund der Ausbildungsbeiträge dar. In der Vernehmlassung wurde jedoch von verschiedener Seite bemängelt, dass diese Sonderfinanzierung nur den Fachhochschulen, nicht aber den höheren Fachschulen zukommt. Dies erscheint insbesondere problematisch, als grosse Unterschiede zwischen den Landesteilen bestehen. Werden die Tertiärpflegeausbildungen in der französischen Schweiz hauptsächlich an Fachhochschulen absolviert, geschieht dies in der Deutschschweiz primär an höheren Fachschulen.

Eine ausschliessliche Förderung der Ausbildungsabschlüsse an Fachhochschulen widerspricht zudem der Bildungssystematik und der Gleichbehandlung des akademischen und des berufsbildenden Wegs.

Der Bundesrat ist daher der Ansicht, dass analog zur Förderung der Ausbildungsabschlüsse an Fachhochschulen die Abschlüsse der Pflege HF gefördert werden sollen (vgl. Ziff. 2.8).

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2.8

Weitergehende Massnahme im Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege: Förderung der Ausbildungsabschlüsse in Pflege an den höheren Fachschulen

Förderung der Ausbildungsplätze an höheren Fachschulen (Art. 5a) Entsprechend der Erhöhung der Ausbildungsabschlüsse in Pflege FH sollte die Anzahl der Abschlüsse in Pflege HF von heute rund 1700 auf rund 2800 Abschlüsse pro Jahr gesteigert werden. Zusammen mit den 1500 Ausbildungsabschlüssen in Pflege FH könnten dadurch zukünftig 4300 Pflegefachkräfte pro Jahr ausgebildet werden. Die Abschlüsse können dadurch gegenüber heute um 65 Prozent gesteigert werden. Der Erfüllungsgrad beim prognostizierten Nachwuchsbedarf pro Jahr stiege dadurch von 43 auf 71 Prozent.

Der Bundesbeschluss über die Erhöhung der Ausbildungsabschlüsse in Pflege an den kantonalen Fachhochschulen stützt sich auf die Artikel 47 f. und 59 ff. des Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetzes vom 30. September 201122. Die anreizorientierte Sonderfinanzierung kann deshalb nicht auf Ausbildungsplätze an höheren Fachschulen ausgedehnt werden.

Aus diesem Grund beantragt der Bundesrat, das Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege mit einem entsprechenden neuen Fördertatbestand zu ergänzen. Inhalt dieser bundesgesetzlichen Verpflichtung bildet zusätzlich zu den heutigen Finanzierungsmechanismen der kantonalen höheren Fachschulen eine Gewährung von Beiträgen, da nur so das Ziel einer (weiteren) Erhöhung der Ausbildungsabschlüsse erreicht werden kann. Damit geht eine entsprechende Anpassung des Zweck- und Gegenstandsartikels (Art. 1 Abs. 2 Bst. abis) einher. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass sich auch diesbezüglich der Bund an den Kosten der Kantone beteiligen wird.

In Analogie zur Kostenberechnung für die Steigerung der Ausbildungsabschlüsse an den Fachhochschulen von 25 Millionen Franken (+ 600 Abschlüsse) sind für die zusätzlichen 1100 Abschlüsse in Pflege HF 45 Millionen Franken pro acht Jahre bereitzustellen. Auf eine entsprechende Erhöhung des Bundesbeschlusses zur Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege soll indessen verzichtet werden. Die Gelder sollen im Rahmen des vorgesehenen Verpflichtungskredits von 369 Millionen Franken bereitgestellt werden.

Grundsatz und Höhe der Bundesbeiträge (Art. 7) Bei der Bemessung der Bundesbeiträge ist besonders zu berücksichtigen, dass nicht bereits bestehende Verpflichtungen der Kantone neu zusätzlich vom Bund finanziell unterstützt werden, sondern
ausschliesslich erfolgreiche Bemühungen zur Erhöhung der Ausbildungsplätze an höheren Fachschulen durch Bundesgelder gefördert werden sollen (vgl. Art. 5a). Aufgrund der Zuständigkeit des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) im Bereich der Berufsbildung ist in Artikel 7 Absatz 4 neu auch das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung an der Erstellung einer Prioritätenliste zu beteiligen.

