19.075 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen vom 20. November 2019

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. November 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2019-1824

8135

Übersicht Das Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) sorgt dafür, dass die internationalen Standards hinsichtlich Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken auf internationaler Ebene eingehalten und in einheitlicher Weise umgesetzt werden. Damit sollen weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden, was dem schweizerischen Finanzplatz entgegenkommt. Gegenüber Staaten, die die internationalen Vorgaben nicht vollumfänglich umsetzen, spricht das Global Forum Empfehlungen aus. Betroffene Staaten sind angehalten, diese Empfehlungen umzusetzen. Im Rahmen einer Vorprüfung der rechtlichen Grundlagen für den internationalen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA) hat das Global Forum 2018 Empfehlungen an die Schweiz gerichtet. Ziel dieser Vorlage ist es, die zur Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum erforderlichen Massnahmen zu ergreifen.

Ausgangslage Die Schweiz setzt den globalen AIA-Standard seit dem 1. Januar 2017 um. Seit diesem Zeitpunkt sammeln die meldenden schweizerischen Finanzinstitute die zu übermittelnden Informationen über ihre Kundinnen und Kunden, sofern diese in einem AIA-Partnerstaat der Schweiz steuerlich ansässig sind. Diese Informationen werden einmal jährlich an die zuständige Behörde im Partnerstaat übermittelt. Der erste Austausch mit 36 Partnerstaaten erfolgte im Herbst 2018.

Wie beim Informationsaustausch auf Ersuchen überprüft das Global Forum die innerstaatliche Umsetzung des AIA-Standards mittels Länderüberprüfungen (Peer Reviews). Die Länderüberprüfungen betreffend den AIA beginnen 2020. Um die Integrität des AIA-Standards von Beginn weg sicherzustellen, werden dessen zentrale Elemente seit 2017 in einem stufenweisen Verfahren vorgeprüft. Als erstes Element dieser stufenweisen Vorprüfung wird die Einhaltung der Bestimmungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit geprüft. Als zweites Element prüft das Global Forum, ob die Staaten den AIA-Standard in ihrem Landesrecht vollumfänglich umsetzen. Als drittes Element hat das Global Forum einen Prüfprozess bezüglich des Aufbaus eines angemessenen Netzes von AIA-Partnerstaaten entwickelt. Das vierte Element beschlägt die Bereitstellung der für das korrekte Funktionieren des AIA erforderlichen administrativen und informationstechnischen
Ressourcen.

Die Schweiz wurde bisher auf zwei der vier Elemente vorgeprüft. Die Einhaltung der Bestimmungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit wurde 2017 beurteilt und für gut befunden. 2018 folgte die Evaluation der rechtlichen Grundlagen für den AIA.

Dies sind das Bundesgesetz und die Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG und AIAV). Auch die dazugehörige Wegleitung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), welche für die Umsetzung in der Praxis wichtig ist, wurde in die Evaluation miteinbezogen. Ergebnis dieser Prüfung waren Klarstellungen zur Umsetzung der internationalen Vorgaben; diese Klarstellungen machen in den Schweizer Rechtsgrundlagen gewisse

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Anpassungen erforderlich. Die Schweiz ist angehalten, dem Global Forum innerhalb von zwölf Monaten (d. h. bis Ende 2019) Bericht darüber zu erstatten, welche Massnahmen ergriffen werden, um die von ihm ausgesprochenen Empfehlungen umzusetzen. Die Prüfung in Bezug auf das dritte Element erfolgt laufend, das vierte Element wird ab 2019 geprüft.

Nach Abschluss der stufenweisen Vorprüfung, d. h. ab 2020, wird das Global Forum im Rahmen der umfassenden Länderüberprüfung erste Benotungen vornehmen. In die Beurteilung des Global Forum wird einfliessen, ob Staaten, die in der stufenweisen Vorprüfung Empfehlungen erhalten haben, die erforderlichen Anpassungen vorgenommen haben.

Ziel dieser Vorlage ist es, die zur Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Damit unterstreicht die Schweiz ihre Bereitschaft, die internationalen Standards hinsichtlich Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken umzusetzen.

Inhalt der Vorlage Der Gesetzesentwurf sieht die Aufhebung der Ausnahme für Stockwerkeigentümergemeinschaften vor. Weiter sollen Anpassungen an den geltenden Sorgfaltspflichten vorgenommen, die Beträge in US-Dollar ausgewiesen sowie die Dokumentenaufbewahrungspflicht für meldende schweizerische Finanzinstitute festgehalten werden.

Zudem soll unabhängig von der Prüfung des Global Forum die Gelegenheit genutzt werden, die geübte Praxis betreffend die Anmeldung von sogenannten Treuhänderdokumentierten Trusts (Trustee Documented Trusts, TDT) im Gesetz zu verankern und eine Bestimmung aufzunehmen, welche die zuständige Behörde ermächtigt, den AIA mit einem Partnerstaat in eigener Zuständigkeit auszusetzen, wenn dieser die Anforderungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) an die Vertraulichkeit und die Datensicherheit nicht erfüllt. Die Änderungen sollen vom Bundesrat per 1. Januar 2021 in Kraft gesetzt werden.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Im Hinblick auf die Einführung des AIA-Standards hat der Bundesrat am 19. November 2014 die multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA-Vereinbarung resp.

Multilateral Competent Authority Agreement; MCAA)1 unterzeichnet. Das MCAA beruht auf Artikel 6 des multilateralen Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen)2 und sieht vor, dass Informationen auszutauschen sind, die nach den Vorschriften des von der OECD als Teil des AIA-Standards ausgearbeiteten gemeinsamen Melde- und Sorgfaltsstandards für Informationen über Finanzkonten (gemeinsamer Meldestandard; GMS) gesammelt wurden. Der GMS legt fest, wer welche Informationen über welche Konten zu sammeln hat. Er ist in der Schweiz Beilage und Bestandteil des MCAA. Das MCAA und der GMS enthalten die materiell-rechtlichen Grundlagen für den AIA zwischen der Schweiz und ihren Partnerstaaten. Nicht alle Bestimmungen sind jedoch ausreichend detailliert, justiziabel und direkt anwendbar, weshalb das Bundesgesetz vom 18. Dezember 20153 über den internationalen automatischen Informationsaustausch über Steuersachen (AIAG) sowie die dazugehörige Verordnung vom 23. November 20164 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAV) erlassen wurden. Das Amtshilfeübereinkommen und das MCAA sind zusammen mit dem AIAG und der AIAV am 1. Januar 2017 in Kraft getreten.

Damit wurden die rechtlichen Grundlagen für den AIA geschaffen. Gestützt darauf erfolgte im Herbst 2018 ein erster Datenaustausch zwischen der Schweiz und 36 Partnerstaaten.

Wie beim Informationsaustausch auf Ersuchen überprüft das Global Forum die innerstaatliche Umsetzung des AIA-Standards mittels Länderüberprüfungen (Peer Reviews). Die Länderüberprüfungen betreffend den AIA beginnen ab 2020. Um die Integrität des AIA-Standards von Beginn weg sicherzustellen, werden dessen zentrale Elemente seit 2017 in einem stufenweisen Verfahren vorgeprüft. Geprüft werden sämtliche Staaten, die sich zur Umsetzung des AIA bekannt haben.5 Als erstes Element dieser stufenweisen Vorprüfung wird die Einhaltung der Bestimmungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit geprüft. Als zweites Element prüft das Global Forum, ob die Staaten6 den AIA-Standard in ihrem Landesrecht vollum1 2 3 4 5 6

SR 0.653.1 SR 0.652.1 SR 653.1 SR 653.11 Global Forum, AEOI: Status of Commitments, einsehbar unter: www.oecd.org/tax/transparency/AEOI-commitments.pdf (Stand 4.9.2019).

Der Begriff «Staaten» umfasst sowohl Staaten als auch Hoheitsgebiete.

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fänglich umsetzen. Als drittes Element hat das Global Forum einen Prüfprozess bezüglich des Aufbaus eines angemessenen Netzes von AIA-Partnerstaaten entwickelt. Das vierte Element beschlägt die Bereitstellung der für das korrekte Funktionieren des AIA erforderlichen administrativen und informationstechnischen Ressourcen.

Die Schweiz wurde bisher auf zwei der vier Elemente vorgeprüft. Die Einhaltung der Bestimmungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit wurde 2017 beurteilt und für gut befunden. 2018 folgte die Evaluation der Rechtsgrundlagen für den AIA, d. h. des AIAG und der AIAV. Ebenfalls in die Prüfung einbezogen wurde die Wegleitung der ESTV über den Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Wegleitung)7. Die Prüfung in Bezug auf das dritte Element erfolgt laufend, das vierte Element wird ab 2019 geprüft.

