17.018 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben vom 15. Februar 2017

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2013

M 13.4253

Anerkennung bestimmter italienischer Finanzintermediäre als Börsenagenten (S 18.03.14, Abate; N 25.09.14)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

15. Februar 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2016-3058

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Übersicht Mit dieser Vorlage erfüllt der Bundesrat die von den eidgenössischen Räten überwiesene Motion Abate (13.4253) «Anerkennung bestimmter italienischer Finanzintermediäre als Börsenagenten». Die società fiduciarie statiche di amministrazione (Fiduciarie statiche) des italienischen Rechts sollen mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung von der Umsatzabgabe befreit werden, um Wettbewerbsnachteile des Schweizer Finanzplatzes betreffend italienische Kundinnen und Kunden zu beseitigen.

Ausgangslage Die Forderung, die Fiduciarie statiche ausländischen Börsenagenten oder Banken gleichzustellen, ist auf die italienischen Steueramnestien zurückzuführen. Eine dieser Amnestien (Scudo fiscale 2009) hat die Regularisierung bisher unversteuerter Vermögenswerte an die Bedingung geknüpft, dass die betreffenden Vermögenswerte nach Italien repatriiert werden. Die Repatriierungspflicht von im Ausland gehaltenen Vermögen gilt in Italien auch dann als erfüllt, wenn die Vermögensverwaltung über italienische Fiduciarie statiche abgewickelt wird. Dazu müssen die Vermögenswerte der Fiduciaria statica treuhänderisch übertragen werden. Man spricht von einer rechtlichen Rückführung. Die Verfügungsmacht hingegen verbleibt bei der italienischen Kundin oder beim italienischen Kunden, der seine Vermögenswerte auf diese Weise legal im Ausland anlegen darf. Die Besteuerung der Vermögenswerte wird sichergestellt, indem die Fiduciaria statica eine Quellensteuer an den italienischen Fiskus abführt.

Wertschriftentransaktionen unterliegen dabei aber ­ weil sie über die Fiduciaria statica abgewickelt werden müssen ­ mehrfach der schweizerischen Umsatzabgabe.

Inhalt der Vorlage Der Gesetzesentwurf sieht mit Artikel 19a des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (StG; SR 641.10) eine weitere subjektive Steuerbefreiung vor. Mit der in Artikel 19a StG enthaltenen Umschreibung werden sämtliche zum Zweck der Steuersicherung zwischengeschalteten Organisationen von der Umsatzabgabe befreit, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Aus heutiger Sicht geht der Bundesrat aber davon aus, dass ausschliesslich die italienischen Fiduciarie statiche unter die neue Ausnahmeregelung fallen.

Die subjektive Steuerbefreiung in Artikel 19a StG wird den Finanzplatz Schweiz für italienische Kundinnen und Kunden attraktiver machen und dazu beitragen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Banken und Finanzgesellschaften in der Vermögensverwaltung zu stärken.

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BBl 2017

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Mit der am 25. September 2014 antragsgemäss an den Bundesrat überwiesenen Motion Abate (13.4253) Anerkennung bestimmter italienischer Finanzintermediäre als Börsenagenten verlangt Ständerat Abate, gewisse italienische Finanzintermediäre, die italienischen società fiduciarie statiche di amministrazione (Fiduciarie statiche), als Börsenagenten im Sinne des Bundesgesetzes vom 27. Juni 19731 über die Stempelabgaben (StG) anzuerkennen.

Die Forderung nach einer Umsatzabgabebefreiung ist auf die italienischen Steueramnestien zurückzuführen. Eine dieser Amnestien (Scudo fiscale 2009) hat die Regularisierung bisher unversteuerter Vermögenswerte an die Bedingung geknüpft, dass die betreffenden Vermögenswerte nach Italien repatriiert werden. Die Rückführung von im Ausland gehaltenen Vermögen wird auch als erfüllt angesehen, wenn die Vermögensverwaltung über die Fiduciarie statiche abgewickelt wird. Dazu müssen die Vermögenswerte der Fiduciaria statica übergeben werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer rechtlichen Rückführung. Die Verfügungsmacht hingegen verbleibt bei den italienischen Kundinnen oder Kunden, die ihre Vermögenswerte auf diese Weise anonym legal im Ausland anlegen dürfen.