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SR 414.20

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Verfahren (Art. 8 Abs. 1 und 2) Das BBG ist die gesetzliche Grundlage für alle Berufsbereiche ausserhalb der Hochschulen. Gesuche um Beiträge zur Förderung der Ausbildungsplätze an höheren Fachschulen sind deshalb dem SBFI einzureichen, da die Zuständigkeit für die höhere Berufsbildung ausschliesslich beim SBFI liegt. Zudem soll auch das SBFI zur Prüfung der Gesuche Sachverständige beiziehen können.

2.9

Minderheitsanträge

Der Bundesrat lehnt die Minderheitsanträge allesamt ab. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird im Folgenden nicht auf alle Minderheitsanträge eingegangen, sondern lediglich die Ablehnung von zwei Minderheitsanträgen (Berufsbezeichnungsschutz im GesBG sowie Pflicht zum Anschluss an Gesamtarbeitsvertrag Artikel 39b KVG) erläutert.

2.9.1

Berufsbezeichnungsschutz im Gesundheitsberufegesetz

Eine Minderheit beantragt die Einführung eines Berufsbezeichnungsschutzes im GesBG: Der Titelschutz ­ also der rechtliche Schutz der Titel von absolvierten Ausbildungen ­ ist in der Berufsbildung wie im Hochschulbereich durch bestehende Normen gewährleistet. Im Wettbewerbsrecht ist die unberechtigte Verwendung von Berufsbezeichnungen strafbar, wenn dadurch der Wettbewerb behindert oder Treu und Glauben im Rechtsverkehr geschädigt wird. Es besteht also kein Bedarf nach neuen rechtlichen Grundlagen.

Anlässlich der Vernehmlassung hat sich gezeigt, dass die von der SGK-N ursprünglich vorgeschlagenen Berufsbezeichnungen den akademischen Titeln zu ähnlich sind und zu Verwirrung führen: So wurden vielfach die beiden Instrumente Titel- und Berufsbezeichnungsschutz verwechselt. Die Strafbestimmung ist überdies zu weit formuliert und schafft zusätzliche Rechtsunsicherheit. Der Bundesrat unterstützt die Kommissionsmehrheit.

2.9.2

Pflicht zum Anschluss an Gesamtarbeitsvertrag im Krankenversicherungsgesetz

Eine Minderheit beantragt, dass Spitäler und Pflegeheime sich einem repräsentativen Gesamtarbeitsvertrag für das Pflegepersonal anschliessen. Diesbezüglich bestehen Zweifel, ob diese Bestimmung verfassungskonform ist. Namentlich Artikel 39b Absätze 2 und 3 und der Umstand, dass der Nichtabschluss eines Gesamtarbeitsvertrages mit finanziellen Folgen sanktioniert werden kann, widersprechen den in Artikel 110 Absatz 2 BV festgehaltenen Grundsätzen.

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2.10

Abschliessende Bemerkungen

Wie in Kapitel 2.1. ausgeführt, ist der Bundesrat bereit, die vorgeschlagenen neuen Bildungsmassnahmen im Pflegebereich befristet auf acht Jahre zu unterstützen. Die Berechnungen der SGK-N für die benötigten Mittel nach Art. 5 und 6 des Bundesgesetzes über die Forderung der Ausbildung im Bereich der Pflege gehen bis Ende dieser achtjährigen Periode von steigenden Bundesbeiträgen aus. Um den Ausstieg für die Subventionsempfänger planbar zu machen, ist es aus Sicht des Bundesrates aber zentral, dass die Subventionen degressiv, d.h. mit abnehmenden Subventionsbeträgen, ausgestaltet werden. Der Bundesrat behält sich deshalb vor, bei der Beurteilung der Bemessung der Beiträge gemäss Artikel 7 Absatz 3 Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege diesen Aspekt stark zu gewichten.

Dies könnte als Nebeneffekt zur Folge haben, dass der beantragte Verpflichtungskredit von 369 Millionen (gem. Antrag des Bundesrates) allenfalls nicht vollständig ausgeschöpft wird.

