16.452 Parlamentarische Initiative Ausbau der Wasserkraft zur Stromerzeugung und Stromspeicherung. Anpassung der Umweltverträglichkeitsprüfung Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates vom 30. April 2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Sehr geehrte Damen und Herren, Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916.

Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

30. April 2019

Im Namen der Kommission Der Präsident: Roger Nordmann

2019-2258

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Übersicht Bei der Erneuerung einer Wasserrechtskonzession von Speicher- und Laufkraftwerken mit einer installierten Leistung von mehr als 3 MW muss zur Beurteilung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden. Dabei hat die bisherige Praxis gezeigt, dass Unsicherheiten bestehen, was unter dem Begriff «Ausgangszustand» gemäss Artikel 10b Absatz 2 Bst. a USG zu verstehen ist. Die parlamentarische Initiative fordert, den Ausgangszustand eindeutig festzulegen, und zwar als Zustand zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung (Ist-Zustand). Die Festlegung des Ausgangszustands als Ist-Zustand hat zur Folge, dass dieser Zustand sowohl bei der Erstellung eines Umweltverträglichkeitsberichts im Hinblick auf ein Verfahren um erstmalige Konzessionserteilung, als auch bei einer Konzessionserneuerung den Prüfungen zugrunde zu legen ist. Gleichzeitig dient dieser Zustand als Referenzgrösse dafür, ob und in welchem Umfang Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG zu leisten sind. Mit dieser Regelung wird die nötige Rechtssicherheit geschaffen.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Am 16. Juni 2016 reichte Nationalrat Albert Rösti die parlamentarische Initiative «Ausbau der Wasserkraft zur Stromerzeugung und Stromspeicherung. Anpassung der Umweltverträglichkeitsprüfung» ein. Er beantragte, die gesetzlichen Bestimmungen für Umweltverträglichkeitsprüfungen anzupassen, die bei Neukonzessionierungen oder Änderungen von Wasserkraftkonzessionen erforderlich sind. Nicht vom ursprünglichen Zustand vor Bestehen des oft seit vielen Jahrzehnten konzessionierten Kraftwerks soll ausgegangen werden, sondern vom Ist-Zustand vor der beabsichtigten Neukonzessionierung bzw. Konzessionsänderung.

Bereits am 26. September 2013 hatte Nationalrat Rösti die Motion 13.3883 «Ausbau der Wasserkraft zur Stromerzeugung und Stromspeicherung. Anpassung der Umweltverträglichkeitsprüfung» eingereicht. Die Motion wurde am 25. September 2015 abgeschrieben, weil sie nicht innerhalb von zwei Jahren abschliessend im Rat behandelt worden war. Hintergrund dieser parlamentarischen Vorstösse waren Fragen hinsichtlich der Definition des Ausgangszustandes, die bei der Erneuerung von Konzessionen zur Wasserkraftnutzung immer wieder auftauchten.

Im Rahmen des Verfahrens zur Vorprüfung von parlamentarischen Initiativen (Art. 109 Abs. 2 Parlamentsgesetz; ParlG1) gab die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) der Initiative am 27. Juni 2017 mit 15 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen Folge. Die Schwesterkommission des Ständerates stimmte dem Beschluss der UREK-N am 18. August 2017 mit 5 zu 4 Stimmen zu. Im Anschluss erarbeitete die UREK-N einen Vorentwurf.

Sie stimmte am 9. Oktober 2018 dem Vorentwurf mit 17 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung zu und schickte ihn in die Vernehmlassung.

Am 30. April 2019 nahm die Kommission Kenntnis von den Ergebnissen der Vernehmlassung. Nach einer kritischen Würdigung der Stellungnahmen stellte die Kommissionsmehrheit fest, dass der Vorentwurf die nötige Unterstützung bei den Vernehmlassungsteilnehmenden gefunden hatte. Der Minderheitsantrag im Vorentwurf wurde hingegen mehrheitlich abgelehnt. Ein Teil der Kommission war nach wie vor überzeugt von der Notwendigkeit einer entsprechenden Bestimmung und brachte eine Erweiterung von Artikel 58a Absatz 5 ein, die auf einen Vorschlag aus der Vernehmlassung zurückgeht. Damit werden die Voraussetzungen für
verhältnismässige Massnahmen zugunsten von Natur und Landschaft neu definiert sowie Umfang und Perimeter eingeschränkt. Der Ergänzungsantrag wurde mit 12 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt und als neue Minderheit eingereicht.

Schliesslich wurde der Entwurf von der Kommission mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.

1

SR 171.10

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Bei der Ausarbeitung der Vorlage wurde die Kommission vom Bundesamt für Energie (BFE) und vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) unterstützt.

2

Rechtliche Rahmenbedingungen und bisherige Praxis

2.1

Konzessionsrecht

Das Wasserrechtsgesetz (WRG)2 regelt sowohl das Verfahren zur erstmaligen Erteilung einer Konzession (Neukonzessionierung), als auch jenes zur Erneuerung eines bestehenden Wassernutzungsrechts (Konzessionserneuerung; dazu insbesondere Art. 58a WRG).

Bei einer Konzessionserneuerung sind folgende Fälle zu unterscheiden: ­

Konzessionserneuerung ohne bauliche oder betriebliche Anpassung (unveränderter Weiterbetrieb)

­

Konzessionserneuerung ohne bauliche Anpassung, mit betrieblicher Anpassung

­

Konzessionserneuerung mit baulicher Anpassung, ohne betriebliche Anpassung

­

Konzessionserneuerung mit baulicher und betrieblicher Anpassung

In der Praxis ist überdies das Instrument der Zusatzkonzession anerkannt. Eine Zusatzkonzession ermöglicht es, das bereits verliehene Wassernutzungsrecht während laufender Konzession in beschränktem Masse zu erweitern, ohne dass die gesamte Anlage neu konzessioniert werden muss3.

Eine Wasserrechtskonzession verschafft dem Konzessionär das Recht, die Wasserkraft an einem Standort nach Massgabe des Verleihungsaktes für eine bestimmte Zeit exklusiv zu nutzen (Art. 43 Abs. 1 WRG). Gemäss Artikel 58 WRG beträgt die Konzessionsdauer maximal 80 Jahre. Nach Ablauf der Konzessionsdauer fällt das Nutzungsrecht des Konzessionärs dahin. Die zeitliche Beschränkung des Nutzungsrechts ermöglicht es dem verfügungsberechtigten Gemeinwesen, spätestens nach 80 Jahren neu über die Nutzung zu entscheiden. Es kann das Wasserrecht entweder dem bisherigen Konzessionär wiederverleihen, einem Dritten erteilen, die Wasserkraft selbst nutzen oder den Verzicht auf die Nutzung vorsehen. Ein Anspruch des bisherigen Konzessionärs auf Konzessionserneuerung besteht nicht. Es besteht aber auch kein Anspruch darauf, dass die Verleihungsbehörde die Konzession nicht wieder erteilt.

Mit der Erneuerung der Konzession wird ein neues Rechtsverhältnis gestaltet. Die Bedingungen des Nutzungsrechts müssen neu ausgehandelt und festgelegt werden.

