17.047 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) vom 5. Juli 2017

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz).

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2014

P

14.3079

Lohngleichheit. Faire Chance für freiwillige Massnahmen (S 12.06.2014, Häberli-Koller Brigitte)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. Juli 2017

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2017-0883

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Übersicht Die Änderung des Gleichstellungsgesetzes verfolgt das Ziel, mit zusätzlichen staatlichen Massnahmen die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern zu verwirklichen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die fünfzig oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, werden gesetzlich dazu verpflichtet, alle vier Jahre eine Lohngleichheitsanalyse durchzuführen und diese überprüfen zu lassen.

Ausgangslage Der Auftrag zur Verwirklichung der Lohngleichheit ist seit 1981 in der Bundesverfassung verankert. Das Gleichstellungsgesetz (GlG) trat im Jahr 1996 in Kraft.

Dennoch ist die Lohngleichheit in der Realität noch nicht umgesetzt, wie sowohl die nationale Statistik als auch neuere Entscheide des Bundesgerichts belegen. Freiwillige Massnahmen, wie der sozialpartnerschaftliche Lohngleichheitsdialog, haben nicht zum erhofften Ziel geführt. Der Bundesrat stellte deshalb im Oktober 2014 fest, dass zusätzliche staatliche Massnahmen notwendig sind, um die Lohngleichheit zu verwirklichen. Am 18. November 2015 schickte er seine Vorschläge für eine Änderung des Gleichstellungsgesetzes bis am 3. März 2016 in die Vernehmlassung. Am 26. Oktober 2016 nahm er die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Kenntnis und beauftragte das EJPD, gestützt auf die Vernehmlassungsergebnisse, eine Botschaft auszuarbeiten. In der Legislaturplanung 2015­2019 hat das Parlament bestätigt, dass der Bundesrat eine Botschaft zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes verabschieden soll.

Inhalt der Vorlage Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die fünfzig oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, werden gesetzlich dazu verpflichtet, alle vier Jahre die Löhne in ihren Unternehmen zu analysieren. Die Lohngleichheitsanalyse soll ihnen ermöglichen, festzustellen, ob in ihrem Unternehmen systematische Unterschiede zwischen den Frauen- und Männerlöhnen bestehen. Danach soll diese Lohngleichheitsanalyse von Dritten überprüft werden. Der Staat soll nicht in diesen Prozess involviert werden. Für die Überprüfung können die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber unter drei verschiedenen Möglichkeiten auswählen. Entweder beauftragen sie damit ein Revisionsunternehmen, oder sie ziehen eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten bei. Schliesslich können sie auch ­ wie bereits beim Lohngleichheitsdialog
oder beim Engagement Lohngleichheit ­ eine innerbetriebliche Arbeitnehmervertretung oder eine Organisation nach Artikel 7 GlG mit der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse beauftragen.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Aktionärinnen und Aktionäre von börsenkotierten Gesellschaften sollen anschliessend über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse informiert werden.

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Schliesslich sieht der Entwurf vor, dass die Wirksamkeit dieser zusätzlichen staatlichen Massnahmen periodisch überprüft werden soll. Spätestens zehn Jahre nach dessen Inkrafttreten soll der Bundesrat dem Parlament Bericht über die Evaluation erstatten und Vorschläge für das weitere Vorgehen unterbreiten.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Geltende Regelung, Lohnunterschied und Lohndiskriminierung 1.1.2 Ergebnisse der Evaluation des Gleichstellungsgesetzes 1.1.3 Freiwillige Massnahmen 1.1.4 Bundesratsbeschluss vom 22. Oktober 2014 1.1.5 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens 1.1.6 Bundesratsbeschluss vom 26. Oktober 2016 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Geltungsbereich 1.2.2 Betriebsinterne Analyse der Löhne 1.2.3 Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse 1.3 Methoden zur Durchführung der Lohngleichheitsanalyse 1.3.1 Standard-Analysemodell des Bundes 1.3.2 Postulat Noser (14.3388): Evaluation des Standard-Analysemodells im Bund 1.3.3 Überblick über die Methoden, die Instrumente, die unabhängigen Stellen sowie die Intensität der Überprüfung 1.4 Kontrollen der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens 1.4.1 Geltendes Recht 1.4.2 Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen 1.4.3 Synergie von Lohngleichheitsanalyse nach GlG und Kontrolle der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens 1.5 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 1.5.1 Europäische Union 1.5.2 Internationale Ebene 1.5.3 Ausgewählte Staaten 1.6 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

5512 5512

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5539

3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf Kantone und grössere Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Auswirkungen auf die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann

5547 5547 5548 5548

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4

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

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Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungsmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.5 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

5551 5551 5551 5552 5552 5552

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) (Entwurf)

5553

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Geltende Regelung, Lohnunterschied und Lohndiskriminierung

Grundsatz der Lohngleichheit für gleichwertige Arbeit Der Grundsatz der Lohngleichheit für Frau und Mann steht seit 1981 in der Bundesverfassung1 (Art. 8 Abs. 3 Satz 3). Das Bundesgesetz vom 24. März 19952 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG), in Kraft seit 1. Juli 1996, verbietet die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Erwerbsleben generell und in Artikel 3 speziell die Lohndiskriminierung. Dieses Verbot gilt gleichermassen für öffentlich-rechtliche wie für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse und garantiert die Lohngleichheit für gleichwertige Arbeit.

Wenn Frauen und Männer innerhalb desselben Unternehmens für gleiche oder gleichwertige Arbeit unterschiedlich entlohnt werden, muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber objektiv nichtdiskriminierende Gründe für diesen Lohnunterschied angeben können, weil sonst eine Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegen könnte.3 Das Gleichstellungsgesetz erleichtert die Durchsetzung des Lohngleichheitsanspruchs mit einem individuellen Klagerecht (Art. 5), mit einer Beweislasterleichterung (Art. 6), mit dem Verbot der Rachekündigung (Art. 10) und mit dem Verbandsklagerecht (Art. 7).

Weder die Bundesverfassung (Art. 8 Abs. 3) noch das Gleichstellungsgesetz definieren, was unter Lohn zu verstehen ist. Das Bundesgericht versteht unter Lohn im Sinne der verfassungsrechtlichen Lohngleichheit für Mann und Frau sämtliche Entgelte für Arbeitsleistungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. 4 Dazu gehören sowohl der eigentliche Grundlohn (das Entgelt, das für geleistete Arbeit entrichtet wird) als auch alle sozialen Lohnbestandteile wie Familien-, Orts- und Kinderzulagen5, Teuerungszulagen, Gratifikationen, Boni, usw. 6 Zwischen Leistungen und Arbeit muss allerdings ein enger Zusammenhang bestehen.7

1 2 3 4 5 6

7

SR 101 SR 151.1 Zu den objektiven Gründen siehe das Unterkapitel «Lohndiskriminierung».

BGE 129 I 265; 126 II 217 E. 8a; 109 Ib 81 E. 4c.

Im Kontext von Lohngleichheitsanalysen werden gewisse Lohnbestandteile, wie z.B.

Kinder- und Familienzulagen, nicht berücksichtigt.

Margrith Bigler-Eggenberger/Regula Kägi-Diener, St. Galler Kommentar (2014) zu Art. 8, Rz. 125; Margrith Bigler-Eggenberger, Justitias Waage ­ wagemutige Justitia?; Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Gleichstellung von Frau und Mann, Basel 2003, Rz. 535; Georg Müller, Kommentar aBV, Basel 1996, Rz. 142 zu Art. 4.

Aus diesem Grunde gehört beispielsweise eine Witwenrente nicht zum Lohn im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Satz 3 BV; vgl. BGE 116 V 198 E. 2a oder 109 1b 81 E. 4c.

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Statistischer Lohnunterschied Mehr als fünfunddreissig Jahre nach der Verankerung in der Bundesverfassung ist die Lohngleichheit zwischen Frau und Mann noch immer nicht erreicht. Der Lohnunterschied nimmt aber tendenziell langsam ab und betrug gemäss den Zahlen der Lohnstrukturerhebung (LSE) 2014 in der Privatwirtschaft im Durchschnitt 19,5 Prozent (2012: 21,3 %, 2010: 23,6 %, 2008: 25 %).8 Wegen Änderungen bei der LSE von 2012 (Einbezug neuer Arbeitnehmerkategorien und Wechsel vom Anforderungsniveau der Stelle auf das Kompetenzniveau) lassen sich die Ergebnisse der LSE ab 2012 jedoch nicht direkt mit den Ergebnissen aus den Vorjahren vergleichen.

Der Lohnunterschied im öffentlichen Sektor (Bund, Kantone, Gemeinden) ist geringer als jener im privaten Sektor. Im Jahr 2014 betrug er durchschnittlich 16,6 Prozent (2012: 16,5 %).9 Lohndiskriminierung Die Unterschiede zwischen den Löhnen für Frauen und für Männer lassen sich durch objektive Gründe wie Alter, Ausbildung, Dienstjahre (persönliche Merkmale) und durch die Arbeitsstelle im Unternehmen und die ausgeübte Tätigkeit (arbeitsplatzbezogene Merkmale) rechtfertigen. Die Lohndifferenz lässt sich aber auch darauf zurückführen, dass Frauen in Berufen mit tiefen Lohnniveaus überproportional vertreten sind oder dass sie ihre berufliche Laufbahn zugunsten familiärer Verpflichtungen unterbrochen haben. Der Anteil des Lohnunterschieds, der sich nicht durch die verwendeten Erklärungsgrössen der Lohnstrukturerhebung erklären lässt, umfasst die Lohndiskriminierung und Kriterien, die grundsätzlich keinen Einfluss auf den Lohn haben sollten (z.B., ob jemand Kinder hat).10 Eine geschlechtsbezogene Lohndiskriminierung kann sich sowohl aus einer generellen Einstufung bestimmter Funktionen im Rahmen eines Lohn- oder Tarifsystems ergeben als auch aus der konkreten Entlöhnung einer bestimmten Person im Vergleich zu jener von Personen des anderen Geschlechts im selben Unternehmen. Sie kann in beiden Fällen insbesondere darauf zurückzuführen sein, dass Arbeitsleistungen nach direkt oder indirekt diskriminierenden Kriterien bewertet werden. Eine Studie im Rahmen des Nationalfondsprogramms 60 «Gleichstellung der Geschlech8

9 10

Die Lohnstrukturerhebung (LSE) wird alle zwei Jahre im Oktober mittels Direkterhebung bei den Unternehmen durchgeführt. Im Jahr 2014 umfasste sie ca. 35 000 Unternehmen (= 1,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer). Das Bundesamt für Statistik (BFS) übernimmt für die LSE die internationalen Standards für die Statistik. In der LSE werden folgende Lohnkomponenten erhoben: Bruttolohn im Monat Oktober (inkl.

Naturalleistungen), regelmässig ausbezahlte Prämien-, Umsatz- oder Provisionsanteile, Entschädigung für Schicht-, Nacht- und Sonntagsarbeit, 1/12 vom 13. Monatslohn und 1/12 von den jährlichen Sonderzahlungen. Präsentiert werden die Ergebnisse entweder als standardisierte Bruttomonatslöhne (Umrechnung auf ein Vollzeitäquivalent von 4 Wochen zu 40 Arbeitsstunden) oder als Nettomonatslöhne (effektiv ausbezahlte Beträge, inklusive Ausbezahlung der Überstunden).

Vgl. Medienmitteilung des Bundesamtes für Statistik vom 07.03.2017.

International Labour Organization: Global Wage Report 2014/15, Geneva 2015, xviii.

Vgl. Analyse der Löhne von Frauen und Männern anhand der Lohnstrukturerhebung 2014, Silvia Strub und Livia Bannwart, Büro BASS, Bern 2017, insbes. S. 6 Fussnote 9.

www.bfs.admin.ch > Aktuell > Neue Veröffentlichungen.

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ter» zeigt, dass Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern nicht nur das Ergebnis unterschiedlicher Karriereverläufe sind. Bereits beim Eintritt ins Erwerbsleben verdienen junge Frauen trotz gleich guter Qualifikation und im selben Beruf weniger als ihre Kollegen.11 Der unerklärte Teil des Lohnunterschieds bleibt gemäss den Zahlen der LSE 2014 statistisch gesehen stabil: Er betrug im Jahr 2014 in der Privatwirtschaft durchschnittlich 39,1 Prozent (2012: 40,9 %), was 585 Franken pro Monat (2012: 678 Franken pro Monat) entspricht. Im gesamten öffentlichen Sektor (Bund, Kantone, Gemeinden) lag der unerklärte Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern bei durchschnittlich 41,7 Prozent, d.h. 608 Franken pro Monat.

1.1.2

Ergebnisse der Evaluation des Gleichstellungsgesetzes

Knapp zehn Jahre nach seinem Inkrafttreten wurden die Wirkungen des Gleichstellungsgesetzes evaluiert.12 Die Evaluation ergab, dass die vom Gesetz zur Verfügung gestellten Instrumente zur Durchsetzung der Lohngleichheit grundsätzlich geeignet sind. Die Zahl der Fälle, die eingeklagt wurden, hat seit dem Inkrafttreten des Gesetzes deutlich zugenommen. Vor Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes gab es auf der Grundlage des Lohngleichheitsartikels in der Bundesverfassung etwa 15 Lohngleichheitsklagen. Im Vergleich dazu wurden in den ersten zehn Jahren des Gleichstellungsgesetzes 153 Gerichtsentscheide zur Lohngleichheit gefällt. Wie die Ergebnisse der Evaluation jedoch aufzeigen, hindern die Angst vor Arbeitsplatzverlust und Exponierung sowie die Schwierigkeit der Informationsbeschaffung nach wie vor viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer daran, sich gegen vermutete Lohndiskriminierungen zu wehren. Zudem obliegt die gerichtliche Durchsetzung den einzelnen Arbeitnehmenden oder ­ unter bestimmten Voraussetzungen (Art. 7 GlG) ­ privaten Organisationen. Eine behördliche Durchsetzung des verfassungsmässigen Rechts auf Lohngleichheit ist im geltenden Gleichstellungsgesetz nicht vorgesehen.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmerinnen beim Lohn diskriminieren, werden deshalb für ihr verfassungs- und gesetzeswidriges Verhalten nur in wenigen Einzelfällen zur Verantwortung gezogen. Zudem sind die Sanktionen, die wegen Lohndiskriminierung ausgesprochen werden können, nicht sehr schwerwiegend, sodass gewisse Unternehmen das Risiko von Lohnklagen in Kauf nehmen.

Eine Ausnahme von dieser privatrechtlichen Konzeption bildet das öffentliche Beschaffungswesen (vgl. auch Ziff. 1.4.1). Gemäss dem Bundesgesetz vom 16. Dezember 199413 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) darf der Bund Aufträge nur an Unternehmen vergeben, die die Lohngleichheit von Frau und Mann gewährleisten (Art. 8 Abs. 1 Bst. c BöB). Um die Einhaltung der Lohngleichheit zu

11 12 13

NFP 60: BELODIS ­ Berufseinstieg und Lohndiskriminierung, Michael Marti und Kathrin Bertschy, Ecoplan, Bern 2013.

www.bj.admin.ch > Staat und Bürger > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Lohngleichheit > Dokumente betreffend das Gleichstellungsgesetz > Synthesebericht SR 172.056.1

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überprüfen, kann der Bund Kontrollen durchführen (Art. 6 Abs. 4 VöB14). Er kann zudem Konventionalstrafen (Art. 6 Abs. 5 VöB) verhängen. Heute führen neben dem Bund auch verschiedene Kantone (z.B. Basel-Stadt, Bern, Genf) und Städte (z.B. Bern, Zürich) bei Unternehmen Lohngleichheitskontrollen durch. Die Anzahl der Kontrollen ist jedoch tief, obwohl sie namentlich auf Bundesebene tendenziell ansteigt (rund 30 Stichkontrollen pro Jahr).

