Revision der Mittel- und Gegenständeliste Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 16. November 2018 Stellungnahme des Bundesrates vom 16. Januar 2019

Sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 16. November 20181 betreffend die Revision der Mittel- und Gegenständeliste nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. Januar 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Nach Artikel 25 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) gehören Mittel und Gegenstände, die der Behandlung oder Untersuchung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen, zu den Pflichtleistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP). Die von der OKP zu vergütenden Mittel und Gegenstände sind in Anhang 2 der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 1995 (KLV; SR 832.112.31), der Liste der Mittel und Gegenstände (MiGeL), nach Arten und Produktgruppen abschliessend aufgeführt.

Die MiGeL wird vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) geführt, welches sich von der Eidgenössischen Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände beraten lässt.

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) beauftragte die Subkommission EDI/UVEK, Untersuchungen zur MiGeL durchzuführen und ihr anschliessend Bericht zu erstatten. Die Subkommission befasste sich zwischen April 2016 und Juli 2017 mehrfach mit diesem Dossier. Sie nahm auch Kenntnis von einem im Juli 2016 veröffentlichten Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle über die MiGeL-Revision.2 Zudem erhielt sie Informationen von der Finanzdelegation, darunter eine Stellungnahme des Vorstehers des EDI. Im August 2017 richtete die GPK-S ein erstes Antwortschreiben an die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S). Die SGK-S entschied, bestimmte Aspekte des Dossiers weiter zu vertiefen, bei denen sie zusätzliche Abklärungen als notwendig erachtete. Aus diesem Grund holte die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) und anderen Akteuren im Gesundheitswesen zwischen September 2017 und Juni 2018 zusätzliche Informationen ein.

Am 19. November 2018 hat die GPK-S ihren Bericht vom 16. November 2018 veröffentlicht. Mit Schreiben vom 16. November 2018 ersucht die GPK-S den Bundesrat, zu ihren Fragen und Empfehlungen Stellung zu nehmen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat bedankt sich für den Bericht der GPK-S zur Revision der Mittel- und Gegenständeliste. Er nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die GPK-S die bisher geleisteten Arbeiten sowie die Planung der künftigen Arbeiten des BAG im Rahmen der MiGeL-Revision positiv würdigt. Zu den im Bericht vorgeschlagenen fünf Empfehlungen nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung:

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«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation». Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle vom 20. Juli 2016, auf Französisch abrufbar unter www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge).

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Zur Empfehlung 1 Empfehlung 1

Bilanz der Einsparungen im Zusammenhang mit der MiGeL-Revision

Die GPK-S ersucht den Bundesrat sicherzustellen, dass im Rahmen der MiGeLRevision eine Bilanz der erzielten Einsparungen erstellt und nach dem Abschluss der laufenden Revisionsarbeiten d.h. Anfang 2020, veröffentlicht wird.

Das EDI plant, nach Abschluss der Revisionsarbeiten Anfang 2020 eine vorläufige Bilanz der bisher erzielten und der künftigen Einsparungen zu erstellen und zu veröffentlichen. Die Bilanz wird darum vorläufig sein, weil Anfang 2020 erst die Daten der OKP für das Jahr 2018 vorliegen werden. Das heisst, dass die Einsparungen aufgrund der verrechneten Kostenvolumen pro MiGeL-Position des Jahres 2018 und der im Rahmen der Revision vorgenommenen durchschnittlichen Änderungen der Höchstvergütungsbeträge pro MiGeL-Position geschätzt werden. Die dem EDI zur Verfügung stehenden Datenquellen enthalten einzig Kostenvolumen pro Produktegruppe und keine Aufteilungen nach Menge und Preis der verschiedenen MiGeLPositionen. Gleichzeitig mit den Revisionsarbeiten kommt es mit Einführung neuer Produkte und der Ablösung alter Produkte, die unterschiedliche Kostenstrukturen haben, auch zu Marktveränderungen. Weiter wurden seit dem Beginn der Revisionsarbeiten auch Anpassungen der Tarifstruktur Tarmed vorgenommen mit dem Wegfall der Verrechnung von Materialien gemäss MiGeL und Veränderungen im Bereich der Finanzierung des Pflegematerials. Da nur Informationen zu den Gesamtkosten vorhanden und keine Analysen über Mengen- und Preisveränderungen möglich sind, werden die Effekte der Revision von den anderen genannten Effekten nicht immer unterschieden werden können.

Zur Empfehlung 2 Empfehlung 2

Monitoring der MiGeL-Kosten

Die GPK-S ersucht den Bundesrat sicherzustellen, dass ein öffentlich zugängliches Monitoring der Kosten der MiGeL-Positionen konzipiert und nach Abschluss der aktuellen Revision der Liste, d.h. ab Anfang 2020, durchgeführt wird.