2 3

SR 721.80 Vgl. Postulat 12.3223 (NR Guhl) «Effizienzsteigerung von Wasserkraftwerken ohne Neukonzessionierung ermöglichen».

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Dabei ist für die Einhaltung der aktuell geltenden gesetzlichen Bestimmungen (hier insbesondere des WRG und des Umweltrechts) zu sorgen. Der Begriff Konzessionserneuerung ist unabhängig von der Person des Konzessionärs. Mit der Erneuerung der Konzession kann das Nutzungsrecht an denselben oder einen neuen Konzessionär verliehen werden.

Die Konzessionserneuerung ist nicht gleichbedeutend mit dem Neubau einer Anlage, der nebst einer Konzession auch einer Baubewilligung bedarf. Für bestehende Wasserkraftwerke liegt zum Zeitpunkt der Konzessionserneuerung bereits eine rechtskräftige Baubewilligung vor; diese muss nicht nochmals erteilt werden. Nur für neu zu errichtende Anlagenteile ist eine Baubewilligung nötig.

2.2

Geltende umweltrechtliche Rahmenbedingungen

2.2.1

Grundlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung

Bevor eine Behörde über die Planung, Errichtung oder Änderung von Anlagen entscheidet, welche die Umwelt erheblich belasten können, prüft sie möglichst frühzeitig die Umweltverträglichkeit (Art. 10a Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz, USG4). Im Rahmen der Neukonzessionierung, also der erstmaligen Konzessionierung von Speicher- und Laufkraftwerken sowie Pumpspeicherwerken, deren installierte Leistung mehr als 3 MW beträgt, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen (Art. 1 i.V.m. Anh. Nr. 21.3 der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung, UVPV5). Es entspricht der etablierten Praxis, dass auch bei Konzessionserneuerungen von Wasserkraftwerken mit einer installierten Leistung von mehr als 3 MW eine UVP durchgeführt wird.

Die UVP wird auf der Grundlage eines Umweltverträglichkeitsberichts (UVB) durchgeführt. Die Prüfung findet im Rahmen des massgeblichen Verfahrens statt.

Kraftwerke an internationalen Gewässern werden in einstufigen, koordinierten Konzessions- und Plangenehmigungsverfahren des Bundes genehmigt (Art. 62 ff.

WRG). Kraftwerke an den übrigen Gewässern werden ­ abhängig von den kantonalen Bestimmungen ­ entweder im ein- oder zweistufigen Verfahren genehmigt (Art. 60 und 61 WRG, Anhang UVPV, Anlagetyp Nr. 21.3). Sieht das kantonale Recht eine mehrstufige Prüfung in verschiedenen Verfahrensschritten vor, so wird die Prüfung bei jedem Verfahrensschritt so weit durchgeführt, als die Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt für den jeweiligen Entscheid bekannt sein müssen (Art. 6 UVPV).

Der UVB enthält alle Angaben, die zur Prüfung des Vorhabens nach den Vorschriften über den Schutz der Umwelt nötig sind. Dazu gehören auch Angaben zum Ausgangszustand (Art. 10b Abs. 2 Bst. a USG). Der Ausgangszustand meint im Allgemeinen den vom Vorhaben noch nicht beeinflussten Umweltzustand mit seinen natürlichen Standortmerkmalen vor dem Bau einer Anlage und seinen bestehenden Vorbelastungen. Gestützt auf den Vergleich zwischen dem Zustand vor dem Bau der 4 5

SR 814.01 SR 814.011

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Anlage und dem Zustand nach dem Bau der Anlage werden die Umweltauswirkungen der Anlage dargestellt und die Umweltschutzmassnahmen geplant.

Die Erstellung eines UVB bei Konzessionserneuerungen macht auch dann Sinn, wenn es zu keinen Änderungen an der Anlage kommt, da im Konzessionserneuerungsverfahren ohnehin die Einhaltung der aktuell geltenden Bestimmungen des WRG und des Umweltrechts zu prüfen sind. Können mit der Voruntersuchung die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt und die Umweltschutzmassnahmen abschliessend ermittelt und dargestellt werden, so kann die Voruntersuchung als UVB eingereicht werden (Art. 8a Abs. 1 UVPV). Diese Regelung kann in einfachen Fällen auch bei Konzessionserneuerungen von Wasserkraftwerken Anwendung finden und vereinfacht das Verfahren.

2.2.2

Ausführungen zum Umweltrecht

Zu den Umweltschutzmassnahmen gehören neben Schutzmassnahmen während der Bau- und Betriebsphase (z. B. Lärmschutz, nicht ionisierende Strahlung) insbesondere Sanierungs-, Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach dem Bundesgesetz über den Gewässerschutz (Gewässerschutzgesetz, GSchG6), dem Bundesgesetz über die Fischerei (Fischereigesetz, BGF7) und dem Bundesgesetz über den Naturund Heimatschutz (NHG). Während die Sanierung der Wasser-Lebensräume im GSchG und BGF geregelt ist, ist der angemessene Ersatz für Eingriffe in schutzwürdige terrestrische oder semiterrestrische Lebensräume nach Artikel 18 Absatz 1bis NHG in Artikel 18 Absatz 1ter NHG vorgeschrieben.

2.2.2.1

Artikel 18 Absatz 1ter NHG

Besonders zu schützen sind nach Artikel 18 Absatz 1bis NHG Uferbereiche, Riedgebiete und Moore, seltene Waldgesellschaften, Hecken, Feldgehölze, Trockenrasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen. Die schutzwürdigen Lebensräume werden laut Artikel 14 Absatz 3 Natur- und Heimatschutzverordnung (NHV8) anhand der insbesondere durch Kennarten charakterisierten Lebensraumtypen nach Anhang 1, der geschützten Pflanzen- und Tierarten nach Artikel 20 NHV, der nach der Fischereigesetzgebung gefährdeten Fische und Krebse, der gefährdeten und seltenen Pflanzen- und Tierarten, die in den Roten Listen aufgeführt sind, sowie anhand weiterer Kriterien, wie Mobilitätsansprüche der Arten oder Vernetzung ihrer Vorkommen, bestimmt.

Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder ansonsten für angemessenen Ersatz zu sorgen (Art. 18 Abs. 1 ter NHG).

6 7 8

SR 814.20 SR 923.0 SR 451.1

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Die Schutz-, Wiederherstellungs- oder Ersatzpflicht nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG bezieht sich grundsätzlich auf alle schutzwürdigen Lebensräume nach Artikel 18 Absatz 1bis NHG, d. h. auf aquatische, semiterrestrische und terrestrische schutzwürdige Lebensräume, die den Kriterien von Artikel 14 Absatz 3 NHV entsprechen. Beim Bau von neuen Anlagen oder Anlageteilen müssen daher alle beeinträchtigten schutzwürdigen Lebensräume wiederhergestellt oder ersetzt werden.

Dabei müssen jedoch nur die schutzwürdigen aquatischen Bereiche wie z. B. bedeutende Laichplätze wiederhergestellt oder ersetzt werden, nicht aber der gesamte Fliessgewässerkörper.