Der Bundesrat hielt bereits in seinem Bericht vom 15. Februar 2006 über die Evaluation der Wirksamkeit des Gleichstellungsgesetzes 15 fest, dass dieses Gesetz, obwohl grundsätzlich wirksam, die Durchsetzung der Gleichstellung im Erwerbsleben nicht alleine bewirken kann. Neben einer Änderung der Rahmenbedingungen sind auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber massgeblich in die Verantwortung einzubeziehen. Zusätzlich zur Information und der Sensibilisierung zum Thema der Gleichstellung im Allgemeinen und der Lohngleichheit im Besonderen schlug der Bundesrat damals vor, die Vor- und Nachteile verschiedener Modelle von Behörden mit Untersuchungs- und Durchsetzungskompetenzen vertiefter zu prüfen.

Eine weitere Analyse der Gerichtsentscheide nach dem Gleichstellungsgesetz wurde im Juni 2017 veröffentlicht. Sie zeigt, dass die bereits im Jahr 2006 festgestellten Probleme bei der Anwendung des Gleichstellungsgesetzes nach wie vor bestehen.

Von den knapp 200 untersuchten kantonalen Gerichtsentscheiden und Schlichtungsfällen betrafen rund ein Drittel Lohndiskriminierungsfälle.16

1.1.3

Freiwillige Massnahmen

Lohngleichheitsdialog Im Herbst 2007 fand ein vom Bund organisiertes Hearing zu behördlichen Durchsetzungsinstrumenten zur Verwirklichung der Lohngleichheit statt. An diesem Hearing beschlossen die Dachverbände der schweizerischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, gemeinsam zu versuchen, die Lohngleichheit möglichst rasch, aber ohne staatliche Massnahmen zu verwirklichen. Der Bundesrat zeigte sich bereit, diesem Vorhaben eine Chance einzuräumen. Er hielt aber immer wieder fest, dass er, sollte das Projekt nicht die erhofften Fortschritte bringen, zusätzliche staatliche Massnahmen zur Verwirklichung der Lohngleichheit erwägen werde.17 Das Projekt «Lohngleichheitsdialog» wurde im Frühling 2009 von den Sozialpartnern 14 15 16

17

Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen, VöB, SR 172.056.11 BBl 2006 3161 Analyse der kantonalen Rechtsprechung nach dem Gleichstellungsgesetz (2004­2015), Forschungsbericht, im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann, Karin Lempen/Aner Voloder, Juni 2017 (www.ebg.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Publikationen zu Gleichstellung im Erwerbsleben > Gleichstellungsgesetz).

Z.B. in seiner Stellungnahme vom 4. März 2011 zur anschliessend vom Nationalrat angenommenen, dann vom Ständerat sistierten und schliesslich am 16. Juni 2016 abgelehnten Motion 10.3934 Simoneschi-Cortesi «Lohngleichheit von Frauen und Männern. Kontrollmechanismus» oder zur vom Nationalrat am 17.04.2013 abgelehnten Motion 11.3517 Schenker «Lohntransparenz schaffen».

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mit Unterstützung des Bundes lanciert. Das Projekt zielte darauf ab, die Lohndiskriminierung von Frauen mit freiwilligen Lohngleichheitsanalysen durch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in ihren Unternehmen möglichst rasch zu beseitigen.

Für die Dauer dieses fünfjährigen Pilotprojekts auferlegte sich der Bund selber ein Moratorium: Während dieser Zeit wollte er darauf verzichten, weitere staatliche Massnahmen zur Durchsetzung der Lohngleichheit zu erwägen. Dafür unterstützte er den Lohngleichheitsdialog.18 Der erhoffte Erfolg des Lohngleichheitsdialogs blieb allerdings aus. Die Zahl der teilnehmenden Unternehmen blieb mit 51 deutlich unter den angestrebten 100. Fast die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen waren zudem staatliche oder staatsnahe Betriebe. Die Ergebnisse der Evaluation des Projekts zeigen, dass der auf Freiwilligkeit basierende Dialog zur Verwirklichung der Lohngleichheit nicht genügte.19 Engagement Lohngleichheit Dennoch entschlossen sich die Sozialpartner (Schweizerischer Arbeitgeberverband, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Travail.Suisse), den partnerschaftlichen Weg bei der Durchsetzung der verfassungsrechtlich garantierten Lohngleichheit weiterzuführen. Das «Engagement Lohngleichheit» (ELEP) ist aus dem Pilotprojekt Lohngleichheitsdialog entstanden.20 Der Bund unterstützt auch dieses Vorhaben. Allerdings haben bis jetzt erst zwei Unternehmen sowie der Bund beim Engagement Lohngleichheit teilgenommen.

Private Zertifizierungen Zahlreiche private Unternehmen haben Produkte entwickelt, um die Löhne zu analysieren. Einige bieten auch Lohnvergleiche innerhalb von Branchen an, bei denen jedoch der Aspekt der Lohngleichheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern innerhalb eines Unternehmens meistens nicht berücksichtigt wird. Einige wenige Organisationen haben sich auf Lohngleichheitsanalysen spezialisiert. Die Nachfrage für diese Produkte ist bisher gering geblieben.

Der vorliegende Entwurf hat keinen Einfluss auf diese privaten Zertifizierungen.

Charta der Lohngleichheit im öffentlichen Sektor21 Dem öffentlichen Sektor kommt in der Förderung der beruflichen Gleichstellung und der Bekämpfung jeder Form der Diskriminierung eine Vorbildfunktion zu. Im Rahmen des zweiten nationalen Treffens zur Förderung der Lohngleichheit in der 18

19

20 21

Neben der finanziellen und personellen Unterstützung luden die drei involvierten Bundesräte Sommaruga, Berset und Schneider-Ammann in einem Appellschreiben ausgewählte grosse Firmen ein, sich als Vorbild für weitere Unternehmen am Lohngleichheitsdialog zu beteiligen.

Schlussevaluation von Thomazine von Witzleben im Auftrag des Bundesamtes für Justiz: «Der Lohngleichheitsdialog. Ein Projekt der Sozialpartner und des Bundes. Bericht vom 30.06.2014 zuhanden der Trägerschaft des Lohngleichheitsdialogs»: www.elep.ch > Dokumente > Schlussevaluation LGD 2014.

www.ebg.admin.ch > Themen > Arbeit > Plattform Lohngleichheit > Sozialpartnerschaft: Engagement Lohngleichheit www.ebg.admin.ch > Themen > Arbeit > Plattform Lohngleichheit > Engagement des öffentlichen Sektors > Charta der Lohngleichheit im öffentlichen Sektor

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öffentlichen Verwaltung, das am 6. September 2016 in Bern stattfand, wurde die Charta der Lohngleichheit von Bundesrat Berset lanciert. Bisher (Stand Mai 2017) haben 20 Gemeinden und 10 Kantone sowie der Bund die Charta unterzeichnet.

Die Charta fordert den öffentlichen Sektor auf, seine Kompetenzen und seine Partnerschaften für die Lohngleichheit zu nutzen. Mit der Unterzeichnung der Charta der Lohngleichheit bekräftigen der Bund, die Kantone und die Gemeinden ihre Entschlossenheit, den verfassungsmässigen Grundsatz der Lohngleichheit für gleichwertige Arbeit umzusetzen.

Gestützt auf diese Charta setzen sich die Unterzeichnenden insbesondere für folgende Bereiche ein: die Sensibilisierung für das Gleichstellungsgesetz bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für die Lohnfestsetzung, Funktionsbewertung, Rekrutierung, Ausbildung und berufliche Förderung zuständig sind; regelmässige Überprüfung der Einhaltung der Lohngleichheit in der öffentlichen Verwaltung nach anerkannten Standards; Förderung einer regelmässigen Überprüfung der Einhaltung der Lohngleichheit nach anerkannten Standards in den der öffentlichen Hand nahestehenden Körperschaften; Einhaltung der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungs- und Subventionswesens durch die Einführung von Kontrollmechanismen; Information über die konkreten Ergebnisse dieses Engagements.

1.1.4

Bundesratsbeschluss vom 22. Oktober 2014

Trotz des seit 1981 bestehenden Verfassungsauftrags, dass die Lohngleichheit durchgesetzt werden soll, und trotz aller seither unternommenen Bemühungen gibt es immer noch Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts. Dieser Umstand sowie die mangelnde Bereitschaft von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, freiwillig für die Durchsetzung der Lohngleichheit in ihren Unternehmen zu sorgen, haben den Bundesrat zur Überzeugung gebracht, dass es ohne zusätzliche staatliche Massnahmen nicht geht.22 Der Bundesrat beschloss deshalb am 22. Oktober 2014, mit zusätzlichen staatlichen Massnahmen dafür zu sorgen, dass die Lohngleichheit schneller verwirklicht wird.

Gemäss diesem Bundesratsbeschluss sollten die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet werden, selber regelmässig eine betriebsinterne Lohngleichheitsanalyse durchzuführen. Von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern beauftragte unabhängige Dritte sollten die Durchführung der Lohngleichheitsanalyse kontrollieren. Zudem sollte geprüft werden, inwiefern eine Meldepflicht der Kon22

Dabei stützte sich der Bundesrat auch auf zwei Studien zur Lohngleichheit, die er in diesem Zusammenhang in Auftrag gegeben hat: Die Studie des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung untersuchte die staatlichen Instrumente zur Durchsetzung der Lohngleichheit in 14 ausgewählten Staaten. Die Studie der Forschungsgemeinschaft Interface/Universität Bern analysierte, welche staatlichen Durchsetzungsmechanismen in der Schweiz bereits in anderen Bereichen existieren und ob diese auch für die Durchsetzung der Lohngleichheit geeignet wären. Zusätzlich wurden drei ausländische Modelle mit staatlichen Durchsetzungsinstrumenten im Bericht der Lohngleichheit näher untersucht und Empfehlungen für Lösungsansätze in der Schweiz abgegeben.

www.bj.admin.ch > Staat & Bürger > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Lohngleichheit > Dokumente betreffend das Gleichstellungsgesetz.

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trollstelle für jene Fälle vorgesehen werden könnte, bei denen es eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber unterlässt, Korrekturmassnahmen zur Beseitigung einer festgestellten Lohndiskriminierung zu ergreifen. Als Sanktion sollte die Eintragung des betroffenen Unternehmens in eine öffentlich zugängliche Liste vorgesehen werden.23 Auf diese Weise beabsichtigte der Bundesrat, die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau innerhalb der Unternehmen zu verwirklichen, ohne dass der Staat selber Lohnkontrollen durchführen muss. Die Lohndiskriminierung sollte beseitigt werden, mindestens aber sich gegenüber heute deutlich verringern. Die zusätzlichen staatlichen Massnahmen sollten in dieser Hinsicht einen klar messbaren Mehrwert schaffen. Mit einer Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) sollten überdies die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten gesetzlichen Massnahmen untersucht werden. Im Dezember 2014 wurde eine RFA in Auftrag gegeben. Der Schlussbericht24 über die RFA wurde am 7. September 2015 eingereicht (vgl. Ziff. 1.1.6).

1.1.5

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Gemäss den Vorgaben im Bundesratsbeschluss vom 22. Oktober 2014 wurde eine Vernehmlassungsvorlage ausgearbeitet. Am 18. November 2015 wurde das Vernehmlassungsverfahren eröffnet. Es dauerte bis zum 3. März 2016. Es sind über hundert Stellungnahmen zur Vernehmlassungsvorlage eingegangen.25 Die Vernehmlassungsvorlage stiess auf ein geteiltes Echo. Während ein Teil der Vernehmlasser zusätzliche staatliche Massnahmen zur Durchsetzung der Lohngleichheit als notwendig erachtete, lehnten andere Vernehmlasser das Projekt vollumfänglich ab. Von einigen Befürwortern von zusätzlichen staatlichen Massnahmen wurden die Vorschläge des Bundesrates allerdings als zu wenig griffig eingeschätzt, weshalb sie sich gegenüber der Vorlage sehr kritisch geäussert haben. Dazu gehören insbesondere 3 Kantone und eine Partei (GPS).

13 Kantone, 4 Parteien (BDP, CVP, FDP, SVP), 5 Wirtschaftsdachverbände sowie zahlreiche weitere interessierte Kreise aus der Wirtschaft lehnten die Vernehmlassungsvorlage ab. Alle ablehnenden Vernehmlassungsteilnehmer hielten in ihren Stellungnahmen fest, dass sie vollumfänglich hinter dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Lohngleichheit stehen würden. Sie seien überzeugt, dass verantwor23

24

25

Diese Idee war nicht neu: Das SECO führt bereits heute solche öffentlichen Listen, vgl.

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 gegen die Schwarzarbeit (BGSA; SR 822.41, Art. 13 Abs. 3) und Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (SR 823.20, Art. 9 Abs. 3).

Schlussbericht vom 7. September 2015: www.bj.admin.ch > Staat & Bürger > Laufende Rechtsetzungsprojekte > Lohngleichheit > Regulierungsfolgenabschätzung Das Büro INFRAS arbeitete mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), Hochschule für Wirtschaft im Koreferat zusammen. Als Autorinnen und Autoren figurieren Susanne Stern (Projektleiterin, INFRAS), Judith Trageser (INFRAS), Bettina Rüegge (INFRAS), Andrea Schultheiss (INFRAS), Rolf Iten (INFRAS). Im Koreferat figurieren Nathalie Amstutz (FHNW) und Erhard Lüthi (FHNW).

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2015 > EJPD

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tungsvolle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber keine Lohndiskriminierung betreiben und auch kein ökonomisches Interesse für ein solches Verhalten bestünde. Deshalb sei auch kein Regelungsbedarf vorhanden. Die Vorlage würde einen unverhältnismässigen Eingriff in den freien Arbeitsmarkt darstellen und den Wirtschaftsstandort Schweiz übermässig belasten. Der administrative Aufwand für die Unternehmen sei zu hoch. Zudem seien das vorgeschlagene Lohngleichheitsanalysetool ungeeignet und die Berechnungsfaktoren ungenügend.

13 Kantone, 2 Parteien (GLP, SP) sowie 3 Frauenparteien (CVP Frauen Schweiz, FDP.Die Liberalen Frauen, SP Frauen Schweiz), 1 Wirtschaftsdachverband, der Schweizerische Städteverband sowie zahlreiche Frauenverbände und -organisationen haben die Vernehmlassungsvorlage begrüsst oder staatliche Massnahmen grundsätzlich befürwortet. Sie erachten den Schritt des Bundesrates als notwendig. Für die meisten von ihnen handelt es sich bei der Vernehmlassungsvorlage aber um eine Minimalvorlage. Gemäss ihrer Ansicht sollten die gesetzlichen Massnahmen deutlich weiter gehen und insbesondere Sanktionen beinhalten. Zur Verbesserung der Wirksamkeit der Vorlage wurden vor allem staatliche Stichproben, ein behördliches Klage- und Beschwerderecht, griffige Sanktionen, die Umkehr der Beweislast, ein Kollektivklagerecht sowie finanzielle Begleit- und Ermutigungsmassnahmen zur Unterstützung der Unternehmen vorgeschlagen.

1.1.6

Bundesratsbeschluss vom 26. Oktober 2016

Der Bundesrat nahm am 26. Oktober 2016 vom Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens Kenntnis und beauftragte das EJPD, ihm bis Ende Juni 2017 eine Botschaft zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes gemäss seinen Vorgaben zu unterbreiten.

Im Weiteren beauftragte er das EDI, in Zusammenarbeit mit dem EJPD ein Zertifizierungssystem für Lohngleichheitsanalysen zu prüfen. Die in Auftrag gegebene Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) zu den vorgesehenen zusätzlichen staatlichen Massnahmen zur Beseitigung der Lohndiskriminierung unterstützt die Absicht des Bundesrates. Gemäss RFA-Schlussbericht ist die Notwendigkeit für staatliches Handeln gegeben ­ es gibt einen klaren Verfassungsauftrag, und es handelt sich um ein Marktversagen. Dem Arbeitsmarkt ist es bisher nicht gelungen, die verfassungsrechtlich gebotene Lohngleichheit zu verwirklichen. Zudem wurden mit freiwilligen Massnahmen in der Vergangenheit nur geringe Fortschritte erzielt.

1.2

Die beantragte Neuregelung

Mit der vorliegenden Revision des Gleichstellungsgesetzes werden zusätzliche Massnahmen ergriffen, welche die Arbeitgeberseite im Fokus haben. Mit der Revision werden zwei Ziele verfolgt: Einerseits sollen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für das Problem der Lohndiskriminierung sensibilisiert werden. Anderseits soll eine allenfalls bestehende systematische Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts in den Unternehmen durch regelmässige Lohngleichheitsanalysen aufgedeckt und beseitigt werden.

