13.468 Parlamentarische Initiative «Ehe für alle» Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 30. August 2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einer Änderung des Zivilgesetzbuches. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen. Eine Minderheit (Nidegger, Bregy, Geissbühler, Haab, Schwander, Walliser) beantragt Nichteintreten.

30. August 2019

Im Namen der Kommission Der Präsident: Pirmin Schwander

2019-3955

8595

Übersicht Mit dieser Vorlage wird die parlamentarische Initiative 13.468 «Ehe für alle» umgesetzt, die die Öffnung der Ehe für alle Paare unabhängig von der Geschlechterzusammensetzung verlangt.

Ausgangslage Seit der Einführung der eingetragenen Partnerschaft in der Schweiz im Jahr 2007 haben zwei Personen gleichen Geschlechts die Möglichkeit, ihre Beziehung rechtlich abzusichern. Die eingetragene Partnerschaft wird beim Zivilstandsamt beurkundet und stellt eine Lebensgemeinschaft mit eheähnlichen gegenseitigen Rechten und Pflichten dar. Zwischen der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft bestehen jedoch gewisse Unterschiede. Dazu kommt, dass der entsprechende Zivilstand für die eingetragenen Partnerinnen und Partner als stigmatisierend empfunden werden kann, da diese bei Bekanntgabe ihres Zivilstandes gleichzeitig Auskunft über ihre sexuelle Orientierung geben müssen. Dies wird einerseits als Eingriff in die Intimsphäre wahrgenommen, und kann andererseits problematische Folgen haben, insbesondere in denjenigen Ländern, in denen Homosexualität unter Strafe gestellt ist.

Inhalt der Vorlage Die Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts erfolgt auf dem Wege einer Gesetzesänderung. Dabei wird der Öffnung des Zugangs zur Ehe Priorität eingeräumt. Weiter werden alle Bestimmungen der Rechtsordnung, die für bestimmte Rechte und Pflichten an den Bestand einer Ehe anknüpfen, künftig grundsätzlich sowohl auf verschieden- als auch auf gleichgeschlechtliche Ehepaare Anwendung finden. Der vorliegende Entwurf ist dabei aber als sog. Kernvorlage ausgestaltet: Die Diskussion über die Erweiterung des Anwendungsbereichs der bestehenden Normen in den Bereichen, in denen das geltende Recht eine Unterscheidung nach dem Geschlecht der Eheleute trifft (so zum Beispiel bei den Hinterlassenenrenten) oder die Verschiedengeschlechtlichkeit der Eheleute voraussetzt (so zum Beispiel beim Zugang zur Fortpflanzungsmedizin), soll im Rahmen nachfolgender Revisionen geführt werden.

Nach der Öffnung der Ehe für alle Paare sollen keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden können. Bereits bestehende eingetragene Partnerschaften können jedoch weitergeführt werden. Paaren, die bereits in einer eingetragenen Partnerschaft leben, wird die Möglichkeit gewährt, durch ein einfaches Verfahren ihre eingetragene
Partnerschaft in eine Ehe umzuwandeln.

Die Öffnung der Ehe für alle Paare wirft aufgrund der grossen Anzahl Paare in einer internationalen Konstellation (unterschiedliche Nationalitäten, internationale Wohnsitzwechsel usw.) ­ ob verheiratet oder in eingetragener Partnerschaft lebend ­ auch Fragen des internationalen Privatrechts auf. Die entsprechenden Bestimmungen müssen deshalb angepasst werden, um einerseits den Rechtsinstituten

8596

schweizerischen Rechts und ihren Auswirkungen im Ausland gerecht zu werden und um andererseits die Anerkennung ausländischer Rechtsinstitute und deren Auswirkungen in der Schweiz zu regeln.

8597

BBl 2019

Inhaltsverzeichnis Übersicht

8596

1

Entstehungsgeschichte 1.1 Die Parlamentarische Initiative 13.468 1.2 Arbeiten der Kommission

8600 8600 8600

2

Allgemeine Erwägungen zur Öffnung der Ehe 2.1 Ausländische Regelungen 2.2 Normstufe: Verfassung oder Gesetz 2.3 Schicksal der eingetragenen Partnerschaft

8602 8602 8602 8602

3

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

8604

4

Grundzüge der Vorlage 4.1 Das Eherecht 4.1.1 Die Eheschliessung 4.1.2 Weitere Bestimmungen des Eherechts 4.2 Auswirkungen der Öffnung der Ehe 4.2.1 Bürgerrecht 4.2.2 Hinterlassenenrenten 4.2.3 Zugang zur gemeinschaftlichen Adoption und Fortpflanzungsmedizin 4.2.3.1 Zugang zur gemeinschaftlichen Adoption 4.2.3.2 Zugang zur Fortpflanzungsmedizin 4.3 Umwandlung einer bestehenden eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe 4.3.1 Verfahren zur Umwandlung 4.3.2 Die Auswirkungen der Umwandlung 4.4 Weitergeltung des PartG für bereits bestehende eingetragene Partnerschaften

8605 8605 8606 8607 8607 8608 8609

Internationales Privatrecht 5.1 Allgemeines 5.2 Eherecht (Kapitel 3 IPRG) 5.2.1 Anwendung der geltenden Bestimmungen auf alle Ehen 5.2.2 Anerkennung und Eintragung der im Ausland geschlossenen Ehen 5.2.3 Wirkungen der Ehe im Allgemeinen 5.2.4 Ehegüterrecht 5.2.5 Scheidung und Trennung 5.3 Eingetragene Partnerschaft (Kapitel 3a IPRG) 5.3.1 Beibehaltung der bestehenden Lösungen 5.3.2 Anwendbares Recht 5.3.3 Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe

8614 8614 8615 8615

5

8598

8609 8609 8610 8611 8612 8613 8613

8616 8618 8618 8619 8619 8619 8621 8621

BBl 2019

6

Künftig zu regelnde Fragen im Zusammenhang mit der Öffnung der Ehe 6.1 Gleichstellung bei Hinterlassenenrenten 6.2 Zugang zur Fortpflanzungsmedizin 6.3 Weitere Fragen zum Abstammungsrecht 6.4 Geschlechtergerechte Sprache

8622 8622 8623 8623 8625

7

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen 7.1 Erläuterungen zum E-ZGB 7.2 Erläuterungen zum E-PartG 7.3 Erläuterungen zum E-IPRG

8625 8625 8630 8634

8

Auswirkungen 8.1 Auswirkungen auf den Bund 8.2 Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden 8.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 8.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 8.5 Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann

8637 8637 8638 8638 8638 8639

9

Rechtliche Aspekte 9.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 9.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 9.3 Erlassform 9.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 9.5 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 9.6 Datenschutz

8639 8639 8639 8639 8639 8640 8640

Schweizerisches Zivilgesetzbuch (Ehe für alle) (Entwurf)

8641

8599

BBl 2019

Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die Parlamentarische Initiative 13.468

Am 5. Dezember 2013 reichte die Grünliberale Fraktion eine parlamentarische Initiative mit folgendem Text ein: «Die Bundesverfassung ist wie folgt zu ändern: Art. 14 Recht auf Ehe, Lebensgemeinschaft (neu) und Familie Abs. 1 Das Recht auf Ehe, Lebensgemeinschaft (neu) und Familie ist gewährleistet.

Abs. 2 Die gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaften stehen Paaren unabhängig von ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung offen.

Art. 38 Abs. 1 erster Satz Der Bund regelt Erwerb und Verlust der Bürgerrechte durch Abstammung, («Heirat» streichen) gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft (neu) und Adoption. ...» Am 20. Februar 2015 prüfte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (hiernach: die Kommission) die Initiative vor und beschloss mit 12 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung, ihr gemäss Artikel 109 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes (ParlG) 1 Folge zu geben. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates stimmte diesem Beschluss am 1. September 2015 mit 7 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung zu (Art. 109 Abs. 3 ParlG). Am 16. Juni 2017 hat der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission die Frist zur Ausarbeitung eines Erlassentwurfs bis zur Sommersession 2019 verlängert.

1.2

Arbeiten der Kommission

Die Kommission befasste sich am 11. Mai 2017 mit der Umsetzung der parlamentarischen Initiative und führte eine erste Aussprache über das weitere Vorgehen durch.

Dabei wurde beschlossen, den Entscheid, ob die Öffnung der Ehe für alle Paare eine Verfassungsänderung bedingt oder nicht, zurückzustellen.

Am 5. Juli 2018 traf die Kommission den Grundsatzentscheid, die Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts auf dem Wege der Gesetzesänderung vorzunehmen. Zudem sprach sie sich dafür aus, die Gesetzesrevision für die Öffnung des Rechtsinstituts Ehe nicht in einer einmaligen Revision, sondern in Etappen anzugehen. Zusammen mit der parlamentarischen Initiative 13.468 behandelte die Kom1

Bundesgesetz über die Bundesversammlung vom 13. Dezember 2002, SR 171.10.

8600

BBl 2019

mission auch die Petition 18.2003 «Jugendsession 2017. AdoptionsUNrecht abschaffen!» gemäss Artikel 126 Absatz 2 ParlG. Die Verwaltung wurde in der Folge beauftragt, zusammen mit externen Expertinnen und Experten eine «Kernvorlage» auszuarbeiten, wie sie im Arbeitspapier des Bundesamtes für Justiz (BJ) vom 27. März 20182 skizziert worden war.

Die Kommission hat am 14. Februar 2019 über den Vorentwurf beraten und diesen verabschiedet. Dabei hat sie entschieden, die vom BJ erarbeitete Kernvorlage mit einer Variante zur Öffnung des Zugangs zum fortpflanzungsmedizinischen Verfahren der Samenspende zu ergänzen. Zu diesem Vorentwurf und zur Variante wurde nach dem Vernehmlassungsgesetz3 eine Vernehmlassung durchgeführt, deren Ergebnisse Gegenstand eines Berichts sind.4 Das Vernehmlassungsverfahren dauerte vom 14. März 2019 bis zum 21. Juni 2019.

An ihrer Sitzung vom 30. August 2019 hat die Kommission von den Ergebnissen des Vernehmlassungsverfahrens Kenntnis genommen und mit 13 zu 12 Stimmen entschieden, in der Kernvorlage auf die Öffnung des Zugangs zur Samenspende für gleichgeschlechtliche weibliche Ehepaare zu verzichten. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Vorlage damit nicht mehr mehrheitsfähig wäre. Sie möchte die Fragen der Fortpflanzungsmedizin erst in einem nächsten Schritt angehen. Eine Minderheit (Flach, Aebischer Matthias, Arslan, Bauer, Burkart, Fehlmann Rielle, Markwalder, Marti Min Li, Mazzone, Merlini, Naef, Wasserfallen Flavia) betont hingegen, dass nur mit der Variante die angestrebte Gleichstellung zwischen gleichgeschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen Paaren erreicht werden kann.

Am 30. August 2019 hat die Kommission ebenfalls die Detailberatung des überarbeiteten Entwurfs durchgeführt und diesen mit 17 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung in der Gesamtabstimmung angenommen. Eine Minderheit (Nidegger, Bregy, Geissbühler, Haab, Schwander, Walliser) beantragt Nichteintreten.

Die Kommission wurde bei ihrer Arbeit gemäss Artikel 112 Absatz 1 ParlG vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement unterstützt. Die Verwaltung wurde ihrerseits von folgenden Expertinnen und Experten unterstützt (in alphabetischer Reihenfolge): Andrea Büchler, Prof. Dr. iur., Ordinaria an der Universität Zürich; Thomas Geiser, Prof. Dr. iur., Emeritus an der Universität St. Gallen; Alexandra Jungo,
Prof. Dr. iur., Ordinaria an der Universität Freiburg; Philippe Meier, Prof.

Dr. iur., Ordinarius an der Universität Lausanne. Für die Fragen des Internationalen Privatrechts wurde zusätzlich Florence Guillaume, Prof. Dr. iur., Ordinaria an der Universität Neuchâtel, beigezogen.

2

3 4

Siehe Arbeitspapier BJ vom 27. März 2018 «Auslegeordnung betreffend die Auswirkungen der Öffnung der Ehe in den verschiedenen Rechtsbereichen»; abrufbar unter: www.parlament.ch > Curia vista 13.468 > weiterführende Links (im Folgenden: Arbeitspapier BJ vom 27. März 2018).

Bundesgesetz über das Vernehmlassungsverfahren vom 8. März 2005, SR 172.061.

Der Bericht über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens («Ergebnisbericht») kann auf der Webseite der Kommissionen für Rechtsfragen abgerufen werden: www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Sachbereichskommissionen > Kommissionen für Rechtsfragen > Berichte und Vernehmlassungen > Vernehmlassungen > 13.468.

8601

BBl 2019

2

Allgemeine Erwägungen zur Öffnung der Ehe

2.1

Ausländische Regelungen

Zahlreiche europäische Rechtsordnungen haben in den letzten Jahren die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet, so die Niederlande (seit 2001), Belgien (seit 2003), Spanien (seit 2005), Schweden und Norwegen (seit 2009), Portugal und Island (seit 2010), Dänemark (seit 2012), Frankreich (seit 2013), England und Wales (seit 2013), Schottland (seit 2014), Luxemburg (seit 2015), Irland (seit 2015), Finnland (seit 2015), Deutschland und Malta (seit 2017) und Österreich (seit 2019).5

2.2

Normstufe: Verfassung oder Gesetz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung der Ehe ergibt sich aus der allgemeinen Zivilrechtskompetenz (Art. 122 der Schweizerischen Bundesverfassung [BV]6). Es stellt sich dabei allerdings die Frage, ob der in Artikel 14 BV (Grundrecht auf Ehe) verwendete verfassungsmässige Ehebegriff den Bundes(zivil)gesetzgeber in seiner Tätigkeit einschränkt. In einem solchen Fall wäre zuerst eine Verfassungsänderung erforderlich, bevor das Rechtsinstitut der Ehe durch ein Bundesgesetz für Personen gleichen Geschlechts geöffnet werden könnte.

Um diese Frage zu klären, hat der Kommissionspräsident das BJ beauftragt, ein Gutachten zur Frage zu erstellen, ob für die Umsetzung der Initiative eine Verfassungsänderung erforderlich ist oder ob eine Umsetzung auch lediglich auf Gesetzesstufe zulässig wäre. Das BJ kommt in seinem Gutachten vom 7. Juli 2016 zum Schluss, dass «der Gesetzgeber durch Artikel 14 BV nicht daran gehindert [wird], sich auf seine zivilrechtliche Gesetzgebungskompetenz zu stützen, um das Rechtsinstitut der Ehe für Personen gleichen Geschlechts zu öffnen», obwohl sich gleichgeschlechtliche Paare heute nicht auf Artikel 14 BV stützen können, um ein Recht auf Ehe geltend zu machen. Es ist somit rechtlich möglich, die Öffnung der Ehe für Personen gleichen Geschlechts auf dem Wege der Gesetzesänderung vorzunehmen; eine Revision der Verfassung ist dafür nicht erforderlich.7 Gestützt auf dieses Gutachten hat die Kommission entschieden, die Öffnung der Ehe auf dem Wege der Gesetzesänderung vorzunehmen.

2.3

Schicksal der eingetragenen Partnerschaft

Steht die Ehe allen Paaren offen, ist als Folge davon ein Entscheid darüber zu treffen, ob das Institut der eingetragenen Partnerschaft beibehalten werden soll, ob der 5

6 7

Siehe DAGMAR COESTER-WALTJEN, Die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in ausgewählten Rechtsordnungen, in: Zeitschrift für Europäisches Privatrecht (ZEuP) 2018, 320­358, S. 323.

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, SR 101.

Gutachten vom 7. Juli 2016 des Direktionsbereichs Öffentliches Recht des BJ, S. 4­6; abrufbar unter: www.parlament.ch > Curia vista 13.468 > weiterführende Links (im Folgenden: Gutachten BJ).

8602

BBl 2019

Abschluss einer eingetragenen Partnerschaft künftig weiterhin möglich sein soll und wenn ja, wem das Institut offenstehen soll. Die parlamentarische Initiative äussert sich hier nicht explizit und verlangt einzig eine Öffnung der gesetzlich geregelten Lebensgemeinschaften für alle Paare.

Auch in verschiedenen anderen Rechtsordnungen existierte vor der Öffnung der Ehe bereits ein Rechtsinstitut, das wie die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlichen Paaren eine gesetzlich geregelte Lebensform zur Verfügung stellte. Diese Länder haben das betreffende Institut auch nach der Öffnung der Ehe beibehalten. In Deutschland können seit der Einführung der Ehe für alle allerdings keine neuen eingetragenen Lebenspartnerschaften mehr begründet werden. Auch in Dänemark steht das entsprechende Institut, das gleichgeschlechtlichen Paaren vorbehalten war, nach der Öffnung der Ehe nicht mehr zur Verfügung. Es gibt aber auch Länder, die eine eheähnliche Alternative wie eine eingetragene Partnerschaft (partenariat fort) kannten, diese beibehalten haben, und zudem auch den Neuabschluss (für alle Paare) weiterhin ermöglichen (bspw. die Niederlande). Schliesslich existiert in Frankreich neben der Ehe (für alle) der PACS (pacte civil de solidarité), der allen Paaren offensteht. Ähnliche Institute bestehen in Belgien (cohabitation légale) und in Luxemburg (partenariat entregistré). Diese Institute gehen aber weniger weit als die Ehe und sind als partenariat faible zu qualifizieren.

