18.085 Botschaft zur Totalrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes vom 21. November 2018

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einer Totalrevision des Bundesgesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2015

M 14.3590

Anspruch auf Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe für Angehörige des Zivilschutzes für die gesamte Dienstleistungszeit (N 26.9.14, Müller Walter; S 10.3.15)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. November 2018

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2018-1604

521

Übersicht Die Totalrevision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes schafft die rechtliche Grundlage für die Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes und des Zivilschutzes. Dies ist erforderlich, um den Schutz der Bevölkerung und der kritischen Infrastrukturen zu verbessern und Sicherheitsdefizite beseitigen zu können.

Ausgangslage Die Risikolandschaft hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert.

Bedrohungen wie Terrorismus und Cyber-Attacken, aber auch Gefahren wie Erdbeben, Strommangellagen, Blackouts oder Pandemien sind aktueller denn je. In diesem Kontext wurden erhebliche Sicherheitsdefizite beim Bevölkerungsschutz und beim Zivilschutz erkannt. Zudem wurden im Bevölkerungsschutz und im Zivilschutz seit der letzten Reform vor 14 Jahren Erfahrungen gemacht, die ein Verbesserungspotenzial aufzeigen. Als Fazit ergibt sich die Notwendigkeit, das Bevölkerungsschutzsystem und den Zivilschutz weiterzuentwickeln, um den aktuellen und künftigen Schutzbedürfnissen der Schweizer Bevölkerung Rechnung zu tragen. Der vorliegende Entwurf des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes soll dazu die rechtliche Grundlage schaffen.

Der Bundesrat verabschiedete am 9. Mai 2012 einen Bericht zur Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+. Gestützt darauf haben Bund und Kantone gemeinsam einen Umsetzungsbericht erarbeitet. Der Bundesrat nahm den Bericht am 6. Juli 2016 zur Kenntnis und erteilte dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport den Auftrag, eine Revision des BZG einzuleiten.

Inhalt der Vorlage Im Bevölkerungsschutzsystem soll die Zusammenarbeit der Partnerorganisationen in der Vorsorge und der Ereignisbewältigung gestärkt werden. Der Schutz kritischer Infrastrukturen sowie die Schutz- und Abwehrmassnahmen gegen Cyber- und ABCRisiken sollen verbessert werden. Im Rahmen des Werterhalts und der Weiterentwicklung der Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme sollen die Zuständigkeiten von Bund, Kantonen und Dritten auf gesetzlicher Ebene geregelt werden.

Im Zivilschutzbereich stehen eine Anpassung des Dienstleistungssystems an die aktuellen Erfordernisse, die Klärung von Bestandesfragen, die Reduktion und Flexibilisierung der Schutzdienstpflichtdauer und die Einführung eines «Durchdienermodells» im Vordergrund. Die Verwendung von Ersatzbeiträgen im
Schutzraumbau, die von der Bauherrschaft zu leisten sind, sofern aufgrund der Schutzplatzbilanz kein Schutzraum erstellt werden muss, soll klarer geregelt werden. Im Weiteren sollen die Führungskompetenzen des Kaders gestärkt werden. Verschiedene Formationen des Zivilschutzes sollen schneller in den Einsatz gelangen können. Zudem werden Fragen der Schutzanlageninfrastruktur und des Materials geklärt, verbunden mit der Wiedereinführung eines Sanitätsdienstes im Zivilschutz. Schliesslich soll

522

die interkantonale Zusammenarbeit verbessert werden können. Die Leistungs- und Durchhaltefähigkeit des Zivilschutzes soll damit generell verbessert werden.

523

BBl 2019

Inhaltsverzeichnis Übersicht

522

1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Bevölkerungsschutz 1.2.2 Zivilschutz 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Bevölkerungsschutz 1.3.2 Zivilschutz 1.3.3 Vernehmlassungsverfahren 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 1.6 Umsetzung 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

526 526 527 527 528 529 530 531 533 535 536 536 537

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

538

3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.2 Personelle Auswirkungen 3.1.3 Andere Auswirkungen 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeindensowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 3.5 Auswirkungen auf die Umwelt

585 585 585 589 590

4

5

524

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

590 591 591 591 592 592 592 592 592 593 593 593 594

BBl 2019

5.6 5.7 5.8

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Datenschutz

Bundesgesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz, BZG) (Entwurf)

594 597 599

601

525

BBl 2019

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Die Risikolandschaft hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert. Bedrohungen wie Terrorismus und Cyber-Attacken, aber auch Gefahren wie Erdbeben, Strommangellagen, Blackouts oder Pandemien sind aktueller denn je. In diesem Kontext wurden erhebliche Sicherheitsdefizite beim Bevölkerungsschutz und beim Zivilschutz erkannt, die es zu vermindern oder zu eliminieren gilt. Beispiele sind Lücken bei den bevölkerungsschutzrelevanten Alarmierungs- und Telekommunikationssystemen, das fehlende Lageverbundsystem, Defizite beim ABC-Schutz oder die fast vollständig fehlenden Sanitätsdienstleistungen im Zivilschutz. Auch die Empfehlungen der Sicherheitsverbundsübung 2014 (SVU 14) und der Strategischen Führungsübung 2017 (SFU 17) unterstreichen diesen Handlungsbedarf. Zudem wurden im Bevölkerungsschutz und im Zivilschutz seit der letzten Reform vor 14 Jahren wichtige Erfahrungen gemacht, die ein Verbesserungspotenzial aufzeigen.

Dies betrifft unter anderem die Verbesserung der Führung und Koordination auf Stufe Bund und Kantone, das Dienstleistungs- und Ausbildungssystem sowie die Schutzanlageninfrastruktur. Als Fazit ergibt sich die Notwendigkeit, das Bevölkerungsschutzsystem im Allgemeinen und den Zivilschutz als Teil des Bevölkerungsschutzes weiterzuentwickeln, um den aktuellen und künftigen Schutzbedürfnissen der Schweizer Bevölkerung Rechnung zu tragen. Der vorliegende Entwurf des Bundesgesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (Bevölkerungsund Zivilschutzgesetz, BZG) soll dazu die rechtliche Grundlage schaffen.

Bereits im Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 23. Juni 20101 über die Sicherheitspolitik der Schweiz (SIPOL B 2010) kündigte der Bundesrat an, zusammen mit den Kantonen eine Strategie für den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz für die Zeit nach 2015 zu formulieren. Der Bund und die Kantone sowie die Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes erarbeiteten anschliessend gemeinsam einen Bericht zur Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+.

Der Bundesrat verabschiedete den Strategiebericht am 9. Mai 20122. Dieser zeigt auf, wie der Bevölkerungsschutz und der Zivilschutz weiterentwickelt werden sollen, um die natur-, technik- und gesellschaftsbedingten Katastrophen und Notlagen in Zukunft effizient und wirksam bewältigen zu können.

In der
Folge erteilten der damalige Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), Bundesrat Ueli Maurer, und der damalige Präsident der Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF), Regierungsrat Hans Diem, im März 2013 den Auftrag zur Ausarbeitung eines Berichts zur Umsetzung der Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+. Der Bericht wurde unter paritätischer Leitung und Mitwirkung von Vertretern des Bundes, der Kantone und weiterer Stellen erarbeitet. Gestützt auf die im 1 2

526

BBl 2010 5133 BBl 2012 5503

BBl 2019

Strategiebericht des Bundesrates skizzierten Leitlinien und Vorgaben zeigt der Bericht auf, in welchen Bereichen Anpassungen, Verbesserungen oder Neuerungen vorzunehmen sind. In Form von Empfehlungen bildet er den breiten Konsens zur Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes und des Zivilschutzes ab. Der Bundesrat nahm den Bericht am 6. Juli 20163 zur Kenntnis. Er erteilte dabei dem VBS den Auftrag, auf der Basis der im Bericht vorgeschlagenen Massnahmen eine Revision des BZG einzuleiten.

1.2

Die beantragte Neuregelung

Basierend auf den im Bericht «Umsetzung Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+» vorgeschlagenen Massnahmen sowie den Empfehlungen der SVU 14 und SFU 17 ergeben sich die Schwerpunkte der BZG-Revision. Im Bevölkerungsschutz betrifft die Revision insbesondere die Aufgaben von Bund und Kantonen, die Zusammenarbeit und die Koordination in der Vorsorge und der Ereignisbewältigung, die Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme sowie die Ausbildung und die Finanzierung. Im Zivilschutz sind Änderungen in den Bereichen Dienstleistungs- und Ausbildungssystem, Schutzanlagen und Material sowie bei der Finanzierung und der Verwendung von Ersatzbeiträgen vorgesehen.

1.2.1

Bevölkerungsschutz

Im Bevölkerungsschutz steht die Stärkung der Führung und Koordination von Bund und Kantonen im Zentrum. Dabei soll insbesondere der Bundesstab für bevölkerungsschutzrelevante Ereignisse (Bundesstab Bevölkerungsschutz) optimiert und den Bedürfnissen nach einer effizienten Struktur in der normalen Lage (Vorsorge) und im Ereignisfall (Bewältigung) angepasst werden. Im Weiteren soll die Koordinationsfunktion des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BABS) gestärkt werden, so z. B. in den Bereichen Vorsorgeplanung, ABC-Schutz, Schutz kritischer Infrastrukturen oder Risikogrundlagen.

Durch eine klare Zuweisung der Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten soll die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen zielgerichteter gestaltet werden.

Auch wenn sich in Bezug auf die Aufgaben von Bund und Kantonen im Bevölkerungsschutz grundsätzlich nichts ändert, sollen in einzelnen Bereichen die Zuständigkeiten und Kompetenzen ergänzt und präzisiert werden. So werden neu die Aufgaben des Bundes für den Schutz kritischer Infrastrukturen oder im Kulturgüterschutz geregelt. Zudem werden die Tätigkeiten der Nationalen Alarmzentrale (NAZ) und des Labors Spiez im Gesetz verankert.

Sowohl für die bestehenden als auch für die geplanten neuen Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme des Bevölkerungsschutzes wird die gesetzliche Grundlage verbessert bzw. geschaffen. Die neuen Bestimmungen betreffen das mobile 3

Der Bericht ist im Internet abrufbar unter: www.vbs.admin.ch > Bevölkerungsschutz > Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz > Dokumente.

527

BBl 2019

Sicherheitsfunksystem (Polycom), das nationale sichere Datenverbundsystem mit dem Lageverbundsystem und das mobile breitbandige Sicherheitskommunikationssystem. Für all diese Systeme sollen die Aufgaben und Zuständigkeiten von Bund, Kantonen und Dritten festgelegt und die Kostentragung geregelt werden. Im Lichte der Erfahrungen mit dem Polycom ist die Gesamtverantwortung für diese Verbundsysteme beim Bund mit entsprechenden Kompetenzen zu stärken. Der Bund soll die Möglichkeit erhalten, Standards festzulegen sowie technische und terminliche Vorgaben zu machen, damit die nationalen Verbundsysteme effizient und wirtschaftlich im Wert erhalten, weiterentwickelt oder realisiert werden können.

Eine Optimierung der Ausbildung im Bevölkerungsschutz soll durch eine einheitliche Ausbildungsdoktrin und eine verbesserte Koordination von Ausbildungen und Übungen erreicht werden. In diesem Sinne werden die Aufgaben des Bundes in der Ausbildung präzisiert und ergänzt.

1.2.2

Zivilschutz

Beim Zivilschutz liegt ein Schwerpunkt der Revision auf dem Dienstleistungs- und Ausbildungssystem. Hinzu kommen punktuelle Anpassungen, z. B. bei der Meldepflicht. Beim Dienstleistungssystem ist eine Reduktion und Flexibilisierung der Schutzdienstpflichtdauer vorgesehen. Die Schutzdienstpflicht für Mannschaft und Unteroffiziere soll insgesamt 12 Jahre oder 245 Tagen dauern und beginnt frühestens mit dem 19. Altersjahr und spätestens in dem Jahr, in dem ein Schutzdienstpflichtiger 25 Jahre alt wird. Für höhere Unteroffiziere und Offiziere besteht die Schutzdienstpflicht weiterhin generell bis zum Ende des Jahres, in dem sie 40 Jahre alt werden. Neu besteht die Möglichkeit, die Schutzdienstpflicht ohne Unterbrechung zu erfüllen (Durchdiener). Mit der Bildung eines Personalpools sollen die interkantonale Zuweisung von Schutzdienstpflichtigen vereinfacht und die Unterbestände in einzelnen Kantonen besser ausgeglichen werden. In Bezug auf die Wehrpflichtersatzabgabe sollen den Schutzdienstleistenden künftig sämtliche geleisteten Diensttage angerechnet werden (Umsetzung der Motion von Nationalrat Walter Müller 14.3590 «Anspruch auf Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe für Angehörige des Zivilschutzes für die gesamte Dienstleistungszeit»). Im Falle von lang andauernden, schweren Katastrophen und Notlagen oder bei einem bewaffneten Konflikt soll der Zivilschutz bei Bedarf verstärkt werden. Zu diesem Zweck soll der Bundesrat die Schutzdienstpflicht verlängern bzw. entlassene Personen wieder der Schutzdienstpflicht unterstellen können.

Bei der Ausbildung stehen insbesondere Anpassungen bei der Grundausbildung, der Zusatzausbildung und der Kaderausbildung sowie bei den Wiederholungskursen im Vordergrund. Das Ausbildungssystem soll vereinfacht werden; so können neu Instandstellungsarbeiten nach Katastrophenereignissen und Einsätze zugunsten der Gemeinschaft im Rahmen von Wiederholungskursen durchgeführt werden.

Für das Zivilschutzmaterial wird auf Wunsch der Kantone eine rechtliche Grundlage geschaffen, damit das BABS in Absprache mit den Kantonen künftig für die Evaluation und Beschaffung des Einsatzmaterials und der persönlichen Ausrüstung sorgen

528

BBl 2019

kann. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit den Beschaffungsstellen des Bundes.

Der Aufwand des Bundes wird durch die Kantone abgegolten.

Bei den Infrastrukturen des Zivilschutzes geht es darum, die Anzahl der geschützten Führungsstandorte und Bereitstellungsanlagen aufgrund der fortschreitenden Regionalisierung in den Kantonen sowie im Hinblick auf den heutigen und künftigen effektiven Bedarf zu überprüfen und soweit vertretbar zu reduzieren. Ebenso soll die Anzahl der geschützten sanitätsdienstlichen Anlagen und der geschützten Spitäler überprüft und gegebenenfalls reduziert werden, da die für den Unterhalt, die Erneuerung und den Betrieb notwendigen personellen und finanziellen Mittel nicht oder nur beschränkt zur Verfügung stehen. In diesem Bereich besteht im Bevölkerungsschutzsystem ein Sicherheitsdefizit. Im Falle einer Überforderung des Gesundheitssystems bei Katastrophen oder Notlagen kann die geschützte Sanitätsinfrastruktur insbesondere wegen fehlendem ausgebildetem Personal, aber auch wegen veralteten Medizinaleinrichtungen nicht in Betrieb genommen werden. Diese Sicherheitslücke kann nur geschlossen werden, wenn im Zivilschutz der Sanitätsdienst wieder eingeführt wird. Mit der Weiterentwicklung der Armee ist diese nämlich nur noch beschränkt in der Lage, solche Dienstleistungen zugunsten der Zivilbevölkerung zu erbringen.

Was die Schutzrauminfrastruktur betrifft, sollen die Schutzräume für die Bevölkerung erhalten werden. Im Falle verschiedener möglicher Katastrophenereignisse können diese Schutzräume nach wie vor einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung leisten.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Die nach 1989 grundlegend veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen in Europa waren Anlass für eine kontinuierliche Anpassung des Bevölkerungsschutzes in der Schweiz. Aus einem primär auf den Schutz vor den Auswirkungen eines Krieges ausgerichteten Zivilschutz entstand das heutige Verbundsystem Bevölkerungsschutz mit seinen Partnerorganisationen Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe und Zivilschutz, das auf den Schutz der Gesellschaft vor allen Arten von Gefahren und Notlagen ausgerichtet ist. In einem ersten Schritt (1991­1995) wurde die Bedeutung der Katastrophenhilfe jener des Schutzes der Bevölkerung im Kriegsfall gleichgestellt. Mit der Bevölkerungsschutzreform (1999­ 2004) wurde die Katastrophen- und Nothilfe zu einer prioritären Aufgabe, die Bewältigung eines bewaffneten Konflikts rückte in den Hintergrund. In den gleichen Zeitraum fiel die Schaffung des BABS im VBS. Es umfasst das frühere Bundesamt für Zivilschutz, das Labor Spiez und die NAZ. Am 1. Januar 2004 trat das neugeschaffene BZG in Kraft, das die bisherige Zivilschutzgesetzgebung ablöste und in dem die Neuausrichtung des Bevölkerungsschutzes rechtlich verankert wurde.

Seit jener Bevölkerungsschutzreform sind 14 Jahre vergangen. Die mit dem Verbundsystem Bevölkerungsschutz gemachten Erfahrungen sind mehrheitlich positiv, sodass keine grundlegenden Änderungen nötig sind. Als Teil des im SIPOL B 2010 skizzierten Konzepts eines Sicherheitsverbunds Schweiz (SVS) ist der Bevölke529

BBl 2019

rungsschutz jedoch weiterzuentwickeln und an die Erfordernisse der aktuellen Bedrohungslage und an die neue Risikolandschaft anzupassen. Nachfolgend werden die für die BZG-Revision massgebenden Elemente der Strategie erläutert. Zum einen gibt es Elemente, die gleich bleiben wie bisher, weil sie sich bewährt haben; zum anderen wurden Elemente definiert, die neu bzw. zu stärken sind, da ein Handlungsbedarf oder Sicherheitsdefizit besteht.

1.3.1

Bevölkerungsschutz

An der primären Ausrichtung des Bevölkerungsschutzes auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen wird nichts geändert. Das Verbundsystem muss sich auch in Zukunft an den für die Schweiz besonders relevanten und wahrscheinlichen Bedrohungen und Gefahren orientieren, und im Falle des Bevölkerungsschutzes sind dies natur- und zivilisationsbedingte Katastrophen und Notlagen.

Der Bevölkerungsschutz verbleibt auch weiterhin in der grundsätzlichen Verantwortung der Kantone. Die verschiedenen Partner des Verbundsystems sollen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeitsbereiche auf bewährte Weise in den Kantonen und Gemeinden zusammenarbeiten. Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen sowie zwischen den Partnerorganisationen im Verbundsystem Bevölkerungsschutz ist weitgehend unbestritten und hat sich bewährt.

Auch die Aufteilung der Finanzierung zwischen Bund und Kantonen im Bevölkerungsschutz wird gemäss dem Prinzip der Zuständigkeitsfinanzierung grundsätzlich beibehalten. Für die Finanzierung der Partnerorganisationen sind die Kantone zuständig; der Bund finanziert wie bisher gewisse Teile des Zivilschutzes.

Die Führung von Einsätzen im Bevölkerungsschutz erfolgt nach wie vor grundsätzlich durch die Kantone. Diese verfügen über das Gros der Mittel zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen. Der Bund soll wie bis anhin im Einvernehmen mit den Kantonen Einsätze zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen koordinieren und allenfalls führen, wenn mehrere Kantone, das ganze Land oder das grenznahe Ausland betroffen sind. In Fällen von Radioaktivität, Notfällen bei Stauanlagen, Satellitenabstürzen, Epidemien, Tierseuchen und bewaffneten Konflikten liegt die Führung beim Bund. Der Bundesstab Bevölkerungsschutz ist, vergleichbar mit den kantonalen Führungsorganen, das Krisenmanagementorgan des Bundes für bevölkerungsschutzrelevante Ereignisse.

Um das Verbundsystem Bevölkerungsschutz in enger Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen weiterzuentwickeln, ist eine stärkere Koordination zwischen den verschiedenen Partnerorganisationen auf gesamtschweizerischer Ebene nötig.

Das BABS soll deshalb seine Koordinationsfunktion für den Bevölkerungsschutz als Gesamtsystem stärker wahrnehmen als bisher. Damit ist keine Änderung der bestehenden Kompetenzordnung verbunden. Es obliegt weiterhin dem Bundesrat,
für die Koordination des Bevölkerungsschutzes mit anderen sicherheitspolitischen Instrumenten zu sorgen.

Das Gleiche gilt auch in Bezug auf die Interoperabilität im Bevölkerungsschutz, beispielsweise durch die Sicherstellung der Alarmierungs- und Telekommunikati530

BBl 2019

onssysteme, sowie die Ausbildung, beispielsweise durch die Sicherstellung des Ausbildungsangebots für kantonale Führungsorgane.

Um die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen zu verbessern und zu vereinfachen, sind auf Stufe Bund und Kantone jeweils klare Ansprechstellen im Sinne von zentralen «Eingangs- und Ausgangstoren» zu bezeichnen; dies gilt sowohl für den Ereignisfall als auch für die normale Lage (Alltag). Zudem ist die Zusammenarbeit zwischen Fach- und Führungsorganen auf allen Ebenen der Gemeinwesen sowie mit öffentlich-rechtlichen und privaten Akteuren der technischen Betriebe, insbesondere den Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen, zu klären und wo nötig auf- und auszubauen.

Die Aufgabenteilung im Bevölkerungsschutz ist grundsätzlich unbestritten; es gibt aber einzelne Schnittstellen zwischen Partnerorganisationen, die bereinigt werden müssen. Dazu gehören insbesondere die Aufgabenteilung und Kompetenzen im Gesundheitswesen sowie der Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Gefährdungen (ABC-Schutz; z. B. ABC-Abwehr).

Die Vorlage zur Totalrevision des BZG berücksichtigt die zu erwartenden Leistungen des Zivildienstes bei Katastrophen und Notlagen auf der operativen Ebene des Bevölkerungsschutzes bei der Sicherstellung des Managements ziviler Ressourcen.

Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung und das VBS beabsichtigen, die Abhängigkeiten, Rahmenbedingungen und Schnittstellen zwischen Zivilschutz und Zivildienst im Hinblick auf eine mittel- und langfristig bessere Lösung vertiefter abzuklären.

1.3.2

Zivilschutz

Die Ausrichtung des Zivilschutzes auf die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen soll weitergeführt und verstärkt werden. Wegen des Klimawandels ist häufiger mit naturbedingten Katastrophen und Notlagen und grösseren Auswirkungen zu rechnen. Das Schadensausmass solcher Ereignisse ist zwar durch Schutzmassnahmen und Warnsysteme verringert worden, gleichzeitig haben aber die Verdichtung der Besiedlung und die Abhängigkeit von kritischen Infrastrukturen und damit auch die Verletzlichkeit gegenüber solchen Ereignissen zugenommen. Die Vorbereitungen und der Einsatz im Hinblick auf einen bewaffneten Konflikt sollen zwar sichergestellt, aber wegen der viel kleineren Eintretenswahrscheinlichkeit zweitrangig bleiben.

Auch die föderalistische Organisation des Zivilschutzes soll grundsätzlich beibehalten werden. Dies ermöglicht es den Kantonen, gemäss ihren teils spezifischen Gefährdungen, den topographischen Gegebenheiten sowie den politischen Strukturen massgeschneiderte Organisationen zu schaffen. Zudem ist die föderalistische Struktur für die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen auch deshalb sinnvoll, weil der Zivilschutz eine Partnerorganisation des ebenfalls föderalistisch organisierten Verbundsystems Bevölkerungsschutz ist.

Der Zivilschutz und dessen Einsätze sollen deshalb in der Zuständigkeit der Kantone und der Gemeinden/Regionen bleiben. In Situationen, in denen mehrere Kantone 531

BBl 2019

von einem Ereignis betroffen sind, oder wenn die Nachbarschaftshilfe nicht mehr ausreicht, können die Kantone den Bund um Koordination ersuchen. Bei Ereignissen, für deren Bewältigung die Verantwortung beim Bund liegt (z. B. bei radiologische Verstrahlungslagen oder Epidemien), kann der Bund den Zivilschutz in Absprache mit den Kantonen aufbieten. Der Bund kann solche Einsätze koordinieren und entsprechende Massnahmen anordnen, die Einsatzführung vor Ort liegt bei den betroffenen Kantonen.

Ein bewaffneter Konflikt ist zwar wenig wahrscheinlich, aber nicht auszuschliessen.

Weil die Erstellung von Schutzbauten sehr zeitintensiv ist, soll am Werterhalt der bestehenden Schutzbauten festgehalten werden. Es ist aber im Rahmen von kantonsspezifischen Bedarfsplanungen abzuklären, welche Schutzanlagen längerfristig nicht mehr benötigt werden.

Bei der Ausbildung soll ein Gleichgewicht zwischen Vereinheitlichung und Differenzierung beibehalten werden. Auch wenn nicht alle Kantone dieselben Zivilschutzleistungen benötigen, ist eine flächendeckende, einheitliche Grundausbildung im Zivilschutz im Sinne der Effizienz und Interoperabilität sinnvoll. Das Ausbildungssystem soll vereinfacht werden. Zudem soll die Gesamtdienstzeit im Sinne einer Obergrenze möglichst jener von Militärdienstleistenden angepasst und die Dienstpflichtdauer flexibilisiert werden.

Die aktuellen Bestände zivilschutzpflichtiger Personen sind zu überprüfen und dem Auftrag anzupassen. Entscheidende Parameter dafür sind das Leistungsprofil, das Dienstleistungssystem (inkl. Dienstalter und Anzahl Diensttage) sowie die zur Verfügung stehenden Finanzen. Das Dienstalter soll gesenkt und jenem in der Armee angepasst werden. Die heutige Personalreserve soll abgeschafft werden; dafür soll ein interkantonaler Personalpool zum Ausgleich von Unter- und Überbeständen geschaffen werden.

Jeder Kanton muss über genügend Mittel für die Basisleistungen des Zivilschutzes verfügen. Spezialisierte personelle und materielle Mittel (z. B. ABC-Material, Notstromaggregate, Pumpen, Hochwassersperren, Ortungs- und Rettungsmaterial) sollen aber in interkantonal tätigen Stützpunkten zusammengelegt werden. Damit lassen sich Kosten sparen und Doppelspurigkeiten vermeiden. Zudem können die Mittel rascher und flexibler zum Einsatz gebracht werden. Die Stützpunkte sollen
so ausgestaltet und ausgerüstet werden, dass sie die Mittel der Armee nicht duplizieren.

Um interkantonal eingesetzt werden zu können, muss der Zivilschutz Interoperabilitätskriterien erfüllen. Der Bund soll gemeinsam mit den Kantonen solche Kriterien erarbeiten, insbesondere für Teilbereiche der Führung, der Ausbildung und des Materials.

Das Gros der Schutzdienstleistenden soll nach wie vor zur Erhöhung der Durchhaltefähigkeit der Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz eingesetzt werden. Um aber den Bedürfnissen der Kantone zu entsprechen und die Effizienz zu steigern, sollen spezialisierte Teile des Zivilschutzes auch als Elemente der ersten Staffel Schwergewichte bilden können.

532

BBl 2019

1.3.3

Vernehmlassungsverfahren

Der Bundesrat hat am 1. Dezember 2017 das VBS beauftragt, ein Vernehmlassungsverfahren zur BZG-Revision durchzuführen und die Kantone, die politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft und die weiteren interessierten Kreise zur Stellungnahme einzuladen. Das Vernehmlassungsverfahren dauerte vom 1. Dezember 2017 bis zum 31. März 2018. 107 Adressaten wurden zur Stellungnahme eingeladen. Es sind insgesamt 74 Stellungnahmen eingegangen.

Die Stossrichtung der Totalrevision wird von den allermeisten Vernehmlassungsteilnehmern begrüsst. Dies betrifft insbesondere die Schliessung der Lücken bei den bevölkerungsschutzrelevanten Alarmierungs- und Kommunikationssystemen oder beim ABC-Schutz. Eine Mehrheit der Kantone ist auch für die Wiedereinführung der Sanitätsdienstleistungen im Zivilschutz. Ebenfalls grundsätzlich begrüsst werden die Anpassungen des Dienstleistungssystems im Zivilschutz. Vier Kantone (AR, SG, TG und ZH) lehnen die Vorlage ab, sofern nicht gewisse Anpassungen vorgenommen werden.

Eine deutliche Mehrheit der Kantone, mehrere Verbände und eine politische Partei (CVP) sprechen sich für die Aufteilung der Gesetzesvorlage in zwei separate Gesetze aus, nämlich in ein Bevölkerungsschutzgesetz und in ein Zivilschutzgesetz. Dies, weil die den Bevölkerungsschutz betreffenden Teile des Gesetzes einen übergeordneten sicherheitspolitischen Auftrag enthielten, wogegen der Zivilschutzbereich lediglich einen spezifischen Pfeiler des Gesamtsystems Bevölkerungsschutz ausmache und dessen Regelungen hauptsächlich organisatorischer Natur seien. Zudem wird die Ansicht vertreten, eine Trennung der beiden Bereiche in zwei separate Gesetze schaffe grössere Klarheit. Zwei Kantone sind gegen eine Aufteilung der Vorlage.

In Bezug auf die Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme begrüsst ein Grossteil der Kantone und Verbände die Priorisierung der Projekte sowie den Kostenteiler Bund/Kantone. Gewünscht werden genauere Angaben über die finanziellen Auswirkungen im Rahmen eines zu erstellenden «Masterplans Bevölkerungsschutz». Die Kantone benötigen diesen für die Erstellung ihrer Budgets und Finanzpläne.

Die Annahme, in Zukunft werde aufgrund der bestehenden und absehbaren Risiken eine deutlich geringere
Anzahl Schutzanlagen benötigt, wird von einer Mehrheit der Kantone nicht geteilt. Die vorgeschlagenen Änderungen, insbesondere auch im Bereich der sanitätsdienstlichen Schutzanlagen, müssen auf einer breit abgestützten «Schutzbautenstrategie» basieren. Auf eine Reduktion im Rahmen der Gesetzesrevision sei zu verzichten.