2.2.2.2

Ersatzpflicht bei Objekten von nationaler Bedeutung nach Artikel 5 NHG und Biotopen von nationaler Bedeutung nach Artikel 18a NHG

Neben den schutzwürdigen Lebensräumen sind im NHG noch weitere Schutzgüter definiert, unter anderem die Inventare des Bundes von Objekten von nationaler Bedeutung (Art. 5 NHG).

Zu den Inventaren des Bundes von Objekten von nationaler Bedeutung zählen das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (VBLN9), das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (VISOS10) sowie das Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (VIVS11).

Die Objekte der erwähnten Inventare sind ungeschmälert zu erhalten, jedenfalls aber unter Einbezug von Wiederherstellungs- oder angemessenen Ersatzmassnahmen grösstmöglich zu schonen. Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung darf nur in Erwägung gezogen werden, wenn gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen (Art. 6 Abs. 2 NHG).

Die Biotope von nationaler Bedeutung nach Artikel 18a NHG umfassen die Auen, die Amphibienlaichgebiete und die Trockenwiesen und -weiden. Die Ersatzpflicht für die Biotope von nationaler Bedeutung (Art. 18a NHG) wird ­ dort wo ein Ersatz überhaupt möglich ist ­ explizit in den entsprechenden Verordnungen festgehalten (siehe u. a. Art. 4 Abs. 2 der Verordnung über den Schutz der Auengebiete von nationaler Bedeutung, Auenverordnung12).

Gemäss der bisherigen Praxis wurde für die Festlegung von Ersatzmassnahmen für die Objekte von nationaler Bedeutung nach Artikel 5 NHG und für die Biotope nach Artikel 18a NHG immer vom Ist-Zustand ausgegangen. Daran soll nichts geändert werden.

9 10 11 12

SR 451.11 SR 451.12 SR 451.13 SR 451.31

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2.2.2.3

GSchG und BGF

Im Anwendungsbereich des GSchG und des BGF ist zum Zeitpunkt der Konzessionserneuerung ebenfalls die Einhaltung des geltenden Rechts zu prüfen. Nach GSchG sind unter anderem die erforderlichen Restwassermengen abzugeben sowie die negativen Auswirkungen von Schwall und Sunk zu beheben, sofern das nicht bereits erfolgt ist. Zudem hat der Konzessionär für die Reaktivierung des Geschiebehaushaltes zu sorgen. Das BGF fordert für bestehende Anlagen, dass Massnahmen umgesetzt werden, um günstige Lebensbedingungen für die Wassertiere zu schaffen, die freie Fischwanderung sicherzustellen und die natürliche Fortpflanzung zu ermöglichen. Zudem sind Fischschutzmassnahmen zu treffen. Die Sanierungsanforderungen von GSchG und BGF müssen auch erfüllt werden, wenn sich keine zeitliche Koinzidenz mit einem Konzessionserneuerungsverfahren ergibt.13 Anders als im Bereich des NHG hat die Festlegung des Ausgangszustandes im Anwendungsbereich von GSchG und BGF nicht zu Fragen Anlass gegeben.

2.3

Bisherige Praxis

Bei neuen Anlagen entspricht der Ausgangszustand nach Artikel 10b Absatz 2 Bst. a USG dem Ist-Zustand resp. dem Zustand vor Errichtung der Anlage. Nach bisheriger Praxis wurde anlässlich der Konzessionserneuerung hinsichtlich schutzwürdiger Lebensräume als Ausgangszustand derjenige Zustand betrachtet, der bestehen würde, wenn die frühere Konzession nie erteilt und die Anlage nie gebaut worden wäre.

Rechtlich wurde diese Praxis davon abgeleitet, dass auf eine Konzessionserneuerung kein Rechtsanspruch besteht.

Durch den seinerzeitigen Bau der Anlage und durch deren Betrieb wurden Lebensräume, die heute in Geltung des NHG als schutzwürdige Lebensräume eingestuft würden, beeinträchtigt. Für die Bemessung von Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG gingen das BAFU und die kantonalen Umweltfachstellen ­ in Anlehnung an ein Bundesgerichtsurteil zum Lungerersee 14 ­ deshalb davon aus, dass der Ausgangszustand der natürliche Zustand vor Errichtung des Werks sei und dass für die Aufrechterhaltung der kraftwerksbedingten Eingriffe während der neuen Konzessionsdauer von maximal 80 Jahren Wiederherstellungsund Ersatzmassnahmen geleistet werden müssen. Entsprechend beschrieb das BAFU im UVP-Handbuch von 2009 den Ausgangszustand bei Konzessionserneuerungen als denjenigen Zustand, der heute bestehen würde, wenn die frühere Konzession nie erteilt und die Anlage nie gebaut worden wäre.

Dies hatte zur Folge, dass auch bei Konzessionserneuerungen ohne neue Auswirkungen auf die Umwelt für die Aufrechterhaltung des Eingriffs in die gewässernahen terrestrischen und semiterrestrischen Lebensräume nach Artikel 18 Absatz 1bis NHG Ersatzmassnahmen verlangt wurden. Dazu wurde die Differenz zwischen dem Zustand, der bestehen würde, wenn die frühere Konzession nie erteilt und die Anlage nie gebaut worden wäre, und dem Zustand bei der Konzessionserneuerung ermit13 14

Vgl. dazu die Anforderungen von Art. 83a GSchG.

Urteil des Bundesgerichts 1A.59/1995 vom 28. April 2000.

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telt. Es mussten jedoch nur kraftwerksbedingte Beeinträchtigungen in schutzwürdige Lebensräume ersetzt werden und nicht solche Dritter, wie z. B. Beeinträchtigungen durch Hochwasserschutzmassnahmen. Bereits unter der bisherigen Praxis mussten die Behörden bei der Festlegung der Ersatzmassnahmen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung tragen. Wenn es zum Teil auch nicht einfach war, den Zustand vor dem Bau eines bereits bestehenden Kraftwerks abzuschätzen, sind in der Praxis immer angemessene Lösungen gefunden worden.

Aufgrund von Anfragen zum massgeblichen Ausgangszustand bei anstehenden Konzessionserneuerungen, namentlich zum Grenzwasserkraftwerk Reckingen und zum Etzelwerk der SBB (Sihlsee), und der neu entbrannten Diskussion über die Richtigkeit der Behördenpraxis, erteilte das BAFU Herrn Dr. iur. Peter Keller im Frühling 2015 den Auftrag, den Ausgangs- bzw. Referenzzustand bei der Umweltverträglichkeitsprüfung von Wasserkraftwerken näher anzuschauen. Das Gutachten15 wurde im Frühjahr 2016 fertig gestellt.

Der Gutachter kam zum Schluss, dass sich der Ausgangszustand primär daraus herleitet, wie am Ende der Konzession mit den Bauten der Anlage umzugehen ist.

Ausschlaggebend für die Beantwortung dieser Frage seien die einzelnen Wasserrechtskonzessionen und die jeweiligen kantonalen Wasserrechtsgesetze.