Die Fiduciarie statiche sind in einem italienischen Gesetz vom 23. November 1939 2 geregelt. Darin werden diese «statischen Treuhandgesellschaften» einer staatlichen Aufsichtsbehörde (Banca d'Italia/Ministero dello Sviluppo Economico) unterstellt.3 Beim treuhänderischen Verwaltungsmandat erteilt eine natürliche Person, die in Italien ihren Wohnsitz hat (Treugeber oder Treugeberin), der Fiduciaria statica ein Mandat zur Verwaltung eines Kontos der Treugeberin oder des Treugebers bei einer Bank in der Schweiz. Zur erlaubten Geschäftstätigkeit gehören die Verwahrung der Titel, die Ausführung von Ordern der Treugeberin oder des Treugebers, die Ausübung des Stimmrechts und das Einziehen der Dividenden.

Wenn eine italienische Treuhandgesellschaft mehr als diese statischen Aufgaben übernehmen will, muss sie in die Rechtsform eines sogenannten Wertpapierhauses (Società di Intermediazione Mobiliare, SIM)4 wechseln. Neben dem Wertschriftenhandel kann die SIM bei entsprechender Bewilligung von der italienischen Börsenaufsichtsbehörde (Consob/Banca d'Italia)5 auch Anlageberatungen anbieten. Aufgrund der ausgeübten Geschäftstätigkeiten sind die SIM daher als ausländische

1 2 3 4 5

SR 641.10 Legge 23 novembre 1939, n. 1966 (italienische Gesetze können abgerufen werden unter: www.normattiva.it).

Art. 106 d. Legge 13 agosto 2010, n. 141 und Legge 23 novembre 1939, n. 1966.

Vgl. Art. 60 Abs. 4 d. Legge 23 luglio 1996, n. 415 und Art. 199 d. Legge 24 febbraio 1998, n. 58 (Testo Unico della Finanza; TUF) und Richtlinie 2004/39/EG (MIFID).

Art. 18 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 5 TUF.

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Börsenagenten unter Artikel 19 StG zu subsumieren und von der Umsatzabgabe befreit.

Die Fiduciarie statiche dürfen hingegen insbesondere keinen Wertschriftenhandel und auch keine Beratung zu Wertschriftenanlagen anbieten. Weil sie gleichfalls nicht im Katalog der in Artikel 17a StG genannten befreiten Anlegerinnen und Anleger enthalten sind, haben sie für von ihnen ausgelöste Transaktionen jeweils eine halbe Umsatzabgabe zu entrichten. Dies führt wegen der Überwälzung der Umsatzabgaben zu einer Mehrfachbelastung für die italienischen Kundinnen und Kunden.

Die Mehrfachbelastung kann anhand des Ablaufes einer Verkaufstransaktion (vgl.

Abb. 1) aufgezeigt werden. Veräussern italienische Kunden, bei denen eine Fiduciaria statica dazwischengeschaltet ist, Wertschriften über die Bank in der Schweiz, so müssen diese formell vom Depot der Bankkundin oder des Bankkunden auf das Depot der statischen Treuhandgesellschaft ­ beide Depots befinden sich bei der Bank in der Schweiz ­ übertragen werden und können dann z.B. an der Börse veräussert werden. Nach Abzug der italienischen Steuern, Umsatzabgaben und weiteren Kommissionsgebühren wird die Fiduciaria statica den Nettoerlös dem Konto der Berechtigten oder des Berechtigten gutschreiben.

Abbildung 1

Erklärungen zum Umsatzregister gemäss Abbildung 1 (vgl. Art. 21 Verordnung über die Stempelabgaben vom 3. Dezember 19736): ­

6

Im Registerauszug werden üblicherweise Verkäufer, Käufer und die abgabebelasteten Umsätze ausgewiesen.

SR 641.101

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­

In der eckigen Klammer ist die Transaktion ausgewiesen, die für den Kunden und die Fiduciaria statica je eine hälftige Umsatzabgabe auslöst.

­

Die Börse ist nach Artikel 19 StG von der Umsatzabgabe befreit.

Wählen die italienischen Kunden für die Depotverwaltung hingegen eine italienische Bank oder eine Bank in einem Drittstaat, vermeiden sie die Belastung mit der Umsatzabgabe (vgl. Abb. 2). Der aus dieser Situation resultierende Wettbewerbsnachteil für Banken in der Schweiz soll beseitigt werden.