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Die vorgeschlagene gesetzliche Regelung ruht auf drei Pfeilern: Lohngleichheitsanalyse, Überprüfung und Information. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber werden gesetzlich dazu verpflichtet, periodisch eine Lohngleichheitsanalyse durchzuführen.

Diese Lohngleichheitsanalysepflicht gilt sowohl für die privatrechtlichen als auch für die öffentlich-rechtlichen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Sanktionen für den Fall, dass keine Lohngleichheitsanalyse durchgeführt wird, werden keine vorgesehen. Stattdessen soll die Lohngleichheitsanalyse durch eine unabhängige Stelle überprüft sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer informiert werden.

Für die Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse werden drei verschiedene Möglichkeiten vorgesehen, bei denen die Intensität der Überprüfung variiert. Eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber, die oder der das Standard-Analysemodell des Bundes verwendet, kann ein Revisionsunternehmen mit der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse beauftragen. Das Revisionsunternehmen nimmt eine Überprüfung im formellen Sinn vor. Dies bedeutet, dass in standardisierter Weise (z.B. mittels einer Checkliste) geprüft wird, ob die Lohngleichheitsanalyse formell korrekt durchgeführt wurde.

Eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber, die oder der die Lohngleichheitsanalyse nicht mit dem Standard-Analysemodell des Bundes vornimmt, sondern eine andere wissenschaftliche und rechtskonforme Methode verwendet, ist verpflichtet, anstelle eines Revisionsunternehmens eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten beizuziehen. Die anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder der anerkannte Lohngleichheitsexperte wird in diesem Fall eine materielle Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse vornehmen. Dabei wird die inhaltliche Richtigkeit der Lohngleichheitsanalyse überprüft. Eine Arbeitgeberin oder eine Arbeitgeber kann selbstverständlich auch bei der Verwendung des Standard-Analysemodells des Bundes eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten mit der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse beauftragen. Dank ihrer Ausbildung und Erfahrung verfügen die anerkannten Lohngleichheitsexpertinnen und -experten über die fachliche Kompetenz, um in einem Unternehmen zu prüfen, ob die Löhne diskriminierungsfrei ausbezahlt werden. Im Gegensatz
zu den Revisorinnen und Revisoren benötigen die anerkannten Lohngleichheitsexpertinnen und Lohngleichheitsexperten deshalb kein standardisiertes Verfahren.

Schliesslich kann eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber auch eine Organisation gemäss Artikel 7 GlG oder eine Arbeitnehmervertretung gemäss dem Mitwirkungsgesetz vom 17. Dezember 199326 beiziehen. Damit sind Gewerkschaften und betriebsinterne Arbeitnehmerorganisationen gemeint. Mit diesen vereinbaren die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber das genaue Vorgehen der Überprüfung. Die Möglichkeit der partnerschaftlichen Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse gab es bereits beim Lohngleichheitsdialog. Sie kann heute auch beim ELEP, dem Nachfolgeprodukt des Lohngleichheitsdialogs, genutzt werden.

26

SR 822.14

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Die Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse wird nur für den privatrechtlichen Sektor gesetzlich geregelt. Der Bund, die Kantone und die Gemeinden haben in ihrem jeweiligen Kompetenzbereich selbständig für eine entsprechende Überprüfung durch eine unabhängige Stelle zu sorgen.

Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schliesslich über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse informieren. Bei börsenkotierten Gesellschaften müssen auch die Aktionärinnen und Aktionäre darüber informiert werden.

Auf eine Pflicht zur Meldung säumiger Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und auf die Eintragung in eine öffentlich zugängliche Liste als Sanktion dafür wurde hingegen aufgrund der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens verzichtet.

1.2.1

Geltungsbereich

Grundsätzlich gilt die verfassungsrechtliche Pflicht zur Einhaltung der Lohngleichheit für alle privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Deshalb werden sowohl die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber des privaten Sektors als auch des öffentlichen Sektors verpflichtet, Lohngleichheitsanalysen durchzuführen.

Da eine statistische Lohngleichheitsanalyse in einem Unternehmen mit wenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern grundsätzlich nicht ausreichend aussagekräftig ist, soll die gesetzliche Lohngleichheitsanalysepflicht auf Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit 50 und mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschränkt werden. Die Grenze bei 50 Beschäftigten zu setzen, ist kohärent mit anderen Bereichen. Beispielsweise müssen bei der Lohnstrukturerhebung (LSE), die alle zwei Jahre durchgeführt wird, alle Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern obligatorisch teilnehmen.27 Die dafür aufzubereitenden Daten sind mit denjenigen, die für eine Lohngleichheitsanalyse mit dem Standard-Analysemodell des Bundes28 benötigt werden, praktisch identisch. Damit werden in der Privatwirtschaft rund 12 000 Unternehmen mit über 2,7 Millionen Beschäftigten betroffen sein (in Prozentzahlen: 2 % der Unternehmen und 54 % der Beschäftigten). In mehreren anderen Gesetzen gilt eine Grenze von 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.29

27 28 29

Verordnung vom 30. Juni 1993 über die Durchführung von statistischen Erhebungen des Bundes, Statistikerhebungsverordnung, SR 431.012.1.

Vgl. Ziff. 1.3.1 Art. 2 und Art. 73b Abs. 3 der Verordnung 1 vom 10. Mai 2000 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1, SR 822.111), Art. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1993 über die Information und Mitsprache der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben (Mitwirkungsgesetz, SR 822.14) oder Art. 6quater Abs. 2 der Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV, SR 831.201).

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1.2.2

Betriebsinterne Analyse der Löhne

Die Analyse der Löhne innerhalb eines Unternehmens soll aufzeigen, ob eine systematische Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegt, d.h. ob die in einem bestimmten Unternehmen ausbezahlten Löhne für die weiblichen (oder männlichen) Beschäftigten bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit geringer ausfallen als diejenigen für die männlichen (oder weiblichen) Beschäftigten, ohne dass dieser Unterschied durch objektiv-nichtdiskriminierende Faktoren gerechtfertigt wäre.

Es kann allerdings vorkommen, dass in einem Unternehmen in Einzelfällen eine Lohndiskriminierung vorliegt, obwohl die Analyse der Löhne keine systematische Ungleichbehandlung offenbart hat. Gegen individuelle Lohndiskriminierungen kann weiterhin mit Lohnklagen nach dem GlG vorgegangen werden.

Vermutet eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer bei sich eine Lohndiskriminierung, wird sie oder er die Lohngleichheit wie heute auf dem Weg der Lohnklage durchsetzen (Art. 5 GlG). Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber werden dazu verpflichtet, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse, die sie regelmässig durchführen müssen, zu informieren. Diese auf das gesamte Unternehmen bezogene Information kann allenfalls eine Handhabe liefern, damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Ansprüche im Falle einer vermuteten individuellen Lohndiskriminierung auf dem Rechtsweg durchsetzen können. Allerdings wird die Information der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber keine Angaben enthalten, die für den Einzelfall aussagekräftig sind. Wird im Rahmen einer Lohngleichheitsanalyse eine systematische Lohndiskriminierung in einem Unternehmen festgestellt, liegt jedoch ein Indiz für die Glaubhaftmachung einer individuellen Lohndiskriminierung vor, die widerlegbar ist.

1.2.3

Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse

Gemäss dem Konzept, das dem Vernehmlassungsentwurf zugrunde lag, sollten die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für die Überprüfung ihrer Lohngleichheitsanalyse zwischen zwei verschiedenen Stellen auswählen können: zwischen einer Revisionsstelle und einer Selbstregulierungsorganisation. Als Alternative konnten sie die Lohngleichheitsanalyse mit einem Sozialpartner (Gewerkschaften, betriebsinterne Arbeitnehmervertretungen) durchführen.

Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse beschloss der Bundesrat, auf die Möglichkeit der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse durch Selbstregulierungsorganisationen zu verzichten.

Um dem Wunsch nach mehr Lösungsmöglichkeiten entgegenzukommen, können die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gemäss vorliegendem Entwurf zwischen drei Möglichkeiten auswählen, wie sie ihre Lohngleichheitsanalyse überprüfen lassen wollen. Sie können ein Revisionsunternehmen damit beauftragen. Sie können aber auch eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten oder ­ wie in der Vernehmlassungsvorlage ­ eine Gewerkschaft oder eine betriebsinterne Arbeitnehmervertretung beziehen. Je nach Variante wird die Intensität der Überprüfung eine andere sein.

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Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse durch ein Revisionsunternehmen Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können zur Überprüfung ihrer Lohngleichheitsanalyse ein Revisionsunternehmen beauftragen, sofern sie für die Analyse das Standard-Analysemodell des Bundes verwendet haben. Dies muss nicht zwingend ihre gesetzliche Revisionsstelle gemäss Handelsregister sein. Es kann auch ein anderes Revisionsunternehmen beigezogen werden. Die Revisionsunternehmen müssen allerdings nach dem Revisionsaufsichtsgesetz vom 16. Dezember 2005 30 (RAG) zugelassen sein. Sie unterstehen strengen fachlichen Anforderungen. Zudem sind die Revisionsunternehmen an das Revisionsgeheimnis (Art. 730b Abs. 2 OR)31 gebunden.

Da die Überprüfung von Lohngleichheitsanalysen bis heute nicht zum Aufgabenbereich von Revisionsunternehmen gehört, muss dafür gesorgt werden, dass die leitenden Revisorinnen und Revisoren, die mit dieser neuen spezialgesetzlichen Prüfungsaufgabe betreut werden, sich die notwendigen zusätzlichen Kenntnisse aneignen können. Grundvoraussetzung ist die Zulassung als Revisorin oder Revisor nach dem RAG. Weiter gehören dazu vor allem Kenntnisse über den Grundsatz der Lohngleichheit für Frauen und Männer, über die Grundlagen der Statistik sowie über die Analysemethode. Der Bundesrat wird in einer Verordnung die Anforderungen für die Ausbildung der leitenden Revisorinnen und Revisoren festlegen.

Bei der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse durch ein Revisionsunternehmen geht es um eine Prozessüberprüfung. Die Revisionsunternehmen haben nicht zu prüfen, ob das angewendete Modell an sich tauglich ist, sondern nur, ob es korrekt angewendet worden ist. Dies ist der Grund, warum es ein Standard-Analysemodell (vgl. Ziff. 1.3.1) braucht: Es soll in standardisierter Weise, eventuell mit einer Checkliste, eruiert werden, ob alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens erfasst sind, ob die Daten vollständig vorhanden sind, ob alle relevanten Lohnbestandteile aufgeführt sind und ob das Standard-Analysemodell des Bundes formell korrekt angewendet wurde. Es geht lediglich um eine formelle Überprüfung, nicht um eine materielle. Der Überprüfungsaufwand sollte überschaubar bleiben (ungefähr ein Arbeitstag) und trotzdem eine Wirkung erzielen. Deshalb soll sie mit Hilfe eines standardisierten Verfahrens durchgeführt
werden können. Die überprüfende Revisorin oder der überprüfende Revisor muss am Ende bestätigen können, dass die Lohngleichheitsanalyse in formeller Hinsicht korrekt durchgeführt wurde.

Wird die Überprüfung nicht mit der nötigen Sorgfalt vorgenommen, kann die Revisionsaufsichtsbehörde der betreffenden Revisorin oder dem betreffenden Revisor einen Verweis erteilen oder die Zulassung entziehen.

Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse durch eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten Mit Beschluss vom 26. Oktober 2016 hat der Bundesrat das EDI beauftragt, ein Zertifizierungssystem für Lohngleichheitsanalysen zu prüfen. Verschiedene diesbezügliche Abklärungen haben nun gezeigt, dass ein solches System mit diversen Schwierigkeiten behaftet ist. Namentlich wäre eine Zertifizierung von Methoden sehr 30 31

SR 221.302 SR 220

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komplex und langwierig geworden und mit entsprechend grossem administrativem Aufwand verbunden, und zwar sowohl für die Anbietenden einer Methode als auch für die Prüfungsstelle für die Zertifizierung von Methoden. Als Alternative sieht die Botschaft die Lösung mit der Anerkennung von Lohngleichheitsexpertinnen und -experten vor. Damit wird den Unternehmen auf andere Art die gewünschte Flexibilität gegeben. Da nicht nur bei Gerichtsverfahren zu Lohnklagen ein Mangel an Fachpersonen für Expertisen besteht, sondern weil auch durch den Ausbau der Lohngleichheitskontrollen im Beschaffungswesen ein erhöhter Bedarf an kompetenten Lohngleichheitsexpertinnen und -experten gegeben ist, wird der Bundesrat in einer Verordnung die Kriterien für die Anerkennung von Lohngleichheitsexpertinnen und -experten festlegen. Anerkannte Lohngleichheitsexpertinnen und -experten werden aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung die Kompetenz haben, eine materielle Überprüfung der Lohngleichheit in einem Unternehmen vorzunehmen. Sie sind in der Lage, die inhaltliche Richtigkeit der Lohngleichheitsanalyse zu überprüfen. Im Gegensatz zur formellen Prüfung wird hier auch überprüft, ob die Methode wissenschaftlich und rechtskonform ist. Zudem wird vertieft geprüft, ob die verwendete Methode auch richtig angewendet wurde. Deshalb braucht es bei dieser Variante nicht unbedingt ein standardisiertes Verfahren. Angesichts der durch die anerkannten Lohngleichheitsexpertinnen und -experten gewährleisteten Fachkompetenz sollen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber daher von Gesetzes wegen die Möglichkeit haben, bei der Lohngleichheitsanalyse auch eine andere wissenschaftliche und rechtskonforme Methode als das anerkannte Standard-Analysemodell des Bundes zu verwenden.

Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse durch eine Organisation oder eine betriebsinterne Arbeitnehmervertretung Wie bereits in der Vernehmlassungsvorlage können die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für die Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse eine Organisation gemäss Artikel 7 GlG oder eine betriebsinterne Arbeitnehmervertretung beiziehen.

Wird die Zusammenarbeit mit einer solchen Organisation gewählt, müssen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bereit sein, diesen einen Einblick in ihre Lohnstruktur zu gewähren. Wie die Schlussevaluation des Lohngleichheitsdialogs gezeigt
hat, haben viele Unternehmen, die bei diesem Projekt mitgemacht haben, diesen Einbezug der Sozialpartner geschätzt.32 Bereits heute steht den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern diese partnerschaftliche Lösung zur Überprüfung der Lohngleichheit in ihrem Unternehmen zur Verfügung. Das «Engagement Lohngleichheit» (ELEP) ist das Nachfolgeprodukt des Lohngleichheitsdialogs (vgl. Ziff. 1.1.3).

32

Vgl. Schlussevaluation des Lohngleichheitsdialogs, S. 42 ff.

(www.lohngleichheitsdialog.ch > Berichte > Schlussevaluation LGD 2014)

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1.3

Methoden zur Durchführung der Lohngleichheitsanalyse

Der Gesetzesentwurf schreibt nur für den Fall eine Analysemethode vor, in dem die Überprüfung durch ein Revisionsunternehmen vorgenommen werden soll. Für die anderen Fälle wird nur festgehalten, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine Methode verwenden müssen, die objektiv und nichtdiskriminierend ist. Deshalb muss die Lohngleichheitsanalyse mit einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode durchgeführt werden. Zudem soll eine Analysemethode transparent, nachvollziehbar und praktikabel sein, damit sie von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern einfach verwendet werden kann. Das Bundesgericht hat bisher zwei Lohngleichheitsanalyse-Methoden zugelassen.