In der Schweiz hat der Nationalrat am 15. März 2016 die Postulate 15.3431 (Caroni) und 15.4082 (Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats) «Ein Pacs nach Schweizer Art» überwiesen und den Bundesrat beauftragt, einen Bericht zu einem möglichen PACS (Lebenspartnerschaft für gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare) für die Schweiz zu verfassen. Dabei soll die Einführung einer Partnerschaft als Rechtsinstitut ausserhalb der Ehe und unabhängig von der Geschlechterzusammensetzung geprüft werden.

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Frage, ob der Schweizer Gesetzgeber künftig neben der Ehe eine schwache Bindungsform (partenariat faible) einführen will, unabhängig von der Frage der Öffnung der Ehe entschieden werden kann. Aus diesem Grund hat sie beschlossen, der Öffnung der Ehe Priorität einzuräumen und die
weitere Diskussion zurückzustellen.

Dagegen sollen nach der Öffnung der Ehe für alle Paare aber keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden können. Es ist daran zu erinnern, dass die eingetragene Partnerschaft als Pendant zur Ehe für Personen gleichen Geschlechts geschaffen wurde.8 Wird die Ehe für alle geöffnet, ist es nicht mehr notwendig, die eingetragene Partnerschaft weiterzuführen. Die Diskussion über die Einführung einer neuen gesetzlich geregelten Lebensform für alle Paare in der Schweiz

8

Siehe ANDREA BÜCHLER/NADJA HERZ/MARTIN BERTSCHI, in: Andrea Büchler (Hrsg.), FamKomm Eingetragene Partnerschaft, Bern 2007, Allg. Einl. IV, Die Entstehung des Partnerschaftsgesetzes, N 1­5; MICHEL MONTINI, Eingetragene Partnerschaft ­ Abschluss, Auflösung, Wirkungen, N 11 ff., in: Andreas Ziegler/Michel Montini/Eylem Ayse Copur (Hrsg.), LGBT Recht, Basel 2015.

8603

BBl 2019

wird im Rahmen der Erfüllung der erwähnten Postulate 15.3431 und 15.4082 stattfinden.9 Mindestens bis dahin sollen jedoch bestehende eingetragene Partnerschaften weitergeführt werden können. Den Paaren, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, soll zudem die Möglichkeit gewährt werden, ihre eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umzuwandeln (siehe Ziff. 4.3).

Da nicht zu erwarten ist, dass sich sämtliche eingetragenen Partnerinnen und Partner für eine Umwandlung entscheiden werden, wird das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft noch während langer Zeit bestehen bleiben. Das Partnerschaftsgesetz (PartG)10 bleibt damit in Kraft, solange es noch eingetragene Partnerschaften gibt, wird allerdings zu einer Art Übergangsregelung und soll dementsprechend angepasst werden (siehe Ziff. 4.4).

3

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Das Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf und erläuternden Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates dauerte vom 14. März bis zum 21. Juni 2019. Zur Teilnahme eingeladen wurden die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete und der Wirtschaft sowie weitere interessierte Organisationen. Stellung genommen haben 24 Kantone, 9 politische Parteien, 91 Organisationen und 38 Privatpersonen (bei 30 eingereichten Stellungnahmen, 8 dieser Stellungnahmen wurden von zwei Personen unterschrieben). Insgesamt gingen 154 Stellungnahmen ein.

Die grosse Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, insgesamt 127, hat sich ausdrücklich für die Kernvorlage ausgesprochen, davon 19 Kantone, 6 politische Parteien sowie 82 Organisationen und 20 Privatpersonen. Nur 4 Kantone, 3 politische Parteien, 4 Organisationen und 18 Privatpersonen haben die Kernvorlage grundsätzlich abgelehnt. Wenige Vernehmlassungsteilnehmende haben zu den weiteren im Rahmen der Kernvorlage erarbeiteten Vorschlägen der Kommission Stellung genommen. Für die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu geäussert hat, sind diese Vorschläge nachvollziehbar. Betreffend einzelne Punkte wurden Anpassungen vorgeschlagen, auf die soweit nötig im jeweiligen Kapitel eingegangen wird.

9

10

In diesem Zusammenhang ist auch auf den Auftrag hinzuweisen, den das BJ dem Schweizerischen Institut für Rechtsvergleichung (SIR) erteilt hat: In einem rechtsvergleichenden Gutachten soll die Rechtslage im Ausland betreffend die verschiedenen gesetzlich geregelten Lebensformen dargestellt werden. Als weitere Grundlage für den Entscheid über die künftigen gesetzlichen Lebensformen in der Schweiz werden auch die Ergebnisse des Nationalfondsprojekt UniNE von Nutzen sein (Beschreibung des Projekts unter: https://libra.unine.ch > projets > projets en cours > L'avenir de la famille: analyse sous l'angle de l'égalité de traitement).

Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare vom 18. Juni 2004, SR 211.231.

8604

BBl 2019

Die Änderung der Bestimmungen über die Entstehung des Kindesverhältnisses im Zivilgesetzbuch (Art. 252 und 259a VE-ZGB), die als eine «die Kernvorlage ergänzende Variante» in die Vernehmlassung geschickt wurde, hat bei 97 Vernehmlassungsteilnehmenden Zustimmung gefunden, davon 2 Kantone, 4 politische Parteien, 71 Organisationen und 20 Privatpersonen. Nur 1 politische Partei, 5 Organisationen und 18 Privatpersonen lehnen die Variante aus grundsätzlichen Überlegungen explizit ab. 22 Kantone, 4 politische Parteien und 7 Organisationen stellen sich nicht grundsätzlich gegen die Variante, wollen diese aber nicht im Rahmen der Kernvorlage realisiert wissen. Die originäre Elternschaft bzw. die Mutterschaftsvermutung der Ehefrau der Mutter sowie der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin für gleichgeschlechtliche Paare sollten separat im Rahmen einer Abstammungsrechtsvorlage behandelt werden.

4

Grundzüge der Vorlage

Der Kommission ist es ein wichtiges Anliegen, möglichst rasch allen Paaren den Zugang zur Ehe zu gewähren. Aus diesem Grund hat sie entschieden, sich in einer ersten Etappe auf die für die Öffnung unbedingt notwendigen Anpassungen zu konzentrieren (Reduktion auf eine sog. «Kernvorlage»11).

Die Kommission ist sich bewusst, dass eine kohärente Gesetzgebung eigentlich eine Regelung sämtlicher im vorliegenden Kontext auftretenden Fragen ­ inklusive derjenigen nach einer weiteren gesetzlich geregelten Lebensform neben der Ehe ­ erforderlich machen würde. Damit wäre vor allem auch gewährleistet, dass die Revision nach einem einheitlichen Konzept umgesetzt würde und nicht mehrere Revisionsprojekte parallel laufen. Der Umfang einer solchen grossen Revision hätte allerdings zur Folge, dass die Umsetzung des eigentlichen Kernanliegens ­ die Öffnung der Ehe für alle ­ erheblich verzögert werden könnte. Hinzu kommen die politischen Risiken, die sich aus einer solchen umfassenden Revision ergeben würden: Eine umfassende Revision würde teilweise sehr umstrittene Themenfelder betreffen, deren Neuregelung bereits in der Vergangenheit gescheitert ist (namentlich die Regelung der Hinterlassenenrenten, siehe dazu Ziff. 6.1, aber auch die Regelung des Zugangs zur Fortpflanzungsmedizin, siehe Ziff. 4.2.3.2 und 6.2). Die Aufnahme dieser Fragen würde den Erfolg der Vorlage als Ganzes gefährden. Das zentrale Anliegen der Kommission ist aber die rasche Beseitigung der Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren in Bezug auf den Eheschluss. Sie ist bereit, für die Umsetzung dieses Ziels vorübergehend auch gewisse Ungereimtheiten und Ungleichbehandlungen in Kauf zu nehmen und diese erst im Rahmen einer oder mehrerer nachfolgenden Revisionen zu beheben.

4.1

Das Eherecht

Die Bestimmungen des Eherechts sollen dahingehend angepasst werden, dass die Ehe nicht mehr nur von einer Frau und einem Mann, sondern auch von zwei Perso11

Siehe Arbeitspapier BJ vom 27. März 2018, S. 8.

8605

BBl 2019

nen gleichen Geschlechts eingegangen werden kann. Es hat ausserdem überall dort im Eherecht eine Anpassung zu erfolgen, wo das Gesetz im Wortlaut von Mann und Frau respektive von Braut und Bräutigam spricht.

4.1.1

Die Eheschliessung

Die gesetzliche Regelung der Eheschliessung ist in vier Abschnitte unterteilt: Der erste regelt das Verlöbnis (Art. 90­93 Zivilgesetzbuch (ZGB)12), der zweite die Ehefähigkeit und die Ehehindernisse (Art. 94­96 ZGB), der dritte die Vorbereitung der Eheschliessung und Trauung (Art. 97­103 ZGB) und der vierte die Eheungültigkeit (Art. 104­109 ZGB).

Auch wenn die praktische Bedeutung des Rechtsinstituts des Verlöbnisses sehr gering ist, hat der Gesetzgeber im Rahmen der Revision des Eheschliessungsrechts im Jahr 2000 ausdrücklich darauf verzichtet, dieses aufzuheben. «Im übrigen geht jeder Eheschliessung mit der Anmeldung des Eheversprechens beim Zivilstandsamt zumindest während des Vorbereitungsverfahrens [...] zwingend ein Verlöbnis voraus. Das lässt es als sinnvoll erscheinen, für die Veranstaltungen, die im Hinblick auf die Eheschliessung getroffen werden, eine Regelung vorzusehen für den Fall, dass die geplante Eheschliessung nicht zustande kommt.»13 Ein paralleles Rechtsinstitut zum Verlöbnis (Art. 90 ff. ZGB) wurde für eingetragene Partnerschaften nicht vorgesehen.14 Neu haben auch zwei Personen gleichen Geschlechts die Möglichkeit, sich durch das gegenseitige Versprechen, eine Ehe miteinander eingehen zu wollen, im Sinne von Artikel 90 ff. ZGB zu verloben. Zudem wird der Begriff «Verlobte» in der deutschen Fassung geschlechtergerecht formuliert (Art. 92 E-ZGB).

Die Bestimmungen betreffend die Ehevoraussetzungen (Art. 94­96 ZGB) sind zu ändern: Die Ehe ist nicht mehr verschiedengeschlechtlichen Paaren vorbehalten, sondern soll von zwei Personen unabhängig ihres Geschlechts abgeschlossen werden können (Art. 94 E-ZGB). Weiter soll eine bestehende eingetragene Partnerschaft weiterhin ein Ehehindernis darstellen (Art. 96 E-ZGB, bislang: Art. 26 PartG). Diese Bestimmung kommt allerdings nicht zur Anwendung, wenn eine eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umgewandelt wird (siehe Ziff. 4.3).

Die Bestimmungen im Abschnitt Vorbereitung der Eheschliessung und Trauung (Art. 97­103 ZGB) sind geschlechtsneutral zu formulieren: Die Ausdrücke «Braut und Bräutigam» sowie «Brautleute» werden generell durch «eine oder einer der Verlobten» und die «Verlobten» ersetzt. Heutzutage werden diese Begriffe ohnehin nicht mehr unterschieden, so dass der einheitliche Gebrauch der geschlechtsneutralen Form vorzuziehen ist.

12 13

14

Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, SR 210.

Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Personenstand, Eheschliessung, Scheidung, Kindesrecht, Verwandtenunterstützungspflicht, Heimstätten, Vormundschaft und Ehevermittlung) vom 15. November 1995, BBl 1996 I 1, 12.

Botschaft zum Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare vom 29. November 2002, BBl 2003 1288, 1312.

8606

BBl 2019

Schliesslich sind die Bestimmungen über die Eheungültigkeit (Art. 104­109 ZGB) durch den Ungültigkeitsgrund «eingetragene Partnerschaft» zu ergänzen (Art. 105 Ziff. 1 E-ZGB).

Die massgebenden (Ausführungs-)Bestimmungen der Zivilstandsverordnung (ZStV15) werden zu gegebener Zeit entsprechend angepasst.

4.1.2

Weitere Bestimmungen des Eherechts

Bei allen weiteren Bestimmungen des Eherechts (Ehescheidung und Ehetrennung, Wirkungen der Ehe im Allgemeinen, Güterrecht) wird der Anwendungsbereich automatisch auf gleichgeschlechtliche Paare erweitert. In der deutschen Fassung werden Artikel 160 und 182 ZGB dementsprechend geschlechtsneutral formuliert.

4.2

Auswirkungen der Öffnung der Ehe

Gleich verhält es sich bei allen übrigen Bestimmungen der Rechtsordnung, die für bestimmte Rechte und Pflichten an den Bestand einer Ehe anknüpfen, wie auch bei den auf die Ehe anwendbaren verfahrensrechtlichen Bestimmungen. Der persönliche Anwendungsbereich wird sich mit der Öffnung der Ehe automatisch erweitern: Die betroffenen Regeln werden künftig sowohl auf verschieden- wie auf gleichgeschlechtliche Ehepaare Anwendung finden. Unterschiedliche Kategorien von Ehen sind nicht zulässig. Aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung und des Verbots einer Diskriminierung sind Unterscheidungen nur erlaubt, wenn dafür sachliche Gründe vorgebracht werden können. Dabei ist vor allem zu beachten, dass gemäss Artikel 8 Absatz 2 BV eine Diskriminierung wegen der «Lebensform» oder des «Geschlechts» unzulässig ist. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung erfasst das Merkmal «Lebensform» Diskriminierungen zufolge der sexuellen Orientierung und das Merkmal «Geschlecht» Diskriminierungen zufolge der Geschlechtsidentität.

Homosexualität beziehungsweise das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare stellen somit keine sachlichen Gründe dar, mit denen eine Unterscheidung gerechtfertigt werden kann.16 Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs der bestehenden Normen ist überall dort unproblematisch, wo bereits das geltende Recht den eingetragenen Partnerinnen und Partnern ausdrücklich die gleichen Rechte und Pflichten wie den Eheleuten zuerkennt. Wo dagegen das geltende Recht eine unterschiedliche Regelung für Ehe und eingetragene Partnerschaft vorsieht (beispielswiese beim Bürgerrecht und bei der gemeinschaftlichen Adoption), an das Geschlecht der Ehegatten anknüpft (wie bei den Hinterlassenenrenten), oder die Verschiedengeschlechtlichkeit der Eheleute voraussetzt (wie beim Zugang zur Fortpflanzungsmedizin), ist im Folgenden auszuführen, welche Auswirkungen der Öffnung der Ehe zukommen werden (siehe Ziff. 4.2.1­4.2.3).

15 16

Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004, SR 211.112.2.

Siehe Gutachten BJ, S. 7 f.

8607

BBl 2019

4.2.1

Bürgerrecht

Im Bereich des Bürgerrechts wird eine Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft getroffen. Auch im neuen Bürgerrechtsgesetz (BüG)17, das am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, sind die Einbürgerungsvoraussetzungen für Personen, die mit Schweizern und Schweizerinnen verheiratet sind, anders als für Personen in eingetragener Partnerschaft mit einem Schweizer oder einer Schweizerin definiert (siehe Art. 10 und 21 BüG).

Die Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft und der Ehe im Einbürgerungsverfahren ist nicht Gegenstand dieser Vorlage, auch wenn mit der parlamentarischen Initiative 13.468 eine Anpassung von Artikel 38 BV beantragt wurde: Eine Vorlage zur Gleichstellung von eingetragener Partnerschaft und Ehe im Einbürgerungsverfahren hat im Nationalrat am 14. März 2016 mit 122 zu 62 Stimmen bereits eine Mehrheit gefunden. Die Vorlage, welche mehrere parlamentarische Initiativen umsetzt (pa. Iv. 13.418 der Grünliberalen Fraktion, pa. Iv. 13.419 der Fraktion der Bürgerlich-Demokratischen Partei, pa. Iv. 13.420 der Grünen Fraktion, pa. Iv.

13.421 der Sozialdemokratischen Fraktion sowie pa. Iv. 13.422 von NR Doris Fiala)18, wurde dann aber im Ständerat am 26. September 2016 gemäss Artikel 87 Absatz 3 ParlG sistiert. Die Staatspolitische Kommission (SPK-S) stellte dem Rat entsprechend Antrag, weil ihrer Ansicht nach abgewartet werden soll, bis die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates eine Vorlage zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative «Ehe für alle» (13.468) erarbeitet hat. Der Nationalrat stimmte dem Entscheid des Ständerates am 16. Dezember 2016 zu.