Abbildung 2

Auch die Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) mit Italien wird an der Bedeutung der Fiduciaria für italienische Kundinnen und Kunden mit von der Fiduciaria statica in der Schweiz gehaltenen Konten oder Depots nichts Grundsätzliches ändern. Italien dürfte das Institut der Fiduciaria statica wie bisher beibehalten, und italienische Kundinnen und Kunden werden die Dienste der Fiduciaria statica weiterhin in Anspruch nehmen.

Die Umsetzung der Motion Abate (13.4253) «Anerkennung bestimmter italienischer Finanzintermediäre als Börsenagenten» würde sich erübrigen, wenn dem Entwurf 2 der parlamentarischen Initiative FDP-Liberale Fraktion (09.503) «Stempelsteuer schrittweise abschaffen und Arbeitsplätze schaffen» zugestimmt würde, da diese Vorlage auch die Abschaffung der Umsatzabgabe umfasst. Diese Vorlage ist zurzeit in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) bis Ende März 2017 sistiert.

Das Vernehmlassungsverfahren zur Umsetzung der Motion Abate (13.4253) «Anerkennung bestimmter italienischer Finanzintermediäre als Börsenagenten» wurde daher vom Bundesrat am 25. Mai 2016 eröffnet und dauerte bis zum 15. September 2016.

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1.2

Die beantragte Neuregelung

Im Sinne der Zielsetzung der überwiesenen Motion sieht der Gesetzesentwurf in Artikel 19a StG die subjektive Steuerbefreiung sämtlicher zum Zweck der Steuersicherung zwischengeschalteten Organisationen vor, wenn diese die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Die Voraussetzungen lauten, dass erstens die Vermögensverwalterin oder der Vermögensverwalter ausschliesslich Melde- und Steuerpflichten im Wohnsitzstaat seiner Kunden erfüllt und zweitens einer staatlichen Bewilligungs- oder Kontrollpflicht untersteht.7 Die Formulierung in Artikel 19a StG ermöglicht es, sämtliche zum Zweck der Steuersicherung zwischengeschalteten Organisationen, die einer behördlichen Aufsicht unterstehen und keine Vermögensberatung anbieten von der Umsatzabgabe auszunehmen. Die neue gesetzliche Regelung schafft den Raum dafür, dass ähnliche Konstrukte in anderen Ländern gleich wie die italienischen Fiduciarie statiche unter die Umsatzabgabebefreiung fallen können. Entscheidend für die Anwendung der Ausnahmebestimmung ist, dass der Einbezug der zwischengeschalteten Organisation aus Sicht der Kundin oder des Kunden ausschliesslich aus regulatorischen Gründen erfolgt. Würde z.B. die italienische Vorschrift zur indirekten Abwicklung von sämtlichen ausländischen Vermögenstransaktionen über eine Fiduciaria statica nicht bestehen, gäbe es keinen Grund für das Dazwischenschalten derartiger Organisationen. Die italienische Kundin oder der italienische Kunde mit Bankdepot in der Schweiz zahlen auch nach der Einführung von Artikel 19a StG weiterhin jeweils eine halbe Umsatzabgabe beim Kauf oder Verkauf von steuerbaren Urkunden. Die Befreiung wirkt nur für die zwischengeschaltete Organisation. Werden für die Kundin oder für den Kunden weitere Dienstleistungen erbracht, wie etwa eine Anlageberatung oder aktive Portfolioverwaltung, ist die Befreiung des Finanzintermediärs von der Umsatzabgabe auch als zum Zweck der Steuersicherung zwischengeschaltete Organisation ausgeschlossen.

Die Ausnahmeregelung bezieht sich gegenwärtig ausschliesslich auf die italienischen Fiduciarie statiche, da keine vergleichbaren ausländischen Organisationen mit gleicher Funktion bekannt sind.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Zustimmung in der Vernehmlassung

Aus dem Vernehmlassungsverfahren ging hervor, dass die Vorlage von der überwiegenden Mehrheit begrüsst wurde. 35 Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer stimmten zu, nur eine Vernehmlassungsteilnehmerin lehnte die neue subjektive Steuerbefreiung ab. Zugestimmt wurde der Vorlage, weil mit der vorgeschlagenen Gesetzänderung die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz gestärkt und insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Tessin verbessert wird.

Grundsätzlich ablehnend zur Vorlage äusserte sich Travailsuisse. Sie ist gegen weitere Mindereinnahmen aus Anpassungen in Steuergesetzen und befürchtet, die 7

Vgl. auch Botschaft vom 4. November 2015 zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG), BBl 2015 8901, hier 8915.