Das BFE teilte die rechtliche Begründung des massgebenden Ausgangszustandes bei Konzessionserneuerungen nicht. Das BAFU war mit dem Resultat des Gutachtens ebenfalls nicht zufrieden, weil demnach je nach Kanton ein anderer Ausgangszustand massgebend gewesen wäre.

In einer dem Gutachten Keller beigefügten gemeinsamen Erklärung von 2016 empfahlen daher die beiden Ämter unter anderem, zukünftig bei Konzessionserneuerungen für die Bestimmung von Ersatzmassnahmen nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG vom Ist-Zustand auszugehen. Zudem wurde empfohlen, bei der Beurteilung der Angemessenheit von Ersatzmassnahmen nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG das ökologische Potenzial des vom Wasserkraftwerk betroffenen Gebietes bei der Wahl der Art der ökologischen Massnahme zu berücksichtigen. Weiter sollten Beurteilungs-, Ermessens- und Verhandlungsspielräume möglichst optimal genutzt werden, um im Einzelfall sinnvolle und verhältnismässige Lösungen zu finden.

2.4

Übersicht über die bei den einzelnen Konzessionsarten vorgesehenen Kompensationsund Aufwertungsmassnahmen

2.4.1

Allgemeine Bemerkungen

Durch die Statuierung des Ausgangszustandes als Zustand bei Gesuchseinreichung (Ist-Zustand) ergibt sich nur bei der Bemessung von Ausgleichsmassnahmen in Bezug auf Artikel 18 Absatz 1ter NHG eine Änderung gegenüber der bisherigen Praxis. Die Massnahmen nach GSchG und BGF ergeben sich aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen; sie sind von der geplanten WRG-Änderung nicht 15

www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/uvp/recht/rechtsgutachten.html

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betroffen. Daher wird auch in den nachfolgenden Texten nur auf den Ersatz resp. die Aufwertung der schützenswerten terrestrischen (z. B. artenreiche Trockenwiese) und semiterrestrischen (z. B. Schilfbestand) Lebensräume eingegangen.

2.4.2

Neue Konzession

Beim Bau einer neuen Anlage gilt als Ausgangszustand der Ist-Zustand. Kann beim Bau der Anlage eine Beeinträchtigung von schutzwürdigen Lebensräumen nach Artikel 18 Absatz 1bis NHG nicht vermieden werden (bestmöglicher Schutz), so sind diese Lebensräume in erster Linie wiederherzustellen oder ansonsten angemessen zu ersetzen (Art. 18 Abs. 1ter NHG).

Wiederherstellung und Ersatz sind dann ökologisch gleichwertig bzw. angemessen, wenn dank ihnen der Zustand, wie er sich vor dem Eingriff präsentierte, wieder erreicht wird, der Lebensraum rechtzeitig zur Verfügung steht und dessen Erhaltung langfristig gesichert ist. Angemessenheit bedeutet aber auch, dass die (wirtschaftliche) Belastung für die Ersatzpflichtigen dem Verhältnismässigkeitsprinzip standhält.

2.4.3

Zusatzkonzession

Unter Zusatzkonzession wird eine Änderung einer laufenden Konzession im Sinne einer im Ausmass beschränkten Nutzungsänderung verstanden. Durch die Zusatzkonzession wird die ursprüngliche Konzessionsdauer grundsätzlich nicht verlängert.

Führt die Nutzungsänderung zu einem neuen Eingriff in schutzwürdige Lebensräume, sind diese gemäss Artikel 18 Absatz 1ter NHG wiederherzustellen oder angemessen zu ersetzen. Als Ausgangszustand gilt der Ist-Zustand. Im Rahmen der Verleihung einer Zusatzkonzession werden nur damit einhergehende neue Eingriffe kompensiert, weitere Massnahmen werden erst im Rahmen der Konzessionserneuerung geprüft. Bewirkt die Zusatzkonzession also keine neuen Beeinträchtigungen im Sinne von Artikel 18 Absatz 1ter NHG, ist kein Ausgleich nach NHG geschuldet.

2.4.4

Konzessionserneuerung ohne bauliche oder betriebliche Anpassung (unveränderter Weiterbetrieb)

Nach bisheriger Praxis wurde bei Konzessionserneuerungen ohne neue Auswirkungen auf die Umwelt grundsätzlich ein Ausgleich zwischen dem Zustand, der bestehen würde, wenn die frühere Konzession nie erteilt und die Anlage nie gebaut worden wäre, und dem Zustand zum Zeitpunkt der Konzessionserneuerung verlangt.

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2.4.5

Konzessionserneuerungen mit baulichen und/oder betrieblichen Anpassungen

Nach bisheriger Praxis wurde bei Konzessionserneuerungen ­ unabhängig davon, ob diese zu neuen Beeinträchtigungen von schutzwürdigen terrestrischen Lebensräumen führten ­ grundsätzlich ein Ausgleich zwischen dem natürlichen Zustand vor Errichtung der Wasserkraftanlage und dem Zustand nach der Konzessionserneuerung verlangt.

2.5

Vernehmlassung

Rund 125 Organisationen, Kantone, Vereinigungen aus den Bereichen Energie, Umwelt- und Naturschutz sowie weitere interessierte Kreise wurden eingeladen, zum Kommissionsvorentwurf Stellung zu nehmen. Das Interesse an der Vorlage war gross. Alle Kantone haben sich geäussert, und insgesamt sind 99 Stellungnahmen eingegangen.

Zwei Drittel der Stellungnehmenden befürworten das Anliegen der Initiative, das heisst die Festlegung des Ausgangszustandes als Zustand zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs für eine Konzessionserneuerung. Darunter fallen 15 Kantone und alle Vernehmlassungsteilnehmenden aus der Elektrizitätswirtschaft. Als Argumente für die Vorlage wurde insbesondere angeführt, dass die Notwendigkeit für eine gesetzliche Regelung auf der Basis des Ist-Zustandes bestehe, da die heutige Praxis unbefriedigend sei. Die vorgeschlagene Regelung führe zu Rechts- und Planungssicherheit und sei zweckmässig. Einige Vernehmlassungsteilnehmende sind der Ansicht, dass die geltende Regelung die Wasserkraft gegenüber anderen Infrastrukturanlagen benachteilige. Mit der vorgesehenen Änderung könne dieser Nachteil gegenüber anderen Infrastrukturanlagen aufgehoben werden.