Obwohl der Bundesrat die mit dem Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege vorgesehenen Massnahmen grundsätzlich gutheisst, ist es ihm wichtig, darauf hinzuweisen, dass der Mangel an inländischem Pflegefachpersonal nicht allein mit Bildungsmassnahmen beseitigt werden kann. Es braucht zugleich Massnahmen zur Verlängerung der Berufsverweildauer und zum effizienteren Einsatz des verfügbaren Personals. Hier sind insbesondere die Institutionen der Gesundheitsversorgung aufgerufen, ihre Prozesse effizienter zu gestalten, die Personen ihren Kompetenzen entsprechend einzusetzen und ihnen Möglichkeiten der Mitsprache bei der Arbeitsorganisation, Aufgabengestaltung oder Einsatzplanung einzuräumen. Die Pflegenden sollen ein Umfeld vorfinden, das so weit als möglich auf ihre Anliegen beispielsweise im Bereich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie eingeht.

Viele dieser Massnahmen liegen jedoch nicht in der Kompetenz des Bundes, sondern unterliegen der Vertragsfreiheit und Regelungen zwischen Sozialpartnern.

3

Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt, auf die Vorlage einzutreten.

Im Weiteren stellt er folgende Anträge zum Entwurf zum Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege und zum Bundesbeschluss über Finanzhilfen zur Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege.

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3.1

Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege

Art. 1 Abs. 2 Bst. abis 2

Zu diesem Zweck sieht es vor: abis. Beiträge der Kantone an ihre HF;

Gliederungstitel nach Art. 5

2a. Abschnitt: Beiträge an höhere Fachschulen Art. 5a Die Kantone fördern eine bedarfsgerechte Erhöhung der Anzahl Ausbildungsabschlüsse in Pflege an ihren HF. Zu diesem Zweck gewähren sie den HF Beiträge.

1

Sie berücksichtigen dabei die Bedarfsplanung nach Artikel 2 und legen die Voraussetzungen, den Umfang der Beiträge sowie das Verfahren für deren Vergabe fest.

2

Art. 6 Abs. 1 Die Kantone können den Zugang zum Bildungsgang Pflege HF oder Studiengang in Pflege FH fördern. Zu diesem Zweck können sie Personen, die in ihrem Kantonsgebiet Wohnsitz haben, zur Sicherung ihres Lebensunterhalts Ausbildungsbeiträge gewähren, damit diese Personen die Ausbildung in Pflege HF und FH absolvieren können.

1

Art. 7 Abs. 1, 3bis und 4 Der Bund gewährt den Kantonen im Rahmen der bewilligten Kredite jährliche Beiträge für ihre Aufwendungen für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach den Artikeln 5­6.

1

Der Bundesrat legt zudem die Obergrenzen der Bundesbeiträge für die Ausbildungsbeiträge nach Artikel 6 fest.

3bis

Ist absehbar, dass die Gesuche die zur Verfügung stehenden Mittel übersteigen werden, so erarbeitet das Eidgenössische Departement des Innern in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung eine Prioritätenliste; dabei achten die Departemente auf eine ausgewogene regionale Verteilung der Mittel.

4

Art. 8

Verfahren

Gesuche um Bundesbeiträge nach den Artikeln 5 und 6 sind dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) einzureichen, Gesuche um Bundesbeiträge nach Artikel 5a dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI).

1

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Das BAG und das SBFI können zur Prüfung der Gesuche Sachverständige beiziehen.

2

Änderung anderer Erlasse 1. Berufsbildungsgesetz Art. 73a Abs. 3 Streichen 2. Bundesgesetz über die Krankenversicherung Streichung sämtlicher Änderungen mit Ausnahme der Artikel 38 Absatz 2 und 39 Absatz 1bis.

3.2

Bundesbeschluss über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege

Art. 1 Abs. 1 Für Finanzhilfen nach Artikel 7 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom ...23 über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege wird ab Inkrafttreten des genannten Artikels für die Dauer von acht Jahren ein Verpflichtungskredit von maximal 369 Millionen Franken bewilligt.

23

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