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Mindereinnahmen würden viel höher ausfallen. Zwar sprachen sich von den vernehmlassenden Parteien die SP und von den Dachverbänden der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) für eine subjektive Steuerbefreiung im Umsatzabgaberecht aus, allerdings wollten beide Organisationen, dass diese enger formuliert und nur für die italienische Fiduciaria statica gilt. Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren und einige Kantone (GL, JU, TI, VD, VS und ZG) gaben ihre Zustimmung zur vorgeschlagenen subjektiven Steuerbefreiung für statische Treuhandgesellschaften nur unter der Bedingung, dass die erwarteten jährlichen Mindereinnahmen von rund 10 Millionen Franken durch Mehreinnahmen über Wachstumseffekte wieder aufgefangen werden. Schliesslich wurde aus den betroffenen Kreisen (Associazione Bancaria Ticinese, Ticino for Finance) ein möglichst zeitnahes Inkrafttreten gewünscht.8

1.3.2

Subjektive Steuerbefreiung für alle zum Zweck der Steuersicherung zwischengeschalteten Organisationen

Die Steuerbefreiung lediglich auf die italienische Fiduciaria statica zu beschränken, lässt sich aus verfassungsmässigen Gründen nicht rechtfertigen, würde sie doch willkürlich ausländische Kundinnen und Kunden von Schweizer Banken in anderen Staaten mit zum Zweck der Steuersicherung zwischengeschalteten Organisationen benachteiligen.

1.4

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die Stempelabgabe ist eine spezifisch schweizerische Steuer und wird vom Bund seit 1918 erhoben. Die Erhebung der Umsatzabgabe, die den börslichen wie auch den ausserbörslichen Handel mit in- und ausländischen Wertschriften erfasst, ist am ehesten vergleichbar mit einer Börsenumsatzsteuer. Viele europäische Länder hatten in ihrer Geschichte schon einmal eine Börsenumsatzsteuer; in den meisten Ländern wurde sie jedoch wieder abgeschafft (z.B. Deutschland 1991). In Grossbritannien wird die Stamp Duty Reserve Tax (SDTR) seit 1986 auf Aktien- und anderen Wertschriftengeschäften erhoben. Von der SDTR sind Broker ausgenommen 9, diese dürfen aber keine weiteren Dienstleistungen für ihre Kundinnen und Kunden erbringen, die über den Kauf und Verkauf oder die Vermittlung von Wertschriften hinausgehen. Eine Transaktion über die Fiduciaria statica dürfte in Grossbritannien wegen der automatisch abgewickelten Besteuerung von Wertschriftentransaktionen einzig bei einem regulierten Markt (z.B. die Londoner Stock Exchange) nur einmalig mit der SDTR belastet sein. Eine Finanztransaktionssteuer beim Erwerb von Unternehmensanteilen (nur inländische an der Börse gehandelte Aktien) kennen aktuell 8 9

Der Ergebnisbericht des Vernehmlassungsverfahrens ist abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > abgeschlossene Vernehmlassungen > 2016 > EFD.

Siehe hierzu die amtliche Dokumentation zur SDTR unter: www.gov.uk > hmrc-internalmanuals > stamp-taxes-shares-manual > stsm042080.

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Frankreich und Italien. In Frankreich10 und in Italien11 sind die an der Börse teilnehmenden Finanzintermediäre von der Steuer befreit, ohne dass deren Geschäftsaktivitäten weiter eingeschränkt werden. Die Anknüpfung ist auch hier die Veräusserung an einem regulierten Markt, weshalb nicht von Mehrfachbelastungen für einen einzigen Wertschriftenverkauf oder -kauf auszugehen ist.

1.5

Umsetzung

Die subjektive Steuerbefreiung bei der Umsatzabgabe für zum Zwecke der Steuersicherung zwischengeschaltete Organisationen benötigt keine weitere Konkretisierung. Welche Institute als solche Organisationen anerkannt werden, ist auf Ebene Kreisschreiben auszuführen. Da die Umsatzabgabe nach dem Selbstveranlagungsprinzip erhoben wird, hat jeder Abgabepflichtige nach Artikel 34 Absatz 2 StG die geschuldete Steuer zu deklarieren und abzuliefern. Abgabepflichtig ist der Effektenhändler. Jeder Effektenhändler hat daher dafür zu sorgen, dass zum Zwecke der Steuersicherung zwischengeschaltete Organisationen nicht mehr mit der Umsatzabgabe belastet werden.