Das EDI plant ein Monitoring der MiGeL-Kosten durchzuführen. Das Grobkonzept zu diesem Monitoring wurde vom BAG erstellt und am 4. Dezember 2018 in einer Begleitgruppe, bestehend aus Vertretern der Versichererverbände Santésuisse und Curafutura, des Branchenverbandes der Schweizer Medizintechnik Swiss Medtech sowie der Dachorganisation der Apothekerinnen und Apotheker Pharmasuisse diskutiert. Dabei wurde festgehalten, dass die gewünschte Transparenz aufgrund von Problemen hinsichtlich der verfügbaren Datengrundlagen wesentlich erschwert wird (siehe auch Stellungnahme zu Empfehlung 3). Neben einem allgemeinen Monitoring der Gesamtkosten pro Produktegruppe sollen bei den grössten Kostenbereichen und dort, wo besondere Fragen hinsichtlich Auswirkungen der Revision bestehen, gezielt 2051

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vertiefte Analysen durchgeführt werden. In einem nächsten Schritt wird das Pflichtenheft erstellt, worin auch festgehalten wird, bei welchen Produktegruppen aufgrund welcher Daten mit welchem Aggregationsgrad vertiefte Analysen durchgeführt werden sollen. Das Monitoring der MiGeL-Kosten soll ab dem Jahr 2020 durchgeführt und entsprechende Berichte periodisch veröffentlicht werden.

Zur Empfehlung 3 Empfehlung 3

Datenqualität im MiGeL-Bereich

Die Kommission ersucht den Bundesrat, alle geeigneten Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Daten zu den MiGeL-Kosten zu prüfen und sie darüber zu informieren, welche Massnahmen er diesbezüglich umzusetzen gedenkt.

Im Rahmen der Begleitgruppe zum Monitoring der MiGeL-Kosten wird das BAG mit den Versichererverbänden diskutieren, inwieweit die Datenqualität des Datenpools und des Tarifpools der SASIS AG sowie der Statistik der obligatorischen Krankenversicherung im Bereich MiGeL verbessert werden kann. Diese enthalten jedoch nur die Gesamtkosten und keine Informationen bezüglich Art, Anzahl und Menge der vergüteten Produkte.

Zu einer wesentlichen Verbesserung der Datengrundlagen würde auch eine systematische Erhebung der pro Patient und Patientin abgerechneten MiGeL-Produkte beitragen. In diesem Zusammenhang hat die SGK-S am 15. November 2018 einen Vorentwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Eder 16.411 «Für den Persönlichkeitsschutz auch in der Aufsicht über die Krankenversicherung» in die Vernehmlassung geschickt. Mit der Vorlage soll die Erhebung von Daten (gruppierte Daten und/oder anonymisierte Individualdaten) bei den Versicherern im Gesetz präzisiert werden. Dafür sollen zwei Gesetzesbestimmungen (Art. 35 Abs. 2 des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes vom 26. September 2014 [KVAG; SR 832.12] und Art. 21 KVG) angepasst werden. Was die Erhebung von anonymisierten Individualdaten betrifft, so schlägt die Mehrheit der SGK-S eine Fassung vor, bei der keine Individualdaten zur MiGeL erhoben werden dürfen. Eine Minderheit möchte dies erlauben. Die Vernehmlassung läuft bis zum 1. März 2019.

Ein wesentliches Problem der Datenqualität bestand bisher auch in der Abgrenzung des MiGeL-Bereichs, der gemäss Artikel 20 KLV nur für Produkte gilt, die von der versicherten Person selbst oder von nicht beruflich an der Behandlung oder Untersuchung Beteiligten angewendet werden, von denjenigen Materialien, die durch Fachpersonen im Rahmen ihrer Tätigkeiten verwendet werden. Wesentliche Verbesserungen hinsichtlich dieser Abgrenzung erwartet der Bundesrat durch folgende laufende Massnahmen: ­

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Das Bundesverwaltungsgericht kam in seinem Urteil vom 1. September 2017 (C-3322/2015) zum Schluss, dass die Materialien zur Applikation durch Pflegefachpersonen im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung einen Teil der Pflegeleistungen bilden, deren Kosten durch die in Artikel 25a KVG vorgesehenen Kostenträger zu vergüten sind. Neben den nach Pflegebedarf abgestuften Beiträgen ist eine zusätzliche Vergütung der Kos-

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ten von Pflegematerial zur Applikation durch Pflegefachpersonen durch die Krankenversicherer gemäss Bundesverwaltungsgericht nicht zulässig. Zudem hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass weder im Gesetz noch in der Verordnung vorgesehen sei, dass die Materialien (ausschliesslich) zulasten der Krankenversicherer gehen sollten. Entsprechend fällt das Material zur Applikation durch Pflegefachpersonen nicht unter das System der MiGeL im Sinne der Artikel 20, 20a Absatz 1 und 24 KLV in Verbindung mit Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe b KVG (Urteil C-3322/2015 E. 9.9.4).

Dadurch, dass Pflegematerialien nicht mehr mittels MiGeL-Positionen abgerechnet werden können, wird sich eine bessere Kostenabgrenzung zum eigentlichen Geltungsbereich der MiGeL ergeben. Weiter laufen Gespräche seitens des BAG und der Verbände der Leistungserbringer hinsichtlich der Verbesserung der Transparenz im Bereich der Pflegematerialien.