Bei der Evaluation der Rechtsgrundlagen steht die korrekte Übernahme der Bestimmungen des GMS sowie gewisser als wesentlich definierter Elemente des Kommentars zum GMS in das innerstaatliche Recht im Zentrum. Der GMS enthält neben Begriffsbestimmungen und Pflichten für meldende Finanzinstitute in Abschnitt VIII Unterabschnitt B und C spezifische Kategorien von nicht meldenden Finanzinstituten und ausgenommenen Konten sowie je eine Auffangklausel. Letztere erlauben es den Staaten, weitere Rechtsträger respektive Konten vom Anwendungsbereich des AIA auszunehmen, sofern ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, und sie im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die im GMS beschriebenen Kategorien von nicht meldenden Finanzinstituten und ausgenommenen Konten. Die Evaluation dieser innerstaatlichen Ausnahmebestimmungen stellt einen der Schwerpunkte im Prüfverfahren dar. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Lücken bestehen, die zur Umgehung des AIAStandards benützt werden könnten. Es zeigt sich, dass das Global Forum die rechtlichen Grundlagen gestützt auf die Vorgaben des GMS strikt prüft und selbst kleinste Abweichungen nicht akzeptiert. Dieses strikte Auslegungs- und Prüfungsverfahren wird angewendet, um weltweit gleich lange Spiesse (Level Playing Field) sicherzustellen. Dies ist auch der Grund, weshalb innerstaatlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in dieser Prüfung im Grundsatz
nicht Rechnung getragen wird. Ergebnis der Evaluation waren Klarstellungen zur Umsetzung der internationalen Vorgaben; diese Klarstellungen führen dazu, dass die Schweiz im innerstaatlichen Recht Anpassungen vornehmen muss. Die Mehrheit der Schweizer Bestimmungen wurde jedoch als konform erachtet und vom Global Forum gutgeheissen, darunter namentlich sämtliche Ausnahmebestimmungen betreffend die Vorsorge.

Die Schweiz ist angehalten, dem Global Forum innerhalb von zwölf Monaten (d. h.

bis Ende 2019) Bericht darüber zu erstatten, welche Massnahmen ergriffen werden, um die von ihm ausgesprochenen Empfehlungen umzusetzen. Die Umsetzung der Empfehlungen wird in der Länderüberprüfung der Schweiz evaluiert, die 2020 beginnen wird. Sie wird einen Einfluss auf die Note des Global Forum haben. Die

7

Eidgenössische Steuerverwaltung. Einsehbar unter: www.estv.admin.ch > internationales Steuerrecht > AIA > Publikationen > Wegleitungen (Stand 4.9.2019).

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Note des Global Forum ist ihrerseits ein zentrales Kriterium für die Beurteilung, ob ein Staat in Bezug auf Steuertransparenz als kooperativ zu identifizieren ist.

Ziel der Vorlage ist es, die zur Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum erforderlichen Massnahmen zu ergreifen, damit die Schweiz in der umfassenden Länderüberprüfung keine unzureichende Note erhält. Gleichzeitig unterstreicht die Schweiz damit ihre Bereitschaft, die internationalen Standards hinsichtlich Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken umzusetzen.

1.1.2

Mögliche Auswirkungen der Benotung durch das Global Forum

Die Noten des Global Forum werden von den G20-Staaten, der OECD und der EU als Kriterien herangezogen, um zu beurteilen, ob ein Staat in Bezug auf Steuertransparenz als nicht kooperativ zu identifizieren ist. Im Juni 2018 hat die OECD zur Identifizierung nicht kooperativer Staaten in Bezug auf Steuertransparenz folgende revidierte Beurteilungskriterien8 verabschiedet, die in der Folge von den G20Finanzministern und -Notenbankdirektoren gutgeheissen worden sind: a.

Im Bereich Informationsaustausch auf Ersuchen muss mindestens die Gesamtnote «weitgehend konform» erreicht werden.

b.

Im Bereich AIA müssen bis Ende 2018 die erforderlichen Gesetzesbestimmungen eingeführt werden und muss mit dem Datenaustausch begonnen werden. Bis Ende 2019 müssen zudem mit im Wesentlichen allen interessierten und angemessenen Partnern Abkommen aktiviert werden.

c.

Das Amtshilfeübereinkommen muss in Kraft sein oder es muss ein ausreichend breites Austauschnetzwerk von bilateralen Abkommen bestehen, die sowohl den Informationsaustausch auf Ersuchen als auch den AIA zulassen.

Ein Staat gilt dann als kooperativ, wenn er mindestens zwei der drei Kriterien erfüllt.

Hingegen wird er, auch wenn er zwei der drei Kriterien erfüllt, als nicht kooperativ identifiziert, wenn er bezüglich Informationsaustausch auf Ersuchen (Bst. a) die Gesamtnote «nicht konform» erhält oder das AIA-Kriterium (Bst. b) nicht erfüllt.9 Nicht kooperative Staaten werden auf Listen gesetzt, namentlich auf eine OECD/ G20-Liste10 und eine EU-Liste nicht kooperativer Staaten im Steuerbereich (EUSteuerliste). Zur Aufnahme in die EU-Steuerliste in Betracht kommen die auf der

8 9

10

Erste Kriterien sind 2016 definiert worden.

OECD Secretary-General Report to the G20 Finance Ministers and Central Bank Governors, Buenos Aires, Juli 2018, S. 7 Ziff. 2, S. 66 f.; einsehbar unter: www.oecd.org/tax/oecd-secretary-general-tax-report-g20-finance-ministers-july-2018.pdf (Stand 4.9.2019).

OECD Secretary-General Report to the G20 Finance Ministers and Central Bank Governors (Fn. 11), S. 7 Ziff. 2.

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OECD/G20-Liste figurierenden Staaten unabhängig davon, ob sie einer EU-eigenen Prüfung unterzogen werden oder nicht.11 Die Aufnahme eines Staates in eine entsprechende Liste kann Partnerstaaten als Grundlage dazu dienen, Defensivmassnahmen zu ergreifen. Solche Massnahmen können beispielsweise eine Verschärfung von Kontrollen über Transaktionen mit Unternehmen in nicht kooperativen Staaten umfassen. Drohende Defensivmassnahmen beeinträchtigen ausserdem die Attraktivität eines Landes als Standort für ausländische Unternehmen.12 Es liegt auf der Hand, dass um des Wirtschaftsstandorts Schweiz willen alles darangesetzt werden muss, die Aufnahme der Schweiz auf eine solche Liste zu verhindern. Sollte die Schweiz die im Rahmen der stufenweisen Vorprüfung vom Global Forum ausgesprochenen Empfehlungen nicht angemessen adressieren, dürfte sich dies negativ auf ihre Note in der Länderüberprüfung zum AIA auswirken.

1.2

Ausblick: Umfassende Länderüberprüfung ab 2020

Das Global Forum hat an seiner Plenarversammlung im November 2018 in Punta del Este die Bewertungskriterien (Terms of Reference) für die zukünftigen umfassenden Prüfungen der Umsetzung des AIA verabschiedet.13 Die Prüfungen sind in drei Grundanforderungen (Core Requirements) unterteilt.

Die erste Grundanforderung verlangt, dass die Staaten sicherstellen, dass alle meldenden Finanzinstitute Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten anwenden, die mit dem AIA-Standard übereinstimmen, und dass sie die gemäss Standard vorgeschriebenen Informationen liefern. Dafür müssen die betreffenden Staaten über einen angemessenen Rechtsrahmen und geeignete Verwaltungsverfahren verfügen, damit sichergestellt ist, dass die gesetzlichen Verpflichtungen in der Praxis erfüllt werden. Inwieweit die vom Global Forum im Rahmen seiner Bewertung der Rechtsgrundlagen des AIA abgegebenen Empfehlungen umgesetzt wurden, wird bei der Evaluation der Erfüllung dieser Grundanforderung eine wichtige Rolle spielen.

Die zweite Grundanforderung betrifft das Netz von Partnerstaaten. Von den Staaten wird erwartet, dass sie mit allen Partnern, die Interesse bekundet haben und die Anforderungen des AIA-Standards erfüllen (d. h. «interessierte und angemessene Partner»), gemäss den eingegangenen Verpflichtungen Daten austauschen. Der

11

12

13

Dokument FISC 345/ECOFIN 1088 «EU list of non-cooperative jurisdictions for tax purposes» vom 5. Dezember 2017 über die Schlüsse des Rates der Europäischen Union aus der EU-Steuerliste, S. 23 f.; einsehbar unter: www.data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-15429-2017-INIT/en/pdf (Stand 4.9.2019).

Für Beispiele wird auf die Ausführungen in der Botschaft zur Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum über die Transparenz juristischer Personen und den Informationsaustausch im Bericht zur Phase 2 der Schweiz verwiesen (BBl 2019 279, Abschnitt 1.1.2).

Global Forum, The framework for the full AEOI reviews: the Terms of Reference, einsehbar unter: www.oecd.org/tax/transparency/AEOI-terms-of-reference.pdf (Stand 4.9.2019).

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Datenaustausch muss den Anforderungen des Standards hinsichtlich der Datenübertragung entsprechen.

Die dritte Grundanforderung schliesslich betrifft die Einhaltung der Bestimmungen zur Vertraulichkeit und Sicherheit der ausgetauschten Daten. Die bereits im Rahmen der Vorprüfungen (siehe Ziff. 1.1.1) durchgeführten Evaluationen finden damit ihre Fortsetzung, wobei der Fokus diesmal auf die Pflege der konkret ausgetauschten Informationen gelegt wird.

Das Global Forum muss die Methodik, mit der die Einhaltung der ersten beiden Grundanforderungen gemessen werden soll, bis Ende 2019 bestimmen. 2020 soll es eine erste Beurteilung (sog. determination) in Bezug auf die Konformität der nationalen AIA-Rechtsgrundlagen vornehmen. Diese Beurteilung erfolgt gestützt auf die in der Vorprüfung durch das Global Forum formulierten Empfehlungen und den Umgang des geprüften Staats damit. Die ersten Gesamtnoten werden voraussichtlich 2021 vergeben. Die Beurteilung betreffend die Konformität der AIA-Rechtsgrundlagen wird in diese Gesamtnote einfliessen. Einzig die Methodik zur Bewertung der dritten Grundanforderung wurde bereits von der Plenarversammlung des Global Forum im November 2018 verabschiedet.