Unabhängig von der Frage der Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft und der Ehe im Einbürgerungsverfahren ist die Kommission der Ansicht, dass mit der Öffnung der Ehe die Bestimmungen betreffend die Einbürgerungsvoraussetzungen für Personen, die mit einer Schweizerin oder einem Schweizer verheiratet sind, sowohl auf verschieden- wie auf gleichgeschlechtliche Ehepaare Anwendung finden werden. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der hier eine Unterscheidung rechtfertigen könnte.

Im Vernehmlassungsverfahren hat sich gezeigt, dass der Randtitel von Artikel 21 BüG in der deutschen Fassung angepasst werden müsste. 19 Diese Bestimmung wird jedoch nicht im Rahmen des vorliegenden Projekts geändert. Die
Kommission ist der Ansicht, dass im jetzigen Zeitpunkt nicht verschiedene sehr punktuelle Anpassungen vorgenommen werden sollen, sondern vielmehr jeweils eine grundsätzliche Revision der betreffenden Gesetze abgewartet werden soll, um dann auch die Anpassungen zu integrieren, welche mit der Öffnung der Ehe für alle Paare notwendig werden. Bis dahin können die sich stellenden Fragen auf dem Weg der Auslegung gelöst werden.

17 18

19

Bundesgesetz über das Schweizer Bürgerrecht vom 20. Juni 2014, SR 141.0.

Siehe auch das Postulat 18.3171 Guldimann, übernommen durch NR Wermuth, «Erleichterte Einbürgerung für eingetragene Partnerinnen einer Schweizerin bzw.

eingetragene Partner eines Schweizers mit Wohnsitz im Ausland».

Ergebnisbericht, S. 15.

8608

BBl 2019

4.2.2

Hinterlassenenrenten

Artikel 13a Absatz 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)20 hält fest, dass eine eingetragene Partnerschaft im Sozialversicherungsrecht einer Ehe gleichgestellt ist, solange sie dauert. Stirbt eine Partnerin oder ein Partner, so ist die überlebende Person gemäss Absatz 2 dieser Bestimmung einem Witwer gleichgestellt. Witwen- und Witwerrenten unterstehen aber unterschiedlichen Voraussetzungen, und die Rechte der Witwer gehen weniger weit als diejenigen der Witwen (siehe dazu Ziff. 6.1). Diese Problematik bildet Gegenstand zweier parlamentarischer Vorstösse: Motion 17.3679 Maury Pasquier «Überlebende Partnerinnen sind ganz normale Witwen» (erledigt; zurückgezogen) und dem Postulat 17.3838 Feri «Anpassungen im Hinblick auf die Gleichstellung bei den Sozialversicherungen» (im Rat noch nicht behandelt).

Eine Gleichstellung der eingetragenen Partnerinnen mit den Ehefrauen im Bereich der Hinterlassenenrenten ist nicht Gegenstand dieser Vorlage (siehe Ziff. 6.1). Mit der Öffnung der Ehe werden aber die Bestimmungen betreffend die Witwenrenten aufgrund ihres unmissverständlichen Wortlautes auf alle Ehegattinnen Anwendung finden, auch bei einer Ehe zwischen zwei Frauen. Dies ist vor allem für diejenigen Frauen von Bedeutung, deren Ehegattin bereits vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters verstirbt. Einer Person, die gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Hinterlassenenrente und für eine Alters- oder Invalidenrente erfüllt, wird nur die höhere Rente ­ d. h. die (um den Verwitwetenzuschlag erhöhte) Altersrente ­ ausgerichtet (Art. 24b Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)21). Gleich verhält es sich mit den Hinterlassenenrenten nach dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG)22 (Art. 31 Abs. 4 UVG).

4.2.3

Zugang zur gemeinschaftlichen Adoption und Fortpflanzungsmedizin

Gemäss Artikel 28 des PartG sind Personen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, weder zur Adoption noch zu fortpflanzungsmedizinischen Verfahren zugelassen. Diese Bestimmung wird mit dieser Vorlage nicht geändert. Es stellt sich aber die Frage der Auswirkungen der Öffnung der Ehe in diesen beiden Bereichen.

4.2.3.1

Zugang zur gemeinschaftlichen Adoption

Bei der Verabschiedung der Botschaft zum PartG im Jahr 2002 wurde die Weigerung, eingetragenen Partnerinnen und Partnern den Zugang zur gemeinschaftlichen Adoption zu öffnen, vor allem mit der Tatsache begründet, dass die Zulassung gleichgeschlechtlicher Paare zur Adoption dazu führen würde, «dass ein Kind ent20 21 22

Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000, SR 830.1.

Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, SR 831.10.

Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, SR 832.20.

8609

BBl 2019

gegen dem natürlichen Kindesverhältnis rechtlich zwei Mütter oder zwei Väter hätte. Das würde das Kind in eine Ausnahmesituation bringen, die sich auf jeden Fall in der heutigen Gesellschaft nicht rechtfertigen liesse». 23 Diese Überlegung ist nicht mehr zeitgemäss. Seit mehreren Jahren werden im Ausland erfolgte Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare in der Schweiz anerkannt.24 In den letzten Jahren ist ausserdem eine «Zunahme offen gelebter gleichgeschlechtlicher Partnerschaften festzustellen, die teilweise auch gemeinsam Kinder grossziehen». 25 Schliesslich ist es seit dem Inkrafttreten der jüngsten Revision des Adoptionsrecht am 1. Januar 2018, mit welcher der Gesetzgeber zumindest die Stiefkindadoption auch für eingetragene Partnerschaften zugelassen hat, nun auch in der Schweiz möglich, dass ein Kind nicht nur einen Vater und eine Mutter, sondern stattdessen zwei Väter oder zwei Mütter hat. Das Geschlecht der Eheleute stellt so kein Hindernis für den Zugang zur Adoption mehr dar. Mit der Öffnung der Ehe werden die Bestimmungen betreffend die gemeinschaftliche Adoption durch verheiratete Personen (Art. 264a Abs. 1 ZGB) sowohl auf verschieden- wie auf gleichgeschlechtliche Ehepaare Anwendung finden. In sämtlichen Ländern, in denen die Ehe für alle Paare geöffnet wurde, haben gleichgeschlechtliche Eheleute die Möglichkeit, gemeinschaftlich zu adoptieren, wobei klarzustellen ist, dass damit kein Recht auf eine Adoption eingeräumt, sondern nur ein Zugang zum Adoptionsverfahren geschaffen wird.

4.2.3.2

Zugang zur Fortpflanzungsmedizin

Die Frage des Zugangs zu fortpflanzungsmedizinischen Verfahren ist komplexer.

Gemäss den Materialien und einem Teil der Lehre beruht der Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare von den Fortpflanzungsverfahren direkt auf der Bundesverfassung (Art. 119 Abs. 2 Bst. c BV), da der verfassungsrechtliche Begriff der Unfruchtbarkeit nur auf verschiedengeschlechtliche Paare anwendbar sein könne. Folgt man dieser Meinung, ist für die Öffnung des Zugangs zur Fortpflanzungsmedizin eine Verfassungsänderung notwendig.26 Folgt man hingegen der von einem anderen Teil der Lehre und einem Gutachten von Prof. Dr. Andreas Ziegler vom 19. Januar 2018 vertretenen Meinung, kann der Begriff der Unfruchtbarkeit in Artikel 119 Absatz 2 Buchstabe c BV so gelesen werden, dass er keine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare vorsieht. Zweck der Bestimmung ist gemäss dieser Ansicht vielmehr die Verhinderung des Missbrauchs der Fortpflanzungsmedizin; der Aus-

23 24

25 26

Botschaft zum Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare vom 29. November 2002, BBl 2003 1320.

Siehe Stellungnahme des Bundesrates vom 14. Mai 2008 zur Interpellation 08.3157 Mario Fehr «Aufhebung des Adoptionsverbotes für Lesben und Schwule»: «3. [...] eine im Ausland erfolgte Adoption eines Kindes durch Personen gleichen Geschlechts [kann] grundsätzlich auch in der Schweiz anerkannt werden».

Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Adoption) vom 28. November 2014, BBl 2015 890.

Siehe Gutachten BJ, S. 8 m.w.H.

8610

BBl 2019

schluss gleichgeschlechtlicher Paare von den Fortpflanzungsverfahren könne damit nicht begründet werden.27 Vor diesem Hintergrund hatte die Kommission am 14. Februar 2019 entschieden, die vom BJ erarbeitete Kernvorlage mit einer Änderung der Bestimmungen über die Entstehung des Kindesverhältnisses im Zivilgesetzbuch (ZGB) zu ergänzen, die den Zugang zum fortpflanzungsmedizinischen Verfahren der Insemination mit gespendeten Samenzellen für weibliche Ehepaare ermöglichen würde. Diese Änderung wurde als «Variante» in die Vernehmlassung geschickt.

Auch wenn diese Variante von vielen Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst wurde28, hat die Kommission entschieden, sie nicht in die Kernvorlage aufzunehmen.

22 Kantone haben gegen die Behandlung dieser Fragen in der Kernvorlage Stellung genommen.29 Die Kommission ist deshalb der Ansicht, dass die Vorlage damit nicht mehr mehrheitsfähig wäre. Sie möchte die Fragen der Fortpflanzungsmedizin erst in einem nächsten Schritt angehen.

Eine Minderheit (Flach, Aebischer Matthias, Arslan, Bauer, Burkart, Fehlmann Rielle, Markwalder, Marti Min Li, Mazzone, Merlini, Naef, Wasserfallen Flavia) beantragt hingegen weiterhin die Ergänzung der Kernvorlage durch Artikel 252 Absatz 2 und 259a E-ZGB. Durch die Anpassung dieser Bestimmungen betreffend die Entstehung des Kindesverhältnisses im ZGB wird eine Samenspende nach Artikel 3 Absatz 3 des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG)30 auch für miteinander verheiratete Frauen ermöglicht. Eine Änderung des FMedG ist dabei nicht notwendig: Mit der Einführung der originären Elternschaft (Elternschaft ab Geburt) der Ehefrau der Mutter im ZGB ist die Voraussetzung von Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a FMedG, wonach Fortpflanzungsverfahren nur bei Paaren angewendet werden dürfen, zu denen ein Kindesverhältnis im Sinne der Artikel 252­263 ZGB begründet werden kann, erfüllt. Der weitere Wortlaut des FMedG, insbesondere derjenige von Artikel 3 Absatz 3 FMedG, wonach gespendete Samenzellen nur bei Ehepaaren verwendet werden dürfen, steht dem Zugang zur Samenspende für weibliche Ehepaare mit der Öffnung der Ehe nicht entgegen.

4.3

Umwandlung einer bestehenden eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe

Mit der Öffnung der Ehe für alle Paare ist zu entscheiden, wie mit der Situation von gleichgeschlechtlichen Paaren, die ihre Partnerschaft vor dem Inkrafttreten der vorliegenden Änderung eintragen liessen und die nun gerne eine Ehe abschliessen möchten, umzugehen ist.

27

28 29 30

ZIEGLER ANDREAS R., Kurzgutachten zur Frage des Zugangs gleichgeschlechtlicher Paare zu fortpflanzungsmedizinischen Verfahren in der Schweiz (Auslegung des Begriffs der «Unfruchtbarkeit» in Art. 119 Abs. 2 Bst. c BV), 2019/01/19. Avis de droit, Lesbenorganisation Schweiz (LOS), S. 15 f.; abrufbar unter: www.unil.ch > Recherche > Publications > serval > Ziegler [serval:BIB_2F3DA0DD2F66].

Ergebnisbericht, S. 17.

Ergebnisbericht, S. 20.

Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (Fortpflanzungsmedizingesetz), SR 810.11.

8611

BBl 2019

Seit dem Inkrafttreten des PartG am 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2018 wurden in der Schweiz 10 226 eingetragene Partnerschaften begründet (und 1349 gerichtlich aufgelöst).31. Gemäss dem Statistischen Jahrbuch der Schweiz gab es in der Schweiz 2017 16 400 Personen, die in einer eingetragenen Partnerschaft lebten; im Jahr 2016 waren es 15 300 Personen und im Jahr 2015 14 300. Pro Jahr stieg die Zahl somit um 1000 Personen.32 Die Möglichkeit der Umwandlung kann ausserdem für Personen gegeben sein, die vor dem Inkrafttreten der Öffnung der Ehe im Ausland in eingetragener Partnerschaft (nach schweizerischem oder ausländischem Recht) leben (siehe Ziff. 5.3.4). Die Frage der Umwandlung wird damit potenziell die Situation von mehr als 16 000 Personen beziehungsweise 8000 Paaren betreffen.

4.3.1

Verfahren zur Umwandlung

Eine bestehende eingetragene Partnerschaft kann nicht von Gesetzes wegen, das heisst ohne aktive Mitwirkung der Betroffenen, in eine Ehe umgewandelt werden.

Eine solche Regelung wäre mit der verfassungsrechtlich garantierten Ehefreiheit (Art. 14 BV) nicht vereinbar, da diese auch die Freiheit, nicht heiraten zu müssen, garantiert. Den eingetragenen Partnerinnen und Partnern steht deshalb die Wahl zu, entweder weiterhin in einer eingetragenen Partnerschaft zu leben oder diese in eine Ehe umzuwandeln.

Entscheiden sich die eingetragenen Partnerinnen oder Partner dazu, ihre eingetragene Partnerschaft umzuwandeln, so ist die Kommission der Ansicht, dass eine vorgängige Auflösung der Partnerschaft und eine nachfolgende Eheschliessung für die betroffenen Personen nicht zumutbar sind. Hätten die eingetragenen Partnerinnen und Partner bereits im Zeitpunkt der Eintragung ihrer Partnerschaft heiraten dürfen, hätten dies viele von ihnen vermutlich auch gemacht. Nach der Öffnung der Ehe wollen sich diese Paare nicht trennen, sondern ihre Beziehung als Ehe weiterführen.

Ein Umweg über eine Auflösung erscheint unter diesen Umständen als unangemessen; vielmehr soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass diese Paare ihre eingetragene Partnerschaft ohne unnötige bürokratische Hürden in eine Ehe umwandeln können (siehe Art. 35 E-PartG).

Die Umwandlung soll mit einer einfachen Erklärung gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten ermöglicht werden. Die Abgabe der Umwandlungserklärung ist nicht an eine bestimmte Frist gebunden und kann jederzeit erfolgen. Sobald beide Partnerinnen oder beide Partner die entsprechende Umwandlungserklärung unterzeichnet haben, gelten sie als Eheleute: Ihr Zivilstand wird mittels entsprechender Beurkundung im Personenstandsregister in «verheiratet» geändert. Für diejenigen Paare, die dies wünschen, kann die Abgabe der Umwandlungserklärung auch im Rahmen einer Zeremonie analog der Trauung erfolgen (Art. 35 Abs. 3 E-PartG). Festzuhalten ist, dass auch in diesem Fall eine Umwand31

32

Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Bevölkerung > Heiraten, eingetragene Partnerschaften und Scheidungen > Eingetragene Partnerschaften und Auflösungen > Eingetragene und aufgelöste Partnerschaften nach Geschlecht und Kanton, 2007­2018.

Siehe Statistisches Jahrbuch 2019, S. 39.

8612

BBl 2019

lung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe erst mit der Unterzeichnung der Erklärung erfolgt.

4.3.2

Die Auswirkungen der Umwandlung

Die Kommission ist der Ansicht, dass eine durch eine solche Umwandlung entstandene Ehe im Hinblick auf ihre künftigen Auswirkungen so zu behandeln ist, wie wenn die Ehe bereits bei Eintragung der Partnerschaft abgeschlossen worden wäre.

Eine eingetragene Partnerschaft hat ohnehin in vielen Bereichen die gleichen Rechtsfolgen wie die Ehe.33 In diesen Bereichen führt die Umwandlung nicht zu einer Änderung der Situation und hat daher keine (neue) Auswirkungen: Haben die Partnerinnen oder Partner zum Beispiel bei der Eintragung der Partnerschaft entschieden, ihren Namen zu behalten (Art. 12a bzw. Übergangsbestimmung Art. 37a PartG), erhalten sie nun mit der Umwandlung nicht erneut die Möglichkeit, einen gemeinsamen Namen zu bestimmen. Ein Ehegatte behält aber selbstverständlich die Möglichkeit, eine Namensänderung im Rahmen von Artikel 30 ZGB zu beantragen.

Die Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe wird keine Auswirkungen auf die Kinder der Partnerin oder des Partners haben. Die Entstehung eines Kindesverhältnisses zum Kind des Ehegatten bestimmt sich nach den Regeln der Stiefkindadoption (Art. 264c ZGB); sofern bereits ein Adoptionsverfahren eingeleitet wurde, läuft dieses entsprechend den geltenden Bestimmungen weiter.