Knapp ein Drittel der Vernehmlassungsteilnehmenden lehnt die Vorlage hingegen ab, darunter 5 Kantone und alle Teilnehmenden aus dem Bereich Umwelt- und Landschaftsschutz. Einige Stellungnehmende argumentieren, die verfassungsrechtlich geforderte Erhaltung schutzwürdiger Lebensräume und Pflanzenarten werde unterlaufen und das Verursacherprinzip verletzt. Sie bemängeln zudem, dass die früher ­ vor dem Inkrafttreten der entsprechenden Bestimmungen in Artikel 18 Absatz 1ter NHG ­ für eine beschränkte Dauer bewilligten Eingriffe in die Umwelt mit der neuen Definition dauerhaft ermöglicht würden, indem die Anordnung von Aufwertungsmassnahmen nicht mehr möglich wäre. Sie streichen den grossen Bedarf an der Erhaltung und Aufwertung beeinträchtigter Lebensräume hervor. Die heutige Praxis sei erprobt, und es sei in der Vergangenheit immer gelungen, angemessene und wirtschaftlich nachhaltige Lösungen zu finden. Andere Teilnehmende, die den Vorentwurf ablehnen, sehen die verfassungsmässige Kompetenz der Kantone, über ihre Gewässer hoheitlich zu verfügen, beschnitten. Gewisse Vernehmlassungsteilnehmende stimmen der Regelung in Artikel 58a Absatz 5 unter
dem Vorbehalt zu, dass zwingend auch Absatz 6 in die Vorlage aufgenommen wird.

Der Minderheitsantrag von Absatz 6 erfährt von drei Vierteln der Vernehmlassungsteilnehmenden Ablehnung. Viele bemängeln ­ im Gegensatz zu der Bestimmung in 5585

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Absatz 5 ­ die mangelnde Klarheit der Formulierung, die unbestimmten Rechtsbegriffe und die damit verbundene Rechtsunsicherheit. Die Auswirkungen der Regelung sei nicht abschätzbar und lasse die wirtschaftliche Tragbarkeit ausser Betracht.

Andere Vernehmlassungsteilnehmende, insbesondere die Umwelt- und Naturschutzorganisationen, sehen mit den Bestimmungen in Absatz 6 zwar eine qualitative Ergänzung gegenüber der Regelung in Absatz 5, die Vorlage bedeute jedoch insgesamt eine Verschlechterung der der heutigen Praxis.

Nach Auswertung der Stellungnahmen stellt die Kommissionsmehrheit fest, dass das Anliegen der Initiative, den Ausgangszustand bei einer Konzessionserneuerung eindeutig auf den Ist-Zustand festzulegen, auf die nötige Unterstützung gestossen ist.

Das Anliegen der Minderheit, das im Vorentwurf in Absatz 6 festgehalten wurde, wird aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen leicht abgeändert und an Absatz 5 angefügt.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Die beantragte Neuregelung

Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass Unsicherheiten bestehen, was unter dem Begriff «Ausgangszustand» gemäss Artikel 10b Absatz 2 Bst. a USG zu verstehen ist. In der parlamentarischen Initiative wird die beantragte Regelung wie folgt begründet: Umstritten ist nun, von welchem Ausgangs- beziehungsweise Referenzzustand bei der UVP sowie bei der Festlegung des Umfangs an Ersatzmassnahmen für Eingriffe in schutzwürdige Lebensräume auszugehen ist. Die Gesetzesbestimmungen lassen diese Fragen offen. Eine konkrete Vorgabe findet sich erst im UVP-Handbuch des BAFU. Ohne nähere Begründung wird dort das Folgende festgehalten: «Bei einer Konzessionserneuerung, auf die kein Rechtsanspruch besteht, ist der Ausgangszustand derjenige Zustand, der bestehen würde, wenn die frühere Konzession nie erteilt und die Anlage nie gebaut worden wäre.»16 Diese Praxis hat einschneidende Konsequenzen für die Wasserkraftnutzung. Die Tatsache, dass im Rahmen von Konzessionserneuerungen und wesentlichen Konzessionsänderungen nicht nur für neue Eingriffe in schutzwürdige Lebensräume angemessener Ersatz geleistet werden muss, sondern zusätzlich auch für frühere Eingriffe, bei der Erstellung der ersten Anlage, hätte erhebliche Kostenfolgen und würde die Stromproduktion aus Wasserkraft massiv verteuern.

Hinzu kommt, dass der ursprüngliche Zustand vor dem Bau der bestehenden Kraftwerksanlagen, der in den meisten Fällen mehrere Jahrzehnte zurückliegt, kaum mehr ermittelt werden kann, was somit zwangsläufig zu Auslegungsstreitigkeiten und langwierigen Verfahren führt. Um die vom Bundesrat beabsichtigte Steigerung der Stromproduktion aus Wasserkraft nicht unnötig zu bremsen, wäre es angemessen und sachgerecht, bei Umweltverträglichkeitsprüfungen in Zukunft vom bestehenden Ist-Zustand auszugehen.

16

Bundesamt für Umwelt 2009: UVP-Handbuch, Richtlinie des Bundes für die Umweltverträglichkeitsprüfung, Umwelt-Vollzug Nr. 0923, S. 117 (= Modul 5, S. 21).

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Die parlamentarische Initiative verlangt nun, dass die gesetzlichen Grundlagen so anzupassen sind, dass bei Konzessionserneuerungen oder Änderungen von Wasserkraftkonzessionen der Ausgangszustand dem Zustand zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung (Ist-Zustand) entspricht.

Artikel 58a WRG behandelt unter der Marginalie «Konzessionserneuerung» bereits einige Rahmenbedingungen, die bei der Wiederverleihung eines Wassernutzungsrechts (Konzessionserneuerung) zu berücksichtigen sind. Es liegt nahe, ein weiteres, in diesem Zusammenhang zu beachtendes Kriterium, am selben Ort zu regeln. Mit der Ergänzung von Artikel 58a WRG durch einen neuen Absatz 5, in dem der Ausgangszustand definiert wird, kann eine schlanke Regelung erfolgen.

3.2

Begründung und Bewertung der Neuregelung

Der Artikel 58a WRG wird um einen Absatz 5 ergänzt: Als Ausgangszustand im Sinne von Artikel 10b Absatz 2 Buchstabe a des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 gilt für die Festlegung von Schutz-, Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach dem Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) der Zustand im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung.

Beim Neubau und der damit verbundenen erstmaligen Konzessionierung eines Wasserkraftwerks, ebenso wie im Rahmen von Konzessionserneuerungen, wird die Einhaltung der aktuellen rechtlichen Bestimmungen, insbesondere auch des Umweltrechts, geprüft. Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Konzessionserneuerung mit Um- oder Ausbauten der Anlage verbunden sind oder nicht. Gleiches gilt auch für Konzessionsanpassungen während laufender Konzessionsdauer, die aufgrund wesentlicher Änderungen, z. B. im Hinblick auf eine bedeutende Erweiterung eines bestehenden Wasserkraftwerks, notwendig werden. Diese Fälle kommen ­ zumindest materiell ­ der Erteilung einer neuen Konzession gleich und erfordern daher eine umfassende Neubeurteilung der Gesamtanlage, unter anderem in Bezug auf die umweltrelevanten Auswirkungen.

Die Statuierung des Ausgangszustands als Zustand zum Zeitpunkt der Einreichung des Konzessionserneuerungsgesuchs (Ist-Zustand) schafft Klarheit hinsichtlich dieses Begriffs. Wesentlich ist dies für die Beurteilung der Schutzgüter im Anwendungsbereich von Artikel 18 Absatz 1ter NHG. In den Bereichen von Artikel 5 und 18a NHG, GSchG und BGF hat bereits bisher Einigkeit über die massgeblichen Zustände geherrscht, weshalb die Neuregelung diese Themen nicht tangiert.