1.3

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Vor dem Hintergrund möglicher Konsequenzen einer Nichtumsetzung der Empfehlungen des Global Forum und der damit verbundenen negativen Auswirkungen auf den Finanzplatz Schweiz sowie in Anbetracht der geringen Kosten einer Umsetzung für die betroffene Branche scheint es angemessen und vertretbar, die auf Gesetzesstufe geforderten Änderungen vollumfänglich vorzunehmen.

1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 201614 zur Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201615 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt. Der Grund liegt darin, dass sich die Erforderlichkeit der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen erst im Herbst 2018 zeigte. Da dem Global Forum bereits innerhalb von zwölf Monaten (d. h. bis Ende 2019) Bericht darüber zu erstatten ist, welche Massnahmen ergriffen werden, um die von ihm ausgesprochenen Empfehlungen umzusetzen, ist es angezeigt, die vorgeschlagenen Anpassungen zügig vorzunehmen.

Die Vorlage entspricht der ersten politischen Leitlinie der Legislaturplanung: «Die Schweiz sichert ihren Wohlstand nachhaltig». Gemäss dem Ziel 2 dieser Leitlinie sorgt die Schweiz für bestmögliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Inland und unterstützt so ihre Wettbewerbsfähigkeit. Dies bedingt u. a., dass für den Fi14 15

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nanzplatz Schweiz die langfristigen Rahmenbedingungen zu klären sind, damit Rechtssicherheit und Stabilität erhalten werden können. Gleichzeitig sind die beschlossenen Übernahmen internationaler Standards umzusetzen, die Compliance sicherzustellen und die nötigen Regulierungen gezielt und massvoll auszugestalten.

2

Vernehmlassung

Vom 27. Februar bis 12. Juni 2019 war die Vorlage zur Änderung des AIAG und der AIAV Gegenstand eines Vernehmlassungsverfahrens. Insgesamt sind 55 Stellungnahmen eingegangen. Stellung genommen haben 24 Kantone (AG, AI, AR, BE, BL, BS, FR, GE, GL, JU, LU, NE, NW, OW, SG, SH, SO, SZ, TG, TI, VD, VS, ZG, ZH) und die Schweizerische Steuerkonferenz, sechs politische Parteien (BDP, CVP, FDP, Grüne, SP, SVP), vier Organisationen (Economiesuisse, Schweizerische Bankiervereinigung, Schweizerischer Gewerbeverband, Schweizerischer Gewerkschaftsbund) sowie 20 Vertreterinnen und Vertreter interessierter Kreise.

Die Vernehmlassungsvorlage beleuchtete sowohl die auf Gesetzes- als auch die auf Verordnungsstufe vorgeschlagenen Massnahmen. Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer hatten damit die Gelegenheit, sich zum Gesamtpaket zur Umsetzung der Empfehlungen des Global Forum zu äussern. Die Vernehmlassungsvorlage sah, neben wenigen Anpassungen von geringerer Tragweite, die folgenden zehn Hauptmassnahmen vor: Gesetzesvorentwurf: a.

Angabe der massgebenden Beträge in US-Dollar statt in Schweizer Franken;

b.

Aufhebung der Ausnahmebestimmung für Stockwerkeigentümergemeinschaften;

c.

Anpassung der Sorgfaltspflichten bei der Eröffnung eines Neukontos;

d.

Festhalten der Dokumentenaufbewahrungspflicht;

e.

Festhalten des Anmeldeverfahrens für Treuhänder-dokumentierte Trusts (Trustee-Documented-Trusts, TDT);

f.

Aufnahme einer Kompetenzdelegation vom Bundesrat an die zuständige Behörde für das Aussetzen von AIA-Abkommen mit Partnerstaaten, welche die Anforderungen der OECD an die Vertraulichkeit und Datensicherheit nicht erfüllen.

Verordnungsentwurf: g.

Aufhebung der Ausnahmebestimmungen für gewisse gemeinnützige Einrichtungen (Vereine und Stiftungen, welche die Voraussetzungen für eine Qualifikation als Finanzinstitut erfüllen), sowie für deren Konten;

h.

Aufhebung der Ausnahmebestimmung für Miteigentümergemeinschaften;

i.

Einführung einer 90-Tage-Frist für die Ausnahme von Kapitaleinzahlungskonten;

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j.

Definition der Ausnahmefälle betreffend die vorgeschlagenen Sorgfaltspflichten bei der Eröffnung eines Neukontos.

2.1

Ergebnisse

Die vorgeschlagenen Änderungen wurden von den Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern im Grundsatz mehrheitlich begrüsst.16 Neben Änderungsanträgen einzelner Stellungnehmenden wurden insbesondere im Bereich von drei Massnahmen (Bst. d, g und j) Vorbehalte angebracht. Die vorgeschlagene Aufhebung der Ausnahmebestimmung für Vereine und Stiftungen sowie für deren Konten (Bst. g) wurde kontrovers diskutiert. Sie wurde von allen betroffenen Akteuren und weiteren Stellungnehmenden ausdrücklich abgelehnt. Unter anderem wurde vorgebracht, dass diese gemeinnützigen Einrichtungen aus mehreren Gründen nicht als Vehikel zur Steuerhinterziehung missbraucht werden können. Ihre Unterstellung unter den Anwendungsbereich des AIA hätte somit u. a. aufgrund der entstehenden Kosten weitreichende Auswirkungen auf den Gemeinnützigkeitssektor, ohne den Partnerstaaten der Schweiz einen deutlichen Mehrwert zu bringen. Weiter führe die Aufhebung der Ausnahmebestimmung für Konten dieser Einrichtungen zu einem Mehraufwand bei den Banken, die diese Konten führen. Mehrere Teilnehmende lehnen weiter die vorgeschlagene Aufnahme einer Dokumentenaufbewahrungspflicht ins AIAG ab (Bst. d). Sie halten fest, dass im Obligationenrecht (OR) 17 bereits eine entsprechende Pflicht besteht, weshalb die Einführung einer redundanten Norm lediglich zu Rechtsunsicherheit führe. Weitere Stellungnehmende verlangen die Aufnahme einer zusätzlichen Ausnahme betreffend die Pflicht zur Einholung einer Selbstauskunft vor der Eröffnung eines Neukontos (Bst. j) auf Verordnungsstufe.

Damit sollen jene Fälle abgedeckt werden, in denen auf Grundlage einer Stiftungsurkunde oder eines Errichtungsakts eines Trusts der Kontoinhaber, die Kontoinhaberin oder die beherrschende Person wechselt und damit ein Neukonto begründet wird, das vom Finanzinstitut nicht verhindert und auch nicht geschlossen werden kann. Zu denken ist dabei beispielsweise an die Geburt eines Kindes, das im Voraus als begünstigte Person eines Fixed Interest Trust bestimmt wurde.

Die Mehrheit der Kantone und weitere Stellungnehmende weisen darüber hinaus darauf hin, dass die Qualität der aus dem Ausland erhaltenen Daten zu verbessern sei und im Rahmen der anstehenden Länderüberprüfungen sichergestellt werden müsse, dass die Partnerstaaten der Schweiz ihren Pflichten unter dem AIA, insbesondere der Pflicht zur Einholung der Steueridentifikationsnummer (SIN), ebenfalls korrekt nachkommen.

16

17

Der Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung ist einsehbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2019 > EFD.

SR 220

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2.2

Neuerungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Auf Gesetzesstufe Im AIAG wurde in Bezug auf die vorgeschlagene Dokumentenaufbewahrungspflicht nach Artikel 17a E-AIAG auf Artikel 958f Absatz 1 OR verwiesen und damit die geforderte Konsistenz zwischen beiden Normen sichergestellt.

Artikel 31 Absatz 2 E-AIAG wurde als Muss-Bestimmung formuliert. Damit soll klargestellt werden, dass die zuständige Behörde das AIA-Abkommen mit einem Partnerstaat auszusetzen hat, wenn dieser die Anforderungen der OECD an die Vertraulichkeit und Datensicherheit nicht erfüllt. Sie hat in diesem Fall keinen Ermessensspielraum.

Mit der vorgeschlagenen Änderung von Artikel 11 Absatz 8 E-AIAG soll klargestellt werden, dass nur in den in Absatz 8 genannten Fällen ein Neukonto eröffnet werden kann, ohne dass eine Selbstauskunft des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin vorliegt. In allen anderen Fällen ist zwingend vor der Kontoeröffnung eine Selbstauskunft einzuholen. Es liegt auf der Hand, dass ein Finanzinstitut in diesen Fällen kein Neukonto eröffnen darf, wenn in der Selbstauskunft die wesentlichen Informationen wie der Name, die Anschrift oder die steuerliche Ansässigkeit fehlen.

In Artikel 11 Absatz 9 E-AIAG wird deshalb präzisiert, dass es sich bei den nach dem anwendbaren Abkommen und diesem Gesetz notwendigen Informationen um jene Informationen handelt, die zur Plausibilisierung der Selbstauskunft notwendig sind. Damit soll klargestellt werden, dass vor der Kontoeröffnung zu prüfen ist, ob die genannten wesentlichen Informationen vorliegen. Es darf also beispielsweise keine leere Selbstauskunft akzeptiert und gestützt darauf ein Neukonto eröffnet werden. Ob die in der Selbstauskunft gemachten Angaben korrekt sind und ob der Kontoinhaber oder die Kontoinhaberin weitere Informationen einreichen muss (bspw.

eine SIN), ist anschliessend im Rahmen der Plausibilisierung durch das Finanzinstitut zu prüfen. Die Plausibilisierung muss in diesen Fällen und in den Fällen nach Artikel 11 Absatz 8 Buchstabe b E-AIAG spätestens 90 Tage nach Eröffnung des Neukontos abgeschlossen sein. Andernfalls sind Massnahmen nach Absatz 9 zu ergreifen. In Bezug auf die Fälle nach Artikel 11 Absatz 8 Buchstabe b E-AIAG wird präzisiert, dass sich die 90-Tage-Frist nicht nur auf die Informationen, die zum Abschluss der Plausibilisierung notwendig sind, sondern auch auf die Selbstauskunft bezieht.
Darüber hinaus wurden in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c AIAG die deutsche und die italienische Fassung klarer formuliert.