Bei Bestimmungen, die für Rechtswirkungen an die Dauer der Ehe anknüpfen, soll dabei die Dauer der vorangegangenen eingetragenen Partnerschaft angerechnet werden (Art. 35a Abs. 2 E-PartG), damit diejenigen Paare, die sich für eine Umwandlung entscheiden, nicht schlechter gestellt werden als diejenigen, die ihre eingetragene Partnerschaft weiterführen oder diejenigen, die von Beginn weg eine Ehe abschliessen konnten. Dagegen soll nach Ansicht der Kommission im Bereich des Güterrechts der im Eherecht geltende ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (Art. 181 ZGB) erst ab dem Zeitpunkt der Umwandlung Anwendung finden, sofern die Eheleute nicht etwas anderes vereinbaren (Art. 35a Abs. 3 E-PartG).

4.4

Weitergeltung des PartG für bereits bestehende eingetragene Partnerschaften

Nach der Öffnung der Ehe für alle Paare können keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden. Die bereits bestehenden eingetragenen Partnerschaften können aber weitergeführt werden (siehe Ziff. 2.3).

Eingetragene Partnerschaften werden damit noch während langer Zeit bestehen bleiben. Das PartG bleibt dementsprechend weiterhin in Kraft, wobei jedoch insbeson-

33

Siehe tabellarische Übersicht des BJ «Ehe und eingetragene Partnerschaft: Wichtigste Gemeinsamkeiten und Unterschiede»; abrufbar unter: www.parlament.ch > Curia vista > 13.468 > weiterführende Links.

8613

BBl 2019

dere dessen erstes und zweites Kapitel und damit auch der Gegenstand des Gesetzes angepasst werden (siehe Ziff. 7.2).

Bei der Prüfung des geltenden Rechts hat sich zudem gezeigt, dass es einen kleinen Teil von Bestimmungen gibt, bei denen bisher keine Regelung für die eingetragene Partnerschaft getroffen wurde, dies jedoch ohne begründete Entscheidung des Gesetzgebers.34 Dies betrifft beispielsweise im ZGB Artikel 38 Absatz 3 (Auflösung der Ehe bei Verschollenerklärung), Artikel 68 (Ausschliessung vom Stimmrecht beim Verein), Artikel 344 Absatz 2 (Auflösung der Gemeinderschaft), Artikel 503 (Mitwirkende Personen bei der Errichtung einer letztwilligen Verfügung) und Artikel 574 (Ausschlagung der Erbschaft). Soweit ersichtlich haben sich in der Praxis bis anhin hier aber keine Probleme ergeben: Diese Bestimmungen sind auf eingetragene Partnerschaften analog anzuwenden. Da die eingetragenen Partnerschaften mit der Zeit verschwinden werden, wird davon abgesehen, diese Bestimmungen im Rahmen dieser Vorlage zu ergänzen.

Solange es noch eingetragene Partnerschaften geben wird, bleibt das PartG weiterhin in Kraft. Das ganze PartG wird damit zu einer Art Übergangsregelung. Erst nach dem Verschwinden der letzten eingetragenen Partnerschaft soll das PartG aufgehoben und die übrige Rechtsordnung entsprechend nachgeführt werden.

5

Internationales Privatrecht

5.1

Allgemeines

Die Öffnung der Ehe für alle Paare unabhängig vom Geschlecht der Eheleute wirft auch im Bereich des Internationalen Privatrechts Fragen auf, da es eine grosse Anzahl Paare in einer internationalen Konstellation gibt (unterschiedliche Nationalitäten, internationale Wohnsitzwechsel, Wohnsitze in verschiedenen Ländern, usw.).

Die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts regeln die Zuständigkeit der Behörden, das anwendbare Recht und die Anerkennung ausländischer Entscheidungen. Diese Bestimmungen müssen die Rechtssicherheit gewährleisten, insbesondere in Bezug auf den Abschluss oder die Auflösung einer Ehe in der Schweiz, sowie in Bezug auf die Anerkennung und die Rechtswirkungen einer im Ausland geschlossenen oder aufgelösten Ehe. Ähnliche Fragen stellen sich auch im Zusammenhang mit den eingetragenen Partnerschaften, die im Ausland weiterhin geschlossen werden können, selbst wenn in der Schweiz keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden dürfen (siehe Ziff. 2.3).

Die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts haben weder den gleichen Zweck noch den gleichen Geltungsbereich wie das materielle Recht. Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 198735 über das Internationale Privatrecht (IPRG) kommen im internationalen Kontext zur Anwendung. Sie müssen also nicht nur die durch das Schweizer Recht geregelten Formen des Zusammenlebens in internationalen Situationen erfassen, sondern auch die Anerkennung der verschiedenen 34 35

Siehe Arbeitspapier BJ vom 27. März 2018, S. 5 f.

SR 291

8614

BBl 2019

durch ausländisches Recht geregelten Formen von Lebensgemeinschaften 36 in der Schweiz sowie ihre Auswirkungen in der Schweizer Rechtsordnung regeln.

Die meisten der auf die oben genannten Fragen anwendbaren Bestimmungen des IPRG werden im Rahmen dieser Revision nicht geändert. In der Tat gelten nämlich bereits heute zum grössten Teil die gleichen Bestimmungen für die Ehe zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts wie für die eingetragene Partnerschaft von Personen gleichen Geschlechts. Diese Bestimmungen können nun auch auf gleichgeschlechtliche Ehen angewendet werden. Infolgedessen ergeben sich auf der Ebene des Internationalen Privatrechts nur sehr wenige übergangsrechtliche Fragen, da die Revision nicht primär die kollisionsrechtlichen Bestimmungen zum Gegenstand hat, sondern sich vielmehr auf das materielle Recht auswirkt, das bei einem Verweis des Internationalen Privatrechts auf das Schweizer Recht zur Anwendung kommt.

Angesichts der praktischen Auswirkungen auf die betroffenen Personen werden in den nachfolgenden Erläuterungen nicht nur die Grundzüge des Internationalen Privatrechts dargestellt, sondern es wird auch kurz auf die internationalen Konstellationen eingegangen, in denen die Änderung des materiellen schweizerischen Rechts Auswirkungen hat, und zwar auch in den Fällen, in denen sich die Bestimmungen des IPRG gar nicht ändern. Die Änderungen der Bestimmungen des IPRG sind den Erläuterungen unter Ziffer 7.3 zu entnehmen.

5.2

Eherecht (Kapitel 3 IPRG)

5.2.1

Anwendung der geltenden Bestimmungen auf alle Ehen

Die Öffnung der Ehe für alle Paare im schweizerischen Recht führt automatisch zur Anwendung der Bestimmungen des 3. Kapitels IPRG (Eherecht) auf gleichgeschlechtliche Ehepaare. Die Schweizer Behörden werden das Institut der Ehe nach der vom Gesetzgeber beabsichtigten (neuen) Auffassung auslegen, was dazu führen wird, dass die Ehe von Personen gleichen Geschlechts unter die Kategorie «Ehe» zu subsumieren ist. Es ist nicht notwendig, dies im Gesetz explizit festzuhalten; es genügt, Artikel 45 Absatz 3 IPRG aufzuheben, wonach «eine im Ausland gültig geschlossene Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts [...] in der Schweiz als eingetragene Partnerschaft anerkannt [wird]». Inskünftig wird eine solche Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts als Ehe anerkannt.

Die Anwendung der geltenden Bestimmungen des IPRG auf jede Ehe, unabhängig vom Geschlecht der Eheleute, führt insgesamt zu guten Ergebnissen. Dabei ist aber zu bedenken, dass die gleichgeschlechtliche Ehe weltweit noch relativ selten ist, auch wenn sie in den meisten Nachbarländern der Schweiz schon bekannt ist (siehe Ziff. 2.1). Die allgemeinen Bestimmungen des 3. Kapitels müssen deshalb durch besondere Bestimmungen ergänzt werden, so wie dies für die eingetragene Partnerschaft im Kapitel 3a getan worden war.

36

Vgl.: www.isdc.ch > Publikationen > E-Avis > Avis sur la possibilité d'inscrire des unions étrangères dans le registre de l'état civil suisse, Stand 13. März 2017.

8615

BBl 2019

Um Lücken in der Zuständigkeit, im anwendbaren Recht und bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen zu vermeiden, werden die meisten der für eingetragene Partnerschaften entwickelten Lösungen (Art. 65b­d IPRG) mutatis mutandis in das Kapitel Eherecht verschoben. Dies gilt für den subsidiären Gerichtsstand am Ort der Eheschliessung (Art. 60a E-IPRG), die Möglichkeit, das Recht des für die Eheschliessung zuständigen Staates zu wählen (Art. 52 Abs. 2 E-IPRG) sowie die Anerkennung ausländischer Entscheidungen, die im Staat der Eheschliessung ergangen sind (Art. 50 Bst. b und 65 Abs. 1 Bst. c E-IPRG). Hingegen wird die subsidiäre Anwendung des schweizerischen Rechts, wenn das bezeichnete ausländische Recht keine Bestimmungen über das fragliche Institut enthält (Art. 65c Abs. 1 IPRG), nicht in das Eherecht übernommen. Die ersatzweise Anwendung des schweizerischen Rechts ist in der Tat nicht notwendig, da alle ausländischen Rechtsordnungen die Ehe zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts vorsehen, deren Bestimmungen sinngemäss auf die Ehe gleichgeschlechtlicher Personen angewendet werden können. Falls erforderlich kann das Gericht sich auf andere Bestimmungen des betreffenden Rechts stützen oder sich auf die Ausnahmeklausel (Art. 15 IPRG) berufen.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die IPRG-Bestimmungen über die Anerkennung der Eheschliessung im Ausland (Art. 45 IPRG; dazu Ziff. 5.2.2) nur auf die Statusfrage beschränkt sind; die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen und das Ehegüterrecht (dazu Ziff. 5.2.3 f.) werden jedoch gesondert angeknüpft, da das internationale Privatrecht das Ziel verfolgt, für jeden Sachverhalt das Recht zur Anwendung zu bringen, das zur sich stellenden Frage den engsten Bezug aufweist. Daran ändert die Eintragung einer im Ausland geschlossenen Ehe im Schweizer Personenstandsregister nichts. Bei einer in Deutschland geschlossenen Ehe zwischen zwei Personen isländischer beziehungsweise englischer Nationalität kann sich z. B. der Name der Ehegatten nach isländischem Recht richten, während das Güterrecht englischem Recht untersteht und die spätere Auflösung der Ehe in der Schweiz nach Schweizer Recht entschieden wird. Auch die Frage des Sorgerechts für die Kinder oder die Anerkennung eines im Ausland begründeten Kindsverhältnisses werden gesondert angeknüpft und unterstehen nicht dem Eherecht.

5.2.2

Anerkennung und Eintragung der im Ausland geschlossenen Ehen

Einleitend sei auf den Unterschied zwischen der Anerkennung eines ausländischen Zivilstandsereignisses (z. B. Eheschliessung) und der Eintragung in das schweizerische Personenstandsregister hingewiesen: Jede im Ausland gültig geschlossene Ehe wird in der Schweiz grundsätzlich anerkannt (Art. 45 i.V.m. Art. 25 ff. IPRG), d. h.

kann in der Schweiz Wirkungen entfalten. Nicht jede in der Schweiz anerkannte Ehe wird aber in der Schweiz von den Zivilstandsbehörden ins Personenstandsregister eingetragen: Es ist nämlich nicht die Aufgabe des schweizerischen Personenstandsregisters, die Anerkennung aller ausländischer Zivilstandsereignisse zu bestätigen.

Das Register bezweckt nur ­ aber immerhin -, Auskunft über jene Zivilstandsereig-

8616

BBl 2019

nisse zu geben, die in der Schweiz erfolgt sind37 oder Schweizer Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen betreffen38. Eheschliessungen ausländischer Staatsangehöriger, die im Ausland erfolgt sind, werden also nicht systematisch ins schweizerische Personenstandsregister eingetragen, selbst wenn das Paar seinen Wohnsitz in der Schweiz hat oder später in die Schweiz zieht. Auch ohne Eintragung im schweizerischen Personenstandsregister kann ein ausländisches Zivilstandsereignis aber volle Wirkung entfalten, z. B. wenn an das Bestehen der im Ausland geschlossenen Ehe gewisse Rechtsfolgen wie etwa Unterhaltsansprüche geknüpft werden.39 Die vorliegende Revision hat deshalb die gleichen Auswirkungen auf alle verheirateten Paare, unabhängig von ihrem Geschlecht, von ihrer Eintragung oder Nichteintragung im schweizerischen Personenstandsregister und vom Zeitpunkt der Eheschliessung: Ihre Ehe wird inskünftig als Ehe anerkannt, da dies nunmehr mit dem schweizerischen Ordre public vereinbar ist.

Wurde die im Ausland geschlossene Ehe gleichgeschlechtlicher Paare vor der vorliegenden Revision noch nicht im schweizerischen Personenstandsregister eingetragen, kann sie inskünftig als Ehe eingetragen werden, sofern die Voraussetzungen für die Eintragung gegeben sind. Wurde die im Ausland geschlossene Ehe gleichgeschlechtlicher Paare zuvor in der Schweiz als eingetragene Partnerschaft (siehe Art. 45 Abs. 3 IPRG) im Personenstandsregister eingetragen, ist der Eintrag zu aktualisieren. Anders als bei den Personen, die vor der vorliegenden Revision im Ausland eine eingetragene Partnerschaft geschlossen haben und denen inskünftig die Wahl gegeben wird, ob sie ihre Partnerschaft in eine Ehe umwandeln wollen oder nicht (dazu hinten Ziff. 5.3.3), geht es in den hier interessierenden Situationen um Paare, die im Ausland heiraten wollten, deren Ehe im Ausland gültig geschlossen wurde, aber denen aufgrund der Rechtslage in der Schweiz bisher die Eintragung ihrer Ehe als solche verweigert wurde. Eine automatische Aktualisierung des Eintrags kommt aus praktischen Gründen der Registerführung nicht in Frage. Der Eintrag wird daher auf Antrag der betroffenen Personen unabhängig von einem konkreten Zivilstandsvorfall oder bei der Eintragung eines neuen Zivilstandsereignisses, das eine Ehepartnerin oder einen Ehepartner betrifft
(z. B. Geburt eines Kindes), gestützt auf die ausländische Eheschliessungsurkunde aktualisiert.40 Es kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die betroffenen Paare - die wie gesagt im Ausland geheiratet haben und denen bisher die Eintragung ihres tatsächlichen Zivilstandes im Schweizer Register verweigert worden war - von sich aus die Aktualisierung ihres Eintrags beantragen werden. Die Aktualisierung ist von Amtes wegen vorzunehmen, wenn die Urkundsperson des Zivilstandsamtes anlässlich der Eintragung eines neuen Zivilstandsereignisses Kenntnis davon erhält, dass die bisherige Registrierung als eingetragene Partnerschaft nicht der im Ausland

37 38 39

40

Art. 15a ZStV Art. 39 ZStV Siehe ANDREAS BUCHER, in: Andreas Bucher (Hrsg.), Commentaire Romand Loi sur le Droit International Privé/Convention de Lugano, Basel 2011, Nr. 33 zu Art. 45 IPRG; CORINNE WIDMER LÜCHINGER, in: Markus Müller-Chen/Corinne Widmer Lüchinger (Hrsg.), Zürcher Kommentar zum IPRG, Zürich 2018, Nr. 61 zu Art. 45 und Nr. 93 f. zu Art. 65a IPRG.

Art. 16 Abs. 1 Bst. c ZStV

8617

BBl 2019

geschlossenen Ehe entspricht und ihr die ausländische Eheschliessungsurkunde zumindest in Kopie vorliegt.

5.2.3

Wirkungen der Ehe im Allgemeinen

Die Bestimmungen des 3. Kapitels IPRG über die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen können zur Anwendung in- oder ausländischen Rechts führen. Wenn das ausländische Recht die gleichgeschlechtliche Ehe nicht vorsieht, sind grundsätzlich dessen Regeln betreffend die Ehe zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts sinngemäss anzuwenden.

5.2.4

Ehegüterrecht

Die bei Fehlen einer Rechtswahl anwendbaren IPRG-Bestimmungen (Art. 54 f.

IPRG) bleiben unverändert. Sie sind von der Aufhebung von Artikel 45 Absatz 3 IPRG nicht betroffen, da die für das Ehegüterrecht geltenden Kollisionsnormen unabhängig von denjenigen sind, die die Anerkennung des Status des ausländischen Instituts regeln.

Bei Verweisen von Kollisionsnormen auf Schweizer Recht kommt es jedoch zu einer wichtigen Änderung. Derzeit kommt nach der vorherrschenden Lehrmeinung41 in einer solchen Situation für gleichgeschlechtliche Paare, die im Ausland geheiratet haben, Artikel 18 PartG zum Tragen, wonach jede Person über das eigene Vermögen verfügt (im Ergebnis: Gütertrennung), es sei denn, sie haben einen Ehevertrag abgeschlossen. Nach dem Inkrafttreten dieser Revision gilt jedoch automatisch und rückwirkend der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, sofern nicht in einem Vermögensvertrag oder in einem Ehevertrag etwas anderes vereinbart wurde (Art. 9g Abs. 1 E-SchlT ZGB). Damit kommen auf die im Ausland geschlossenen Ehen endlich die Vorschriften des (ehelichen) Güterrechts zur Anwendung, die auch dem von den Parteien gewählten Personenstand der Ehe entsprechen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Paar bisher im schweizerischen Personenstandsregister eingetragen war oder nicht.