Die Festlegung des Ausgangszustands als Ist-Zustand hat zur Folge, dass dieser Zustand sowohl bei der Erstellung eines UVB im Hinblick auf ein Verfahren um erstmalige Konzessionserteilung, als auch bei einer Konzessionserneuerung den Prüfungen zugrunde zu legen ist. Gleichzeitig dient dieser Zustand als Referenzgrösse dafür, ob und in welchem Umfang Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG zu leisten sind.

Gehen mit einer erstmaligen Verleihung von Wassernutzungsrechten neue Beeinträchtigungen von schutzwürdigen Lebensräumen gemäss Artikel 18 Absatz 1bis 5587

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NHG durch technische Eingriffe einher, so hat der Verursacher gemäss Artikel 18 Absatz 1ter NHG für besondere Massnahmen zum bestmöglichen Schutz sowie zur Wiederherstellung der betroffenen Lebensräume und nötigenfalls für angemessenen Ersatz zu sorgen.

Zieht eine Konzessionserneuerung bauliche oder betriebliche Änderungen an einer Anlage mit neuen ausgleichspflichtigen Auswirkungen auf schutzwürdige Lebensräume nach sich, so sind diese gleichermassen auszugleichen.

Gehen mit einer Konzessionserneuerung hingegen keine Änderungen baulicher oder betrieblicher Art einher, sind damit auch keine neuen Beeinträchtigungen in schutzwürdige Lebensräume verbunden. Entsprechend präsentiert sich der Zustand vor und nach der Konzessionserneuerung identisch. Eine Konzessionserneuerung ohne neue kraftwerksbedingte Beeinträchtigungen von schutzwürdigen Lebensräumen hat daher zur Folge, dass in Abkehr der bisherigen Praxis keine Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen gestützt auf Artikel 18 Absatz 1ter NHG zu leisten sind, da kein neues Defizit entsteht. Dasselbe gilt auch, wenn das Wassernutzungsrecht nicht mehr dem bisherigen Konzessionär, sondern neu einem Dritten verliehen wird.

Um die vom Bundesrat beabsichtigte Steigerung der Stromproduktion aus Wasserkraft nicht unnötig zu bremsen, wäre es angemessen und sachgerecht, bei Umweltverträglichkeitsprüfungen in Zukunft vom Ist-Zustand auszugehen.

3.3

Minderheitsantrag: Artikel 58a Absatz 5 WRG (zweiter Satz)

3.3.1

Inhalt des Antrags

Die Minderheit beantragt in Artikel 58a Absatz 5 eine Ergänzung in einem zusätzlichen, zweiten Satz: Als Ausgangszustand im Sinne von Artikel 10b Absatz 2 Buchstabe a des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 gilt für die Festlegung von Schutz-, Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach dem Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) der Zustand im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung. In solchen Fällen sollen nach Möglichkeit und soweit verhältnismässig Massnahmen zugunsten von Natur und Landschaft für durch den Bestand der Wasserkraftanlage beeinflussten natürlichen Lebensräume vereinbart oder angeordnet werden.

Mit der Konzessionserneuerung wird dem Konzessionär das Recht erteilt, die Anlage und das öffentliche Gut Wasser für weitere Jahrzehnte zu nutzen. Die Unterstützer des Minderheitsantrages verlangen deshalb, dass in solchen Fällen nach Möglichkeit verhältnismässige Massnahmen zu Gunsten von Natur und Landschaft vereinbart oder angeordnet werden sollen, unabhängig davon, ob mit der Verleihung des Wassernut-zungsrechts neue Eingriffe in schutzwürdige Lebensräume einhergehen oder nicht. Der Umfang dieser Massnahmen soll sich aber nicht ­ wie bisher ­ an der Differenz zwischen dem Zustand vor Errichtung der Anlage und dem heutigen Zustand mit Anlage bemessen, sondern sich darauf abstützen, ob Massnahmen möglich sind. Die Massnahmen sollen die Beeinflussung natürlicher Lebensräume 5588

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durch den Bestand der Wasserkraftanlage vermindern und sich am heute vorhandenen ökologischen Potenzial im Gebiet der Anlagen (Konzessionsperimeter und direkt angrenzende Gebiete) orientieren. Die Massnahmen sollen einvernehmlich festgelegt oder angeordnet werden.

Damit würden gegenüber heute ­ im Hinblick auf eine ökonomische Entlastung der Wasserkraft ­ Umfang und Perimeter für die Realisierung der Massnahmen beschränkt. Dass der Umfang der mit der Konzession vereinbarten Massnahmen reduziert und dem Konzessionsbewerber ein grösseres Mitspracherecht eingeräumt werden soll, wird auch dadurch ausgedrückt, dass verhältnismässige Massnahmen zwischen Konzessionsbehörde und Konzessionär primär einvernehmlich festgelegt werden müssten. Bei fehlendem Einvernehmen soll die Konzessionsbehörde ­ sofern möglich und verhältnismässig ­ allerdings Massnahmen zugunsten von Natur und Landschaft anordnen.

Bei neuen Eingriffen in schutzwürdige Lebensräume sind ausserdem in Anwendung von Artikel 18 Absatz 1ter NHG Schutz-, Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen zu leisten.

3.3.2

Massnahmen sui generis

Bei Ersatzmassnahmen nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG müssen die Verluste an schützenswerten Lebensräumen qualitativ und quantitativ möglichst gleichwertig und in der gleichen Region ersetzt werden.

Mit der von der Minderheit beantragten Regelung über die Leistung von Massnahmen zugunsten von Natur und Landschaft nach Artikel 58a Absatz 5 zweiter Satz WRG würde eine Massnahmenkategorie sui generis geschaffen. Sie würde sich nicht auf Artikel 18 Absatz 1ter NHG beziehen, sondern hätte eigenständige Bedeutung.

Die Verleihungsbehörde und der Konzessionär würden nach Möglichkeit und soweit verhältnismässig Massnahmen vereinbaren. Diese Massnahmen hätten sich am ökologischen Aufwertungspotenzial im Konzessionsgebiet zu orientieren. Käme keine Einigung zustande, soll die Verleihungsbehörde, sofern möglich und verhältnismässig, Massnahmen anordnen.

3.3.3

Möglichkeit von Massnahmen

Die Möglichkeit für die Realisierung von Massnahmen weisen jene Räume auf, die über ein ökologisches Aufwertungspotenzial verfügen. Das ökologische Potenzial kann daran gemessen werden, welche Massnahmen zur Erreichung eines angestrebten naturnahen Zustands und damit für die ökologische Aufwertung nötig sind.

Es ist anzunehmen, dass in Konzessionsgebieten, die heute aus ökologischer Sicht stark verarmt sind, tendenziell mehr Massnahmen möglich sind als in Konzessionsgebieten, wo naturnahe Flächen bereits in den letzten Jahrzehnten erhalten und gepflegt wurden. Es wäre nicht erforderlich, dass die Massnahmen zu einem gleichwertigen Ersatz führen, wie dies gemäss Artikel 18 Absatz 1ter NHG nötig ist. Auch 5589

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müsste das Aufwertungspotenzial durch die Massnahmen zu Gunsten von Natur und Landschaft nicht ausgeschöpft werden.