Auf Verordnungsstufe Dem Antrag der Mehrheit der Stellungnehmenden auf Erhalt der Ausnahmebestimmungen für gemeinnützige Einrichtungen (Vereine und Stiftungen nach den Art. 5 und 6 AIAV) sowie für deren Konten (Art. 10 und 11 AIAV) wurde gefolgt. Vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen Diskussionen auf internationaler Ebene zum Umgang mit gemeinnützigen Einrichtungen unter dem AIA-Standard scheint es verfrüht, die Empfehlungen des Global Forum umzusetzen und diese Ausnahmen zu streichen. Sollte sich zeigen, dass sich die Weiterführung der beste8145

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henden Ausnahmebestimmungen für diese gemeinnützigen Einrichtungen negativ auf die Schweiz auswirkt, wird die Lage neu zu beurteilen sein.

Aufgrund der übrigen Änderungsvorschläge wurde in der AIAV eine zusätzliche Ausnahme von der Pflicht zur Einholung einer Selbstauskunft bei der Eröffnung eines Neukontos aufgenommen. Diese deckt die von der Trust-Branche genannten Fälle ab und trägt damit ihrem Anliegen Rechnung.

3

Internationale Entwicklungen und Rechtsvergleich

3.1

Evaluation der allgemeinen Bestimmungen und der Sorgfaltspflichten

Das Global Forum vergleicht den Wortlaut der Bestimmungen in den Rechtsgrundlagen der geprüften Staaten mit jenem des GMS. Liegt eine materielle Abweichung vor oder wurde ein als wesentlich definiertes Element des GMS nicht oder nicht vollständig ins innerstaatliche Recht übernommen, so ist der geprüfte Staat angehalten, die Bestimmung anzupassen respektive die fehlenden Elemente ins innerstaatliche Recht zu übernehmen. Grossmehrheitlich erfolgen durch dieses Verfahren Klarstellungen hinsichtlich der Regelungen des GMS. Verschiedene Konkurrenzfinanzplätze, darunter Liechtenstein18 oder das Vereinigte Königreich19, haben ihre AIA-Rechtsgrundlagen gestützt auf die Ergebnisse dieser Vorprüfung bereits revidiert und in Kraft gesetzt oder sehen entsprechende Änderungen vor. Diese sowie weitere Staaten (z. B. Deutschland, Frankreich, Italien und Luxemburg), die in ihrer Evaluation betreffend die Umsetzung der Sorgfaltspflichten nur wenige oder keine Empfehlungen erhalten haben, weil sie den GMS in seiner Gesamtheit in ihr innerstaatliches Recht übernommen und nur wenige oder keine weiteren Präzisierungen vorgenommen haben, haben ein Interesse daran, dass der Wortlaut der Rechtsgrundlagen in anderen Staaten ebenfalls möglichst wenig vom GMS abweicht.

3.2

Evaluation nicht meldender Finanzinstitute und ausgenommener Konten

Der GMS enthält spezifische Kategorien von Finanzinstituten und Konten, die vom Anwendungsbereich des AIA ausgenommen sind (vgl. Abschnitt VIII Unterabschnitt B und C GMS). Er enthält weiter je eine Auffangklausel, gestützt auf die weitere Finanzinstitute und Konten vom Anwendungsbereich des AIA ausgenommen werden können, sofern ein geringes Risiko besteht, dass sie zur Steuerhinterziehung missbraucht werden, und sie im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften aufweisen wie die im GMS beschriebenen Ausnahmen. Diese Ausnahmebestimmungen nehmen bei der Prüfung des Global Forum, ob ein Partnerstaat den AIA-Standard in seinem innerstaatlichen Recht korrekt umsetzt, grossen Raum ein. Dem Global 18

19

Gesetz vom 7. September 2017 über die Abänderung des Gesetzes vom 5. November 2015 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz), LGBl. 2017 Nr. 293.

The International Tax Compliance (Amendment) Regulations 2017, 2017 No. 598.

8146

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Forum ist darzulegen, an welche Kategorie nicht meldender Finanzinstitute oder ausgenommener Konten nach dem GMS sich eine Ausnahmebestimmung anlehnt und ob die für die entsprechende Kategorie geltenden Voraussetzungen erfüllt sind oder ob im Wesentlichen ähnliche Eigenschaften sicherstellen, dass ein geringes Risiko besteht, dass die Ausnahme zur Steuerhinterziehung missbraucht wird. Das Global Forum hat insgesamt fast 500 innerstaatliche Ausnahmebestimmungen geprüft und in Bezug auf ungefähr jede dritte Ausnahme Anmerkungen vorgebracht respektive Empfehlungen ausgesprochen.

In der Schweiz wurden die Ausnahmebestimmungen gestützt auf die Auffangklauseln nach dem GMS u. a. in Anlehnung an jene unter dem Abkommen vom 14. Februar 201320 zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Zusammenarbeit für eine erleichterte Umsetzung von FATCA (FATCA-Abkommen; vgl. Anhang II des FATCA-Abkommens) oder aufgrund der wirtschaftlichen oder juristischen Rahmenbedingungen in der Schweiz formuliert. Aus den unter Ziffer 1.1.1 genannten Gründen wird den innerstaatlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Grundsatz jedoch keine Rechnung getragen. Die Staaten haben deshalb ihre Ausnahmebestimmungen, die nicht den Vorgaben des AIA-Standards und des Global Forum entsprechen, zu bereinigen. Es zeigt sich, dass gewisse schweizerische Ausnahmen für Finanzinstitute oder Konten von keinem anderen Staat vom Anwendungsbereich des AIA ausgenommen wurden respektive dass das Global Forum gegenüber jenen Staaten, die gleiche oder ähnliche Ausnahmen kennen, ebenfalls Empfehlungen ausgesprochen hat.

4

Beantragte Neuregelung

4.1

Umsetzung der Empfehlungen

Mit der Vorlage sollen die Empfehlungen des Global Forum umgesetzt werden.

Dazu sieht der Gesetzesentwurf die Aufhebung der Ausnahme für Stockwerkeigentümergemeinschaften sowie Anpassungen an den geltenden Sorgfaltspflichten vor.

Weiter sollen die Beträge neu ausschliesslich in US-Dollar ausgewiesen und eine Dokumentenaufbewahrungspflicht für meldende schweizerische Finanzinstitute festgehalten werden. Faktisch besteht diese Pflicht bereits heute, im Sinne einer Klarstellung soll die Aufbewahrungspflicht neu explizit verankert werden.

4.2

Weitere Änderungen

Unabhängig von der Prüfung des Global Forum soll die Gelegenheit genutzt werden, die geübte Praxis betreffend die Anmeldung von TDT im Gesetz zu verankern und eine Bestimmung aufzunehmen, welche die zuständige Behörde ermächtigt, den AIA mit einem Partnerstaat in eigener Zuständigkeit auszusetzen, wenn dieser die Anforderungen der OECD im Bereich der Vertraulichkeit und Datensicherheit nicht erfüllt.

20

SR 0.672.933.63

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4.3

Änderungen der Verordnung und der Wegleitung der ESTV

Verschiedene Empfehlungen des Global Forum betreffen die AIAV. Diese sollen ebenfalls grossmehrheitlich umgesetzt werden.21 Dazu sollen gewisse auf Verordnungsstufe konkretisierten Ausnahmebestimmungen aufgehoben oder angepasst werden. Betroffen sind die Ausnahmebestimmungen für Miteigentümergemeinschaften, für Kapitaleinzahlungskonten und für Konten, die nach dem Recht des Ansässigkeitsstaats der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers ausgenommen sind. Weiter sollen gewisse Bestimmungen über die Sorgfalts- und Registrierungspflichten sowie betreffend die Beträge in US-Dollar dem Gesetzesentwurf entsprechend präzisiert werden.

Die Ausnahmebestimmungen für Vereine und Stiftungen sowie für deren Konten sollen aus den in Ziffer 2.2 genannten Gründen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht aufgehoben werden.

Gewisse Empfehlungen des Global Forum werden auch in die AIA-Wegleitung einfliessen. Diese Arbeiten nimmt die ESTV in Zusammenarbeit mit einer Expertengruppe vor.

4.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Mit dem Vorschlag, die Empfehlungen des Global Forum zu adressieren, unterstreicht die Schweiz ihre Bereitschaft, die internationalen Standards im Steuerbereich umzusetzen. Damit ist ein Aufwand für die betroffenen Kreise und Interessenträger verbunden, der jedoch als gering eingeschätzt wird.