1.6

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit der unterbreiteten Gesetzesänderung wird die Motion Abate (13.4253) «Anerkennung bestimmter italienischer Finanzintermediäre als Börsenagenten» umgesetzt, indem eine klare gesetzliche Grundlage für die subjektive Steuerbefreiung, wie sie auch für die Steuerbefreiung von Börsenagenten gilt, geschaffen wird. Es wird daher die Abschreibung der Motion 13.4253 beantragt.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Ingress Der Ingress verweist noch auf die Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV). Er wird deshalb an die Bestimmungen der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV)12 angepasst. Der Artikel 41bis Absätze 1 Buchstabe a, 2 und 3 aBV entspricht den Artikeln 132 Absatz 1 und 134 der geltenden BV.

Art. 19a Die erlaubte Geschäftstätigkeit der zwischengeschalteten Organisation wurde auf die Erfüllung der Melde- und Steuerpflichten im Wohnsitzstaat der Kundin oder des 10 11 12

Vgl. Art. 235ter ZD Abs. II Ziff. 3 du Code général des impôts (CDI) abrufbar unter: www.legifrance.gouv.fr > les codes en vigueur.

Vgl. Art. 15 Ziff. 2 des Decreto del Ministero dell'economia e delle Finanze del 21 febbraio 2013 zur Ausführung von Art. 1 Abs. 494 legge 24 decembre 2012, n. 228.

SR 101

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Kunden eingeschränkt. Dadurch wird die Geschäftstätigkeit klar von der Tätigkeit von ausländischen Treuhandgesellschaften abgegrenzt, die umfassendere Dienstleistungen, beispielsweise Anlageberatung oder dynamische Depotbewirtschaftung, anbieten und in Konkurrenz zu den steuerpflichtigen unabhängigen Vermögensverwalterinnen oder -verwaltern und Börsenagentinnen oder -agenten im Inland stehen.

Steuersubjekte der ausländischen Steuer können nur natürliche Personen sein. Die Einschränkung auf natürliche Personen orientiert sich an den Vorgaben des italienischen Rechts für die Fiduciarie statiche. Gemäss italienischem Recht sind Fiduciarie statiche Finanzintermediäre, die für den italienischen Fiskus die Quellensteuer bei natürlichen Personen mit Wohnsitz in Italien erheben und abführen.13 Zur Einschränkung der Anwendbarkeit der Norm wird im Gesetzesentwurf zudem verlangt, dass nur Organisationen, die vom ausländischen Wohnsitzstaat als vertrauenswürdig eingestuft wurden und gewisse Mindestanforderungen an die Erhebung und Ablieferung der Quellensteuer erfüllen, d.h. bewilligt oder kontrolliert werden, von der Umsatzabgabe befreit sind.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Bei Verkaufstransaktionen von italienischen Kundinnen oder Kunden des Schweizer Finanzplatzes entsteht im geltenden Recht eine Steuerkaskade, weil gemäss italienischem Recht steuerbare Urkunden von der Kundin oder vom Kunden an die Fiduciaria statica und danach von der Fiduciaria statica an eine Käuferin oder an einen Käufer an der Börse übertragen werden müssen, wobei diese Übertragungen nach schweizerischem Recht der Umsatzabgabe unterliegen. Mit der Vorlage soll nun diese Kaskade durch die Befreiung der Fiduciaria statica von der Abgabe eliminiert werden, sodass die italienischen Kundinnen und Kunden auf ihren Wertschriftenverkäufen nur noch einmal durch die Umsatzabgabe belastet werden. Durch diese Befreiung entstehen bei statischer Betrachtung Mindereinnahmen bei der Umsatzabgabe in der Grössenordnung von rund 10 Millionen Franken.14 Indem die bloss der Erfüllung ausländischer Steuervorschriften dienenden Wertschriftengeschäfte von der Umsatzabgabe ausgenommen werden, werden die Einnahmen wiederum auf das Mass reduziert, das ohne ausländische staatliche Auflagen anfallen würde.

Diesen statischen Mindereinnahmen ist jedoch gegenüberzustellen, dass der Schweizer Finanzplatz durch die geltende Regelung einen Wettbewerbsnachteil hat. Mit der zusätzlichen subjektiven Steuerbefreiung in Artikel 19a StG schafft die Vorlage die steuerlichen Voraussetzungen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes in der Vermögensverwaltung für die italienischen Kundinnen und Kunden zu stärken. Dies wirkt sich über eine voraussichtliche Ausweitung der Vermögensverwaltungsgeschäfte für italienische Kundinnen und Kunden positiv auf die Steuereinnahmen aus, sei es bei der Umsatzabgabe, der Gewinnsteuer der schweizerischen 13 14

Vgl. Risoluzione 31 maggio 2011, n. 61/E.