Beispielsweise könnten unbebaute, von ihrer Vegetation her triviale Flächen in Flussnähe zu artenreichen Flächen und damit zu Vernetzungsstrukturen umgestaltet werden. Ferner könnte ein strukturarmer, eintöniger Waldrand in einem Konzessionsgebiet mittels Ausholzungen und Neupflanzungen ökologisch aufgewertet werden. Die ökologische Aufwertung könnte auch in einer naturnahen Gestaltung und Pflege der Umgebung eines Umgehungsgewässers bestehen.

3.3.4

Durch den Bestand der Anlage beeinflusste natürliche Lebensräume

Für die Beurteilung der Beeinflussung der natürlichen Lebensräume durch den Bestand der Anlage ist der Zustand im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung zu betrachten. Es soll also nicht analog der bisherigen Praxis untersucht werden, wie sich der ursprüngliche mithin historische Zustand präsentierte.

Für die Beurteilung sollen nur die Lebensräume resp. das ökologische Potenzial im Gebiet der Anlage und den direkt angrenzenden Gebieten berücksichtigt werden.

Im Rahmen des Gesuches ist somit zu ermitteln, ob es im Gebiet der Anlage und den direkt angrenzenden Gebieten Möglichkeiten für die Aufwertung gibt, wo und wie also unerwünschte Zustände verbessert oder naturnähere Zustände entwickelt werden könnten.

3.3.5

Einvernehmlichkeit und Beschwerderecht

Die Konzession für die Nutzung der Wasserkräfte wird ­ trotz uneinheitlicher Ansichten über deren Rechtsnatur ­ verfahrensrechtlich im Allgemeinen als mitwirkungsbedürftige Verfügung behandelt, da sie sowohl Elemente der Verfügung als auch solche, die dem (öffentlich-rechtlichen) Vertrag zugeschrieben werden, beinhaltet17. Dies gilt gemäss Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann, wenn sich der Inhalt der Konzession nicht unmittelbar aus der Anwendung der massgeblichen Rechtsvorschriften ergibt, sondern von den Beteiligten ausgehandelt werden kann und die Konzession damit auch vertragliche Elemente enthält. Zum Verfügungsteil gehören diejenigen Konzessionsbestimmungen, die durch das Gesetz weitgehend festgelegt sind und Pflichten des Konzessionärs regeln, an deren Erfüllung ein wesentliches öffentliches Interesse besteht. Vertraglich sind diejenigen Teile der Konzession, bei denen die Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage gering und damit der Spielraum für die Ausgestaltung des Konzessionsverhältnisses im einzelnen Fall gross ist.18 Die Verleihungsbehörde und der Konzessionär können die vertraglichen Elemente unter Vorbehalt zwingenden öffentlichen Rechts frei verein-

17 18

z. B. BGE 130 II 18, E. 3.1 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-8516/2010 vom 15.11.2011, E. 7.1.

5590

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baren. Die vereinbarten oder verfügten Elemente werden in die Konzessionsurkunde aufgenommen und bilden Teil davon.

Unabhängig von der Frage, ob die Behörde die Massnahmen einseitig verfügt oder ob sie im Einvernehmen festgelegt werden, muss für eine solche Verfügung bzw.

Vereinbarung eine gesetzliche Grundlage bestehen. Würden die Aufwertungsmassnahmen einvernehmlich zwischen Verleihungsbehörde und Konzessionär vereinbart, würde der Konzessionär seine Zustimmung zu diesem Punkt grundsätzlich im Rahmen der Vereinbarung erteilen, die er später an sich nicht anfechten könnte. Würden die Aufwertungsmassnahmen hingegen einseitig durch die Verleihungsbehörde festgelegt und hoheitlich angeordnet, könnte der Konzessionär deren Art und Umfang anfechten. An der Beschwerdefähigkeit der weiteren Bestandteile der Konzession ändert die vorgeschlagene Regelung nichts.

Die Konzession für die Nutzung der Wasserkräfte ist vor dem Bundesverwaltungsgericht bzw. vor dem zuständigen kantonalen Verwaltungsgericht mit Beschwerde anfechtbar. Die entsprechenden Entscheide können anschliessend ans Bundesgericht weitergezogen werden. Der Konzessionär kann sodann unabhängig von einer Beschwerde auf die ihm erteilte Konzession verzichten.

Der Minderheitsantrag sieht vor, dass die Verleihungsbehörde nach Möglichkeit und soweit verhältnismässig Massnahmen zugunsten von Natur und Landschaft anordnen könnte, sollte keine Vereinbarung zwischen ihr und dem Konzessionär zustande kommen. Die beschwerdeberechtigten Umweltverbände hätten zwar die Möglichkeit, die Anwendung der neuen Regelung gerichtlich überprüfen zu lassen, unabhängig davon, ob die Aufwertungsmassnahmen einvernehmlich festgelegt oder einseitig angeordnet wurden. Allerdings könnte ein Gericht im Fall einer Beschwerde nur prüfen, ob die zuständige Behörde zu Recht auf die Festlegung von Massnahmen verzichtet hat, bzw. ob sich die Massnahmen effektiv am Aufwertungspotenzial orientieren und ob sie verhältnismässig sind. Dabei müsste es das Ermessen der Verleihungsbehörde berücksichtigen.

3.3.6

Fehlen möglicher Massnahmen

Nach Möglichkeit und soweit verhältnismässig sollen Massnahmen zugunsten von Natur und Landschaft vereinbart oder angeordnet werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es Konzessionsperimeter und direkt angrenzende Gebiete gibt, die kein ökologisches Aufwertungspotenzial aufweisen. Wäre dies dennoch der Fall, so könnte von der Auferlegung von Massnahmen abgesehen werden, insbesondere wenn der Konzessionär bereits viel zur Aufwertung des Gebiets beigetragen hat.

3.4

Rechtsvergleich

Das Land Baden-Württemberg ist für die Schweiz der zentrale Partner bei der Wasserkraftnutzung am Hochrhein. Alle Wassernutzungsprojekte müssen gemeinsam bewilligt werden, wofür die Herstellung von Einvernehmlichkeit in allen Punkten erforderlich ist. Das dortige Recht kennt nur den Ist-Zustand als Ausgangszustand.

5591

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Mit der Definition des Ausgangszustandes als Ist-Zustand würde eine Angleichung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, was eine Entlastung für die Verfahrensführung darstellen würde. Eine zu Artikel 58a Absatz 5 zweiter Satz WRG (Minderheitsantrag) analoge Regelung besteht im angrenzenden Ausland hingegen nicht.