Die Mehrheit der Kantone lehnt im Weiteren die vorgesehene Änderung der Finanzierungsregelung betreffend die Rückbaukosten nicht mehr benötigter Schutzanlagen ab. Eine breite Zustimmung erfährt die Umsetzung der Motion von Nationalrat Walter Müller (14.3590 «Anspruch auf Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe für Angehörige des Zivilschutzes für die gesamte Dienstleistungszeit»). Obwohl nicht Gegenstand der Motion Müller und der Vorlage, wurden die Vernehmlassungsteilnehmer gefragt, ob der Bundesrat eine Erhöhung des Reduktionssatzes bei der 533

BBl 2019

Wehrpflichtersatzabgabe von 4 auf 5 Prozent prüfen solle. Dies wird von den Vernehmlassungsteilnehmern grossmehrheitlich unterstützt.

Ausserdem verlangt eine Mehrheit der Kantone eine Konkretisierung der Bestimmungen zu den Schutzdienstpflichtigen für Bundesaufgaben (Art. 36 Abs. 4).

Die Einzelheiten zu den Anträgen und Bemerkungen können dem Ergebnisbericht entnommen werden.4 Aufgrund des Vernehmlassungsverfahrens wurden hauptsächlich folgende Änderungen vorgenommen: ­

Übergangsbestimmung für die neuen Zuständigkeiten beim Sirenenalarmsystem Polyalert.

­

Übergangsbestimmung, wonach die Kantone vorsehen können, dass die Schutzdienstpflicht ab Inkrafttreten des Gesetzes für fünf Jahre nach altem System verlängert werden kann (bis 40 Jahre). Die Kantone entscheiden aufgrund ihres spezifischen Bedarfs über die Verlängerung der Schutzdienstpflicht.

­

Übergangsbestimmung, wonach das BABS bis vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes den jährlichen Pauschalbeitrag zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der Schutzanlagen übernimmt. Die Kantone müssen die Bedarfsplanung bis spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten beim Bund einreichen.

­

Ersatzbeiträge im Schutzraumbau (Art. 63 Abs. 3) können zusätzlich für Verwaltungskosten im Zusammenhang mit dem Ersatzbeitragsfonds verwendet werden.

­

Auf die Rückforderung gewisser Beiträge für Zivilschutz-Ausbildungszentren und öffentliche Schutzräume wird infolge grossmehrheitlicher Verjährung verzichtet.

Auf eine Aufteilung des BZG in zwei Gesetze wird verzichtet. Der Bevölkerungsschutz und der Zivilschutz wurden 2004 auf Bundesebene in einem Erlass geregelt.

Die beiden Bereiche werden jedoch klarer voneinander abgegrenzt, so etwa in Bezug auf die jeweiligen Aufgaben oder die Finanzierung (separate Regelung im Bevölkerungsschutz und im Zivilschutz). Bestehende Abhängigkeiten wie beispielsweise im Bereich der Schutzbauten oder der Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme können so besser dargestellt werden. Mit einer Gesetzesvorlage können zudem der Bevölkerungsschutz als Verbundsystem sowie die Einbettung des Zivilschutzes als Partnerorganisation besser verankert werden. Die Kantone verfügen über Gesetzgebungskompetenzen über den Bevölkerungsschutz und die Partnerorganisationen auf kantonaler und regionaler/kommunaler Ebene. Der Bund verfügt hingegen im Bereich des Bevölkerungsschutzes über keine umfassenden Rechtsetzungskompetenzen. Das BZG stützt sich auf Artikel 61 der Bundesverfassung5 (BV), der dem Bund die Rechtsetzungskompetenz im Bereich des Zivilschut4 5

534

Der Bericht ist im Internet abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2017 > VBS.

SR 101

BBl 2019

zes gibt. In Bezug auf den Erlass von Bestimmungen im Bereich des Bevölkerungsschutzes kann sich der Bundesgesetzgeber auf die Artikel 61 und 57 Absatz 2 BV berufen. Die vorgesehenen Regelungen namentlich im Hinblick auf die Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme sowie betreffend die Information der Bevölkerung können im Rahmen dieser Koordinationspflicht erlassen werden. All dies spricht dafür, das bestehende BZG wie bis anhin in einem Gesetz zu belassen.

Dem Wunsch der Kantone betreffend konkretere Angaben über die mittel- und langfristigen Auswirkungen soll im Einvernehmen mit diesen mit der gemeinsamen Erarbeitung eines «Masterplans Bevölkerungsschutz» entsprochen werden.

Die BZG-Vorlage macht keine konkreten Vorgaben zur Anzahl der heute und langfristig noch erforderlichen Schutzanlagen. Um diese Bedarfsfrage zu klären, ist vorgesehen, dass der Bund zusammen mit den Kantonen Kriterien erarbeitet. Gestützt darauf sollen die Kantone Bedarfsplanungen erstellen.

An der Änderung der Finanzierungsregelung betreffend die Rückbaukosten nicht mehr benötigter Schutzanlagen, die einer Umnutzung zugeführt werden, wird festgehalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gesamtvorlage mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) konform bleibt. Mit dieser Regelung wird die Mehrbelastung des Bundes bei den Alarmierungs- und Telekommunikationssystemen gemäss Vorgabe des Bundesrats vom 6. Juli 2016 NFA-konform ausgeglichen. Die neue Regelung hat zudem den Vorteil, dass bei nicht mehr benötigten Schutzanlagen die Kantone eigenständig über deren Umnutzungen entscheiden können.

Im Weiteren wurden kleinere Anpassungen vorgenommen. Die restlichen Änderungsanträge betreffen insbesondere den erläuternden Bericht bzw. das Verordnungsrecht.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Für den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz gilt weiterhin das Prinzip der Zuständigkeitsfinanzierung, d. h. Bund und Kantone tragen die Kosten derjenigen Bereiche, für die sie jeweils zuständig sind. Die Zuständigkeiten und die Finanzierung der Investitions-, Werterhalts-, Betriebs- und Unterhaltskosten für die Alarmierungssysteme sowie die Telekommunikationssysteme (mobiles Sicherheitsfunksystem, nationales sicheres Datenverbundsystem, mobiles breitbandiges Sicherheitskommunikationssystem, nationales Lagerverbundsystem) müssen auf eine bessere gesetzliche Grundlage gestellt (Polycom) oder neu geregelt werden. Beim Sirenenalarmierungssystem Polyalert sollen Zuständigkeiten und Finanzierung beim Bund zusammengeführt werden. Damit können Doppelspurigkeiten abgebaut und unnötige Mehrkosten bei der Realisierung und beim Werterhalt solcher Systeme künftig vermieden werden. Zudem soll der Bund die nötigen Kompetenzen erhalten, damit keine unnötigen Mehrkosten bei der Realisierung und beim Werterhalt solcher Systeme entstehen. Ebenfalls neu ist die Bestimmung, dass der Bund nach einer Übergangsfrist für Schutzanlagen, die technisch oder personell nicht betrieben werden können, keine Beiträge mehr bezahlt. Es ist auch vorgesehen, die Finanzierung der Rückbaukosten von Schutzanlagen, die aufgehoben und umgenutzt werden, 535

BBl 2019

anzupassen. Dazu soll den Kantonen zugestanden werden, dass sie bei einer zivilschutznahen Umnutzung die zweckgebundenen Ersatzbeiträge verwenden können.

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die Europäische Union (EU) verfügt über einen spezifischen Mechanismus (Civil Protection Mechanism) für die internationale Bewältigung von Katastrophen und Notlagen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen. Bislang hatte die Schweiz keinen Zugang zu diesem Netzwerk. Aufgrund der internationalen Lage der Schweiz könnte ein Mitwirken, zumindest in Teilbereichen, entscheidend sein. In einem ersten Schritt hat das BABS am 28. April 2017 eine Verwaltungsvereinbarung (Administrativ Arrangement) mit der EU unterzeichnet. Dies unter anderem im Hinblick auf den raschen gegenseitigen Informationsaustausch und eine optimale Koordination von Mitteln für die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen im In- und Ausland.

1.6

Umsetzung

Die Kantone sind an der Erarbeitung des Berichts des Bundesrates zur Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+ vom 9. Mai 2012 und des Berichts an den Bundesrat zur Umsetzung der Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+ vom 6. Juli 2016 beteiligt gewesen. Sie konnten zur Vorlage mehrfach Stellung nehmen. Die vorgesehene Regelung des Werterhalts und der Weiterentwicklung bestehender Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme entspricht einer von Bund und Kantonen erarbeiteten Konsenslösung. Die vorgesehene Verschiebung der Aufgabe der Beschaffung von Zivilschutzmaterial von den Kantonen zum Bund soll auf deren Wunsch hin vorgenommen werden. Die dafür beim Bund erforderlichen zusätzlichen personellen Ressourcen werden durch die Kantone vollumfänglich abgegolten.

Aufgrund der Totalrevision des BZG erfolgt eine Totalrevision der nachgelagerten Verordnungen. Dies betrifft namentlich die Zivilschutzverordnung vom 5. Dezember 20036, die Alarmierungs- und Sicherheitsfunkverordnung vom 18. August 20107 (VWAS) sowie die Verordnung vom 17. Oktober 20078 über die Nationale Alarmzentrale (VNAZ). Neben der Zivilschutzverordnung soll eine neue Bevölkerungsschutzverordnung geschaffen werden. So wird das Gesetz nicht mit Detailregelungen überlastet.

6 7 8

536

SR 520.11 SR 520.12 SR 520.18

BBl 2019

1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die Behandlung der vorliegenden Revision des BZG erlaubt es, den parlamentarischen Vorstoss von Nationalrat Walter Müller, Motion 14.3590 «Anspruch auf Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe für Angehörige des Zivilschutzes für die gesamte Dienstleistungszeit» abzuschreiben.

Die von Bundesrat und Parlament gutgeheissene Motion verlangt, «die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit Angehörige des Zivilschutzes Anspruch auf Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe während der ganzen aktiven Zeit haben».

Die Umsetzung dieser Motion erfordert, dass künftig Schutzdienstpflichtige sämtliche Diensttage, die sie während ihrer Schutzdienstpflicht leisten, an die Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe anrechnen können. Dies war bis anhin nicht der Fall.

Nach dem bisherigen System dauerte die Wehrpflichtersatzabgabepflicht bis zum 30. Altersjahr, die Schutzdienstpflicht generell bis zum 40. Altersjahr. Die nach dem 30. Altersjahr geleisteten Diensttage im Zivilschutz wurden nicht an die Wehrpflichtersatzabgabe angerechnet. Zudem konnten bisher maximal 25 Diensttage pro Jahr an die Wehrpflichtersatzabgabe angerechnet werden (25×4 % Ermässigung pro geleisteten Diensttag); darüber hinaus geleistete Diensttage wurden für die Berechnung der Wehrpflichtersatzabgabe nicht berücksichtigt.

Die vorliegende Revision legt die Dauer der Schutzdienstpflicht auf Stufe Mannschaft und Unteroffiziere auf 12 Jahre ab dem Jahr, in dem die Grundausbildung absolviert wird, fest. Die Grundausbildung kann frühestens ab Beginn des 19. Altersjahrs absolviert werden, ist aber spätestens in dem Jahr zu beginnen, in dem ein Schutzdienstpflichtiger 25 Jahre alt wird. Auf der Grundlage des teilrevidierten Bundesgesetzes vom 12. Juni 19599 über die Wehrpflichtersatzabgabe, das voraussichtlich per 1. Januar 2019 in Kraft tritt (Änderung vom 16. März 201810), können sämtliche während der Schutzdienstpflicht von 12 Jahren geleisteten Diensttage angerechnet werden. Die Details der Anrechnung der Diensttage sind im Rahmen der Revision der Verordnung vom 30. August 199511 über die Wehrpflichtersatzabgabe (WPEV) zu regeln. Zu berücksichtigen sind dabei einerseits die Diensttage der Rekrutierung und der Grundausbildung, andererseits die Diensttage, die über das jährliche, für die Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe massgebende Maximum hinaus
geleistet werden. Diese zusätzlich geleisteten Diensttage sollen auf die Folgejahre übertragen werden.

Für höhere Unteroffiziere und Offiziere gilt die Schutzdienstpflicht weiterhin bis zum 40. Altersjahr; diese werden mit der vorliegenden BZG-Revision somit zu einer längeren Dienstdauer (länger als 12 Jahre) verpflichtet. Um der Motion Müller gerecht zu werden, sind diesen Kaderangehörigen die zusätzlich geleisteten Diensttage ebenfalls anzurechnen. Dies soll mittels einer anteilsmässigen Rückerstattung der bezahlten Wehrpflichtersatzabgabe für höhere Unteroffiziere und Offiziere ermöglicht werden. Die diesbezügliche Regelung erfolgt ebenfalls in der WPEV.

9 10 11

SR 661 BBl 2018 1511 SR 661.1

537

BBl 2019

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

1. Titel: Gegenstand Art. 1 Bst. a: Neu wird festgehalten, dass das Gesetz neben der Zusammenarbeit auch die Aufgaben im Bevölkerungsschutz regelt. Die Aufgaben von Bund und Kantonen sollen nämlich detaillierter festgelegt und klar zugewiesen werden. Zudem werden neu die Dritten explizit erwähnt, da diese sowohl für die Vorsorge als auch für die Ereignisbewältigung eine zunehmende Bedeutung haben, vor allem die Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen.

Bst. b: Um den Bevölkerungsschutz als Verbundsystem und den Zivilschutz als eine der Partnerorganisationen besser voneinander zu unterscheiden, wird der bisherige Buchstabe b präzisiert und ergänzt. Einerseits wird der Zivilschutz klar als Partnerorganisation ausgewiesen, andererseits werden die wichtigsten Regelungsbereiche in diesem Gesetz in Bezug auf den Zivilschutz aufgeführt.

2. Titel: Bevölkerungsschutz 1. Kapitel: Zweck, Zusammenarbeit und Pflichten Dritter Art. 2

Zweck

Das Verbundsystem Bevölkerungsschutz ist nach wie vor primär auf die Bewältigung von Grossereignissen, Katastrophen und Notlagen ausgerichtet. Ein «Grossereignis» ist ein primär regionales, räumlich begrenztes Schadensereignis, dessen Bewältigung zwar ein Zusammenwirken mehrerer Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes mit Unterstützung von aussen erforderlich macht, jedoch überschaubar bleibt (z. B. ein schweres Zugsunglück mit Toten und Verletzten oder ein grosses Hochwasserereignis). Der Schutz der Bevölkerung und ihrer Lebensgrundlagen bleibt aber auch im Falle eines bewaffneten Konflikts eine Aufgabe des Bevölkerungsschutzes. Damit leistet der Bevölkerungsschutz als sicherheitspolitisches Instrument einen wesentlichen Beitrag zur nationalen Sicherheit. Die Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes tragen die Verantwortung für ihre jeweiligen Aufgabenbereiche selber und unterstützen sich gegenseitig bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie kommen in verschiedenen Phasen eines Ereignisses zum Einsatz.

Polizei, Feuerwehr und Sanität sind Ersteinsatzmittel, deren Einsätze Stunden bis Tage dauern. Die technischen Betriebe und der Zivilschutz hingegen können ihre Einsatzkräfte zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen Tage bis Wochen oder falls erforderlich noch länger zur Verfügung stellen. Dabei ist zu beachten, dass ausser dem Zivilschutz alle Partnerorganisationen auch bei Katastrophen und Notlagen ihren Grundauftrag zu erfüllen haben und sich wegen der kurzen Durchhaltefähigkeit möglichst rasch mit dem Gros ihrer Einsatzkräfte wieder zurückziehen müssen.

538

BBl 2019

Art. 3

Partnerorganisationen und Dritte

Abs. 1: Die Bestimmung wird dahingehend präzisiert, dass die Zusammenarbeit sowohl in der Vorsorge als auch in der Ereignisbewältigung erfolgt.

Abs. 1 Bst. a­c: An den bisherigen Aufgaben der Polizei, der Feuerwehr und des Gesundheitswesens im Bevölkerungsschutz ändert sich nichts.

Abs. 1 Bst. d: Die Umschreibung der Aufgaben der technischen Betriebe wird allgemeiner formuliert und bezieht sich nicht mehr wie bisher nur auf einige spezifische Bereiche.

Abs. 1 Bst. e: Wie bei den anderen Partnerorganisationen werden hier die wesentlichsten Aufgaben des Zivilschutzes aufgeführt. Neu erfolgt eine ausführlichere Auflistung der einzelnen Aufgabenbereiche des Zivilschutzes unter dem 3. Titel (Zivilschutz) Artikel 28.

Abs. 2: Neu wird explizit festgehalten, dass neben den Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes gemäss Absatz 1 weitere Stellen für die Vorsorge und Ereignisbewältigung beigezogen werden können, etwa behördliche Stellen z. B. im Naturgefahrenbereich oder im ABC-Bereich. Dazu gehören auch die Bundesstellen, die für die Sicherheit von Computersystemen und des Internets sowie für den Schutz kritischer Infrastrukturen vor Cyberangriffen zuständig sind (Melde- und Analysestelle Informationssicherung, MELANI). Ausserdem können Nichtregierungsorganisationen wesentliche Beiträge leisten und sind zum Teil schon in die kantonalen Katastrophendispositive eingebunden, so beispielsweise das Schweizerische Rote Kreuz, die Samariter oder der Schweizerische Verein für Such- und Rettungshunde (REDOG) im Bereich der Rettung aus Trümmerlagen.

Art. 4

Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen wird ausgeweitet auf den ABCSchutz, die Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme, die Ereigniskommunikation des Bevölkerungsschutzes sowie Ausbildung und Forschung. Es handelt sich hierbei um Bereiche, bei denen im Sinne der Interoperabilität und Einheitlichkeit eine enge Zusammenarbeit bzw. Koordination von Bund und Kantonen sowie weiterer Stellen unabdingbar ist.

Art. 5

Pflichten Dritter

Bei Katastrophen und in Notlagen sowie bei bewaffneten Konflikten sind alle Personen verpflichtet, die von den zuständigen Stellen (Behörden, Einsatzkräften) erlassenen Alarmierungsanordnungen und Verhaltensanweisungen zu befolgen.

Bisher war diese Verpflichtung im Zivilschutzteil (Art. 29 Abs. 1) geregelt. Sie betrifft aber nicht nur den Zivilschutz und wird deshalb neu im Bevölkerungsschutzteil festgehalten.

539

BBl 2019

2. Kapitel: Aufgaben des Bundes Der bisherige Artikel 5 zu den Aufgaben des Bundes wird neu in separate Artikel zu den verschiedenen Bereichen in einem eigenen Kapitel aufgeteilt und ergänzt (Art. 6­13). So kommen Bestimmungen betreffend die Führung und die Koordination auf Bundesstufe, den Schutz kritischer Infrastrukturen (SKI), den Kulturgüterschutz in Bezug auf Schutzbauten und Einrichtungen, die Warnung, Alarmierung und Ereignisinformation, die NAZ und den ABC-Schutz (Labor Spiez) hinzu. Die Bestimmungen zur Forschung und Entwicklung (bisher Art. 8) werden ebenfalls in das Kapitel zu den Aufgaben integriert.

Art. 6

Allgemeine Aufgaben

Abs. 1: Unter Koordination sind insbesondere die Sicherstellung der Interoperabilität im föderalistisch aufgebauten Bevölkerungsschutz, zwischen den Kantonen und zwischen Bund und Kantonen sowie die Förderung der Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Stellen im Bereich der Sicherheitspolitik zu verstehen. Damit ist keine Änderung der bestehenden Kompetenzordnung verbunden. Es obliegt weiterhin dem Bundesrat, für die Koordination des Bevölkerungsschutzes mit anderen sicherheitspolitischen Instrumenten zu sorgen. Im Weiteren geht es darum, die Bedürfnisse der Partner und Stellen im Bevölkerungsschutz aufzunehmen und aufeinander abzustimmen. Eine Koordination ist auch im Hinblick auf eine verbesserte Effizienz und Wirtschaftlichkeit, beispielsweise bei den bevölkerungsschutzrelevanten Alarmierungs- und Telekommunikationssystemen oder dem Lageverbundsystem, wichtig und notwendig. Ein weiteres Beispiel ist die Koordination des ABCSchutzes in der Schweiz.

Abs. 2: Der bauliche Bereich des Kulturgüterschutzes, der Teil der Schutzanlagen bildet, wurde aufgrund der Einheitlichkeit der Materie mit der Teilrevision des BZG im Jahr 2012 vom damaligen Kulturgüterschutzgesetz 12 in das BZG übernommen.

Mit der Totalrevision des Bundesgesetzes vom 20. Juni 201413 über den Schutz der Kulturgüter bei bewaffneten Konflikten, bei Katastrophen und in Notlagen (KGSG) per 1. Januar 2015 wurde deshalb der entsprechende Artikel aufgehoben. Der Bund wird weiterhin vollumfänglich für die Erstellung und die Erneuerung von Kulturgüterschutzräumen für die kantonalen Archive und die Sammlungen von nationaler Bedeutung aufkommen. Dies gilt auch für digitale kulturgüterschutzrelevante Datensammlungen. Um einen einheitlichen Standard der Einrichtungen der Kulturgüterschutzräume zu gewährleisten, soll der Bund künftig auch dafür die Kosten übernehmen. Zudem übernimmt er eine beratende Funktion im Zusammenhang mit der Erstellung von Feuerwehreinsatzplanungen und Notfallplanungen für Kulturgüter von nationaler Bedeutung. Die Kostentragung wird in Artikel 92 Absatz 5 geregelt.

Anzumerken bleibt, dass die Kantone und Private für die Finanzierung der Kulturgüterschutzräume für mobile Kulturgüter von regionaler Bedeutung zuständig sind.

12 13

540

Bundesgesetz vom 6. Oktober 1966 über den Schutz der Kulturgüter bei bewaffneten Konflikten, AS 1968 1025 SR 520.3

BBl 2019

Abs. 3: Wie bisher trifft der Bundesrat Massnahmen insbesondere in organisatorischer, personeller und materieller Hinsicht zur Verstärkung des Bevölkerungsschutzes im Falle bewaffneter Konflikte.

Art. 7

Führung und Koordination

Abs. 1: In der Regel sind die Kantone bzw. die Gemeinden oder die Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen für die Führung im Ereignisfall zuständig. Bei bestimmten Ereignissen ist jedoch der Bund aufgrund rechtlicher Bestimmungen (z. B.

Notfallschutzverordnung vom 20. Oktober 201014) für deren Bewältigung zuständig und besitzt auch Weisungsbefugnis. Es handelt sich dabei insbesondere um Ereignisse wie Kernkraftwerkunfall, Talsperrenbruch, Satellitenabsturz, Pandemie oder Tierseuche.

Abs. 2: Wie bisher kann der Bund im Einvernehmen mit den Kantonen die Koordination und allenfalls die Führung übernehmen im Falle von Ereignissen, die mehrere Kantone, die ganze Schweiz oder das grenznahe Ausland betreffen.

Abs. 3: Bei bevölkerungsschutzrelevanten Ereignissen in der Zuständigkeit des Bundes oder von nationaler Tragweite kommt der Bundesstab Bevölkerungsschutz zum Einsatz. Der Bundesstab Bevölkerungsschutz umfasst alle relevanten Bundesstellen sowie die Vertreterinnen und Vertreter kantonaler Regierungskonferenzen und kantonaler Führungsorganisationen. Die Aufgaben des Bundesstabes Bevölkerungsschutz werden neu im vorliegenden Absatz (Bst. a­e) festgelegt. An den Entscheidungskompetenzen ändert sich nichts. Der Bundesstab Bevölkerungsschutz sorgt für die Sicherstellung der Kommunikation zwischen den kantonalen Führungsorganen, den Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen und dem Bund, er stellt den Lageverbund sicher und bereitet zuhanden des Bundesrates Anträge vor.

Absatz 4: Die Details zu Organisation und Aufgaben des Bundesstabes Bevölkerungsschutz sind in der Verordnung vom 2. März 201815 über den Bundesstab Bevölkerungsschutz geregelt.

Art. 8

Schutz kritischer Infrastrukturen

Als kritische Infrastrukturen werden Prozesse, Systeme und Einrichtungen bezeichnet, die für das Funktionieren der Wirtschaft und das Wohlergehen der Bevölkerung essenziell sind. Moderne Gesellschaften und Volkswirtschaften sind immer stärker abhängig vom Funktionieren kritischer Infrastrukturen. So können Stromausfälle und Störungen im Bereich der Telekommunikation, des Verkehrswesens oder des Gesundheitswesens die Bevölkerung und die Wirtschaft schwerwiegend beeinträchtigen. Der Bundesrat hat im Dezember 201716 die nationale Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen 2018­2022 verabschiedet und das BABS mit der Koordination der Aufgaben im SKI-Bereich beauftragt. Diese Koordinationsaufgaben sollen neu im Gesetz festgehalten werden. Der Bund erhält dadurch keine zusätzlichen Vorgabe- bzw. Regulationskompetenzen. Diese verbleiben bei den zuständigen 14 15 16

SR 732.33 SR 520.17 BBl 2018 503

541

BBl 2019

Fachstellen des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden (abhängig vom jeweiligen Bereich bzw. von der Zuständigkeit für die kritischen Infrastrukturen). In Bezug auf den Schutz der kritischen Infrastrukturen vor Cyber-Risiken erfolgt eine Abstimmung mit den Arbeiten von Bund und Kantonen im Kontext der Nationalen Strategie vom 18. April 201817 zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken (NCS) 2018­ 2022. Synergien ergeben sich insbesondere bei der Überprüfung und Verbesserung der Resilienz der kritischen Teilsektoren (Stromversorgung, medizinische Versorgung, Finanzdienstleistungen usw.).

Absatz 1: Der Bund erstellt zuhanden der Kantone und der Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen konzeptionelle und methodische Grundlagen zum Schutz dieser Infrastrukturen (Arbeitshilfen, Leitfäden, Merkblätter usw.). Insbesondere unterstützt er damit die Kantone bei der Durchführung von kantonalen SKIArbeiten.

Absatz 2: Das Inventar der kritischen Infrastrukturen bezeichnet Objekte (insbesondere Bauten und Anlagen) die eine strategisch wichtige Bedeutung haben. Dies, weil sie wichtig sind für die Versorgung der Gesellschaft mit essenziellen Gütern und Dienstleistungen resp. weil sie ein erhebliches Gefahrenpotenzial für Mensch oder Umwelt in sich bergen. Mit der Aufnahme in das Inventar sind weder zusätzliche Auflagen hinsichtlich Schutzmassnahmen noch Ansprüche auf Mittelzuwendungen im Ereignisfall verbunden. Das BABS führt das Inventar von Objekten, die aus nationaler Perspektive eine wichtige Bedeutung haben (national kritische Infrastrukturen). Die Kantone sind zuständig für die Bezeichnung von Objekten, die aus kantonaler Sicht wichtig sind.

Absatz 3: Um im Falle von Katastrophen und Notlagen das Risiko von Ausfällen kritischer Infrastrukturen zu verringern, ist es wichtig, deren Resilienz (Widerstandsund Regenerationsfähigkeit) zu überprüfen und zu verbessern. Das BABS hat einen Leitfaden erstellt, der das Vorgehen beschreibt. Es unterstützt bei Bedarf die Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen fachlich bei der Umsetzung des Leitfadens.

Art. 9

Warnung, Alarmierung und Information im Ereignisfall

Eine Warnung bezweckt die rechtzeitige Erstellung der Einsatzbereitschaft der betroffenen Stellen und Einsatzorganisationen von Bund, Kantonen und Gemeinden bei drohenden Gefährdungen. Bei einer akuten Gefährdung erfolgt die Alarmierung der betroffenen Bevölkerung mit entsprechenden Verhaltensanweisungen durch die zuständigen Stellen des Bundes oder der Kantone. Mit der Ereignisinformation soll die Bevölkerung im Ereignisfall laufend über die Entwicklungen informiert werden und sollen ihr bei Bedarf auch Verhaltensanweisungen übermittelt werden.

Bestimmungen zur Warnung und Alarmierung gab es bisher sowohl im Bevölkerungsschutz- als auch im Zivilschutzteil. Diese werden nun im Bevölkerungsschutzteil zusammengefasst und mit den neuen Bestimmungen zur Ereignisinformation ergänzt. An den bisherigen Zuständigkeiten ändert sich nichts.

17

542

Der Text der Strategie ist im Internet abrufbar unter: www.isb.admin.ch > Themen > Cyber-Risiken NCS > SN002 ­ Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor CyberRisiken (NCS).

BBl 2019

Die Warnung, Alarmierung und Information der Bevölkerung sind zentrale Prozesse, um diese im Ereignisfall schnell und wirksam zu schützen. Die Sirenen sind in der Schweiz zurzeit das einzige Mittel, um die Bevölkerung vor einer akuten Gefährdung im Fall von Katastrophen und Notlagen zu alarmieren und anschliessend via Radio Verhaltensanweisungen innert 15­20 Minuten zu verbreiten. Die Auslösung der Sirenen erfolgt primär direkt durch die kantonalen Polizei- oder Führungsorgane sowie durch die Betreiberinnen von Stauanlagen. Sirenen können nicht nur bei der Freisetzung von radioaktiven Substanzen eingesetzt werden, sondern auch bei Unfällen, bei denen chemische Substanzen in die Luft und ins Wasser gelangen oder bei Hochwasser. Um die Information der Bevölkerung auch bei einem Totalausfall der gesamten Sendeinfrastruktur der Radioveranstalter zu gewährleisten, steht dem Bund ein Radio-Notsendernetz (Notfallradio) zur Verfügung (Information der Bevölkerung durch den Bund in Krisenlagen mit Radio, IBBK). Für das Notfallradio wird aktuell UKW verwendet. Offen ist, mit welchen neuen Technologien UKW allenfalls in Zukunft abgelöst wird.