Diese Rückwirkung kann unter Umständen schwerwiegende Folgen auf bereits erworbene Rechte der Ehegatten haben (die Leistungen von Sozialversicherungen werden zum Beispiel zu Errungenschaft, die gemäss Art. 197 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB zu teilen sind). Aus diesem Grund ist die Kommission der Ansicht, dass in diesen Konstellationen jeder Ehegatte die Möglichkeit haben sollte, durch einfache und einseitige schriftliche Erklärung den Güterstand von Artikel 18 PartG bis zum Inkrafttreten der Revision beizubehalten, ohne zu diesem Zweck einen Ehevertrag abschliessen zu müssen. Diese Frage kann nicht in den Übergangsbestimmungen zum IPRG geregelt werden, da die Kollisionsnormen unverändert bleiben; geändert werden vielmehr die materiellen Bestimmungen, die im Falle eines Verweises auf Schweizer Recht zur Anwendung kommen. Deshalb wird im Schlusstitel des ZGB 41

Siehe die Verweise in Fussnote 39.

8618

BBl 2019

eine neue Bestimmung eingeführt (Art. 9g Abs. 2 E-SchlT ZGB). Ohne entsprechende Erklärung kommt rückwirkend der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung zur Anwendung. Ist beim Inkrafttreten der Revision bereits eine Klage hängig, die die Auflösung des Güterstands bewirkt, soll in diesen Fällen das alte Recht und damit Artikel 18 PartG angewendet werden (Art. 9g Abs. 3 E-SchlT ZGB).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass für Paare, die nach dem Inkrafttreten der Revision heiraten, sowie für Paare, die vor diesem Datum geheiratet haben und die sich nicht ausdrücklich für die Gütertrennung ausgesprochen haben, der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung gilt, wenn die Kollisionsnormen auf das schweizerische Recht verweisen. Es sei daran erinnert, dass ein Paar jederzeit die Möglichkeit hat, eine Rechtswahl zu treffen (Art. 52 f. IPRG) oder einen Ehevertrag abzuschliessen (Art. 56 IPRG).

5.2.5

Scheidung und Trennung

Bei Scheidung oder Trennung findet in der Schweiz immer das schweizerische Recht Anwendung (Art. 61 IPRG), also die Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs, und zwar unabhängig vom Datum der Eheschliessung. Auch bei der Auflösung einer im Ausland geschlossenen Ehe von Personen gleichen Geschlechts, die als eingetragene Partnerschaft im Personenstandsregister registriert ist, sind die Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs über die Scheidung anzuwenden,42 da das Gericht nicht an einen anderslautenden Eintrag im Personenstandsregister gebunden ist.43

5.3

Eingetragene Partnerschaft (Kapitel 3a IPRG)

5.3.1

Beibehaltung der bestehenden Lösungen

In der Schweiz wird es über viele Jahre hinweg noch Paare geben, deren Partnerschaft in der Schweiz eingetragen wurde und die sich nicht für die Umwandlung ihrer Partnerschaft in eine Ehe entscheiden. Dass keine neuen eingetragenen Partnerschaften in der Schweiz mehr begründet werden können, ändert somit nichts an der Tatsache, dass es solche Partnerschaften auch weiterhin geben wird. Zudem sehen immer mehr ausländische Rechtsordnungen neben der Ehe noch andere gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaften mit eheähnlichen Wirkungen vor, die sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offenstehen können. Für all diese Paare in eingetragener Partnerschaft braucht es weiterhin Regeln, um Rechtssicherheit in internationalen Verhältnissen zu schaffen. Die vorgeschlagene Änderung des IPRG hält deshalb an der Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft fest. Folglich werden zwei Kapitel im Gesetz beibehalten. So können Ehen als Ehen und eingetragene Partnerschaften als eingetragene Partnerschaften behandelt werden.

42 43

Siehe Commentaire Romand-BUCHER, Nr. 45 zu Art. 65c IPRG.

BGE 5A_214/2016 vom 26. August 2016, E. 5.2 und 6.

8619

BBl 2019

Der Begriff der eingetragenen Partnerschaft im Kapitel 3a IPRG ist weit gefasst und schliesst jede Art von Lebensgemeinschaft mit ein, die ein Zivilstandsverhältnis mit ähnlicher Wirkung wie die Ehe begründet (partenariat fort, siehe Ziff. 2.3), das aber nicht als Ehe bezeichnet wird. Dabei kann es sich inskünftig sowohl um Lebensgemeinschaften zwischen Personen gleichen Geschlechts als auch zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts handeln. Eine in den Niederlanden geschlossene «geregistreerd partnerschap» zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts wird somit in der Schweiz als eingetragene Partnerschaft anerkannt. Damit wird der Wille der Personen respektiert, die sich wissentlich und willentlich für ein bestimmtes Zivilstandsverhältnis im Ausland entschlossen haben, das sich von der Ehe unterscheidet. Zudem werden sogenannte «hinkende Rechtsverhältnisse» verhindert, da die im Ausland geschlossenen Ehen als Ehen und die im Ausland geschlossenen Partnerschaften als Partnerschaften anerkannt werden.

Paaren, die sich - wie in der Vernehmlassung kritisiert wurde - durch die Anerkennung des im Ausland gewählten Zivilstandsverhältnisses in der Schweiz stigmatisiert fühlen sollten, steht es frei, die Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe zu beantragen (wenn sie die eingetragene Partnerschaft vor dem Inkrafttreten der vorliegenden Revision begründet haben, Art. 35 E-PartG) bzw. in der Schweiz zu heiraten (wenn sie die eingetragene Partnerschaft nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Revision begründet haben, Art. 96 E-ZGB). Es besteht dann allerdings das Risiko, dass diese Zivilstandsänderung im Ausland nicht anerkannt wird.

Ausgeschlossen bleibt wie bisher die Anerkennung und Eintragung im Zivilstandsregister von Lebensgemeinschaften ohne eheähnliche Wirkung, wie dies beim französischen PACS der Fall ist (partenariat faible, siehe Ziff. 2.3). Die Beurteilung der verschiedenen ausländischen Institute ist im Einzelfall Sache der zuständigen Behörde (Kantonale Aufsichtsbehörde im Zivilstandswesen, Art. 32 IPRG).

Da die Bestimmungen des 3. Kapitels sinngemäss auf die eingetragenen Partnerschaften des Kapitels 3a anwendbar sind (Art. 65a E-IPRG), können die Artikel 65b, 65c Absatz 2 und 65d aufgehoben werden, ohne dass dies zu einer Änderung der Bestimmungen des Internationalen
Privatrechts führt, da ihr wesentlicher Inhalt mit einigen formalen Anpassungen ins 3. Kapitel überführt wird (Art. 50, Art. 52 Abs. 2, Art. 60a, Art. 65 Abs. 1 E-IPRG).

Wie bereits beim Eherecht (hiervor Ziff. 5.2.1 in fine) ist auch an dieser Stelle nochmals ausdrücklich hervorzuheben, dass die Anerkennung der im Ausland eingetragenen Partnerschaft und ihre allfällige Eintragung im schweizerischen Personenstandsregister nur auf die Statusfrage beschränkt ist; die Wirkungen der Partnerschaft im Allgemeinen und das Vermögensrecht der Partnerschaft werden jedoch genau wie beim Eherecht gesondert angeknüpft. Artikel 65a E-IPRG verweist diesbezüglich auf die Bestimmungen des Eherechts (dazu hiervor Ziff. 5.2.3­5.2.5), um das Recht zur Anwendung zu bringen, das zur sich stellenden Frage den engsten Bezug aufweist.

8620

BBl 2019

5.3.2

Anwendbares Recht

Gemäss Artikel 65a E-IPRG gelten die Bestimmungen des 3. Kapitels für eingetragene Partnerschaften sinngemäss. Die Kollisionsnormen des IPRG können sowohl zur Anwendung des materiellen Schweizer Rechts als auch zur Anwendung ausländischen Rechts führen.

Es ist jedoch eine eigene Bestimmung für den Fall vorzusehen, dass das Internationale Privatrecht auf eine Rechtsordnung verweist, die keine materiellen Bestimmungen zur eingetragenen Partnerschaft enthält. In einer solchen Situation sieht Artikel 65c E-IPRG vor, dass bei einem Verweis sinngemäss die für die Ehe geltenden materiellen Bestimmungen angewendet werden. Trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen wird es somit viele Situationen geben, in denen auf Ehe und eingetragene Partnerschaft dieselben materiellen Bestimmungen zur Anwendung kommen.

Dies wird insbesondere bei im Ausland nach Inkrafttreten dieser Revision eingetragenen Partnerschaften der Fall sein, wenn Schweizer Recht auf sie anwendbar ist.

Da das Partnerschaftsgesetz nur für vor diesem Datum abgeschlossene eingetragene Partnerschaften gilt (Art. 1 E-PartG), führt der Verweis auf das Schweizer Recht dann zum Eherecht: Die materiellen Bestimmungen zur Ehe sind in diesem Fall sinngemäss anzuwenden. Auf eine in den Niederlanden geschlossene «geregistreerd partnerschap» zwischen Personen unterschiedlichen Geschlechts käme dann z. B. für die Wirkungen im Allgemeinen bei einem Verweis auf das Schweizer Recht das Eherecht des ZGB zur Anwendung. Diese Lösung ermöglicht es, sowohl der gesetzgeberischen Entscheidung Rechnung zu tragen, inskünftig die Ehe für alle zu öffnen und das Partnerschaftsgesetz nur noch für bereits bestehende eingetragene Partnerschaften weitergelten zu lassen, als auch die bewusste Entscheidung der Personen für einen bestimmten Zivilstand zu berücksichtigen, was angesichts der oft emotional konnotierten Bedeutung der Zivilstandsbezeichnungen angebracht ist.

Für eingetragene Partnerschaften, die vor Inkrafttreten dieser Revision in der Schweiz oder im Ausland abgeschlossen wurden, gilt bei einem Verweis auf das Schweizer Recht das PartG, da dieses Recht auf diese eingetragenen Partnerschaften weiterhin anwendbar ist (Art. 1 E-PartG; siehe Ziff. 5.3.4). Die Anwendung von Artikel 15 IPRG bleibt vorbehalten.

Allfällige übergangsrechtliche Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Änderung von Artikel 65c IPRG durch den Verweis auf ausländisches Recht ergeben, werden nach Artikel 196 IPRG behandelt.

5.3.3

Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe

Gemäss dem Entwurf des Partnerschaftsgesetzes haben Partnerinnen und Partner, die vor Inkrafttreten dieser Revision eine eingetragene Partnerschaft eingegangen sind, die Möglichkeit, ihre eingetragene Partnerschaft in das Institut der Ehe umzuwandeln (Art. 35 E-PartG).

8621

BBl 2019

Diese Möglichkeit gilt auch für eingetragene Partnerschaften, die vor dem Inkrafttreten dieser Änderung im Ausland eingegangen wurden. Die Zuständigkeit und das anwendbare Recht sind in den Artikeln 43 ff. IPRG sinngemäss geregelt. Bei einer solchen Umwandlung handelt es sich um ein Zivilstandsereignis, das in das Personenstandsregister eingetragen werden muss.

Personen, die nach dem Inkrafttreten dieser Änderung eine eingetragene Partnerschaft im Ausland geschlossen haben, steht die Möglichkeit offen, in der Schweiz zu heiraten, sofern die allgemeinen Voraussetzungen der Artikel 43 ff. IPRG und des materiellen Schweizer Eherechts erfüllt sind. Gemäss Artikel 96 E-ZGB stellt nämlich nur eine frühere eingetragene Partnerschaft mit einem Dritten ein Ehehindernis dar, nicht aber eine bereits bestehende Partnerschaft mit dem zukünftigen Ehegatten.

Damit wird eine Unklarheit präzisiert, die im Rahmen der Vernehmlassung bemängelt wurde.

6

Künftig zu regelnde Fragen im Zusammenhang mit der Öffnung der Ehe

Wie dargelegt beschränkt sich der vorliegende Entwurf auf eine Kernvorlage (siehe Ziff. 4). Verschiedene weitere Fragen, die sich mit der Öffnung der Ehe für alle Paare stellen, werden nicht geregelt. Angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung und der technischen Komplexität dieser Fragen, soll die diesbezügliche Diskussion in einem eigenen selbständigen Rahmen geführt werden.

Betroffen sind namentlich die nachfolgend aufgeführten Regelungsbereiche.

6.1

Gleichstellung bei Hinterlassenenrenten

Bei den Hinterlassenenrenten nach AHVG und UVG wird eine überlebende eingetragene Partnerin nach geltendem Recht einem Witwer gleichgestellt (Art. 13a Abs. 2 ATSG; siehe auch Ziff. 4.2.2). Witwen- und Witwerrenten unterstehen aber unterschiedlichen Voraussetzungen: Gemäss Artikel 23 Absatz 1 AHVG haben Witwen oder Witwer Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente, sofern sie im Zeitpunkt der Verwitwung Kinder haben. Witwen haben überdies Anspruch auf eine Witwenrente, wenn sie im Zeitpunkt der Verwitwung keine Kinder, jedoch das 45. Altersjahr vollendet haben und mindestens fünf Jahre verheiratet gewesen sind (Art. 24 Abs. 1 AHVG). Ausserdem läuft die Witwerrente mit dem 18. Geburtstag des jüngsten Kindes aus (Art. 24 Abs. 2 AHVG). Diese Rechtslage ist bezogen auf zwei Aspekte umstritten:

44

­

Die ungleiche Behandlung von Witwen und Witwern ist wiederholt unter dem Aspekt der Gleichbehandlung der Geschlechter kritisiert worden. 44

­

Die geltende Regelung wird zudem kritisiert, weil sie den Frauen in einer eingetragenen Partnerschaft nicht die gleichen Rechten wie den Frauen in Vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_617/2011 vom 04.05.2012, Erw. 3.5 (m.w.H.); siehe auch Beschwerde Nr. 78630/12, B. gegen Schweiz, vom 19. November 2012.

8622

BBl 2019

einer Ehe zuerkennt.45 Auch wenn sich die Situation der Frauen durch die Öffnung der Ehe und die Möglichkeit der Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe verbessern wird (siehe Ziff. 4.2.2), wird diese Ungleichbehandlung nach der vorliegenden Revision bestehen bleiben.

Der Kommission ist bewusst, dass diese ganze Thematik früher oder später in grundsätzlicher Weise an die Hand genommen werden muss. Insbesondere die Perpetuierung der Ungleichbehandlung von Mann und Frau wird bedauert. Die Komplexität dieser Frage wurde dem Parlament im Rahmen der AHV-Revision bereits zur Diskussion unterbreitet, wobei keine Entscheidung getroffen werden konnte.46 Angesichts des Risikos, dass diese Arbeiten die Öffnung der Ehe unverhältnismässig lange bremsen könnten, hat die Kommission entschieden, auf eine Regelung der Frage in der vorliegenden Vorlage zu verzichten.

6.2

Zugang zur Fortpflanzungsmedizin

Der Kommission ist ebenfalls bewusst, dass früher oder später und in grundsätzlicher Art und Weise eine umfassende Diskussion über den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin sowie über die zulässigen Formen von medizinisch unterstützten Fortpflanzungsverfahren (z. B. Samenspende für eingetragene Partnerinnen, für unverheiratete Paare sowie Eizellspende) stattfinden wird.47 Angesichts des Risikos, dass diese Arbeiten die Öffnung der Ehe unverhältnismässig lange bremsen könnten, ist die Kommission jedoch der Ansicht, dass diese Diskussion getrennt von derjenigen über die Öffnung der Ehe geführt werden soll. Auch andere Länder haben die Ehe für alle eingeführt und die Notwendigkeit einer Revision des Abstammungsrechts ­ inklusive der Frage des Zugangs zur Fortpflanzungsmedizin ­ separat geprüft (siehe zum Beispiel Deutschland, Bericht des Arbeitskreises Abstammungsrecht, Abschlussbericht vom 4. Juli 2017, und Frankreich, Rapport du groupe de travail Filiation, origines, parentalité, 2014).

6.3

Weitere Fragen zum Abstammungsrecht

Mit der Frage der medizinisch unterstützten Fortpflanzungsverfahren hängt diejenige der Abstammung bzw. der Verwandtschaft eng zusammen. Gemäss Artikel 252 Absatz 2 und 255 Absatz 1 ZGB gilt zum Beispiel der Ehemann der Mutter von Rechts wegen als Vater des Kindes, das während der Ehe geboren ist. Es stellt sich 45 46

47

Vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_521/2008 vom 05.10.2009.