Bei der statistischen Lohngleichheitsanalyse (Regressionsanalyse) werden der Einfluss verschiedener Erklärungsfaktoren wie Ausbildung, Anforderungsniveau usw.

des Arbeitsplatzes auf den Lohn bestimmt und die diskriminierenden Anteile der Lohndifferenzen berechnet. Das Bundesgericht hat die statistische Methode der Regressionsanalyse (vgl. nachfolgend in Ziff. 1.3.1) geprüft und zugelassen.33 Zur Messung von Lohndiskriminierung in Unternehmen hat sich auch die Methode der arbeitswissenschaftlichen analytischen Arbeitsbewertung etabliert. Mit Hilfe dieser Methode kann der Arbeitswert einer Funktion systematisch erfasst und im Vergleich zu anderen Arbeitsplätzen bewertet werden. Einige private Beratungsfirmen bieten Lohngleichheitsanalysen an, welche sich auf diese analytische Arbeitsbewertungsmethode abstützen (zum Teil in Kombination mit einer Regressionsanalyse). Auch die Methode der analytischen Arbeitsbewertung ist in der Praxis erprobt und vom Bundesgericht zugelassen.34

1.3.1

Standard-Analysemodell des Bundes

Der Bund verwendet für seine Kontrollen der Einhaltung der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens35 ein Standard-Analysemodell, das auf der wissenschaftlich anerkannten Regressionsanalyse basiert und vom Bundesgericht zugelassen wurde. Auch im sozialpartnerschaftlichen Lohngleichheitsdialog wurde vereinbart, das Standard-Analysemodell des Bundes zu verwenden. Der Gesetzesentwurf schreibt die Verwendung dieser Methode vor, wenn die Lohngleichheitsanalyse von einem Revisionsunternehmen überprüft werden soll.

Mit dem Standard-Analysemodell können systematische Lohndiskriminierungen in einem Unternehmen identifiziert werden. Es besteht aus zwei Komponenten: zum einen aus einer statistischen Methode, der semi-logarithmischen OLS-Regressionsanalyse basierend auf dem Mittelwert, und zum andern aus einem Modell, mit dem der Lohn der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Unternehmens anhand von persönlichen Qualifikationsmerkmalen (Ausbildung, Dienstalter und potenzielle 33 34 35

BGE 130 III 145, E. 3.2 BGE 125 II 385 Art. 8 Abs. 1 Bst. c Abs. 2 Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB), SR 172.056.1; vgl. auch Ziff. 1.1.2.

5525

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Erwerbserfahrung), von arbeitsplatzbezogenen Faktoren (Kompetenzniveau und berufliche Stellung) erklärt wird. Zudem wird damit überprüft, welcher Anteil des Lohnunterschieds nur auf das Geschlecht zurückgeführt wird. Bei sonst gleichen Bedingungen kann mit dieser Methode ermittelt werden, welcher Teil der Lohndifferenz nicht durch lohnrelevante, objektiv-nichtdiskriminierende Faktoren erklärt werden kann. Mit dieser Methode ist es möglich zu bestimmen, welche Lohndifferenzen zwischen Frauen und Männern in einem Unternehmen bei vergleichbaren persönlichen und berufsbezogenen Merkmalen bestehen und ob gestützt darauf eine geschlechtsspezifische Lohndiskriminierung zu vermuten ist. Um dem potenziellen Einfluss weiterer unternehmensspezifischer, objektiv-nichtdiskriminierender Faktoren Rechnung zu tragen, besteht aktuell eine sogenannte Toleranzschwelle von 5 Prozent.36 Im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) und der Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB) wurde ein Instrument entwickelt, damit dieses Standard-Analysemodell auch von Laien einfach gehandhabt werden kann.37 Dafür wurde das Standard-Analysemodell technisch in Excel umgesetzt. Das daraus entstandene Lohngleichheitsanalyse-Instrument heisst Logib und wird im Internet kostenlos zur Verfügung gestellt.38 Die im Rahmen der Regulierungsfolgenabschätzung befragten Unternehmen beurteilen das Standard-Analysemodell des Bundes und das Instrument Logib mehrheitlich als geeignet. Lohngleichheitsanalysen in anderen europäischen Ländern (z.B.

Deutschland, Finnland, Frankreich, Luxemburg, Grossbritannien, Polen, Portugal und Tschechien) basieren ebenfalls auf dem Standard-Analysemodell des Bundes.39

1.3.2

Postulat Noser (14.3388): Evaluation des Standard-Analysemodells im Bund

Mit der Überweisung des von Nationalrat Noser eingereichten Postulats «Erhebung zur Lohngleichheit. Verbesserung der Aussagekraft» vom 2. Juni 2014 (14.3388) beauftragte der Nationalrat den Bundesrat im September 2014, die statistischen Messmodelle der Lohnungleichheit und mögliche zusätzliche Faktoren für Lohnunterschiede zu überprüfen. Dabei sollte die bisherige Methodik aufgezeigt und gemäss dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse aktualisiert werden.

Weiter sollte die Eignung des Mittelwerts als Indikator für Lohnunterschiede überprüft werden. Um die Transparenz und den Konsens über die angewandte Methode 36

37

38 39

Die Durchführung des Standard-Analysemodells des Bundes wird vom EBG im Dokument «Standard-Analysemodell zur Überprüfung der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann im Beschaffungswesen des Bundes (Methodenbeschrieb)» vom Juni 2015 detailliert erläutert: www.ebg.admin.ch > Themen > Arbeit > Plattform Lohngleichheit > Staatliche Kontrollen im Beschaffungswesen.

Siehe Leitlinien der BKB vom 01.01.2014: «Kontrolle der Einhaltung der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann im Beschaffungswesen des Bundes»: www.bkb.admin.ch > Beschaffungskonferenz des Bundes > Öffentliches Beschaffungswesen > Arbeitsschutzbestimmungen und -bedingungen, Lohngleichheit.

www.logib.ch Projekt «equal pacE», siehe www.equal-pace.eu

5526

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sicherzustellen, erklärte sich der Bundesrat bereit, dem Anliegen des Postulats nachzukommen und zu prüfen, ob die Methodik aktualisiert werden soll und ob Faktoren wie beispielsweise die Berufs- oder Führungserfahrung, Weiterbildungen, Sprachkenntnisse und der Beschäftigungsgrad in der Berufskarriere in einer aktualisierten Methodik ebenfalls berücksichtigt werden sollen.

In der Folge erteilte das EBG in einem offenen Ausschreibungsverfahren dem Schweizer Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität St. Gallen und dem Büro INFRAS gemeinsam den Auftrag, eine unabhängige Expertenstudie zu erstellen.40 Ziel dieser Studie war es insbesondere, zu überprüfen, ob das gegenwärtig verwendete Standard-Analysemodell des Bundes aus wissenschaftlicher Sicht und mit Blick auf den administrativen Aufwand für die Unternehmen angemessen ist, um Lohndiskriminierungen festzustellen. Untersucht wurden dabei die verwendete statistische Methode, die Faktoren (Variablen), die zur Rechtfertigung von geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden in die Analyse einbezogen werden, sowie die angewendete Toleranzschwelle. Die Studie, die von einer interdepartementalen Gruppe aus Vertreterinnen und Vertretern des EBG, BJ, BFS, SECO sowie des Bereichs Forschung und Evaluationen des BSV begleitet wurde, wurde am 29. September 2015 vorgelegt.41 Am 18. November 2015 verabschiedete der Bundesrat seinen Bericht in Erfüllung des Postulats 14.3388 Noser. Gestützt auf die Ergebnisse der Studie kam er darin zum Schluss, dass das Standard-Analysemodell des Bundes für das Beschaffungswesen in der bisherigen Form geeignet und folglich beizubehalten ist. Die Methode ist wissenschaftlich und juristisch anerkannt und kann Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern in einem Unternehmen messen. Zudem beurteilte eine Mehrheit der im Zusammenhang mit der Regulierungsfolgenabschätzung befragten Unternehmen das Standard-Analysemodell des Bundes als geeignet. Sie schätzen dabei insbesondere die einfache Anwendung des Analyseinstruments Logib.

40 41

Als Autorinnen und Autoren figurieren Professorin Dr. Christina Felfe (Universität St. Gallen), Judith Trageser (INFRAS) und Dr. Rolf Iten (INFRAS).

Studie zu den statistischen Analysen der Eidgenossenschaft betreffend die Lohngleichheit von Frau und Mann, Schlussbericht vom 28. September 2015 (www.ebg.admin.ch > Dokumentation > Publikationen > Publikationen zu Gleichstellung im Erwerbsleben > Lohngleichheit).

5527

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1.3.3

Methode

StandardAnalysemodell des Bundes

Überblick über die Methoden, die Instrumente, die unabhängigen Stellen sowie die Intensität der Überprüfung Instrument

Logib kostenlos

Unabhängige Stelle

­ Revisionsunternehmen ­ anerkannte Lohngleichheitsexpertin / anerkannter Lohngleichheitsexperte

Wissenschaftlich und juristisch anerkannt

Intensität der Überprüfung Art

Dauer

Formell

1 Tag

Prozessüberprüfung mit Checkliste

­ Arbeitnehmervertretung / Gewerkschaft Diverse

Diverse

Wissenschaftlich auf dem und rechtsMarkt konform Diverse

Diverse

Wissenschaftlich auf dem und rechtsMarkt konform

Anerkannte Lohngleichheitsexpertin / anerkannter Lohngleichheitsexperte

Materiell

abhängig von Überprüfung der Methode der inhaltlichen Richtigkeit

ArbeitnehmerNach Ververtretung / Gewerk- einbarung: schaft formell oder evtl. mit interner oder materiell externer Fachperson

abhängig von der Methode und der Intensität der Überprüfung

1.4

Kontrollen der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens

1.4.1

Geltendes Recht

Im Bundesgesetz vom 16. Dezember 199442 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) wird in Artikel 8 festgehalten, welche Grundsätze bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu beachten sind. Gemäss Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe c werden Aufträge nur an Anbieterinnen und Anbieter vergeben, die in ihrem Unternehmen die Gleichbehandlung von Frau und Mann in Bezug auf die Lohngleichheit gewährleisten. Bei Verletzung der Lohngleichheit kann der Zuschlag widerrufen, die Anbieterin oder der Anbieter vom laufenden Verfahren ausgeschlossen (Art. 11

42

SR 172.056.1

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BöB) und eine Konventionalstrafe verhängt werden (Art. 6 Abs. 5 der Verordnung vom 11. Dezember 199543 über das öffentliche Beschaffungswesen, VöB).

Die Beschaffungsstellen haben gemäss Artikel 8 Absatz 2 BöB das Recht, die Einhaltung der Lohngleichheit zu kontrollieren oder kontrollieren zu lassen. Gestützt auf Artikel 6 Absatz 4 VöB können diese Kontrollaufgaben insbesondere dem EBG, den kantonalen oder den kommunalen Gleichstellungsbüros übertragen werden. Die Beschaffungskonferenz des Bundes (BKB)44 hat Leitlinien zur Kontrolle der Einhaltung der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann im Beschaffungswesen des Bundes verabschiedet und darin durch die Beschaffungsstellen das EBG mit den Kontrollen beauftragt.45 Das EBG verwendet für diese Kontrollen das Standard-Analysemodell des Bundes und stellt somit die Einheitlichkeit der Beurteilung und damit die rechtsgleiche Behandlung aller kontrollierten Unternehmen sicher. In seinem Bericht vom 18. November 2015 zur Erfüllung des Postulats Noser (14.3388) kam der Bundesrat zum Schluss, dass das Standard-Analysemodell des Bundes zur Kontrolle der Einhaltung der Lohngleichheit geeignet und deshalb für das Beschaffungswesen beizubehalten ist.46

1.4.2

Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen

Am 15. Februar 2017 hat der Bundesrat die Botschaft zur Totalrevision des BöB verabschiedet.47 Ein Hauptziel der Revision ist die Harmonisierung der Beschaffungsordnungen von Bund und Kantonen. Die Einhaltung der Lohngleichheit bleibt auch gemäss Artikel 12 E-BöB Voraussetzung für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Die Auftraggeberin kann die Einhaltung der Lohngleichheit kontrollieren oder die Kontrolle Dritten übertragen. Auf Verlangen hat die Anbieterin den erforderlichen Nachweis zu erbringen (Abs. 4). Die mit der Einhaltung der Lohngleichheit befasste Behörde und das Kontrollorgan erstatten der Auftraggeberin Bericht über die Ergebnisse der Kontrollen und über allfällige getroffene Massnahmen (Abs. 5). Wie bereits nach geltendem Recht kann die Auftraggeberin eine Anbieterin von einem Vergabeverfahren ausschliessen oder einen ihr bereits erteilten Zuschlag widerrufen, wenn festgestellt wird, dass die Lohngleichheit nicht eingehalten wird (Art. 44 Abs. 2 Bst. f E-BöB).

In der Botschaft wird festgehalten, dass die Lohngleichheit entweder durch die Auftraggeberin selber oder durch Dritte nachgewiesen werden kann, z.B. mit dem Instrument Logib. Der Auftraggeberin ist es freigestellt, welche Erklärungen oder Nachweise der Einhaltung der Lohngleichheit erbracht werden müssen. 48 43 44 45

46 47 48

SR 172.056.11 www.bkb.admin.ch > Beschaffungskonferenz des Bundes > Organisation > Beschaffungskonferenz des Bundes www.ebg.admin.ch > Themen > Arbeit > Plattform Lohngleichheit > Staatliche Kontrollen im Beschaffungswesen > Leitlinien: Kontrolle der Einhaltung der Lohngleichheit zwischen Frau und Mann im Beschaffungswesen des Bundes Vgl. Ziff. 1.3.2 BBl 2017 1851 BBl 2017 1940

5529

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1.4.3

Synergie von Lohngleichheitsanalyse nach GlG und Kontrolle der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens

Um Doppelspurigkeiten zu vermeiden, sieht der vorliegende Entwurf vor, dass Unternehmen, die im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens des Bundes, eines Kantons oder einer Gemeinde bezüglich der Einhaltung der Lohngleichheit kontrolliert wurden, für vier Jahre von der Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse nach GlG ausgenommen werden.

Dasselbe gilt für Unternehmen, die sich in einer hängigen Kontrolle der Einhaltung der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens des Bundes, eines Kantons oder einer Gemeinde befinden. Auch sie müssen in diesem Zeitraum keine Lohngleichheitsanalyse vornehmen. Die Karenzzeit beträgt vier Jahre. Der Referenzmonat einer solchen Kontrolle darf aber nicht länger als vier Jahre zurückliegen. Erst danach müssen diese Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wieder eine Lohngleichheitsanalyse durchführen.

Unternehmen, die auf eine öffentliche Ausschreibung hin ihre Leistungen anbieten, müssen die Einhaltung der Lohngleichheit nachweisen (Art. 8 Abs. 1 Bst. c BöB, vgl. Ziff. 1.4.1). Dieser Nachweis muss für Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern anhand des Standard-Analysemodells des Bundes erbracht werden. Dabei kann das Instrument Logib verwendet werden, das der Bund kostenlos zur Verfügung stellt. Hat eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber die Lohngleichheit im Unternehmen gemäss dem vorliegenden Entwurf analysiert, kann diese Lohngleichheitsanalyse auch für den Nachweis der Einhaltung der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens verwendet werden.

Wurde die Lohngleichheitsanalyse von einem Revisionsunternehmen überprüft, ist der Bericht über die formelle Korrektheit der Lohngleichheitsanalyse ebenfalls einzureichen. Dasselbe gilt für diejenigen Fälle, in denen die Lohngleichheitsanalyse durch eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten respektive durch eine Organisation nach Artikel 7 GlG oder eine betriebsinterne Arbeitnehmervertretung überprüft worden ist.

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

1.5.1

Europäische Union

Die Gleichstellung von Frau und Mann ist ein Grundpfeiler der Europäischen Union.

Der Grundsatz der Lohngleichheit ist seit 1957 in den Verträgen enthalten. Er ist in der Richtlinie 2006/54/EU zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäf-

5530

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tigungsfragen49 umgesetzt worden. Diese Richtlinie sieht vor, dass bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen beseitigt wird. Insbesondere, wenn zur Festlegung des Entgelts ein System beruflicher Einstufung verwendet wird, muss dieses System auf gemeinsamen Kriterien für männliche und weibliche Arbeitnehmende beruhen und so beschaffen sein, dass Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich wegen Lohnungleichheit beschweren oder ein Gerichtsverfahren gegen ihren Arbeitgeber oder ihre Arbeitgeberin führen, geniessen gemäss der Richtlinie einen Kündigungsschutz und Schutz vor anderen Benachteiligungen. Die Beweislast dafür, dass eine Lohnungleichheit keine Diskriminierung darstellt, liegt bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Die Richtlinie verlangt von den Mitgliedstaaten zudem, dass sie Gleichstellungsbehörden bestellen, die Betroffene auf dem Rechtsweg unterstützen, unabhängige Untersuchungen vornehmen, Berichte publizieren und Empfehlungen zu Diskriminierungsfragen ausarbeiten.