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Um eine bessere Abgrenzung der MiGeL-Kosten bemüht sich auch der Bundesrat. Was die Festlegung beziehungsweise die Anpassung von Tarifstrukturen nach Artikel 43 Absätze 5 und 5bis KVG betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der ursprünglich von den Tarifpartnern bei den Tarifstrukturen für Ärzte und Ärztinnen beziehungsweise für Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen vereinbarte Verweis auf die MiGeL mit der Änderung der Verordnung vom 20. Juni 2014 über die Festlegung und die Anpassung von Tarifstrukturen in der Krankenversicherung (SR 832.102.5) per 1. Januar 2018 gelöscht wurde (vgl. AS 2017 6023), was im Einklang steht mit der erwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Einem Tarifvertrag, der auf die Höchstvergütungsbeträge der MiGeL verweist, kann des Weiteren die Genehmigung versagt werden. Dadurch können Materialien im Zusammenhang mit ärztlichen und physiotherapeutischen Leistungen nicht mehr gemäss den MiGeL-Positionen abgerechnet werden, womit solche Kosten ausserhalb des Geltungsbereichs der MiGeL nicht mehr in die Statistik der MiGeL-Kosten einfliessen.

Zur Empfehlung 4 Empfehlung 4

Beaufsichtigung der Abgabestellen

Die GPK-S ersucht den Bundesrat zu prüfen, wie die Aufsicht über die Abgabestellen der MiGeL-Produkte verbessert werden kann, und sie über seine entsprechenden Überlegungen zu informieren.

Sie empfiehlt ihm in diesem Zusammenhang, in den Rechtsgrundlagen die Pflicht der Versicherer zur Beaufsichtigung der Abgabestellen und nötigenfalls auch die Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzung der Anforderungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Leistungen zu präzisieren.

Ausserdem ersucht sie den Bundesrat, die Zweckmässigkeit einer stärkeren Konzentration der zugelassenen Abgabestellen zu prüfen und ihr gegebenenfalls mitzuteilen, wie eine solche Konzentration erreicht werden kann.

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Die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Leistungen durch die Versicherer ist in Artikel 56 KVG verankert und gilt in gleichem Masse für alle Leistungserbringer.

Auch bestehen im KVG bereits Sanktionsmöglichkeiten im Falle einer Verletzung der Anforderungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Leistungen. Weiter wird im vom Bundesrat am 14. September 2018 in die Vernehmlassung geschickten Vorentwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Massnahmen zur Kostendämpfung ­ Paket 1) auch die Stärkung der Rechnungskontrolle sowie die Einführung einer nationalen Tariforganisation für den ambulanten Bereich geprüft. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 14. Dezember 2018.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Wirtschaftlichkeit und die Verhinderung von Missbräuchen einerseits durch die vorgesehene Stärkung der Rechnungskontrolle hinsichtlich Wirtschaftlichkeit der abgerechneten Leistungen durch die Versicherer und andererseits durch die periodische Überprüfung mit Anpassung der Höchstvergütungsbeträge an die Preisentwicklungen des Marktes (insbesondere auch über einen Auslandpreisvergleich), die im Rahmen der Revision der MiGeL eingeführt wird, gewährleistet werden. Eine weitergehende Aufsicht der Krankenversicherer über die Abgabestellen ausserhalb der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der abgerechneten Leistungen erachtet der Bundesrat als nicht zielführend. Auch sind im KVG keine solche weitergehenden Aufsichtspflichten vorgesehen.

Was die Konzentration der Abgabestellen betrifft, so haben die Versicherer nach Artikel 55 der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) die Möglichkeit, Abgabestellen von einem Vertrag und damit von der Abrechnung zulasten der OKP auszuschliessen. Mit der parlamentarischen Initiative Humbel 16.419 «Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste» laufen Arbeiten hinsichtlich Verstärkung von Vertragslösungen zwischen Versicherern und Abgabestellen. Weitere Massnahmen erachtet der Bundesrat derzeit nicht als angezeigt.

Zur Empfehlung 5 Empfehlung 5

Überprüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf sicherzustellen, dass ­ sofern nicht bereits geschehen ­ die Verfahrensschritte zur Festlegung der Höchstvergütungsbeträge (Überprüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit) schnellstmöglich definiert und dokumentiert werden und alle wichtigen Informationen laufend auf der Website des BAG veröffentlicht werden.

Der Bundesrat unterstützt das Anliegen betreffend Transparenz des Verfahrens der Überprüfung von Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit, einschliesslich der Festlegung der Höchstvergütungsbeträge. Die Kompetenz für die Bezeichnung der Mittel und Gegenstände liegt beim EDI. Im Rahmen der Arbeiten zur MiGeL-Revision wurden alle beteiligten Akteure über das Verfahren und die Ermittlung der Höchstvergütungsbeträge transparent informiert. Das EDI wird zusammen mit dem BAG die Veröffentlichung wichtiger Informationen im Laufe des Jahres 2019 angehen.

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