In der Botschaft zur Reform der Altersvorsorge 2020 (BBl 2015 1) wurde namentlich vorgeschlagen, die Witwen- und Witwerrente nur für Frauen bzw. Männer beizubehalten, die im Zeitpunkt der Verwitwung waisenrentenberechtigte oder pflegebedürftige Kinder haben. Zudem hätten die Witwen- und Witwerrenten von 80 auf 60 Prozent einer Altersrente gesenkt werden sollen.

Siehe Bericht des Bundesrates zum Postulat Fehr (12.3607), Modernisierung des Familienrechts, März 2015, S. 61 und Vorschläge der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK) in der Stellungnahme Nr. 22/2013, Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung ­ Ethische Überlegungen und Vorschläge für die Zukunft, S. 57.

8623

BBl 2019

die Frage, ob dieser Automatismus künftig auch zugunsten der Ehefrau der Mutter gelten soll. Im heutigen Zeitpunkt und ohne entsprechende Revision des Abstammungsrechts ist dies nicht der Fall.48 Die Frage würde sich insbesondere dann stellen, wenn die Anwendung von Fortpflanzungsverfahren mit Samenspende für weibliche gleichgeschlechtliche Paare zugelassen würde. In Österreich kennt man beispielsweise seit dem 1. Januar 2015 (nur) bei der Anwendung von solchen Verfahren eine Elternschaftsvermutung zugunsten der Frau, die mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes in eingetragener Partnerschaft verbunden ist.49 Nach der erfolgten Öffnung der Ehe findet diese Regelung seit dem 1. Januar 2019 auch auf die Ehefrau der Mutter Anwendung.

Die Notwendigkeit einer Überprüfung des schweizerischen Abstammungsrechts ­ inklusive der Regeln betreffend die Anfechtung der Vaterschaftsvermutung des Ehemannes ­ ist mittlerweile allgemein anerkannt.50 Am 12. Dezember 2018 hat der Ständerat das Postulat 18.3714 «Überprüfung des Abstammungsrechts» seiner Rechtskommission überwiesen. Der Bundesrat wurde damit beauftragt, den Reformbedarf im Abstammungsrecht zu prüfen und dem Parlament in einem Bericht gegebenenfalls entsprechende Empfehlungen für eine kohärente Gesamtreform zu unterbreiten. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Frage des Zugangs zur Samenspende für gleichgeschlechtliche Paare in diesem Rahmen behandelt werden soll.

Die Minderheit (Flach, Aebischer Matthias, Arslan, Bauer, Burkart, Fehlmann Rielle, Markwalder, Marti Min Li, Mazzone, Merlini, Naef, Wasserfallen Flavia) beantragt hingegen die Regelung dieser Frage in der Kernvorlage zur Öffnung der Ehe für alle Paare (Siehe Ziff. 4.2.3.2).

48

49

50

Die gleiche Frage stellte sich auch in Deutschland. Am 10. Oktober 2018 hat der deutsche Bundesgerichtshof entschieden, dass mit der «Ehe für alle» der Gesetzgeber zwar die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt, jedoch das Abstammungsrecht nicht angepasst hat.

Die Ehefrau der Kindesmutter wird somit nicht mit der Geburt zum rechtlichen Elternteil des Kindes und bleibt auf die Adoption verwiesen.

Siehe § 144 Abs. 2 und 3 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB): (2) Ist an der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden, so ist die Frau Elternteil, 1. die mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes in eingetragener Partnerschaft verbunden ist oder als eingetragene Partnerin der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder 2. die die Elternschaft anerkannt hat oder 3. deren Elternschaft gerichtlich festgestellt ist.

(3) Auf diese Frau sind die auf den Vater und die Vaterschaft Bezug nehmenden Bestimmungen in diesem Gesetz und anderen bundesgesetzlichen Vorschriften sinngemäss anzuwenden. Gelten im Verhältnis der Eltern zu ihrem Kind und zwischen den Eltern besondere Rechte und Pflichten, so kommen diese gleichermassen zur Anwendung.

Siehe Bericht des Bundesrates zum Postulat Fehr (12.3607), Modernisierung des Familienrechts, März 2015, S. 61.

8624

BBl 2019

6.4

Geschlechtergerechte Sprache

Bei der Öffnung der Ehe für alle Paare ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Ehepaare künftig nicht mehr nur aus einem Mann und einer Frau, sondern auch aus zwei Männern oder zwei Frauen bestehen werden. Die Bestimmungen betreffend Eheschliessung im ZGB und IPRG werden dementsprechend angepasst und geschlechtsneutral formuliert.

Gemäss Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren «Geschlechtergerechte Sprache» der Bundeskanzlei sind ausserdem bei Teilrevisionen von grossen Kodexen (z. B. ZGB) «neue Bestimmungen auf jeden Fall geschlechtergerecht zu formulieren, wenn ein zusammenhängender grösserer Teil eines solchen Kodexes, beispielsweise das ganze Eherecht im ZGB, revidiert wird» (Rz. 6.52). 51 Im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten zu dieser Vorlage hat deshalb die Bundeskanzlei die Bestimmungen des Eherechts (Art. 90­251 ZGB) unter dem Gesichtspunkt der geschlechtergerechten Sprache überprüft. Aus dieser Überprüfung hat sich ergeben, dass in der deutschen Fassung nahezu jeder Artikel des Eherechts zu revidieren wäre: Der Ausdruck «Ehegatten» sollte namentlich durch das Pluraletantum «Eheleute» ersetzt und im Singular sollte neben «der Ehegatte» auch «die Ehegattin» systematisch aufgeführt werden. Allenfalls wäre bei jeder betroffenen Bestimmung die Möglichkeit zu prüfen, «der Ehegatte und die Ehegattin» durch «die verheiratete Person» zu ersetzen, wobei dies zu einer Umformulierung der Bestimmung führen würde, mit dem Risiko, deren Inhalt zu verändern. In der französischen und italienischen Fassung stellt sich diese Frage nicht im gleichen Ausmass, da diese Sprachen den Gebrauch des generischen Maskulinum zulassen. 52 Angesichts des Umfangs und der Komplexität dieser Arbeiten hat die Kommission entschieden, im Rahmen dieser Vorlage auf die Anpassung der eherechtlichen Bestimmungen an die Vorgaben der geschlechtergerechten Sprache zu verzichten. Eine solche Überarbeitung sollte vielmehr in einer separaten Vorlage zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Eine Ausnahme besteht in Bezug auf den Begriff «Verlobte» (Siehe Ziff. 7.1).

Mit den vorgeschlagenen Anpassungen in den Art. 92, 97a, 98 und 182 E-ZGB ist dieser Begriff im ganzen ZGB bereits geschlechtergerecht verwendet.

7

Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen

7.1

Erläuterungen zum E-ZGB

Art. 92

Beitragspflicht

Auch wenn auf eine globale Anpassung der eherechtlichen Bestimmungen an die Vorgaben der geschlechtergerechten Sprache verzichtet wird (siehe Ziff. 6.4), soll 51 52

Abrufbar unter: www.bk.admin.ch > Dokumentation > Sprachen > Hilfsmittel für Textredaktion und Übersetzung.

Siehe Guide de formulation non sexiste des textes administratifs et législatifs de la Confédération, Chancellerie fédérale, décembre 2000; Pari trattamento linguistico, Guida al pari trattamento linguistico di donna e uomo nei testi ufficiali della Confederazione, Cancelleria federale, gennaio 2012.

8625

BBl 2019

die vorliegende Bestimmung dennoch angepasst werden. Auszugehen ist dabei von Artikel 97a, der bereits bezogen auf zwei Begriffe («Zivilstandsbeamtin und Zivilstandsbeamter» sowie «Ausländerinnen und Ausländer») geschlechtergerecht formuliert ist und daher in seiner Gesamtheit geschlechtergerecht zu formulieren ist (siehe Kommentar zu Art. 97a Abs. 1 und 2 E-ZGB). Dies bedingt eine geschlechtergerechte Formulierung des Begriffs «Verlobte». Hier wird der Ausdruck «einer der Verlobten» durch «eine oder einer der Verlobten» ersetzt.

Art. 94

Ehefähigkeit

Diese zentrale Bestimmung, die die Ehefähigkeit definiert, wird neu formuliert: Es soll damit klargestellt werden, dass die Ehe zukünftig von zwei Personen und zwar unabhängig ihres Geschlechts eingegangen werden kann.

Die Minderheit (Nidegger, Geissbühler, Haab, Schwander, Tuena, Walliser), die sich der Öffnung der Ehe grundsätzlich widersetzt, beantragt hingegen die Beibehaltung des geltenden Rechts für diese Bestimmung sowie für alle weiteren Bestimmungen im ZGB, die infolge der Öffnung der Ehe für alle Paare geändert werden sollten.

Art. 96

Frühere Ehe oder eingetragene Partnerschaft

Ebenso wie eine bereits bestehende Ehe stellt auch das Bestehen einer eingetragenen Partnerschaft ein Ehehindernis dar. Bisher sah einzig das PartG eine entsprechende Bestimmung vor (Art. 26 PartG). Dies soll nun jedoch ausdrücklich im ZGB aufgenommen werden.

Präszisiert werden muss, dass das Ehehindernis nur besteht, wenn einer oder eine der Verlobten bereits verheiratet ist oder in eingetragener Partnerschaft mit einer Drittperson lebt. Haben zwei Personen eine eingetragene Partnerschaft im Ausland nach Inkrafttreten der vorliegenden Revision abgeschlossen, steht ihnen zwar die Möglichkeit der Umwandlung nicht zur Verfügung, sie können aber eine Ehe nach den hierfür vorgesehenen ordentlichen Bestimmungen abschliessen, ohne vorgängig ihre eingetragene Partnerschaft auflösen zu müssen.

Dieses Ehehindernis gilt auch dann nicht, wenn die eingetragenen Partnerinnen oder Partner die vor dem Inkrafttreten der vorliegenden Revision eingetragene Partnerschaft (in der Schweiz oder im Ausland, s. Ziff. 5.3.3) in eine Ehe umwandeln wollen. In diesem Fall kommen die Bestimmungen über die Eheschliessung nicht zur Anwendung (siehe Kommentar zu Art. 35 E-PartG).

Art. 97a Abs. 1 und 2

Umgehung des Ausländerrechts

In der deutschen Fassung wird der Ausdruck «der Braut oder des Bräutigams» durch «eine oder einer der Verlobten» und «Brautleute» durch «die Verlobten» ersetzt, weil auf diese Weise auch zwei Personen gleichen Geschlechts erfasst werden können. Aus dem gleichen Grund wird in der italienischen Fassung der Ausdruck «il fidanzato o la fidanzata» durch «uno dei fidanzati» ersetzt.

8626

BBl 2019

Art. 98 Abs. 1

Vorbereitungsverfahren

In der deutschen Fassung wird der Ausdruck «Braut und Bräutigam» durch «einer oder eines der Verlobten» ersetzt, weil auf diese Weise auch zwei Personen gleichen Geschlechts erfasst werden können.

Art. 102 Abs. 2

Form

In der deutschen Fassung wird der Ausdruck «Braut und Bräutigam» durch «die Verlobten» ersetzt, weil auf diese Weise auch zwei Personen gleichen Geschlechts erfasst werden können. Aus dem gleichen Grund wird in der französischen Fassung der Ausdruck «à la fiancée et au fiancé» durch «aux fiancés» ersetzt.

Art. 105 Ziff. 1

Unbefristete Ungültigkeit

Ziff. 1: Ebenso wie eine im Zeitpunkt der Eheschliessung bereits bestehende Ehe stellt auch das Bestehen einer eingetragenen Partnerschaft in diesem Zeitpunkt einen Eheungültigkeitsgrund dar. Dies soll nun ausdrücklich im ZGB aufgenommen werden. Wie bereits erwähnt (siehe Kommentar zu Art. 96 E-ZGB), gilt dies für den Fall der Umwandung einer bestehenden eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe nicht (siehe Kommentar zu Art. 35 E-PartG).

Der Wortlaut der Bestimmung wird ausserdem vereinfacht, indem nur allgemein von «aufgelöst» die Rede ist. Ein Ungültigkeitsgrund liegt demnach vor, wenn eine Person zur Zeit der Eheschliessung bereits verheiratet war oder in einer eingetragenen Partnerschaft mit einer Drittperson lebte und die frühere Ehe oder eingetragene Partnerschaft nicht in der Zwischenzeit durch Scheidung bzw. gerichtliche Auflösung, durch Tod oder durch Verschollenerklärung aufgelöst worden ist.

Art. 160 Abs. 2 und 3

Name

In der deutschen Fassung wird in Absatz 2 und 3 der Ausdruck «Brautleute» durch «die Verlobten» ersetzt. Der Ausdruck «der Braut oder des Bräutigams» entfällt durch die Neuformulierung. Auf diese Weise können auch zwei Personen gleichen Geschlechts erfasst werden. Aus dem gleichen Grund wird die italienische Fassung von Absatz 2 und 3 umformuliert.

Art. 163 Abs. 1

Unterhalt der Familie

In der französischen Fassung werden «mari et femme» durch «les époux» ersetzt, weil auf diese Weise auch zwei Personen gleichen Geschlechts erfasst werden können.

Art. 182 Abs. 2

Ehevertrag

In der deutschen Fassung wird der Ausdruck «Brautleute» durch «die Verlobten» ersetzt.

8627

BBl 2019

Art. 252 Abs. 2

Entstehung des Kindesverhältnisses im Allgemeinen ­ Minderheit (Flach, Aebischer Matthias, Arslan, Bauer, Burkart, Fehlmann Rielle, Markwalder, Marti Min Li, Mazzone, Merlini, Naef, Wasserfallen Flavia)

In dieser Bestimmung werden die verschiedenen Arten der Entstehung des Kindesverhältnisses aufgeführt. Dabei muss Absatz 2 geschlechtergerecht formuliert werden, weil neu der zweite Elternteil ­ neben der Mutter (siehe Absatz 1) ­ auch eine Frau sein kann.

Gliederungstitel vor Art. 255 ­ Minderheit (Flach, Aebischer Matthias, Arslan, Bauer, Burkart, Fehlmann Rielle, Markwalder, Marti Min Li, Mazzone, Merlini, Naef, Wasserfallen Flavia) Zweiter Abschnitt: Die Elternschaft des Ehemannes oder der Ehefrau Der Wortlaut des Titels des zweiten Abschnitts muss ergänzt werden, um die neue Möglichkeit der originären Elternschaft (Elternschaft ab Geburt) der Ehefrau der Mutter zu berücksichtigen.

Art. 259a

F. Elternschaft bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren ­ Minderheit (Flach, Aebischer Matthias, Arslan, Bauer, Burkart, Fehlmann Rielle, Markwalder, Marti Min Li, Mazzone, Merlini, Naef, Wasserfallen Flavia)

Wenn ein Kind während der Ehe geboren wird, so gilt neu die Ehefrau der Mutter ­ gleich wie der Ehemann (siehe Art. 255 Abs. 1 ZGB) ­ ab Geburt als rechtlicher Elternteil des Kindes. Die Bestimmungen betreffend die Rechtsstellung des Vaters sind sinngemäss anwendbar.

Mit der Einführung der originären Elternschaft der Ehefrau der Mutter im ZGB erhalten miteinander verheiratete Frauen den Zugang zu Fortpflanzungsverfahren und zur Samenspende nach Artikel 3 Absatz 3 FMedG. Eine Änderung des FMedG ist dabei nicht notwendig: Mit der Einführung der originären Elternschaft (Elternschaft ab Geburt) der Ehefrau der Mutter im ZGB ist die Voraussetzung von Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a FMedG, wonach Fortpflanzungsverfahren nur bei Paaren angewendet werden dürfen, zu denen ein Kindesverhältnis im Sinne der Artikel 252­263 ZGB begründet werden kann, erfüllt. Der weitere Wortlaut des FMedG, insbesondere derjenige von Artikel 3 Absatz 3 FMedG, wonach gespendete Samenzellen nur bei Ehepaaren verwendet werden dürfen, steht dem Zugang zur Samenspende für weibliche Ehepaare mit der Öffnung der Ehe nicht entgegen.

Art. 9g

Güterrecht der vor dem ... [Datum des Inkrafttretens der Gesetzesrevision] im Ausland geschlossenen Ehen zwischen Personen gleichen Geschlechts

Nach geltendem Recht werden im Ausland gültig geschlossene Ehen zwischen Personen gleichen Geschlechts in der Schweiz als eingetragene Partnerschaft anerkannt (Art. 45 Abs. 3 IPRG). Dies kann auch Auswirkungen auf den Güterstand haben: Unterstehen die güterrechtlichen Wirkungen der im Ausland geschlossenen Ehe 8628

BBl 2019

zwischen Personen gleichen Geschlechts dem schweizerischem Recht, dann ist Artikel 18 PartG anwendbar, der im Ergebnis einer Gütertrennung gleichkommt.