In der Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2010­2015 der Europäischen Kommission50 stellte die Beseitigung der Lohnungleichheit ein wichtiges und prioritäres Ziel dar. Um zur Beseitigung des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen für gleiche oder gleichwertige Arbeit beizutragen, hat die Kommission gemeinsam mit den Sozialpartnern untersucht, wie die Lohntransparenz verbessert werden kann. Zudem unterstützt sie seither Initiativen für gleiches Entgelt am Arbeitsplatz. Dazu gehören beispielsweise Garantiesiegel, Selbstverpflichtungen und Auszeichnungen für vorbildliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

Die EU-Kommission führt in der Empfehlung vom 7. März 2014 zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch Transparenz 51 aus, dass Diskriminierung beim Entgelt für die genau gleiche Arbeit zwar nur noch selten vorkommt, dass der Grundsatz des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit sich jedoch noch wenig wirksam durchsetzen konnte. Ein Grund dafür ist, dass es für Opfer von Entgeltdiskriminierung schwieriger ist, diesen Grundsatz wegen undurchsichtiger Vergütungsstrukturen
und fehlender Informationen über die Höhe der Löhne von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, wirksam durchzusetzen. Deshalb empfiehlt die EU-Kommission ihren Mitgliedstaaten:

49

50 51

Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, Fassung gemäss Abl. L 204/23 vom 26.7.2006. Aus Gründen der Klarheit wurde diese Richtlinie als Neufassung sowie Zusammenfassung der wichtigsten Bestimmungen auf diesem Gebiet mit verschiedenen Entwicklungen aufgrund der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs in einem einzigen Text erlassen.

Die Strategie 2010­2015 der EU-Kommission ist auf Deutsch abrufbar unter: http://ec.europa.eu (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Empfehlung der Kommission vom 07. März 2014 zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch Transparenz, Fassung gemäss ABl. L 69/112 vom 8.3.2014.

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­

die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu ermutigen, Transparenzmassnahmen in Bezug auf die Zusammensetzung und Struktur der Löhne zu beschliessen und gezielte Massnahmen zur Förderung der Lohntransparenz zu ergreifen;

­

Massnahmen zu ergreifen, die gewährleisten, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Vertreter und die Sozialpartner regelmässig über die nach Geschlecht und Arbeitnehmergruppen oder Positionen aufgeschlüsselte Durchschnittsvergütung informieren;

­

Massnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass in Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten Entgelt-Audits durchgeführt werden mittels einer Analyse des Frauen- und Männeranteils für jede Arbeitnehmergruppe oder Position oder mittels einer Analyse des angewandten Systems zur Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung sowie mit detaillierten Angaben zum Entgelt und zu geschlechtsspezifischen Entgeltunterschieden.

Die Audit-Ergebnisse sollten Arbeitnehmervertretern und Sozialpartnern auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden.

Schliesslich empfiehlt die EU-Kommission, dass die Mitgliedstaaten den Begriff der «gleichwertigen Arbeit» in ihren Rechtsvorschriften präzisieren. Der Wert der Arbeit soll anhand objektiver Kriterien wie Ausbildungs- und Berufsanforderungen, Qualifikationen, Belastung und Verantwortung, ausgeführte Arbeit und Art der dabei wahrgenommenen Aufgaben bewertet und verglichen werden. Die EU-Kommission hat hierzu eine praktische Anleitung für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Sozialpartner und andere Akteure52 publiziert. Zudem stellt sie zur konkreten Prüfung der Lohngleichstellung in Unternehmen seit 2015 Equal pacE (Logib-EU) in ganz Europa zur Verfügung.53 Die EU-Kommission beobachtet konstant, ob die Mitgliedstaaten das EU-Recht umsetzen. Ihre Auswertung der Strategie 2010­201554 hat positive Entwicklungen gezeigt: Die Strategie hat ein verstärktes Bewusstsein für die Problematik bewirkt und diente als wertvoller Rahmen für die Strategien der Mitgliedstaaten. Bei der Umsetzung des EU-Rechts sind indessen grosse Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten festzustellen, wie z.B. bei der Organisation der nationalen Gleichstellungsbehörden, den Transparenzvorschriften, der staatlichen Kontrolle und Sanktionen, welche die Durchsetzung des Rechts garantieren (zu einzelnen Mitgliedstaaten siehe unten 1.5.3). Die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zeigen sich auch in der von Eurostat 2014 festgestellten durchschnittlichen Lohnungleichheit von 16,7 Prozent innerhalb der EU, die in den einzelnen Mitgliedstaaten zwischen 4,5 Prozent und 28,1 Prozent variierte.55

52 53 54 55

Arbeitsdokument der EU-Kommission SWD (2013) 512 endg., Annex 1.

www.equal-pace.eu/ (zuletzt besucht am 15.3.2017) Die Evaluation der Strategie 2010­2015 der EU-Kommission ist auf Englisch abrufbar unter: http://ec.europa.eu (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Die Factsheets zu den einzelnen Mitgliedstaaten sowie die Publikationen mit den Lohnungleichheiten innerhalb der EU sind unter nachfolgender Seite abrufbar: http://ec.europa.eu (zuletzt besucht am 15.3.2017).

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Zur Beseitigung dieser Unterschiede sieht die aktuelle Strategie 2016­201956 nunmehr eine Überprüfung der Richtlinie 2006/54/EC vor. Dabei sollen die Umsetzung der Empfehlung der EU-Kommission vom 7. März 2014 zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch Transparenz durch die einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigt sowie Sanktionen und ein erleichterter justizieller Zugang thematisiert werden. Ansonsten beabsichtigt die EU-Kommission wie bis anhin, ihre Mitgliedstaaten bei der Lohngleichstellung zu unterstützen und die Ursachen der Lohnungleichheit zu bekämpfen. Dazu will sie weiterhin mit den nationalen Gleichstellungsbehörden zusammenarbeiten und Unternehmen unterstützen, die sich um Lohngleichstellung bemühen. Letzteres erreicht sie u.a. mit der Organisation der sogenannten «EU Platform of Diversity Charters». Das sind regelmässig stattfindende Treffen, an welchen sich Unternehmensvertreter aus europäischen Ländern, die sich zur Vielfalt in Unternehmen bekennen, austauschen und Projekte realisieren können.

1.5.2

Internationale Ebene

Auf internationaler Ebene finden sich diverse Bestrebungen zur Erreichung der Lohngleichheit: Die UN-Mitgliedstaaten haben u.a. in ihrer «Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung»57 verschiedene Ziele im Hinblick auf die Gleichstellung von Frau und Mann formuliert, wozu auch die Implementierung von durchsetzbarem Recht in den Mitgliedstaaten gehört. Das zentrale Organ der UNO, das sich mit der Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter befasst, ist die UNO-Kommission für die Stellung der Frau (CSW). Im Zentrum ihrer Session im März 2017 stand die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen in der sich verändernden Arbeitswelt.

Die Schweiz hat zu diesem Anlass zusammen mit weiteren Partnern die «Global Equal Pay Coalition» initiiert, welche die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgestellte Lohnungleichheit in Höhe von weltweit durchschnittlich 23 Prozent bis 2030 beseitigen will.58 Zu diesem Zweck hat die ILO bereits 2008 eine Anleitung zur nichtdiskriminierenden Stellenevaluation publiziert. 59 Auch die OECD hat diverse Strategien zur Gleichstellung von Frau und Mann auf dem Arbeitsmarkt ausgearbeitet.60 Derzeit ist die OECD daran, einen Bericht über die Implementierung ihrer Empfehlungen in den Mitgliedstaaten zu erstellen. Der Berichtsentwurf vom März 2017 zeigt auf, dass zwar Fortschritte erreicht worden sind, jedoch noch weitere Bemühungen in Bezug auf die Gleichstellung zwischen Frau und Mann erforderlich sind.

56 57 58 59

60

Die Strategie 2016­2019 der EU-Kommission ist auf Englisch abrufbar unter: http://ec.europa.eu (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Resolution der UNO-Generalversammlung vom 25.9.2015 (A/70/L.1), vgl. insbesondere Ziel 5c.

Medienmitteilung des EDA vom 13.3.2017.

Internationale Arbeitsorganisation, Gender-neutral job evaluation for equal pay: a step-by-step-guide, Genf 2008, abrufbar auf Englisch auf der www.ilo.org (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Die OECD Empfehlung vom 29. Mai 2013 zur Lohngleichheit ist auf Englisch auf der Webseite der OECD abrufbar: https://www.oecd.org (zuletzt besucht am 15.3.2017).

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1.5.3

Ausgewählte Staaten

Nachfolgend werden beispielhaft die Bemühungen einzelner Staaten zur Lohngleichheit dargelegt.61 Viele Staaten haben nationale Gesamtstrategien mit verschiedenen Massnahmen und Aktionen zur Stärkung des Bewusstseins und Förderung der Lohngleichheit ausgearbeitet. Zudem enthält das Kollektivvertragsrecht, das in den meisten Mitgliedstaaten der EU das wichtigste Instrument für Lohnverhandlungen ist, diverse sektoriell anwendbare Bestimmungen zur Lohngleichheit.

Belgien Belgien erliess im Jahr 2012 ein Gesetz, das Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten dazu verpflichtet, alle zwei Jahre eine Analyse ihrer Lohnstruktur vorzunehmen und einen allfälligen Aktionsplan zur Beseitigung von Lohnungleichheiten zu erarbeiten. Anschliessend müssen die Unternehmen das Resultat der Analyse im öffentlich zugänglichen Jahresbericht («bilan social») aufführen. Seit 2007 publiziert die belgische Regierung einen jährlich erscheinenden Bericht über die nationale Lohnungleichheit. Zudem hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer die Möglichkeit, bei einer Mediatorin oder einem Mediator der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber anzufragen, ob bei ihr oder ihm eine Lohndiskriminierung vorliegt.

Stellt die Mediatorin oder der Mediator eine solche fest, hilft sie oder er eine einvernehmliche Regelung zu finden. Das belgische Institut für Gleichstellung stellt seit 2010 eine Checkliste zur Geschlechtsneutralität in der Evaluation und Qualifizierung von Stellen zur Verfügung. Der Staat kontrolliert sodann, ob die Stellen nichtdiskriminierend qualifiziert werden. Des Weiteren sind die Sozialpartner verpflichtet, Massnahmen zur Beseitigung der Lohnungleichheit zu verhandeln.62 Dänemark In Dänemark müssen Unternehmen mit mehr als 35 Beschäftigten jährlich Lohngleichheitsstatistiken ausarbeiten. Als Alternative können sie mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vereinbaren, dass das Unternehmen einen Bericht erstellt, in dem die Lohngleichstellung über einen Zeitraum von drei Jahren evaluiert wird. 63 Deutschland Der deutsche Bundestag hat am 30. März 2017 ein neues Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit beschlossen.64 Damit wurde eine klare Rechtsgrundlage für das Entgeltgleichheitsgebot geschaffen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in privaten Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten erhalten künftig einen individuellen
Anspruch auf Auskunft über die Lohnstrukturen in ihrem Unternehmen. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf 61 62 63 64

Wenn nicht anders vermerkt, stammen die Informationen von der Webseite der EU-Kommission: http://ec.europa.eu (zuletzt besucht am 15.3.2017 ).

Sämtliche Rechtsgrundlagen sind aufgeführt unter: www.emploi.belgique.be (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Eine nicht offizielle englische Übersetzung des Gesetzes findet sich auf der Webseite des dänischen Arbeitsministeriums: http://uk.bm.dk (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Pressemitteilung des deutschen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 30.03.2017: «Bundestag beschliesst Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit».

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Anfrage hin erklären, nach welchen Kriterien ihre Tätigkeit bewertet und bezahlt wird. Private Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten müssen zudem regelmässig ihre Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Lohngleichheit überprüfen und über den Stand der Gleichstellung und der Lohngleichheit berichten. Diese Berichte sind für alle einsehbar.

Frankreich In Frankreich müssen Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten jährlich einen Lohngleichheitsbericht und einen Massnahmenplan erstellen. Die Lohngleichheitsberichte müssen den Arbeitnehmervertretungen zugestellt werden, die diese Informationen bei den Kollektivverhandlungen verwenden können. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen diese Berichte ebenfalls einsehen. Im Jahr 2006 wurde das Gesetz über die Lohngleichheit von Frauen und Männern erlassen. 65 Frankreich setzte sich zum Ziel, den Lohnunterschied in den nächsten fünf Jahren zu beseitigen.

Dafür wurde vor allem auf die Verhandlungen der Sozialpartner gesetzt. Um diese Verhandlungen zu fördern, wurden die Kriterien für die Erstellung der Berichte zum Stand der Gleichstellung im Unternehmen geklärt, vereinfacht und mit Beispielen illustriert. Im Jahr 2014 wurde ein Gesetz über die umfassende Beseitigung der Ungleichbehandlungen von Frauen und Männern im Berufsleben erlassen. Unternehmen, die sich nicht an das Gesetz halten, werden vom öffentlichen Beschaffungswesen ausgeschlossen.

Island Island sieht in einem anlässlich des Weltfrauentags 2017 von der Regierung angekündigten Gesetzesentwurf vor, dass private und öffentliche Unternehmen mit mindestens 25 Angestellten eine Prüfung ablegen und nachweisen müssen, dass sie die Lohngleichheit einhalten. Verletzen die Unternehmen diese Pflichten, werden sie sanktioniert. Die Regierung betonte in ihrer Mitteilung, dass Island damit eine Vorbildfunktion zukommen würde, und hob die positiven Auswirkungen der Gleichstellung von Frau und Mann auf die Volkswirtschaft hervor. Ziel des Gesetzesentwurfs ist es, die Lohnungleichheit bis 2022 zu beseitigen.

Luxemburg Eine Besonderheit des Rechtssystems von Luxemburg ist, dass seit 2004 alle Kollektivvereinbarungen detaillierte Regelungen zur Lohngleichstellung enthalten müssen. Ende Dezember 2016 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern
ausdrücklich vorschreibt.66 Wer gegen dieses Gesetz verstösst, muss mit einer Busse bis 25 000 Euro rechnen. Diese Busse kann verdoppelt werden, wenn innert zwei Jahre keine Massnahmen zur Beseitigung der Lohndiskriminierung ergriffen wurden.

65 66

Die französischsprachigen Gesetzestexte sind abrufbar unter: http://familles-enfance-droitsdesfemmes.gouv.fr (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Die französischsprachigen Gesetzestexte sind abrufbar unter: http://mega.public.lu (zuletzt besucht am 15.3.2017).

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Österreich In Österreich verpflichtet das im Jahr 2011 geänderte Gleichstellungsgesetz 67 private Unternehmen zur innerbetrieblichen Lohnanalyse und zur Erstellung von Einkommensberichten alle zwei Jahre. In einem ersten Schritt betraf dies nur Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten. Seit 2014 müssen auch Unternehmen mit 150 und mehr Beschäftigten einen solchen Bericht erstellen. Die Einkommensberichte sind den Mitarbeitervertretungen zu übermitteln. Diese prüfen die Berichte und können relevante Informationen an die Beschäftigten weitergeben. In Betrieben ohne Vertretung muss der Bericht allgemein zugänglich gemacht werden. Teilweise wird diesbezüglich kritisiert, dass keine staatliche Kontrolle der Berichte vorgesehen ist. Als besondere und zusätzliche Massnahme wurde 2011 die Vorschrift eingeführt, dass Stelleninserate Lohnangaben enthalten müssen. Ein Unternehmen, das gegen diese Regelung verstösst, macht sich seit 2012 strafbar.