4

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

4.1

Artikel 58a Absatz 5 erster Satz WRG

Absatz 5 bestimmt, dass als Ausgangszustand im Sinne von Artikel 10b Absatz 2 Buchstabe a des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 für die Festlegung von Schutz-, Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach dem Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) der Zustand im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung gilt. Das bedeutet mit anderen Worten, dass stets der Zustand zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs um Konzessionserneuerung als Ausgangszustand im Sinne von Artikel 10b Absatz 2 Bst. a USG zu betrachten ist. Im Falle von erstmaligen Verleihungen samt Erstellung von Neubauten gilt bereits heute für die Bemessung von Ersatzmassnahmen im Sinne von Artikel 18 Absatz 1ter NHG der Zustand zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuches als Ausgangszustand, sofern dieser nicht durch die Spezialgesetzgebung anderweitig festgelegt ist (z. B. bei Restwasser gemäss Art. 4 Bst. h GSchG).

Der Ausgangszustand entspricht je dem Zustand der verschiedenen in den Schutzgesetzen umschriebenen Schutzgüter, wie er sich zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung präsentiert. Der Vergleich des Ausgangszustands mit dem Zustand nach der Umsetzung aller Arbeiten und Massnahmen, die im Zusammenhang mit der Erteilung einer neuen Konzession resp. einer Konzessionserneuerung anfallen, dient zur Festlegung der Ausgleichspflicht. Die neue Regelung gilt unabhängig davon, ob das Wassernutzungsrecht dem bisherigen Konzessionär wiederverliehen oder ob es neu an einen Dritten verliehen wird.

4.2

Minderheitsantrag: Artikel 58a Absatz 5 zweiter Satz WRG

Die im Minderheitsantrag enthaltenen Massnahmen zu Gunsten von Natur und Landschaft stellen Aufwertungsmassnahmen sui generis dar. Sie sind nicht mit Ersatzmassnahmen nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG zu verwechseln. Die Bestimmung kommt in jedem Konzessionserneuerungsverfahren zur Anwendung. In erster Linie sollen die Verleihungsbehörde und der Konzessionär solche Massnahmen einvernehmlich vereinbaren. Kommt keine Vereinbarung zustande, soll die Verleihungsbehörde nach Möglichkeit und soweit verhältnismässig Massnahmen zu Gunsten von Natur und Landschaft anordnen. Bei der Wahl der Massnahmen hat sich die Verleihungsbehörde am ökologischen Aufwertungspotenzial im Konzessionsperimeter und den direkt angrenzenden Gebieten zu orientieren. Die Aufwertungsmassnahmen müssen verhältnismässig sein.

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Für neue Eingriffe, die Auswirkungen auf schutzwürdige Lebensräume haben, sind zudem Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen nach Artikel 18 Absatz 1ter NHG zu leisten.

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund

5.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Vorlage hat keine direkten Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und den Finanzausgleich.

5.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage schafft die Voraussetzung dafür, dass durch den Bund geführte Konzessionserneuerungsverfahren im Bereich der Beurteilung von Umweltverträglichkeitsberichten, die durch zukünftige Konzessionäre durchzuführen sind, vereinfacht werden. Der Vollzug der neuen Bestimmung kann bei den zuständigen Bundesbehörden mit den bestehenden personellen Ressourcen erfolgen. Die neue Regelung wird direkt in den Konzessionserneuerungsverfahren angewandt.

Auch der Vorschlag der Kommissionsminderheit würde keine zusätzlichen personellen Ressourcen bedingen.

5.1.3

Andere Auswirkungen

Es sind keine weiteren Auswirkungen auf den Bund zu erwarten.

5.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Es sind keine Auswirkungen auf Kantone, Gemeinde, Agglomerationen und Berggebiete erkennbar.

5.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Durch den Verzicht auf die Ermittlung und Beschreibung des Zustandes vor der erstmaligen Erteilung der Konzession sowie durch die Begrenzung des Umfangs von zu leistenden Aufwertungsmassnahmen kann die Wasserkraftbranche entlastet werden. In Zeiten tiefer Strompreise und schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ist das ein Vorteil.

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Verglichen mit der heutigen Rechtslage ergeben sich durch die Neuregelung keine messbaren Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Insbesondere ist nicht prognostizierbar, wie viel weniger Massnahmen zu Gunsten der Umwelt durch die Klarstellung der Definition des Ausgangszustandes umgesetzt werden müssen. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass die gesetzliche Präzisierung eine positive Auswirkung auf die Verfahrensdauer und das Ergreifen von Rechtsmitteln haben wird.

5.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Nach dem Antrag der Mehrheit würde durch die vorgesehene Änderung bei Konzessionserneuerungen ohne bauliche Änderungen für schutzwürdige Lebensräume nach Artikel 18 Absatz 1bis NHG nicht mehr wie heute Ersatz geleistet. Dies führt dazu, dass Landschaftsabschnitte nicht aufgewertet werden. Nach dem Antrag der Minderheit würde nach Möglichkeit und soweit verhältnismässig mindestens teilweise eine ökologische Aufwertung besagter Gebiete erfolgen.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf die Kompetenz des Bundes, in den Bereichen Umweltschutz (Art. 74), Wasser (Art. 76), Wald (Art. 77), Fischerei und Jagd (Art. 79), insbesondere aber auch im Bereich Natur- und Heimatschutz (Art. 78) Regelungen zu erlassen.

Das WRG findet seine primäre verfassungsmässige Grundlage in Artikel 76 Absatz 2 BV. Der Bund hat im Bereich der Nutzung der Gewässer zur Energieerzeugung eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz. Er kann im WRG Fragen von grundsätzlicher Bedeutung einheitlich regeln. Diese Regelung gilt dann für den Bund und alle Kantone gleichermassen.

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Es gibt keine internationalen Verpflichtungen der Schweiz, die der Vorlage entgegenstehen. Die vorgesehene Regelung steht insbesondere weder mit dem geltenden noch mit in Ausarbeitung stehendem EU-Recht in Konflikt. Sie hat keine Auswirkungen auf die internationalen Verpflichtungen der Schweiz, da in den Konzessionserneuerungsverfahren bei Grenzwasserkraftwerken die Umweltverträglichkeitsprüfung den Rechtsordnungen beider Länder genügen muss.

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6.3

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Bundesversammlung erlässt alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes (Art. 22 Abs. 1 ParlG). Die Revision des WRG bezüglich Ausgangszustand folgt dem Verfahren der Gesetzgebung.

6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Präzisierung des Ausgangszustands im WRG und der Festlegung, wie Massnahmen zu Gunsten von Natur und Landschaft zu bestimmen sind, sind keine Ausgaben verbunden. Eine Unterstellung unter die Ausgabenbremse steht somit nicht zur Diskussion.

6.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf die Aufgabenteilung oder Aufgabenerfüllung durch Bund oder Kantone.

6.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Mit der Definition des Ausgangszustandes im WRG und der Klärung, wie im konkreten Fall einer Konzessionserneuerung vorzugehen ist, um Massnahmen zu Gunsten von Natur und Landschaft festzulegen, ist keine weitere Präzisierung notwendig.

Es bedarf keiner Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen an den Bundesrat.

6.7

Datenschutz

Es ist keine Datenbearbeitung im Sinne des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG19) notwendig, bei der sich das Thema des Schutzes der Persönlichkeit und der Grundrechte von Personen stellt.

19

SR 235.1

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