Dies wird sich nach Inkrafttreten der vorliegenden Revision ändern, weil alle im Ausland geschlossenen Ehen zwischen Personen gleichen Geschlechts in der Schweiz künftig unabhängig vom Zeitpunkt ihres Abschlusses als Ehen anerkannt werden (siehe Ziff. 5.2.4).

Abs. 1: Nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Revision wird für diese Eheleute vorbehaltlich einer gegenteiligen Rechtswahl oder einer vermögens- bzw. ehevertraglichen Abmachung von Gesetzes wegen die Errungenschaftsbeteiligung (Art. 196 ff. ZGB) gelten, und zwar für die ganze Dauer der Ehe, rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Eheschliessung.

Der Entwurf sieht hier eine echte Rückwirkung vor, wie dies bereits bei der am 1. Januar 1988 in Kraft getretenen Revision des Eherechts der Fall war. 53 Die vorliegende Übergangsregelung lehnt sich deshalb an die damals in Artikel 9d SchlT ZGB getroffene Lösung an.

Abs. 2: Weil diese Rückwirkung unter Umständen schwerwiegende Folgen auf bereits erworbene Rechte der Ehegatten haben kann (siehe Ziff. 5.2.4), wird jedem Ehegatten die Möglichkeit gegeben, vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung dem andern schriftlich bekannt zu geben, dass der bisherige Güterstand von Artikel 18 PartG bis zu diesem Zeitpunkt beibehalten wird. Die rückwirkende Anwendung des neuen Rechts wird somit ausgeschlossen. Diese Erklärung bewirkt bei einer künftigen Auflösung des Güterstandes, dass eine doppelte Abrechnung erfolgen muss. 54 Aus Rechtssicherheitsgründen muss die einseitige Erklärung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Revision vorliegen. Da es nicht zulässig ist, eine Handlungspflicht aus einem Recht abzuleiten, das noch nicht in Kraft ist, wird der Bundesrat Artikel 9g Absatz 2 E-SchlT ZGB sechs Monate vor Inkrafttreten der übrigen Bestimmungen in Kraft setzen. Die betroffenen Ehegatten werden somit die Erklärung in diesem Zeitraum deponieren können. Nach dem Inkrafttreten der übrigen Bestimmungen haben die Ehegatten ohnehin jederzeit die Möglichkeit, eine Rechtswahl zu treffen (Art. 52 f. IPRG) oder einen Ehevertrag abzuschliessen (Art. 56 IPRG).

Abs. 3: In diesem Absatz wird die Regelung für hängige Prozesse festgelegt. Der bisherige Güterstand nach Artikel 18
PartG wird beibehalten, wenn bei dem Inkrafttreten dieser Revision in der Schweiz oder im Ausland eine Klage hängig ist, die zur Auflösung des Güterstandes nach schweizerischem Recht führt.

Die Minderheit (Nidegger, Geissbühler, Haab, Schwander, Tuena, Walliser), die sich der Öffnung der Ehe grundsätzlich wiedersetzt, beantragt die Streichung dieser neuen Bestimmung.

53 54

Siehe THOMAS GEISER, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Thomas Geiser (Hrsg.), Basler Kommentar ZGB II, Basel 2015, N 4 zu Art. 9d SchlT.

Siehe THOMAS GEISER, op. cit., N 9 zu Art. 9d SchlT.

8629

BBl 2019

7.2 Art. 1

Erläuterungen zum E-PartG Gegenstand

Der Gegenstand des PartG wird neu formuliert, weil nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Revision keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden können.

Die eingetragenen Partnerinnen und Partner erhalten ausserdem die Möglichkeit, die eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umzuwandeln (Art. 35 E-PartG). Es steht ihnen aber selbstverständlich auch frei, ihre bisherige eingetragene Partnerschaft unter diesem Titel weiterzuführen. Das Rechtsinstitut der eingetragenen Partnerschaft wie auch der Personenstand wird deshalb nach der Öffnung der Ehe beibehalten und das PartG weiterhin (nur) für die bereits bestehenden eingetragenen Partnerschaften gelten (siehe Ziff. 4.4).

Die Minderheit (Nidegger, Geissbühler, Haab, Schwander, Tuena, Walliser), die sich der Öffnung der Ehe grundsätzlich widersetzt, beantragt die Beibehaltung des geltenden Rechts für diese Bestimmung sowie für alle weiteren Bestimmungen des Partnerschaftsgesetzes, die infolge der Öffnung der Ehe für alle Paare geändert werden sollen.

Art. 2­8

Aufgehoben

Diese Bestimmungen werden aufgehoben, da nach der Öffnung der Ehe für alle Paare keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden können.

Art. 9 Abs. 1

Unbefristete Ungültigkeit

In Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b wird auf Artikel 4 verwiesen, welcher nun aufgehoben wird. Der Inhalt dieser aufgehobenen Bestimmung wird daher in Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b und bbis integriert. Ansonsten würde dieser Verweis ins Leere führen, obwohl diese Bestimmung auf bestehende eingetragene Partnerschaften noch anwendbar sein muss. Buchstabe bbis wird dabei analog Artikel 105 Ziffer 1 E-ZGB formuliert.

Art. 26

Aufgehoben

Das Ehehindernis der eingetragenen Partnerschaft wird in Artikel 96 E-ZGB aufgenommen.

Kapitel 4a: Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe Art. 35

Umwandlungserklärung

Die eingetragenen Partnerinnen und Partner erhalten die Möglichkeit, ihre bestehende eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umzuwandeln. Dabei handelt es sich nicht um eine Auflösung der eingetragenen Partnerschaft und einen (Neu-)Abschluss einer Ehe, sondern um eine Umwandlung des bestehenden Instituts. In diesem Fall stellt 8630

BBl 2019

die bestehende eingetragene Partnerschaft selbstverständlich kein Ehehindernis dar (siehe Kommentar zu Art. 96 E-ZGB).

Diese soll so einfach wie möglich erfolgen. Da sich insbesondere die Ehevoraussetzungen weitgehend mit den im PartG vorgesehenen Eintragungsvoraussetzungen decken, erübrigt sich deren erneute Prüfung: Die Partnerinnen oder Partner, die ihre Partnerschaft in eine Ehe umwandeln möchten, haben bereits ein entsprechendes Prüfverfahren durchlaufen. Ebenso wenig soll eine Trauungszeremonie gemäss den Artikeln 100­103 ZGB durchgeführt werden. Die Paare haben mit der Eintragung der Partnerschaft ihren Willen, eine Lebensgemeinschaft mit gegenseitigen Rechten und Pflichten begründen zu wollen, bereits kundgetan.

Abs. 1: Für die Umwandlung genügt eine Erklärung gegenüber der Urkundsperson des Zivilstandsamtes. Die Partnerinnen und Partner können frei wählen, in welchem Zivilstandskreis respektive bei welchem Zivilstandsamt sie die Erklärung abgeben wollen. Zuständig für die Beurkundung der Umwandlung ist somit die Urkundsperson desjenigen Zivilstandsamtes, bei dem die Erklärung abgegeben wird.

Abs. 2: Eine eingetragene Partnerschaft kann in eine Ehe umgewandelt werden, wenn beide Partnerinnen oder beide Partner handlungsfähig sind und gemeinsam gegenüber der Urkundsperson des Zivilstandsamtes ihren Willen zur Umwandlung erklären. Die Umwandlungserklärung ist höchstpersönlich. Aus diesem Grund muss sie eigenhändig und in Gegenwart der Urkundsperson, die für die Entgegennahme oder Beurkundung zuständig ist, unterschrieben werden (im Sinne von Art. 18 ZStV). Die Partnerinnen oder Partner müssen aktuelle Dokumente einreichen, welche ihre Identität und die bestehende eingetragene Partnerschaft nachweisen, sofern dies nicht bereits aus dem Personenstandsregister ersichtlich ist (Art. 16 Abs. 4 ZStV), was ist in der Regel bei schweizerischen Staatsangehörigen der Fall ist, nicht jedoch bei Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Die Umwandlung ist mit Unterzeichnung dieser gemeinsamen Erklärung gültig.

Abs. 3: Die Partnerinnen oder Partner können auch verlangen, dass die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte eine Zeremonie analog der Trauung durchführt (damit also öffentlich, im Trauungslokal, in Anwesenheit von zwei Zeugen). Die Einzelheiten, insbesondere der Zeitpunkt der
Zeremonie, werden im Rahmen der kantonalen Vorschriften und im Einvernehmen mit den Betroffenen festgelegt, wie dies auch bei einer Trauung der Fall ist (Art. 99 Abs. 3 ZGB). Für diese Zeremonie wird eine Gebühr gemäss der Verordnung über die Gebühren im Zivilstandswesen (ZStGV)55 erhoben. Festzuhalten ist, dass auch in diesem Fall eine Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe im Moment der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung erfolgt.

Abs. 4: Der Bundesrat erlässt die dafür notwendigen Ausführungsbestimmungen.

Betroffen sind hier die ZStV und die ZStGV.

Das Kapitel 7a der ZStV (Eingetragene Partnerschaft) soll ersetzt werden, um die Einzelheiten der Umwandlung bestehender eingetragener Partnerschaften in das Institut der Ehe zu regeln. Konkret muss das Zivilstandsamt vor der Umwandlung 55

Verordnung über die Gebühren im Zivilstandswesen vom 27. Oktober 1999, SR 172.042.110.

8631

BBl 2019

überprüfen, ob zwischen den zukünftigen Ehegatten eine rechtsgültig eingetragene Partnerschaft besteht. Handelt es sich um eine im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Partnerschaft, setzt die Umwandlung voraus, dass die Partnerschaft als gleichwertig anerkannt werden kann, das heisst, dass sie vergleichbare Rechtswirkungen entfaltet wie das Schweizerische Institut (partenariat fort, vgl. Ziff. 2.3).

Andernfalls gelten die Partnerinnen und Partner als verlobt und werden aufgefordert, das Gesuch um Ehevorbereitung einzureichen (Art. 98 ZBG und 62 ff. ZStV).

Die Form der Umwandlungserklärung sowie die örtliche Zuständigkeit des Zivilstandsamts in Bezug auf die Entgegennahme der Erklärung und die Beurkundung der Umwandlung werden ebenfalls in der ZStV geregelt. Das Personenstandsregister und die Zivilstandsformulare werden entsprechend angepasst.

Die Tarifpositionen der ZStGV werden um die Entgegennahme der Erklärung zur Umwandlung der Partnerschaft in eine Ehe ergänzt. Das Verfahren der Umwandlung unterscheidet sich vom ordentlichen Eheschliessungsverfahren. Die zukünftigen Ehegatten haben nämlich bereits ein Vorbereitungs- und Abschlussverfahren durchlaufen. Andere Positionen entfallen, so zum Beispiel die fehlende Namenserklärung und die Mitteilung des Abschlusses des Verfahrens. Folglich entsprechen die zu erhebenden Gebühren nach den Grundsätzen der Kostendeckung und Äquivalenz56 dem für die Entgegennahme der Erklärung angewandten Satz (ZStGV, Anh. 1, Ziff. 4 ff. und 9.1). Dies bedeutet, dass die zu erhebenden Gebühren geringer zu bemessen sind als diejenigen bei einer ordentlichen Eheschliessung. Anders ist die Situation jedoch, wenn die Betroffenen überdies eine der Trauung analoge Zeremonie verlangen (Abs. 3). Diesfalls müssen zusätzliche Gebühren für die Leistungen im Zusammenhang mit der Durchführung der Zeremonie im Trauungslokal erhoben werden (ZStGV, Anh. 1, Ziff. 11).

Die Minderheit (Nidegger, Geissbühler, Haab, Schwander, Tuena, Walliser), die sich der Öffnung der Ehe grundsätzlich wiedersetzt, beantragt die Streichung dieser neuen Bestimmung.

Art. 35a

Wirkungen der Umwandlungserklärung

Abs. 1: Die eingetragene Partnerschaft gilt als umgewandelt, sobald die Umwandlungserklärung vorliegt. Der Zivilstand wird mittels entsprechender Beurkundung im Personenstandsregister in «verheiratet» geändert.

Im Rahmen der ordentlichen Trauung ist das Jawort der Ehegatten konstitutiv (Art. 102 ZGB, 71 ZStV). Für die Begründung der eingetragenen Partnerschaft ist diese Wirkung gegeben, wenn die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Erklärung beider Partnerinnen oder Partner beurkundet hat und die Partnerschaftsurkunde von beiden unterschrieben ist (Art. 7 PartG, Art. 75k ZStV). Die Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe entfaltet mit der Unterzeichnung der durch die Zivilstandsbeamtin oder den Zivilstandsbeamten entgegengenommenen Umwandlungserklärung Wirkung (dies gilt auch im Falle der Durch56

Siehe Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Personenstand, Eheschliessung, Scheidung, Kindesrecht, Verwandtenunterstützungspflicht, Heimstätten, Vormundschaft und Ehevermittlung) vom 15. November 1995, BBl 1996 I 1, 57.

8632

BBl 2019

führung einer Zeremonie auf Verlangen der Partnerinnen oder Partner). Diese oder dieser stellt den Ehegatten auf deren Wunsch hin eine Bestätigung betreffend die Umwandlung der Partnerschaft in eine Ehe oder einen neuen Familienausweis aus; es gilt die übliche Gebühr für die Ausstellung von Zivilstandsurkunden (ZStGV, Anh. 1, Ziff. 1 ff.).

Abs. 2: Eine durch Umwandlung erfolgte Ehe ist bei deren künftigen Auswirkungen so zu behandeln, wie wenn die Ehe bereits zum Zeitpunkt der Eintragung der Partnerschaft abgeschlossen worden wäre (s. Ziff. 4.3.2). Damit ist bei Bestimmungen, die für Rechtswirkungen an die Dauer der Ehe anknüpfen, die Dauer der vorangegangenen eingetragenen Partnerschaft anzurechnen. Beispielsweise kommt dies im Zivilrecht beim nachehelichen Unterhalt (Art. 125 ZGB) und beim Vorsorgeausgleich (Art. 122 ZGB) zum Tragen. Ebenso ist die Dauer der Ehe bei den Einbürgerungsvoraussetzungen (Art. 21 BüG) relevant.

Abs. 3: Dagegen soll nach Ansicht der Kommission im Bereich des Güterrechts der im Eherecht geltende ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (Art. 181 ZGB) erst ab dem Zeitpunkt der Umwandlung Anwendung finden.

Haben die eingetragenen Partnerinnen oder Partner keinen Vermögensvertrag im Sinne von Artikel 25 PartG geschlossen, so gilt bis zur Umwandlung für diese Paare Artikel 18 PartG, wonach sie grundsätzlich jeweils über das eigene Vermögen verfügen. Im Ergebnis kommt die in Artikel 18 PartG vorgesehene Ordnung dem gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung (Art. 247 ff. ZGB) gleich. Erst ab dem Zeitpunkt der Umwandlung sollen diese Paare dem im Eherecht vorgesehenen ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (Art. 196 ff. ZGB) unterstellt werden. Würde eine Rückwirkung vorgesehen, hätte dies unter Umständen einschneidende Folgen in die Vermögenssituation der ehemaligen Partnerinnen und Partner. Insbesondere werden beispielsweise der Arbeitserwerb, Leistungen von Personalfürsorgeeinrichtungen und Sozialversicherungen sowie Erträge des Eigenguts zu Errungenschaft (Art. 197 Abs. 2 Ziff. 1, 2 und 4 ZGB). Die Errungenschaft fliesst in den Vorschlag ein (Art. 210 Abs. 1 ZGB) und dem anderen Ehegatten steht die Hälfte des Vorschlags zu (Art. 215 Abs. 1 ZGB). Möglicherweise wurden während der Dauer der eingetragenen Partnerschaft zum Ausgleich einer
fehlenden Errungenschaftsbeteiligung anderweitige Massnahmen getroffen. Es soll daher zum Schutz bereits getroffener Dispositionen und bereits erworbener Rechte und damit der bisherigen Vermögenssituation der Partnerinnen und Partner auf eine Rückwirkung im Bereich des Güterrechts verzichtet werden.

Selbstverständlich bleibt es den Eheleuten nach der Umwandlung unbenommen, einen Ehevertrag abzuschliessen und beispielsweise die Errungenschaftsbeteilung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eintragung der Partnerschaft zu vereinbaren.

Abs. 4: Haben die Partnerinnen oder Partner bereits vor der Umwandlung einen Vermögensvertrag im Sinne von Artikel 25 PartG abgeschlossen, so stellt sich die Frage, welches Schicksal der Vermögensvertrag mit der Umwandlung haben soll.

In der Lehre wird davon ausgegangen, dass beispielsweise einer mittels Vermögensvertrag vereinbarten Errungenschaftsbeteiligung bereits während der Dauer der ein-

8633

BBl 2019

getragenen Partnerschaft Wirkungen zukommen,57 obwohl der Gesetzeswortlaut im Gegensatz zur Regelung beim Ehevertrag lediglich die Aufteilung des Vermögens für den Fall der Auflösung der Partnerschaft regelt. Nach der Umwandlung würde dann grundsätzlich die Errungenschaftsbeteiligung von Gesetzes wegen gelten.