Portugal Das portugiesische System hat diverse Massnahmen im Hinblick auf die Lohngleichheit getroffen, die mehr Transparenz bei den Löhnen und eine verbesserte Kontrolle bezwecken. Auf gesetzlicher Ebene sind alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu verpflichtet, jährlich Informationen zur Entlöhnung an das Arbeitsministerium zu übermitteln. Anschliessend werden diese Informationen an die Arbeitsinspektorate und auf Verlangen auch an Gewerkschaften und Arbeitnehmerkommissionen weitergeleitet. Die Sozialpartner werden aufgefordert, die Lohngleichstellung zu diskutieren, wobei die transparenten Löhne die Position der Gewerkschaften grundsätzlich stärken. Parallel dazu werden alle Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten dazu ermutigt, Lohngleichheitsanalysen und Strategien zur Beseitigung von Lohnungleichheit zu erarbeiten, wozu die Regierung ein geeignetes Instrument zur Verfügung stellt. Die Regierung möchte auch Anreize schaffen, indem Unternehmen, welche die Lohngleichheit einhalten, honoriert werden. Des Weiteren erscheint alle drei Jahre ein Bericht über die an Männer und Frauen entrichteten Löhne in Staatsbetrieben.

Schweden Seit 1994 existieren in Schweden Vorschriften, die von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern das Vorlegen von Lohngleichheitsberichten fordern. Schweden hat in Europa die längsten Erfahrungen mit Pflichten zur innerbetrieblichen
Lohnanalyse.

2009 wurde die bestehende Gesetzgebung durch ein neues Anti-Diskriminierungsgesetz abgelöst.68 Alle öffentlich-rechtlichen und privaten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen, unabhängig von der Zahl der Beschäftigten, alle drei Jahre die Löhne der männlichen und der weiblichen Arbeitnehmenden erfassen und analysieren. Die Entgeltregelungen und die Praxis der Entlöhnung sowie die Beschäftigungsbedingungen müssen transparent gemacht werden. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen prüfen, ob Frauen und Männer innerhalb des Unternehmens gleiches Entgelt für 67 68

Sämtliche Gesetze sind abrufbar unter: www.ris.bka.gv.at (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Zur englischen Übersetzung des Gesetzes siehe die Webseite der Ombudsstelle gegen Diskriminierung: www.do.se (zuletzt besucht am 15.3.2017).

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gleiche oder gleichwertige Arbeit erhalten. Die Transparenz dieser Daten hat sich als wichtige Grundlage für die Kollektivverhandlungen erwiesen.

Betriebe mit mehr als 25 Beschäftigten müssen zudem alle drei Jahre einen Lohngleichheitsplan erstellen. Dieser muss die Resultate der Lohnanalysen und Informationen zu möglichen Anpassungsmassnahmen enthalten. Es muss auch angegeben werden, welche Massnahmen zur Erreichung der Lohngleichheit für die nächsten Jahre vorgesehen werden. Ungerechtfertigte Lohndifferenzen müssen so schnell wie möglich, mindestens aber innerhalb von drei Jahren behoben werden. Die Lohngleichheitspläne sind in Zusammenarbeit mit den Beschäftigten oder deren Vertretungen zu erstellen.

Für die Überwachung der Lohngleichheit wurde eine zentrale staatliche Ombudsstelle eingesetzt, deren Leitung von der Regierung ernannt wird. Die zentrale Aufgabe der Ombudsstelle besteht in der Überwachung und Unterstützung der Umsetzung des Anti-Diskriminierungsgesetzes. Dafür verfügt sie über weit reichende Untersuchungs- und Durchsetzungskompetenzen. Sie kann Lohnanalysen und Lohngleichheitspläne prüfen und Untersuchungen in den Betrieben durchführen.

Die Ombudsstelle hat auch die Möglichkeit, öffentlich zu machen, welche kontrollierten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihrer Pflicht bezüglich der Lohngleichheit nicht nachkommen und so Druck auszuüben, dass diese Massnahmen zur Beseitigung der Lohndiskriminierung ergreifen.

Spanien Spanien erliess im Jahr 2012 ein Gesetz69, das Unternehmen mit über 250 Angestellten dazu verpflichtet, mit den Arbeitnehmervertretungen Gleichstellungsstrategien zu verhandeln. Im Hinblick auf die Gleichstellung besonders vorbildliche Unternehmen werden von der Regierung mit einem Label qualifiziert, wobei auch die nichtdiskriminierende Stellenevaluation bewertet wird. Die ausgezeichneten Unternehmen bilden ein Netzwerk, in welchem sie Erfahrungen austauschen und Good Practices ausarbeiten können.

Vereinigtes Königreich Im April 2017 trat ein Gesetz in Kraft, wonach Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten die Durchschnittslöhne sowie die Bonusbestandteile veröffentlichen müssen. Gemäss der neuen Regelung haben die Unternehmen bis April 2018 Zeit, der Regierung diese Informationen zu unterbreiten sowie auf der Webseite des Unternehmens und auf einer von der
Regierung bereitgestellten Webseite zu veröffentlichen. Bereits vorher konnte die Regierung Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten dazu auffordern, die Lohngleichheit zu überprüfen und Lohnungleichheiten zu veröffentlichen. Das neue Recht wird als die bedeutendste Änderung im Gleichstellungsrecht seit dem im Jahr 2010 in Kraft getretenen «Equality Act»70 beschrieben. Parallel dazu werden Unternehmen in Grossbritannien ermutigt, eine Evalua69 70

Die Gesetzestexte sind abrufbar unter: http://noticias.juridicas.com (zuletzt besucht am 15.3.2017).

Die Gesetzestexte sind abrufbar unter: http://legislation.gov.uk (zuletzt besucht am 15.3.2017).

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tion von Stellen vorzunehmen, die nicht geschlechterdiskriminierend ist. Zu diesem Zweck stellt die Regierung geeignete Instrumente zur Verfügung. Der Ausschuss für Gleichstellung und Menschenrechte hat entsprechende Leitlinien für private sowie öffentlich-rechtliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber entwickelt.

Kanada (Ontario) Die kanadische Provinz Ontario hat weltweit eine der weitgehendsten Gesetzgebungen im Bereich der Lohngleichheit von Mann und Frau. Der «Pay Equity Act» von 198871 verpflichtet die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu, Ungleichheiten in der Entlöhnung von Männern und Frauen in gleichwertigen Berufsgruppen anhand einer Analyse zu identifizieren und gegebenenfalls zu beseitigen. Diese Pflicht gilt für alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im öffentlichen Sektor und für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit zehn und mehr Beschäftigten im privaten Sektor. Für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit mehr als 100 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gilt zudem die Pflicht zur Erstellung von schriftlichen Pay Equity-Plänen. Mit diesen Plänen werden die überwiegend männlich und weiblich dominierten Berufsgruppen identifiziert. Anhand eines geschlechterneutralen Vergleichssystems wird danach der Wert jeder Berufsgruppe ermittelt. Dieser basiert auf Fähigkeiten, Verantwortlichkeiten, Anforderungen und Arbeitsbedingungen. So können verschiedene Berufe demselben Wert zugeordnet und miteinander verglichen werden (z.B. Sekretärin mit Hausmeister).

Diese Pay Equity-Pläne sind den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder ihren gewerkschaftlichen Vertretungen vorzulegen, damit sich diese innerhalb von 90 Tagen allenfalls beschweren können. Vorlagen und Instrumente für die Berechnungen und die Erstellung der Pläne werden von den Behörden zur Verfügung gestellt. Die Unternehmen können solche Pläne aber auch mit eigenen Instrumenten erstellen, sofern sie sich an die gesetzlichen Vorgaben halten.

Für die Durchsetzung des Pay Equity Acts wurde die «Pay Equity Commission» eingesetzt.

1.6

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit dem Postulat Häberli-Koller 14.3079 «Lohngleichheit. Faire Chance für freiwillige Massnahmen», das vom Ständerat am 12. Juni 2014 angenommen worden ist, wurde der Bundesrat beauftragt, dem Parlament einen Bericht darüber vorzulegen, «welche Erfolgsaussichten geschickte freiwillige Massnahmen bei der Erreichung der Lohngleichheit zwischen den Geschlechtern haben». Der Bundesrat hatte die Annahme des Postulats beantragt, weil einerseits der Bericht vom 30. Juni 2014 über die Evaluation des Lohngleichheitsdialogs bereits einige Antworten auf die im Postulat gestellten Fragen liefern würde und anderseits der Bundesrat eine Aussprache zum weiteren Vorgehen bei der Bekämpfung der Lohndiskriminierung führen wollte. In seiner Aussprache am 22. Oktober 2014 ist der Bundesrat zum 71

Die Informationen stammen von der offiziellen Webseite: www.ontario.ca (zuletzt besucht am 15.3.2017).

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Schluss gekommen, dass Freiwilligkeit allein nicht zum gewünschten Erfolg führt.

Er beschloss deshalb, zusätzliche staatliche Massnahmen zur Beseitigung der Lohndiskriminierung zu ergreifen. Die Evaluation des Lohngleichheitsdialogs, die durchgeführte RFA und die vorliegende Botschaft stellen die Antwort auf das Postulat 14.3079 dar.

Im Parlament ist eine parlamentarische Initiative 11.404 «Unabhängige Lohngleichheitskommission für die Umsetzung der Lohngleichheit» der Fraktion der Grünen vorläufig sistiert, mit der die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für eine unabhängige Lohngleichheitskommission mit Untersuchungs- und Durchsetzungskompetenzen gefordert wird. Der Sistierungsbeschluss gilt, bis der Bundesrat die Botschaft über die zusätzlichen staatlichen Massnahmen zuhanden des Parlaments verabschiedet hat.

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Im Gleichstellungsgesetz wird nach den vier ersten Abschnitten, die den Gesetzeszweck, allgemeine Bestimmungen zur Gleichstellung im Erwerbsleben, besondere Bestimmungen über Arbeitsverhältnisse im Obligationenrecht sowie den Rechtsschutz bei öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen betreffen, ein neuer Abschnitt 4a «Lohngleichheitsanalyse und Überprüfung» eingefügt. Diese Einordnung in die Systematik des Gesetzes bringt zum Ausdruck, dass die Beseitigung der Lohndiskriminierung ein Teilaspekt der Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben ist, der von privaten wie auch von öffentlich-rechtlichen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern zu beachten ist. Der neue Abschnitt steht vor den Abschnitten fünf und sechs, die sich mit den speziellen Aspekten Finanzhilfen (Förderungsprogramme, Beratungen) und den Aufgaben des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) befassen.

Art. 13a

Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse

Artikel 13a Absatz 1 verankert die Pflicht zur Durchführung einer betriebsinternen Lohngleichheitsanalyse. Es sind nicht nur private Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dazu verpflichtet, sondern auch der Bund, die Kantone und die Gemeinden. Dies ergibt sich aus der Systematik des Gleichstellungsgesetzes. Bestimmungen, die nur für Arbeitsverhältnisse nach Obligationenrecht gelten, werden in einem separaten Abschnitt des Gleichstellungsgesetzes geregelt (3. Abschnitt). Bestimmungen, die nur die öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse betreffen, sind ebenfalls in einem besonderen Abschnitt (4. Abschnitt) geregelt.

Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen in ihrem Unternehmen die tatsächlich ausbezahlten Löhne aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer analysieren. Dies hilft ihnen, herauszufinden, ob sie in ihrem Unternehmen systematische Lohnunterschiede zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten haben, die darauf hindeuten können, dass allenfalls eine Lohndiskriminierung besteht. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber führen diese Lohngleichheitsanalysen selber und in

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Eigenverantwortung durch. Dementsprechend fallen die Kosten für die Analyse bei ihnen an.72 Die Lohngleichheitsanalyse ist alle vier Jahre durchzuführen (Abs. 2). Dieser Zeitraum stimmt mit dem Zeitraum überein, in dem Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer alle zwei Jahre obligatorisch an der Lohnstrukturerhebung (LSE) teilnehmen müssen. Damit sind praktisch sämtliche Informationen, die für eine standardisierte Lohngleichheitsanalyse benötigt werden, schon vorhanden. Dadurch lässt sich der Zusatzaufwand für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber minimieren.

Lohngleichheitsanalysen müssen allerdings nur Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber durchführen, die am Anfang eines Jahres 50 oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen. Das ändert nichts daran, dass auch kleinere Unternehmen rechtlich verpflichtet sind, die Lohngleichheit im Betrieb sicherzustellen. 73 Die numerische Grenze der Analysepflicht wurde gewählt, weil eine statistisch relevante Aussage bei nur wenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht zuverlässig möglich ist. In mehreren anderen Gesetzen gilt ebenfalls eine Grenze von 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.74 Es kann vorkommen, dass ein Unternehmen nach vier Jahren weniger als 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. In diesem Fall besteht die Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse erst wieder, wenn die Zahl von 50 oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erreicht ist (Abs. 2 Satz 2).

Art. 13b

Ausnahme von der Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse

Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollen von Doppelspurigkeiten entlastet werden. Aus diesem Grund wird eine Ausnahme von der Lohngleichheitsanalysepflicht vorgesehen, wenn ein Unternehmen bereits in Zusammenhang mit dem öffentlichen Beschaffungswesen oder der Gewährung von Subventionen bezüglich der Einhaltung der Lohngleichheit kontrolliert wird oder in den letzten vier Jahren kontrolliert wurde. In diesen Fällen muss eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber erst dann eine erneute Lohngleichheitsanalyse vornehmen, wenn der Referenzmonat der Kontrolle mehr als vier Jahre zurückliegt. Diese Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Kontrolle ergeben hat, dass die Lohngleichheit eingehalten ist. Die Ausnahme gilt nicht nur für Kontrollen des Bundes, sondern auch für Kontrollen durch die kantonalen oder kommunalen Verwaltungseinheiten.

72 73

74

Das EBG stellt ein kostenloses Instrument zur Überprüfung der Lohnpraxis zur Verfügung: Logib (www.logib.ch).

Gemäss Art. 8 Abs. 1 Bst. c BöB müssen alle Unternehmen, die an Beschaffungsverfahren des Bundes teilnehmen, bestätigen, dass sie die Lohngleichheit von Frau und Mann einhalten. Im Beschaffungsrecht besteht somit eine praktische Notwendigkeit für alle Unternehmen, die verfassungsrechtlich gebotene Lohngleichheit zu respektieren.

Auch im Mitwirkungsgesetz wird in Art. 3 Bezug auf die Zahl von 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern genommen (vgl. vorne, Ziff. 1.2.1, Fn. 29).

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Im Subventionswesen auf Bundesebene sind nach geltendem Recht keine Kontrollen der Lohngleichheit vorgesehen. In einzelnen Kantonen ist die Einhaltung der Lohngleichheit jedoch auch für die Gewährung von Subventionen eine zwingende Voraussetzung. Im Kanton und in der Stadt Bern bestehen dafür gesetzliche Grundlagen.

Die Einhaltung wird über eine Selbstdeklaration sowie in einer Pilotphase durch Kontrollen sichergestellt. Die Stadt Zürich führt ein Pilotprojekt durch, um Massnahmen zur Lohngleichheit bei Unternehmen zu prüfen, die einen Auftrag der Stadt bekommen oder einen Leistungskontrakt mit der Stadt haben. Der Kanton Waadt führt zurzeit eine Gesetzesrevision durch, welche die Gewährung von Subventionen an die Einhaltung der Lohngleichheit knüpft. Ab 2019 werden im Rahmen des Beschaffungswesens und im Bereich von Subventionen gezielte Kontrollen eingeführt. Im Kanton Jura ist die Einhaltung der Lohngleichheit bereits eine Voraussetzung zur Gewährung von Subventionen. Um Doppelbelastung für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu vermeiden, soll es deshalb auch für im Rahmen des Subventionswesens kontrollierte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine Karenzfrist von vier Jahren für die Lohngleichheitsanalysepflicht nach Gleichstellungsgesetz geben.

Art. 13c

Methode der Lohngleichheitsanalyse

Die Lohngleichheitsanalyse ist nach einer wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode durchzuführen (Abs. 1). Der Bund stellt ein Standard-Analysemodell zur Verfügung (Abs. 2). Dabei handelt es sich um eine wissenschaftlich und juristisch anerkannte Methode zur Durchführung von Lohngleichheitsanalysen. 75 Mit dieser Methode, die eine statistische Regressionsanalyse verwendet, kann die geschlechtsspezifische Lohnsituation in einem Unternehmen überprüft werden. Es lässt sich damit ermitteln, ob ein Geschlecht systematisch benachteiligt wird. Bestehende Lohnunterschiede werden mittels der persönlichen Qualifikationsmerkmale (Ausbildung, potenzielle Erwerbserfahrung, Dienstjahre) sowie der arbeitsplatzbezogenen Merkmale (Kompetenzniveau, berufliche Stellung) gerechtfertigt. Das Aufdecken von gruppenbezogenen oder individuellen Lohndiskriminierungen im Sinne des Gleichstellungsgesetzes ist hingegen nicht Aufgabe dieser Analyse. Das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse kann deshalb lediglich ein Indiz für die Glaubhaftmachung einer individuellen Lohndiskriminierung darstellen, die widerlegt werden kann.