So wird insbesondere die Aufhebung der Ausnahme für Stockwerkeigentümergemeinschaften keine Auswirkungen haben, da diese Rechtsträger dem Global Forum zufolge in jedem Fall als sogenannte Non Financial Entities (NFE) und damit in keinem Fall als Finanzinstitut qualifizieren. Da die Konten von Stockwerkeigentümergemeinschaften zudem weiterhin vom Anwendungsbereich des AIA ausgenommen bleiben, führt die Aufhebung der Ausnahmebestimmung in der Praxis zu keiner Änderung. Auch die vorgeschlagenen Änderungen betreffend die Sorgfaltspflichten, die Festhaltung der Pflicht zur Anmeldung von TDT, die Ausweisung der Beträge in US-Dollar und die Aufnahme einer Dokumentenaufbewahrungspflicht dürften bei den betroffenen Finanzinstituten nur einen geringen Mehraufwand verursachen. Diese Pflichten werden in der Praxis bereits heute grossmehrheitlich wahrgenommen. Weiter besteht schon heute die Pflicht zur Dokumentenaufbewahrung und gemäss einer Weisung der ESTV zur Anmeldung von TDT. Diese bestehenden Pflichten werden mit den vorgeschlagenen Änderungen neu explizit im AIAG festgehalten.

21

Vgl. dazu die Ausführungen in den Erläuterungen zur Vernehmlassung über die Änderung des Bundesgesetzes und der Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen. Einsehbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > abgeschlossene Vernehmlassungsverfahren > 2019 > EFD.

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4.5

Würdigung

Über die letzten Jahre hat die Schweiz zahlreiche Anstrengungen unternommen, um den internationalen Standards im Steuerbereich gerecht zu werden; namentlich hat sie den AIA-Standard umgesetzt. Dies trägt entscheidend zur Glaubwürdigkeit und Reputation des Schweizer Finanzplatzes bei. Durch die Prüfung des Global Forum ergaben sich nun zusätzliche Klarstellungen zu dessen Umsetzung. Dies führt einerseits dazu, dass die Schweiz bereits kurze Zeit nach der Einführung des AIA vom Global Forum dazu aufgerufen wird, Anpassungen an den Rechtsgrundlagen vorzunehmen. Andererseits ermöglicht es die strenge Prüfung, in Bezug auf die Umsetzung des AIA-Standards auch auf Konkurrenzfinanzplätzen Transparenz zu schaffen und im internationalen Wettbewerb ein Level Playing Field sicherzustellen. Nachdem die Schweiz alles darangesetzt hat, die internationalen Standards hinsichtlich Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken korrekt umzusetzen, hat sie ein grosses Interesse daran, dass deren Umsetzung auf den Konkurrenzfinanzplätzen ebenfalls den internationalen Vorgaben entspricht.

Die Empfehlungen des Global Forum beschlagen grossmehrheitlich Ausnahmebestimmungen, die andere Staaten nicht kennen. Deren Aufhebung wird deshalb von der internationalen Staatengemeinschaft erwartet, um ein Level Playing Field herzustellen. Dies trifft auf die vollumfängliche Umsetzung der Sorgfaltspflichten gleichermassen zu. Das Global Forum publiziert seit Ende 2018 jedes Jahr einen Bericht zum Stand der Umsetzung des AIA in den Staaten. In diesem Bericht werden Staaten ausgewiesen, die Lücken in der Umsetzung aufweisen. Ab 2020 wird dieser Bericht auch die Beurteilungen (determinations) und Benotungen (notes) der einzelnen Staaten aufführen. Vor diesem Hintergrund verstärkt sich der politische Druck auf die Staaten, die Empfehlungen des Global Forum umzusetzen.

Mit dem vorliegenden Vorschlag, auf Gesetzesstufe die Empfehlungen des Global Forum umzusetzen, soll die Rechtssicherheit gestärkt werden. Zudem soll verhindert werden, dass die Schweiz bei der umfassenden Länderüberprüfung ab 2020 politisch exponiert wird und ihr Finanzplatz das Risiko läuft, an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Dies könnte sich negativ auf die Reputation des Schweizer Finanzplatzes und die Gesamtbeurteilung der Umsetzung des AIA durch die Schweiz
auswirken, was es aus den unter Ziffer 1.1.2 genannten Gründen zu verhindern gilt.

Es ist nicht möglich, den Einfluss jeder Massnahme auf die zukünftige Benotung einzeln zu beurteilen. Die Position der Schweiz dürfte jedoch geschwächt werden, wenn eine der Massnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen aus dem vorliegenden Paket herausgebrochen wird.

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5

Erläuterung zu einzelnen Artikeln

Art. 2 Abs. 1 Bst. k und l und Art. 9 Abs. 1 Bst. d Der GMS und sein Kommentar enthalten verschiedene Schwellenwerte, die einerseits dazu führen können, dass ein Konto nicht überprüft, identifiziert und gemeldet werden muss oder vereinfachte Sorgfaltspflichten anzuwenden sind. Diese Beträge sind in US-Dollar festgelegt. Mit der Übernahme des GMS ins Landesrecht wurden diese Beträge im AIAG und in der AIAV in Franken ausgewiesen. Sie entsprechen den Beträgen im GMS, da der Franken und der US-Dollar seit der Verabschiedung der AIA-Rechtsgrundlagen nahe beieinanderliegen. Ein Betrag von 1 Million USDollar im GMS wird im AIAG also mit 1 Million Franken aufgeführt. Der Bundesrat kann die Beträge in Franken anpassen, sofern besondere Umstände dies erfordern (Art. 12 Abs. 3 AIAG). Im Vordergrund stehen dabei Anpassungen aufgrund von Währungsschwankungen. Damit soll eine standardkonforme Umsetzung des AIAStandards gewährleistet werden.

Gestützt auf diese Delegationsnorm wurde ein Mechanismus zur Überprüfung von Währungsschwankungen definiert, wonach die ESTV jeweils Ende Oktober eines Jahres per Stichtag 1. Januar des nächsten Kalenderjahres zur Umrechnung der USDollar-Beträge im anwendbaren Abkommen und in den anwendbaren Alternativbestimmungen des OECD-Kommentars zum GMS in Franken-Beträge das Verhältnis zwischen US-Dollar und Franken festlegt. Die ESTV nimmt jeweils Ende Oktober eines Jahres eine Anpassung des geltenden Verhältnisses vor, wenn der geltende Umrechnungskurs zwischen US-Dollar und Schweizer Franken der ESTV, bezogen auf den Wert per Ende Oktober des laufenden Jahres, mehr als 10 Prozent vom Vorjahreskurs abweicht.

Das Global Forum erachtet diesen Mechanismus als unklar und empfiehlt, die Beträge neu entsprechend dem Wortlaut des GMS in US-Dollar auszuweisen.

Die Beträge in Franken sollen neu in US-Dollar ausgewiesen werden. Damit wird der Mechanismus zur Überprüfung von Währungsschwankungen obsolet und die Branche wendet ab Inkrafttreten der Änderung feste Beträge für die Berechnung der anwendbaren Schwellenwerte an.

Art. 2 Abs. 1 Bst. i und j Diese Änderung betrifft nur den französischen und den italienischen Text, die damit der deutschen Fassung angepasst werden sollen.

Art. 3 Abs. 10 Nach Artikel 3 Absatz 10 gelten aufgrund von Artikel 712l Absatz 2 des Zivilgesetzbuches22 errichtete
Stockwerkeigentümergemeinschaften als nicht meldende Finanzinstitute. Diese Bestimmung wurde vorgesehen, weil aufgrund der Ausgestaltung und Zweckgebundenheit solcher Fonds das Umgehungsrisiko als gering einge-

22

SR 210

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stuft wurde. Aus den gleichen Gründen gelten diese Rechtsträger auch nach Anhang II des FATCA-Abkommens als nicht meldend.

Das Global Forum beurteilt Artikel 3 Absatz 10 als obsolet. Seiner Ansicht nach qualifizieren Stockwerkeigentümergemeinschaften in keinem Fall als Finanzinstitute und sind deshalb gemäss GMS immer als NFE zu behandeln. Es empfiehlt der Schweiz, die Bestimmung aufzuheben.

Artikel 3 Absatz 10 soll aufgehoben werden. Damit qualifizieren diese Stockwerkeigentümergemeinschaften, entsprechend der Empfehlung des Global Forum, ab Inkrafttreten der Änderung in jedem Fall als NFE. Die Aufhebung dieser Bestimmung hat keine Auswirkung auf die Praxis.

Art. 4 Abs. 1 Bst. a und c sowie Abs. 2 Bst. a Als ausgenommene Konten nach dem anwendbaren Abkommen gelten gemäss Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c AIAG anerkannte Formen der Vorsorge, die gestützt auf Artikel 82 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198223 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) errichtet worden sind. Als solche gelten nach Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung vom 13. November 198524 über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen (BVV 3) die gebundene Vorsorgeversicherung bei Versicherungseinrichtungen und die gebundene Vorsorgevereinbarung mit Bankstiftungen. Um deutlicher zum Ausdruck zu bringen, dass es sich bei der gebundenen Vorsorgeversicherung bei Versicherungseinrichtungen und der gebundenen Vorsorgevereinbarung mit Bankstiftungen um eine abschliessende Aufzählung der anerkannten Vorsorgeformen im Sinne von Artikel 82 Absatz 2 BVG handelt, soll Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c AIAG formell angepasst werden.

Die übrigen Änderungen betreffen nur den französischen und den italienischen Text, die damit der deutschen Fassung angepasst werden sollen.

Art. 5 Abs. 3 Diese Änderung betrifft nur den französischen und den italienischen Text, die damit der deutschen Fassung angepasst werden sollen.

Art. 10 Abs. 1 erster Satz Mit der vorgeschlagenen Anpassung der Beträge in US-Dollar hat die Bestimmung des für die Feststellung der Schwellenwerte relevanten Gesamtsaldos oder -werts auf Empfehlung des Global Forum ausschliesslich in US-Dollar zu erfolgen. Aus diesem Grund soll der Verweis in Artikel 10 Absatz 1 auf Artikel 12 Absatz 4 AIAG, der aufgrund der
vorgeschlagenen Währungsanpassung gestrichen werden soll, durch den Begriff «US-Dollar» ersetzt werden. Zur Abgrenzung vom zweiten Satz erfolgt ausserdem eine Anpassung der Formulierung der Bestimmung.