Das Alarmierungssystem mit Sirenen erreicht nur einen Teil der Bevölkerung. Der Sirenenalarm und die nachfolgende Radiomeldung werden z. B. von Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung nicht wahrgenommen, oder Ausländerinnen und Ausländer verstehen die die via Radio übermittelten Verhaltensanweisungen auf Deutsch, Französisch oder Italienisch nicht. Deshalb soll die gefährdete Bevölkerung künftig neben dem Sirenenalarm auch mit anderen Mitteln schnell alarmiert und informiert werden können. Im Vordergrund stehen dabei die Alarmierung und die Ereigniskommunikation via Mobiltelefone. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Plattform Alertswiss wurde eine Push-Funktion für die Alarmierung und Information via App eingeführt. Die App Alertswiss als Kanal zur schnellen Information soll im Ereignisfall mit zusätzlichen Kanälen ergänzt werden. Als solche Kanäle kommen von breiten Bevölkerungskreisen benutzte Apps in Frage, wie z. B. die App von MeteoSchweiz (5,8 Mio. Nutzer).

Die Pflicht zur Verbreitung von behördlichen Alarmmeldungen und Verhaltensanweisungen sowie zur Information der Bevölkerung über Radio in Krisensituationen ist in Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 4 des
Bundesgesetzes vom 24. März 200618 über Radio und Fernsehen (RTVG) geregelt. Es ist vorgesehen, das RTVG durch das Bundesgesetz über elektronische Medien19 (BGeM) abzulösen.

Die Verbreitungs- und Informationspflicht wird in das neue BGeM übernommen.

Abs. 1 Bst. a: Zu den Systemen zur Warnung der Behörden gehört beispielsweise TOM-RAD (Transmission of Official Messages, Radioaktivität). Die Übermittlung erfolgt teilweise mittels Internet und teils geschützt mittels des Meldesystems Vulpus.

Abs. 1 Bst. b und c: Die Alarmierung der Bevölkerung erfolgt via Sirenen, die Verhaltensanweisungen erfolgen über das Radio. Bei einem Totalausfall der gesamten Sendeinfrastruktur steht dem Bund das Notfallradio IBBK zur Verfügung. Neu

18 19

SR 784.40 Der Bericht ist im Internet abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2018 > UVEK.

543

BBl 2019

sollen die Alarmierung und Information der Bevölkerung im Ereignisfall über zusätzliche Kanäle erfolgen (z. B. Alertswiss mit Internet und App für Mobiltelefone).

Abs. 2: Zurzeit betreibt das BABS das System Polyalert, über das einerseits die Sirenen ausgelöst werden und andererseits die Alarmierung und Information der Bevölkerung über Mobiltelefone und Internet sichergestellt werden kann. Beim Polyalert sollen die Zuständigkeiten optimiert werden. Der Bund soll künftig allein für dieses System zuständig sein. Die heutigen Zuständigkeiten von Bund und Kantonen beinhalten Doppelspurigkeiten und viele Schnittstellen. Sie sind auch volkswirtschaftlich gesehen nicht sinnvoll. Die Neuregelung der Zuständigkeiten erfordert aber eine gewisse Übergangszeit, in der Bund und Kantone diesen Übergang vornehmen (siehe Art. 100 Abs. 1). Zum System gehören zentrale und dezentrale Komponenten sowie die Sirenen (inkl. kombinierte Sirenen für den Wasseralarm). Zu erwähnen ist, dass das BABS für dieses System die Gesamtverantwortung wahrnimmt, aber selber keine Leistungen im Bereich der Informationsund Kommunikationstechnologien (IKT) erbringt. Diese werden vom BABS innerhalb der Bundesverwaltung von den bezeichneten IKT-Leistungserbringern oder extern bezogen.

Abs. 3: Die NAZ verfügt über die technischen Systeme, um die Bevölkerung via Radio zu informieren. Das System Alertswiss erlaubt die Information der Bevölkerung mit Push-Nachrichten. Dazu kommen Social-Media-Kanäle wie Facebook und Twitter.

Abs. 4: Das Notfallradio dient bei einem Totalausfall der gesamten Sendeinfrastruktur als redundantes Mittel, um der Bevölkerung Informationen zu übermitteln. Die Sendeleistung erlaubt es, den Empfang auch in Schutzräumen sicherzustellen.

Abs. 5: Für die Warnung der Behörden auf allen Staatsstufen (Bund und Kantone) sowie die Alarmierung und Information der Bevölkerung sind einheitliche inhaltliche, prozessuale und technische Standards notwendig. Nur so können solche Systeme effizient, wirtschaftlich und zielführend betrieben werden. Deshalb sollen dem BABS für diese Bereiche Regelungskompetenzen übertragen werden.

Art. 10

Nationale Alarmzentrale

Abs. 1: Die NAZ wurde 2003 in das BABS integriert. Mit der vorliegenden BZGRevision soll nun die NAZ explizit auf Gesetzesstufe verankert werden.

Abs. 2 schafft die rechtliche Grundlage für das erweiterte Aufgabenspektrum der NAZ, das in der VNAZ geregelt ist.

Bei unmittelbar drohender Gefahr und solange die zuständigen Organe des Bundes nicht handeln können, verfügt die NAZ bereits heute über die Kompetenz zur direkten Information, Warnung, Alarmierung sowie zur Erteilung von Verhaltensanweisungen, dies beispielsweise im Falle eines Kernkraftwerkunfalls (siehe Art. 2 Abs. 1 VNAZ). Nur so lässt sich der Schutz der Bevölkerung zu Beginn eines schnell ablaufenden Ereignisses sicherstellen.

544

BBl 2019

Art. 11

Labor Spiez

Der ABC-Schutz umfasst alle Massnahmen zur Abwehr und Vermeidung atomarer (nuklearer und radiologischer), biologischer und chemischer Bedrohungen und Gefahren. Dazu zählen die Prävention und die Vorbereitung von Schutzmassnahmen sowie im Ereignisfall die Erkundung, der Kontaminations- und Infektionsschutz, die Dekontamination und die medizinische Behandlung. Der ABC-Schutz zielt darauf, dass alle erforderlichen Vorbereitungen getroffen werden, damit ABC-Ereignisse verhindert werden bzw. die Auswirkungen von ABC-Ereignissen auf Mensch, Tier und Umwelt so gering wie möglich gehalten werden können.

Das Labor Spiez war bis 2003 der Gruppe Rüstung des VBS, heute armasuisse, zugeordnet. 2003 wurde es in das BABS integriert. Das Labor Spiez erbringt Dienstleistungen (Expertisen, Eignungsnachweise, Beratungen, Messungen, Prüfungen, Kalibrierungen, Analytik und Diagnostik) für nationale Behörden, internationale Organisationen, Armee, kantonale Stellen sowie für die Bevölkerung in den Bereichen Vorsorgeplanung, Schutzmassnahmen, Ereignisbewältigung, Umweltschutz, Gesundheit und Rüstungskontrolle. Zudem betreibt es angewandte, zum Teil mit Drittmitteln finanzierte Forschung im ABC-Bereich und ist für Weiterentwicklungen im ABC-Bereich verantwortlich. Das Labor Spiez arbeitet zur Erfüllung dieser Aufgaben mit den Fachstellen des Bundes und der Kantone, den Institutionen des ETH-Bereichs und weiteren Hochschulen zusammen. Eine explizite gesetzliche Grundlage für das Labor Spiez fehlte bisher. Durch die Regelungen von Artikel 11 werden die Leistungen anderer Labors weder tangiert noch eingeschränkt. So erfüllen etwa neben dem Labor Spiez auch andere Labors referenzanalytische und diagnostische Aufgaben.

Art. 12

Spezialisierte Einsatzorganisationen

Die Bestimmung zu den spezialisierten Einsatzorganisationen des Bundes wird präzisiert (bisher in Art. 5 Abs. 2 geregelt).

Abs. 1: Neu wird explizit festgehalten, dass es sich primär um spezialisierte Einsatzorganisationen im ABC-Bereich handelt. Dabei geht es vor allem um die Einsatzequipen des VBS (EEVBS), die vom Labor Spiez und dem Kompetenzzentrum ABC-KAMIR der Armee zur Unterstützung der Kantone bei ABC-Ereignissen betrieben werden. Diese können auch in anderen Ländern auf deren Ersuchen hin eingesetzt werden. Für diese Unterstützungsaufgaben können auch die Kompetenzen und Möglichkeiten der Fachstellen des Bundes, der Institutionen des ETH-Bereichs und weiterer Hochschulen genutzt werden.

Abs. 2 schafft die Grundlage für weitere spezialisierte Einsatzorganisationen, um die Sicherstellung von originären Aufgaben des Bundes auf nationaler Ebene oder zugunsten der Kantone zu gewährleisten, z. B. Kapazitätserweiterung für Polycom, Drohnen für Radioaktivitätsmessungen und für die Erkundung von Schadenauswirkungen in einem betroffenen Gebiet, Führungsunterstützung für spezialisierte Einsatzmittel insbesondere im ABC-Bereich, Mittel zur Sicherstellung der Kommunikation der Einsatzeinheiten BABS mit der NAZ und dem Bundesstab Bevölkerungsschutz.

545

BBl 2019

Abs. 3: Dies betrifft insbesondere Einsatzmaterial, das den Kantonen für die Bewältigung von ABC-Ereignissen, für die der Bund zuständig ist (z. B. radiologische Verstrahlungslagen, Pandemien, Tierseuche usw.), zur Verfügung gestellt wird.

Voraussetzung dafür ist, dass in organisatorischer, ausbildungsmässiger und einsatztaktischer Hinsicht die Vorgaben des Bundes erfüllt sind. Für die ABC-Stützpunkte sind die Kantone zuständig.

Abs. 4: Um einen effizienten Einsatz des vom Bund zur Verfügung gestellten ABCEinsatzmaterials in den ausgewählten ABC-Stützpunkten zu gewährleisten, soll das BABS Vorgaben machen können, an welche ABC-Stützpunkte das vom BABS beschaffte Material ausgeliefert wird, wo und wie dieses in den Einsatz gelangen und wie die Einsatzbereitschaft dieses Materials sichergestellt werden soll.

Art. 13

Forschung und Entwicklung

Abs. 1: Die Bevölkerungsschutzstellen von Bund und Kantonen sind die zentralen Fachinstitute für Fragen der Risikoanalyse und der Katastrophenvorsorge. Die Aufgabenstellungen des Bevölkerungsschutzes sind einem ständigen Wandel unterworfen, z. B. durch neue Risiken wie Stromausfall oder Cyberangriffe. Um den Bevölkerungsschutz weiterzuentwickeln, müssen verschiedene wissenschaftliche Fragestellungen bearbeitet sowie Forschungs- und Entwicklungsarbeiten umgesetzt werden. Schwerpunkte sind dabei Ausbildung, Risikoanalysen, Risikokommunikation, Schutz kritischer Infrastrukturen, ABC-Schutz sowie die technischen Systeme für Kommunikation, Alarmierung und Warnung. Diese Forschung und Entwicklung ist anwendungsorientiert und wird zwischen Bund und Kantonen eng abgestimmt, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden und den Bevölkerungsschutz auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. Insbesondere im Bereich der Risikoanalysen unterstützen sich Kantone und Bund gegenseitig mit Fachexpertisen in den interdisziplinär angelegten Projekten. Bei der Forschung handelt es sich um Intramuros-Forschung (Leistungen durch Mitarbeitende des BABS, z. B. ABCSchutz des Labor Spiez) und um Auftragsforschung (z. B. ETH Zürich).

Neu wird festgehalten, dass das BABS neben den Kantonen mit weiteren Stellen (z. B. mit Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz wie der Feuerwehr, dem Gesundheitswesen oder den Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen) in der Forschung und Entwicklung zusammenarbeiten kann.

Abs. 2: Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bevölkerungsschutz sind von einer interdisziplinären Zusammenarbeit geprägt. Wie bisher soll das BABS mit nationalen und internationalen Partnern in der Forschung und Entwicklung im Bevölkerungsschutz zusammenarbeiten. Da Katastrophen wie Kernkraftwerkunfälle oder Pandemien grenzüberschreitende Auswirkungen haben können und die Reaktion auf solche Ereignisse global koordiniert werden muss, arbeitet das BABS auch mit internationalen Partnern zusammen, sofern eine solche Zusammenarbeit für die Schweiz relevant ist.

546

BBl 2019

3. Kapitel: Aufgaben der Kantone und Dritter Die Aufgaben der Kantone, bisher in Artikel 6 geregelt, werden neu aufgeteilt in allgemeine Aufgaben (Art. 14), Führungsaufgaben (Art. 15) und spezifische Aufgaben im Bereich der Warnung, Alarmierung und Information im Ereignisfall (Art. 16). In das Kapitel aufgenommen werden zudem die Regelungen zum Wasseralarmsystem (Art. 17).

Art. 14

Allgemeine Aufgaben

Entspricht der bisherigen Bestimmung, wonach die Kantone insbesondere die Ausbildung, die zeit- und lagegerechte Führung, den Einsatz der Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz sowie die interkantonale Zusammenarbeit regeln. Absatz 1 wird mit dem Hinweis auf weitere Stellen und Organisationen ergänzt. Dies ermöglicht den Kantonen unter anderem, gewisse Aufgaben auch im Rahmen von interkantonalen Stützpunkten erfüllen zu können.

Art. 15

Führung und Koordination

Die Aufgaben der Führungsorgane auf kantonaler Ebene werden neu in einem separaten Artikel explizit festgehalten. Bei der Ereignisbewältigung einer nationalen Katastrophe oder Notlage (z. B. Kernkraftwerkunfall, Pandemie) oder im Falle eines bewaffneten Konfliktes ist der Bund auch auf funktionierende und vorbereitete Führungsorgane in den Kantonen angewiesen.

Art. 16

Warnung, Alarmierung und Information im Ereignisfall

Abs. 1: Die Kantone erhalten die Warnungen der Bundesstellen auf den definierten Kanälen und leiten diese an die zuständigen Stellen im Kanton weiter. Umgekehrt warnen die Kantone die zuständigen Bundesstellen bei für den Bund relevanten Gefahren auf ihrem Kantonsgebiet. Die Kantone stellen die Auslösung der Alarmierung der Bevölkerung mittels einer oder mehrerer Einsatzzentralen rund um die Uhr sicher. Im Falle von Ereignissen, für deren Bewältigung der Bund zuständig ist (Art.

7 Abs. 1), kann der Bund den Kantonen den Auftrag zur Auslösung der Alarmierung erteilen. Bei Ereignissen, für deren Bewältigung die Kantone zuständig sind, entscheiden die zuständigen kantonalen Organe über die Auslösung der Alarmierung.

Abs. 2: Die Kantone sorgen dafür, dass die Bevölkerung die notwendigen Informationen im Ereignisfall auf verschiedenen Kanälen zeitgerecht erhält. Im Falle von Ereignissen, für deren Bewältigung der Bund zuständig ist (Art. 7 Abs. 1), kann der Bund den Kantonen den Auftrag zur Weiterverbreitung von Informationen über deren Kanäle erteilen.

Art. 17

Wasseralarmsystem

Die Regelungen zum Wasseralarmsystem entsprechen dem bisherigen Artikel 43b, werden neu jedoch im Teil Bevölkerungsschutz aufgeführt. Sie sind in Zusammen-

547

BBl 2019

hang mit Artikel 11 und 12 des Bundesgesetzes vom 1. Oktober 201020 über die Stauanlagen (Stauanlagengesetz, StAG) zu stellen. Artikel 11 Absätze 1 und 2 StAG verpflichten die Betreiberinnen von Stauanlagen zum Betrieb und Unterhalt eines Wasseralarmsystems. Artikel 12 Absatz 1 StAG verpflichtet Bund, Kantone und Gemeinden, mit den Mitteln und Strukturen des Bevölkerungsschutzes die Verbreitung von Verhaltensanweisungen an die Bevölkerung sicherzustellen und für deren allfällige Evakuierung zu sorgen. Der Bund, d. h. das BABS zusammen mit dem Bundesamt für Energie (BFE) ist dabei zuständig für die Festlegung der technischen Anforderungen an die notwendigen baulichen Einrichtungen sowie die Festlegung der Zuständigkeiten und Abläufe bei der Warnung und Alarmierung. Das BABS hat zudem die Aufgabe, die technischen Aspekte im Zusammenhang mit dem Sirenenalarmierungssystem Polyalert festzulegen sowie die entsprechenden Notfallpläne der Betreiberinnen von Stauanlagen bezüglich des Wasseralarms und der Evakuierungsplanungen der Kantone und Gemeinden zu prüfen. Für Beschaffung, Installation und Unterhalt der Sirenen ist der Bund zuständig (siehe Art. 9 Abs. 2).

4. Kapitel: Gemeinsame Kommunikationssysteme von Bund, Kantonen und Dritten Art. 18

Mobiles Sicherheitsfunksystem

Abs. 1: Für den Sprachfunk verwenden die Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit (BORS), bestimmte Bundesämter wie z. B. das Bundesamt für Strassen sowie Dritte wie z. B. Kernkraftwerke oder die Rettungsflugwacht Rega das mobile Sicherheitsfunksystem Polycom. Das Polycom wurde in den Jahren 2001­2015 schrittweise aufgebaut. Es ermöglicht den Funkkontakt innerhalb von Organisationen wie Grenzwacht, Polizei, Feuerwehr, sanitätsdienstlichem Rettungswesen, Zivilschutz und unterstützenden Verbänden der Armee, aber auch zwischen diesen Organisationen. Rund 55 000 Nutzerinnen und Nutzer des Bundes, der Kantone und der Gemeinden können heute mit dem Polycom über eine einheitliche und homogene Infrastruktur Funkgespräche übertragen. Die Systeminfrastruktur besteht aus insgesamt 170 Haupt- und Nebenvermittlern sowie rund 750 Basisstationen. Im Rahmen des Projekts Werterhalt Polycom 2030 wird das System zurzeit technisch angepasst.

Abs. 2: Der Bund ist zuständig für die zentralen Komponenten des Systems (z. B.

Backbone) und sorgt für dessen Funktionieren. Gleichzeitig ist er zuständig für dezentrale Komponenten (z. B. Basisstationen), die in seinem Zuständigkeitsbereich liegen, wie z. B. diejenigen der Eidgenössischen Zollverwaltung. Der Bund ist zudem auch zuständig für die Anbindung des Systems und dessen Schnittstellen mit dem Ausland. Dazu gibt es beispielsweise einen Staatsvertrag mit dem Fürstentum Liechtenstein. In diesem Sinne ist der Bund auch verantwortlich für das Funktionieren der in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Komponenten, z. B. in Bezug auf eine ausreichende Stromsicherheit oder den Schutz im Bereich Cybersicherheit.

Abs. 3: Der Bund ist verantwortlich für das Funktionieren des gesamten Verbundsystems. Deshalb muss er auch technische und terminliche Vorgaben machen können (vgl. Abs. 5), beispielsweise in Bezug auf die Stromsicherheit.

20

548

SR 721.101

BBl 2019

Abs. 4: Die Kantone sind für die dezentralen Komponenten des Systems verantwortlich.

Abs. 5: Die Aufgaben und Zuständigkeiten werden in der VWAS respektive in der neuen Bevölkerungsschutzverordnung geregelt. Das BABS legt zudem die technischen Aspekte und Rahmenbedingungen fest und regelt die Prozesse und Abläufe, um das Funktionieren des Gesamtsystems sicherzustellen. Die Abstimmung mit den Bundesvorgaben wird sichergestellt.

Abs. 6: Mit dem Projekt Polycom 2030 sollen der Werterhalt und damit die Funktion und Verfügbarkeit des Systems bis mindestens 2030 sichergestellt werden. Hierfür ist eine schweizweite Migration der Vermittlerinfrastruktur sowie der Basisstationen von der veralteten TDM- auf die moderne IP-Technologie notwendig. Zudem soll ein Systemübergang (Gateway) die unterbruchfreie Kommunikation sämtlicher Bedarfsträger der BORS gewährleisten. Das eidgenössische Parlament hat 2016 den Verpflichtungskredit für das Projekt Werterhalt Polycom 2030 genehmigt. Die technische Migration, insbesondere der Basisstationen in den dezentralen kantonalen Teilnetzen, soll Ende 2025 abgeschlossen werden. Dann kann der Gateway im Betrieb eingestellt werden. Dieser Parallelbetrieb von neuer und alter Technologie verursacht dem Bund erhebliche Kosten. Um diese Kosten zu begrenzen, soll dem Bund die Kompetenz eingeräumt werden, die notwendigen Massnahmen einzuleiten, damit die Migration in den Kantonen tatsächlich bis Ende 2025 umgesetzt wird und dem Bund daraus keine Mehrkosten entstehen.

Abs. 7: Sollte dereinst das Polycom durch ein neues, anderes System abgelöst werden, soll der Bundesrat über die Einstellung des Polycom entscheiden können, damit er nicht gezwungen ist, wegen einem oder wenigen Kantonen zwei Systeme gleichzeitig betreiben zu müssen. Die Kantone müssen vor einem solchen Entscheid angehört werden.

Art. 19

Nationales sicheres Datenverbundsystem

Abs. 1: Heute erfolgt der breitbandige Datenaustausch der BORS und der Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen über das Bundesverwaltungsnetz, das Kommunikationsnetz Bundesverwaltung­Kantonalverbund, die kantonalen Polizeinetze oder über Netze öffentlicher Anbieter (z. B. Swisscom). Diese Systeme und Netze bieten in besonderen und ausserordentlichen Lagen keine Garantie für einen regelmässigen, zeitgerechten und verlässlichen Daten- und Informationsfluss. Sie können im Ereignisfall wegen Überlastung, Strompannen oder einer Cyberattacke ausfallen.

Um die Ausfallsicherheit der Kommunikationssysteme und des breitbandigen Datenaustausches der BORS zu erhöhen, soll das nationale sichere Datenverbundsystem in den kommenden Jahren aufgebaut werden. Das System wird die Grundlage für alle sicherheitspolitisch relevanten Telekommunikationssysteme des Bevölkerungsschutzes bilden; d. h., es soll zukünftig zum zentralen System im Bevölkerungsschutz und im nationalen Krisenmanagement werden. Bei der Realisierung des sicheren Datenverbundnetzes (SDVN) werden wesentliche physische Komponenten des Führungsnetzes Schweiz verwendet werden, d. h. Glasfasern und Infrastrukturen. Wo die Erschliessung durch das Führungsnetz ungenügend ist, sollen bestehende Glasfasernetze und physische Infrastrukturen von weiteren Netzen eingesetzt 549

BBl 2019

werden, z. B. Netze von Kantonen oder von Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen. Das SDVN soll die Vernetzung zwischen den Bundesstellen, Kantonen und Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen breitbandig auch im Fall einer länger andauernden Strommangellage, bei Stromausfall oder beim Ausfall der Kommunikationsnetze während mindestens zweier Wochen sicherstellen. Auch nach zwei Wochen soll das SDVN betriebsbereit bleiben, indem die eingesetzten Notstromaggregate mit genügend Betriebsstoff versehen werden (Vorratshaltung).

Darum werden bei der Planung insbesondere diejenigen Netzinfrastrukturen in die Konzeption miteinbezogen, die bereits dieser Anforderung genügen. Beim Datenzugangssystem Polydata handelt es sich um ein weitestgehend geschlossenes Anwendernetz. Unter geschlossenen Anwendernetzen werden isolierte logische Netze ohne Übergänge ins Internet oder andere IP-Netze verstanden. Die Isolation gegenüber allen anderen Netzen (z. B. dem Internet) steigert die Sicherheit gegenüber CyberAngriffen signifikant. Einzelne Anwendungen benötigen zwar weitere Verbindungen zu anderen Systemen. Diese werden aber so weit kontrolliert und gesichert ausgestaltet, dass das Polydata trotzdem als «geschlossenes» System funktioniert.

Durch das Datenzugangssystem Polydata wird den Anwenderinnen und Anwendern der sichere und in allen Lagen garantierte Zugang zu den bevölkerungsschutzrelevanten Alarmierungs- und Telekommunikationssystemen gewährleistet (z. B. Polycom, Polyalert usw.). Auf dem SDVN können in Kombination mit dem Datenzugangssystem Polydata alle bevölkerungsschutzrelevanten Applikationen (bestehende und zukünftig entwickelte) in allen Lagen sicher betrieben werden. Das Datenzugangssystem Polydata wird von den Nutzern im Tagesgeschäft gebraucht und basiert auf dem SDVN. Beim SDVN handelt es sich vereinfacht gesagt um die Hardware, beim Datenzugangssystem Polydata um das Betriebssystem. Für die eigentliche Datenkommunikation braucht es noch eine Anwendung. Es ist vorgesehen, diese Anwendung als Ablösung für das veraltete Meldesystem Vulpus zu realisieren. Sie soll so konzipiert werden, dass es die Funktionalitäten eines Lageverbundsystems erfüllt. Das Lageverbundsystem ist eine erste Anwendung im sicheren Datenverbundsystem. Dieses soll aber auch für weitere (sicherheitsrelevante)
Anwendungen genutzt werden können. So ist beispielsweise vorgesehen, auch die Systeme Polycom und Polyalert als Anwendungen im sicheren Datenverbundsystem zu betreiben.

Abs. 2­4: Die Verteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen ist gleich vorgesehen wie beim Polycom. Es handelt sich um ein Verbundsystem mit zentralen und dezentralen Komponenten. Der Bund ist auch zuständig für die Schnittstellen mit dem Ausland oder die Anbindung an vergleichbare Systeme im Ausland. Beispielhaft erwähnt seien die Anbindung des Fürstentums Liechtenstein oder die Anbindung der Krisenzentralen Deutschlands oder der EU. Letztere ist in einem «Administrative Agreement» geregelt.

Abs. 5: An das nationale sichere Datenverbundsystem sollen auch Dritte und Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen angeschlossen werden.

Abs. 6: Die Voraussetzungen für den Anschluss weiterer Anwendungen an das Datenverbundsystem sowie die Aufgaben, Zuständigkeiten, organisatorischen und technischen Aspekte und Regeln sollen auf Verordnungsstufe geregelt werden. Die technischen Aspekte und Prozesse soll das BABS regeln, damit das Funktionieren

550

BBl 2019

des Gesamtsystems sichergestellt ist. Diese werden mit den Bundesvorgaben abgestimmt, soweit sie davon betroffen sind.

Abs. 7: Der Bundesrat soll die Kompetenz erhalten, allen angeschlossenen Nutzern Vorgaben für die Umsetzung einer technischen Migration (Werterhalt des Gesamtsystems) machen zu können.

Abs. 8: Sollte dereinst dieses System durch ein anderes System abgelöst werden, soll der Bundesrat über dessen Einstellung entscheiden können. Die Kantone müssen vor einem solchen Entscheid angehört werden.

Art. 20

Mobiles breitbandiges Sicherheitskommunikationssystem

Abs. 1: Der Einsatz von Smartphones, Tablets und Laptops ist bei den BORS heute Arbeitsstandard. Für die drahtlose Datenkommunikation sind die BORS zurzeit auf die Nutzung von öffentlichen drahtlosen Netzsystemen angewiesen (insbesondere der Swisscom). Die BORS nutzen in der Schweiz bereits heute bestehende nationale drahtlose Breitbandinfrastrukturen der öffentlichen Mobilfunkanbieterinnen. Je nach Bedarf können gewisse technische Massnahmen (Härtung und Erschliessung heute nicht versorgter Gebiete, Verhinderung von Cyberattacken) ergriffen werden, um diese sukzessive den Verfügbarkeits- und Sicherheitsanforderungen der BORS anzupassen. Heute ist nicht die gesamte Fläche der Schweiz durch kommerzielle Datendienste erschlossen. Ausserdem sind die Mobilfunknetze nicht stromausfallsicher, d. h. bei einem Stromausfall ist die Nutzung der Netze nach ca. 1­4 Stunden nicht mehr möglich. Für die Rettungs- und Sicherheitsdienste ist es aber wichtig, dass ein Netz zur Verfügung steht, das auch bei Stromausfall eine gewisse Zeit weiter verfügbar ist. Mit dem mobilen breitbandigen Sicherheitskommunikationssystem können hochverfügbare Breitbanddienste für die BORS von Bund (z. B. der Eidgenössischen Zollverwaltung) und Kantonen sowie für die Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen auch mobil zur Verfügung gestellt werden. Die mobile Vernetzung der BORS und der Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen wird zu einer optimierten Zusammenarbeit beitragen, z. B. zwischen den Einsatzkräften auf dem Schadenplatz und der rückwärtigen Führung. Über die Realisierung eines solchen Systems entscheidet der Bundesrat bzw. das Parlament, sofern damit die Genehmigung eines Verpflichtungskredits verbunden ist.

Abs. 2­4: Die Verteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen ist gleich vorgesehen wie beim Polycom. Es handelt sich um ein Verbundsystem mit zentralen und dezentralen Komponenten. Für die Schnittstellen ins Ausland oder dessen Anbindung (z. B. Fürstentum Liechtenstein) ist ebenfalls der Bund zuständig.

Abs. 5: Die Aufgaben, Zuständigkeiten, organisatorischen und technischen Aspekte und Regeln sollen auf Verordnungsstufe geregelt werden. Die technischen Aspekte und Prozesse soll das BABS regeln, damit das Funktionieren des Gesamtsystems sichergestellt ist. Damit soll aber auch
gewährleistet werden, dass in der Schweiz nicht nebeneinander unterschiedliche technische Systeme entstehen, die zu einem späteren Zeitpunkt nur mehr mit grossem Zeit- und Kostenaufwand zu einem gesamtschweizerisch einheitlichen System zusammengeführt werden können. Die

551

BBl 2019

negativen Erfahrungen mit dem Polycom sollen dadurch vermieden werden. Die Abstimmung mit Bundesvorgaben wird sichergestellt.

Abs. 6: Der Bundesrat soll die Kompetenz erhalten, allen Nutzern Vorgaben für den Werterhalt bzw. die technischen Anpassungen machen zu können.

Abs. 7: Sollte dereinst dieses System durch ein anderes System abgelöst werden, soll der Bundesrat über dessen Einstellung entscheiden können. Die Kantone müssen vor einem solchen Entscheid angehört werden.