Die statistische Regressionsanalyse ist auf nationaler (Universitäten, Bundesamt für Statistik) wie internationaler Ebene wissenschaftlich anerkannt. Die Verwendung der Regressionsanalyse im Bereich der Lohngleichheit wurde vom Bundesgericht zugelassen.76 Die statistische Regressionsanalyse wird von den Gerichten angewendet, um beispielsweise den Entschädigungsbetrag bei Lohnklagen zu berechnen.77

75 76 77

Vgl. dazu die Ausführungen zum Postulat Noser (14.3388 «Erhebung zur Lohngleichheit.

Verbesserung der Aussagekraft») vorne in Ziff. 1.3.2.

BGE 130 III 145 = Pra 9/2004, 733 Roman Graf mit Yves Flückiger, Lohndiskriminierung und Entschädigung vor Gericht, in: Human Ressource Management Jahrbuch 2012, Weka Verlag, Zürich, S. 75­96.

5541

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Das Standard-Analysemodell des Bundes wird von Bund, Kantonen und Gemeinden bei den Kontrollen im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens verwendet; es wurde von den Sozialpartnern für die Teilnahme am Lohngleichheitsdialog verlangt und wird heute auch im ELEP verwendet.

Der Bund stellt zudem ein kostenloses Instrument zur Verfügung, mit dem die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Lohngleichheitsanalyse selber vornehmen können (Abs. 2). Das Instrument Logib ist ein Selbsttest zur Prüfung der Einhaltung der Lohngleichheit.78 Logib setzt die Regressionsanalyse gemäss Spezifikation des Standard-Analysemodells des Bundes technisch um. Gerade Revisionsunternehmen, die Lohnanalysen formell überprüfen, sind auf eine standardisierte Methode für ihre Aufgabe angewiesen.

Geht es nicht um eine Überprüfung durch ein Revisionsunternehmen (vgl. Art. 13d), können auch andere Methoden für die Lohngleichheitsanalyse verwendet werden.

Allerdings müssen auch diese wissenschaftlich und rechtskonform sein und nur objektiv nichtdiskriminierende Kriterien enthalten. Beispielsweise hat das Bundesgericht die Arbeitsbewertungsmethode zugelassen.79 Art. 13d

Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse

Artikel 13d Absatz 1 verankert die Pflicht der privaten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die von ihnen durchgeführte Lohngleichheitsanalyse überprüfen zu lassen (Abs. 1). Für diese Überprüfung können sie aus drei Möglichkeiten auswählen.

Einerseits können sie ein Revisionsunternehmen damit beauftragen, das über eine Zulassung nach dem Revisionsaufsichtsgesetz vom 16. Dezember 200580 verfügt (Bst. a). Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen dafür nicht zwingend ihre gesetzliche Revisionsstelle gemäss Handelsregister beiziehen. Sie können dafür auch ein anderes Revisionsunternehmen beauftragen. Dies gilt namentlich in Fällen, in denen das statuarische Revisionsorgan nicht über die notwendigen Fachkenntnisse im Bereich der Lohngleichheit und der Statistik verfügt.

Als zweite Möglichkeit können die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten mit der Überprüfung beauftragen (Bst. b).

Möglich ist schliesslich auch der Einbezug einer Organisation gemäss Artikel 7 GlG oder eine Arbeitnehmervertretung gemäss Mitwirkungsgesetz (Bst. c). Mit Organisationen nach Artikel 7 GlG sind entweder Frauenorganisationen gemeint, die nach ihren Statuten die Gleichstellung von Frau und Mann fördern, oder Gewerkschaften, die die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahren. Einzige Bedingung ist, dass solche Organisationen seit mindestens zwei Jahren bestehen müssen (Art. 7 Abs. 1 GlG). Damit sind Ad-hoc-Gremien, d.h. Organisationen, die einzig zum Zweck des Einbezugs bei Lohngleichheitsanalysen errichtet werden, ausgeschlossen.

78 79 80

www.logib.ch BGE 125 II 385, vgl. auch Ziff. 1.3 SR 221.302

5542

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Das Mitwirkungsgesetz regelt, dass in Betrieben mit mindestens 50 Beschäftigten eine Arbeitnehmervertretung bestellt werden kann, die in verschiedenen Angelegenheiten besondere Mitwirkungsrechte wahrnimmt. Mit der vorliegenden Bestimmung kann eine Arbeitgeberin oder ein Arbeitgeber für die Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse auch eine solche betriebsinterne Arbeitnehmervertretung beiziehen. Mit dem Verweis auf das Mitwirkungsgesetz sind spontan eingesetzte Arbeitnehmervertretungen ausgeschlossen. Die Arbeitnehmervertretung muss die Voraussetzungen der Artikel 5 ff. des Mitwirkungsgesetzes erfüllen. Im Unterschied zu Organisationen nach Artikel 7 GlG sind betriebsinterne Arbeitnehmervertretungen nicht klageberechtigt.

Der Bund, die Kantone und die Gemeinden, die ebenfalls verpflichtet sind, Lohngleichheitsanalysen durchzuführen, haben in ihrem Kompetenzbereich dafür zu sorgen, dass eine unabhängige Stelle überprüfen kann, ob die Lohngleichheitsanalyse korrekt durchgeführt wurde. Der Bund hat im Oktober 2016 mit den Personalverbänden des Bundes eine Vereinbarung zur Überprüfung der Lohngleichheit in der Bundesverwaltung unterzeichnet. Bis 2019 werden sämtliche Löhne der Bundesverwaltung dahingehend überprüft, ob die Lohngleichheit von Frau und Mann eingehalten ist. Eine solche Überprüfung in der Bundesverwaltung fand letztmals vor vier Jahren statt. Die Kantone sind für ihre Verwaltungen und die Gemeinden für die ihrigen verantwortlich.

Gemäss Absatz 2 müssen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten mit der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse beauftragen oder eine Vereinbarung mit einer Organisation gemäss Artikel 13g schliessen, wenn sie nicht das Standard-Analysemodell des Bundes verwendet haben. Die Revisionsunternehmen sind nicht in der Lage, andere Analysemodelle zu überprüfen, es sei denn, sie beauftragen ihrerseits eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten. Sie benötigen deshalb ein einfach zu handhabendes Modell, das einen Standard bietet.

Damit die Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse mit aller Sorgfalt vorgenommen werden kann, braucht es Kenntnisse über den Grundsatz der Lohngleichheit für Frauen und Männer, über die Grundlagen der Statistik sowie über
die Analysemethode. Die überprüfenden Revisorinnen und Revisoren müssen einerseits verstehen, was unter Lohndiskriminierung im Sinne der Bundesverfassung und des Gleichstellungsgesetzes zu verstehen ist. Statistikkenntnisse sind andererseits wichtig, um die Durchführung der Lohngleichheitsanalyse beurteilen zu können. In Absatz 3 Buchstabe a wird deshalb festgehalten, dass der Bundesrat die Kriterien für die entsprechende Zusatzausbildung der Revisorinnen und Revisoren, die Lohngleichheitsanalysen überprüfen, festlegt. Die Festlegung dieser Standards soll sicherstellen, dass alle Lohngleichheitsanalysen einheitlich überprüft werden. Gemäss Absatz 3 Buchstabe b wird der Bundesrat auch die Kriterien für die Anerkennung von Lohngleichheitsexpertinnen und -experten festlegen. Diese Kriterien werden anspruchsvoller sein als dejenigen für die Revisorinnen und Revisoren.

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Art. 13e

Überprüfung durch ein zugelassenes Revisionsunternehmen

Damit ein beauftragtes Revisionsunternehmen die Lohngleichheitsanalyse überprüfen kann, muss ihm die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber alle notwendigen Unterlagen übergeben und Auskünfte erteilen (Abs. 1). Das Revisionsgeheimnis gemäss Artikel 730b Absatz 2 OR findet auch im vorliegenden Zusammenhang Anwendung, auch wenn das beauftragte Revisionsunternehmen nicht die gesetzliche Revisionsstelle ist, sondern ein anderes Revisionsunternehmen.

Das Revisionsunternehmen überprüft, ob die Lohngleichheitsanalyse vom Unternehmen korrekt durchgeführt wurde (Abs. 2). Dabei handelt es sich um eine formelle Prozessüberprüfung in standardisierter Form und nicht um eine materielle Prüfung, ob es im Unternehmen ein Problem mit der Lohngleichheit gibt. Es wird lediglich untersucht, ob das Unternehmen die Lohngleichheitsanalyse in formeller Hinsicht korrekt durchgeführt hat. Im Sinne einer Checkliste soll geprüft werden, ob alle Daten vollständig erfasst sind, ob alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Unternehmens einbezogen wurden, ob alle Lohnbestandteile aufgeführt wurden, ob das Standard-Analysemodell des Bundes für die Lohngleichheitsanalyse verwendet wurde und ob die Analyse im gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum durchgeführt wurde. Als Ergebnis dieser formellen Prüfung wird das Revisionsunternehmen respektive die leitende Revisorin oder der leitende Revisor der Leitung des überprüften Unternehmens in einem Bericht bestätigen, dass die Lohngleichheitsanalyse korrekt durchgeführt wurde (Abs. 3).

Das Revisionsunternehmen hat aber nicht festzustellen, ob eine systematische Lohndiskriminierung vorliegt oder nicht. Es geht um eine Prozesskontrolle im formellen Sinne. Der Prüfbericht kann deshalb nicht als Gegenbeweis für eine gemäss Artikel 6 GlG glaubhaft gemachte individuelle Lohndiskriminierung verwendet werden.

Der Prüfbericht dient lediglich dazu, sicherzustellen, dass eine Lohngleichheitsanalyse durchgeführt wurde und dass diese Lohngleichheitsanalyse formell korrekt durchgeführt wurde. Der Prüfbericht bildet zudem die Grundlage für die Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse. Adressat des Prüfberichts ist die Leitung des überprüften Unternehmens.

Der Prüfbericht muss innerhalb der für die Lohngleichheitsanalyse vorgesehenen vierjährigen
Frist eingereicht werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb nützlicher Frist über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse informiert werden. Würde keine Frist für die Einreichung des Prüfberichts vorgesehen, bestünde die Gefahr, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nie oder stark verzögert über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse informieren.

Art. 13f

Überprüfung durch eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten

Wurde die Lohngleichheitsanalyse nicht mit dem Standard-Analysemodell des Bundes vorgenommen, ist die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber verpflichtet, eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten mit der Überprüfung zu beauftragen. Zudem muss sie oder er alle Unter-

5544

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lagen übergeben oder Auskünfte erteilen, die für die Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse nötig sind (Abs. 1).

Dank ihrer Ausbildung und Erfahrung sind die anerkannten Lohngleichheitsexpertinnen und Lohngleichheitsexperten fachlich kompetent, eine materielle Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse vorzunehmen (Abs. 2). Sie stellen dabei die inhaltliche Richtigkeit der Überprüfung sicher. Einer Arbeitgeberin oder einem Arbeitgeber steht es darüber hinaus frei, auch bei der Verwendung des StandardAnalysemodells des Bundes eine anerkannte Lohngleichheitsexpertin oder einen anerkannten Lohngleichheitsexperten zu beauftragen. Die Unternehmen, die sich für diese Lösung entscheiden werden, wollen eine breitere Analyse vornehmen und werden deshalb bereit sein, die Kosten dafür zu übernehmen. Die anerkannten Lohngleichheitsexpertinnen und -experten erstatten gemäss Absatz 3 der Leitung des Unternehmens Bericht über ihre Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse.

Art. 13g

Überprüfung durch eine Organisation nach Artikel 7 oder eine Arbeitnehmerorganisation

Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber, die oder der sich für diese Möglichkeit entscheidet, vereinbart mit der von ihr oder ihm gewählten Organisation die Modalitäten für das Vorgehen bei der Durchführung der Lohngleichheitsanalyse und für die Berichterstattung. Mit der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse kann eine Fachspezialistin oder ein Fachspezialist für Lohngleichheit der Organisation beauftragt werden. Möglich ist es aber auch, den Auftrag im Einvernehmen mit der Organisation an eine externe Fachspezialistin oder an einen externen Fachspezialisten für Lohngleichheit zu vergeben. Dazu können auch anerkannte Lohngleichheitsexpertinnen und -experten beauftragt werden. Das Klagerecht der Organisationen nach Artikel 7 GlG wird von Gesetzes wegen nicht eingeschränkt. Die Frage, ob die beigezogene Organisation während des Verfahrens der Lohngleichheitsanalyse und deren Überprüfung ihr Klagerecht wahrnehmen kann, kann in der Vereinbarung zwischen der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber und der Organisation geregelt werden.

Art. 13h

Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind gemäss Artikel 13h verpflichtet, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schriftlich über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse zu informieren. Dies kann beispielsweise mit einem Rundschreiben geschehen oder mit einem Schreiben anlässlich einer Versammlung.

Die Information hat bis spätestens ein Jahr nach der Überprüfung der Lohngleichheitsanalyse zu erfolgen. Damit hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber Zeit, allfällig notwendige Korrekturmassnahmen, die sich aufgrund der Lohngleichheitsanalyse aufdrängen, zu treffen.

Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann diese Information eine Stütze bieten, gegebenenfalls eine Individualklage einzureichen, wenn sie eine Lohndiskriminierung bei sich vermuten. Allerdings zeigt die betriebsinterne Lohngleichheitsanalyse nur auf, ob im Unternehmen eine systematische Lohndiskriminierung vorliegt oder nicht. Besteht eine systematische Lohndiskriminierung im Unternehmen, 5545

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kann diese als Indiz für die Glaubhaftmachung einer individuellen Lohndiskriminierung (gemäss Art. 6 GlG) dienen. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber müsste in einem solchen Fall dann mittels Gegenbeweis darlegen, dass die Lohnungleichheit durch objektive Gründe, die ihrerseits nicht geschlechterdiskriminierend sind, gerechtfertigt ist.

Wurde die Lohngleichheitsanalyse jedoch von einer anerkannten Lohngleichheitsexpertin oder einem anerkannten Lohngleichheitsexperten materiell überprüft, kann das Ergebnis der Analyse allenfalls auch direkt für die Glaubhaftmachung einer individuellen Lohndiskriminierung verwendet werden.

Art. 13i

Information für die Aktionärinnen und Aktionäre

Bei Publikumsgesellschaften, d.h. Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, können die Aktionärinnen und Aktionäre ein Interesse daran haben zu wissen, ob das betreffende Unternehmen die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern einhält. Gemäss diesem Artikel sind die Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, verpflichtet, im Anhang der Jahresrechnung gemäss Artikel 959c Absatz 1 Ziffer 4 OR über das Ergebnis der Lohngleichheitsanalyse zu informieren.

Da die Lohngleichheitsanalyse nur alle vier Jahre durchgeführt werden muss, können die Publikumsgesellschaften in den analysefreien Jahren auf die Durchführung und die Ergebnisse der letzten Lohngleichheitsanalyse hinweisen. Dadurch können die Aktionärinnen und Aktionäre kontrollieren, ob ihre Gesellschaft den Rhythmus für die Lohngleichheitsanalyse einhält.

Art. 17a

Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Um die vor allem in der Anfangsphase anstehende Arbeit für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu staffeln, wird vorgesehen, dass der Bundesrat den Zeitpunkt, ab dem die Frist zur erstmaligen Durchführung der Lohngleichheitsanalyse zu laufen beginnt, nach Massgabe der Unternehmensgrösse festlegen kann. Beispielsweise könnte der Bundesrat die Lohngleichheitsanalysepflicht zunächst nur für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten in Kraft setzen, während er sie für die Unternehmen mit 50 bis 250 Beschäftigten erst zwei Jahre später in Kraft setzt. Diese gestaffelte Inkraftsetzung käme auch den leitenden Revisorinnen und Revisoren, die sich weiterbilden wollen, sowie den Lohngleichheitsexpertinnen und -experten, die sich anerkennen lassen wollen, zugute.