23 24

SR 831.40 SR 831.461.3

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Art. 11 Abs. 5 Abschnitt III Unterabschnitt B(1) GMS sieht vor, dass ein meldendes Finanzinstitut für die Identifikation meldepflichtiger Konten unter den bestehenden Konten natürlicher Personen auf das sogenannte Hausanschriftverfahren abstellen kann. Dieses Verfahren ist ausschliesslich für Konten von geringerem Wert zulässig. Dabei wird die steuerliche Ansässigkeit durch eine mit Belegen dokumentierte Hausanschrift bestimmt. Damit ein Finanzinstitut auf eine Adresse abstellen kann, die es in seinen Unterlagen hat, muss diese aktuell sein. Das Hausanschriftverfahren stellt ein zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten vereinfachtes Verfahren dar.

Randziffer 10 des Kommentars zu Abschnitt III Unterabschnitt B(1) GMS führt aus, auf welche Belege ein meldendes Finanzinstitut im Rahmen des Hausanschriftverfahrens abstellen kann. So müssen die in seinen Systemen erfassten Belege von einer Regierungsbehörde (z. B. Einwohner- oder Meldeamt, Botschaft oder Konsulat) ausgestellt sein. In Frage kommen beispielsweise Identitätskarten, Führerscheine oder Ansässigkeitsbescheinigungen. Wo diese keine oder nur eine unvollständige Hausanschrift enthalten, ist die Voraussetzung an die Dokumentation auch erfüllt, wenn die in den Systemen des meldenden Finanzinstituts erfasste aktuelle Hausanschrift zusätzlich mit der auf weiteren, beispielsweise von einer Regierungsbehörde ausgestellten Belegen erfassten Hausanschrift oder der Hausanschrift, die auf einer Selbstauskunft der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers erfasst ist, übereinstimmt, sofern das vorsätzlich falsche Ausfüllen der Selbstauskunft strafbar ist (subsidiärer Anwendungsfall).

Nach Absatz 5 erfüllt eine Adresse, die im Rahmen der Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei mit einem Formular erhoben wurde, das darauf hinweist, dass die Erteilung einer falschen Auskunft mit Strafe bedroht ist, diese Voraussetzung. In der Praxis handelt es sich dabei namentlich um das sogenannte Formular A zur Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person.

Das direkte Abstellen auf die mittels eines solchen Formulars erfasste Hausanschrift, ohne die Einholung eines zusätzlichen von einer Regierungsbehörde ausgestellten Belegs, ist unvereinbar mit dem GMS. Das Global Forum empfiehlt der Schweiz daher, die Bestimmung aufzuheben.

Absatz 5 soll aufgehoben
werden. Damit gelten ab Inkrafttreten der Änderung im Rahmen des Hausanschriftverfahrens die Voraussetzungen nach Abschnitt III Unterabschnitt B(1) GMS und seinem Kommentar. Meldende schweizerische Finanzinstitute können demnach weiterhin, jedoch nur subsidiär (subsidiärer Anwendungsfall), auf eine Adresse abstellen, die im Rahmen der Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei mit einem Formular erhoben wurde, das darauf hinweist, dass die Erteilung einer falschen Auskunft mit Strafe bedroht ist, sofern die Voraussetzungen nach dem GMS dafür erfüllt sind.

Abs. 6 Bst. b Ziff. 2 Diese Änderung betrifft nur den französischen und den italienischen Text, die damit der deutschen Fassung angepasst werden sollen.

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Abs. 8 Nach dem bisherigen Absatz 8 muss ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut das Konto schliessen, wenn ihm 90 Tage nach Eröffnung eines Neukontos Name, Anschrift und Geburtsdatum der Kontoinhaberin oder des Kontoinhabers und der beherrschenden Personen nicht vorliegen. Das Global Forum erachtet die Tatsache, dass es in der Schweiz möglich ist, ein Neukonto zu eröffnen, ohne dass diese grundlegenden Informationen vorliegen, als unvereinbar mit den Vorgaben des GMS. Es empfiehlt, Absatz 8 aufzuheben respektive dem von der OECD in ihren Ausführungen zum GMS festgelegten Verfahren anzupassen.25 Der bisherige Absatz 8 soll entsprechend der Empfehlung des Global Forum aufgehoben und durch die im Folgenden erläuterte Bestimmung ersetzt werden.

Die in Abschnitt IV Unterabschnitt (A) und Abschnitt VI Unterabschnitt (A) GMS vorgesehenen Verfahren zur Identifikation meldepflichtiger Konten unter den Neukonten natürlicher Personen und von Rechtsträgern sehen vor, dass ein meldendes Finanzinstitut im Rahmen des Kontoeröffnungsprozesses eine Selbstauskunft einholen muss. Die Selbstauskunft ist gleichentags zu plausibilisieren (sog. Day-OneProzess). Die OECD hält in den vorgenannten Ausführungen zum GMS dazu fest, dass die Plausibilisierung der Selbstauskunft spätestens innerhalb von 90 Tagen abgeschlossen sein soll, sofern dies gleichentags nicht möglich ist, beispielsweise, weil sie von einem Backoffice vorgenommen wird (sogenannter Day-Two-Prozess).

Weiter halten die Ausführungen zum GMS fest, dass es in Ausnahmefällen vorkommen kann, dass dem meldenden Finanzinstitut zum Zeitpunkt der Kontoeröffnung keine Selbstauskunft vorliegt. In diesen Fällen ist die Selbstauskunft nachträglich so schnell wie möglich, jedoch spätestens innerhalb von 90 Tagen einzuholen und zu plausibilisieren. Da der Selbstauskunft beim Kontoeröffnungsverfahren eine zentrale Rolle zukommt, besteht die Erwartung, dass die Staaten in ihrem innerstaatlichen Recht strenge Massnahmen festlegen, mit denen sichergestellt wird, dass bei der Neukontoeröffnung in jedem Fall ­ mit Ausnahme der genannten Ausnahmefälle und der Fälle nach Abschnitt VI Unterabschnitt A(1)(b) GMS ­ eine Selbstauskunft vorliegt.

Die Schweizer AIA-Rechtsgrundlagen enthalten keine explizite Bestimmung, die präzisiert, dass die Eröffnung eines Neukontos ohne
vorgängige Erteilung einer Selbstauskunft grundsätzlich nicht zulässig ist. Dies wird vom Global Forum kritisiert. Es empfiehlt der Schweiz, gesetzlich festzuhalten, dass die Eröffnung eines Neukontos ohne Vorliegen einer Selbstauskunft neben dem im GMS in Abschnitt VI Unterabschnitt A(1)(b) vorgesehen Fall nur in Ausnahmefällen zulässig ist. Weiter soll klargestellt werden, dass die Selbstauskunft in diesen Fällen grundsätzlich so schnell wie möglich, aber spätestens 90 Tage nach der Eröffnung vorliegen und plausibilisiert sein muss.

Im Sinne der vorstehenden Ausführungen soll in Absatz 8 festgehalten werden, dass die Eröffnung eines Neukontos ohne Erteilung einer Selbstauskunft nur in Ausnah-

25

OECD. CRS-related Frequently Asked Questions, FAQ 22 (timing of self-certifications).

Einsehbar unter: www.oecd.org/tax/automatic-exchange/ > CRS Implementation and Assistance > FAQs (Stand 4.9.2019).

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mefällen zulässig ist. Absatz 8 führt in den Buchstaben a und b die zulässigen Ausnahmefälle auf.

Bst. a Buchstabe a soll festhalten, dass ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut im Rahmen des Verfahrens zur Identifikation meldepflichtiger Konten unter den Neukonten von Rechtsträgern auf die Einholung einer Selbstauskunft verzichten kann, sofern es anhand von ihm vorliegenden oder öffentlich verfügbaren Informationen in vertretbarer Weise feststellen kann, dass es sich bei der Kontoinhaberin oder dem Kontoinhaber um eine nicht meldepflichtige Person handelt. Es handelt sich dabei um eine vom GMS vorgesehene Ausnahme von der Pflicht zur Einholung einer Selbstauskunft bei einer Neukontoeröffnung (vgl. Abschnitt VI Unterabschnitt A(1)(b) GMS). Als nicht meldepflichtige Personen gelten nach Abschnitt VIII Unterabschnitt D(2) GMS qualifizierte börsennotierte Kapitalgesellschaften, Kapitalgesellschaften, die verbundene Rechtsträger einer qualifizierten börsennotierten Kapitalgesellschaft sind, staatliche Rechtsträger, internationale Organisationen, Zentralbanken und Finanzinstitute. Als öffentlich verfügbare Informationen gelten gemäss dem Kommentar zu Abschnitt V Unterabschnitt D(1)(b) GMS u. a. Informationen, die von staatlichen Behörden oder Institutionen publiziert werden (z. B. die FATCA Foreign Financial Institution List des Internal Revenue Service der USA), Informationen in öffentlich zugänglichen amtlichen Registern (z. B. dem Handelsregister), Informationen, die von einer anerkannten Börse publiziert werden, sowie jede öffentlich zugängliche, nach einem anerkannten Industriestandard erfolgte und von einem Berufsverband oder einer Handelskammer erlassene Klassifikation der Rechtsträger.

Das Recht auf den Verzicht auf Einholung einer Selbstauskunft in diesen Fällen besteht gemäss den Ausführungen nach GMS bereits heute. Im Sinne einer Klarstellung ist es angezeigt, dieses Recht neu explizit im AIAG festzuhalten.