Schätzung gemäss Angaben der Associazione bancaria ticinese.

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Banken und Finanzgesellschaften oder der Einkommenssteuer auf den Gehältern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Mehrwertsteuer auf deren Konsumausgaben. In dynamischer Sicht dürften daher die statischen Mindereinnahmen der Vorlage zumindest mittel- bis langfristig kompensiert werden.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine personellen Auswirkungen auf den Bund.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone

Die Kantone sind nicht am Ertrag aus den Stempelabgaben beteiligt. Es ergeben sich für sie keine finanziellen Auswirkungen. Die Kantone wirken am Vollzug des StG nicht mit. Für sie haben die vorgeschlagenen Änderungen daher auch keine personellen Auswirkungen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Aus Sicht der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz stellt die Umsatzabgabebefreiung für Finanzintermediäre, die hauptsächlich für den Fiskus die Quellensteuern erheben und abführen, eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Banken in der Schweiz dar. Als Abgabepflichtige konnten sie bis anhin die geschuldeten Abgaben auf die Gegenparteien überwälzen. Bei Geschäften, bei denen sie im Wettbewerb um ausländische Kundinnen und Kunden stehen, ist dies jedoch ein komparativer Nachteil. Die zusätzliche subjektive Steuerbefreiung in Artikel 19a StG wird daher die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Banken und Finanzgesellschaften in der Schweiz verbessern. Es soll zudem verhindert werden, dass die Banken in der Schweiz sowohl das Vermögensverwaltungsgeschäft als auch die Arbeitsplätze der von ihnen beschäftigten Wertschriftenhändlerinnen und -händler vermehrt auf ihre ausländischen Niederlassungen auslagern und dass die ausländische Konkurrenz ihre Marktanteile wegen der Umsatzabgabe vergrössern kann.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 201615 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201616 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. Die Änderung des Bundesgesetzes über die Stempel15 16

BBl 2016 1105 BBl 2016 5183

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BBl 2017

abgaben erfolgt in Umsetzung der von den Eidgenössischen Räten überwiesenen Motion Abate (13.4253) «Anerkennung bestimmter italienischer Finanzintermediäre als Börsenagenten».

4.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Die vorgeschlagene Änderung zur subjektiven Steuerbefreiung von zum Zweck der Steuersicherung zwischengeschalteten Organisationen stimmt mit den vom Bundesrat am 20. Oktober 2016 verabschiedeten strategischen Stossrichtungen der Finanzmarktpolitik17 überein, indem sie die Wettbewerbsbedingungen für den Schweizer Finanzplatz verbessert.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Der Bund benötigt eine explizite Verfassungsgrundlage, um Steuern erheben zu können. Die Bundeskompetenz zur Erhebung einer Stempelabgabe auf Wertpapieren, auf Quittungen von Versicherungsprämien und auf anderen Urkunden des Handelsverkehrs ist in Artikel 132 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)18 verankert.

Artikel 127 Absatz 1 BV verlangt hinsichtlich der Besteuerung, dass die dem Steuersystem zugrunde liegenden Grundsätze, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, das Steuerobjekt und die Steuerbemessung, in einem Gesetz (im Sinne eines formellen Gesetzes) zu regeln sind.

Indem der Gesetzgeber die Ausnahmeregelung im StG selber ­ und somit auf Gesetzesstufe ­ verankert, wird Artikel 127 Absatz 1 BV Rechnung getragen. Die Ausnahme ist insofern sachlich begründet, als die Vermögensverwaltung, bei der aus rein fiskalischen Gründen eine Organisation zwischengeschaltet wird, gleich behandelt wird wie die Vermögensverwaltung, bei der die Kundin oder der Kunde der inländischen Bank die Wertschriftengeschäfte direkt in Auftrag gibt.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage berührt die internationalen Verpflichtungen der Schweiz nicht.

17 18

Der Bericht des Bundesrates «Finanzmarktpolitik für einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz Schweiz» ist abrufbar unter: www.sif.admin.ch > Themen > Finanzmarktpolitik.

SR 101

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