Abs. 8: Für die gesamtschweizerische Einführung des Systems sind weitere Abklärungen notwendig. Darum sollen interessierte Kantone im Rahmen eines Pilotprojekts erste Teilsysteme realisieren können, um den Regelbedarf zu konkretisieren, die technischen und organisatorischen Aspekte zu klären und die Grundlagen für ein späteres gesamtschweizerisches System zu erarbeiten. Dies erfolgt selbstverständlich unter Beachtung internationaler Standards. Die Festlegung von Rahmenbedingungen und die Koordination durch den Bund sollen sicherstellen, dass in der Schweiz nicht technisch unterschiedliche Systeme entstehen.

Art. 21

Nationales Lageverbundsystem

Abs. 1: Heute betreiben die meisten kantonalen Führungsorgane resp. Die darin vertretenen Partnerorganisationen ein oder mehrere elektronische Führungssysteme, die unter anderem eine Lagedarstellung ermöglichen. Diese Systeme unterstützen die Führung im Ereignisfall und sind auf den Zuständigkeitsbereich und die Bedürfnisse des jeweiligen Nutzers zugeschnitten. Aus vergangenen Grossübungen, wie etwa der Sicherheitsverbundsübung 2014 (SVU 14), erwuchs die Erkenntnis, dass für die strategische Führung bei einer nationalen Katastrophe oder Notlage ein konsolidiertes integrales Lagebild auf Bundesebene nötig ist. Auch die Strategische Führungsübung 2017 (SFU 17) zeigte die grosse Bedeutung eines gesicherten Lageverbunds, der den Führungsorganen und Entscheidungsträgern eine konsolidierte Gesamtlage zugänglich macht. So wird im Auswertungsbericht zur SFU 17 vom 9. Mai 2018 als Erkenntnis dargestellt, das fehlende gemeinsame Lagebild sei ein fundamentaler Schwachpunkt der nationalen Krisenbewältigung. Ein einheitliches Lagebild, das seit vielen Jahren immer wieder gefordert werde, hätte es auch in der SFU 17 nicht gegeben. Daraus resultiert die Empfehlung, dass die laufenden Bestrebungen, die Elektronische Lagedarstellung bzw. den Lageverbund zu einer umfassenden Grundlage der Lagebeurteilung weiterzuentwickeln, prioritär verfolgt werden müssten. Eine solche elektronische Verbundlösung soll die verschiedenen Führungssysteme der relevanten Bundesstellen, der kantonalen Führungsorgane sowie ausgesuchter Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen mit einbeziehen.

Die Informationen sollen stufengerecht aggregiert werden und auf Stufe Bund für die strategische Führung, beispielsweise im Bundesstab Bevölkerungsschutz, verwendet werden können. Das Lageverbundsystem steht auch für Anwendungen zur Verfügung, die nicht primär bevölkerungsschutzrelevant sind. Auch die Führungsorgane der Kantone und der Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen sind für die Erfüllung ihrer Aufgaben auf diese Informationen angewiesen. Das Lageverbundsystem soll, gemäss Beschluss des Bundesrates vom 15. August 2018, so konzipiert werden, dass es auch als Ablösung für das veraltete Meldesystem Vulpus 552

BBl 2019

funktioniert. Für ein solches Verbundsystem braucht es sowohl zentrale wie dezentrale Komponenten.

Abs. 2: Die zentralen Komponenten stellen den Datenaustausch zwischen den Systemen sicher und bieten Funktionalitäten, die von allen Lageverbundpartnern genutzt werden können. Dafür liegt die Zuständigkeit beim Bund. Der Bund ist auch zuständig für die Anbindung an Lagesysteme im Ausland, z. B. an das Krisenzentrum ECHO21 der EU oder an das System des Fürstentums Liechtenstein.

Abs. 3: Der Bund sorgt für das Funktionieren des Gesamtsystems, indem er einerseits die notwendigen technischen Aspekte festlegt und umsetzt, die den Anschluss der dezentralen Komponenten zu einem «System der Systeme» ermöglichen (Schnittstellen), und indem er andererseits die zentralen Komponenten betreibt und weiterentwickelt.

Abs. 4: Die dezentralen Komponenten bestehen primär aus den verschiedenen Führungssystemen sowohl auf der Ebene der Kantone als auch des Bundes. Die Zuständigkeit für die elektronischen Lagedarstellungssysteme der kantonalen Führungsorgane, der Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen und der verschiedenen Bundesstellen verbleibt bei diesen.

Abs. 5: An das nationale Lageverbundsystem sollen die Betreiberinnen von national kritischen Infrastrukturen und Dritte wie z. B. Nachbarstaaten, das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat, das ECHO, die International Atomic Energy Agency und weitere angeschlossen werden.

Abs. 6: Die Aufgaben, Zuständigkeiten und organisatorischen und technischen Aspekte und Regeln sollen auf Verordnungsstufe geregelt werden. Die technischen Aspekte und Prozesse soll das BABS regeln, damit das Funktionieren des Gesamtsystems sichergestellt ist.

Abs. 7: Der Bundesrat soll die Kompetenz erhalten, allen Nutzern Vorgaben für den Werterhalt bzw. technische Anpassungen machen zu können.

Abs. 8: Sollte dereinst dieses System durch ein anderes System abgelöst werden, soll der Bundesrat über dessen Einstellung entscheiden können. Die Kantone müssen vor einem solchen Entscheid angehört werden.

5. Kapitel: Ausbildung Art. 22 Abs. 1: Erfahrungen aus der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen wie auch die Empfehlungen aus der SVU 14 oder der SFU 17 zeigen, dass die Vernetzung der verschiedenen involvierten Stellen immer komplexer wird und viele Akteure zum Einsatz kommen,
um die Ereignisbewältigung zu gewährleisten. Aus diesem Grund sind die Zusammenarbeit und die Koordination der eingesetzten Mittel durch die Verwendung von gemeinsamen Grundlagen von zentraler Bedeutung. Die Massnahmen zur Stärkung der Ausbildungszusammenarbeit werden durch das bestehende Koordinationsorgan Ausbildung im Bevölkerungsschutz und Übungen (Koordex) 21

European Civil Protection and Humanitarian Aid Operations

553

BBl 2019

koordiniert. Es setzt sich aus den Ausbildungsverantwortlichen aller Partnerorganisationen im Bevölkerungsschutz, Vertreterinnen und Vertretern der Kantone, der Armee und der Bundeskanzlei sowie bei Bedarf aus weiteren Mitgliedern des SVS, Dritten oder weiteren Stellen wie z. B. dem Schweizerischen Polizeiinstitut oder der Vollzugsstelle Zivildienst zusammen. Die Geschäftsstelle für dieses Koordinationsorgan ist beim BABS angesiedelt. Das Koordinationsorgan klärt die gemeinsamen Bedürfnisse für Ausbildungen und Übungen ab und koordiniert deren Umsetzung.

Zu diesem Zweck ist eine Übersicht über alle wichtigen grösseren Übungen erstellt worden. Diese erlaubt eine optimale Planung, das Monitoring sowie eine optimale Nutzung der Ressourcen der involvierten Partner. Damit soll auch eine unkoordinierte zeitliche Überbelastung einzelner Übungspartner verhindert werden. Letztlich sollen dadurch auch Kosten eingespart werden.

Abs. 2: Damit im Ereignisfall die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen gewährleistet ist, stellt das BABS ein Ausbildungsangebot für die Grundausbildung und die Weiterbildung der kantonalen Führungsorgane sicher. Da keine nationale Dienstpflicht für Führungsorgane besteht, erfolgt die Ausbildung im gegenseitigen Einvernehmen. Die Ausbildung sieht mehrere Stufen in der Grundausbildung und in der Weiterbildung vor. In der Grundausbildung werden in Grundkursen die spezifischen Kenntnisse und Erfordernisse vermittelt, die für ein Führungsorgan notwendig sind. In einer ersten Weiterbildung werden die Zusammenarbeit und die Teamarbeit anhand eines vorgegebenen Szenarios geübt. Die zweite Weiterbildung besteht aus Stabsübungen anhand einer Katastrophenlage im Kanton. Die letzte Stufe beinhaltet Übungen, in denen die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Einsatzformationen und den zuständigen Führungsorganen geübt wird. Darunter fallen auch die Gesamtnotfallübungen mit den Standortkantonen von Kernkraftwerken.

Abs. 3: Der Betrieb der Komponenten für die Telekommunikationssysteme und die Systeme zur Warnung und Alarmierung der Bevölkerung sowie eines nationalen Lageverbundsystems erfordert eine entsprechende Ausbildung der Nutzerinnen und Nutzer. Darunter fallen alle technischen Ausbildungen, die zur Konfiguration, zum Betrieb und zur Überwachung der Komponenten
notwendig sind. Diese Ausbildung stellt das BABS mit zentralen Kursen für Ausbilderinnen und Ausbilder, Systemund Netzverantwortliche sowie für Nutzerinnen und Nutzer der BORS sicher. Das BABS organisiert aber keine IKT-Ausbildung im engeren Sinne.

Abs. 4: Für die Ausbildung der Führungsorgane auf den Stufen Region bzw. Gemeinde sind die Kantone verantwortlich. Der Bund kann jedoch im Rahmen seiner Möglichkeiten die Durchführung von Ausbildungen und Übungen im Zuständigkeitsbereich der Kantone mit diesen vereinbaren. Dabei stehen vor allem Ausbildungen im Vordergrund, die Lehrpersonal mit besonderen Fachkenntnissen bzw. eine aufwendige Ausbildungsinfrastruktur erfordern oder deren zentrale Durchführung auf Stufe Bund wirtschaftlicher erfolgen kann.

Abs. 5: Damit Erkenntnisse im Bereich der Katastrophen- und Nothilfe (z. B. aufgrund von veränderten Gefährdungen, Ereignisauswertungen oder neuen Konzepten) möglichst schnell in die Vorbereitungen des Bevölkerungsschutzes einfliessen, können durch das BABS weitere Ausbildungen für die dafür verantwortlichen

554

BBl 2019

Stellen angeboten werden (z. B. im ABC-Schutz). Dies kann mit Seminaren, Vorträgen, technischen Kursen oder in elektronischer Form geschehen.

Abs. 6: Bei der Komplexität der heutigen Risiken und Gefährdungen ist eine effiziente Ausbildung mit modernen Ausbildungs-, Informations- und Kommunikationstechnologien notwendig. Der Bund ist deshalb auch in Zukunft für die durch ihn durchzuführende Ausbildung auf eine zeitgemässe Ausbildungsinfrastruktur im eidgenössischen Ausbildungszentrum in Schwarzenburg angewiesen. Zudem steht das Ausbildungszentrum auch allen Partnern des Bevölkerungsschutzes und des Katastrophen- und Notlagenmanagements der Armee, der Bundesverwaltung sowie weiteren interessierten Kreisen für ihre eigenen Ausbildungsbedürfnisse zur Verfügung. Damit soll das Ausbildungszentrum optimal ausgelastet und wirtschaftlich betrieben werden.

Abs. 7: Aufgrund der Vernetzung der verschiedenen involvierten Bereiche und der vielen Akteure in der Ereignisbewältigung, die zunehmend nicht genau einer staatlichen Ebene zugeordnet werden können, ist die Regelung der Einzelheiten auf Gesetzesstufe nicht möglich. Deshalb soll der Bundesrat die Einzelheiten bezüglich der Zuständigkeiten und der Kostentragung auf Verordnungsstufe regeln. Zudem soll der Bundesrat festlegen, welche Stelle des Bundes für die Erfüllung der Aufgabe zuständig ist (Art. 43 Abs. 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199722).

6. Kapitel: Finanzierung Im Bereich der bevölkerungsschutzrelevanten Alarmierungs- und Kommunikationssysteme gelten die folgenden Finanzierungsgrundsätze und Abgrenzungsregeln.

Unter dem Begriff «Investition» werden alle Aufwände verstanden, die für den Aufbau und die Einführung eines neuen Systems notwendig sind. Darunter sind beispielsweise im Rahmen des nationalen sicheren Datenverbundsystems Investitionen für Gebäude, Kabel, Hardware, Software, Notstromaggregate, Klimaanlagen usw. zu verstehen, die Bestandteil der zentralen Komponenten sind. Diese Komponenten werden durch den Bund finanziert. Investitionen fallen einmalig an und erfordern in der Regel einen politischen Entscheid (Bundesrat, Parlament). Nach Ablauf des Lebenszyklus entstehen Werterhaltsmassnahmen mit Investitionscharakter (vgl. unten). Die Investitionen der dezentralen Komponenten finanzieren die Kantone
und Dritte, beispielsweise für Gebäudeanpassungen oder Notstromaggregate ihrer Anschlüsse. Soweit es sich um Anschlüsse oder dezentrale Komponenten von Bundesstellen handelt, werden diese durch den Bund selber finanziert. Es wird zwischen zwei verschiedenen Formen von Werterhalt der Systeme unterschieden: Unter dem «grossen» Werterhalt werden grössere Re-Investitionskosten verstanden, die ca. innert 6­8 Jahren nach der Erstinvestition bei einem System anfallen. Diese Kosten entsprechen ca. 60 Prozent der relevanten Investitionen und werden für die zentralen Komponenten durch den Bund finanziert. 60 Prozent deshalb, weil z. B.

nicht das ganze Gebäude oder die Klimaanlage nach 8 Jahren ersetzt werden muss, primär aber gewisse Hardware- und Softwarekomponenten. Die Kantone und Dritte tragen ihrerseits die «grossen» Werterhaltskosten für die dezentralen Komponenten.

22

SR 172.010

555

BBl 2019

Dies gilt auch für Bundesstellen, soweit diese über dezentrale Komponenten verfügen. Unter dem «kleinen» Werterhalt werden u. a. kleinere Software-Updates verstanden, die in kürzeren Zeitabständen folgen. Sie sind Bestandteil der jährlichen Betriebs- und Unterhaltskosten, die durch die Nutzer bezahlt werden, und machen ca. 15 Prozent von diesen aus. Unter den Betriebs- und Unterhaltskosten werden die Aufwände verstanden, die für den unterbruchfreien und gesicherten Betrieb der Systeme erforderlich sind. Dazu zählen beispielsweise die Wartung der Systeme, deren Überwachung sowie das Service- und Notfallmanagement. 15 Prozent der jährlichen Betriebs- und Unterhaltskosten werden für den «kleinen» Werterhalt eingesetzt. Diese Kosten fallen jährlich an. Die Betriebs- und Unterhaltskosten der zentralen Komponenten werden beim Polycom, beim Alarmierungssystem, beim System für die Ereigniskommunikation und beim Notfallradio durch den Bund finanziert. Die Betriebs- und Unterhaltskosten der zentralen Komponenten des nationalen sicheren Datenverbundsystems, des mobilen breitbandigen Sicherheitskommunikationssystems und des nationalen Lageverbundsystems werden durch alle angeschlossenen Nutzer anteilmässig finanziert. Der Betrieb und der Unterhalt der dezentralen Komponenten werden bei den Bundessystemen wie dem Alarmierungssystem, der Ereigniskommunikation und dem Notfallradio durch den Bund, bei den andern Systemen durch die Kantone bzw. Dritte sowie bei angeschlossenen Bundesstellen ebenfalls durch den Bund finanziert. Schliesslich ist anzumerken, dass der Bund nicht aufkommt für indirekte Zusatzkosten wie Mietkosten oder Löhne kantonaler oder kommunaler Mitarbeitender, die in Zusammenhang mit den gemeinsamen Kommunikationssystemen nach den Artikeln 18­21 anfallen.

Art. 23

Mobiles Sicherheitsfunksystem

Abs. 1­4: Die Finanzierungsregelung beim mobilen Sicherheitsfunksystem wurde detailliert im Rahmen der revidierten VWAS festgelegt, die am 1. April 2017 in Kraft getreten ist. Diese Regelung wird neu auf Gesetzesstufe abgebildet. Die Regelung auf Verordnungsstufe genügt in rechtlicher Hinsicht nicht mehr. In Bezug auf Absatz 2 Buchstabe c ist anzufügen, dass es sich um redundante Verbindungen zwischen den Teilnetzen der Kantone handelt, die nicht über das Führungsnetz Schweiz des Bundes erfolgen; für Verbindungen über das Führungsnetz Schweiz ist alleine der Bund zuständig.

Abs. 5: Allfällige Mehrkosten, die dem Bund wegen verspäteter Umsetzung von Massnahmen des Unterhalts oder Werterhalts (Werterhaltprojekt Polycom 2030) durch Kantone oder Dritte entstehen, sollen durch diese abgegolten werden. Um solche möglichst zu verhindern, ist für Ausnahmefälle eine Übergangsbestimmung vorgesehen (siehe Art. 100 Abs. 2).

Art. 24

Alarmierungssystem, Information im Ereignisfall und Notfallradio

Abs. 1: Es handelt sich wie bis anhin um Bundesaufgaben und Bundessysteme, die vollumfänglich durch den Bund finanziert werden. Eine Finanzierungsänderung ergibt sich beim Sirenenalarmierungssystem Polyalert. Die bisherige Regelung der Zuständigkeiten und Finanzierung im Sirenenbereich ist ineffizient, nicht zielführend und hat beim Bund Mehrkosten verursacht. Der Bund soll neu auch für die 556

BBl 2019

Beschaffung der Sirenen zuständig sein. Die Standort- und Installationsfragen werden selbstverständlich weiterhin zusammen mit den Kantonen gelöst. Der bisherige anteilmässige Finanzierungsbeitrag der Kantone an den Betrieb der dezentralen Komponenten im Umfang von 2 Millionen Franken jährlich entfällt. Die weiteren Aufwendungen der Kantone für Wartung, Erneuerung, Ergänzung und Standortverschiebungen im Umfang von gegen 4 Millionen Franken sollen künftig durch den Bund übernommen werden; das System wird gesamthaft zu einem Bundessystem.

Der Bund trägt jedoch keine indirekten Zusatzkosten wie Mietkosten oder Löhne kantonaler oder kommunaler Mitarbeitender.

Abs. 2: Die Betreiberinnen von Stauanlagen tragen wie bisher die Kosten für Betrieb und Unterhalt ihrer Einrichtungen selber. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten der Kostenaufteilung.

Art. 25

Nationales sicheres Datenverbundsystem, mobiles breitbandiges Sicherheitskommunikationssystem und nationales Lageverbundsystem

Absätze 1 und 2: Die Zuständigkeits- und Finanzierungsregeln werden in den einleitenden Bemerkungen zum 6. Kapitel erläutert. Es bleibt zu ergänzen, dass die jährlichen Betriebs- und Unterhaltskosten der zentralen Komponenten des nationalen sicheren Datenverbundsystems zu 30 Prozent durch die Kantone und zu 70 Prozent durch den Bund getragen werden sollen. Die Kantone werden damit berechtigt, maximal 36 Anschlüsse an dieses System zu realisieren. Die Verteil- und Finanzierungsregeln zwischen den Kantonen sind durch diese selbst festzulegen. Der Bund hat seinerseits das Recht auf maximal 84 Anschlüsse und sorgt dabei auch für die Anschlüsse der Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen oder Dritter, wie beispielsweise den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein. Deren Finanzierungsbeiträge kommen dem Bund zugute. Sofern Bund oder Kantone mehr als die erwähnte Anzahl Anschlüsse benötigen, werden deren prozentuale Beiträge an die Betriebs- und Unterhaltskosten nach den gleichen Regeln angepasst bzw. erweitert.

Bei einer Realisierung des nationalen Lageverbundsystems sollen die gleichen Zuständigkeits- und Finanzierungsregeln wie beim nationalen sicheren Datenverbundsystem zur Anwendung gelangen. Auch bei diesem System sollen die jährlichen Betriebs- und Unterhaltskosten der zentralen Komponenten zu 30 Prozent durch die Kantone und zu 70 Prozent durch den Bund (inkl. Dritte bzw. die Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen) finanziert werden. Der anteilmässige Verteilschlüssel beim mobilen breitbandigen Sicherheitskommunikationssystem bleibt noch offen, da insbesondere das Interesse der Beteiligung der Kantone an diesem System zurzeit noch sehr unterschiedlich ist und auch die Ergebnisse eines allfälligen Pilotprojekts noch fehlen. Auch eine allfällige Beteiligung der Eidgenössischen Zollverwaltung bleibt noch offen.

Abs. 3: Beim mobilen breitbandigen Sicherheitskommunikationssystem kann die Finanzierungsregelung zwischen Bund und Kantonen sowie Dritten noch nicht im Detail festgelegt werden, weil insbesondere die Beteiligung der Kantone noch nicht geklärt ist. Lediglich die grossen Kantone sehen hier zurzeit einen dringlichen Handlungsbedarf. Die Grundsätze der Zuständigkeits- und Finanzierungsregeln sollen trotzdem festgelegt werden, damit in der Schweiz nicht verschiedene, nicht 557

BBl 2019

kompatible Systeme entstehen, die (wie bei der Einführung des Polycom) dereinst nur mit einem grossen Mehraufwand zusammengeführt werden können, wenn das System einmal landesweit ausgerollt werden sollte. Um die grossen Kantone nicht zu behindern, soll ihnen ermöglicht werden, ein Pilotprojekt zu realisieren. Die Standards und weiteren Regeln sollen durch den Bund festgelegt werden. Dies gilt auch für die federführende Koordination. Im Rahmen des Pilotprojekts haben die Kantone bzw. Dritte die Realisierung der zentralen Komponenten, für die eigentlich der Bund zuständig ist, vorzufinanzieren. Bei einer Realisierung des landesweiten Systems wird der Bund diese Vorfinanzierung den am Pilotprojekt beteiligten Kantonen wieder rückvergüten. Dabei entscheidet der Bund über die Realisierung der zentralen Komponenten des Systems. Hier kommt selbstredend diese Finanzierung durch den Bund mit zum Tragen, wenn die Infrastruktur für dieses System auch national realisiert wird.

Art. 26

Ausbildung

Abs. 1: Der Bund kann die Durchführung von Ausbildungen und Übungen im Zuständigkeitsbereich der Kantone mit diesen vereinbaren. Die entsprechenden Kosten sind von den Kantonen zu übernehmen.

Abs. 2: Der Bundesrat soll die Einzelheiten der Zuständigkeiten und der Kostentragung im Bereich der Ausbildung auf Verordnungsebene regeln. Dabei gilt wie bis anhin das Prinzip der Zuständigkeitsfinanzierung.

Art. 27

Weitere Kosten

Die Buchstaben a und d beinhalten originäre Aufgaben des Bundes, die durch ihn wie bis anhin zu tragen sind (bisher in Art. 71 Abs. 1 Bst. d und e geregelt). Mit Buchstabe b wird die Finanzierung der spezialisierten Einsatzorganisationen gemäss Artikel 12 sichergestellt.

3. Titel: Zivilschutz 1. Kapitel: Aufgaben Art. 28 Bei den Aufgaben des Zivilschutzes werden auch solche aufgeführt, die bis anhin nicht speziell erwähnt wurden, künftig aber wichtige neue Zivilschutzaufgaben darstellen. So wird in Zukunft die Unterstützung des Rettungswesens und des Gesundheitswesens bei der sanitätsdienstlichen Versorgung wieder verstärkt als Aufgabe des Zivilschutzes zum Tragen kommen (Abs. 1 Bst. d). In der Aufgabenpalette des Zivilschutzes werden neu auch die präventiven Massnahmen zur Verhinderung oder Minderung von Schäden erwähnt (Abs. 2 Bst. a). Darunter sind Massnahmen zu verstehen, die das Schadensausmass bei einem Ereignis verringern sollen, so etwa präventive Massnahmen beim Hochwasserschutz, indem beispielsweise ein Flussbett von Geschiebe und Geröll freigemacht wird. Präventive Massnahmen werden im Rahmen von Wiederholungskursen durchgeführt. Auch Instandstellungsarbeiten

558

BBl 2019

und Einsätze zugunsten der Gemeinschaft (Abs. 2 Bst. b und c) sind neu als Wiederholungskurse zu leisten (siehe Art. 54).

Erfahrungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass der Zivilschutz vermehrt auch bei Grossereignissen unterhalb der Schwelle von Katastrophen zum Einsatz kommen kann (vgl. Erläuterungen zu Art. 2).

2. Kapitel: Schutzdienstpflicht 1. Abschnitt: Personenkreis, Dauer, Rekrutierung, Entlassung und Ausschluss Art. 29

Schutzdienstpflichtige Personen

Abs. 1: Die Schutzdienstpflicht gilt wie bisher für Männer mit Schweizer Bürgerrecht, die schutzdiensttauglich sind.

Abs. 2 Bst. a: Militär- oder zivildienstpflichtige Männer sind weiterhin nicht schutzdienstpflichtig.

Abs. 2 Bst. b: Bisher waren Männer, die aus der Militärdienstpflicht ausschieden, nicht schutzdienstpflichtig, wenn sie mindestens 50 Militärdiensttage geleistet hatten. Aus Gründen der Wehrgerechtigkeit soll dies geändert werden: Neu wird schutzdienstpflichtig, wer nach der Zuteilung zur Armee militärdienstuntauglich wird und die Rekrutenschule nicht absolviert hat. Gemäss Artikel 57 Absatz 2 der Verordnung vom 22. November 201723 über die Militärdienstpflicht gilt für Angehörige der Armee der Grundausbildungsdienst (Rekrutenschule) als bestanden, wenn sie bei der Entlassung aus dem Grundausbildungsdienst mindestens 80 Prozent der vollen Dauer geleistet haben und in der Qualifikation mindestens als genügend qualifiziert werden. Wer aus der Militärdienstpflicht ausscheidet und diese Voraussetzungen erfüllt, wird somit nicht schutzdienstpflichtig.

Abs. 2 Bst. c: Diese Regelung soll entsprechend auf den Zivildienst angewendet werden: Wer aus dem Zivildienst ausscheidet, wird schutzdienstpflichtig, sofern insgesamt nicht mindestens so viele Diensttage im Militärdienst und im Zivildienst geleistet wurden, wie die Rekrutenschule dauert.

Abs. 2 Bst. d: Auslandschweizer sind nicht schutzdienstpflichtig, solange sie im Ausland ihren Wohnsitz haben.

Abs. 3: Für Grenzgänger ist eine Ausnahmeregelung vorzusehen. Personen mit Wohnsitz im grenznahen Ausland sollen weiterhin bei Bedarf in einem Grenzkanton Schutzdienst leisten können.

Art. 30

Dienstbefreiung von Behördenmitgliedern

Entspricht sinngemäss der bisherigen Regelung mit der Präzisierung, dass nur ordentliche Richter der eidgenössischen Gerichte dienstbefreit sind. Im Gegensatz dazu sind nebenamtliche Richter schutzdienstpflichtig.

23

SR 512.21

559

BBl 2019

Art. 31

Erfüllung und Dauer der Schutzdienstpflicht

Abs. 1: Die Schutzdienstpflicht wird flexibler ausgestaltet und deren Dauer auf Mannschaftsstufe und für Unteroffiziere verkürzt. Die Schutzdienstpflicht beginnt frühestens mit Beginn des 19. Altersjahres (bisher mit Beginn des Jahres, in dem die Schutzdienstpflichtigen 20 Jahre alt wurden) und dauert ­ für Mannschaft und Unteroffiziere ­ spätestens bis zum Ende des Jahres, in dem sie 36 Jahre (bisher 40 Jahre) alt werden. Für höhere Unteroffiziere und Offiziere gilt eine andere Regelung (siehe Abs. 4).

Abs. 2 und 3: Insgesamt dauert die Schutzdienstpflicht 12 Jahre und beginnt in dem Jahr, in dem die Grundausbildung absolviert wird. Die Grundausbildung ist spätestens in dem Jahr, in dem die Schutzdienstpflichtigen 25 Jahre alt werden, zu absolvieren (siehe Art. 50 Abs. 1). Damit die Kantone keine Bestandesprobleme haben, können sie bei Bedarf während einer Übergangsfrist die Dienstpflichtdauer verlängern (siehe Art. 100 Abs. 3).

Abs. 4: Nach insgesamt 245 geleisteten Diensttagen (Ausbildungsdiensttage und Einsatztage) gilt die Schutzdienstpflicht ebenfalls als erfüllt. Wenn eine schutzdienstpflichtige Person noch vor Ablauf der 12-jährigen Dienstpflichtdauer total 245 Diensttage geleistet hat, wird sie aus der Schutzdienstpflicht entlassen. Dies gilt analog Absatz 1 für die Mannschaft und Unteroffiziere; für höhere Unteroffiziere und Offiziere gilt die Bestimmung gemäss Absatz 5. Mit dieser neuen Regelung findet eine Angleichung an die Armee statt, sodass es grundsätzlich möglich ist, während der Schutzdienstpflicht gleich viele Diensttage zu leisten wie Armeeangehörige. In der Praxis wird ein Schutzdienstpflichtiger auf Stufe Mannschaft unter normalen Umständen allerdings kaum das Diensttagemaximum von 245 Tagen erreichen.

Abs. 5: Damit dem Zivilschutz die nötigen Kaderleute für eine genügend lange Zeit zur Verfügung stehen sowie aus Gründen der Ausbildungseffizienz dauert die Schutzdienstpflicht für höhere Unteroffiziere und Offiziere bis zum Ende des Jahres, in dem sie 40 Jahre alt werden. Für die längere Schutzdienstdauer für höhere Unteroffiziere und Offiziere gilt das Diensttagemaximum von 245 Tagen gemäss Absatz 4 nicht.

Abs. 6: Neu soll auch im Zivilschutz die Dienstpflicht an einem Stück geleistet werden können (vgl. die Bestimmungen in Art. 32 betreffend Durchdiener). Die Dienstpflichtdauer
für Durchdiener beträgt 245 Tage.