Bst. b Neben dem in Buchstaben a genannten Fall soll die Eröffnung eines Neukontos ohne Vorliegen einer Selbstauskunft nur in Ausnahmefällen zulässig sein. Nach den Ausführungen der OECD zum GMS ist in Bezug auf diese Ausnahmefälle an Besonderheiten einer bestimmten Branche zu denken, aufgrund deren es nicht möglich ist, die Selbstauskunft gleichentags einzuholen. Der Bundesrat
umschreibt die Ausnahmefälle näher.26 Er soll sich dabei an der Praxis anderer Staaten orientieren. Damit soll sichergestellt werden, dass die Schweiz den AIA standardkonform umsetzt, gleichzeitig aber betroffenen meldenden schweizerischen Finanzinstituten keine strengeren Pflichten auferlegt werden als Finanzinstituten anderer Staaten. Das meldende schweizerische Finanzinstitut muss die ausstehende Selbstauskunft in die26

Vgl. dazu die Ausführungen zu Artikel 27 E-AIAV der Erläuterungen zur Vernehmlassung über die Änderung des Bundesgesetzes und der Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen.

Einsehbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > abgeschlossene Vernehmlassungsverfahren > 2019 > EFD.

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sen Fällen innerhalb von 90 Tagen erhalten und plausibilisieren. Andernfalls sind Massnahmen nach Absatz 9 zu ergreifen.

Abs. 9 Nach dem bisherigen Absatz 9 hat ein meldendes Finanzinstitut 90 Tage Zeit, um die Informationen einzuholen, die nach dem GMS im Rahmen des Kontoeröffnungsprozesses beschafft werden müssen. Es kann die Frist von 90 Tagen auf maximal ein Jahr verlängern, wenn besondere Gründe für das Nichtvorliegen der Informationen bestehen. Das Global Forum erachtet die Verlängerung der Frist zur Einholung der ausstehenden Informationen auf ein Jahr als standardwidrig. Es empfiehlt, diesen Passus zu streichen.

Absatz 9 soll dahingehend geändert werden, dass die Frist für die Einholung der ausstehenden Informationen 90 Tage nicht überschreiten darf. Eine Verlängerung der Frist von 90 Tagen auf maximal ein Jahr soll nicht mehr möglich sein. Weiter soll klargestellt werden, dass ein meldendes schweizerisches Finanzinstitut neben der Kontosperrung auch eine Kontoschliessung vornehmen kann, wenn ihm innert 90 Tagen nach Eröffnung eines Neukontos die nach dem anwendbaren Abkommen und dem AIAG notwendigen Informationen nicht vorliegen. Diese Ergänzung ist aufgrund der Aufhebung des bisherigen Absatzes 8 erforderlich. Da namentlich das Versicherungsvertragsgesetz vom 2. April 190827 (VVG) nur wenige abschliessende Tatbestände vorsieht, die eine einseitige Kündigung durch den Versicherer erlauben, soll dazu in Absatz 9 ein ausserordentliches Kündigungsrecht aufgenommen werden. Ein meldepflichtiges schweizerisches Finanzinstitut darf ein Neukonto hingegen nicht schliessen, wenn in Bezug auf das Konto eine Meldepflicht nach Artikel 9 des Geldwäschereigesetzes vom 10. Oktober 199728 (GwG) besteht. Eine solche besteht, wenn ein Finanzintermediär den begründeten Verdacht auf Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung hat. In der Regel sind die Vermögenswerte, die der Meldestelle gemeldet werden, zu sperren (vgl. Art. 10 GwG).

Absatz 9 findet Anwendung auf Absatz 8 Buchstabe b sowie auf jene Fälle, in denen die Selbstauskunft zwar vor der Kontoeröffnung erteilt wurde, wo für den Abschluss ihrer Plausibilisierung, sofern sie nicht gleichentags vorgenommen werden konnte (Day-Two-Prozess), jedoch die Einholung zusätzlicher Informationen erforderlich ist (vgl. dazu die Ausführungen in Ziff. 2.2).

Abs. 10
Aufgrund der vorgenannten Änderungen von Absatz 8 ist Absatz 10 aufzuheben.

Art. 12 Abs. 2­4 Die Absätze 2­4 von Artikel 12 sollen aufgrund der Änderung betreffend die massgebende Währung aufgehoben werden. Da die Beträge neu nur noch in US-Dollar ausgewiesen werden sollen, werden diese Bestimmungen obsolet.

27 28

SR 221.229.1 SR 955.0

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Art. 13 Abs. 4 Gemäss Abschnitt VIII Unterabschnitt B(1)(e) GMS gilt ein nach dem Recht eines meldepflichtigen Staates errichteter Trust als nicht meldendes Finanzinstitut, soweit die oder der Trustee des Trusts ein meldendes Finanzinstitut ist und sämtliche nach Abschnitt I GMS zu meldenden Informationen zu sämtlichen meldepflichtigen Konten des Trusts meldet. Dieses sogenannte Treuhänder-dokumentierte-Trust-Konzept (Trustee-Documented-Trust-Konzept; TDT-Konzept) wurde in Artikel 3 Absatz 9 AIAG übernommen. Gemäss Randziffer 56 des Kommentars zu Abschnitt VIII Unterabschnitt B(1)(e) GMS muss die oder der Trustee die Informationen so melden, wie es der Trust machen würde, und zu dessen Identifikation den Namen des Trusts angeben.

In der Praxis verwaltet eine oder ein Trustee in der Regel eine Vielzahl von Trusts.

Eine Sammelmeldung in ihrem oder seinem Namen für alle von ihr oder ihm verwalteten Trusts ohne Angabe der Namen der Trusts ist auch in diesem Fall nicht möglich, denn der Name des Trusts ist gemäss Kommentar zum GMS in jedem Fall anzugeben.

Um eine standardkonforme Anwendung des TDT-Konzeptes zu gewährleisten, hat die ESTV gestützt auf Artikel 22 Absätze 2 und 4 AIAG in der AIA-Wegleitung eine Klarstellung zum TDT-Konzept vorgenommen.29 Demnach muss die oder der Trustee den Trust, der vom TDT-Konzept Gebrauch macht ­ ungeachtet der Klassifizierung des Trusts als nicht meldendes schweizerisches Finanzinstitut ­, bei der ESTV anmelden und vor dem Namen des Trusts «TDT=» hinzufügen. Weiter ist im CRS-XML-Schema im Element «Reporting FI» der Name des Trusts anzugeben.

Auch hier ist vor dem Namen «TDT=» hinzuzufügen.

Die bestehende Regelung, die sich in der Praxis bewährt hat, soll neu in der AIAV festgehalten werden. Dazu wird in Artikel 13 Absatz 4 eine Delegationsnorm aufgenommen.30 In anderen Staaten, darunter Konkurrenzfinanzplätzen der Schweiz, bestehen ebenfalls Regelungen, die sicherstellen, dass bei Anwendung des TDT-Konzeptes eine vollständige Meldung gemäss den Vorgaben des GMS erfolgt.

Art. 15 Abs. 1 Diese Änderung betrifft nur den französischen und den italienischen Text, die damit der deutschen Fassung angepasst werden sollen.

29

30

Eidgenössische Steuerverwaltung. Einsehbar unter: www.estv.admin.ch > Internationales Steuerrecht > AIA > Publikationen > Wegleitung über den Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (Stand 4.9.2019).

Vgl. dazu die Ausführungen zu Artikel 31 Absatz 4 E-AIAV in den Erläuterungen zur Vernehmlassung über die Änderung des Bundesgesetzes und der Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen.

Einsehbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > abgeschlossene Vernehmlassungsverfahren > 2019 > EFD.

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Art. 17a Gemäss Randziffer 7 des Kommentars zu Abschnitt IX GMS muss das innerstaatliche Recht eine Bestimmung enthalten, wonach meldende Finanzinstitute die zur Erfüllung ihrer Pflichten unter dem AIA erstellten Unterlagen und eingeholten Belege sowie Dokumente betreffend die durchgeführten Prüfschritte während mindestens fünf Jahren nach der Übermittlung der Meldung aufbewahren müssen.

Artikel 958f Absatz 1 OR als allgemeine Bestimmung über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung sieht vor, dass die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege sowie der Geschäftsbericht und der Revisionsbericht während zehn Jahren aufzubewahren sind. Weiter müssen Finanzintermediäre nach Artikel 7 GwG über die getätigten Transaktionen und über die nach GwG erforderlichen Abklärungen Belege so erstellen, dass fachkundige Dritte sich ein zuverlässiges Urteil über die Transaktionen und Geschäftsbeziehungen sowie über die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes bilden können. Diese Belege müssen sie nach Beendigung der Geschäftsbeziehung oder nach Abschluss der Transaktion mindestens während zehn Jahren aufbewahren. Eine explizite Bestimmung in Bezug auf den AIA kennt das schweizerische Recht jedoch nicht und es ist nicht klar, ob die vorgenannten Bestimmungen auch auf Unterlagen und Belege Anwendung finden, die im Rahmen der Durchführung der Sorgfaltspflichten unter dem AIA eingeholt wurden. Das Global Forum bemängelt diesen Umstand und empfiehlt die Aufnahme einer expliziten Bestimmung über die Aufbewahrungspflicht in das AIAG.