Oftmals finden sich jedoch in einem Vermögensvertrag auch Vereinbarungen erbrechtlicher Natur oder die Vorschlagszuteilung wird abgeändert. Ein solcher Vertrag soll deshalb in der Zeit vor wie auch in der Zeit nach der Umwandlung seine Gültigkeit behalten.

Möglich ist auch, dass die eingetragenen Partnerinnen oder Partner einen Vermögensvertrag abgeschlossen haben, der ­ ausdrücklich oder stillschweigend ­ auf dem Güterstand der Gütertrennung basiert, der aber auch erbrechtliche Dispositionen enthält. In einem solchen Fall soll der Vermögensvertrag ebenfalls auch nach der Umwandlung weiterbestehen. Einzig aufgrund der Umwandlung den Abschluss eines neuen Vertrages (Ehevertrag) zu verlangen, der wiederum denselben Formvorschriften unterliegt (Art. 184 ZGB), erscheint nicht angemessen.

Im Ergebnis sollen damit bestehende Vermögensverträge im Sinne von Artikel 25 PartG ­ unabhängig ihres Inhalts ­ auch nach der Umwandlung ihre Gültigkeit während der Ehe behalten.

Weiter ist es den eingetragenen Partnerinnen und Partnern auch unbenommen, bereits im Vorfeld der Umwandlung einen Ehevertrag abzuschliessen, der dann nach der Umwandlung seine Wirkungen entfalten soll. Auch ein solcher soll nach der Umwandlung selbstverständlich weitergelten.

Die Minderheit (Nidegger, Geissbühler, Haab, Schwander, Tuena, Walliser), die sich der Öffnung der Ehe grundsätzlich wiedersetzt, beantragt die Streichung dieser neuen Bestimmung.

7.3

Erläuterungen zum E-IPRG

Art. 43 Abs. 1 und 2

Zuständigkeit (Eheschliessung)

Betrifft die deutsche Fassung: Der Ausdruck «Brautleute» wird durch «die Verlobten» und «der Braut oder des Bräutigams» durch «eines der Verlobten» ersetzt, weil auf diese Weise auch zwei Personen gleichen Geschlechts erfasst werden können.

Die Minderheit (Nidegger, Geissbühler, Haab, Schwander, Tuena, Walliser), die sich der Öffnung der Ehe grundsätzlich widersetzt, beantragt die Beibehaltung des geltenden Rechts für diese Bestimmung sowie für alle weiteren IPRG-Bestimmungen, die infolge der Öffnung der Ehe für alle Paare geändert werden sollten.

57

Siehe ANDREA BÜCHLER/GABRIELLA MATEFI, in: Andrea Büchler (Hrsg.), FamKommentar Eingetragene Partnerschaft, Bern 2007, N 31 zu Art. 25; PHILIPP GREMPER, in: Thomas Geiser/Philipp Gremper (Hrsg.), Zürcher Kommentar zum Partnerschaftsgesetz, Zürich 2007, N 15 ff. zu Art. 25; PASCAL PICHONNAZ, Der «Partnergüterstand» der eingetragenen Partner, N 201, in: Andreas Ziegler/Michel Montini/Eylem Ayse Copur (Hrsg.), LGBT Recht, Basel 2015.

8634

BBl 2019

Art. 45 Abs. 2 und 3

Eheschliessung im Ausland

Abs. 2: In der deutschen Fassung wird der Ausdruck «Braut und Bräutigam» durch «die Verlobten» ersetzt, weil auf diese Weise auch zwei Personen gleichen Geschlechts erfasst werden können. Aus dem gleichen Grund wird in der französischen Fassung der Ausdruck «la fiancée ou le fiancé» durch «un des fiancés» ersetzt.

Abs. 3: Eine im Ausland gültig geschlossene Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts wird inskünftig nicht mehr als eingetragene Partnerschaft, sondern als Ehe anerkannt. Der bisherige Absatz 3 wird deshalb ersatzlos gestrichen.

Ehepaare, die vor Inkrafttreten der vorliegenden Revision als eingetragene Partner ins Personenstandsregister eingetragen wurden, können gemeinsam oder einzeln die Änderung des Eintrags verlangen. Der Eintrag wird zudem von Amtes wegen aktualisiert, wenn einer der beiden Eheleute von einem Zivilstandsereignis betroffen ist (Art. 16 Abs. 1 Bst. c ZStV).

Art. 50

Ausländische Entscheidungen (Wirkungen der Ehe)

Da Ehen zwischen Personen gleichen Geschlechts weltweit noch nicht weit verbreitet sind, besteht das Risiko negativer Kompetenzkonflikte. Wohnt ein betroffenes Ehepaar in einem Staat, der die gleichgeschlechtliche Ehe nicht kennt, steht ihm oft nur der Gang vor die Behörden des Staates offen, in dem die Ehe geschlossen wurde. Entscheidungen der Behörden dieses Staates sollen deshalb anerkannt werden.

Inhaltlich entspricht die neue Vorschrift dem bisherigen Artikel 65d.

Art. 51 Bst. b Zuständigkeit (Ehegüterrecht) Die Bestimmung wird ergänzt und die (neue) subsidiäre Zuständigkeit nach Artikel 60a berücksichtigt.

Art. 52 Abs. 2 und 3

Grundsatz

Der bisherige Artikel 65c Absatz 2 wird ohne inhaltliche Änderung auf alle Ehen ausgedehnt. Bereits unter geltendem Recht steht es den Ehegatten frei, das auf ihre güterrechtlichen Verhältnisse anwendbare Recht zu wählen. Die Ausdehnung der Rechtswahl auf das Recht am Ort der Eheschliessung verstärkt die Parteiautonomie.

Art. 60a

Zuständigkeit am Eheschliessungsort

Eine subsidiäre Zuständigkeit für Scheidung und Trennung am Ort der Eheschliessung in der Schweiz kann negative Kompetenzkonflikte verhindern, etwa wenn der Wohnsitzstaat des Ehepaares gleichgeschlechtliche Ehen nicht kennt. Artikel 60a übernimmt deshalb ohne inhaltliche Änderungen den bisherigen Artikel 65b.

Die Minderheit (Nidegger, Geissbühler, Haab, Schwander, Tuena, Walliser), die sich der Öffnung der Ehe grundsätzlich wiedersetzt, beantragt die Streichung dieser neuen Bestimmung.

8635

BBl 2019

Art. 64

Ergänzung oder Abänderung einer Entscheidung

Die Bestimmung wird ergänzt und die (neue) subsidiäre Zuständigkeit nach Artikel 60a berücksichtigt.

Art. 65 Abs. 1

Ausländische Entscheidungen (Scheidung und Trennung)

Es kann hier auf die bei Artikel 50 gemachten Ausführungen verwiesen werden.

Diese gelten sinngemäss.

Art. 65a

Anwendung des dritten Kapitels

Der Verweis auf das 3. Kapitel wird beibehalten. Auch wenn in der Schweiz keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden können, wird eine im Ausland begründete eingetragene Partnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Personen in der Schweiz weiterhin als solche anerkannt.

Der Vorbehalt von Artikel 43 Absatz 2 kann ersatzlos gestrichen werden, da nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Revision ohnehin in der Schweiz keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden können.

Art. 65b

Aufgehoben

Artikel 65b wird aufgehoben, da er mit redaktionellen Anpassungen ins Kapitel 3 übertragen wurde (Art. 60a E-IPRG). Aufgrund des Verweises in Artikel 65a EIPRG kommen die bisher geltenden Regeln aber auch weiterhin auf eingetragene Partnerschaften zur Anwendung.

Art. 65c

Anwendbares Recht

Ist schweizerisches Recht anwendbar, muss je nach Datum der Begründung der Partnerschaft unterschieden werden: Wurde die eingetragene Partnerschaft vor Inkrafttreten der vorliegenden Revision begründet, kommt das PartG zur Anwendung, da es für diese Partnerschaften weiterhin Geltung hat (siehe Kommentar zu Art. 1 EPartG). Handelt es sich aber um eine nach Inkrafttreten der vorliegenden Revision im Ausland eingetragene Partnerschaft, kennt das schweizerische Recht aufgrund der Abschaffung der eingetragenen Partnerschaft pro futuro keine Regeln mehr für dieses Institut (siehe auch Kommentar zu Art. 1 E-PartG), sodass in diesen Fällen das Eherecht des ZGB zur Anwendung kommt.

Der bisherige Absatz 2 wird aufgehoben und durch Artikel 52 Absatz 2 E-IPRG ersetzt.

Art. 65d

Aufgehoben

Es kann auf die Erläuterungen zu Artikel 65b E-IPRG verwiesen werden. Artikel 65d IPRG entspricht inhaltlich Artikel 50 und Artikel 65 Absatz 1 E-IPRG.

8636

BBl 2019

8

Auswirkungen

8.1

Auswirkungen auf den Bund

Abgesehen von Anpassungen der Ausführungsbestimmungen im Zivilstandswesen (siehe Ziff. 4.1 und 4.3) sowie von der Bereitstellung weiteren Informationsmaterials hat die Öffnung der Ehe keine Auswirkungen auf die Tätigkeit des Bundes. Diese Arbeiten werden mit den bestehenden Ressourcen bewältigt. Die Revision hat auch keine unmittelbaren zwingenden Auswirkungen auf die Informatikinfrastruktur. Es wird, im Rahmen der Arbeiten im Zusammenhang mit der Einführung von Infostar NG (New Generation) möglich sein eine neue Funktion bezüglich der Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe vorzusehen sowie die Vorbereitung der Eheschliessung und Trauung eines gleichgeschlechtlichen Paares systemunterstützt durchzuführen. Sollte die vorliegende Revision vor der Einführung von Infostar NG in Kraft treten, welche aktuell für 2023 vorgesehen ist, wird es möglich sein, die Ehe von Personen gleichen Geschlechts ausserhalb von Infostar auf entsprechenden Formularen «manuell» zu verarbeiten und in der Folge im Geschäftsfall «Person» in Infostar zu beurkunden.

Die vorgeschlagene Revision wird für den Bund gewisse finanzielle Auswirkungen im Zusammenhang mit der Erhöhung der Anzahl von Witwenrenten haben, die aber von untergeordneter Bedeutung sein werden. Auch wenn zukünftig mehr Frauen eine Witwenrente gemäss AHVG und UVG erhalten werden (siehe Ziff. 4.2.2), wird diese Erhöhung in einem eng begrenzten Rahmen stattfinden. Ausgehend von der heutigen Anzahl von Frauen, die jünger als 65 Jahre sind und in einer eingetragenen Partnerschaft leben (Ende 2017 waren es 4885)58 rechnet das Bundesamt für Sozialversicherungen mit rund fünf Witwen pro Jahr. Aufgrund der durchschnittlichen Sterbewahrscheinlichkeit wird im Durchschnitt ungefähr jedes Jahr eine von 1000 Frauen mit Zivilstand «in eingetragener Partnerschaft» und jünger als 65 sterben. Da nicht alle Witwen die Voraussetzungen für eine Witwenrente der AHV erfüllen würden, hätte das auf 4885 eingetragene Partnerinnen unter 65 weniger als 5 Witwenrenten pro Jahr zur Folge. Ob in einer ersten Phase nach der Einführung der «Ehe für alle» mit einer noch geringeren Zahl von Witwenrenten zu rechnen ist, hängt davon ab, wie viele Paare von der Möglichkeit der Umwandlung in eine Ehe Gebrauch machen und wie viele Ehen zwischen Frauen geschlossen werden (im Jahr 2017
liessen sich 306 Frauenpaare eintragen). Die daraus resultierenden zusätzlichen Kosten für die AHV wären im globalen Vergleich mit den heutigen Witwenrenten ­ im Dezember 2017 bezogen etwas mehr als 150 000 Witwen von der AHV eine Rentensumme von etwas über 133 Mio. Franken monatlich bzw. rund 1,6 Mrd.

Franken pro Jahr ­ vernachlässigbar.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch das Bundesamt für Gesundheit. Die Leistungen gemäss UVG werden durch Prämien der Versicherten finanziert. Falls aufgrund der vorgeschlagenen Änderung mehr Leistungen ausgerichtet werden sollten, würde sich die Prämienlast erhöhen. Der Bund wäre jedoch lediglich als Arbeitgeber betroffen, da er die Prämienlast für Berufsunfälle zu tragen hat (Art. 91 Abs. 1 58

Statistiken abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Bevölkerung > Heiraten, eingetragene Partnerschaften und Scheidungen > Eingetragene Partnerschaften und Auflösungen.

8637

BBl 2019

UVG). Auch wenn keine konkreten Zahlen vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um wenige Fälle handeln wird.

8.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Die vorgesehenen Änderungen haben voraussichtlich wenig Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden. In Frage kommen vor allem sprachliche Anpassungen in gewissen Erlassen und Formularen, weil die Ehe nicht mehr nur von einer Frau und einem Mann, sondern auch von zwei Personen gleichen Geschlechts eingegangen werden kann.

8.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Auswirkungen der vorliegenden Revision auf die Volkswirtschaft lassen sich nicht präzis abschätzen. Die begrenzte Zunahme der Witwenrenten nach AHV und UVG (siehe Ziff. 8.1) wird aber kaum Folgen auf die Refinanzierung der AHV haben.

8.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Seit der Einführung der eingetragenen Partnerschaft in der Schweiz im Jahr 2007 haben zwei Personen gleichen Geschlechts die Möglichkeit, ihre Beziehung rechtlich abzusichern. Die eingetragene Partnerschaft wird beim Zivilstandsamt beurkundet und stellt eine Lebensgemeinschaft mit eheähnlichen gegenseitigen Rechten und Pflichten dar. Zwischen der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft bestehen jedoch noch Unterschiede und dieses separate Institut für gleichgeschlechtliche Paare wird verschiedentlich als «Ehe 2. Klasse» empfunden.

Dazu kommt, dass der entsprechende Zivilstand für die eingetragenen Partnerinnen und Partner als stigmatisierend empfunden werden kann, da diese bei Bekanntgabe ihres Zivilstandes gleichzeitig Auskunft über ihre sexuelle Orientierung geben müssen. Dies wird einerseits als Eingriff in die Intimsphäre wahrgenommen, und kann andererseits problematische Folgen haben, insbesondere in denjenigen Ländern, in denen die Homosexualität unter Strafe gestellt ist.

Diese Situation wird sich durch eine Öffnung des Zugangs zur Ehe für alle Paare sowie der Möglichkeit der Umwandlung einer bestehenden eingetragenen Partnerschaft deutlich verbessern. Es ist ausserdem davon auszugehen, dass bei Einführung der Ehe für alle auch die gesellschaftliche Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen Paare wachsen wird.59 59

Siehe TARIK ABOU-CHADI/RYAN FINNIGAN, Rights for Same-Sex Couples and Public Attitudes toward Gays and Lesbians in Europe, Universität Zürich/University of California, in: Comparative Political Studies, September 2018: «marriage equality sends an unambiguously positive signal and reduces the perceived group difference through inclusion into existing rights.» (Abstract).

8638

BBl 2019

8.5

Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann

Mit der Öffnung der Ehe für alle Paare und den mit dem vorliegenden Entwurf vorgesehenen Auswirkungen der Öffnung werden die gleichgeschlechtlichen Paare, die heiraten oder ihre eingetragene Partnerschaft umwandeln, den verschiedengeschlechtlichen verheirateten Paaren weiter gleichgestellt (siehe Ziff. 4; dies betrifft bspw. die gemeinschaftliche Adoption und die Einbürgerungsvoraussetzungen).

Dies entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung und dem Verbot einer Diskriminierung (Art. 8 BV).

Die Kommission ist sich aber bewusst, dass gewisse Ungleichbehandlungen in bedeutsamen Themenfelder auch nach der Öffnung der Ehe weiterbestehen werden (siehe Ziff. 6; dies betrifft bspw. die Regelung der Hinterlassenenrenten sowie des Abstammungsrechts). Diese sind im Rahmen einer oder mehrerer nachfolgenden Revisionen zu beheben.

9

Rechtliche Aspekte

9.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die beantragte Revision stützt sich auf Artikel 122 Absatz 1 BV, der dem Bund die Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Zivilrechts überträgt (siehe Ziff. 2.2).

9.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz ist an keine internationale Verpflichtung gebunden, die ihren Handlungsspielraum auf dem Gebiet des innerstaatlichen Eherechts einschränkt.

9.3

Erlassform

Die Änderung des Zivilgesetzbuchs, des PartG und IPRG ist in Form eines Bundesgesetzes zu erlassen.

9.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage untersteht nicht der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV, da sie weder Subventionsbestimmungen noch die Grundlage für die Schaffung eines Verpflichtungskredites oder Zahlungsrahmens enthält.

8639

BBl 2019

9.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Mit der Vorlage werden keine neuen Rechtsetzungsbefugnisse an den Bundesrat delegiert.

9.6

Datenschutz

Die Vorlage betrifft keine Fragen in Verbindung mit dem Datenschutz.

8640