Abs. 7: Bei einer Katastrophe oder Notlage, insbesondere bei einem lang andauernden Ereignis, muss die Einsatz- und Durchhaltefähigkeit der eingesetzten Zivilschutzformationen gewährleistet werden. Ausfälle aufgrund von Entlassungen aus der Schutzdienstpflicht während eines Einsatzes könnten die Einsatz- und Durchhaltefähigkeit gefährden. Um dies zu verhindern, verlängert sich die Schutzdienstplicht über die allenfalls bereits absolvierten 245 Diensttage bis zum Ende eines Einsatzes.

Abs. 8 Bst. a: Für die Sicherstellung des vorgesehenen gesamtschweizerischen Zivilschutzbestands von 72 000 Personen müssen pro Jahr 6000 Personen für den Zivilschutz rekrutiert werden (12 Jahre Dienstpflicht × 6000 = 72 000). Falls aufgrund von rückläufigen Rekrutierungsquoten dieser Bestand nicht gesichert werden kann, soll der Bundesrat die Schutzdienstpflichtdauer auf maximal 14 Jahre verlän560

BBl 2019

gern können. Auch in diesem Fall gilt das Diensttagemaximum von 245 Tagen für Mannschaft und Unteroffiziere gemäss Absatz 4.

Abs. 8 Bst. b: Der Bundesrat kann aus der Schutzdienstpflicht entlassene Personen bis fünf Jahre nach ihrer Entlassung erneut der Schutzdienstpflicht unterstellen. Dies ermöglicht, etwa mit Blick auf einen bewaffneten Konflikt, den gesamtschweizerischen Zivilschutzbestand im Bedarfsfall um rund 30 000 Schutzdienstpflichtige zu erhöhen bzw. zu verstärken.

Abs. 9: Es ist denkbar, dass bei einer lang andauernden Katastrophe oder Notlage resp. bei einem Einsatz über mehrere Monate hinweg so viele Diensttage geleistet werden, dass die eingesetzten Schutzdienstpflichtigen das Diensttagemaximum von 245 Tagen schneller bzw. vorzeitig erreichen. Dies hat unter Umständen eine massive Reduktion der Zivilschutzbestände (Mannschaft und Kader) oder im Extremfall sogar einen Ausfall des Zivilschutzes zur Folge. Für einen solchen Fall soll dem Bundesrat die Möglichkeit eingeräumt werden, die Schutzdienstpflicht auf Ersuchen des betroffenen Kantons zu verlängern.

Art. 32

Durchdiener

Abs. 1: Für spezialisierte Aufgaben des Zivilschutzes sollen die Kantone und das BABS (vgl. Art. 36 Abs. 4) neu die Möglichkeit erhalten, bei Bedarf sogenannte Durchdiener einzusetzen. Diese Schutzdienstpflichtigen, vorzugsweise mit einer Einteilung in einem kantonalen oder interkantonalen Zivilschutzstützpunkt, leisten ihren Dienst an einem Stück. Der Dienst als Durchdiener kann sowohl von Mannschaftsangehörigen als auch von Unteroffizieren, höheren Unteroffizieren und Offizieren geleistet werden. Die Dienstdauer beträgt für alle 245 Tage. Wochenenden, Feiertage und Urlaubstage werden als Diensttage angerechnet. Es besteht jedoch kein Anspruch für einen Schutzdienstpflichtigen, seine Dienstpflicht als Durchdiener zu leisten.

Abs. 2: Die Grundausbildung ist Bestandteil der als Durchdiener zu leistenden 245 Diensttage. Die restlichen Diensttage müssen unmittelbar im Anschluss an die Grundausbildung geleistet werden.

Abs. 3: Die Einzelheiten in Bezug auf die Durchdiener sollen vom Bundesrat geregelt werden, insbesondere deren Aufgaben. Dabei soll festgelegt werden, dass Durchdiener nur in folgenden Bereichen Dienst leisten bzw. eingesetzt werden dürfen: Grund-, Zusatz- und Kaderausbildung, Weiterbildung, Wiederholungskurse, Einsätze bei Grossereignissen, Katastrophen und Notlagen, Unterstützung von Ausbildungsdiensten sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von Übungen, periodischen Schutzraum- und Anlagekontrollen, ausbildungsbezogenen Praktika bei Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes und im Rahmen des Kulturgüterschutzes bei kulturellen Institutionen. Sie dürfen nicht eingesetzt werden für Tätigkeiten in der Verwaltung, die durch professionelles Verwaltungspersonal wahrgenommen werden. Dazu gehören insbesondere administrative Aufgaben, Personal- und Materialbewirtschaftung oder Hausdienst.

561

BBl 2019

Art. 33

Erweiterte Schutzdienstpflicht für den Fall bewaffneter Konflikte

Der Bundesrat kann wie bisher im Fall eines bewaffneten Konflikts Männer, die nicht mehr militär- oder zivildienstpflichtig sind, der Schutzdienstpflicht unterstellen. Dabei handelt es sich zum einen um Männer, die vorzeitig aus der Militär- oder Zivildienstpflicht entlassen worden sind und gemäss Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe b und c nicht mehr schutzdienstpflichtig sind, zum anderen um Männer, die ihre Militär- oder Zivildienstpflicht mit Erreichen der ordentlichen Altersgrenze erfüllt haben. Die erweiterte Schutzdienstpflicht gilt nicht für Männer und Frauen, die freiwillig Schutzdienst leisten oder geleistet haben.

Art. 34

Freiwilliger Schutzdienst

Abs. 1: Entspricht der bisherigen Regelung, wonach folgende Personen freiwillig Schutzdienst leisten können: Aus der Schutzdienstpflicht entlassene Männer, nicht mehr militär- oder zivildienstpflichtige Männer, Frauen mit Schweizer Bürgerrecht sowie in der Schweiz niedergelassene Ausländer und Ausländerinnen. Neu kann freiwilliger Schutzdienst bereits ab Beginn des 19. Altersjahres geleistet werden.

Abs. 2: Die Kantone entscheiden aufgrund ihres Bedarfs wie bis anhin über die Aufnahme von Freiwilligen. Deshalb besteht kein Anspruch darauf, freiwillig Schutzdienst leisten zu können.

Abs. 3: Freiwillig Schutzdienstleistende haben die gleichen Rechte und Pflichten wie Schutzdienstpflichtige.

Abs. 4: Mit Blick auf die Ausbildungsrendite sollen Freiwillige mindestens drei Jahre Schutzdienst leisten, können aber in begründeten Fällen schon früher entlassen werden.

Abs. 5: Da es nicht angebracht wäre, Altersrentenbezügern und -bezügerinnen zusätzlich zur Altersrente eine Erwerbsausfallentschädigung auszurichten, da diese Personen gar keinen Erwerbsausfall erleiden (vgl. Botschaft vom 27. Februar 201324 zur Änderung des BZG, Erläuterungen zu Art. 15), wird neu nicht mehr auf das vollendete 65. Altersjahr, sondern auf den Zeitpunkt des Bezugs einer Altersrente abgestellt.

Art. 35

Rekrutierung

Abs. 1: Die Rekrutierung für den Zivilschutz erfolgt weiterhin gemeinsam mit der Rekrutierung für die Armee.

Abs. 2 Bst. a: Nach Artikel 21 Absatz 1 des Militärgesetzes vom 3. Februar 199525 (MG) werden Stellungspflichtige nicht rekrutiert, wenn sie für die Armee infolge eines Strafurteils wegen eines Verbrechens oder Vergehens oder infolge eines Strafurteils, das eine freiheitsentziehende Massnahme anordnet, untragbar geworden sind.

In diesen Fällen ist eine Rekrutierung für den Zivilschutz auch nicht sinnvoll. Artikel 21 MG wurde in erster Linie für schwere Gewalttäter konzipiert; wer aus den in Artikel 21 Absatz 1 MG genannten Gründen für die Armee untragbar wird, ist auch 24 25

562

BBl 2013 2105, hier 2124 SR 510.10

BBl 2019

für den Zivilschutz untragbar. Diese bereits bestehende Regelung soll beibehalten werden.

Abs. 2 Bst. b: Wie bisher werden Stellungspflichtige, die Auffälligkeiten zeigen, die auf ein Gewaltpotenzial schliessen lassen und deshalb den Anforderungen des Militärdienstes nicht genügen, auch für den Zivilschutz nicht rekrutiert. Liegen derartige psychische Probleme vor, so können diese nicht nur in der Armee, sondern genauso im Zivilschutz zum Ausdruck kommen.

Art. 36

Einteilung der Schutzdienstpflichtigen

Absätze 1 und 2: Die Schutzdienstpflichtigen stehen nach wie vor grundsätzlich ihrem Wohnsitzkanton zur Verfügung. Die Einteilung eines Schutzdienstpflichtigen ausserhalb seines Wohnsitzkantons soll weiterhin möglich sein. Beabsichtigt ist, dass von der interkantonalen Einteilung häufiger Gebrauch gemacht wird, um die Über- und Unterbestände in den Kantonen künftig besser auszugleichen. Die interkantonale Einteilung kann bereits bei der Rekrutierung erfolgen.

Abs. 3: Es macht keinen Sinn, Schutzdienstpflichtige, die ins Ausland ziehen, weiterhin aufzubieten. Diese werden beim Wegzug im Personalpool (Art. 37) erfasst.

Sie können bei einer Rückkehr in die Schweiz bei Bedarf wieder eingeteilt werden, sofern sie noch schutzdienstpflichtig sind.

Abs. 4: Für spezifische Aufgaben, die im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen, sollen dem Bund Schutzdienstpflichtige zur Verfügung gestellt werden können. Es handelt sich dabei um Personen mit speziellem Fachwissen oder passender Ausbildung vorwiegend für Aufgaben im Bereich des ABC-Schutzes und der Führungsunterstützung. Der Bedarf an Schutzdienstpflichtigen ist ausgewiesen und wird von den Kantonen anerkannt, zumal diese Leistungen des Bundes vorrangig den Kantonen zugutekommen. Benötigt werden rund 250 Personen, die über eine den Bedürfnissen entsprechende Ausbildung verfügen (z. B. in den Bereichen Logistik, Physik, Chemie, Naturwissenschaften, Biologie oder Informatik). Die Einzelheiten (Rekrutierungsverfahren, Einteilung, Ausbildung, Aufgebot, Einsatz) sollen vom Bundesrat geregelt werden. Sie werden zurzeit in einem gemeinsamen Projekt von Bund und Kantonen abgeklärt. Der Bedarf der Kantone an Schutzdienstpflichtigen soll dadurch nicht konkurrenziert werden.

Art. 37

Personalpool

Abs. 1: Die Personalreserve in der bisherigen Form, die je nach Kanton hohe, zum Teil nicht ausgebildete Bestände auswies, wird abgeschafft. Ermöglicht wird dies durch die Reduktion der Dienstpflichtdauer. Nicht eingeteilte Schutzdienstpflichtige sollen neu in einem interkantonalen Pool im Personalinformationssystem der Armee und des Zivilschutzes (PISA) erfasst werden. Um unnötige Ausbildungskosten zu vermeiden, müssen Schutzdienstpflichtige, die direkt nach der Rekrutierung im Personalpool erfasst werden, nicht ausgebildet werden. Mit dem Personalpool sollen Unter- und Überbestände zwischen den Kantonen besser ausgeglichen werden.

Schutzdienstpflichtige, die ins Ausland ziehen, werden ebenfalls im Personalpool erfasst (vgl. Art. 36 Abs. 3).

563

BBl 2019

Abs. 2: Je nach Bedarf kann ein Kanton Schutzdienstpflichtige aus dem interkantonalen Personalpool entnehmen, in eine Zivilschutzorganisation einteilen und ausbilden lassen. Dies hat jeweils in Absprache mit dem Wohnsitzkanton zu erfolgen, da letztlich dieser über die Einteilung «seiner» Schutzdienstpflichtigen entscheidet (vgl.

Art. 36 Abs. 2). Auch dem Bund können Schutzdienstpflichtige aus dem Personalpool zur Erfüllung seiner Aufgaben gemäss Artikel 36 Absatz 4 zur Verfügung gestellt werden.

Abs. 3: Die im Personalpool eingeteilten Schutzdienstpflichtigen haben keinen Anspruch darauf, eingeteilt zu werden bzw. Schutzdienst zu leisten.

Art. 38

Vorzeitige Entlassung

Wie bisher können auf Gesuch hin hauptberufliche oder für den Einsatz bei Katastrophen und Notlagen unentbehrliche Angehörige von Partnerorganisation des Bevölkerungsschutzes (inkl. von Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen) von den Kantonen vorzeitig entlassen werden. Absatz 2 enthält im Vergleich zu den bisherigen Bestimmungen eine klarere Rechtsetzungsdelegation an den Bundesrat.

Art. 39

Ausschluss

Es gilt die bisherige Regelung, wonach Schutzdienstpflichtige, die zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mindestens 30 Tagessätzen verurteilt werden, vom Schutzdienst ausgeschlossen werden können.

2. Abschnitt: Rechte und Pflichten der Schutzdienstpflichtigen Art. 40

Sold, Verpflegung, Transport und Unterkunft

Abs. 1: Die Schutzdienstpflichtigen haben Anrecht auf Sold, unentgeltliche Verpflegung, unentgeltlichen Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie eine unentgeltliche Unterkunft, sofern sie nicht zu Hause übernachten können.

Absatz 2 enthält im Vergleich zu den bisherigen Bestimmungen eine klarere Rechtsetzungsdelegation an den Bundesrat. Neu soll das Aufgebot als Fahrberechtigung (Billet) für die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gelten können.

Art. 41

Erwerbsausfallentschädigung

Im Sinne der Vollständigkeit und Transparenz wird der Anspruch der Schutzdienstleistenden auf Erwerbsausfallentschädigung mit Verweis auf das entsprechende Gesetz weiterhin im BZG festgehalten.

Art. 42

Wehrpflichtersatzabgabe

Neu sollen sämtliche im Rahmen der Schutzdienstpflicht geleisteten und besoldeten Diensttage an die Wehrpflichtersatzabgabe angerechnet werden. Mit der Umsetzung der von Bundesrat und Parlament gutgeheissenen Motion von Nationalrat Walter Müller (Motion 14.3590 «Anspruch auf Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe für Angehörige des Zivilschutzes für die gesamte Dienstleistungszeit») soll dieser 564

BBl 2019

Grundsatz nun künftig konsequent angewendet werden. So sollen die Schutzdienstpflichtigen, falls sie mehr als 25 Diensttage in einem Jahr geleistet haben, die zusätzlich geleisteten Diensttage auf das Folgejahr zur Anrechnung an die Wehrpflichtersatzabgabe übertragen können. Für die von höheren Unteroffizieren und Offizieren zusätzlich bis zum Ende des Jahres, in dem sie 40 Jahre alt werden, geleisteten Schutzdiensttage soll eine anteilmässige Rückerstattung der bezahlten Wehrpflichtersatzabgabe am Ende der Schutzdienstpflicht erfolgen.

Geprüft werden soll auch die Ermässigung pro geleisteten Diensttag (245 Diensttage total / 12 Dienstjahre = 20,4). Sie soll von 4 auf 5 Prozent erhöht werden, damit bei 20 geleisteten Diensttagen pro Jahr keine Wehrpflichtersatzabgabe mehr anfällt.

Die von freiwilligen Personen nach Artikel 34 geleisteten Schutzdiensttage werden wie bis anhin bei der Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe nicht berücksichtigt.

Art. 43

Versicherung

Abs. 1: Im Sinne der Vollständigkeit und Transparenz wird der Versicherungsschutz der Schutzdienstpflichtigen durch die Militärversicherung mit Verweis auf das entsprechende Gesetz weiterhin im BZG festgehalten.

Abs. 2: Damit das BABS Bestimmungen zur Verhütung von Unfällen und Gesundheitsschädigungen im Zivilschutz erlassen kann, ist eine entsprechende Rechtsetzungsdelegation erforderlich.

Art. 44

Maximaldauer der Schutzdienstleistungen

Mit der Teilrevision des BZG im 2012 wurde für Schutzdienstleistungen eine Obergrenze von 40 Tagen pro Jahr festgelegt, um Missbräuche bei der Inanspruchnahme der Erwerbsersatzordnung zu verhindern. Diese Begrenzung soll auf 66 Tage erhöht werden, damit ein Schutzdienstpflichtiger im gleichen Jahr die Grundausbildung und eine verlängerte Zusatzausbildung, beispielsweise im Sanitätsbereich, absolvieren kann (vgl. Art. 51 Abs. 2). Wie bisher sind Einsätze bei Katastrophen und in Notlagen sowie im Falle bewaffneter Konflikte von der Obergrenze ausgenommen. Für Durchdiener (Art. 32) gilt die Obergrenze von 66 Tagen selbstverständlich nicht.

Art. 45

Pflichten

Abs. 1­3: Wie bisher wird geregelt, dass die Schutzdienstpflichtigen verpflichtet sind, dienstlichen Anordnungen (z. B. Aufgebot oder Aufträge bei Dienstleistungen) Folge zu leisten sowie Kaderfunktionen mit den entsprechenden Dienstleistungen zu übernehmen. Kaderangehörige sind zudem verpflichtet, ausserdienstliche Leistungen, wie etwa die Vorbereitung von Ausbildungsdiensten und Einsätzen des Zivilschutzes, zu übernehmen.

Abs. 4: Bisher fehlte eine Regelung zur Meldepflicht der Schutzdienstpflichtigen.

Daher wird neu festgehalten, dass die Schutzdienstpflichtigen meldepflichtig sind.

Abs. 5: Auch die Verwendung der persönlichen Ausrüstung war bisher nicht geregelt. Neu wird festgelegt, dass die persönliche Ausrüstung (Uniform) nur für Schutzdienstleistungen verwendet werden darf.

565

BBl 2019

3. Abschnitt: Aufgebot und Kontrollaufgaben Art. 46

Aufgebot zur Ausbildung

Abs. 1: Wie bisher erfolgt das administrative Aufgebot der Schutzdienstpflichtigen für die Aus- und Weiterbildungsdienste sowie für die Wiederholungskurse durch die Kantone. Bei nationalen Einsätzen zugunsten der Gemeinschaft bewilligt der Bund die Gesuche und verfügt die Einsätze.

Abs. 2: Die Aufgebote für Aus- und Weiterbildungsdienste im Zuständigkeitsbereich des BABS (Art. 55 Abs. 2­4) regelt das BABS.

Abs. 3: Das Aufgebot ist wie bis anhin den Schutzdienstpflichtigen mindestens sechs Wochen vor Dienstbeginn zuzustellen. Diese Frist soll es den Schutzdienstpflichtigen ermöglichen, die Dienstleistung rechtzeitig zu planen (Ferien, Absprache mit Arbeitgeber).

Abs. 4: Gesuche um Verschiebung der Dienstleistung sind wie bisher an die aufbietende Stelle zu richten, die über das Gesuch entscheidet.

Art. 47

Aufgebot zu Einsätzen bei Grossereignissen, Katastrophen, Notlagen und bewaffneten Konflikten

Abs. 1: Der Bundesrat soll die Möglichkeit haben, bei schwerwiegenden, grossflächigen Katastrophen und Notlagen (in der Schweiz oder im grenznahen Ausland) Schutzdienstpflichtige aufzubieten, beispielsweise aus Kantonen, die vom Ereignis nicht betroffen sind, damit diese als Unterstützung in den betroffenen Kantonen eingesetzt werden können. Dies gilt auch für den Fall bewaffneter Konflikte, für deren Bewältigung der Bund zuständig ist. Dabei werden die Kosten für den Einsatz des Zivilschutzes vom Bund übernommen (pauschaliert pro Einsatztag und Schutzdienstpflichtigen).

Abs. 2: Die Kantone können wie bisher Schutzdienstpflichtige aufbieten bei Grossereignissen, Katastrophen und in Notlagen, die den eigenen Kanton betreffen, zur Unterstützung von anderen betroffenen Kantonen sowie im grenznahen Ausland.

Abs. 3: Die Kantone regeln weiterhin das Verfahren des Aufgebots der Schutzdienstpflichtigen (via Pager, Mobiltelefone usw.).

Abs. 4: Analog regelt das BABS das Verfahren des Aufgebots für Schutzdienstpflichtige für Bundesaufgaben gemäss Artikel 36 Absatz 4.

Art. 48

Kontrollaufgaben

Abs. 1: Die Kantone sind wie bis anhin für die Zivilschutzkontrollführung verantwortlich. Seit dem 1. Januar 2017 hat die Zivilschutzkontrollführung der Kantone mit dem Personalinformationssystem der Armee und des Zivilschutzes (PISA) zu erfolgen.

Abs. 2: Wie bisher kontrolliert das BABS die Einhaltung der zeitlichen Obergrenzen sowie die Einsätze zugunsten der Gemeinschaft in Bezug auf den Zweck und die Aufgaben des Zivilschutzes. Obwohl Einsätze zugunsten der Gemeinschaft neu im Rahmen von Wiederholungskursen zu leisten sind (vgl. Art. 54), muss die mit der 566

BBl 2019

letzten BZG-Revision eingeführte Bundesaufsicht zur Verhinderung von missbräuchlichen Zivilschutzeinsätzen (vgl. Botschaft zur Änderung des BZG vom 27. Februar 201326) aufrecht erhalten werden.

Abs. 3: Das BABS hat weiterhin die Möglichkeit, bei Nichteinhaltung der zeitlichen Obergrenzen ein Aufgebot der entsprechenden Schutzdienstpflichtigen zu verhindern und eine Meldung an die Zentrale Ausgleichsstelle zu machen.

Abs. 4: Für die Zivilschutzkontrollführung der Schutzdienstpflichtigen, die Bundesaufgaben nach Artikel 36 Absatz 4 erfüllen, sorgt das BABS.

Abs. 5: Die Zivilschutzkontrollführung ist wie bisher Sache der Kantone; diese muss jedoch im PISA durchgeführt werden (Abs. 1). Um eine landesweit einheitliche Zivilschutzkontrollführung sicherzustellen, muss die PISA-Benutzung seitens des Bundes als Betreiber des PISA geregelt werden. Daher soll der Bundesrat festlegen, was die Zivilschutzkontrollführung genau umfasst, sowie Regelungen administrativer und technischer Art für die PISA-Benutzer erlassen können. Eine rechtliche Grundlage für die Regelung der PISA-Benutzung fehlte bisher.

Abs. 6: Die Einzelheiten des Kontrollverfahrens gemäss Absatz 2 werden ebenfalls durch den Bundesrat auf Verordnungsstufe geregelt.

3. Kapitel: Ausbildung Art. 49

Zuständigkeit der Kantone

Neu wird einleitend zum Ausbildungskapitel explizit festgehalten, dass die Kantone für die Ausbildung zuständig sind, soweit nicht der Bund dafür verantwortlich ist.

Art. 50

Grundausbildung

Abs. 1: Die Grundausbildung befähigt die Schutzdienstpflichtigen, ihre Aufgaben auf der Stufe Mannschaft auszuführen. Die Ausbildungsinhalte orientieren sich an der Fähigkeit des Zivilschutzes zur Bewältigung von Grossereignissen, Katastrophen und Notlagen. Die Erfordernisse, die in einem bewaffneten Konflikt zu erfüllen sind, werden lagegerecht durch erweiterte Ausbildungen sichergestellt. Der Zeitpunkt für die Absolvierung wird dem neuen Dienstleistungssystem angepasst. Schutzdienstpflichtige absolvieren die Grundausbildung frühestens ab Beginn des 19. Altersjahres, spätestens jedoch bis zum Ende des Jahres, in dem sie 25 Jahre alt werden.

Abs. 2: Die Grundausbildung hat sich im bisherigen Umfang bewährt. Sie dauert deshalb weiterhin 10­19 Tage. Die allgemeinen Inhalte sollen jedoch zugunsten der einsatzbezogenen fachtechnischen Ausbildung reduziert werden. Auf die Teilung in eine allgemeine Grundausbildung und eine funktionsbezogene Grundausbildung wird deshalb künftig verzichtet. Dies gibt den Kantonen zudem eine grössere Flexibilität bei der Organisation der Grundausbildung. Die Ausbildung erfolgt fachbezogen, getrennt nach den Grundfunktionen. Wird die Grundausbildung ohne Unterbruch geleistet, werden die Wochenenden (Samstag, Sonntag) an die Dauer der

26

BBl 2013 2105, hier 2114­2116

567

BBl 2019

Grundausbildung und damit auch an die Gesamtdienstdauer von 245 Tagen angerechnet.

Abs. 3: Nach einer notwendigen Umteilung soll die Grundausbildung neu ein weiteres Mal im entsprechenden Fachgebiet absolviert werden können. Anders als für die Zuteilung zu einer Grundfunktion im Rahmen der Rekrutierung ­ hierfür ist der Bund zuständig ­ kann der Kanton über eine Umteilung entscheiden. Zudem kann der Kanton, je nach Ausbildungsstand des Schutzdienstpflichtigen, eine abgekürzte neue Grundausbildung vorsehen.

Abs. 4: Gemäss Absatz 1 ist die Grundausbildung spätestens bis zum Ende des Jahres, in dem ein Schutzdienstpflichtiger 25 Jahre alt wird, zu absolvieren. Personen, die im Personalpool ohne Grundausbildung eingeteilt sind, sollen jedoch im Bedarfsfall ausgebildet werden können, auch wenn sie schon über 25 Jahre alt sind.

Deshalb können solche Personen noch bis zum Ende des Jahres, in dem sie 30 Jahre alt werden, zur Grundausbildung aufgeboten werden.

Abs. 5: Das Gleiche gilt für eingebürgerte Personen, die älter als 24 Jahre alt sind.

Auch diese sollen noch bis zum Ende des Jahres, in dem sie 30 Jahre alt werden, zur Grundausbildung aufgeboten werden können. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass Personen mit ihrer Einbürgerung so lange zuwarten, damit sie weder Militär- noch Schutzdienst leisten müssen.

Abs. 6: Wie bisher müssen Personen, die freiwillig Schutzdienst leisten und bereits über eine Ausbildung verfügen, die der Grundausbildung gleichkommt, diese nicht (oder nur teilweise) absolvieren. Als gleichwertige Ausbildung gelten insbesondere militärische Ausbildungen (Rekrutenschule, Ausbildung zum Unteroffizier und Offizier) und zivile Ausbildungen, etwa bei den Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes (z. B. Feuerwehrgrundausbildung) oder im Bereich psychologische Nothilfe (z. B. Psychologen, Seelsorger). Der Entscheid über die Anerkennung einer gleichwertigen Ausbildung liegt bei den Kantonen.

Art. 51

Zusatzausbildung

Abs. 1: Die Zusatzausbildung dient einerseits zur Ausbildung von Spezialisten (z. B.

Sanitätsspezialist). Andererseits erweitert sie die Kompetenzen von Funktionsträgern für Zusatzaufgaben ohne nachfolgende Funktionsänderung (z. B. Forstarbeiten). Die Zusatzausbildung erfolgt nach der Grundausbildung. Sie soll deshalb neu in einem separaten Artikel geregelt werden. Die Spezialaufgaben im Zivilschutz sind vielfältiger geworden; die dazu benötigte Ausbildung muss dementsprechend individuell gestaltet werden können. Darum wird auf die Festlegung einer minimalen Dauer weiterhin verzichtet. Auf der anderen Seite wurden die Anforderungen an die Ausbildung für Spezialaufgaben erhöht. Zertifizierte Ausbildungen dauern zum Teil länger als die heute maximal möglichen 5 Tage. Die minimale Ausbildungsdauer z. B. für Holzerntearbeiten im Wald dauert 10 Tage (Art. 34 der Waldverordnung vom 30. November 199227). Die maximale Dauer soll aufgrund der länger dauernden Zertifikatsausbildungen auf 19 Tage je Zusatzausbildung erhöht werden.

27

568

SR 921.01

BBl 2019

Abs. 2: Dem Bundesrat soll die Möglichkeit eingeräumt werden, die Dauer einer Zusatzausbildung auf 54 Tage verlängern zu können, wenn sich zeigt, dass aufgrund der Erfahrungen die Dauer der Zusatzausbildung von 19 Tagen nicht genügt. Dies könnte bei der Zusatzausbildung für Sanitätsspezialisten zum Pflegehelfer der Fall sein. Wenn eine achtwöchige Pflegehelferausbildung an einem Stück absolviert wird, müssen die Wochenenden, die zwischen zwei Ausbildungen liegen, jeweils auch besoldet werden. Somit werden für diese Zusatzausbildung 54 Tage benötigt (40 Wochentage plus 14 Wochenendtage).

Art. 52

Kaderausbildung

Abs. 1 und 2: Die heutige Dauer der Ausbildung im Zivilschutz reicht für die Bewältigung der Anforderungen an die Kader nicht aus. Pro Kaderstufe soll neu eine modular auf die Aufgabe ausgerichtete Kaderausbildung, ergänzt durch einen praktischen Dienst, absolviert werden. Dementsprechend verlängert sich die Ausbildung.

Pro Kaderstufe sind Ausbildungsgänge mit unterschiedlicher Dauer und unterschiedlichen Zuständigkeiten (Bund und Kantone) vorgesehen. Darum sollen im Gesetz nur die Grundsätze und die maximale Dauer von 19 Tagen festgelegt werden.

Abs. 3: Die Details zu den Ausbildungsgängen sollen analog der Armee (Art. 55 MG) auf Verordnungsstufe geregelt werden.

Art. 53

Weiterbildung

Die Kader und Spezialisten des Zivilschutzes sollen weiterhin periodisch zu Weiterbildungen von maximal 5 Tagen pro Jahr aufgeboten werden können. Damit wird sichergestellt, dass Neuerungen rasch umgesetzt werden und die Kader ihre anspruchsvolle Aufgabe jederzeit wahrnehmen können. Die Weiterbildung erfolgt durch die Stellen auf Stufe Bund und Kanton, die auch die entsprechende Funktionsträgerausbildung durchführen.