In einem neuen Artikel 17a soll deshalb vorgesehen werden, dass meldende schweizerische Finanzinstitute die in Erfüllung der Sorgfaltspflichten vorgenommenen Schritte und eingeholten Belege aufzeichnen. Dazu sind die zur Erfüllung ihrer Pflichten erstellten Unterlagen und eingeholten Belege gemäss den Vorgaben nach Artikel 958f Absatz 1 OR aufzubewahren. Mit dem Verweis auf diese Bestimmung soll einerseits dem Anliegen des Global Forum Rechnung getragen und andererseits die Konsistenz zwischen dem AIAG und dem OR sichergestellt werden.

Art. 31 Abs. 2 Geht aus den Umständen nachweislich hervor, dass ein Partnerstaat die für den AIA systemrelevanten Anforderungen an die Vertraulichkeit und Sicherheit der ausgetauschten Informationen nicht erfüllt, so sehen die einschlägigen
Übereinkommen vor, dass der AIA gegenüber dem fehlbaren Partnerstaat ausgesetzt werden kann.

Im Bereich der Vertraulichkeit und Datensicherheit hat die OECD eine Praxis entwickelt, wonach die Partnerstaaten, welche die Voraussetzungen des AIA-Standards nicht erfüllen, in nichtreziproker Weise am AIA teilnehmen müssen. Dies ist dann der Fall, wenn die betroffenen Staaten in Folge der Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen zur Vertraulichkeit und Datensicherheit durch das Global Forum einen Aktionsplan umsetzen müssen, in dem die Massnahmen festgelegt werden, mit denen die identifizierten Mängel behoben werden müssen. Gemäss Abschnitt 7(1)(b) MCAA notifizieren diese Partnerstaaten der OECD, dass sie temporär als nicht reziproke Staaten gelten, bis der Aktionsplan umgesetzt ist und die getroffenen Massnahmen validiert sind. Die Partnerstaaten müssen in diesem Zusammenhang

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nichts unternehmen, weil der AIA durch den im MCAA immanenten Mechanismus faktisch ausgesetzt wird.

Im Falle eines bilateralen AIA-Abkommens ist die Situation materiell zwar identisch, verlangt aber, dass die Vertragspartei gegenüber dem fehlbaren Partnerstaat aktiv wird und die Aussetzung des Datenaustauschs nach Massgabe der einschlägigen Abkommensbestimmungen anzeigt. Die Aussetzung des AIA bedarf in diesem Fall keiner rechtlichen oder politischen Würdigung der Umstände, sondern ergibt sich aufgrund von objektiv feststellbaren Tatsachen, nämlich aus dem Vorliegen eines Aktionsplans des Global Forum. Aus verfahrensökonomischen Gründen ist es daher angezeigt, den Bundesrat in diesen Fällen zu entlasten und die Sistierung des Datenaustauschs der zuständigen Behörde (ESTV) zu überlassen.

Der neue Absatz 2 sieht demnach vor, dass die ESTV den AIA gegenüber einem nicht konformen Partnerstaat in eigener Kompetenz aussetzt, solange dieser die Vorgaben der OECD hinsichtlich der Vertraulichkeit und der Datensicherheit objektiv nicht erfüllt oder nicht einhält.

Sobald der betroffene Partnerstaat die Mängel behoben hat (was vom Global Forum entsprechend validiert wird), sind die Voraussetzungen für den AIA objektiv erfüllt, sodass die zuständige Behörde die Suspendierung des Datenaustauschs in eigener Kompetenz wieder aufheben kann. Die während der Aussetzung des AIA gesammelten Informationen über Finanzkonten werden nach Massgabe des Abkommens ausgetauscht, sobald die Aussetzung rückgängig gemacht wurde.

Inkrafttreten Die Änderungen des AIAG sollen vom Bundesrat am 1. Januar 2021 in Kraft gesetzt werden.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Aufhebung der bisher möglichen Ausnahme für Stockwerkeigentümergemeinschaften führt zu keiner Volumenzunahme der Meldungen der Schweiz ans Ausland, da deren Konten weiterhin vom Anwendungsbereich des AIA ausgenommen sind.

Dem steht auch keine entsprechende Zunahme der Meldungen an die Schweiz gegenüber.

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Von den Gesetzesänderungen sind keine personellen Auswirkungen auf Bund und Kantone zu erwarten.

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6.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

6.2.1

Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Schweiz und den Wettbewerb

Die standardkonforme Umsetzung des AIA zielt darauf ab, die Glaubwürdigkeit und Integrität des Schweizer Finanzplatzes im internationalen Verhältnis zu stärken und die Rechts- und Planungssicherheit zu optimieren. Die vorgeschlagenen Massnahmen dienen der Sicherstellung dieses Zieles im Hinblick auf die umfassende Länderüberprüfung ab 2020. Damit leistet die standardkonforme Umsetzung des AIA einen wesentlichen Beitrag zur Reputation des Schweizer Finanzplatzes und reduziert das Risiko, dass die Schweiz in eine der in Ziffer 1.1.2 genannten Listen aufgenommen wird.

Da die Prüfung des Global Forum eine international einheitliche Umsetzung des AIA-Standards bezweckt, bewirkt die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen keine Benachteiligung des Schweizer Finanzplatzes im internationalen Wettbewerb.

Vielmehr wird der Finanzplatz Schweiz im Sinne der vorstehenden Erläuterungen dadurch weiter gestärkt.

Aufgrund der Tatsache, dass Stockwerkeigentümergemeinschaften auch in Zukunft in keinem Fall als Finanzinstitut qualifizieren, entfällt dem Schweizer Finanzplatz mit der Aufhebung dieser Ausnahme kein wesentlicher Wettbewerbsvorteil. Auf die inländische Wettbewerbsintensität sind keine Auswirkungen zu erwarten, da die Vorlage die Fixkosten der meisten Finanzinstitute nicht erhöht (aufgrund bereits bestehender IT-Infrastruktur für den AIA) und sich somit nicht als Markteintrittshürde auswirkt.

6.2.2

Auswirkungen auf die betroffenen Kreise

Die Aufhebung der Ausnahmebestimmungen über nicht meldende Finanzinstitute betrifft Stockwerkeigentümergemeinschaften. Wie unter Ziffer 4.4 ausgeführt, erfüllen diese jedoch in keinem Fall die Voraussetzungen für eine Qualifikation als Finanzinstitut, wodurch die Aufhebung der Ausnahmebestimmung in der Praxis keinerlei Auswirkungen hat.

Mehraufwände für die vorgeschlagenen Änderungen betreffend die Sorgfaltspflichten, die Festhaltung der Pflicht zur Registrierung von TDT, die Ausweisung der Beträge in US-Dollar und die Einführung einer Dokumentenaufbewahrungspflicht sind beschränkt. Diese Pflichten werden in der Praxis bereits heute mehrheitlich standardkonform umgesetzt.

Das Risiko, dass aufgrund der vorgesehenen Ausdehnung der Pflichten nach den internationalen Abkommen und den AIA-Rechtsgrundlagen die von Schweizer Banken verwalteten Vermögen ausländischer Kundinnen und Kunden zurückgehen, ist ­ auch nach Einschätzung der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) ­ vernachlässigbar. Die SBVg hat Gespräche mit mehreren Banken geführt, um die Folgen dieser Regulierung abzuschätzen.

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7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Das AIAG regelt die Umsetzung des AIA nach den einschlägigen internationalen Übereinkommen (Amtshilfeübereinkommen, MCAA), die weder in die Gesetzgebungskompetenz der Kantone noch einer anderen Bundesbehörde fällt. Rechtsgrundlage für das AIAG ist somit Artikel 173 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV)31, wonach die Bundesversammlung alle Geschäfte behandelt, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen und keiner anderen Behörde zugewiesen sind.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Mit der Vorlage sollen Empfehlungen des Global Forum betreffend die rechtlichen Grundlagen der Schweiz für den AIA umgesetzt werden. Die Empfehlungen bezwecken die Vereinbarkeit der rechtlichen Grundlagen mit den internationalen Verpflichtungen im Rahmen des AIA. Weitere internationale Verpflichtungen ­ so etwa das FATCA-Abkommen zwischen der Schweiz und den USA ­ werden durch die Vorlage nicht tangiert.

7.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage untersteht nicht der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV, da sie weder Subventionsbestimmungen noch die Grundlage für die Schaffung eines Verpflichtungskredits oder Zahlungsrahmens enthält.

7.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Bundesrat soll in Artikel 11 Absatz 8 Buchstabe b AIAG ermächtigt werden, die Ausnahmefälle bei der Einholung einer Selbstauskunft festzulegen. Diese Delegation ermöglicht es ihm, den Besonderheiten bestimmter Branchen angemessen Rechnung zu tragen, und stellt für die betroffenen Finanzinstitute eine administrative Erleichterung bei der Eröffnung von Neukonten dar. Der Bundesrat soll sich dabei an der Praxis anderer Staaten orientieren. Damit soll sichergestellt werden, dass die Schweiz den AIA standardkonform umsetzt. Gleichzeitig sollen aber den betroffenen meldenden schweizerischen Finanzinstituten keine strengeren Pflichten auferlegt werden als vergleichbaren Finanzinstituten anderer Staaten.

Nach Artikel 13 Absatz 4 AIAG regelt der Bundesrat die Einzelheiten in Bezug auf die Registrierung von Trusts, die vom TDT-Konzept nach Artikel 3 Absatz 9 AIAG Gebrauch machen. Diese Delegation zur Festhaltung der bestehenden Praxis scheint

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SR 101

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sachlich angemessen und ermöglicht es, allfällige Änderungen in diesem Zusammenhang rasch nachzuvollziehen.

7.5

Datenschutz

Die vorgeschlagenen Massnahmen werfen datenschutzrechtlich keine Probleme auf.

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