Art. 17b

Evaluation der Wirksamkeit

Die Gesellschaft wird sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln und verändern.

Heute ist es beispielsweise fast unvorstellbar, dass Frauen vor 1971 nicht abstimmen und wählen durften. Es besteht deshalb die Hoffnung, dass in einigen Jahren die Diskriminierung der Frauen beim Lohn dank der innerbetrieblichen Lohngleichheitsanalysen und der gestützt darauf getroffenen Lohnmassnahmen der Vergangenheit angehören wird. Aus diesem Grund soll die Lohngleichheitsanalysepflicht der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf ihre Wirksamkeit überprüft werden (Abs. 1).

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Die Evaluation der Wirkungen der Lohngleichheitsanalysepflicht wird zeigen, ob das angestrebte Ziel, die Lohndiskriminierung zu beseitigen oder zumindest massgeblich zu verringern, erreicht wird oder nicht. Gemäss Absatz 2 wird der Bundesrat beauftragt, dem Parlament über die Wirksamkeit der Lohngleichheitsanalysepflicht Bericht zu erstatten und Vorschläge für das weitere Vorgehen zu unterbreiten. Für die erstmalige Berichterstattung ist eine Frist von zehn Jahren vorgesehen. Dies erlaubt es, zwei Zyklen zu evaluieren.

Ingress Im Ingress des Gleichstellungsgesetzes, das gestützt auf die alte Bundesverfassung erlassen wurde, wird in Fussnote 1 auf die entsprechenden Bestimmungen der neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999 verwiesen. Dabei wurde fälschlicherweise auf Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe d BV (Sozialziele) verwiesen statt auf Artikel 110 Absatz 1 Buchstabe a BV (Gesetzgebungskompetenz zum Erlass von Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer). Dieser Fehler kann mit der vorliegenden Revision ohne zusätzlichen Aufwand korrigiert werden.

Gleichzeitig sollen die Bestimmungen der geltenden Bundesverfassung direkt in den Ingress integriert und dementsprechend der Verweis auf diese Artikel in der Fussnote gestrichen werden.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Der Gesetzesentwurf wird keine direkten finanziellen Auswirkungen auf den Bund haben, da die Bundesbehörden keine neuen Aufgaben übernehmen müssen und keine zusätzlichen Ausgaben vorgesehen sind. Auch auf den Personalbestand des Bundes wird der Entwurf keine Auswirkungen haben.

Mögliche indirekte Folgekosten für den Bund könnten sich ergeben, wenn bei den Lohngleichheitsanalysen, die auch der Bund alle vier Jahre vornehmen muss, festgestellt wird, dass es systematische Lohndiskriminierungen gibt und Lohnanpassungen zur Beseitigung dieser Diskriminierungen getroffen werden müssen. Allerdings hat der Bund seine Löhne bereits im Rahmen des Lohngleichheitsdialogs unter die Lupe genommen. Zudem hat der Bund im Jahr 2016 das Engagement Lohngleichheit (Nachfolgeprodukt des Lohngleichheitsdialogs) gestartet.81 Damit überprüft der Bund seine Lohnpraxis erneut anhand des Standard-Analysemodells (Instrument Logib) und in sozialpartnerschaftlicher Zusammenarbeit.

81

www.elep.ch > Diese Unternehmen sind dabei > Das Engagement Lohngleichheit gestartet

5547

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3.2

Auswirkungen auf Kantone und grössere Gemeinden

Die Kantone haben für die Lohngleichheitsanalysen in ihrem Bereich, also auch in den grösseren Gemeinden mit mindestens fünfzig Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, zu sorgen. Zudem haben sie die Überprüfung der Lohngleichheitsanalysen auf Kantons- und allenfalls Gemeindeebene zu regeln. Aus diesem Grund ist von organisatorischen und administrativen Auswirkungen sowohl für die Kantone als auch für die grösseren Gemeinden auszugehen. Mit diesen Auswirkungen ist jedoch nicht erst mit der vorliegenden Gesetzesrevision zu rechnen. Seit der Inkraftsetzung des verfassungsrechtlichen Lohngleichheitsgrundsatzes sollten die Kantone und Gemeinden die Lohngleichheit bereits verwirklicht haben. Diejenigen 10 Kantone und 20 Gemeinden, welche die Charta für die Lohngleichheit im öffentlichen Sektor bereits unterzeichnet haben (Stand Mai 2017, vgl. auch Ziff. 1.1.3), haben ihren Willen bekräftigt, in ihren Verwaltungen die Einhaltung der Lohngleichheit regelmässig nach anerkannten Standards zu überprüfen.

Indirekte Folgekosten sind möglich, falls die Lohngleichheitsanalysen systematische Diskriminierungen aufdecken, die mit finanziellen Massnahmen (Lohnanpassungen) beseitigt werden müssen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die neuen Bestimmungen zur Lohngleichheitsanalysepflicht haben Auswirkungen auf die Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) 82 lieferte Grundlagen, um die Auswirkungen der geplanten staatlichen Massnahmen auf die Verringerung der Lohndiskriminierung, auf die Unternehmen und auf die Volkswirtschaft einschätzen zu können. Das methodische Vorgehen zur Analyse der Auswirkungen der Vorlage basierte auf einem Mix an Forschungsmethoden. Den Schwerpunkt bildeten eine Onlinebefragung sowie qualitative Interviews mit den verschiedenen Expertinnen und Experten und betroffenen Akteuren, in erster Linie mit Unternehmen. Insgesamt haben 1305 Unternehmen die Onlineumfrage beantwortet, und es wurden 50 qualitative Interviews mit Unternehmen und weitere 26 qualitative Interviews mit Expertinnen und Experten geführt. Die Befragungen wurden durch Literatur- und Datenanalysen ergänzt.

Die RFA kam zum Schluss, dass der Umsetzungsaufwand der geplanten Massnahmen für die Unternehmen verhältnismässig ist und insgesamt eine positive KostenNutzen-Bilanz resultiert. Auch aus einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive scheinen die Massnahmen sinnvoll. Insbesondere wurde die generelle Stossrichtung der Massnahmen von der Mehrheit der Befragten positiv bewertet. Zwei Drittel der befragten Unternehmen finden staatliche Massnahmen zur Durchsetzung der Lohn-

82

Vgl. Ziff. 1.1.6

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gleichheit grundsätzlich sinnvoll.83 Die grössten Bedenken der Unternehmen betreffen den erwarteten administrativen Mehraufwand.

Der Umsetzungsaufwand für Lohngleichheitsanalysen hält sich in Grenzen und beträgt für eine Mehrheit der Unternehmen (9000 Unternehmen zwischen 50 und 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter [MA]) bei einer erstmalig durchgeführten Analyse rund zwei Arbeitstage. Unternehmen, die bereits Erfahrung mit Logib 84 haben, schätzen den Durchführungsaufwand auf durchschnittlich zwei Tage für mittlere Unternehmen (50­249 MA), drei Tage für grosse Unternehmen (250­999 MA) und acht Tage für sehr grosse Unternehmen (> = 1000 MA). Insgesamt belaufen sich die Umsetzungskosten für alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern innerhalb der ersten vier Jahre bei einer ersten Durchführung auf rund 18 Millionen Franken. Die Höhe des Aufwands hängt stark von den Voraussetzungen im Unternehmen ab, z.B. davon, ob sie über eine ausformulierte Lohnpolitik verfügen und in welchem Umfang und welcher Qualität sie ihre Personaldaten erfassen. Der grösste Aufwand entsteht bei der Datenaufbereitung und der Interpretation der Ergebnisse. Bei einer wiederholten Durchführung dürfte sich der Aufwand um rund die Hälfte reduzieren (total 9 Mio. CHF innerhalb von vier Jahren).

Für die Überprüfung der Lohngleichheitsanalysen entsteht bei den Revisionsunternehmen pro Unternehmen ein voraussichtlicher Aufwand von ca. einem halben bis einem ganzen Arbeitstag in Abhängigkeit von der Grösse der geprüften Unternehmen. Insgesamt belaufen sich die von den Unternehmen zu tragenden Kosten der Prüfstellen somit auf rund 4 Millionen Franken.

Die RFA hat zudem gezeigt, dass von den befragten Unternehmen, die bereits eine Lohngleichheitsanalyse durchgeführt haben, die Hälfte in der Folge Korrekturmassnahmen vorgenommen hat. Die wichtigste Korrekturmassnahme sind Lohnanpassungen bei Frauen. Gemäss einer groben Schätzung dürfte sich der Umfang der Lohnanpassungen von Frauen mittelfristig auf 1­2,2 Milliarden Franken (entspricht 0,15­0,35 % des BIP) belaufen. Die nötigen Lohnanpassungen sind laut den befragten Unternehmen sowie Expertinnen und Experten in der Regel im Rahmen der «normalen» Lohnrunden umsetzbar. Bei grösseren Anpassungen braucht es laut den Expertinnen und Experten eine Umsetzungsfrist
von einem bis drei Jahren. Volkswirtschaftlich gesehen handelt es sich bei diesen Korrekturmassnahmen nicht um Regulierungskosten, sondern um einen Umverteilungseffekt zugunsten der Frauenlöhne. Übergangskosten kann es nur geben, falls die Unternehmen grössere Lohnanpassungen innerhalb einer kurzen Frist umsetzen müssten.

Die Durchführung von Lohngleichheitsanalysen wirkt sich vorwiegend positiv auf Unternehmen und Beschäftigte aus. Dies bestätigen die befragten Unternehmen, welche bereits Lohngleichheitsanalysen durchgeführt haben. Unerwünschte Nebenwirkungen werden kaum erwartet. Erwartete positive Effekte von Lohngleichheitsanalysen auf der Unternehmensebene sind die Versachlichung der Diskussion über Löhne und die Schaffung von mehr Transparenz, die Sensibilisierung der Unter-

83 84

Eine ähnliche Erhebung (Mandat Centre Patronal ­ Westschweiz), die von 660 Unternehmen beantwortet wurde, hat diese Ergebnisse der RFA bestätigt.

Logib ist ein Instrument zur Messung der Lohngleichheit, vgl. Ziff. 1.3.1.

5549

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nehmensleitung für Gleichstellungsanliegen und eine grössere Motivation, Zufriedenheit und Produktivität der Beschäftigten.

Unternehmen, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, können potenziell auch negative Folgen der geplanten Massnahmen zu spüren bekommen, indem sie z.B.

vom öffentlichen Beschaffungswesen ausgeschlossen werden oder einen ImageSchaden erleiden. Wie viele Unternehmen negativ betroffen sein könnten, konnte jedoch im Rahmen der RFA nicht abgeschätzt werden.

Auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene dürften sich die geplanten Massnahmen laut empirischen Studien aus anderen Ländern tendenziell positiv auf Wohlfahrt und Wirtschaftswachstum auswirken, dies in erster Linie über Produktivitätseffekte und das Vermeiden von Wettbewerbsverzerrungen.

3.4

Auswirkungen auf die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann

Die Lohngleichheitsanalysepflicht hat direkte Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben. Die Lohngleichheit ist ein wichtiges Ziel bei der Gleichstellung der Geschlechter. Eine periodische Lohngleichheitsanalyse in den Unternehmen mit mindestens 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kann dazu beitragen, dass allenfalls bestehende Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts beim Lohn aufgedeckt werden und Massnahmen zur Beseitigung festgestellter diskriminierender Ungleichheiten ergriffen werden. Zudem ist Einhaltung der Lohngleichheit ein wichtiges Element, um einen positiven Anreiz für Frauen zu schaffen, verstärkt am Arbeitsmarkt zu partizipieren. Dies wiederum stärkt ihre wirtschaftliche Selbständigkeit und trägt zur Sicherung der individuellen Altersvorsorge von Frauen bei. Gemäss der schweizerischen Lohnstrukturerhebung von 2014 verdienen Frauen in der Privatwirtschaft monatlich 585 Franken weniger als Männer und können damit weniger für das Alter ansparen.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 27. Januar 201685 zur Legislaturplanung 2015­ 2019 und im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201686 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt.

85 86

BBl 2016 1105, hier 1178 und 1223 BBl 2016 5183, hier 5187

5550

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4.2

Verhältnis zu Strategien des Bundesrates

Gemäss Artikel 11 des erwähnten Bundesbeschlusses sollen der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Schweiz und die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern gefördert werden. Eine Massnahme zur Erreichung dieses Ziels soll die Verabschiedung der Botschaft zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes sein (Massnahme 46).

Die Vorlage entspricht auch der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2016­2019 des Bundesrates. Sie gehört zu den Massnahmen, die der Bundesrat als Beitrag zur Erreichung der Gleichstellung der Geschlechter in den Jahren 2016­2019 vorgesehen hat.87

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Beim vorliegenden Entwurf geht es um die Regelung zusätzlicher Massnahmen im Bereich des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Lohngleichheit (Art. 8 Abs. 3 Satz 3 BV88). Dafür soll das bereits bestehende Gleichstellungsgesetz ergänzt werden. Artikel 8 Absatz 3 Satz 2 BV erteilt dem Gesetzgeber dazu einen verfassungsrechtlichen Auftrag.

Die Bundeskompetenz für die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Zivilrechts stützt sich auf Artikel 122 BV. Artikel 110 Absatz 1 Buchstabe a BV enthält die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese Regelungskompetenz ist sehr weit gefasst und bezieht sich auch auf den Schutz der Persönlichkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich ist.89 Artikel 110 Absatz 1 Buchstabe a BV verleiht dem Bund denn auch die Kompetenz, im Bereich der Löhne zu legiferieren.90

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Der Entwurf stimmt mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz im Bereich der Gleichstellung von Frau und Mann, insbesondere mit Artikel 11 des UNO-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW)91 überein. Im Anschluss an die Präsentation des 4. und 5. Staatenberichts der Schweiz zur Umsetzung des CEDAW-Übereinkommens im November 2016 hat 87 88 89 90 91

www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung > Dokumente, Ziff. 4.2.8, Ziel 8.2 SR 101 Gächter, St. Galler Kommentar zu Art. 110 BV, Rz. 23.

Vgl. auch Ziff. 6 der Botschaft vom 24. Februar 1993 zum Gleichstellungsgesetz, BBl 1993 I 1248, 1321 ff.

SR 0.108

5551

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der UNO-Ausschuss eine explizite Empfehlung zur Durchsetzung der Lohngleichheit verabschiedet.92 Der Entwurf stimmt zudem mit Artikel 7 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UNO-Pakt I)93 sowie mit den in den einschlägigen ILO-Übereinkommen enthaltenen Schutz- und Nichtdiskriminierungsbestimmungen94 überein.

Auf die geltenden Abkommen mit der Europäischen Union hat der Entwurf keine Auswirkungen.

5.3

Erlassform

Der vorliegende Entwurf zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes enthält zusätzliche Massnahmen zur Verwirklichung der Lohngleichheit. Es werden neue Pflichten für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eingeführt, die gemäss Artikel 164 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Aus diesem Grund wird eine Änderung des Gleichstellungsgesetzes vorgeschlagen.

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die beantragte Änderung fällt nicht unter die Vorschriften über die Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV).

5.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der vorliegende Entwurf sieht keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen vor.

In Artikel 13d Absatz 3 des Entwurfs wird der Bundesrat beauftragt, vollziehendes Verordnungsrecht zu erlassen (Festlegung der Kriterien für die Ausbildung der Revisorinnen und Revisoren sowie für die Anerkennung von Lohnexpertinnen und Lohnexperten).

92 93 94

Empfehlung Nr. 37 des CEDAW-Ausschusses (www.ebg.admin.ch > Themen > Recht > Internationales Recht > Empfehlungen CEDAW-Bericht 4/5.

SR 0.103.1 So insbesondere ILO-Übereinkommen Nr. 111 vom 25.06.1958 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (SR 0.822.721) und ILO-Übereinkommen Nr. 100 vom 29.06.1951 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (SR 0.822.720.0).

5552