Art. 54

Wiederholungskurse

Abs. 1: Aufgrund der Ausweitung der Wiederholungskurse auf präventive Massnahmen, Instandstellungsarbeiten und Einsätze zugunsten der Gemeinschaft, zur Vermeidung von Wissensverlust und damit vor allem auch die Kader die nötige Führungspraxis erlangen können, soll die minimale Dauer eines Wiederholungskurses von heute 2 auf 3 Tage erhöht werden. Die maximale Dauer von 21 Tagen für alle Schutzdienstpflichtigen ermöglicht es, dem breiten Einsatzspektrum des Zivilschutzes gerecht zu werden und in den 12 Dienstjahren grundsätzlich gleich viele Tage wie ein Armeeangehöriger (245 Tage) zu leisten.

Abs. 2: Wiederholungskurse müssen dem Zweck und den Aufgaben des Zivilschutzes entsprechen und dienen insbesondere dem Erreichen und Erhalten der Einsatzbereitschaft des Zivilschutzes. Dies ist unabdingbar, da der Zivilschutz bei Katastrophen und Notlagen aus dem Stand einsatzbereit sein muss.

Abs. 3: Mit der Integration von Einsätzen zugunsten der Gemeinschaft in die Wiederholungskurse können die Zivilschutzformationen vermehrt gemeinsam trainieren und die Kader die nötigen Führungserfahrungen sammeln. Die bisher vorhandenen 569

BBl 2019

Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen verschiedenen Dienstleistungen, die fehlende Flexibilität und die aufwendigen administrativen Verfahren werden durch diese Integration beseitigt.

Abs. 4: In Wiederholungskursen soll es beispielsweise im Rahmen von zwischenstaatlichen Abkommen möglich sein, grenzüberschreitende Einsatzübungen durchzuführen.

Abs. 5: Für das Aufgebot für Einsätze zugunsten der Gemeinschaft sollen weiterhin verbindliche Normen auf Verordnungsstufe erlassen werden (z. B. Verhinderung von Dienstleistungen beim eigenen Arbeitgeber, Verpflichtung zur Überweisung eines Gewinnanteils an den Ausgleichsfonds der Erwerbsersatzordnung, Konkurrenzierung der Privatwirtschaft). Sie müssen zudem für Einsätze auf nationaler Ebene vom Bund (BABS) und für Einsätze auf kantonaler Ebene vom zuständigen Kanton bewilligt werden.

Art. 55

Zuständigkeiten und Vorgaben des BABS

Abs. 1: Der Bund soll weiterhin in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Grundlagen für eine einheitliche Ausbildung schaffen. Damit wird die Interoperabilität («unité de doctrine») im Zivilschutz sichergestellt und der notwendige Erarbeitungsaufwand gesamtschweizerisch reduziert.

Abs. 2: Das BABS soll neu die zentrale Führungsausbildung der Offiziere übernehmen. Damit ist eine landesweit einheitliche Führungsdoktrin gewährleistet (Bst. a).

Zudem stellt der Bund wie bis anhin die fachliche Ausbildung von ausgewählten Kadern und Spezialisten sicher (Bst. b). Zu diesen gehören insbesondere die Chefs der Fachbereiche (Führungsgehilfen) und Kader oder Spezialisten des ABCSchutzes und des Kulturgüterschutzes. Für diese Bereiche liegt die Verantwortung schwergewichtig beim Bund. Auf diese Weise leistet der Bund seinen Beitrag an die Intensivierung der Kaderausbildung und an die Bereitschaft des Zivilschutzes im Hinblick auf die Bewältigung von Ereignissen in der Zuständigkeit des Bundes. In den Kantonen werden anschliessend die in den zentralen Kursen erworbenen Fähigkeiten vertieft und das notwendige Fachwissen ergänzt. Werden Schutzdienstpflichtige zur Erfüllung spezieller Aufgaben des Bundes gemäss Artikel 36 Absatz 4 eingesetzt, soll der Bund die dazu notwendige Ausbildung sicherstellen (Bst. c). Das BABS kann mit bestimmten Kantonen Vereinbarungen abschliessen, damit diese gewisse Ausbildungen vornehmen, beispielsweise die Grundausbildung.

Abs. 3: Das BABS kann im Rahmen seiner Möglichkeiten und auf Ersuchen der Kantone Aus- und Weiterbildungen durchführen, die an und für sich in deren Zuständigkeitsbereich liegen. Gemäss der Zuständigkeitsfinanzierung haben die Kantone die entsprechenden Kosten zu übernehmen (Art. 93 Bst. b).

Abs. 4: Mit einer verstärkten Zusammenarbeit unter den Partnerorganisationen sollen vermehrt Gemeinsamkeiten genutzt werden. Aus diesem Grund soll den Angehörigen von Partnerorganisationen und Dritten (z. B. dem Schweizerischen Roten Kreuz) die Teilnahme an Ausbildungen des Bundes ermöglicht werden.

Abs. 5: Im Sinne einer einheitlichen Ausbildung legt das BABS in Zusammenarbeit mit den Kantonen die inhaltlichen Schwerpunkte der einzelnen Ausbildungsgänge 570

BBl 2019

fest. Zudem sollen die Voraussetzungen für eine verkürzte Ausbildung von Schutzdienstpflichtigen, die bereits über fundierte Kenntnisse verfügen (z. B. aus der Feuerwehr), geregelt werden.

Art. 56

Ausbildung von Lehrpersonal

Die zentrale Instruktorenausbildung durch das BABS hat sich grundsätzlich bewährt. Seit der Gründung der Zivilschutz-Instruktorenschule des Bundes im Jahre 1995 hat sich jedoch das Berufsbild des Instruktors und der Instruktorin sowie die Bildungslandschaft verändert. In den letzten Jahren wurde die Überprüfung und Anpassung der Lehrpersonalausbildung eingeleitet. Das Ziel ist, die Ausbildung an das neue Anforderungsprofil der Instruktoren und Instruktorinnen sowie an die veränderte Schweizer Bildungslandschaft anzupassen. Neu absolvieren angehende Zivilschutzinstruktoren und -instruktorinnen einen modular aufgebauten Bildungsgang zum Zivilschutzinstruktor oder zur Zivilschutzinstruktorin mit eidgenössischem Fachausweis. Damit ist der Abschluss mit anderen vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation anerkannten Abschlüssen vergleichbar. Einzelne Ausbildungsmodule sollen auch weiterhin dem Lehrpersonal der anderen Partnerorganisationen offenstehen.

Abs. 1 und 2: Neu wird explizit festgehalten, dass das BABS die Ausbildung des Lehrpersonals sicherstellt und dem Lehrpersonal der Partnerorganisationen die Teilnahme an seinem Ausbildungsangebot ermöglicht.

Absatz 3 enthält im Vergleich zu den bisherigen Bestimmungen eine klarere Rechtsetzungsdelegation an das BABS zur Regelung der Ausbildung des Lehrpersonals und der Teilnahme des Lehrpersonals der Partnerorganisationen an Ausbildungsdiensten des Zivilschutzes.

Art. 57

Ausbildungsinfrastruktur

Abs. 1: Bei der Komplexität der heutigen Risiken und Gefährdungen ist eine effiziente Ausbildung mit modernen Ausbildungs-, Informations- und Kommunikationstechnologien notwendig. Der Bund ist deshalb auch in Zukunft für die durch ihn durchzuführende Ausbildung auf eine zeitgemässe Ausbildungsinfrastruktur im Eidgenössischen Ausbildungszentrum in Schwarzenburg angewiesen. Diese Ausbildungsinfrastruktur soll wie bis anhin auch durch andere Partnerorganisationen des Bevölkerungsschutzes, die Armee oder die Bundesverwaltung und weitere Stellen für ihre Ausbildungsbedürfnisse genutzt werden können; dies im Sinne einer optimalen Auslastung dieser Infrastruktur.

Abs. 2: Die Kantone haben die Aufhebung von Zivilschutz-Ausbildungszentren dem BABS zu melden, damit die Rückerstattung der an den Landerwerb geleisteten Bundesbeiträge geprüft werden kann.

Abs. 3: Durch die Rückerstattung der an den Landerwerb geleisteten Bundesbeiträge wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Land im Verlauf der Jahre in der Regel einen erheblichen Mehrwert aufweist. Die Bestimmung gilt sinngemäss auch dann, wenn das Land im Baurecht vergeben wird.

571

BBl 2019

4. Kapitel: Pflichten und Rechte von Dritten Art. 58

Hauseigentümer und -eigentümerinnen, Mieter und Mieterinnen

Abs. 1: Müssen Schutzräume für einen Schutzraumaufenthalt bereitgestellt werden, so sind die Eigentümer und Eigentümerinnen sowie die Mieter und Mieterinnen wie bisher verpflichtet, die entsprechenden Arbeiten auf Anordnung des Zivilschutzes durchzuführen.

Abs. 2: Ebenso müssen die nicht benötigten Schutzplätze dem Zivilschutz unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Art. 59

Inanspruchnahme von Eigentum und Requisitionsrecht

Abs. 1: Wie bisher gilt die Verpflichtung zur Duldung von technischen Einrichtungen auf den Grundstücken von Hauseigentümern und Hauseigentümerinnen. Die Bestimmung wird dahingehend ergänzt, dass auch dem Zivilschutz dienende «amtliche Handlungen» zu dulden sind. Grund für die Ergänzung ist der in der Praxis wiederholt aufgetretene Widerstand von Eigentümern und Eigentümerinnen bzw.

Mietern und Mieterinnen, insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung der periodischen Schutzraumkontrolle durch die zuständigen Zivilschutzorgane. Die Modalitäten der periodischen Schutzraumkontrolle, insbesondere deren Ankündigung, sollen auf Verordnungsstufe geregelt werden.

Abs. 2: Dem Zivilschutz soll bei Grossereignissen, Katastrophen und Notlagen sowie im Fall bewaffneter Konflikte ein Requisitionsrecht zu gleichen Bedingungen wie die Armee eingeräumt werden.

Art. 60

Versicherung von Privatpersonen durch die Militärversicherung

Privatpersonen, die während eines Schadenereignisses durch den Zivilschutz zur Mithilfe verpflichtet werden, sind militärversichert.

5. Kapitel: Schutzbauten 1. Abschnitt: Schutzräume und Ersatzbeiträge Art. 61

Grundsatz

Am Grundsatz, jedem Einwohner und jeder Einwohnerin einen Schutzplatz bereitzustellen, soll festgehalten werden. Die internationale sicherheitspolitische Entwicklung unterstreicht die Bedeutung der Schutzrauminfrastruktur in der Schweiz und deren ursprünglichen Verwendungszweck, nämlich den physischen Schutz der Bevölkerung. Die Schutzraumbaupflicht wurde bereits 2010 geprüft. Dabei wurde in der Botschaft zur Teilrevision des BZG vom 8. September 201028 ausführlich dargelegt, warum an der Schutzraumbaupflicht (mit gewissen Anpassungen) festgehalten werden soll und diese weiterhin sinnvoll ist. Die Beurteilung der Art und Anzahl notwendiger Schutzräume soll sich auf die Bedrohungslage ausrichten und in regel28

572

BBl 2010 6055

BBl 2019

mässigen Abständen überprüft werden. Zudem sind die Schutzräume bei verschiedenen Szenarien (z. B. Kernkraftwerkunfall) integraler Bestandteil der entsprechenden Notfallplanungen.

Als «Nähe» gilt in der Regel eine Distanz von bis zu 30 Minuten bzw. rund 2 km Fussweg. Bei schwierigen topografischen Verhältnissen (insbesondere in Berggebieten) kann die Fusswegdistanz bis zu 60 Minuten betragen.

Art. 62

Baupflicht und Ersatzbeitragspflicht

Abs. 1: Landesweit verfügt die Schweiz über eine hohe Schutzplatzabdeckung. In Gebieten mit vielen Altbauten besteht aber noch ein Schutzplatzdefizit. Zudem sind aufgrund des Bevölkerungswachstums weitere Schutzräume zu erstellen und auszurüsten. Bei gedecktem Schutzplatzbedarf ist im Sinne der Gleichbehandlung aller Bauherrschaften nach wie vor ein Ersatzbeitrag zu entrichten.

Abs. 2: Auch Heime und Spitäler sind weiterhin verpflichtet, Schutzräume zu erstellen und auszurüsten. Wenn dies aus bautechnischen Gründen (z. B. nichttragender Baugrund oder hoher Grundwasserspiegel) nicht möglich ist, haben sie ebenfalls einen Ersatzbeitrag zu entrichten.

Abs. 3: Gemeinden können ein Schutzplatzdefizit auch durch den Bau von öffentlichen Schutzräumen beheben. Diese können mittels Ersatzbeiträgen finanziert werden.

Art. 63

Steuerung des Schutzraumbaus, Verwendung und Höhe der Ersatzbeiträge

Abs. 1: Wie bis anhin steuern die Kantone den Schutzraumbau, um ein ausreichendes und angemessen verteiltes Schutzplatzangebot zu gewährleisten.

Abs. 2: Die Ersatzbeiträge sollen wie bisher an die Kantone gehen, damit sie insbesondere innerkantonale Schutzplatzdefizite ausgleichen können.

Abs. 3: Die Verwendung der Ersatzbeiträge wird angepasst und neu aus Gründen der Rechtssicherheit auf Gesetzesstufe abschliessend geregelt. Nach wie vor dienen die Ersatzbeiträge in erster Linie zur Finanzierung der öffentlichen Schutzräume und zur Erneuerung privater Schutzräume. Verbleibende Ersatzbeiträge können ausschliesslich verwendet werden für die zivilschutznahe Umnutzung von Schutzanlagen, den Rückbau der technischen Schutzbausysteme von Schutzanlagen, wenn diese weiterhin für Zivilschutzzwecke genutzt oder einer anderweitigen Nutzung zugeführt werden (siehe Art. 92 Abs. 3), das Einsatzmaterial des Zivilschutzes (inkl. Fahrzeuge), die periodische Schutzraumkontrolle (PSK) sowie die Verwaltungskosten des Ersatzbeitragsfonds. Als «zivilschutznahe» Umnutzung gilt beispielsweise die Umnutzung von Schutzanlagen in öffentliche Schutzräume, Heimschutzräume, Notunterkünfte und Kulturgüterschutzräume oder eine Umnutzung zugunsten des Bevölkerungsschutzes und der Partnerorganisationen (z. B. geschütztes Depot für Feuerwehrmaterial). Eine andere Verwendung der Ersatzbeiträge wäre nicht zulässig, da es sich um zweckgebundene Beiträge handelt.

573

BBl 2019

Abs. 4: Für die Steuerung des Schutzraumbaus, die Höhe der Ersatzbeiträge und deren Verwendung für die zivilschutznahe Umnutzung von Schutzanlagen legt der Bundesrat die Rahmenbedingungen fest.

Abs. 5: Neu soll das BABS die rechtskonforme Verwendung der Ersatzbeiträge auf Verlangen überprüfen können.

Art. 64

Baubewilligungen

Die Bestimmung wird dahingehend präzisiert, dass es sich um Baubewilligungen für den Bau von Wohnhäusern, Heimen und Spitälern handelt. Als Neubauten gelten auf einem vorher nicht überbauten oder durch Abbruch neu überbaubar gemachten Baugrund erstellte Gebäude. Nicht als Neubauten gelten Wiederaufbauten nach Elementarschäden im Sinne der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, Anbauten (sofern sie eine Erweiterung eines vorhandenen, direkt verbundenen Wohn- oder Pflegebereichs darstellen), Aufbauten, Umbauten und Nutzungsänderungen.

Art. 65

Kulturgüterschutz

Abs. 1: Die Kantone können wie bisher Eigentümer und Eigentümerinnen sowie Besitzer und Besitzerinnen von unbeweglichen Kulturgütern von nationaler Bedeutung, die im schweizerischen Inventar der Kulturgüter von nationaler und regionaler Bedeutung (KGS-Inventar) als A-Objekte ausgewiesen sind, verpflichten, auf eigene Kosten geeignete bauliche Massnahmen (z. B. zusätzliche Abstützungen) vorzunehmen. Für bewegliche Kulturgüter von nationaler Bedeutung (im KGS-Inventar als A-Objekte ausgewiesen) können die Kantone ebenfalls weiterhin den Bau von Kulturgüterschutzräumen anordnen, wobei der Bundesrat die Rahmenbedingungen dazu festlegt (Art. 63 Abs. 4). Die Kosten für deren Bau und Einrichtung übernimmt der Bund.

Abs. 2: Festzulegen sind Mindestanforderungen an Kulturgüterschutzräume für jene Kulturgüter, die im KGS-Inventar als A-Objekte aufgeführt sind. Die technischen Normen, die beim Bau eines Kulturgüterschutzraumes eingehalten werden müssen, entsprechen denjenigen der Personenschutzräume. Betreffend Einrichtung geht es primär um die optimale Lagerung von Archiv-, Bibliotheks- und Museumsgut. Dazu gehören auch digitale Kulturgüter.

Art. 66

Unterhalt

Wie bisher haben die Eigentümerinnen und Eigentümer beim Werterhalt des Schutzraums lediglich für dessen Unterhalt zu sorgen. Dies umfasst z. B. die periodische Kontrolle des Belüftungssystems und der Panzertüren/-deckel oder die Reinigung der Luftfassung. Kostenwirksame und notwendige Erneuerungen wie etwa der Ersatz von Ventilationsaggregaten, Filtern oder anderen technischen Komponenten werden weiterhin durch Ersatzbeiträge finanziert (ausser bei mutwillig herbeigeführten Schäden).

574

BBl 2019

Art. 67

Aufhebung

Abs. 1: Da die Kantone für die Steuerung des Schutzraumbaus zuständig sind, können sie beispielsweise bei einem Überangebot die Aufhebung von Schutzräumen anordnen.

Abs. 2: Der Bundesrat legt die Kriterien für die Aufhebung von Schutzräumen fest, z. B. in Bezug auf Schutzräume, die nicht mehr den geltenden technischen Anforderungen entsprechen.

2. Abschnitt: Schutzanlagen Art. 68

Arten von Schutzanlagen

Kommandoposten dienen den regionalen und kommunalen Führungsorganen als geschützte Führungsstandorte. Die Bereitstellungsanlagen stehen den Zivilschutzorganisationen als Logistikbasen (Unterbringung Personal, Material etc.) zur Verfügung. Geschützte Spitäler und Sanitätsstellen sollen als Kapazitätserweiterung für das Gesundheitswesen im Falle eines Ereignisses mit hohem Patientenanfall dienen.

Dabei sind das medizinische Personal (Ärzte und Ärztinnen und professionelles Pflegepersonal) sowie deren Unterstützung durch Milizpersonal (Pflegehelfer und helferinnen des Zivilschutzes) sicherzustellen. Dazu ist im Zivilschutz wieder ein Sanitätsdienst einzuführen.

Aktuell bestehen gesamtschweizerisch 2348 Schutzanlagen. Davon sind 837 Kommandoposten, 1169 Bereitstellungsanlagen, 248 geschützte Sanitätsstellen und 94 geschützte Spitäler. Anzumerken ist, dass es sich dabei teilweise auch um kombinierte Schutzanlagen handelt, beispielsweise eine Kombination von Kommandoposten, Bereitstellungsanlage und geschützter Sanitätsstelle.

Art. 69

Regelungen des Bundes

Abs. 1: Der Bundesrat regelt wie bis anhin die Anforderungen an die Schutzanlagen, um eine ausreichende Bereitschaft sicherzustellen.

Abs. 2: Der Bund leistet für die Schutzanlagen Pauschalbeiträge für den Unterhalt und trägt die Kosten für die Erneuerung. Deshalb müssen Rahmenbedingungen und Kriterien vorgegeben werden, damit die Bedarfsplanung landesweit einheitlich erfolgen kann. Die technische Betriebsbereitschaft umfasst die Funktionsfähigkeit der technischen Komponenten (z. B. Lüftung, Strom-/Wasserversorgung) sowie bei sanitätsdienstlichen Anlagen beispielsweise auch die medizinischen Geräte.

Abs. 3: Um die Bedarfsplanung periodisch aktualisieren zu können, soll der Bundesrat zeitliche Vorgaben machen.

Abs. 4: Für die Regelung technischer Einzelheiten sollen dem BABS Rechtsetzungskompetenzen übertragen werden.

Abs. 5: Das BABS soll im Sinne der Einheitlichkeit die technischen Aspekte in Bezug auf den Werterhalt regeln. Zum Werterhalt gehören der Unterhalt und die Erneuerung einer Schutzbaute.

575

BBl 2019

Art. 70

Aufgaben der Kantone

Abs. 1 und 2: Wie bis anhin muss die Bedarfsplanung der Kantone durch das BABS genehmigt werden. Die Bedarfsplanung muss sich nach den vom Bund aufgestellten Kriterien richten. Dies ist notwendig, da sich der Bund mit einem Pauschalbeitrag an den Unterhaltskosten beteiligt und er auch für allfällige Erneuerungen der Schutzanlagen aufkommt.

Abs. 3: Wie bis anhin sind die Kantone für die Realisierung von Neubauprojekten und deren Ausrüstung sowie den Unterhalt und die Erneuerung der Schutzanlagen (mit Ausnahme der geschützten Spitäler) zuständig. Dabei gelten die Vorgaben des Bundes, der auch einen Teil der Finanzierung beim Unterhalt (pauschalierter Beitrag) trägt und die Kosten bei einer Erneuerung übernimmt (vgl. auch Rechtsetzungsdelegation in Art. 76 Bst. a).

Art. 71

Aufgaben der Spitalträgerschaften

Wie bis anhin sorgen die Spitalträgerschaften für die Erstellung, die Ausrüstung, den Unterhalt und die Erneuerung der geschützten Spitäler.

Art. 72

Aufhebung

Abs. 1: Das BABS genehmigt gemäss Artikel 70 Absatz 2 die Bedarfsplanung der Kantone in Bezug auf die Schutzanlagen. Diese dürfen deshalb nur mit Genehmigung des BABS aufgehoben werden.

Abs. 2: Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass bei einem Ereignis mit einem grossen Patientenanfall jederzeit genügend Patientenplätze vorhanden sind.

Abs. 3: Das BABS regelt das Genehmigungsverfahren der Aufhebung von Schutzanlagen.

3. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen Art. 73

Mindestanforderungen

Um ein adäquates Schutzniveau der Bevölkerung landesweit zu gewährleisten, legt der Bundesrat die Mindestanforderungen an die Schutzbauten fest.

Art. 74

Betriebsbereitschaft

Wie bis anhin muss dafür gesorgt werden, dass die Schutzbauten auf Anordnung des Bundes in Betrieb genommen werden können. Dies gilt insbesondere für den Fall eines bewaffneten Konfliktes.

Art. 75

Ersatzvornahme

Zu den vorgeschriebenen Massnahmen gehören insbesondere die Vorgaben des Bundes bezüglich Erstellung, Einrichtung, Unterhalt und Werterhalt der Schutzbauten. Falls die Massnahmen nicht gemäss Vorgaben umgesetzt werden, so können diese durch die entsprechenden Behörden angeordnet und wenn nötig auf Kosten der 576

BBl 2019

Eigentümer und Eigentümerinnen oder Besitzer und Besitzerinnen umgesetzt werden.

Art. 76

Rechtsetzungsdelegation

Enthält klarere Rechtsetzungsdelegationen an das BABS für zum Teil bereits heute bestehende Bestimmungen.

6. Kapitel: Einsatzmaterial und Material für Schutzanlagen Art. 77 Abs. 1: Buchstabe a entspricht der bisherigen Regelung, wonach der Bund für das standardisierte Material zuständig ist. Beim standardisierten Material handelt es sich wie bisher um das ABC-Schutzmaterial und das für den Fall eines bewaffneten Konfliktes benötigte Material. In Buchstabe b wird präzisiert, dass der Bund weiterhin die Endgeräte des Polycom sowie weitere Kommunikationsmittel (z. B. drahtgebundene Übermittlungseinrichtungen) dem Zivilschutz zur Verfügung stellt; alle anderen Aufgaben und Zuständigkeiten des Bundes in Bezug auf das Polycom sind in Artikel 18 geregelt. Gemäss Buchstabe c ist der Bund weiterhin für die Ausrüstung und das Material der Schutzanlagen (z. B. Telematiksysteme und die technischen Schutzbausysteme wie Elektro-, Heizungs-, Lüftungs- oder Sanitäranlagen) zuständig. Der neue Buchstabe d regelt die Zuständigkeit bezüglich Ausrüstung und Einsatzmaterial für Schutzdienstpflichtige für Bundesaufgaben gemäss Artikel 36 Absatz 4. Für dessen Umsetzung kann der Bund auch Vereinbarungen mit den Kantonen treffen.

Abs. 2: Seit der Bevölkerungsschutzreform im Jahr 2004 sind gemäss Zuständigkeitsfinanzierung die Kantone für die Beschaffung und Finanzierung des Einsatzmaterials (inkl. Fahrzeuge) und der persönlichen Ausrüstung zuständig. Diese Aufgabe wird durch das Schweizerische Materialforum für Zivilschutzmaterial (SMZM) mit dem Kanton Zürich als leitendem Kanton wahrgenommen. Auf Wunsch der Kantone soll das BABS neu die Aufgaben des leitenden Kantons übernehmen und für die Bedarfserhebung sorgen. Die armasuisse und das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) sind die Beschaffungsstellen des Bundes für diesen Bereich. Die Beschaffung umfasst insbesondere die Evaluationen, Ausschreibungsverfahren und Bestellungen. Der logistische Bereich (Lager und Verteilung) wird bis auf Weiteres beim Kanton Zürich bleiben. Dies soll durch eine Vereinbarung zwischen dem BABS und dem Kanton Zürich geregelt werden. Falls der Kanton Zürich diese Aufgabe dereinst nicht mehr wahrnehmen will, gilt es eine neue Lösung zu finden. Der Bund wird diese Beschaffungsaufgabe nur vornehmen können, wenn er die nach Artikel 93 Buchstabe
c von den Kantonen für die Beschaffung bezahlten Kosten haushaltsneutral in zusätzliche Stellen umwandeln kann. Mit den heutigen personellen Ressourcen sind weder die Beschaffungsstellen noch das BABS dazu in der Lage. Die noch offenen organisatorischen, personellen und technischen Fragen werden zurzeit in einem Projekt geklärt. In diesem Zusammenhang werden auch Lösungen im Rahmen eines Public-Private-Partnership-Modells abgeklärt.

577

BBl 2019

Abs. 3: Der Bundesrat legt Art und Umfang des standardisierten Materials fest und kann neu Vorgaben bezüglich Organisation, Ausbildung und Einsatz, insbesondere im Bereich des ABC-Schutzes, erlassen.

Absatz 4 enthält klarere Rechtsetzungsdelegationen an das BABS für zum Teil bereits heute bestehende Bestimmungen. Im Weiteren soll das BABS im Rahmen seiner Aufgabe nach Absatz 1 Vorgaben machen können, um insbesondere die Interoperabilität des Materials, die Einheitlichkeit der Ausbildung und die Effizienz des Beschaffungsprozesses sicherzustellen.

7. Kapitel: Internationales Schutzzeichen und Ausweis des Zivilschutzes Art. 78 Die bisherige Bestimmung, wonach das Personal und das Material des Zivilschutzes mit dem internationalen Schutzzeichen des Zivilschutzes zu kennzeichnen sind, wird mit formellen Änderungen übernommen.

8. Kapitel: Haftung für Schäden Art. 79

Grundsätze

Abs. 1: Es handelt sich um eine Kausalhaftung. Bund, Kantone oder Gemeinden haften unabhängig davon, ob das Lehrpersonal oder die Schutzdienstpflichtigen ein Verschulden trifft.

Abs. 2: Hier wird keine Solidarhaftung mehr vorgesehen; haften soll neu die jeweils aufbietende Stelle bzw. Stufe (Bund, Kanton oder Gemeinde).

Abs. 3: Im Aussenverhältnis gehen wie bis anhin andere Haftpflichtbestimmungen vor. So finden die Haftpflichtbestimmungen des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 195829 Anwendung, wenn ein Motorfahrzeug des Zivilschutzes unfallkausal ist. Ebenfalls gehen beispielsweise auch die Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes vom 21. Dezember 194830 oder des Sprengstoffgesetzes vom 25. März 197731 vor. Im Innenverhältnis bleibt wie bis anhin ein Regress gemäss Artikel 80 oder 81 BZG möglich.

Abs. 4: Geschädigte können im Aussenverhältnis gegen das Lehrpersonal und Schutzdienstpflichtige keine Ansprüche geltend machen.

Absätze 5 und 6 entsprechen den bisherigen Bestimmungen von Artikel 60 Absätze 4 und 5 mit formalen Anpassungen.

Art. 80

Rückgriff und Schadloshaltung

Abs. 1: Im Innenverhältnis stehen Bund, Kantonen und Gemeinden der Rückgriff auf das Lehrpersonal und auf Schutzdienstpflichtige bei vorsätzlich oder grobfahrlässig verursachten Schaden zu.

29 30 31

578

SR 741.01 SR 748.0 SR 941.41

BBl 2019

Abs. 2: Bei Einsätzen des Zivilschutzes zugunsten der Gemeinschaft auf nationaler Ebene haben die Gesuchsteller den Bund, die Kantone und Gemeinden schadlos zu halten. Absatz 2 ist prioritär anwendbar. Bei Ansprüchen aus grobfahrlässiger oder vorsätzlicher Schadenszufügung ist denkbar, dass die betroffenen Gemeinwesen zusätzlich nach Absatz 1 vorgehen.

Art. 81

Haftung gegenüber Bund, Kantonen und Gemeinden

Entspricht den bisherigen Bestimmungen von Artikel 62 mit formalen Anpassungen.

Art. 82

Festsetzung der Entschädigung

Der Artikel wird eingegrenzt auf Bestimmungen betreffend Bemessung der Entschädigung.

Art. 83

Beschädigung oder Verlust von persönlichem Eigentum

Entspricht den bisherigen Bestimmungen von Artikel 64 mit formalen Anpassungen.

Art. 84

Verjährung

Entspricht dem bisherigen Artikel 65 mit formalen Anpassungen. Dieser Artikel ist im Lichte der laufenden Revision des Verjährungsrechts (vgl. Vorlage 13.100 OR, Verjährungsrecht) koordiniert und angepasst. Die Referendumsfrist endete am 4.

Oktober 2018 ungenutzt. Die Änderung des OR wird auf den 1. Januar 2020 in Kraft gesetzt.

9. Kapitel: Beschwerderecht und Verfahren 1. Abschnitt: Nicht vermögensrechtliche Ansprüche Art. 85

Beurteilung der Schutzdienstpflicht

Der Kreis der Beschwerderechtberechtigten wird auf diejenigen Personen gemäss Artikel 39 MG beschränkt. So wird die Berechtigung zu einer Beschwerde auf die beurteilte Person oder deren gesetzliche Vertretung eingegrenzt.

Art. 86

Zuteilung einer Funktion

Der Beschwerdeentscheid des VBS ist neu endgültig. Es sollte nicht Aufgabe eines Gerichts sein, Funktionszuteilungen zu überprüfen, da es sich um eine sogenannte Kommandosache handelt.

Art. 87

Beschwerden gegen letztinstanzliche kantonale Verfügungen

Entspricht den bisherigen Bestimmungen von Artikel 66b, mit einer Aktualisierung der Zuständigkeit gemäss geltender Praxis. Solche Beschwerden sind insbesondere im Bereich des Schutzraumbaus denkbar.

579

BBl 2019

2. Abschnitt: Vermögensrechtliche Ansprüche Art. 88 Absatz 1 entspricht der bisherigen Bestimmung von Artikel 67 Absatz 1. Neu wird jedoch der Beschwerdeweg an das Bundesverwaltungsgericht eröffnet.

Abs. 2: Es handelt sich um Schutzdienstleistungen gemäss Artikel 47 Absätze 1 und 4.

Abs. 3: Neu wird nicht nur auf das Zivilschutzrecht, sondern auf das BZG verwiesen, damit sich unter anderem Ansprüche gemäss den Artikeln 18­21 ebenfalls nach dieser Bestimmung richten.

10. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 89

Widerhandlungen gegen dieses Gesetz

Abs. 1: Der obere Strafrahmen wird an denjenigen des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 192732 und des Zivildienstgesetzes vom 6. Oktober 199533 (Dienstversäumnis) angepasst. In Buchstabe b wird die Gefährdung der Schutzdienstleistenden gestrichen, da diese Tatbestandsvariante bei vergleichbaren Strafbestimmungen (Art.

100 Abs. 1 des Militärstrafgesetzes und Art. 278 des Strafgesetzbuchs34 [StGB]) ebenfalls nicht enthalten ist und im Übrigen der strafrechtliche Schutz von Leib und Leben der Schutzdienstleistenden durch die einschlägigen Bestimmungen des StGB sichergestellt ist.

Abs. 2: Die Bestrafung aufgrund von Fahrlässigkeit wird auf Absatz 1 Buchstabe a beschränkt.

Abs. 3: Auf die Einführung eines Disziplinarstrafwesens im Zivilschutz wird verzichtet. Jedoch werden die Straftatbestände erweitert, um so dem Bedürfnis, auch bei leichteren Verstössen Massnahmen ergreifen zu können, Rechnung zu tragen.

Absätze 4­6 entsprechen den bisherigen Bestimmungen von Artikel 68 Absätze 4­6 mit formalen Anpassungen. In Absatz 5 wird der Hinweis auf die Einleitung eines Strafverfahrens gestrichen, da gemäss Strafprozessordnung die Staatsanwaltschaft über die Eröffnung einer Strafuntersuchung entscheidet.

Art. 90

Widerhandlungen gegen Ausführungserlasse

Dieser Artikel entspricht den bisherigen Bestimmungen von Artikel 69 mit formalen Anpassungen.

Art. 91

Strafverfolgung

Entspricht den bisherigen Bestimmungen von Artikel 70 mit formalen Anpassungen.

32 33 34

580

SR 321.0 SR 824.0 SR 311.0

BBl 2019

11. Kapitel: Finanzierung Art. 92

Bund

Die Finanzierung im Bereich des Bevölkerungsschutzes wird neu in einem separaten Kapitel im Teil Bevölkerungsschutz geregelt (2. Titel 6. Kapitel).

Abs. 1 Bst. a­c: Wie bis anhin trägt der Bund die Kosten für die Rekrutierung der Schutzdienstpflichtigen (Bst. a), die von ihm durchzuführende Ausbildung und die dazu notwendige Ausbildungsinfrastruktur (Bst. b) sowie die Einsätze von Schutzdienstpflichtigen gemäss Artikel 47 Absatz 1 (Bst. c).

Abs. 1 Bst. d: Der Bund übernimmt die Kosten für Ausbildung, Einsätze und Kontrollführung der Schutzdienstpflichtigen für Bundesaufgaben gemäss Artikel 36 Absatz 4. Er kann dazu mit den Kantonen für bestimmte Leistungen Vereinbarungen treffen und diesen gestützt auf die vorliegende Bestimmung ihren Aufwand abgelten.

Abs. 1 Bst. e: Der Bund übernimmt die Kosten des Materials für den Einsatz und die Schutzanlagen gemäss Artikel 77 Absatz 1.

Abs. 1 Bst. f: Der Bund trägt wie bis anhin die Kosten (Sold, Aufgebot, Reise, Verpflegung, Unterkunft) für Einsätze des Zivilschutzes zugunsten der Gemeinschaft auf nationaler Ebene. Der Bundesrat kann diese Kosten pro Schutzdienstpflichtigen und geleisteten Diensttag pauschalieren (siehe Abs. 10 Bst. c sowie Abs. 11).

Abs. 1 Bst. g und h: In diesen Bestimmungen geht es um das zusätzlich notwendige Material für die Verstärkung des Zivilschutzes für den Fall eines bewaffneten Konflikts sowie die entsprechenden Einsatzkosten, die vom Bund wie bis anhin getragen werden.

Abs. 2: Der Bund trägt wie bis anhin die anerkannten Mehrkosten für die Erstellung, die Ausrüstung und die Erneuerung von Schutzanlagen. Bei den anerkannten Mehrkosten handelt es sich um diejenigen Kosten, die im Vergleich zu einem Bau eines Kellergeschosses zusätzlich anfallen, wie z. B. Kosten für die Verstärkung der Wände, die Panzertüren, den Notausstieg oder technische Einrichtungen wie Ventilationsaggregate, Elektro- und Sanitäranlagen.

Abs. 3: Bei Aufhebung und Rückbau einer Schutzanlage sind die Kosten für einen allenfalls notwendigen Rückbau der technischen Schutzbausysteme der Anlage neu durch die Kantone zu tragen, wenn die aufgehobene Schutzanlage weiterhin dem Zweck und den Aufgaben des Zivilschutzes dient, z. B. als öffentlicher Schutzraum, Notunterkunft, Unterkunft für Asylsuchende oder Kulturgüterschutzraum. In diesem Fall können die Kantone
die anfallenden Kosten mittels Ersatzbeiträgen begleichen.

Der Bund trägt neu ebenfalls keine Rückbaukosten, wenn die zuständigen Behörden die Schutzanlagen anderweitig nutzen oder Dritten für eine anderweitige Nutzung zur Verfügung stellen oder veräussern. Die Rückbaukosten für die technischen Schutzbausysteme werden nur übernommen, wenn eine Schutzanlage aufgehoben und gleichzeitig stillgelegt wird. Stilllegung heisst, dass die Schutzanlage keinem anderen Zweck mehr zugeführt werden kann und deshalb zwingend rückgebaut werden muss. In diesem Fall trägt der Bund wie bis anhin die Rückbaukosten der

581

BBl 2019

technischen Schutzbausysteme. Die Kosten für einen allfälligen Rückbau der Schutzhülle tragen die Eigentümerinnen und Eigentümer.

Abs. 4: Die Kantone (für geschützte Sanitätsstellen) sowie die Spitalträgerschaften (für geschützte Spitäler) haben bei einem Ersatz für die anerkannten Mehrkosten der Erstellung und Ausrüstung selber aufzukommen. Für einen Teil des Unterhalts (Unterhaltspauschale als Sockelbeitrag für den bewaffneten Konflikt) und allfällige Erneuerungen kommt wie bis anhin der Bund auf.

Abs. 5: Wie bis anhin trägt der Bund die anerkannten Mehrkosten für die Erstellung und Erneuerung von Kulturgüterschutzräumen für die kantonalen Archive und Sammlungen von nationaler Bedeutung sowie neu die Kosten zur fachgerechten Lagerung von beweglichen Kulturgütern. Dazu gehören auch digitale Kulturgüter, die rein digital («born digital») entstanden sind, und digitale Daten, die den Anforderungen an Sicherstellungsdokumentationen entsprechen.

Abs. 6: Der Bund leistet wie bis anhin einen jährlichen Pauschalbeitrag zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der Schutzanlagen für den Fall eines bewaffneten Konflikts.

Abs. 7: Neu wird der Bund die Mehrkosten für die Erneuerung und Ausrüstung sowie die Pauschalbeiträge für den Unterhalt nur noch für Schutzanlagen, die in die vom BABS genehmigte Bedarfsplanung aufgenommen worden sind, übernehmen.

Dazu wird den Kantonen eine Übergangsfrist eingeräumt (siehe Art. 100 Abs. 4).

Abs. 8: Der Bund kann weiterhin Tätigkeiten öffentlicher oder privater Organisationen, die Leistungen zugunsten des Zivilschutzes erbringen, finanziell unterstützen.

Abs. 9: Wie bis anhin beteiligt sich der Bund nicht an Landerwerbskosten sowie Entschädigungen für die Inanspruchnahme von öffentlichem oder privatem Grund (z. B. bei einer allfälligen Erstellung eines Zivilschutzausbildungszentrums oder einer Schutzanlage) sowie für kantonale und kommunale Gebühren (z. B. Gebühren für Baubewilligungen, Anschlusskosten für Wasser und Heizung, Prämien für Gebäudeversicherung). Auch werden keine Kosten übernommen für den ordentlichen Unterhalt der Schutzanlagen, die über den pauschalierten Sockelbeitrag des Bundes gemäss Absatz 6 hinausgehen.

Abs. 10: Der Bundesrat soll die Einzelheiten betreffend Mehrkosten und Pauschalbeiträgen auf Verordnungsstufe regeln.

Abs. 11: Wie bis anhin
sollen die Kosten für Einsätze zugunsten der Gemeinschaft auf nationaler Ebene pro Schutzdienstpflichtigen und geleisteten Diensttag pauschaliert werden. Diese Pauschale deckt die Kosten für Sold, Aufgebot, Reise, Verpflegung und allenfalls Unterkunft. Diese Kostenpauschale wird den Kantonen vergütet, die ihre Schutzdienstpflichtigen für einen Einsatz zugunsten der Gemeinschaft auf nationaler Ebene zur Verfügung stellen. Das BABS soll die entsprechenden Regeln und Beträge festlegen.

Art. 93

Kantone

Im Sinne der Transparenz und Klarheit soll in diesem Artikel auch die Kostentragung der Kantone in bestimmten Bereichen geregelt werden. Wie bis anhin betrifft 582

BBl 2019

dies die den Kantonen übertragene Ausbildung wie z. B. die Grundausbildung oder Wiederholungskurse der Schutzdienstpflichtigen und die Einsätze des Zivilschutzes bei kantonalen Aufgeboten (Bst. a) sowie die Ausbildungen des Bundes, die im Zuständigkeitsbereich der Kantone liegen (Bst. b). Zudem sind die Kantone weiterhin für das Einsatzmaterial (inkl. Fahrzeuge) und die persönliche Ausrüstung der Schutzdienstpflichtigen zuständig (Bst. c). Die bisher im Rahmen des SMZM dem leitenden Kanton zugekommenen Entschädigungen für dessen Aufwendungen für Evaluation, Beschaffung etc. des Einsatzmaterials und der persönlichen Ausrüstung gehen neu an den Bund (vgl. Art. 77 Abs. 2). Da die Kantone für die Kontrollführung der Schutzdienstpflichtigen gemäss Artikel 48 Absatz 1 zuständig sind, haben sie die entsprechenden Kosten für das PISA zu tragen (Bst. d), allerdings ohne die Kosten für die Kontrollführung, für die der Bund zuständig ist (Art. 48 Abs. 4), und ohne die Kosten für die Verwendung des PISA, die durch Aufsichtstätigkeiten des Bundes entstehen.

4. Titel: Personendaten Art. 94

Bearbeitung von Daten

Abs. 1 und 2: Die Regelungen betreffend Datenschutz werden mit der laufenden Revision des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199235 über den Datenschutz koordiniert und abgestimmt (vgl. Vorlage 17.059, Datenschutzgesetz).

Absatz 3 entspricht der bisherigen Regelung von Artikel 72 Absatz 2 mit formalen Anpassungen.

Abs. 4: Die Bestimmung wird inhaltlich mit Artikel 17 Absatz 5 des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 200836 über die militärischen Informationssysteme (MIG) abgeglichen.

Abs. 5 entspricht der bisherigen Regelung von Artikel 72 Absatz 5 mit formalen Anpassungen.

Art. 95

Bekanntgabe von Daten

Entspricht den bisherigen Bestimmungen von Artikel 73 mit formalen Anpassungen.

5. Titel: Gewerbliche Leistungen des BABS Art. 96 Entspricht den bisherigen Bestimmungen von Artikel 73a mit formalen Anpassungen.

35 36

SR 235.1 SR 510.91

583

BBl 2019

6. Titel: Schlussbestimmungen Art. 100

Übergangsbestimmungen

Abs. 1: Das Sirenenalarmierungssystem Polyalert befindet sich überwiegend in der Zuständigkeit des Bundes und wird von diesem auch weitestgehend finanziert. Die Kantone verfügen über gewisse Zuständigkeiten bei den dezentralen Komponenten, obwohl der Bund diese finanziert. Diese nicht effiziente Zuständigkeits- und Finanzierungsregelung und die damit verbundenen Doppelspurigkeiten und Schnittstellen sollen bereinigt werden. Das Polyalert soll zu einem Bundessystem werden. Volkswirtschaftlich hat diese neue Regelung bedeutende Vorteile. Die neue Zuständigkeitsregelung erfordert aber eine bestimmte Übergangszeit. Während dieser Übergangszeit werden die Kantone vom Bund für ihre Aufgaben abgegolten, solange sie diese ausführen. Die Entschädigung beträgt pro Sirene und Jahr höchstens 400 Franken.

Abs. 2: Diese Übergangsbestimmung schafft die für Artikel 24a Absatz 2 VWAS erforderliche gesetzliche Grundlage. Eine Vorfinanzierung von dezentralen Komponenten der Kantone durch den Bund soll nur im Ausnahmefall erfolgen. Dazu müssen verschiedene Kriterien eingehalten werden. Eine Voraussetzung ist auch, dass diese Vorfinanzierung letztlich für den Bund finanziell vorteilhaft ist. Auch die Rückzahlungsbedingungen gilt es zu regeln. Die Kantone haben die Vorfinanzierung bis spätestens 2028 zurückzuzahlen.

Abs. 3: Durch die Reduktion der Dienstpflichtdauer für die Mannschaft von 20 auf 12 Jahre würden einige Zivilschutzorganisationen Gefahr laufen, dass ihre Bestände unmittelbar massiv reduziert würden. Dies soll verhindert werden, indem die Schutzdienstpflicht für Zivilschutzangehörige, die nach dem bisherigen Dienstleistungssystem eingeteilt wurden, während einer Übergangsfrist bei Bedarf verlängert werden kann. Aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse und Rahmenbedingen sollen die Kantone über eine Verlängerung der Dienstpflichtdauer entscheiden können.

Abs. 4: Mit dieser Übergangsbestimmung soll den Kantonen genügend Zeit eingeräumt werden, ihre Bedarfsplanungen für Schutzanlagen zu erstellen oder zu aktualisieren. Für den Genehmigungsprozess durch den Bund ist ein weiteres Jahr hinzuzurechnen. In der Übergangsphase werden keine Genehmigungen erteilt. So wird der Rückbau verhindert und es entstehen keine Kosten nach Artikel 92 Absatz 3. Dies erlaubt auch eine bessere Steuerung der Budgetierung von Bund und Kantonen. Bis zum Vorliegen der genehmigten Bedarfsplanung richtet der Bund die Pauschalbeiträge gemäss bisheriger Praxis aus.

584

BBl 2019

Aufhebung und Änderung anderer Erlasse Sportförderungsgesetz vom 17. Juni 201137 Art. 16 Abs. 2 Bst. c Die gesetzliche Verpflichtung zur Schaffung der Möglichkeit, dass schutzdienstpflichtige Spitzensportlerinnen und Spitzensportler den Zivilschutzdienst für die Leistungsentwicklung nutzen können, wird aufgehoben. Bei der Einführung dieser Bestimmung wurde zu wenig berücksichtigt, dass das System des Zivilschutzdienstes nicht ebenso gut wie dasjenige des Militärdienstes für die Leistungsentwicklung von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern geeignet ist.

Bundesgesetz vom 19. Juni 199238 über die Militärversicherung Art. 1a Abs. 1 Bst. h Der Verweis wird angepasst. Damit klar ist, dass es sich um Drittpersonen handelt, wird die Bestimmung zudem entsprechend ergänzt.

Bundesgesetz vom 25. September 195239 über den Erwerbseinsatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft Art. 1a Abs. 3 Es handelt sich um eine formale Anpassung aufgrund der Totalrevision des Gesetzes.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme im Bevölkerungsschutz können grundsätzlich eingeteilt werden in Verbundsysteme (Bund, Kantone und Dritte sind an diesen Systemen beteiligt und für die Teilbereiche zuständig und tragen auch zur Finanzierung bei) und Bundessysteme (der Bund allein ist zuständig und sorgt auch für deren Finanzierung). Im Rahmen der BZG-Revision sollen die Zuständigkeits- und Finanzierungsfragen dieser Systeme auf gesetzlicher Ebene klar geregelt werden, sowohl für bestehende wie auch für neue Systeme.

Verbundsysteme sind das bestehende mobile Sicherheitsfunksystem Polycom und die zur Diskussion stehenden Vorhaben wie das nationale sichere Datenverbundsystem mit Lageverbundsystem oder das mobile breitbandige Sicherheitskommunikationssystem. Bundessysteme sind das Notfallradio, das System Alertswiss zur 37 38 39

SR 415.0 SR 833.1 SR 834.1

585

BBl 2019

Information der Bevölkerung im Ereignisfall und weitestgehend auch das Meldesystem Vulpus (Meldevermittlungssystem Vulpus Telematik) sowie das Sirenenalarmierungssystem Polyalert. Das Meldesystem Vulpus wird bis 2022 von der Armee betrieben und Ende 2022 aus technischen Gründen abgestellt. Als Nachfolgesystem ist das Lageverbundsystem vorgesehen.

Das Sirenenalarmierungssystem Polyalert befindet sich überwiegend in der Zuständigkeit des Bundes und wird von diesem auch weitestgehend finanziert. Die Kantone verfügen über gewisse Zuständigkeiten bei den dezentralen Komponenten, obwohl der Bund diese finanziert. Die Kantone zahlen dazu dem Bund einen anteilmässigen Betriebsbeitrag von zwei Millionen Franken pro Jahr. Diese nicht effiziente Zuständigkeits- und Finanzierungsregelung soll mit der vorliegenden BZG-Revision bereinigt werden: Das Polyalert soll zu einem Bundessystem werden, was den Bund mit jährlich drei Millionen Franken belastet. Zudem entfallen die Betriebsbeiträge der Kantone an den Bund im Umfang von zwei Millionen Franken pro Jahr. Die Kantone werden ihrerseits entlastet. Volkswirtschaftlich hat diese neue Regelung bedeutende Vorteile.

Beim mobilen Sicherheitsfunksystem Polycom werden die in der revidierten VWAS festgelegten Zuständigkeits- und Finanzierungsregeln auf gesetzlicher Ebene unverändert übernommen. Für die zentralen (nationalen) Komponenten ist und bleibt der Bund zuständig und trägt damit die Investitionskosten, die grossen Werterhaltskosten (siehe Projekt Werterhalt Polycom 2030) sowie die jährlichen Betriebs- und Unterhaltskosten (inkl. jährliche Werterhaltskosten). Die Kosten für die dezentralen Komponenten tragen einerseits die Kantone und andererseits die Eidgenössische Zollverwaltung, soweit diese sich in ihrem Besitz befinden. An dieser Kostenverteilung wird grundsätzlich nichts geändert. Zudem soll sichergestellt werden, dass dem Bund keine Mehrkosten entstehen, falls die technische Migration im Rahmen des Projekts Werterhalt Polycom 2030 von den Kantonen nicht zeitgerecht umgesetzt wird. Aus diesem Grund wird eine eingegrenzte Möglichkeit einer Vorfinanzierung der Migration kantonaler Teilnetze durch den Bund auf gesetzlicher Ebene geregelt.

Dies war bisher auf Verordnungsebene in der VWAS geregelt.

Beim nationalen sicheren Datenverbundsystem handelt es sich
um ein neues System. Für dessen Realisierung wird dem Parlament eine separate Botschaft zu einem Gesamtkredit für die Realisierung eines nationalen sicheren Datenverbundsystems unterbreitet. Bestandteil dieses Systems sind das sichere Datenverbundnetz (SDVN), das Datenzugangssystem Polydata sowie das Lageverbundsystem (als Ablösung von Vulpus). Der Ressourcenbedarf für die Realisierung, den Betrieb und Werterhalt dieses Systems kann zum jetzigen Zeitpunkt wie folgt angegeben werden: Die Investitionskosten für die gemäss vorgeschlagener Zuständigkeitsregelung vom Bund zu finanzierenden zentralen Komponenten belaufen sich auf rund 150 Millionen Franken. Die Kosten der dezentralen Komponenten sind durch die jeweiligen Eigentümer bzw. Nutzer selber zu finanzieren. Die Betriebs- und Unterhaltskosten der zentralen Komponenten (inkl. die jährlich anfallenden Werterhaltskosten) werden nach aktuellem Kenntnisstand auf jährlich 15 Millionen Franken geschätzt.

Diese Kosten sollen anteilsmässig durch alle angeschlossenen Nutzer finanziert werden. Die Kantone werden an diesen Kosten mit 30 Prozent (4,5 Mio. Fr.) jährlich beteiligt sein. Dies berechtigt sie zu 36 Anschlüssen. In den Kosten nicht enthalten 586

BBl 2019

ist ein möglicher Risikozuschlag von zwei Millionen Franken jährlich sowie die spezifischen Kosten für die Nutzerkantone (z. B. Stromsicherheit). Für den Bund mit seinen rund 40 Anschlüssen sind dazu Kosten von rund 3 Millionen Franken jährlich vorgesehen. Damit betragen die jährlichen Unterhalts- und Betriebskosten für den Bund brutto rund 20 Millionen Franken. Ohne Beanspruchung des Risikozuschlags kann der Bund nach Anschluss der 120 Nutzer mit jährlichen Einnahmen von rund 10 Millionen Franken rechnen. Rund alle acht Jahre muss ein Teil der zentralen Komponenten im Umfang von rund 80­90 Millionen Franken im Rahmen eines «grossen» Werterhalts (mit Investitionscharakter, vergleichbar mit dem Projekt Werterhalt Polycom 2030) ersetzt werden. Der Konsens einer mit den Kantonen gefundenen Finanzierungslösung sieht vor, dass sich die Kantone nicht zu beteiligen haben, was sie um rund 3 Millionen Franken jährlich «entlastet». Die Kosten für diesen «grossen» Werterhalt der zentralen Komponenten soll der Bund tragen. Die spezifischen Kosten werden im Rahmen der Botschaft vom ...40 zu einem Verpflichtungskredit für das nationale sichere Datenverbundsystem ausgewiesen und begründet. Der Betrieb und Unterhalt der dezentralen Komponenten sind Sache der jeweiligen Eigner bzw. Nutzer, sprich der Kantone und der angeschlossenen Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen sowie des Bundes.

Für eine Ressourcenabschätzung der anderen Systeme wie mobiles breitbandiges Sicherheitskommunikationssystem sind noch weitere Abklärungen erforderlich.

Auch dazu wird dem Bundesrat zu gegebener Zeit ein Antrag unterbreitet. Die Konkretisierung und Genehmigung dieser Ressourcen erfolgen im Rahmen von projektspezifischen Botschaften.

Die vorgesehene Unterstützung von ABC-Stützpunkten mit Einsatzmaterial durch den Bund wird bei diesem zu einem gewissen Mehraufwand führen. Dieser dürfte sich auf rund 3 Millionen Franken belaufen. Diese Unterstützung beschränkt sich auf den ABC-Bereich, der wie bisher in der Zuständigkeit des Bundes liegt. Der ABC-Schutz in der Schweiz weist substanzielle Lücken auf. Defizite bestehen beispielsweise bei einem Terroranschlag mit einer «dirty bomb» oder mit einem Boder C-Kampfstoff, bei den Messorganisationen im Falle einer grossflächigen radioaktiven Verstrahlung und bei der Dekontamination. Diese
Lücken sollen einerseits mit einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Einsatzequipe VBS, die dem Labor Spiez angegliedert ist, geschlossen werden. Andererseits ist vorgesehen, die Kantone im ABC-Bereich zu unterstützen, beispielsweise mit Portalmonitoren zur Messung verstrahlter Personen, Dekontaminationsmaterial, ABC-Messgeräten, persönlicher ABC-Schutzausrüstung, dazugehörigen Notstromaggregaten oder Fahrzeugen für den Transport dieses Materials, und auch die Ausbildung der Blaulichtorganisationen im ABC-Bereich sicherzustellen. Dies erfordert zusätzliche personelle und finanzielle Mittel beim Bund, weil es sich um eine originäre Bundesaufgabe handelt. Mit diesen zusätzlichen Mitteln soll der bisherige Vollzugsnotstand aufgehoben werden. Die politische Plattform des SVS hat das BABS am 27. August 2018 beauftragt, die notwendigen Klärungen vorzunehmen und Lösungsvarianten vorzuschlagen. Erste Ergebnisse dürften 2019 vorliegen.

40

BBl ...

587

BBl 2019

An Schutzanlagen des Zivilschutzes sollen nach einer Übergangsfrist nur noch Bundesbeiträge geleistet werden, wenn diese im Falle einer Katastrophe oder Notlage auch zeitgerecht in Betrieb genommen werden können. Der Bund wird künftig auch für Rückbaukosten für Schutzanlagen, die anderweitig genutzt werden sollen, nicht mehr aufkommen. Die Rückbaukosten für Schutzanlagen, die nicht mehr benötigt und nicht umgenutzt werden, trägt aber wie bis anhin der Bund. Die konkreten finanziellen Auswirkungen für Bund und Kantone können erst bei Vorliegen der kantonsspezifischen Bedarfsplanungen beziffert werden. Dennoch können mit verschiedenen Annahmen die finanziellen Folgen für Bund und Kantone grob abgeschätzt werden. Nach geltendem BZG (Art. 71 Abs. 2) trägt der Bund bei der Aufhebung einer Schutzanlage die Kosten für den Rückbau der technischen Schutzbausysteme dieser Anlage. Heute gibt es in der Schweiz die folgenden Schutzanlagen, die sich im Eigentum der Kantone bzw. Gemeinden befinden: 837 Kommandoposten, 1169 Bereitstellungsanlagen, 94 geschützte Spitäler und 248 geschützte Sanitätsstellen. Einige davon sind kombinierte Anlagen. Die heutige und absehbar auch die künftige Risikolandschaft erfordert nach der Beurteilung des Bundes eine geringere Anzahl an Schutzanlagen. Zudem hat auch die Anzahl der Zivilschutzangehörigen und Zivilschutzorganisationen kontinuierlich abgenommen.

Wie viele Anlagen noch erforderlich sind, werden die Kantone im Rahmen von Bedarfsplanungen erheben. Diese stützen sich auf Kriterien ab, die vom Bund zusammen mit den Kantonen erarbeitet werden. Die nicht weiter verwendbaren Schutzanlagen können einer anderen zivilschutznahen Nutzung oder einer Nutzung durch die öffentliche Hand bzw. einer Drittnutzung zugeführt werden. Nicht weiter nutzbare Anlagen sind zurückzubauen. Die Rückbaukosten der technischen Komponenten, für die heute der Bund zuständig ist, betragen je nach Anlagetyp und Ausgestaltung weniger als 150 000 Franken für Kommandoposten, können aber bei Sanitätsstellen über 350 000 Franken liegen. Für einen allfälligen Rückbau der Schutzhülle sind die Kantone bzw. Gemeinden zuständig. Der Zeitraum für die Aufhebung, die Umnutzung und den Rückbau der nicht mehr benötigten Anlagen dürfte 20­30 Jahre betragen. Mit der Übernahme der Rückbaukosten der technischen Komponenten
einer Schutzanlage durch die Kantone bei einer Umnutzung (vgl. Art.

92 Abs. 3) können diese selber Zeitpunkt und Ausmass des Rückbaus bestimmen.

Damit erhalten sie auch eine wesentlich bessere Planungssicherheit für die vorgesehene Umnutzung, zumal der Bund zurzeit keine finanziellen Mittel für diese Rückbaukosten eingestellt hat. Den Kantonen soll zudem ermöglicht werden, die Finanzierung dieser Rückbaukosten bei einer zivilschutznahen Umnutzung mit Ersatzbeiträgen vorzunehmen. Letztlich dürfte dies den Bund um 5­10 Millionen Franken jährlich für die nächsten 25­30 Jahre entlasten und umgekehrt die Kantone zusätzlich belasten. Allerdings sind diese Zahlen abhängig von vielen Faktoren und damit mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Insgesamt erachtet der Bundesrat die vorgeschlagene Finanzierungslösung als ausgewogen: Der Bund übernimmt neue Aufgaben im Bereich der Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme (Polyalert und nationales sicheres Datenverbundsystem) in der Höhe von rund 8 Millionen Franken jährlich, beim Rückbau der Schutzanlagen entlastet er sich um 510 Millionen Franken jährlich.

Die Wiedereinführung des Sanitätsdienstes im Zivilschutz wird beim Bund einen beschränkten Mehraufwand zur Folge haben. Die Kosten werden auf rund eine 588

BBl 2019

Million Franken pro Jahr im Ausbildungsbereich geschätzt. Dabei geht es insbesondere um Ausbildungslehrgänge auf der Führungsebene, das dazugehörige Ausbildungsmaterial sowie Koordinations- und Organisationsaufgaben. Für die Durchführung der Grundausbildung sind die Kantone zuständig. Die Kosten für den Ersatz der veralteten Medizinaleinrichtungen können im Rahmen der existierenden Budgets finanziert werden, sofern der Standard nicht nennenswert erhöht wird. Sollten aber beispielsweise die Operationseinrichtungen oder Betten an den normalen Spitalstandard angepasst werden, ergäben sich massive Mehrkosten. Aktuell sind dafür im Finanzplan des BABS keine Mittel eingestellt.

Die RK MZF wünscht, dass die Beschaffung des Zivilschutzmaterials neu durch den Bund und nicht mehr wie bis anhin durch die Kantone vorgenommen wird. Die RK MZF sieht darin insbesondere volkswirtschaftliche und beschaffungsrechtliche Vorteile. Die Interoperabilität des Materials zwischen den verschiedenen Kantonen und Regionen kann so besser sichergestellt werden. Daneben gibt es Vorteile in Bezug auf die Ausbildung. Zudem hat sich kein Kanton bereit erklärt, diese Aufgabe vom heutigen federführenden Kanton Zürich, der sie abgeben möchte, zu übernehmen. Der damit verbundene Aufwand soll vollumfänglich durch die Kantone abgegolten werden. Das erfordert umgekehrt zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen beim Bund. Dieser Mehraufwand entsteht einerseits bei der armasuisse, einer der zentralen Beschaffungsstellen des Bundes, welche die Evaluation und die Beschaffung sicherstellt, und andererseits beim BABS, das zusammen mit den Kantonen für die Koordination des Materials sorgt und auch die Ausbildungsunterlagen zur Verfügung stellt. Dieser Mehraufwand des Bundes wird den Kantonen mit der Materialauslieferung wieder verrechnet, sodass dem Bund letztlich kein Mehraufwand entsteht. Die noch offenen organisatorischen, personellen und technischen Fragen werden zurzeit im Rahmen eines Projekts geklärt.

Der Bund trägt wie bisher die anerkannten Mehrkosten für die Erstellung und die Erneuerung von Kulturgüterschutzräumen für die kantonalen Archive und die Sammlungen von nationaler Bedeutung. Neu trägt er auch die Kosten für deren Einrichtungen zur fachgerechten Lagerung von beweglichen Kulturgütern. Dies belastet den Bund mit
jährlich 200 000 Franken, was aber im Rahmen der laufenden Kredite finanziert werden kann.

Durch die Umsetzung der Motion Müller, d. h. die Anrechnung sämtlicher geleisteter Diensttage im Zivilschutz an die Reduktion der Wehrpflichtersatzabgabe (siehe Ziff. 1.7) werden die Schutzdienstleistenden bei der Wehrpflichtersatzabgabe um rund 2,5 Millionen Franken entlastet.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Für die Projektumsetzung und den Betrieb des nationalen sicheren Datenverbundsystems werden zusätzliche Stellen beim Bund benötigt. Sie werden im Rahmen der Botschaft zu einem Verpflichtungskredit für das nationale sichere Datenverbundsystem begründet.

Die Änderung der Zuständigkeiten beim Sirenenalarmsystem Polyalert erfordert zusätzliche zwei bis drei Stellen beim Bund. Der personelle Aufwand für die Ver589

BBl 2019

besserung des ABC-Schutzes dürfte bei rund drei bis vier Stellen im Ausbildungsund Logistikbereich liegen. Der Personalbedarf für die Wiedereinführung des Sanitätsdienstes im Zivilschutz wird auf rund drei bis vier Stellen im Ausbildungsbereich geschätzt. Diese Stellen werden mit verschiedenen Massnahmen wie Reorganisation und Nutzung von Synergien, Priorisierungen sowie Effizienzsteigerungen BABSintern kompensiert.

Die von den Kantonen gewünschte Verschiebung der Beschaffung von Zivilschutzmaterial zum Bund erfordert ebenfalls zusätzliche personelle Ressourcen. Diese werden durch die Kantone vollumfänglich finanziert. Der Bund wäre heute und in absehbarer Zeit aber nicht in der Lage, diese Aufgabe ohne zusätzliche personelle Ressourcen zu übernehmen. Aktuell wird von insgesamt rund sechs Stellen im BABS und bei der armasuisse ausgegangen.

3.1.3

Andere Auswirkungen

Mit der vorliegenden BZG-Revision wird die Handlungsfähigkeit der zuständigen Bundesstellen im Falle einer Katastrophe oder einer Notlage wesentlich verbessert.

Erkannte Sicherheitsdefizite werden beseitigt, sodass im Ereignisfall das Ausmass möglicher Schäden deutlich verringert bzw. eingegrenzt werden kann. Gewisse dieser Systeme, beispielsweise das nationale sichere Datenverbundsystem, könnten auch in der normalen Lage, sprich im Alltag, genutzt werden.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die in Ziffer 3.1.1 beschriebenen finanziellen Auswirkungen auf den Bund betreffen alle in verschiedener Hinsicht auch die Kantone. Zusammengefasst werden die Kantone um gegen fünf Millionen Franken jährlich beim Sirenenalarmierungssystem Polyalert entlastet. Auch die Nichtweiterverrechnung des grossen Werterhalts bei den zentralen Komponenten des nationalen sicheren Datenverbundsystems entlastet die Kantone um rund drei Millionen Franken jährlich. Beim mobilen breitbandigen Sicherheitskommunikationssystem ist vorgesehen, dass die interessierten Kantone für die mit einem Pilotprojekt verbundenen Kosten selbst aufkommen.

Umgekehrt werden die Kantone mit der Änderung der Finanzierungsregeln beim Rückbau aufgehobener Schutzanlagen um fünf bis zehn Millionen Franken jährlich zusätzlich belastet. Diese und weitere im BZG umschriebene Aufwendungen (siehe Art. 63 Abs. 3) dürfen sie neu mit Ersatzbeiträgen finanzieren.

Die Wiedereinführung des Sanitätsdienstes im Zivilschutz wird bei den Kantonen zu einem nennenswerten, zurzeit aber nicht bezifferbaren finanziellen und personellen Mehraufwand führen. Andererseits werden weitere Anpassungen und Optimierungen bei den Schutzanlagen und den Zivilschutzorganisationen die Kantone entlasten können.

590

BBl 2019

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die BZG-Vorlage bildet unter anderem die Rechtsgrundlage für die Realisierung eines nationalen sicheren Datenverbundsystems und anderer sicherheitsrelevanter Systeme. Die Realisierung des Datenverbundsystems hat auch einen nennenswerten volkswirtschaftlichen Nutzen. Sollten die IKT-Dienstleistungen grossflächig ausfallen, wäre die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft gefährdet. Im Ereignisfall kann so das Ausmass möglicher Schäden deutlich verringert bzw. eingegrenzt werden. Mit der Realisierung des nationalen sicheren Datenverbundsystems wird eine Plattform für alle Behörden und Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen geschaffen, die die Verbindung ihrer Systeme auch unter Stromausfall sicherstellen wollen oder müssen. Das System kann auch in der normalen Lage genutzt werden. Das Abschalten von redundanten Systemen führt zu Kosteneinsparungen, was einen erheblichen volkswirtschaftlichen Mehrwert darstellt.

Aufgrund des neuen Dienstleistungssystems im Zivilschutz ist tendenziell mit einer Entlastung für die Arbeitgeber zu rechnen, da auf Stufe Mannschaft und Unteroffiziere die Dienstpflichtdauer von 20 auf 12 Jahre reduziert wird.

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Das revidierte BZG bietet die Grundlage für die Weiterentwicklung des Bevölkerungsschutzes und des Zivilschutzes. Die Bevölkerung und die Wirtschaft werden davon mit einem besseren Schutz bei Katastrophen und in Notlagen und einem höheren Sicherheitsniveau profitieren. Damit können im Katastrophenfall oder in einer Notlage Schäden verhindert und das mögliche Schadensausmass erheblich reduziert werden.

3.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Verbesserung der Handlungsfähigkeit der zuständigen Behörden und Einsatzorgane führt im Katastrophenfall dazu, dass auch Umweltschäden verhindert oder das mögliche Schadenausmass reduziert werden kann.

591

BBl 2019

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 27. Januar 201641 zur Legislaturplanung 2015­2019 und im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201642 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt.

4.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Der Gesetzesentwurf ist mit der vom Bundesrat am 9. Mai 2012 verabschiedeten Strategie Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+ vereinbar. Die Vorlage bietet unter anderem die rechtliche Grundlage für ausfallsichere Telekommunikationssystem und steht deshalb im Einklang mit der Strategie «Digitale Schweiz» vom 5. September 201843, der Nationalen Strategie vom 19. Juni 201244 zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken 2012­2017 und der Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen 2018­2022, die der Bundesrat am 1. Dezember 2017 verabschiedet hat.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Das BZG stützt sich auf Artikel 61 BV, der dem Bund die Rechtsetzungskompetenz im Bereich des Zivilschutzes gibt. In Bezug auf den Erlass von Bestimmungen im Bereich des Bevölkerungsschutzes kann sich der Bundesgesetzgeber zudem auf Artikel 57 Absatz 2 BV berufen. Die vorgesehenen Regelungen, namentlich im Hinblick auf die Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme sowie betreffend die Information der Bevölkerung, können im Rahmen dieser Koordinationspflicht erlassen werden.

Die mit der vorliegenden Totalrevision vorgeschlagenen Änderungen sind verfassungskonform.

41 42 43 44

592

BBl 2016 1105, hier 1227 BBl 2016 5183, hier 5190 BBl 2018 5961 Der Text der Strategie ist im Internet abrufbar unter: www.isb.admin.ch > Themen > Cyber-Risiken (NCS) > Strategie NCS 2012­2017.

BBl 2019

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die beantragten Änderungen sind mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Sie schaffen auch keine neuen Verpflichtungen der Schweiz gegenüber anderen Staaten oder internationalen Organisationen.

5.3

Erlassform

Die Bereiche Bevölkerungsschutz und Zivilschutz werden weiterhin in einem Gesetz auf Bundesebene geregelt. Die beiden Bereiche werden jedoch klarer voneinander abgegrenzt, so etwa in Bezug auf die jeweiligen Aufgaben oder die Finanzierung (separate Regelungen für die Finanzierung im Bevölkerungsschutz und im Zivilschutz). Bestehende Abhängigkeiten wie beispielsweise im Bereich der Schutzbauten oder der Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme können so besser dargestellt werden. Mit einer Gesetzesvorlage können zudem der Bevölkerungsschutz als Verbundsystem sowie die Einbettung des Zivilschutzes als Partnerorganisation besser verankert werden. Die Kantone verfügen über Gesetzgebungskompetenzen für den Bevölkerungsschutz und die Partnerorganisationen auf kantonaler und regionaler/kommunaler Ebene. Der Bund verfügt hingegen im Bereich des Bevölkerungsschutzes über keine umfassenden Rechtsetzungskompetenzen (siehe Ziff. 5.1).

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Der Gesetzesentwurf bringt keine Ausgaben mit sich, die der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstehen.

Bei den in Artikel 92 Absätze 1 Buchstabe e, 2, 3, 5, 6 und 8 geregelten Tatbeständen handelt es sich um bestehende Subventionen. Diese werden mit der vorliegenden Totalrevision auch nicht ausgeweitet.

Artikel 100 Absatz 1 regelt eine neue wiederkehrende Subvention, deren Kosten zwei Millionen Franken jährlich übersteigt. In dieser Hinsicht müsste die Subvention der Ausgabenbremse unterstellt werden. Es werden jedoch vorübergehend (während längstens vier Jahren) Arbeiten der Kantone abgegolten, die in Zukunft der Bund übernehmen wird und die er über den Eigenaufwand finanzieren wird. Da faktisch während der Übergangsphase ein einmaliger Aufwand finanziert wird, ist der Schwellenwert von 20 Millionen Franken anwendbar. Somit ist Artikel 100 Absatz 1 der Ausgabenbremse nicht zu unterstellen.

Mit Artikel 100 Absatz 2 wird neu die Möglichkeit geschaffen, den Kantonen in einer Übergangsphase zinslose Darlehen zu gewähren. Der dafür benötigte Verpflichtungskredit wird für das einmalige Projekt den Schwellenwert von 20 Millionen Franken nicht erreichen. Aus diesem Grund ist auch Artikel 100 Absatz 2 der Ausgabenbremse nicht zu unterstellen.

593

BBl 2019

5.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die Revision des BZG soll so ausgestaltet werden, dass sie insgesamt zu keiner Lastenverschiebung zwischen Bund und Kantonen führt. Die vorgesehene Zuständigkeitsregelung bei den Alarmierungs- und Telekommunikationssystemen wird den Bund zusätzlich belasten. Beim Sirenenalarmierungssystem Polyalert wird der Bund mit jährlich drei Millionen Franken zusätzlich belastet. Mittel- und längerfristig dürfe diese Belastung eher abnehmen, da sicher ein Effizienzgewinn realisiert werden kann, indem bisherige Doppelspurigkeiten abgebaut werden können. Zudem entfallen die Betriebsbeiträge der Kantone an den Bund im Umfang von zwei Millionen Franken pro Jahr. Die Kantone werden ihrerseits entlastet. Vorgesehen ist, dass der Bund die Investitionskosten und auch die alle rund acht Jahre wiederkehrenden Kosten für den grossen Werterhalt für die zentralen Komponenten des sicheren Datenverbundsystems trägt. Diese Finanzierungslösung belastet den Bund und entlastet die Kantone um jeweils rund drei Millionen Franken jährlich. Die Kosten für den Rückbau der technischen Schutzbausysteme von Schutzanlagen, die einer anderen Nutzung zugeführt werden sollen, sollen künftig durch die Kantone getragen werden. Heute hat der Bund diese Kosten vollumfänglich zu tragen. Dies «entlastet» den Bund um jährlich 5­10 Millionen Franken in den nächsten 25­30 Jahren.

Allerdings sind diese Zahlen abhängig von vielen Faktoren und damit mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Insgesamt erachtet der Bundesrat die vorgeschlagene Finanzierungslösung als ausgewogen: Der Bund übernimmt neue Aufgaben im Bereich der Alarmierungs- und Telekommunikationssysteme (Polyalert und nationales sicheres Datenverbundsystem) in der Höhe von rund 8 Millionen Franken jährlich, beim Rückbau der Schutzanlagen entlastet er sich um 5-10 Millionen Franken jährlich.

Mit der vorgeschlagenen Lösung wird sichergestellt, dass die Grundsätze der NFA eingehalten werden.

5.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Nach Artikel 5 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199045 muss der Bundesrat die vom Bund gewährten Finanzhilfen und Abgeltungen periodisch prüfen. In seinem Subventionsbericht vom 30. Mai 200846 hat der Bundesrat den Grundsatz aufgestellt, dass er Subventionen, deren Rechtsgrundlage innerhalb des Prüfzeitraums neu geschaffen oder revidiert wird, im Rahmen der dazugehörenden Botschaft systematisch überprüft. Dies erfolgt mit der vorliegenden Botschaft. Dabei wurde geprüft, ob Finanzhilfen und Abgeltungen durch ein Bundesinteresse hinreichend begründet sind, ob sie ihren Zweck auf wirtschaftliche und wirkungsvolle Art erreichen und ob sie einheitlich und gerecht geleistet werden. Zudem wurde geprüft, ob die Finanzhilfen und Abgeltungen in ihrer Ausgestaltung den finanzpolitischen 45 46

594

SR 616.1 BBl 2008 6229

BBl 2019

Erfordernissen Rechnung tragen und ob sie einer sinnvollen Aufgaben- und Lastenverteilung zwischen Bund und Kantonen entsprechen.

Der E-BZG sieht folgende Subventionen vor: ­

Artikel 92 Absatz 1 Bst. e: Subvention für das Zurverfügungstellen von standardisiertem Zivilschutzmaterial.

­

Artikel 92 Absätze 2, 3 und 5: Abgeltung für die Erstellung und für den Werterhalt von Schutzanlagen und Kulturgüterschutzräumen.

­

Artikel 92 Absatz 2: Subvention in Form einer Abgeltung für die Erweiterung der Telematikinstallationen in Schutzanlagen.

­

Artikel 92 Absatz 6: Abgeltung in der Form von Pauschalbeiträgen zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft von Schutzanlagen für den Fall bewaffneter Konflikte.

­

Artikel 92 Absatz 8: Subvention in Form einer Finanzhilfe für die Unterstützung von Tätigkeiten öffentlicher oder privater Organisationen im Bereich des Zivilschutzes.

­

Artikel 100 Absatz 1: Die Kostenübernahme durch den Bund für Bereitstellung, Unterhalt und ständige Betriebsbereitschaft der Sirenen in der Übergangsphase ist als Abgeltung ausgestaltet.

­

Artikel 100 Absatz 2: Subvention für die Vorfinanzierung der technischen Nachrüstung der beschafften Sendeanlagen des mobilen Sicherheitsfunksystems mittels zinslosem Darlehen.

Die vorliegenden Subventionen werden dem Kredit A231.0113 Zivilschutz belastet.

Bei den aufgrund von Artikel 92 zu gewährenden Abgeltungen handelt es sich um bereits existierende Subventionen.

Das standardisierte Zivilschutzmaterial (1,5 Mio. Franken jährlich) dient der Bewältigung von ABC-Ereignissen, für die der Bund zuständig ist (z. B. radiologische Verstrahlungslage). Es käme auch bei einem bewaffneten Konflikt zum Einsatz. Der Bund stellt den Kantonen das Material unentgeltlich zur Verfügung. Die zentrale Beschaffung und das Zurverfügungstellen ist nötig, um die Interoperabilität des Materials und die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit zu gewährleisten. Das Material wird den Kantonen auf Antrag zur Verfügung gestellt.

Die Erstellung und der Werterhalt von Schutzanlagen und Kulturgüterschutzräumen und deren Aufhebung (bei Stilllegung ohne nachfolgende Nutzung) werden mit jährlich 10­12 Millionen Franken abgegolten. Mit dieser Subvention wird der Werterhalt der Schutzanlagen gewährleistet. Der Bund prüft die Werterhaltungsprojekte aufgrund von Plänen und Dokumentationen der Kantone. Das Verfahren ist im Prozess Genehmigung Schutzbauten festgelegt. Die Anzahl der Schutzanlagen soll längerfristig reduziert werden und somit auch der Umfang der Abgeltung.

Für die Erweiterung der Telematikinstallationen in Schutzanlagen ist eine jährliche Abgeltung (0,5 Mio. Franken) für klar definierte Arbeiten und Leistungen in Form von Pauschalbeiträgen vorgesehen. Mit diesen Subventionen des Bundes wird die 595

BBl 2019

Sicherstellung der geschützten Kommunikation der Partnerorganisationen gewährleistet. Die Kantone müssen dem BABS die Gesuche um Genehmigung einreichen.

Die Vorgaben des Bundes werden im Rahmen des Prozesses Genehmigung Schutzbauten überwacht. Die Anzahl der Schutzanlagen wird längerfristig reduziert, und somit auch der Umfang der Subvention.

Die Abgeltung für die Unterhaltskosten zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der Schutzanlagen für den Fall bewaffneter Konflikte wird bis längstens vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes nach geltendem Recht (Art. 71 Abs. 3) ausgerichtet Die Kantone müssen die Schutzanlagen-Bedarfsplanung bis spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes einreichen. Während der Übergangsphase von vier Jahren werden keine Genehmigungen zur Aufhebung von Anlagen erteilt (siehe Art. 100 Abs. 4 E-BZG). Mit dieser Subvention wird die Betriebsbereitschaft der Schutzanlagen sichergestellt und überwacht. Der Umfang der jährlichen Subvention beläuft sich in der Übergangszeit auf rund 4,5­5,5 Millionen Franken jährlich. Die Auszahlung erfolgt jährlich auf Antrag der Kantone und der Eigentümer der Schutzanlagen (z. B. Gemeinden oder Spitalträgerschaften). Das Verfahren der Auszahlung ist auf Weisungsebene geregelt. Nach der Übergangsphase von vier Jahren sollte sich der Betrag reduzieren, da längerfristig weniger Schutzanlagen subventioniert werden.

Gemäss Artikel 92 Absatz 8 können Tätigkeiten öffentlicher oder privater Organisationen im Bereich des Zivilschutzes finanziell unterstützt werden. Bis anhin wurden noch keine Subventionen auf dieser Grundlage ausgerichtet.

Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Sirenenalarmsystem Polyalert zu einem Bundessystem wird und die entsprechenden Subventionen entfallen. Während einer Übergangsphase von längstens vier Jahren stellen die Kantone jedoch wie bis anhin die Sirenen nach den Vorgaben des Bundes bereit. Sie werden mit bis zu 400 Franken jährlich (pro Sirene) entschädigt. Dies ergibt ungefähr drei Millionen Franken jährlich. Diese Kostenübernahme ist als Abgeltung ausgestaltet. Mit der Subvention wird die Betriebsbereitschaft des flächendeckenden Sirenennetzes, über das die gefährdete Bevölkerung alarmiert werden kann, sichergestellt, bis der Bund das System abschliessend übernommen hat. Die Wirksamkeitsüberprüfung
der Systeme zur Alarmierung der Bevölkerung erfolgt im Rahmen des jährlichen Sirenentests.

Gemäss Artikel 100 Absatz 2 E-BZG kann der Bund den Kantonen die technische Nachrüstung ihrer beschafften Sendeanlagen des mobilen Sicherheitsfunksystems Typ Basisstation T-BS400e (siehe Art. 18 und 23) mittels zinslosem Darlehen vorfinanzieren, sofern der Parallelbetrieb verkürzt werden kann und die Lösung insgesamt wirtschaftlicher ist. Die Kantone zahlen die Vorfinanzierung bis spätestens 2028 zurück. Der dafür benötigte Verpflichtungskredit beträgt weniger als 20 Millionen Franken.

596

BBl 2019

5.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der E-BZG enthält namentlich in folgenden Bestimmungen eine Delegation von Rechtsetzungskompetenzen an den Bundesrat: ­

Artikel 7 Absatz 4: Festlegung der Organisation des Bundesstabes Bevölkerungsschutz.

­

Artikel 10 Absatz 2: Festlegung der Aufgaben der NAZ. Regelung der Zuständigkeiten, Vorgaben und Abläufe für die Warnung, Alarmierung und Information.

­

Artikel 17 Absatz 2: Festlegung der technischen Anforderungen, der notwendigen baulichen Einrichtungen, Zuständigkeiten und Abläufe hinsichtlich der Warnung und Alarmierung bei den Wasseralarmsystemen.

­

Artikel 18 Absatz 5, 19 Absatz 6, 20 Absatz 5 und 21 Absatz 6: Bei den gemeinsamen Kommunikationssystemen von Bund, Kantonen und Dritten legt der Bundesrat die Aufgaben im Einzelnen fest und regelt die technischen Aspekte.

­

Artikel 22 Absatz 7: Der Bundesrat regelt die Zuständigkeiten im Bereich der Ausbildung.

­

Artikel 23 Absatz 3: Festlegung der Anteile der Kostenbeteiligung der Teilnetzbetreiber für die Mitbenutzung von Sendeanlagen.

­

Artikel 23 Absatz 5: Der Bundesrat kann festlegen, dass die Kantone oder Dritte Mehrkosten, die sie aufgrund von Verzögerungen bei der Umsetzung von Massnahmen des Unterhalts oder Werterhalts beim Bund verursachen, zu tragen haben.

­

Artikel 25 Absatz 3: Regelung der Kostentragung eines allfälligen Pilotprojekts eines mobilen breitbandigen Sicherheitskommunikationssystems.

­

Artikel 26 Absatz 2: Der Bundesrat regelt die Kostentragung der Ausbildung im Bevölkerungsschutz nach Artikel 22.

­

Artikel 31 Absätze 8 und 9: Verlängerung der Schutzdienstpflicht.

­

Artikel 32 Absatz 3: Regelung der Einzelheiten für Durchdiener. Der Bundesrat legt insbesondere fest, für welche Aufgaben diese eingesetzt werden können.

­

Artikel 36 Absatz 4: Regelung der Einzelheiten in Bezug auf Schutzdienstpflichtige für Bundesaufgaben.

­

Artikel 40 Absatz 2: Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen für Sold, Verpflegung, Transport und Unterkunft der Schutzdienstleistenden. Er kann festlegen, dass das Aufgebot zur Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel berechtigt.

­

Artikel 52 Absatz 3: Regelung der Kaderausbildung.

­

Artikel 54 Absatz 5: Festlegung der Voraussetzungen und des Bewilligungsverfahrens für Einsätze zugunsten der Gemeinschaft.

597

BBl 2019

­

Artikel 63 Absatz 4: Der Bundesrat legt die Rahmenbedingungen fest für die Steuerung des Schutzraumbaus, die Höhe der Ersatzbeiträge und die Verwendung der Mittel für die zivilschutznahe Umnutzung von Schutzanlagen.

­

Artikel 67 Absatz 2: Festlegung der Voraussetzungen für die Aufhebung von Schutzräumen.

­

Artikel 69 Absätze 1­4: Im Bereich der Schutzanlagen regelt der Bundesrat zur Sicherstellung einer ausreichenden Bereitschaft die Erstellung, die Ausrüstung, den Unterhalt, die Erneuerung und die Umnutzung sowie die Bedarfsplanung.

­

Artikel 77 Absatz 3: Der Bundesrat legt Art und Umfang des standardisierten Materials des Zivilschutzes fest. Er kann organisatorische, ausbildungs- und einsatztechnische Vorgaben erlassen.

­

Artikel 92 Absatz 10: Festlegung der Voraussetzungen zur Übernahme oder Verweigerung der anerkannten Mehrkosten sowie zur Ausrichtung oder Verweigerung des Pauschalbeitrages zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der Schutzanlagen für den bewaffneten Konflikt.

An das BABS als die für den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz zuständige Stelle des Bundes werden direkt folgende Kompetenzen delegiert: ­

Artikel 43 Absatz 2: Erlass von Bestimmungen zur Verhütung von Unfällen und Gesundheitsschädigungen im Zivilschutz.

­

Artikel 46 Absatz 2: Regelung des Aufgebots für Aus- und Weiterbildungsdienste nach Artikel 55 Absätze 2­4.

­

Artikel 55 Absatz 5: Regelung der Inhalte der Zivilschutzausbildung und Voraussetzungen zur Verkürzung von Ausbildungsdiensten.

­

Artikel 56 Absatz 3: Das BABS regelt die Ausbildung des Lehrpersonals für den Zivilschutz und die Teilnahme des Lehrpersonals der Partnerorganisationen an Ausbildungsdiensten des Zivilschutzes.

­

Artikel 69 Absatz 5: Regelung der technischen Aspekte des Unterhalts und der Erneuerung der Schutzanlagen.

­

Artikel 72 Absatz 3: Das BABS regelt das Verfahren zur Genehmigung der Aufhebung von Schutzanlagen.

­

Artikel 92 Absatz 11: Festlegung von Pauschalen für die den Kantonen für Einsätze zugunsten der Gemeinschaft auf nationaler Ebene vergüteten Kosten.

Im Weiteren kann der Bundesrat dem BABS Rechtsetzungskompetenzen übertragen zur Regelung: ­

598

Artikel 9 Absatz 5: der Verbreitung von Informationen und Verhaltensanweisungen sowie der technischen Aspekte der Systeme zur Warnung der Behörden, zur Alarmierung und Information der Bevölkerung sowie des Notfallradios.

BBl 2019

­

Artikel 12 Absatz 4: der Vorgaben, an welche ABC-Stützpunkte das vom Bund beschaffte Material ausgeliefert wird, und der Einsatzbereitschaft dieses Materials.

­

Artikel 17 Absatz 3, 18 Absatz 5, 19 Absatz 6, 20 Absatz 5, 21 Absatz 6: der technischen Aspekte der Systeme.

­

Artikel 69 Absatz 4: der technischen Einzelheiten im Bereich der Bedarfsplanung der Schutzanlagen.

­

Artikel 76: der Projektierung, der Erstellung, der Ausrüstung, der Beschaffenheit, der Erneuerung, der Verwendung, des Unterhalts, der periodischen Kontrollen sowie der Aufhebung von Schutzbauten; der Steuerung des Schutzraumbaus und der Zuweisungsplanung sowie der Verwendung von Schutzbauten durch Dritte und der Anforderungen an das Zulassungsverfahren für prüfpflichtige Komponenten von Schutzbauten.

­

Artikel 77 Absatz. 4: der Sicherstellung der Einsatzbereitschaft der vom Bund beschafften Ausrüstung und des von ihm beschafften Materials.

5.8

Datenschutz

Das BABS bearbeitet zur Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der Rekrutierung (Art. 35) und der Kontrollaufgaben (Art. 48) Personendaten von Schutzdienstpflichtigen im PISA. Auch bearbeitet es Personendaten von Kursteilnehmenden zur Durchführung der Ausbildungen im Veranstaltungsadministratorsystem. In diesem Zusammenhang ist es befugt, namentlich zur Abklärung des Kaderpotenzials von Schutzdienstleistenden und Kursteilnehmenden Persönlichkeitsprofile zu erstellen.

Da besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile bearbeitet werden, ist eine Regelung auf formell-gesetzlicher Stufe vorzusehen (Art. 94 Abs. 1 und 2).

599

BBl 2019

600